Hinführung:
Eine ganz besondere Botschaft hat ein Freudenbote in der heutigen Lesung zu verkünden. Lassen wir uns davon beschenken.
Lesung aus dem Buch Jesaja.
Wie willkommen sind auf den Bergen
die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt,
der eine frohe Botschaft bringt und Heil verheißt,
der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.
Horch, deine Wächter erheben die Stimme,
sie beginnen alle zu jubeln.
Denn sie sehen mit eigenen Augen,
wie der HERR nach Zion zurückkehrt.
Brecht in Jubel aus,
jauchzt zusammen,
ihr Trümmer Jerusalems!
Denn der HERR hat sein Volk getröstet,
er hat Jerusalem erlöst.
Der HERR hat seinen heiligen Arm
vor den Augen aller Nationen entblößt
und alle Enden der Erde
werden das Heil unseres Gottes sehen.
Die Kapitel 40-55 bilden den 2. Teil des Jesajabuches, den sogenannten Deuterojesaja (= zweiter Jesaja). In ihnen findet sich die Botschaft eines uns unbekannten Propheten, der das Ende des Babylonischen Exils und einen Neuanfang von Gott her ankündigt. Geschichtlich lässt sich das mit dem Sieg der Perser über die Babylonier (538 v.Chr.) verbinden, die dem Volk Israel die Rückkehr in ihr Land ermöglichen.
Das Erscheinen des Freudenboten
Die Lesung setzt ein mit dem Kommen eines Freudenboten. Die Botschaft, die er zu bringen hat, lautet: „Dein Gott ist König.“ (V. 7) Das Volk, seit 587 v.Chr. im Exil, hatte den Zusammenbruch der Monarchie in seiner Heimat erfahren. Fast 50 Jahre lang lebten die Exilierten nun in der Fremde unter der Herrschaft verschiedener babylonischer Könige. Nun tritt eine andere Macht auf die Bühne der Weltgeschichte. Die Perser dehnen ihren Herrschaftsbereich aus und setzen dem babylonischen Großreich und dessen Königen ein Ende. Ein Königreich löst das andere ab.
Dein Gott ist König
Unter den Persern darf das jüdische Volk zwar wieder in seine Heimat zurück, aber es bleibt unter Fremdherrschaft. Hier wird nun zurückgegriffen auf jene Botschaft, die mit dem Beginn des Königtums von dessen Kritikern immer wieder betont wurde: „Der Herr ist König für immer und ewig.“ (Ps 10,16; vgl. auch Ps 24,10; 93,1; 96,10 u.a.) In diesem geschichtlichen Kontext erscheint die erneute Rückbesinnung darauf wie ein Regenbogen am Horizont.
Rückkehr Gottes nach Jerusalem
Der zerstörte Tempel war für das Volk Zeichen dafür, dass JHWH Jerusalem verlassen hatte. Nun wird die Rückkehr JHWHs nach Zion (= Jerusalem) angekündigt. Diese Tatsache löst Jubel aus - zunächst bei den Wächtern, die aufgrund ihres Amtes als erste Zeugen dieses Ereignisses erwähnt werden. Sodann ertönt der Aufruf zum Jubeln an die Trümmer Jerusalems. Das Wissen um die in Trümmern liegende Stadt hielt viele Juden davon ab, wieder dorthin zurückzukehren. Viele blieben in Babylonien, wo sich eine dauerhafte jüdische Diaspora bildete.
Werbung für die Rückkehr des Volkes
Ab Jes 52,11 folgt sodann der Aufruf ans Volk, von Babylonien fortzuziehen und in der Heimat Jerusalem wieder aufzubauen. Zunächst wird aber noch von den Taten JHWHs erzählt: Trost und Erlösung stehen auf der Tagesordnung. Deuterojesaja beginnt seine Botschaft mit den Worten „Tröstet, tröstet mein Volk“ (Jes 40,1). Nicht mehr Exil als Konsequenz ihres Handelns (biblisch ausgedrückt mit Frondienst und Sühne; vgl. Jes 40,2) kommen von JHWH, sondern Erbarmen und Erlösung. Mit der Königsherrschaft JHWHs gehen Frieden und Heil einher.
Jesus ist der neugeborene Freudenbote, der Gott als König verkündet, wenn er in vielen Gleichnissen vom Reich Gottes spricht.
Ingrid Penner
© Diözese Linz. Team Bibelwerk Linz und Glaubenskommunikation
Die historische Situation ist schnell beschrieben: Israel, seit mehr als einem Menschenalter in der babylonischen Gefangenschaft, sieht die Möglichkeit, in das "gelobte Land" zurückkehren zu können. Aber der Prophet – es ist der "3. Jesaja" – beschreibt die Hoffnung als ein Sichtbarwerden von Jahwes Heil: Er kehrt nach Zion zurück, er tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem. Ein sehr eindrückliches Bild: Er macht seinen heiligen Arm frei vor den Augen der Völker. Ja, die ganze Erde wird zum Zeugen bestellt.
In dieser Lesung wird deutlich, was "Evangelium" ist, lange, bevor "Evangelium" eine literarische Gattung wurde, die wir im Neuen Testament finden. Der Evangelist, hier als „Freudenbote“ vorgestellt, kündigt Frieden (hebr. Schalom) an, bringt eine frohe Botschaft und verheißt Rettung. Was er zu sagen hat, ist in dem Satz zusammengefasst: Dein Gott ist König. Mit dieser Aussage werden die politischen Mächte zu Statisten – Hoffnungen aber auch davon befreit, sich an Menschen und ihre Programme zu binden.
Jes 52 lässt nicht nur den Freudenboten (Singular!) auftreten, sondern auch die Wächter. Was sie sehen, verbreitet sich in Windeseile: Jahwe kehrt zurück. Mit ihm – in dieser Reihenfolge – kann Israel die Geschichte seiner Rückkehr erzählen.
Als "Deutero-Jesaja" wird der zweite Teil des Jesajabuches bezeichnet (Kapitel 40-55). Er ist ungefähr gegen 550 entstanden, also zur Zeit des Babylonischen Exils. Der Prophet schreibt an die Verbannten in Babylon und erinnert sie an die Zuwendung Gottes in der Heilsgeschichte. Grundlegend ist für ihn die Befreiung Israels aus Ägypten, aber auch der Bund Gottes mit Abraham, Noah und den Vätern. Davon ausgehend entwirft er das Bild eines erlösenden Auszugs aus der Verbannung in Babylon.
Das ganze Buch ist als Rede formuliert. In Kapitel 52 redet Gott zu der Stadt Jerusalem, zu Zion und verheißt ihr Frieden, Freude und Rettung. Die frohe Botschaft, die Jesaja dem Volk Israel sagen will, verspricht, daß Gott der "König" Israels ist und er nach Zion zurückkehrt. Im Gegensatz zu den menschlichen Königen, die das Volk in Krieg und Unterdrückung geführt haben, führt Gott in den Frieden und in die Freiheit. Der Hintergrund dafür, daß die Israeliten ihren Gott jetzt auch als "König" bezeichnen können, ist, daß sich der Eingottglaube inzwischen soweit gefestigt hat, daß andere Kulte, wie zum Beispiel die Kinderopfer für den Gott"könig" Moloch keine Konkurrenz für Jahwe mehr darstellen.
Jahwe ist im Glaubensbewußtsein des Volkes nicht mehr nur der Stammesgott der Israeliten sondern König der ganzen Erde: alle Völker bis an die Enden der Erde sehen auf ihn. Gerade in dieses neue Bewußtsein hinein sagt der Propheten den Israeliten zu, daß Jahwe trotz allem "sein Volk" nicht im Stich läßt sondern nach Jerusalem zurückkehrt. Der Trost für die Verbannten in Babylon ist weniger, daß sie einmal nach Jerusalem zurückkehren dürfen, als daß Gott Jerusalem die Treue hält und er ihr König ist, obwohl das Volk es nicht verdient hat.
Bibelwerk der Diözese Linz (2024)
Manfred Wussow (2005)
Regina Wagner (1998)