Kaum zu glauben
Kaum zu glauben! Der König lädt zur Hochzeit seines Sohnes ein - und seine Gäste gehen lieber auf den Acker oder ins Geschäft. Verstehen Sie das? Dass es dann sogar noch Mord und Totschlag gibt, passt nicht in meinen Kopf. Bin ich im richtigen Film?
Ich habe schon von vielem gehört: dass ein Thronfolger im offenen Wagen ermordet wird, Bomben um den Bauch gebunden werden, im festlich geschmückten Park Scharfschützen auf der Lauer liegen. Aber dass nicht einmal Hochzeiten heile Welt sind? Ich spüre die Enttäuschung. Im Evangelium heißt es: "Sie aber wollten nicht kommen." Sogar gesteigert: "Sie aber kümmerten sich nicht darum." Oder aber auch: "andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um."
Wegen einer Hochzeit? Wegen einer Hochzeit! Kaum zu glauben!
Ein Hochzeitsbild
Im Evangelium ist die Hochzeit, zu der der König einlädt, ein Bild für Gottes Reich. Für Gottes Herrschaft. Eigentlich keine Frage, dass die Gäste gerne kommen - und besonders die Gäste, die sonst nie und nimmer zu einer königlichen Hochzeit eingeladen würden: Leute, die auf dem Acker arbeiten oder in einem Geschäft. Kleine Leute also. Niemand von Adel. Niemand mit Namen. Niemand mit Titel. Sie müssen nicht einmal die letzten Cent zusammenkratzen für ein neues T-Shirt. Sie sollen einfach kommen. Hauptsache, sie sind da und feiern mit. Dafür ist schon gesorgt, dass diese Nummer nicht zu groß ist für sie.
Die Hochzeit lässt mein Herz höher schlagen. Ich höre die festliche Musik, schnuppere den Duft köstlicher Speisen, kann mich nicht satt sehen. Ein traumhaftes Bild: ein Tusch - das Paar kommt. Sie in einem langen weißen Kleid, meterlange Schleppe - er in Uniform, hoch dekoriert. Wie bei Königs üblich. Was für ein Tag!
Und was für ein Albtraum. Die Gäste, sogar abgeholt, fast schon genötigt, kommen nicht. Ihnen ist der Acker lieber - oder das Geschäft. Einige werden so aggressiv, dass Menschen ihr Leben lassen müssen. Unschuldige Menschen. Die Hochzeit entpuppt sich als Hölle. Es ist auf einmal so, als seien wir im wirklichen Leben angekommen. Dabei hat doch Gott selbst zu seinem Fest geladen.
Wie es beim Propheten Jesaja heißt:
An jenem Tag
wird der Herr der Heere auf diesem Berg - dem Zion - für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den besten und feinsten Speisen, mit besten, erlesenen Weinen.
Er zerreißt auf diesem Berg die Hülle, die alle Nationen verhüllt, und die Decke, die alle Völker bedeckt.
Er beseitigt den Tod für immer. Gott, der Herr, wischt die Tränen ab von jedem Gesicht. Auf der ganzen Erde nimmt er von seinem Volk die Schande hinweg. Ja, der Herr hat gesprochen.
An jenem Tag wird man sagen: Seht, das ist unser Gott, auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt, er wird uns retten. Das ist der Herr, auf ihn setzen wir Hoffnung. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat.
Spurensuche
Ich weiß nicht, wie es Ihnen mit dieser Geschichte geht. Sie erzählt von einer großen Einladung, aber auch von einer großen Ablehnung. Matthäus merkt an, dass die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes sie als erste gehört haben. Sie haben Jesus später den Prozess gemacht und ihn zum Tode verurteilt. Er ist der Bote, der umgebracht wurde. Es fällt wie Schuppen von den Augen. Jesus erzählt seine Geschichte. Die Geschichte einer großen Einladung, aber auch die einer großen Ablehnung.
Diese Geschichte hat dazu herhalten müssen, die Juden nicht nur zu diffamieren, sondern auch nach ihrem Leben zu trachten. Im Evangelium können wir sogar den unheilvollen Weg beobachten, der zu einer Trennung von Juden und Christen führte. Mit fatalen Folgen. Ghettos, Progrome, Ausschwitz. Christen meinten, ihre Gewalttätigkeit hinter Gottes Rücken verstecken zu können, ja, sie machten ihn zu ihrem Rächer und Mordgesellen - Matthäus war da nicht unschuldig. Lesen wir doch bei ihm: "Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen."
Diese Spuren lassen sich nicht verwischen. Aber es sind nicht Gottes Spuren - es sind unsere. Gott beseitigt den Tod für immer. Die Hochzeit, zu der er lädt, ist ein Fest des Lebens. Sein Reich, seine Herrschaft.
Einladungen
Manchmal reden wir über andere, manchmal brechen wir über sie den Stab. Das Evangelium erzählt von den Menschen, die auf den Acker gehen oder in ihr Geschäft. Es ist nicht unsere Sache, es ihnen immer wieder vorzuhalten, es ist auch nicht unsere Sache, über die Gottlosigkeit zu klagen, schon gar nicht es ist es unsere Sache, die Hochzeit unter uns auszumachen. Das Evangelium erzählt davon, dass wir alle die Chance unseres Lebens vertun, wenn wir der Einladung Gottes nicht folgen. Was uns geschenkt wird, ist eine königliche Hochzeit.
Das letzte Wort des Evangeliums ist, Menschen einzuladen, von der Straße weg:
Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein.
Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.
Kaum zu glauben! Der König lädt zur Hochzeit seines Sohnes ein - und seine Gäste strömen herbei. Ein buntes Völkchen. Die vom Leben gezeichneten, am Leben gescheiterten, von der Vergangenheit eingeholten - die großen Sprücheklopfer und die Kleinmütigen, die ewigen Besserwisser und die Verstummten, die gekrönten Häupter und die um ihren Kopf betrogenen. Verstehen Sie das? Dass es keinen Mord und Totschlag mehr gibt, habe ich in meinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt. Bin ich im richtigen Film?
Ach, Film ist nicht das richtige Wort. Ich gehe heute auf eine Hochzeit. Kommt doch mit!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
der bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.