Wie Schildkröten
„Ein kleiner Junge, der auf Besuch bei seinem Großvater war, fand eine kleine Landschildkröte und ging gleich daran sie zu untersuchen. Im gleichen Moment zog sich die Schildkröte in ihren Panzer zurück und der Junge versuchte vergebens sie mit einem Stöckchen herauszuholen. Der Großvater hatte ihm zugesehen und hinderte ihn daran, das Tier weiter zu quälen. "Das ist falsch", sagte er, "komm' ich zeig' dir wie man das macht.“ Er nahm die Schildkröte mit ins Haus und setzte sie auf den warmen Kachelofen. In wenigen Minuten wurde das Tier warm, steckte seinen Kopf und seine Füße heraus und kroch auf den Jungen zu. "Menschen sind manchmal wie Schildkröten", sagte der Mann. "Versuche niemals jemanden zu zwingen. Wärme ihn nur mit etwas Güte auf und er wird seinen Panzer verlassen können.“ (Verfasser unbekannt).
Menschen sind manchmal wie Schildkröten, die sich zurückziehen, wenn sie Kummer oder Enttäuschungen erfahren. Wir haben im heutigen Evangelium zwei solcher Menschen erlebt. Freunde Jesu, die zu seinen Jüngern gehören und deren ganze Lebenshoffnung zerstört ist. Sie hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen würde und mussten mit ansehen, wie er elend und verlassen am Kreuz hingerichtet wurde und starb. Und mit ihm starben auch ihre Lebensträume.
behutsam
Ihr Rückzug besteht aus Flucht. Eilig verlassen sie Jerusalem, den Ort der Niederlage und machen sich auf den Weg nach Emmaus. In dieser für sie so prekären Situation kommt der Herr auf sie zu und begleitet sie ein Stück des Weges. Ein Weg, der ihn zunächst in ihren Panzer hinein führt. Er hört Ihnen zu, er nimmt sie ernst. „Was sind das für Dinge, über die ihr auf dem Weg miteinander redet?“ Er geht sensibel mit ihrer Trauer, ihren Enttäuschungen und ihrer Niederlage um. Erst dann beginnt er, sie zu wärmen. Er erinnert sie an ihre religiöse Tradition. Die Tora, die Schriften der Propheten. Er konfrontiert sie nicht mit etwas Fremden. Nein, er greift etwas auf, das Ihnen ganz nahe ist, indem sie zuhause sind, das Ihnen nicht unbekannt ist. Er eröffnet Ihnen einen Raum, in dem sie angstfrei und offen über ihren Kummer, aber auch über ihre geplatzten Lebensträume sprechen können. Er lässt es zu.
Aber dann eröffnete er ihnen einen Zugang zu einer anderen Deutung dessen, was sie erlebt haben. Vielleicht ist es ja gar keine Niederlage, kein Scheitern, sondern die Erfüllung des verborgenen Heilsplanes Gottes. „Musste nicht der Messias all das erleiden?“ Stück für Stück führt er sie zu einer neuen Sichtweise der Geschehnisse. Indem er dem Erlebten ein anderes Vorzeichen gibt, geschieht in ihrem Herzen eine Verwandlung. Sie fassen wieder Mut und Vertrauen und beginnen langsam den Schutzpanzer zu verlassen. Im Nachhinein werden sie sagen können: „Brannte nicht unser Herz, als er mit uns sprach?“
Begegnung mit dem Auferstandenen
So gelingt es dem Herrn, sie aus ihrer Selbstbezogenheit und dem Kreisen um sich selbst herauszuführen. Sie sind wieder befähigt, Beziehungen nach außen aufzunehmen. Als es Abend wird, bitten Sie ihn, bei ihnen zu bleiben. Erst jetzt offenbart er sich ihnen und ermöglicht Ihnen das Wahrnehmen seiner wirklichen Identität. Im „Brechen des Brotes“ erkennen sie in ihm ihren Herrn. Hier stellt das Evangelium einen interessanten Zusammenhang her.
Ja, es ist wichtig, dass es in unseren Gemeinden Räume gibt, über unseren Glauben, aber auch unsere Zweifel und Unsicherheiten zu sprechen. Es ist auch wichtig, dass wir uns immer wieder gegenseitig helfen, unsere Erfahrungen im Licht des Evangeliums zu deuten. Um so die Spuren des lebendigen Gottes in unserem Leben zu entdecken. Es ist aber genauso wichtig, diese Erfahrungen immer wieder in die Feier der Eucharistie einfließen zu lassen und sie der verwandelnden Kraft des Heiligen Geistes auszusetzen. So kann das „Brennen unseres Herzens“ zu einer wirklichen Begegnung mit dem Auferstandenen werden.