Bitten
Haben Sie eine kleine Liste mit Menschen, die Sie bitten können? - Da gibt es die guten und bereiten Handwerker. Da gibt es die Menschen, die schon mal das Mofa ausleihen. Da gibt es jene, die als Babysitter auch kurzfristig einspringen. Oder es gibt die guten Zuhörer, bei denen man das Herz ausschütten kann. Wenn sie ganz gut sind, bleibt das Gehörte auch bei ihnen.
Es ist gut, diese Menschen zu kennen. Wir halten sie uns warm. Zugleich schauen wir, dass wir sie nicht zu oft angehen. Sonst kann es passieren, dass diese Menschen sich abwenden. Wer zu viel will, kann auch stolpern.
Jesus erinnerte die Jünger an eine solche Erfahrung. In der Fassung des Vater Unser bei Lukas fehlt die Bitte des "Dein Wille geschehe". Dadurch ist das Verhältnis der Bitten im Vater Unser verschoben. Nun geht es mit den Bitten "Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme" 2x um die Themen Gottes, aber 3x um die Themen des Menschen:
- das tägliche Brot
- Vergebung der Sünden
- Bewahrung vor Versuchung.
Der Mensch muss in seiner Beziehung zu Gott keine Angst davor haben, dass Gott zählt und aufrechnet. Außerdem sind die Inhalte der Bitten sowieso nicht 1:1 vergleichbar.
Du darfst bitten
Diese Bitten im eigenen Anliegen dürfen sein. Da hält Jesus gleich mehrere Erfahrungen und Erwartungen als Antwort bereit. Der Freund gibt dem Freund das Brot, auch wenn es zur unpassenden Zeit ist. Der Vater gibt seinem Kind, was wirklich nötig ist.
Aus unserer Zeit können wir viele Belege bringen. Wer ist nicht schon beschenkt worden, wenn er um etwas gebeten hat? Wer kann sich nicht daran erinnern, dass Menschen ihm wohl gesonnen waren und geholfen haben? Oder denken wir an die Votivtafeln an Wallfahrtsorten, wo es dann heißt: "Der/die Heilige N. hat gegen Krankheit oder Not oder Seuche oder ... geholfen." Wie viele Organisationen und Vereine bitten um Spenden für ein gutes Projekt, eine soziale Einrichtung oder eine große Anschaffung vor Ort. Sie alle sind ermutigt durch das, was immer wieder zusammenkommt. Sie alle merken, dass Menschen zu Spenden bereit sind, wenn sie den Sinn und die Wirkung ihrer Spende sehen.
Du bittest vergebens
Doch genau darin liegt auch ein Problem bei manchen unserer Bitten. Wenn ich erfolgreich bitte, habe ich auch mehr Mut zur Wiederholung. Wenn ich aber keinen Erfolg sehe, was dann?
In wie vielen Fürbittbüchern steht etwa die Bitte um Frieden? Und wo ist er?
Wie viele bitten um Gesundheit und erfahren sie nicht?
Wie viele Bitten um den Partner für das Leben laufen ins Leere?
Was ist mit den Bitten um eine Lehr- oder Arbeitsstelle?
Wie viele Bitten um finanzielle Unterstützung sind vergebens? Wie viel bekommt der Bettler in der Fußgängerzone tatsächlich zusammen?
Haben diese Menschen die falsche Bitte ausgesprochen?
Und Abraham?
Die Erfahrung von Bitte und anderer Lösung macht ja auch Abraham. In der Lesung aus dem Buch Genesis haben wir den Handel mit Gott gehört. Immer kleiner wird die Zahl der Gerechten, wegen denen Gott die Stadt verschonen würde. Von 50 auf 10 ist schon ein ganz guter Wert. Man spürt: Abraham würde am liebsten auf nur einen Menschen herunterhandeln. Wer in der Genesis weiter schaut, liest das Ergebnis: Die Familie des Lot wird aus der Stadt herausgeführt. Lot, seine Frau und seine beiden Töchter sind die Gerechten, die gerettet werden sollen. Danach wird die Stadt dem Untergang geweiht. Es wird alles Leben ausgelöscht. Als dies geschieht, erstarrt die Frau des Lot. Sie hat von der Rettung wenig gehabt.
Hat Abraham mit Blick auf die Stadt nun versagt? War seine Bitte zu groß? Oder ist es seiner Bitte zu verdanken, dass wenigstens Lot und seine Familie gerettet werden?
Und Salome?
Der heutige Sonntag fällt auf den 25. Juli. Es ist das Fest des Apostels Jakobus. Auch bei ihm gab es eine Bitte - ausgesprochen von seiner Mutter Salome. Die bat Jesus darum, dass ihre beiden Söhne Jakobus und Johannes rechts und links neben Jesus sitzen dürfen. Alle empörten sich über ihre Bitte. Eine klare Antwort im Sinne des Ja oder Nein gab es nicht. Aber Jakobus wird tatsächlich der erste der Märtyrer aus dem Kreis der Apostel. In gewisser Weise bekommt Salome ihre Antwort.
In einer Predigt sagte der Pfarrer der Kathedrale von Santiago de Compostela sogar: "Warum sollte sie Jesus auch nicht bitten? Immerhin hatte sie ihm ja auch zwei ihrer Söhne gegeben!"
"Bittet, und ihr werdet empfangen!" Jesus macht uns Mut. Mir ist keine Statistik bekannt, in der ich lesen kann, wie viel Prozent der Bitten erhört werden. So kann ich nicht überheblich oder kleinmütig werden. Ich kann mich aber auf Jesu Ermutigung einlassen und mich dabei erinnern, wie das war, als meine letzte Bitte erfüllt wurde...