Die heutige Lesung hat als Hintergrund den Kampf von jüdischen Frommen im 2. Jahrhundert vor Christus gegen die hellenistischen Herrscher, angeführt von der Familie der Makkabäer. In dieser Zeit entstand der Glaube an die Auferstehung von den Toten, weil junge Menschen als Märtyrer für ihren Glauben starben und Fromme glaubten, dass sie bei Gott ein neues Leben erhalten würden. Problematisch war für Fromme die Schuld von Verstorbenen, die noch nicht entsühnt war. Eine der Antworten war: Ihr Lebenden könnt Mitverantwortung über-nehmen im Gebet und in Opfern.
Lesung aus dem zweiten Buch der Makkabäer.
In jenen Tagen veranstaltete Judas, der Makkabäer, eine Sammlung, an der sich alle beteiligten, und schickte etwa zweitausend Silberdrachmen nach Jerusalem, damit man dort ein Sündopfer darbringe. Damit handelte er sehr schön und edel; denn er dachte an die Auferstehung. Denn hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. Auch hielt er sich den herrlichen Lohn vor Augen, der für die hinterlegt ist, die in Frömmigkeit entschlafen. Ein heiliger und frommer Gedanke! Darum ließ er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.
Die makkabäische Bewegung kämpfte im 2. Jh. v. Chr. gegen die Entweihung des Tempels von Jerusalem und andere gegen den jüdischen Glauben gewandte Maßnahmen, die von den seleukidischen Besatzern Palästinas veranlasst wurden.Judas Makkabäus war ein wichtiger Führer dieser Bewegung. Von ihm erhielt sie auch ihren Namen. Er und viele andere trat unter großem Opfermut für den ursprünglichen jüdischen Glauben ein. Es gab viele Gefallene. Mehrfach wird in diesem Zusammenhang im Zweiten Makkabäerbuch von der leiblichen Auferstehung gesprochen, so auch in dieser Perikope. Ebenso ist die Stelle bedeutsam durch die Betonung der Wirksamkeit des Bittgebets für die Verstorbenen. Beides - Auferstehung und Bittgebet für die Verstorbenen - sind Vorstellungen, die im Alten Testament relativ nicht immer schon im Blick waren, sondern relativ spät auftauchten.
Antwortpsalm - Ps 130,1-8
Kv: Aus den Tiefen rufe ich, Herr, zu dir. – Kv GL 511
Aus den Tiefen rufe ich, Herr, zu dir: * Mein Herr, höre doch meine Stimme! Lass deine Ohren achten * auf mein Flehen um Gnade. – (Kv)
Würdest du, Herr, die Sünden beachten, * mein Herr, wer könnte bestehen? Doch bei dir ist Vergebung, * damit man in Ehrfurcht dir dient. – (Kv)
Ich hoffe auf den Herrn, es hofft meine Seele, * ich warte auf sein Wort. Meine Seele wartet auf meinen Herrn / mehr als Wächter auf den Morgen, * ja, mehr als Wächter auf den Morgen. – (Kv)
Israel, warte auf den Herrn, / denn beim Herrn ist die Huld, * bei ihm ist Erlösung in Fülle. Ja, er wird Israel erlösen * aus all seinen Sünden. – Kv
Der 1. Brief an die Thessalonicher, geschrieben ca. 50 nach Christus, ist die älteste Schrift des Neuen Testaments. Paulus verkündet der dortigen Gemeinde, dass Jesus aufgrund seiner Auferstehung vom Tod die Glaubenden, die zu ihm gehören, ebenfalls aus dem Tod holt.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich.
Schwestern und Brüder, wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott die Entschlafenen durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen. Denn dies sagen wir euch nach einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die noch übrig sind bei der Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen nichts voraushaben. Denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen, wenn der Befehl ergeht, der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt. Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen; dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt zur Begegnung mit dem Herrn. Dann werden wir immer beim Herrn sein. Tröstet also einander mit diesen Worten!
Der Abschnitt des Ersten Thessalonicherbriefs eröffnet in der Absetzung zu den vorherigen Versen über die Bruderliebe ein neues Thema: die Entschlafenen. Es wird abgelöst im 5. Kapitel vom Thema Zeiten.
Zunächst argumentiert Paulus mit seiner eigenen Glaubensüberzeugung und dem Lebensschicksal Jesu. Dann erfolgt eine zweite Begründung, der er wie auch im Eucharistiethema des 1. Korintherbriefs besonderes Gewicht verleiht, indem er ein Argument als Herrenwort kennzeichnet.
Schließlich werden apokalyptische Bilder der Zeit benutzt. Am Anfang und Ende des Abschnitts steht noch einmal die Zielbestimmung: Wir wollen euch besser stellen als die Hoffnungslosen. Und tröstet die Menschen.
Paulus richtet sich in diesem Brief an die heidenchristliche Gemeinde der Thessalonicher. Man kann davon ausgehen, dass dieser Abschnitt deshalb geschrieben wurde, weil den Thessalonichern das Heil der Verstorbenen ungewiss war. Angesichts der Erwartung des nahenden Gottesreiches ist es verständlich, dass sich die Thessalonicher nicht auf die allgemeine Erfahrung des Todes einstellten. Sie erwarteten, dem wiederkommenden Jesus als noch Lebende zu begegnen. Aber nun machen sie die Erfahrung, dass Gemeindemitglieder sterben.
Mit dem Hinweis auf das Sterben und die Auferstehung Jesu erschließt Paulus die Hoffnung, dass auch die bereits verstorbenen Gemeindemitglieder zur Herrlichkeit gelangen werden. Paulus will nicht über die bereits "Entschlafenen" reden, sondern er will einer Haltung entgegenwirken, die von Hoffnungslosigkeit beherrscht ist. Paulus macht klar, dass Rat- und Hoffnungslosigkeit angesichts des Todes nicht Sache der Christen ist, wie auch immer die Erwartung für die Zukunft der Toten sein mag.
Paulus versucht, in diesem Abschnitt von seinem um 50 n. Chr. in Korinth verfassten Brief an die Thessalonicher auf eine der beiden Fragen, die die Gemeinde stellt, eine Antwort zu geben. Nach der Frage des Umgangs miteinander (4,1-12), die Schwierigkeiten im Zusammenleben innerhalb der Gemeinde voraussetzt, wird die Frage nach der Hoffnung gestellt. Dabei geht es um die Sorge, was mit den bereits Verstorbenen am Tag des Herrn passieren wird, ob die Verstorbenen am Heil, das den Lebenden zugesprochen wird, ebenso teilhaben werden. Die Antwort von Paulus ist eindeutig: Am Tag des Herrn werden alle Menschen, Lebende und Verstorbene, vereint sein im Heil, das ihnen der Kyrios schenkt.
Ruf vor dem Evangelium (I) - Joh 11,25a. 26b
Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit! – Kv
(So spricht der Herr:) Ich bin die Auferstehung und das Leben. Jeder, der an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit!
Evangelium - Joh 11,17-27
Zum Gedenktag Allerseelen kommen viele Menschen in den Gottesdienst oder gehen auf den Friedhof wegen ihrer Verstorbenen. Unser Lesungstext spricht von einem aktuellen Todesfall. Er führt aber nicht bloß ins Trauerhaus, sondern darüber hinaus zum Glauben an die Auferstehung zum Leben durch Jesus, der das Leben selber ist, jetzt schon.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:
Als Jesus in Betánien ankam, fand er Lázarus schon vier Tage im Grab liegen. Betánien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen. Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.
Die Perikope ist Teil der Erzählung von der Auferweckung des Lazarus (vgl. Joh 11,17-44). Die Kapitel 5 bis 12 des Johannesevangeliums können grob umrissen als eine große Glaubensschule des Evangelisten (mit Reden und Gleichnissen, Taten und Wundern) angesehen werden. Das heutige Stelle hat eine der letzten Fragen der Menschen zum Inhalt, den Tod. Die Erzählung ist kein medizinischer Bericht, sondern eine theologische Aussage über die Person Jesu und seine Macht. Erneut geht es um die Frage: "Wer ist Jesus?". Erneut wird eine "Ich-bin-Antwort" gegeben (vgl. 6,34; 8,12; 10,14; 14,6; 15,1). Einmal mehr zeigt der Evangelist der Welt, wen sie in Jesus Christus vor sich hat: Jesus, der Macht hat, den Menschen das Leben zu geben.
1. Lesung - Ijob 19,1. 23-27a
Im Buch Ijob wird angesichts von unverschuldetem Leid und Tod radikal die Warum-Frage gestellt. Der Name „Ijob“ bedeutet: Wo ist der Vater? In allem Klagen und Anklagen Gottes glaubt Ijob, dass da ein mitfühlender Gott hinter all dem nicht verstehbaren Leiden und Tod ist, den wir dereinst schauen dürfen. Danach sehnt er sich.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Lesung aus dem Buch Íjob:
Íjob sprach: Würden meine Worte doch geschrieben, würden sie doch in ein Buch eingeritzt, mit eisernem Griffel und mit Blei, für immer gehauen in den Fels. Doch ich, ich weiß: Mein Erlöser lebt, als Letzter erhebt er sich über dem Staub. Ohne meine Haut, die so zerfetzte, und ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen. Ihn selber werde ich dann für mich schauen; meine Augen werden ihn sehen, nicht mehr fremd.
Kv: Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. – Kv GL 42,1
Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, * so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, / nach dem lebendigen Gott. * Wann darf ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht? – (Kv)
Ich will in einer Schar einherziehn. * Ich will in ihr zum Hause Gottes schreiten, im Schall von Jubel und Dank * in festlich wogender Menge. – (Kv)
Sende dein Licht und deine Wahrheit; sie sollen mich leiten; * sie sollen mich bringen zu deinem heiligen Berg und zu deinen Wohnungen. So will ich kommen zu Gottes Altar, / zum Gott meiner Freude und meines Jubels. * Ich will dir danken zur Leier, Gott, du mein Gott. – Kv
Seit der Taufe sind alle Christen mit Jesu Geist erfüllt. Das ermächtigt, Gott Vater zu nennen. Freilich leiden auch Glaubende in diesem Leben trotzdem noch und sehnen sich nach dem endgültigen Heil, das Gott nach dem Tod schenken will.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder! Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! 16Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden. Ich bin nämlich überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Denn die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin: Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber nicht nur das, sondern auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, auch wir seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden.
Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom, die er nicht selbst begründet hat, die er aber sehr wohl unterstützen will. In seiner Darstellung geht es Paulus um die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes, die zu einem neuen Leben führt.
Das neue Leben ist ein Leben im Geist, der frei macht und der uns bezeugt, daß wir in die Vater-Kind-Beziehung mit Gott hineingenommen sind - damit aber auch in den Tod und die Auferstehung Christi. Das hat Konsequenzen: auch wir werden leiden müssen. Die Aussicht auf die Herrlichkeit, die auch uns zuteil werden wird, läßt aufblicken und hoffen.
***
Der Mensch ist ein Teil der ganzen Schöpfung. Das Leben der Christen in dieser Welt hat als Ziel die Herrlichkeit bei Gott. Der Weg dorthin ist gekennzeichnet durch Solidarität mit der Schöpfung, denn wir stehen wie alle Geschöpfe unter dem Gesetz der Vergänglichkeit.
Doch als Christen haben wir eine sichere Hoffnung: Gott führt uns und alles Geschaffene den Weg zu Befreiung aus aller Knechtschaft und Verlorenheit hin zur Freiheit und Herrlichkeit, die ihren Grund allein in Gott hat.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 14,2a. 3b
Kv: Lob sei dir, Herr, König der ewigen Herrlichkeit! – Kv (So spricht der Herr:) Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Ich werde wiederkommen und euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Lob sei dir, Herr, König der ewigen Herrlichkeit!
Evangelium - Joh 14,1-6
Im heutigen Evangelium steht der endgültige irdische Abschied Jesu von seinen Jüngern im Raum. Doch geht es da nicht um ein Nimmerwiedersehen oder den Tod. Vielmehr wird das neue Leben bei Gott für ihn, für uns und auch für unsere Verstorbenen begründend hervor-gehoben. Eine trostvolle Zusage, aber auch Anfrage an uns.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.
Der Abschnitt ist der Abschiedsrede Jesu vor seinen Jüngern entnommen. Aus diesem Kontext erschließt sich ihr besonderer Charakter. Die Jünger sind verunsichert und verwirrt, perspektivenlos und traurig. Unmittelbar vor dem ausgewählten Abschnitt stellt Petrus die Frage an Jesus: „Herr, wohin gehst du?“ Und Jesus antwortet: „Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen.“ In der Stunde der Angefochtenheit des Glaubens durch den bevorstehenden irdischen Tod Jesu geht es um eine Sicherung und Bestärkung der Hoffnung auf ein „Darüberhinaus“.
Die Vorstellung von den Wohnungen im Himmel findet sich auch in der zeitgenössischen Apokalyptik. Sie erhält aber eine spezifische christliche Prägung durch den Hinweis, dass es sich um die Wohnungen „im Haus meines Vaters“ handelt. Damit ist einerseits die besondere Qualität der Gottesbeziehung Jesu angesprochen, in die auch seine Jünger hineingenommen sind. Andererseits wird eine Sinndeutung des Todes Jesu eröffnet: Dem Sohn ist es möglich, in das Haus seines Vaters einzutreten. Durch ihn können dann auch alle ihm Zugehörigen in die himmlische Wohnstatt gelangen.
In der Antwort Jesu auf die von Verständnislosigkeit gekennzeichnete Frage des Thomas wird dieser Gedanke präzise und programmatisch zusammengefasst. Auf die Frage nach dem Wohin antwortet Jesus mit einem eindrucksvollen „Ich bin …“. Ziel und Weg sind nicht voneinander getrennt. Deshalb besteht der Zugang zu Gott ausschließlich durch Christus. Wer das Licht der Wahrheit Gottes sucht, der hat sie in ihm schon gefunden. Und er hat bereits teil am ewigen Leben, weil eben Christus das Leben ist.
Der Abschnitt ist der Abschiedsrede Jesu vor seinen Jüngern entnommen. Aus diesem Kontext erschließt sich ihr besonderer Charakter. Die Jünger sind verunsichert und verwirrt, perspektivenlos und traurig. Unmittelbar vor dem ausgewählten Abschnitt stellt Petrus die Frage an Jesus: "Herr, wohin gehst du?" Und Jesus antwortet: "Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen." In der Stunde der Angefochtenheit des Glaubens durch den bevorstehenden irdischen Tod Jesu geht es um eine Sicherung und Bestärkung der Hoffnung auf ein "Darüberhinaus".
Die Vorstellung von den Wohnungen im Himmel findet sich auch in der zeitgenössischen Apokalyptik. Sie erhält aber eine spezifische christliche Prägung durch den Hinweis, dass es sich um die Wohnungen "im Haus meines Vaters" handelt. Damit ist einerseits die besondere Qualität der Gottesbeziehung Jesu angesprochen, in die auch seine Jünger hineingenommen sind. Andererseits wird eine Sinndeutung des Todes Jesu eröffnet: Dem Sohn ist es möglich, in das Haus seines Vaters einzutreten. Durch ihn können dann auch alle ihm Zugehörigen in die himmlische Wohnstatt gelangen.
In der Antwort Jesu auf die von Verständnislosigkeit gekennzeichnete Frage des Thomas wird dieser Gedanke präzise und programmatisch zusammengefasst. Auf die Frage nach dem Wohin antwortet Jesus mit einem eindrucksvollen "Ich bin …". Ziel und Weg sind nicht voneinander getrennt. Deshalb besteht der Zugang zu Gott ausschließlich durch Christus. Wer das Licht der Wahrheit Gottes sucht, der hat sie in ihm schon gefunden. Und er hat bereits teil am ewigen Leben, weil eben Christus das Leben ist.
1. Lesung - Jes 25,6a. 7-9
Am Jesajabuch ist seit dem Propheten Jesaja 8. Jahrhundert über Jahrhunderte weitergeschrieben worden. Der heutige Lesungstext ist vermutlich in der Spätzeit des Alten Testaments entstanden. Gottes Eingreifen wird für die Endzeit sehnlichst erwartet und damit einhergehend eine Wen-dung im Geschickt des Volkes Israel. Drei Bilder veranschaulichen Gottes menschenfreundliche Zuwendung: Gott gibt ein Festmahl, er wischt die Tränen aus dem Gesicht der Trauernden und er rettet tatkräftig.(c) Katholische Bibelwerke Deutschland, Östereich, Schweiz.
Lesung aus dem Buch Jesaja.
An jenem Tag wird der Herr der Heerscharen auf diesem Berg – dem Zion – für alle Völker ein Festmahl geben. Er verschlingt auf diesem Berg die Hülle, die alle Völker verhüllt, und die Decke, die alle Nationen bedeckt. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen und die Schande seines Volkes entfernt er von der ganzen Erde, denn der Herr hat gesprochen. An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der Herr, auf ihn haben wir gehofft. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat.
Der Text der ersten Lesung ist in die sogenannte "Jesaja-Apokalypse" (Jes 24,1-27,13) verwoben, die erst um 200 v. Chr., also relativ spät nach dem historischen Propheten Jesaja, entstanden ist. Es geht in ihr um die Verwüstung der Erde und um die Vernichtung ihrer Bewohner, um den Untergang einer Stadt, aber auch um das Heil Israels und der Völker auf dem Berg Zion. Hinter all diesen Vorgängen läuft als durchgehender roter Faden der Versuch einer Schilderung, wie sich die Gottesherrschaft am Ende der Zeiten durchsetzen wird. Wichtig ist bei alledem: Apokalyptische Texte sind voll von Bildern und Symbolen. Man würde sie mißverstehen, legte man sie - wie es in manchen Sekten geschieht - als Vorausschau des realen Verlaufs des Weltenendes aus. Daß die Geschichte dieser Welt allerdings nicht endlos weiterlaufen wird, dies liegt mit Gewißheit in der Aussageabsicht apokalyptischer Texte. Damit soll aber ausschließlich Hoffnung, nicht Angst verbreitet werden.
Die Lesungsperikope merkt man diese Hoffnungsdimension rundum an. Die Gottesherrschaft wird als ein Festmahl dargestellt, welches Jahwe für alle Völker auf dem Berg Zion bereitet. Wenn von der "Hülle, die alle Nationen verhüllt" (Vers 7) die Rede ist, dann ist mit diesem Bild der Tod gemeint. Jahwe beseitigt den Tod für immer. Deshalb wird es auf dem endzeitlichen Berg Zion auch keine Trauer, keine Tränen mehr geben. Die tiefste Wurzel des Todes und der Trauer in dieser Erdenzeit ist der Verlust der Nähe Gottes. Dieser Verlust wird einst durch die bleibende Gemeinschaft mit Gott ersetzt werden.
Der Berg Zion gilt im Alten Testament an mehreren Stellen als Ort endzeitlichen Heils. "Zion" und "Jerusalem" sind dabei austauschbare Begriffe. War die Gottesstadt und mit ihr das Gottesvolk im Verlauf der konkreten Geschichte immer wieder ein Spielball der Mächte im Umfeld Israels, so ist am Ende der Zeiten die "Schande" (V. 8), welche oftmals über dem Volk lag und die im letzten als Verborgenheit Gottes gedeutet werden konnte, hinweggenommen.
Jesaja, der "Evangelist" des Ersten Testaments (vollständige Fassung um 2. Bis 1. Jhd. v. Chr.), erweitert in diesem Abschnitt seinen Horizont von den Völkern auf die ganze Erde aus. Dementsprechend von universaler Bedeutung ist seine Botschaft vom Heil, das Gott denen bereitet, die ihn lieben und fürchten, die ihre Hoffnung auf Jahwe setzen. Ausgedrückt wird das Heil im Bild vom Festmahl, das Jahwe auf dem Zion gibt. Dabei kommt Jerusalem mit seinem heiligen Berg als klassischer Ort der Nähe und Gegenwart Gottes in das Blickfeld und wird so in der Tradition des Judentums und des Christentums Ausdruck einer Sehnsucht inmitten von Leid, Weltuntergang und Unfrieden nach einem Leben, das nur Gott allein zu schenken vermag.
2. Lesung (III) - Phil 3,20-21
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philíppi.
Schwestern und Brüder! Unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann.
Lesungskommentar Martin Leitgöb (2002)
Lesungskommentar Hans Hütter (2001)
Der Text der zweiten Lesung entstammt dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper, genauerhin jenem Teil dieses Briefes, in dem sich Paulus mit Gegnern und Irrlehrern in der Gemeinde auseinandersetzt. Darunter sind solche, die sich als "Feinde des Kreuzes Christi" (Phil 3,18) gerieren. Sie versuchen die christliche Botschaft vom harten Anspruch des Kreuzes zu lösen, glauben sich schon im Besitz des ewigen Heils und haben eine Abscheu vor hohen ethischen Ansprüchen. Ihr Sinnen und Trachten geht auf das Diesseitige und Irdische.
Dem hält der Apostel entgegen - und damit setzt die Lesungsperikope ein -, daß die wahre Heimat der Christen nicht diese Welt, sondern der Himmel sei. Allerdings: Man ist in dieser Heimat noch nicht angelangt. Christsein bedeutet, im Wartezustand zu leben. Erst der wiederkommende Herr Jesus Christus wird die endgültige Erlösung herbeiführen. Seine Rettungstat erstreckt sich auf die Umgestaltung unseres vergänglichen Leibes, der von vielen physischen und moralischen Gebrechen geprägt ist, in den Leib seiner himmlischen Herrlichkeit. Damit ist der Prozeß der Angleichung an Jesus Christus, der für den Gläubigen schon in diesem Leben bestimmend ist, zur Vollendung geführt.
Mit "Leib" ist bei Paulus mehr als der Körper gemeint. Unter "Leib" wird die gesamte leiblich-irdische Existenz des Menschen verstanden, die ganze bunte oder verworrene Lebensgeschichte, alles, was ein Mensch erlebt und erlitten hat, was er getan und unterlassen hat. Dieser gesamten Existenz des Menschen ist in der Vollendung endgültig erfüllendes Leben, eben das Leben Jesu Christi geschenkt. Hinter den Ausführungen des Apostels könnte im ganzen die provozierende Frage stehen: Ist euch diese Vollendung eine Verlockung, sehnt ihr euch nach dem Himmel? Zugleich stellen die Ausführungen einen starken Impuls dar, die Angst vor dem Ende zu überwinden: Es geht der Heimat zu!
In diesem Abschnitt des Philipperbriefes tritt Paulus gegen Irrlehrer in der Gemeinde auf. Offenbar sind es Personen, die mit der Kreuzestheologie des Paulus nicht viel anfangen können.
Paulus fordert die Philipper auf, ihn selbst nachzuahmen und jene, die mit ihm in Einklang stehen. Es geht dabei nicht um Selbstbeweihräucherung oder Prahlerei. Ihm geht es um die Kreuzesnach-folge, die einige in der Gemeinde ablehnen. An seiner Lebesnweise kann abgelesen werden, wie die Kreuzesnachfolge gelebt werden kann.
Darüber hinaus betont Paulus die Erwartung des Wiederkommens Christi. Er wird die Vollendung und Umgestaltung des irdischen Leibes bringen. Vermutlich betrachten sich die Gegner des Paulus bereits als vollendet und als teilhaftig des neuen Lebens und erwarten nicht mehr das Kommen Christi.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 6,51
Ehre sei dir, Christus, Sohn des lebendigen Gottes! – Kv (So spricht der Herr:) Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer dieses Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Ehre sei dir, Christus, Sohn des lebendigen Gottes!
Evangelium (III) - Lk 7,11-17
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit kam Jesus in eine Stadt namens Naïn; seine Jünger und eine große Volksmenge folgten ihm. Als er in die Nähe des Stadttors kam, siehe, da trug man einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Und er trat heran und berührte die Bahre. Die Träger blieben stehen und er sagte: Jüngling, ich sage dir: Steh auf! Da setzte sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück. Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns erweckt worden: Gott hat sein Volk heimgesucht. Und diese Kunde über ihn verbreitete sich überall in Judäa und im ganzen Gebiet ringsum.
Lesungskommentar Hans Hütter (2007)
Die Bedeutung der Erzählung von de Auferweckung eine jungen Mannes, des einzigen Sohnes einer Witwe, erschließt sich einerseits durch ihren Bezug zur Erzählung von der Erweckung des einzigen Sohnes der Witwe von Sarepta durch den Propheten Elija und andererseits durch ihre Stellung in der Erzählfolge bei Lukas.
Zunächst fallen die Ähnlichkeiten mit der alttestamentlichen Parallelgeschichte auf: Auch dort begegnet Elija der Witwe am Stadttor, als diese sich aufmacht, um mit dem Rest ihrer Lebensmittel eine letzte Essen zuzubereiten und dann zu sterben. Elija erweist sich damit als Gottesmann.
In der neutestamentlichen Erzählung wird der Wundertäter zunächst als Herr, als Kyrios, vorgestellt. Durch seine Wundertaten offenbart er sich den Menschen, die ihm folgen, und den Menschen, die ihm begegnen, als Herr über Leben und Tod. Nach vollbrachtem Wunder wird er als „großer Prophet“ erkannt und gepriesen.
Lukas bringt als einziger Evangelist diese Erzählung. Er reiht sie in eine Abfolge von Wundertaten Jesu. nach der Heilung des Dieners des Hauptmannes von Kapharnaum ein. Auf diese beiden Begebenheiten folgt die Frage der Jünger des Täufers Johannes: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Jesus antwortet darauf nicht direkt, sondern verweist auf seine Wundertaten. Damit erfüllt sich die Prophezeiung des Jesaja und Jesus offenbart sich indirekt als der erwartete Messias.
Der Aufbau der Erzählung folgt dem typischen Schema von Wunderberichten. Im Mittelpunkt steht das Erbarmen des Herrn mit der vom Schicksal geschlagenen Frau. Darin zeigt sich das Erbarmen Gottes mit den Schwachen und im Leben Benachteiligten.
Die Gestalt der Witwe, deren einziger Sohn gestorben ist, lädt auch ein, bei dieser Gestalt als idealtypischem Bild zu verweilen. Sie steht für den armen Menschen, der rundum vom Tod bedrängt wird und dessen Leben sich nicht entfalten kann. Ihr Mann ist bereits verstorben und nun stirbt der einzige Sohn. Als allein stehende Frau gehört sie zu den ohnmächtigen Verlierern und zu den gesellschaftlich Schwachen. Lukas ist in seinem Evangelium bemüht, ein Bild von Jesus zu zeichnen, der sich gerade den Menschen auf den Schattenseiten des Lebens zugewendet hat und von diesen als Messias erfahren worden ist.
Der Weg zum Glauben an ewiges Leben führt für mich über die Liebe und über die Hoffnung. – Ansprache für einen Friedhofsgang.
Weil ich liebe...
Niemand weiß, wie es nach dem Tod weitergeht. Niemand kann beweisen, dass es nach dem Tod weitergeht. Trotzdem gehe ich von Zeit zu Zeit zu den Gräbern meiner Lieben. Ich möchte ihnen damit zeigen, dass meine Liebe zu ihnen nicht verloschen ist. Ich erinnere mich dankbar daran, was sie mir bedeutet haben, was ich ihnen verdanke. Ich erinnere mich an fröhliche und glückliche Stunden mit ihnen, auch an manches Schwere. "Stark wie der Tod ist die Liebe" (Hld 8,6), sagt ein Wort der heiligen Schrift. Sie wird vom Tod nicht ausgelöscht.
...hoffe ich
Weil ich diese Menschen liebe, hoffe ich, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Ich hoffe es vor allem für jene, die es im Leben schwer gehabt haben. Ich hoffe es für jene, die sich für andere eingesetzt haben und die dafür zu Lebzeiten keinen Lohn erhalten haben. Ich hoffe es für jene, die mit hohlen Versprechungen um ihr Leben betrogen worden sind. Mir gehen an einem Tag wie heute jene nicht aus dem Kopf, die durch Kriege, Hungersnöte oder Naturkatastrophen umgekommen sind: Alte, Junge, Menschen im besten Alter, Kinder, Menschen, die auf dem Weg in ein besseres Leben im Meer ertrunken sind. Ich kann mich nicht damit abfinden, dass es sich die einen richten, ohne sich vor einem Gericht verantworten zu müssen. Und ich will mich nicht damit abfinden, dass andere nichts von dem Glück erleben, das ich erleben durfte.
und glaube ich
Deshalb glaube ich denen, die mir von einem liebenden Gott erzählt haben, dem ich mein Leben verdanke. Ich knüpfe meine Hoffnungen an den, von dem es heißt, er sei von den Toten auferstanden. Und ich glaube, dass er am Ende all jene, die im Leben wenig Glück erfahren haben, so überglücklich macht, dass sie das Erlittene vergessen können. Und ich glaube daran, dass er allen, die seiner Liebe nicht getraut haben, eine neue Chance geben wird. Diesem liebenden Gott lege ich alle meine Lieben ans Herz, wenn ich deren Gräber besuche. Auf diesen liebenden Gott hoffe ich, wenn ich an jene denke, die das Leben, das der Schöpfer ihnen schenken wollte, nicht erleben konnten.
Wie das konkret aussehen wird, übersteigt meine Vorstellungskraft. Mit dem Apostel Paulus glaube ich an das, "was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben." (1 Kor 2,9).
Der Friedhof ist in Ort der Trauer, der Erinnerung und des Nachdenkens
Dr. Max Angermann (2018)
Ansprache zu einer ökumenischen Friedhofsandacht an Allerheiligen/Allerseelen.
Erntefest des Lebens
Der Friedhof hat verschiedene Funktionen: ein Ort, an dem wir unsere Verstorbenen zur Ruhe betten, ein Ort der Trauer, ein Ort der Erinnerung, ein Ort des Gebets und Nachdenkens auch über unsere Vergänglichkeit.
Das liturgische Kirchenjahr passt sich an diese Gegebenheiten sehr gut an, und auch die Natur zeigt uns den Lauf der Zeit. Herbst, Zeit der Ernte, auch des nochmaligen Aufblühens.- Ernte als Lebensernte, auch Erntefest aller Kirchen, Erntefest des Lebens. Die Heilige Schrift spricht von einer großen Schar, die durch das Fegefeuer des Lebens gegangen sind. Alle waren sie auf dem Weg, jetzt sind sie am Ziel. Dazu zählen auch all jene Menschen aus Ihrer Verwandtschaft, aus Ihrem Bekannten- und Freundeskreis, die nicht mehr physisch anwesend sind. Allerheiligen als Fest der pilgernden und auch der vollendeten Kirche. Somit sind auch Tod und Auferstehung wieder ein Thema. Mit dem Gräbergang des Allerheiligentages beginnt das Allerseelenfest.
Der Tod überreicht uns das Ticket ins Jenseits. Was uns erwartet sagt die Offenbarung: „Gott wird mit uns sein. Er wird alle Tränen abtrocknen, der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Krankheit, keine Mühsal, denn was früher war, ist vergangen.“
Die meisten Menschen haben Sehnsucht nach diesem Zustand und hoffen darauf. Es sind nicht allzu viele, die überzeugt sind, dass es kein Weiterleben gibt.
Wenn Sie in diesem Jahr einen nahestehenden Menschen zu Grabe begleitet haben, wünsche ich Ihnen, auch namens meiner evangelischen Kollegin viel Kraft aus dem Tunnel der Trauer wieder herauszufinden und dass aus diesen Tränen des Schmerzes Perlen der Liebe werden.
Allerheiligen im Zeichen der Gedenkkultur
Sozialreferat der Diözese Linz (2018)
Zu Allerheiligen/Allerseligen gedenken wir nicht nur der verstorbenen Angehörigen. Wir weiten unseren Blick auf alle Verstorbenen, auch auf die Opfer der Kriege und der Unrechtsregime. Erinnern weitet den Blick für die Gegenwart.
„Sichtbar machen durch verdecken“
In vielen Orten Oberösterreichs wird zu Allerheiligen an den Kriegerdenkmälern in unterschiedlichster Weise der Gefallenen der beiden Weltkriege gedacht. In der Pfarre St. Georgen an der Gusen wurde vor einigen Jahren in einem Kunstprojekt das Kriegerdenkmal für mehrere Monate verhüllt. „Sichtbar machen durch verdecken“, so nannte die Künstlerin diese gewagte Intervention. Es gab große Aufregung in der Bevölkerung. An den Stammtischen wurde darüber intensiv diskutiert. Gleichzeitig wurde von der Künstlerin am Kirchenvorplatz ein Spiegelsteg errichtet, der auf die unterirdischen Waffenwerke während der NS-Zeit ganz nahe der Kirche und auf das Konzentrationslager Gusen hinweist.
„Sichtbar machen durch Verdecken.“ - So wurde der Blick auf die 40.000 Menschen gelenkt, die in dieser Pfarre zur Zeit des Nationalsozialismus grausam zu Tode kamen und viele Jahrzehnte fast gänzlich in Vergessenheit gerieten. Heute am Allerheiligen Fest gedenkt man dort sowohl der Gefallenen der Kriege am Kriegerdenkmal, als auch der Opfer der Konzentrationslager, der gegenwärtigen Kriege und des Terrors auf unserer Welt.
Totengedächtnis
Warum gedenken wir zu Allerheiligen und Allerseelen nicht nur der uns lieb gewordenen Verwandten, der eigenen Freundinnen, Freunde und Bekannten? Warum gedenken wir als Christinnen und Christen auch der Opfer von Kriegen und Unrechtsregimen?
In Österreich begehen wir das Gedenkjahr 2018. Die Österreichischen Bischöfe haben dazu eine beeindruckende Erklärung abgegeben und darauf hingewiesen, dass das Erinnern und Gedenken insbesondere der Opfer unserer Geschichte zutiefst christlich sei und jede humane Kultur auszeichne. In der Erklärung der österreichischen Bischöfe heißt es wörtlich: Wir „gedenken vor allem der Opfer, die in Folge der nationalsozialistischen Machtübernahme gedemütigt, vertrieben, verfolgt, eingekerkert, verschleppt und ermordet wurden. Wir schauen aber auch auf die Orientierungslosen, die Mitläufer und die Täter ... Auch heute schmerzt noch, dass damals, im März 1938, und in den sieben düsteren Jahren danach, die ChristInnen - auch und gerade die Bischöfe - nicht stärker der Macht des Hasses, der Unmenschlichkeit und der Diktatur entgegengetreten sind. ... Traurig und beschämt haben wir erkannt, dass mit der Zerstörung der Synagogen und der Shoah unschuldige und wehrlose Menschen getötet und der Name des Ewigen geschändet wurde.“
80 Jahre danach - klare Worte der österreichischen Bischöfe, versehen mit der reinigenden Kraft des Bekenntnisses der eigenen Mitschuld. Die österreichischen Bischöfe sprechen aber auch von Menschen, „die sich in der damaligen Zeit als 'Gerechte' erwiesen und die sich nicht vom Sog dieser unmenschlichen und verbrecherischen Ideologie mitreißen ließen“. Unter Vielen seien in diesem Zusammenhang stellvertretend nur zwei Personen unserer Diözese genannt, die Ihnen wohl bekannt sind: der Wehrdienstverweigerer und Selige Franz Jägerstätter und der Priester und Pädagoge Dr. Johann Gruber, der von den KZ-Mithäftlingen in Gusen als „Engel in der Hölle“ verehrt wurde. Diese beiden Oberösterreicher lebten ihren Glauben, sie widersetzten sich der Macht des Hasses und der Unmenschlichkeit und sie wurden hingerichtet. „Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ So hörten wir es im heutigen Evangelium.
Erinnern weitet den Blick für die Gegenwart!
Wie geht es uns als Christinnen und Christen heute angesichts der Kriege, des Elends in den Flüchtlingslagern dieser Welt, mit dem wir via Fernsehen konfrontiert werden? Berühren uns diese Bilder noch? Sind unsere Herzen eingefroren - in einem Land, in dem „Gutmensch“ zu einem Schimpfwort geworden ist? Wie geht es uns als Christinnen und Christen angesichts der Tatsache, dass etwa 800 Millionen Menschen gegenwärtig an chronischer Unterernährung leiden? Wir leben in einer Welt, in der innerhalb einer Woche mehr Geld für die Armeen ausgegeben wird, als es kosten würde, die Hungernden unserer Erde auf der ganzen Welt für ein ganzes Jahr zu sättigen. Ist uns diese Realität bewusst? „Wo bin ich, wenn vor meinen Augen großes Unrecht geschieht, wenn Ausgrenzung, Entsolidarisierung und Hass ihren Lauf nehmen?“ So fragen die Bischöfe in ihrer vorher erwähnten Erklärung.
Zunehmend ist in unserer Gesellschaft spürbar, dass Menschen aufgrund ihrer Nationalität, Herkunft oder Hautfarbe ausgegrenzt werden. Denken Sie an die Ausländerfeindlichkeit, an die Unbarmherzigkeit, die manchen AsylwerberInnen zuteil wird. Denken Sie etwa an die jungen AsylwerberInnen, die in Österreich nun keine Chance mehr auf einen Lehrplatz haben und kaum Möglichkeiten haben, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Bischof Manfred Scheuer und der Caritasdirektor der Diözese Linz, Franz Kehrer betonen in ihrer Stellungnahme zu Asyl und Integration „Viele Menschen haben bei uns in den vergangenen Jahren Asyl gesucht und suchen es auch gegenwärtig. Wir sollten nie vergessen, dass sie hier ein Menschenrecht in Anspruch nehmen, und dass jede und jeder von uns ebenso in eine Lage geraten kann, in der sie/er aus der eigenen Heimat flüchten muss.“
Stellung beziehen
Liebe Pfarrgemeinde, widerstehen wir als Christinnen und Christen - kraftvoll und entschieden - einer zunehmenden Stimmung in der Bevölkerung, in der Menschen in ihrer Gottesebenbildlichkeit, in ihrer Würde nicht wahrgenommen werden! Andre Heller sagte anlässlich des Gedenkjahres beim Staatsakt in der Hofburg in seiner vielbeachteten Rede: „Vergessen wir nicht, dass am Anfang der nationalsozialistischen Herrschaft nicht Ausschwitz, sondern die Ausgrenzung von Menschen, die als störend, als schädlich betrachtet wurden, stand. Und weil es dafür viel Zustimmung gab, hatten die Nazis freie Bahn und die humanitäre Katastrophe wurde immer größer.“
Gedenken der Opfer von Krieg und Terror
Kommen wir zurück auf unsere Frage: Warum gedenken wir Christinnen und Christen zu Allerheiligen und Allerseelen der Opfer von Krieg und Terror, warum gedenken wir der Menschen, die sich der Macht des Hasses und der Unmenschlichkeit widersetzten und dies mit ihrem Leben bezahlen mussten?
Für den bekannten Konzils-Theologen Johann Baptist Metz gehört die Erinnerung und das Gedächtnis an die Leiden und an die Opfer unserer Geschichte zu den Grundpfeilern des christlichen Glaubens. In seinem Buch „Memoria Passionis“, Gedächtnis des Leidens, schreibt Metz, dass man Gott nicht mit dem Rücken zur menschlichen Leidensgeschichte verehren könne. „Die Botschaft Jesu lässt es nicht zu, dass wir über seine Leidensgeschichte die Leidensgeschichte der Welt vergessen; sie lässt es nicht zu, dass wir über seinem Kreuz die vielen Kreuze in der Welt übersehen.“
Das Kreuz Jesu Christi öffnet den Blick für die Geschundenen, für die vielen Kreuze in der Welt, für vergangenes und gegenwärtiges Leid. Zu Allerheiligen erinnern wir uns an die Verheißung, dass es mit dem Tod nicht einfach aus ist, dass der Tod nicht alle und alles gleichschaltet, dass uns über den Tod hinaus die universale Gerechtigkeit Gottes verheißen wird: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein..." So heißt es imBuch der Offenbarung (Off. 21,4).
Selig, die Frieden stiften
Erinnern weitet den Blick für die Gegenwart. Der Vorstand des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich bringt das Erinnern mit der Gegenwart in Berührung. In seiner Erklärung zum Gedenkjahr 2018 heißt es: „Wir als Kirchen wollen uns dafür einsetzen, dass Österreich - 80 Jahre nach der Katastrophe von 1938 - zu einem Haus mit offenen Fenstern und zu einer Heimatstätte für Verfolgte wird. Wir wollen in einem Land leben, in dem der soziale Friede gewahrt wird und in dem Menschen Geborgenheit und die Möglichkeit zu einem erfüllten Leben finden."
Auch heute haben wir Christinnen und Christen eine große Verantwortung, dort wo wir stehen, für Menschlichkeit und Menschenwürde zu sorgen. Die Seligpreisungen, die wir heute im Evangelium gehört haben, weisen uns die Richtung, sie sind so etwas wie das Leitbild der großen Vision Gottes mit uns Menschen: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein."
Metz, Johann Baptist (2006). Memoria Passionis. Freiburg im Breisgau: Herder.
Das Offenbarwerden der Söhne und Töchter Gottes
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2017)
Am Allerseelentag gedenken wir unserer Toten. Wir wissen sie in Gottes Hand. Sich in die Hand Gottes fallen zu lassen, ist ein Akt des Vertrauens. Er fällt uns nicht leicht, weil wir darin die Kontrolle über uns selbst abgeben. Im Gebet, besonders im "Vater unser", üben wir uns in diesen Schritt ein.
Angst vor Kontrollverlust
Obwohl ich schon oft mit einem Flugzeug gereist bin, spüre ich jedes Mal einen gewissen Nervenkitzel, wenn ich in ein Flugzeug einsteige. Wenn das Flugzeug abhebt und den Bodenkontakt aufgibt, ist es wieder ein sonderbares Krippeln. Ich vermute, dies hat damit zu tun, dass ich ein Stück Kontrolle über mein Leben an andere abgebe: an den Piloten, an die Technik, die hinter dem ganzen Flugapparat steckt. Und ich bin jedes Mal erleichtert, wenn ich wieder heil gelandet bin und festen Boden unter meinen Füßen spüre.
Wenn ich in ein Fahrzeug einsteige, das eine andere Person lenkt, oder in einen Zug, gebe ich auch ein Stück Kontrolle ab, es berührt mich aber nicht so stark. Es fällt wohl den meisten Menschen nicht leicht, die Kontrolle abzugeben, es sei denn an eine Person, bei der man sich gut aufgehoben weiß. Bedenkenlos steige ich in das Fahrzeug eines Freundes oder eines Kollegen ein, von dem ich weiß, dass er es verlässlich lenkt. Wenn ich krank bin, überantworte ich mich auch ohne Zögern einem Arzt meines Vertrauens. Ich kann mich gut hineinfühlen in ältere Menschen, die sich Sorgen über ihre Zukunft machen für den Fall, dass sie einmal nicht mehr die volle Kontrolle über sich selbst wahrnehmen können.
Wenn wir dem Tod gegenübertreten – und irgendwann wird uns das abverlangt, ob wir wollen oder nicht – ist das ebenfalls ein bei vielen Menschen mit Angst besetzter Schritt. Wir müssen die Kontrolle über unser Leben endgültig abgeben und wir wissen nicht, was uns danach erwartet.
In der Hand Gottes
Gläubige Menschen sagen sich: "Ich kann nicht tiefer fallen als in die Hände Gottes". Wenn es darauf ankommt, ist dieses letzte Sich-fallen-lassen dennoch ein schwerer Schritt. Auch wenn mir die Gnade des Glaubens geschenkt ist, dass ich mich in der Hand Gottes geborgen wissen kann, muss ich mich immer neu in dieses Vertrauen einüben.
Am Allerseelentag denken wir an unsere Verstorbenen. Erinnerungen ziehen noch einmal an uns vorbei. Gläubige Menschen wissen ihre Angehörigen in Gottes Hand gut aufgehoben. Das macht es leichter, von ihnen Abschied zu nehmen und sie loszulassen. Dieses Vertrauen in Gott muss aber immer neu eingeübt werden; es ist nicht selbstverständlich.
Meines Erachtens ist es kein Zufall, dass im Zusammenhang des Sterbens und des Totengedenkens so oft das "Vater unser" und das "Gegrüßet seist du Maria" gebetet wird. Kommt doch in beiden Gebeten das Vertrauen in einen guten, väterlich-mütterlichen Gott und Schöpfer zum Ausdruck.
Kinder Gottes und Erben des Himmels
In den Lesungen und im Evangelium (z.B. Ijob 19, Röm 8,14-23 und Joh 14,1-6) wurden die Grundlagen dieses Vertrauens zur Sprache gebracht. Ijob hält trotz aller Schicksalsschläge am Glauben an einen erlösenden Gott fest. Er kann sich vorstellen, Gott zu schauen, wenn sich sein Fleisch und wohl auch seine leiblichen Augen aufgelöst haben werden. Jesus sieht himmlische Wohnungen für uns bereitstehen, obwohl er sich bewusst ist, dass ihm Leiden und ein bitterer Tod bevorstehen. Der Theologe Paulus sieht den Grund unserer Hoffnung darin, dass wir geliebte Kinder Gottes sind. Er kann sich nicht vorstellen, dass wir als Kinder Gottes einmal nicht an der Herrlichkeit Gottes teilhaben werden. Als Kinder Gottes werden wir unser Erbe antreten können.
Wer kann so etwas für sich und für seine Lieben erhoffen? Wer sich auf eine innige Beziehung zu diesem Gott einlässt, das Geschenk des Glaubens annimmt und in einer lebendigen Beziehung zu Gott zur Entfaltung bringt. "Vater unser" zu beten wird so zu einer täglichen Übung, durch die wir unser Vertrauen in Gott nähren und stärken. Wenn wir es heute am Allerseelentag sprechen, übergeben wir damit unsere Verstorbenen der väterlich-mütterlichen Fürsorge Gottes.
Allerseelen, ein hoffnungsvolles Fest
Dechant Bernd Kösling (2016)
Wie können wir uns ein Leben nach dem Tod vorstellen? Wo und wie leben unsere Toten weiter? Unsere Zukunft liegt im auferstandenen Herrn.
Umgeformt?
„Passt mal auf, eines Tages werde ich als Schrank in Eurem Schlafzimmer stehen!“ Dieses Zitat wird dem im November 2013 verstorbenen Kabarettisten Dieter Hildebrandt zugeschrieben. Es war seine Antwort auf die Frage eines Journalisten, welche Vorstellung er vom Leben nach dem Tod habe. Wie viele andere Menschen konnte er sich ein personales Weiterleben nach dem Tod nicht vorstellen. Ihn tröstete die naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass in der Natur nichts verloren geht, sondern umgeformt wird. Unser Leib zerfällt im Prozess der Verwesung in seine biologischen und chemischen Bestandteile, aus denen die Natur dann Neues formt. Vielleicht einen Baum, aus dem dann einmal ein Schrank gebaut wird.
So sehr diese naturwissenschaftliche Beschreibung richtig ist, so wenig Hoffnung gibt sie mir. Denn ich trage eine Sehnsucht in mir, die weiter geht. Ich möchte in meiner ganzen Persönlichkeit bleiben. In dem, was ich bin und mich als Person ausgemacht hat.
Noch einmal von vorn beginnen?
Die antiken Philosophen Griechenland entdeckten in ihrem Nachdenken die Existenz der „Seele“. Von den Göttern dem Menschen gegeben und damit unsterblich, bewahrt sie die Persönlichkeit des Menschen auf. Im Tod trennen sich Leib und Seele, die dann weiter lebt. Diese Vorstellung hilft dabei, sich ein personales Weiterleben nach dem Tod vorstellen zu können. Nicht wenige Menschen finden dabei Trost in der fernöstlichen Vorstellung der Wiedergeburt der Seele in einem neuen Körper und erklären sich so das Weiterleben nach dem Tod. Sicherlich auf den ersten Blick eine faszinierende Vorstellung. Ich darf noch einmal von vorn beginnen und bekomme eine zweite Chance.
Aber ehrlich gesagt: Ich möchte nicht noch einmal alles mitmachen. Ich habe eine schöne Kindheit gehabt, denke gerne an die Schule und die Jugend zurück. Habe gerne studiert, usw. Aber ich bin auch froh, das hinter mir zu haben. Natürlich habe ich auch Fehler gemacht, aber auch diese Fehler gehören zu mir und haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. So faszinierend diese Vorstellung auch ist, so richtig toll finde ich dies auch nicht.
Auferstehung
Meine Sehnsucht findet erst richtig eine Antwort in der Auferstehung Christi. Der ungläubige Thomas kann erst so richtig an die Auferstehung Christi glauben, als er seine Hände in die Wundmale des Herrn legen kann. Denn erst die Narben seines Leidens zeigen ihm: Dies ist nicht ein wiedergeborener Christus, denn dann müsste er einen neuen, unversehrten Leib haben. Der Christus, der ihm hier begegnet ist der vom Leben verwundete und geheilte Herr, nicht wiedergeboren, sondern wirklich auferstanden.
Das ist meine Sehnsucht: In meinem Tod Versöhnung zu finden und mit den dann geheilten Wunden meines Lebens zum ewigen Leben aufzuerstehen. Eine Sehnsucht, die ich im auferstandenen Herrn erfüllt sehe.
Unsere Zukunft liegt im auferstandenen Herrn
In dieser Hoffnung gedenken wir heute aller unserer Verstorbenen. Ihre Zukunft liegt nicht im Kreislauf der Natur. Sie liegt auch nicht in der Wiedergeburt zu einem neuen irdischen Leben. Ihre Zukunft liegt im auferstandenen Herrn, der ihnen Versöhnung mit Gott, ihren Nächsten und sich selbst ermöglicht, die Wunden ihres Lebens heilt und so das Leben zurückgibt, für das wir geschaffen wurden: das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott.
Aber wir wissen auch: Versöhnung ist ein manchmal schmerzlicher Prozess. Die Heilung von Wunden kann weh tun. Da tut es gut zu wissen: Wir lassen unsere Toten auch nach ihrem Tod nicht allein. Wir bleiben über den Tod hinaus miteinander verbunden. Unser Gebet für die Toten hilft ihnen in diesem Versöhnungsprozess. Hilft ihnen in der Heilung ihrer Lebenswunden. Es tut ihnen gut auf ihrem Weg zum Paradies.
Besonders tröstlich finde ich den Gedanken, dass die Kirche - also Sie alle - auch mich einmal in meinem Tod nicht allein lassen werden. Auch ich mache in meinem Leben nicht alles richtig. Ich verletze Menschen und werde selbst verletzt. Ich bin auf diesen Versöhnungsweg in meinem Tod angewiesen. Auch darauf, dass Menschen dann auch für mich beten und mir helfen.
Allerseelen - ein hoffnungsvolles, aber auch ein tröstliches Fest.
Umgeformt?
„Passt mal auf, eines Tages werde ich als Schrank in Eurem Schlafzimmer stehen!“ Dieses Zitat wird dem im November 2013 verstorbenen Kabarettisten Dieter Hildebrandt zugeschrieben. Es war seine Antwort auf die Frage eines Journalisten, welche Vorstellung er vom Leben nach dem Tod habe. Wie viele andere Menschen konnte er sich ein personales Weiterleben nach dem Tod nicht vorstellen. Ihn tröstete die naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass in der Natur nichts verloren geht, sondern umgeformt wird. Unser Leib zerfällt im Prozess der Verwesung in seine biologischen und chemischen Bestandteile, aus denen die Natur dann Neues formt. Vielleicht einen Baum, aus dem dann einmal ein Schrank gebaut wird.
So sehr diese naturwissenschaftliche Beschreibung richtig ist, so wenig Hoffnung gibt sie mir. Denn ich trage eine Sehnsucht in mir, die weiter geht. Ich möchte in meiner ganzen Persönlichkeit bleiben. In dem, was ich bin und mich als Person ausgemacht hat.
Noch einmal von vorn beginnen?
Die antiken Philosophen Griechenland entdeckten in ihrem Nachdenken die Existenz der „Seele“. Von den Göttern dem Menschen gegeben und damit unsterblich, bewahrt sie die Persönlichkeit des Menschen auf. Im Tod trennen sich Leib und Seele, die dann weiter lebt. Diese Vorstellung hilft dabei, sich ein personales Weiterleben nach dem Tod vorstellen zu können. Nicht wenige Menschen finden dabei Trost in der fernöstlichen Vorstellung der Wiedergeburt der Seele in einem neuen Körper und erklären sich so das Weiterleben nach dem Tod. Sicherlich auf den ersten Blick eine faszinierende Vorstellung. Ich darf noch einmal von vorn beginnen und bekomme eine zweite Chance.
Aber ehrlich gesagt: Ich möchte nicht noch einmal alles mitmachen. Ich habe eine schöne Kindheit gehabt, denke gerne an die Schule und die Jugend zurück. Habe gerne studiert, usw. Aber ich bin auch froh, das hinter mir zu haben. Natürlich habe ich auch Fehler gemacht, aber auch diese Fehler gehören zu mir und haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. So faszinierend diese Vorstellung auch ist, so richtig toll finde ich dies auch nicht.
Auferstehung
Meine Sehnsucht findet erst richtig eine Antwort in der Auferstehung Christi. Der ungläubige Thomas kann erst so richtig an die Auferstehung Christi glauben, als er seine Hände in die Wundmale des Herrn legen kann. Denn erst die Narben seines Leidens zeigen ihm: Dies ist nicht ein wiedergeborener Christus, denn dann müsste er einen neuen, unversehrten Leib haben. Der Christus, der ihm hier begegnet ist der vom Leben verwundete und geheilte Herr, nicht wiedergeboren, sondern wirklich auferstanden.
Das ist meine Sehnsucht: In meinem Tod Versöhnung zu finden und mit den dann geheilten Wunden meines Lebens zum ewigen Leben aufzuerstehen. Eine Sehnsucht, die ich im auferstandenen Herrn erfüllt sehe.
Unsere Zukunft liegt im auferstandenen Herrn
In dieser Hoffnung gedenken wir heute aller unserer Verstorbenen. Ihre Zukunft liegt nicht im Kreislauf der Natur. Sie liegt auch nicht in der Wiedergeburt zu einem neuen irdischen Leben. Ihre Zukunft liegt im auferstandenen Herrn, der ihnen Versöhnung mit Gott, ihren Nächsten und sich selbst ermöglicht, die Wunden ihres Lebens heilt und so das Leben zurückgibt, für das wir geschaffen wurden: das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott.
Aber wir wissen auch: Versöhnung ist ein manchmal schmerzlicher Prozess. Die Heilung von Wunden kann weh tun. Da tut es gut zu wissen: Wir lassen unsere Toten auch nach ihrem Tod nicht allein. Wir bleiben über den Tod hinaus miteinander verbunden. Unser Gebet für die Toten hilft ihnen in diesem Versöhnungsprozess. Hilft ihnen in der Heilung ihrer Lebenswunden. Es tut ihnen gut auf ihrem Weg zum Paradies.
Besonders tröstlich finde ich den Gedanken, dass die Kirche - also Sie alle - auch mich einmal in meinem Tod nicht allein lassen werden. Auch ich mache in meinem Leben nicht alles richtig. Ich verletze Menschen und werde selbst verletzt. Ich bin auf diesen Versöhnungsweg in meinem Tod angewiesen. Auch darauf, dass Menschen dann auch für mich beten und mir helfen.
Allerseelen - ein hoffnungsvolles, aber auch ein tröstliches Fest.
Ich möcht, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht!
Dipl. Päd. Hannelore Jäggle (2016)
Das Wegmotiv ist uralt und wird seit jeher mit dem Lebensweg, einem Prozessgeschehen, in Verbindung gebracht! Sich auf etwas hin zu beWEGen, sich selber in BeWEGung zu setzen, setzt eine Mobilisierung der eigenen Kräfte voraus. Kräfte von denen wir und andere oft gar nicht wissen, dass sie in uns sind.
Ein Anstoß, in schwierigen Lebensphasen, wo man durch eine negative Erfahrung erstarrt ist, den Aufbruch zu Neuem zu wagen, soll die Bildrede „Ich bin der Weg“ sein. Sie lädt ein, sich auf die Suche nach Neuem zu machen mit der Gewissheit: ich bin auf diesem Weg nicht allein.
„Ich bin der Weg“
„Ich bin der Weg...“ Diese Bildrede vom Weg ist vielversprechend, vor allem in Zeiten der Trauer, des Abschieds. Denn ein Weg führt weiter, wenn man ihn geht. Ein Weg lässt Kommendes, Neues im Leben zu, wenn man es zulässt, offen ist dafür.
„Ich bin der Weg...“ Zu hören, da ist jemand, der mir Gemeinschaft anbietet, der mit mir den Weg der Trauer geht, ist ermutigend, nimmt die Angst. Es ist eine Einladung in Augenblicken, wo wir desorientiert sind, wo das Leben mit einem geliebten Menschen zu Ende gegangen ist.
„Ich bin der Weg...“ Diese Worte machen hellhörig, wenn die Erfahrung, in der Trauer alleingelassen zu werden, nicht an- und ausgesprochen werden kann.
„Ich bin der Weg...“ Dies in feierlichem Rahmen im Gottesdienst – nicht nur zu Allerseelen - zu verkünden, kann die Angst bei den Angehörigen nehmen, dass der Tote, der Verstorbene in Vergessenheit gerät. Es gibt Wege der Erinnerung, wo der Toten gedacht wird, wo ihrer nicht vergessen wird. Ihre Angehörigen finden einen Raum vor, wo ihre Verstorbenen beim Namen „gerufen“ werden, ihrer feierlich gedacht wird.
Trauer
„In der Trauer vollziehen wir diesseitig, was wir von Gott jenseitig erhoffen.“ (Ottmar Fuchs) Es gehört zum Wesen des Christentums, die Angst vor dem Tod – dem eigenen und dem Tod geliebter Menschen – in Hoffnung zu verwandeln. In diesem Sinne bieten Christen, die einst „Der neue Weg.“ genannt wurden, als Gemeinschaft einen Weg an, der Raum, Platz für Trauernde hat. Christentum ist wesentlich eine Weggemeinschaft. Dies immer wieder bewusst zu machen, gehört zur Aufgabe der Verkündigung. Trauergottesdienste sollen in einem feierlichen Rahmen eine Welt des Lichts, der Hoffnung auf Leben, gegen Angst und Einsamkeit, Trauer und Mutlosigkeit, als Gabe, als Gnade, als Botschaft des Glaubens erfahren lassen. So ist auch der heutige Tag, Allerseelen, in diesem Licht der christlichen Verkündigung zu sehen.
„Ich bin der Weg...“ Welche Glaubenserfahrungen verbindet der Evangelist Johannes mit dieser Bildrede „Ich bin der Weg…“ über Jesus? Was möchte er dadurch seiner Gemeinde vor Ort auf ihrem Glaubensweg mitgeben? Abschied nehmen, wie es im heutigen Evangelium anklingt, fällt schwer, lässt Fragen und Zweifel aufkommen. Zweifel an der Richtigkeit des Weges, der Lebenseinstellung, am Wagnis des Aufbruches zu Neuem! Diesen Zweifeln setzt Johannes ein Bild der Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem Tod, ein Bild des Nichtvergessens, eines Ankommens in der unendlichen Räumlichkeit Gottes entgegen. Der Weg seiner Gemeinde dorthin ist für Johannes Jesus, der Christus, das Wort Gottes! So möchte er der christlichen Gemeinde, für die er seine Botschaft niedereschrieben hat, Mut machen, ihnen durch Jesus eine Perspektive geben in einer Zeit der Ungewissheit, vielleicht sogar der Abkehr vom „neuen Weg“.
Johannes geht mit seinen Worten, seinen Bildreden auf eine konkrete Gemeinde und deren Zusammenhalt im Glauben ein. Noch heute berühren uns seine Worte, seine Bildsprache: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ „Ich bin der Weg...“, hören wir Jesus antworten auf die Frage seiner Freunde: „Wie sollen wir (dann) den Weg erkennen?“ Und auch heute fragen sich Christen so wie damals nach dem Erkennen des Weges, von dem hier die Rede ist.
Wohin führt der Weg des Lebens? Wo werden wir leben, auch wenn wir in dieser Welt gestorben sind? Vielleicht sollten wir uns zuerst mit der Frage „Wo beginnt der Weg des Lebens?“ beschäftigen. Beginnt dieser Weg, wenn die Angst endet, wenn der Keim der Hoffnung erblüht, wenn die Erstarrung sich löst und wir Neues zulassen? Es sind die Fragen des Alltags, die zugleich auch der Beginn eines Weges sind. Wir müssen sie uns selbst stellen um eine Antwort zu finden.
Bei jedem von uns ist dieser Beginn des Glaubensweges ein anderer. Oft ist dieser Beginn erst im Rückblick erkennbar. Es heißt, dass einer mit mir geht...
Eine Liebe, die stärker ist als der Tod
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2015)
Das Erleben einer "Nacht der 1000 Lichter", einer Initiative kirchlicher Jugendorganisationen gegen den Halloweenrummel, führte zu einer berührenden Begegnung mit Menschen, die bereits verstorben sind. Es ist heilsam, sich solchen Begegnungen zu stellen. Das Vertrauen in einen liebenden Gott lässt hoffen, dass solche Erfahrungen nicht nur Einbildung sind.
Halloween
Aus Amerika schwappte der Brauch nach Europa, in der Nacht vor dem 1. November Halloween zu feiern. Die Unterhaltungs- und Tourismuswirtschaft nützt diesen Termin, und viele Jugendliche begehen den Anlass nach amerikanischen Vorbildern. Leider ist Halloween zum Klamauk verkommen, obwohl es seine Wurzeln im Totengedenken hat, das in vielen Kulturen am Beginn des Monats November fest verankert ist.
In einigen Diözesen haben Jugendorganisationen ein bemerkenswertes Gegenprogramm ins Leben gerufen. Sie laden am 31. Oktober zur "Nacht der 1000 Lichter". Als ich vor einigen Jahren zu diesem Anlass die Pfarrkirche in Eggenburg (Niederösterreich) aufsuchte, war ich davon zutiefst berührt. Die ganze Kirche war in Kerzenlicht getaucht. Mit Kerzen und Teelichtern – geschützt in Gläsern - war ein Weg ausgelegt, der an verschiedenen Stellen der Kirche zur Meditation einlud.
Nacht der 1000 Lichter
Als ich den Weg nachging, fielen mir unwillkürlich viele Menschen ein, die meinen Lebensweg begleitet haben aber nicht mehr leben. Menschen, die mir sehr nahe standen, mit denen mich eine tiefe Freundschaft verband, aber auch Menschen, an die ich schon lange nicht mehr gedacht habe. In den vielen Lichtern waren sie für mich gegenwärtig. Mich erfüllte eine tiefe Dankbarkeit für alles, was ich mit ihnen erlebt habe, für alles, was sie mir gegeben haben. Mir wurde aber auch bewusst, dass jede und jeder von ihnen einen ganz persönlichen eigenen Lebensweg zu gehen hatte und nun wohl in einer neuen und eigenen Weise zu gehen hat. In mir wuchs eine Art Gewissheit, dass der Lebensweg mit dem Tod nicht zu Ende ist, auch wenn ich mir immer weniger vorstellen kann, wie dieser Weg jenseits der Todesgrenze konkret aussieht.
Mit einigen Verstorbenen, die mir in dieser Nacht begegnet sind, habe ich ein kurzes Zwiegespräch gehalten, habe ihnen 'Danke' gesagt. Es gab auch Gelegenheit, mit einigen auf wunde Punkte unserer damaligen Beziehung zurückzuschauen und diese Ereignisse in Frieden zurückzulassen.
Was mich in jener Nacht gleichsam überwältigt hat und wie von selbst abgelaufen ist, erlebe ich – allerdings in einer nüchterneren Form – auch, wenn ich die Gräber von Verwandten, Freunden oder Mitbrüdern besuche. Es sind oft Momente heilsamer Begegnungen.
Aufgehoben in der Liebe des Schöpfers
Vielleicht halten Sie mich für ein wenig verrückt. Das reale Leben erscheint ganz anders: Der Tod setzt ein klares und unwiderrufliches Ende. Der tote Leib zerfällt. Was bleibt, ist die Erinnerung. Es bleiben aber auch die Beziehungen, die weiterwirken. Wenn nun schon menschliche Beziehungen so stark sein können, dass sie über den Tod hinaus lebendig bleiben, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Beziehung zu Gott und die Beziehung Gottes zu mir ein Ende haben kann. Wie könnte Gott die vergessen, die er liebt? Wie könnte Gott der Vergänglichkeit überlassen, die er liebt? An Jesus hat er gezeigt, dass seine Liebe stärker ist als der Tod. Es ist eine Liebe, die die ganze Schöpfung hervorgebracht hat, eine Liebe, die Neues schaffen kann. In dieser Liebe weiß ich mich und alle meine Lieben gut aufgehoben.
Gott ist mit uns, auch wenn wir uns in Stunden höchster Not verlassen fühlen
Dr. Max Angermann (2015)
In dunklen Stunden bedrängen uns Resignation und Niedergedrücktheit. Wir wünschten Wort wie "Steh auf!". Der Schmerz des Abschieds bleibt uns jedoch nicht erspart. In diesem Gottesdienst erinnern wir uns an das "Licht Christi" der Osternacht, wenn wir für unsere Verstorbenen Kerzen anzünden. Wenn wir dazu ihre Namen nennen, erinnern wir uns daran, dass Gott einen jeden von uns in der Taufe beim Namen gerufen hat und dass Gott mit uns ist, auch wenn wir uns in Stunden höchster Not verlassen fühlen.
Dunkle Stunden
Selbst dunkelste Stunden haben Sinn, zunächst nicht erkennbar, vielleicht sogar auf lange Sicht nicht erkennbar. Am Ende wird alles gut. Das hat nichts mit Resignation, Fatalismus oder passiver Leichtigkeit zu tun, vielmehr mit der Erfahrung, dass sich immer wieder neue Perspektiven, Sinn und Zukunft entfaltet und eröffnet haben. Es wird wieder aufwärts gehen zu dem, auf den wir alle vertrauen, hoffen dürfen, zu dem, der uns alle in seine Liebe einschließt.
Möglich auch, dass diese Tage, an denen es immer früher finster wird, sogar noch leidverstärkend wirken, vor allem, wenn der Schmerz noch sehr frisch ist, über den Tod eines geliebten Menschen. Wie oft würde sich manch einer dieses erlösende Wort aus dem Evangelium wünschen: „Steh auf!“ Wir alle wissen, man kann Leid nur be-s t e h e n, durch-s t e h e n in der Form des Aushaltens, aber lange nicht ver-s t e h e n. Abschied, Abschied-Nehmen, Abschied-Nehmen-Müssen ist wohl die radikalste Form des Los-Lassens.
„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir!“
Sie werden heute in diesem Gottesdienst Zeichen der Hoffnung und des Trostes setzen, wenn für unsere Verstorbenen Kerzen angezündet und dazu die Namen all jener verlesen werden, die vom letzten Allerseelentag des Vorjahres bis in unsere Tage des Jahres 2015 verstorben sind. „Licht Christi!“ singen wir bei der Osternachtsfeier, wenn die brennende Osterkerze in die Dunkelheit der Kirche getragen wird. Das Osterfest erinnert daran, dass wir von der Dunkelheit des Todes und all unserer Ängste, Unsicherheiten, Traurigkeiten ins Licht, in die ewige Freude geführt werden, dass wir dorthin kommen, wie es uns versprochen ist, wo es kein Leid, keine Krankheit, keinen Tod mehr gibt. Wenn dazu noch die Namen ausgesprochen werden, so erinnern wir uns an das Wort aus der Schrift: „Ich habe dich beideinem Namen gerufen, du gehörst mir!“ Der Name eines Menschen ist sein wesentliches Identitätsmerkmal, den wir seit unserer Geburt tragen, der Name, der in der Taufe nochmals feierlich ausgesprochen wird. „Du gehörst mir!“ ist kein Besitzanspruch, sondern Form liebender Zuwendung. Wir gehören zusammen: Gott und Mensch. All denen, die in diesen Tagen von Trauer, Leid, Schmerz geplagt werden, wünsche ich Kraft und Stärke und den Glauben, das Vertrauen, dass Gott mit uns ist. auch wenn wir uns in Stunden höchster Not verlassen fühlen.
Gott lässt nicht ver-enden, was er liebt
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2014)
Wenn Kinder fragen
Vor einigen Wochen hatte ich Besuch von einem jungen Paar, das ich vor einigen Jahren getraut habe und deren erstes Kind ich getauft habe. Die Tochter ist mittlerweile drei Jahre alt und neugierig auf alles, was immer es zu entdecken geben kann. Die Eltern erzählten mir, dass sie sich seit einiger Zeit dafür interessiert, was Sterben sei und dass sie versuchten, es ihr kindgemäß zu erklären, ohne ihr dabei Angst zu machen.
Als wir beim Kaffee beisammen saßen und plauderten, blickte mich nach einer Weile die Kleine von der Seite her an und fragte mich: "Wie alt bist Du?" Ich antwortete, dass ich bald 65 werde, und war mir dabei bewusst, dass sie sich unter dieser Zahl kaum etwas vorstellen kann. Gleich rückte sie noch mit einer zweiten Frage heraus: "Und warum bist du noch nicht gestorben?" Ich war zunächst von der Frage überrascht, den Eltern war es peinlich. Sie fürchteten, dass ihre Tochter mich in Verlegenheit brachte, und versuchten sich zu entschuldigen. Doch bald amüsierte es mich, und ich erklärte der kleinen Klara, dass ich noch zu gesund sei, um zu sterben, und dass ich noch gerne lebe.
Die folgenden Tage musste ich immer wieder an die Komik dieser Situation denken und ich stellte mir selbst die Frage: "Und warum bist du noch nicht gestorben?" Meinen ältesten Bruder riss der Tod mit 55 mitten aus dem Leben. Einer meiner besten Freunde starb vor zwanzig Jahren mit 39 an einer unheilbaren Krankheit. Und ein Schulkamerad, neben dem ich vier Jahre lang in der Volksschule saß und mit dem ich auch befreundet war, nahm sich mit 17 das Leben.
Der Tod, ein ständiger Begleiter
Nach der Begegnung mit der kleinen Klara wurde mir immer wieder neu bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist zu leben und einigermaßen gesund zu sein. Mir wurde auch klar, dass ich aus der Perspektive der Dreijährigen dem voraussehbaren Tod schon sehr nahe bin. Der Tod begleitet uns ein Leben lang wie ein Schatten. Wenn die Sonne in der Mitte des Tages ganz hoch steht, sehen wir nicht viel davon. Da liegt er unter uns und ist ganz kIein. In der Abendsonne jedoch erscheint er oft grotesk und beängstigend lang.
Der Tod macht Zeit wertvoll
Erst durch den Tod werden wir uns bewusst, wie kostbar das Geschenk des Lebens ist und wie wertvoll die Zeit, in der wir aus unserem Leben etwas machen können. In den ersten Lebensjahrzehnten sind wir damit beschäftigt, das Leben zu entdecken, die Geheimnisse der Schöpfung zu enträtseln und Zusammenhänge zu durchschauen. Mit zunehmenden Jahren beginnen wir, unser Leben zu gestalten, ihm Inhalt und Form zu geben. Und wir spüren, wir kurz die Zeit ist, die uns dafür zur Verfügung steht.
Vor einigen Jahren fiel mir ein Buch mit dem Titel "Der Mann, der tausend Jahre alt werden wollte" in die Hand. Der Psychotherapeut Thomas Schäfer beschreibt darin in der Art eines Märchens, dass es gar nicht so begehrenswert ist, so alt werden zu wollen. Erst dadurch, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist, wird sie kostbar.
Zeit zu danken, Zeit zum Versöhnen
Der Tod konfrontiert uns aber auch mit der Frage, womit wir die uns gegebene Zeit füllen; welchen Inhalt und welchen Sinn wir unserem Leben geben. Am Allerseelentag stehen wir jenen Menschen gegenüber, deren Lebenszeit bereits zu Ende gegangen ist. Von einigen wissen wir, was ihr Leben erfüllt hat, was ihnen gelungen ist, was ihnen verwehrt blieb. Wir schauen mit Ehrfurcht und vielleicht auch mit Dankbarkeit auf sie. Manche haben uns vielleicht auch enttäuscht, sind uns etwas schuldig geblieben oder wir tragen ihnen etwas nach, was wir ihnen noch nicht vergeben konnten.
Der Allerselentag ist eine Gelegenheit, den Verstorbenen noch einmal danke zu sagen und ihnen unsere Liebe und Verbundenheit, vielleicht sogar unsere Bewunderung zu zeigen. Der Allerseelentag ist aber auch eine Einladung zur Versöhnung, zum Vergeben, Frieden zu schließen. Ob und wie es den Verstorbenen nützt, wissen wir nicht. Uns selbst tut es auf jeden Fall gut, wenn wir uns versöhnt und unbelastet unserem Leben und der Zeit, die uns noch bleibt, zuwenden können. Ich persönlich bin überzeugt, dass es ihnen und auch mir nützt, und so führe ich manchmal Zwiegespräche mit ihnen.
Gott lässt nicht ver-enden, was er liebt
Der Tod konfrontiert uns aber auch noch umfassender mit der Sinnfrage: Was kommt danach? Gibt es ein Leben jenseits des Wahrnehmbaren? Wohin geht der Geist, wenn wir den toten Leib zu Grabe tragen? Wird er ausgelöscht, wie manche glauben? Als Christen glauben wir an einen Schöpfer, der uns das Leben aus Liebe geschenkt hat. Es ist aus einem Akt der Liebe - zumindest von Seiten des Schöpfers - hervorgegangen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein liebender Gott fallen lässt, was er liebt. Jesus ist nicht müde geworden, uns von der Liebe eines guten Vaters im Himmel zu überzeugen. Menschliche Liebe kann unter Umständen erlöschen. In der Auferweckung Jesu hat Gott gezeigt, dass seine Liebe nicht erlischt, dass er nicht im Stich lässt, was er liebt.
So richtet sich unsere Hoffnung an diesem Tag ganz auf Gott: Er wird die Verstorbenen, mit denen wir uns verbunden fühlen, nicht zugrunde gehen lassen. Und er wird auch unser Leben nicht zu Ende sein lassen, wenn es mit uns einmal so weit sein wird.
Auch wenn mich die Begegnung mit Kindern daran erinnert, dass es nur mehr verhältnismäßig wenige Jahre sind, die ich nach menschlichem Ermessen erleben werde, ängstigt mich das nicht, denn ich erwarte, meinem liebenden Schöpfer zu begegnen.
Ansprache zum Totengedenken beim Kriegerdenkmal
Sozialreferat der Diözese Linz (2014)
Wenn in Ihrer Pfarre "Ich hatt‘ einen Kameraden" ein unverzichtbares Musikstück darstellt, sind folgende Worte möglich:
Alternativvorschlag zu "Ich hatt‘ einen Kameraden": "Jesus höchster Name" - Arrangement für Blasorchester, erhältlich beim Musikverlag Donautal. Große Auswahl an festlichen Chorälen auch bei Verlag Tatzer.
Kameradschaft
Wir hören nun das Stück "Ich hatt‘ einen Kameraden", das mit seinem Text an die Kameradschaft im Militär erinnert. Die Kameradschaft gab vielen Soldaten in den Kriegen großen Halt, sie vermittelte unter unmenschlichsten Bedingungen noch Zusammenhalt und Menschlichkeit, auch wenn die Handlungen im Krieg furchtbar waren. Die Erfahrung und den Wert der Kameradschaft hielten die Kriegsheimkehrer hoch - als Lichtblick in der Erinnerung an schlimme Jahre ihres Lebens.
Krieg verhindern
Die noch größere Kameradschaft und Solidarität aber ist es, Kriege zu verhindern. Dass wir hier am Denkmal der Gefallenen stehen, mahnt uns, mit all unserem Erfindungsreichtum danach zu streben, Konflikte gewaltfrei zu lösen und den Krieg als großes Übel der Menschheit zu verabscheuen.
Traurig sehen wir, wie viele Menschenleben die beiden Kriege in Europa gefordert haben. Wir wissen um die Ursachen und müssen uns heute davor hüten, mehr zu wollen als uns zusteht, Menschen in "bessere" und "schlechtere" einzuteilen und das Heil in Führergestalten zu suchen. Diese Kriege haben nicht nur das Leben von Soldaten gefordert, sondern auch das von unzähligen ZivilistInnen wie zum Beispiel von Jüdinnen und Juden, von Romni und Sinti, von Menschen im Widerstand. Diese Opfer von Krieg und Verfolgung sind (häufig) auf den Denkmälern nicht namentlich verzeichnet - wir wollen und müssen auch sie in unser Gedenken und Gebet einschließen. Der Tod dieser Menschen hätte nicht sein müssen. Ihr Tod ist uns Mahnung und erinnert an den Wert des Friedens.
Verantwortung tragen
Nicht alle Soldaten, die im Krieg gestorben sind, waren in gleicher Weise Opfer. Auf dem Denkmal finden wir keine Hinweise darauf, wie viel Verantwortung für die Grausamkeiten des Krieges der einzelne Mann trug. So wenig wie etwa Österreich bloß ein Opfer Nazideutschlands war, so wenig waren alle Angehörigen der Heere Opfer der großen Politik. Aber wir wissen, wie tödlich riskant es war und gewesen wäre, sich diesem Militärdienst zu entziehen. Wenige haben es gewagt und mit dem Leben bezahlt. Es steht uns nicht zu, besserwisserisch zu sagen, die Männer hätten damals so und so handeln sollen. Aber wer sich in ein System des Unrechts hineinbegibt, kann sich die weiße Weste nicht bewahren.
So geht es uns auch heute - vielleicht nicht in direktem Zusammenhang mit Kriegen, aber mit unserem Umwelt- und Konsumverhalten, in den weltweiten Wirtschaftszusammenhängen und Systemen der Ausbeutung. Auch wir haben Verzeihung und Versöhnung nötig, um auf Strukturen des Unrechts genau hinzuschauen und sie zu benennen, um handlungsfähig zu sein, um das Unrecht Stück für Stück zu verkleinern.
Den Frieden bewahren
Auch wenn die wenigsten von uns die auf dem Denkmal Genannten noch gekannt haben, so hat sich doch das Wissen um die Schrecken des Krieges in unser Gedächtnis eingebrannt und auch, dass wir nie wieder Krieg wollen! Wir leben hier seit fast 70 Jahren im Frieden, im Wohlstand, in Sicherheit. Aber nur 2000 km von uns entfernt toben Kriege und zwingen Millionen Menschen in die Flucht. Einige Hundert oder Tausend von ihnen aufzunehmen, ist in Österreich möglich. Sie sind heute vom Krieg betroffen und auf unsere Hilfe angewiesen, wir können ihnen Zuflucht geben. Die flüchtenden Menschen haben das Recht auf eine würdige Diskussion und einen ebenso würdevollen Umgang.
Das Gedenken an die Toten der Kriege macht nur Sinn, wenn es in unser Leben hineinspielt - als Mahnung zum Frieden, als Warnung vor der Unmenschlichkeit, als Anstiftung zur Nächstenliebe.
Allerseelen ist ein guter Tag des Gedenkens und Nachdenkens
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2013)
Zweimal sterben?
Menschen, die einmal bereits in einen Sterbeprozess eingetreten waren, aber noch einmal ins Leben zurück geholt werden konnten, erzählen des Öfteren, dass ihnen das zunächst unangenehm war. Das Sterben – soweit sie es erlebt hatten – war für sie nicht das schreckliche Ereignis, als das es meist gefürchtet wird. Manche von ihnen berichten, dass sich für sie durch diese Erfahrung die übliche Angst vor dem Sterben gemildert habe, bzw. dass sie diese ganz abgelegt hätten.
Im Evangelium haben wir einen Ausschnitt aus der Erzählung von der Auferweckung des Lazarus gehört. Lazarus und dessen Schwestern Martha und Maria waren mit Jesus befreundet. Als man Jesus die Nachricht überbrachte, dass sein Freund todkrank sei, brach er nicht sofort auf, um diesen vor dem Sterben zu bewahren, sondern ließ sich Zeit, um an ihm gleichsam ein Exempel zu statuieren, das zeigt, dass er der Herr auch über den Tod ist und seinen Freund sogar aus der bereits begonnenen Verwesung zurückholen kann.
Wenn man einzelnen Aspekten dieser Erzählung nachgeht, kommt man zu fremd anmutenden Momenten. Jesus mutet seinem Freund und seinen Freundinnen zu, dass sie die ganze Dramatik, die mit dem Sterben verbunden ist, durchleiden, um sie zur Erkenntnis zu führen, dass er der Sohn Gottes und Herr über Leben und Tod ist. Hinzu kommt, dass Lazarus ein zweites Mal wird sterben müssen. Ob dieser zweite Tod leichter zu ertragen war, sei dahingestellt.
Begrenzte Lebenszeit
Zu welcher Einsicht kann uns diese Erzählung führen? - Zunächst rüttelt sie nicht an der Tatsache, dass der Tod zu unserem Leben gehört wie die Geburt. Leben gibt es nicht ohne den Tod. Die Lebenszeit, die uns gegeben ist, ist durch den Tod begrenzt. Das setzt uns in gewisser Weise unter Druck zu reflektieren, was wir in der zur Verfügung stehenden Lebenszeit anfangen, wie wir sie gestalten und mit welchem Sinn oder Inhalt wir sie ausfüllen wollen. Denn mit dem Tod ist unsere Gestaltungsmöglichkeit zu Ende. Ein Tag wie Allerseelen konfrontiert uns mit der Frage, welchen Sinn wir in unserem Leben sehen und welchen Sinn wir ihm geben wollen.
Im Blick auf die Menschen, deren Lebenszeit bereits zu Ende ist, lässt mich deren Tod auf ihr Leben zurückschauen und der Frage nachgehen, welchen Sinn diese – soweit ich sie gekannt habe – ihrem Leben gegeben haben, was ihnen gelungen ist, woran sie gescheitert sind. Das Wissen, dass auch meine Lebenszeit begrenzt ist, erfüllt mich mit Ehrfurcht vor dem, was andere aus ihrem Leben gemacht haben. Es erfüllt mich aber auch mit Dankbarkeit für alles, was aus deren Leben auf mich herübergekommen ist, für alle Liebe, alle Freundschaft, für jeden Entwicklungsimpuls und nicht zuletzt den Eltern gegenüber Dank für das Leben selbst. Allerseelen ist ein guter Tag, dieser Dankbarkeit Raum zu geben.
Allerseelen ist für mich aber auch Anlass, all diese Sinnfragmente nebeneinander zu betrachten wie ein großes Puzzle. Ich versuche, darin ein großes Bild zu erkennen, einen Sinn zu entdecken, der uns allen gemeinsam ist. In diese Suche hinein trifft die Frohe Botschaft Jesu vom liebenden Schöpfer, der uns nicht dem Tod überlässt, sondern uns von Jesus aus dem Grab herausholen lässt, wie dieser Lazarus herausgerufen hat. Sie lässt uns auch hoffen, dass der Schöpfer vollendet, was für uns in der kurzen Lebenszeitspanne nicht erreichbar war. Dass er unsere Sehnsucht nach Sinn, Glück, Gerechtigkeit, Frieden und erfüllten Beziehungen nicht ins Leere gehen lässt.
Für die Verstorbenen, derer wir heute gedenken, erhoffe ich, dass sie diesem Ziel bereits ein Stück näher sind.
Ein Fest versöhnender Fürbitte
Pater em. Univ.-Prof. Dr. theol. Bruno Primetshofer (2012)
Allerheiligen - Allerseelen
Unmittelbar nach dem Fest Allerheiligen lädt uns die Kirche ein, aller Verstorbenen zu gedenken, wobei man die früher übliche Eingrenzung auf verstorbene Christgläubige, um deren Seelenruhe gebetet wird, wohl außer Acht lassen darf. Immer noch wird freilich die Gebetsformel verwendet "Herr, gib allen verstorbenen Christgläubigen die ewige Ruhe". Christus ist aber nicht nur für diese gestorben, sondern alle Menschen sind in das Geschehen der Erlösung durch Jesu Tod und Auferstehung eingebunden. Ihrer aller will die Kirche heute fürbittend gedenken.
Seele - was ist das?
Die deutsche Sprache verwendet das Wort Seele in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen. So wurden früher die Einwohner eines Dorfes oder einer Stadt anhand des Begriffes Seele gezählt, so dass man von einem Ort mit einer bestimmten Anzahl von Seelen sprach. Wenn wir jemanden als besonders freundlich und den Menschen zugewandt beschreiben möchten, dann sagen wir, dass er (sie) eine Seele von einem Menschen sei, und wenn wir von einem Menschen sprechen, der ganz und gar in seinem Beruf aufgeht (z. B. Arzt), dann hört man bisweilen die Wendung, er (sie) sei Arzt mit Leib und Seele
Wenn man eine Umfrage veranstalten wollte, was die Befragten mit dem Wort Seele anfangen können, dann würden wir sehr unterschiedliche Antworten bekommen: Von ausgesprochener Ratlosigkeit bis hin zu mehr oder minder religiös pointierten Antworten würden wir wohl alles Mögliche, darunter auch durchaus Zutreffendes zu hören bekommen. Etwa wenn Schnitzler von der Seele als einem "weiten Land" spricht, oder Goethe seinen "Faust" sagen lässt, dass "zwei Seelen" in seiner Brust wohnen.
Vielleicht bekäme man aber auch zu hören, dass Seele das innerste Angesprochensein eines Menschen von Gott bedeutet. Das wird man zwar kaum aus dem Mund von Menschen zu hören bekommen, die sich als Atheisten oder Agnostiker verstehen. Aber wer sagt, es gebe keinen Gott, aus dem spricht oftmals ja nur die unbewusste Sehnsucht dessen, der leidenschaftlich nach Gott gesucht, aber diesen "Unbekannten Gott" (vgl. Apg 17, 23) bisher nicht gefunden hat. Denn wer Gott finden will, braucht vor allem ein "hörendes Herz", um das König Salomo gebetet hat (1 Kön 3, 9). Sonst vernimmt er die bisweilen sehr leise Stimme Gottes nicht.
Dankbares Gedenken
Die Kirche lässt uns heute einen Festtag begehen, ein Gedenken an alle, die bereits die Geschichte ihrer Seele mit Gott (vgl. Gertrud von Le Fort) zu Ende geschrieben haben. Die im Innersten ihrer Seele von Gott angesprochen waren und denen nun eine Schau dessen von Angesicht zu Angesicht geschenkt wird, den sie bisher immer nur bruchstückhaft, in Rätseln und Umrissen erahnen konnten. Die Kirche lädt uns ein, besonders jener zu gedenken, mit denen wir ein Stück Weges gemeinsam gegangen sind.
Beim Erinnern an Verstorbene, besonders bei nahen Verwandten, mag neben der bloßen Erinnerung vielleicht auch Wehmut, Bedauern mitschwingen, weil wir den Verstorbenen so manches schuldig geblieben sind, da wir es an der nötigen Aufmerksamkeit, an Zuwendung, Dankbarkeit fehlen ließen. Vielleicht haben sich auch manche der Verstorbenen in unserer Gegenwart sehr einsam gefühlt.
Andererseits kann es aber auch sein, dass Erinnern an Verstorbene nicht immer von verklärender Erinnerung begleitet dein muss, sondern dass sich bisweilen auch die Frage aufdrängt, was der Verstorbene in einem oder anderen Sinn schuldig geblieben ist.
Der Friedhofgang am Nachmittag von Allerheiligen ist ein Fest versöhnender Fürbitte Lebender für diejenigen, die uns vorausgegangen sind und bereits in Gott Vollendung gefunden haben.
Endgültige Heimat
Für die Heimgegangenen, denen bei Gott bleibende Beheimatung, Behausung zuteil wurde, gilt die Zusage aus der Geheimen Offenbarung, dass es für sie keine Trauer, keine Klage und keine Mühsal mehr geben wird. Denn das, was früher war, ist vergangen; der Gott, zu dem sie endgültig gelangt sind, spricht zu ihnen: "Seht, ich mache alles neu" (Offb 21, 4 f.).
Gott vergisst nicht, die er liebt
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2011)
Niemand möchte vergessen werden
Die Seelsorge in unserem Altenpflegeheim wird vor allem von einem Team ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getragen. Sie besuchen die Bewohner des Heimes regelmäßig und sind ihnen behilflich, dass sie die Gottesdienste in der Hauskapelle mitfeiern können. Sie bringen sie mit den Rollstühlen in die Kapelle und begleiten sie nach dem Gottesdienst wieder zurück in die Zimmer.
Einmal ist es passiert, dass eine Frau nach der Gottesdienstfeier in der Kapelle einige Minuten warten musste, bis eine Mitarbeiterin sie in ihr Zimmer zurückbringen konnte. Dieses Alleinsein löste in dieser Frau eine Panik aus. Es überkam sie plötzlich die Befürchtung, man habe sie vergessen. Seitdem meidet sie die gemeinsamen Gottesdienste aus Angst, sie könne vergessen werden. Sie legt jedoch Wert darauf, dass man ihr nach dem Gottesdienst die hl. Kommunion in ihr Zimmer bringt. Ich kann mir die Panik dieser Frau nur damit erklären, dass durch diese Panne bei ihr eine menschliche Urangst ausgelöst wurde. Die Urangst vergessen zu werden.
Durch den Propheten Jesaja lässt Gott seinem Volk ausrichten: "Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände." (Jes 49,15-16a). Diese Zusage Gottes gilt auch für uns. Schließlich sind wir durch die Taufe Kinder Gottes geworden, Schwestern und Brüder seines Sohnes Jesus Christus.
Darauf gründet sich auch unsere Hoffnung, dass unser Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist. In diesem festen Glauben hat Jesus sich selbst seinen Gegnern ausgeliefert und hat sich kreuzigen lassen. Er war sich gewiss, sein Vater vergisst ihn nicht und überlässt ihn nicht dem Tod.
"Der Tod ist mit Abstand die beste Erfindung des Lebens..."
Der Evangelist Johannes erzählt uns (Joh 11,1-44) von einer tiefen Freundschaft zu Martha, Maria und Lazarus, drei Geschwistern, in deren Haus er immer wieder einkehrte. Als Lazarus todkrank war, schickten seine Schwestern Boten zu Jesus in der Hoffnung, dass er komme und ihren Bruder vor dem Tod bewahre. Jesus lässt sich aber viel Zeit, bevor er aufbricht, um die Schwestern aufzusuchen. Zu viel zeit, um ihn vor dem Tod zu bewahren. Als er bei den Schwestern ankam, lag Lazarus bereits vier Tag im Grab. Jesus setzt ein Zeichen und holt ihn aus dem Grab zurück ins Leben. Er demonstriert damit: er hat seinen Freund nicht vergessen, auch wenn er ihm das Sterben nicht erspart hat.
Auch wir dürfen gewiss sein, dass Gott unsere Toten nicht vergessen hat, auch wenn er ihnen das Sterben nicht erspart hat. Tod und Sterben sind ein wichtiger Teil unseres Lebens. Wir können uns nicht ausdenken, wie es wäre, wenn die Menschen nicht sterben müssten.
Steve Jobs, der legendäre Erfinder und Begründer des Computerkonzerns Apple, ist vor wenigen Tagen an einer unheilbaren Krebserkrankung gestorben. Vor einigen Jahren, als er selbst schon von seiner Krankheit gezeichnet war, sagte er vor einer Versammlung von Studierenden: "Niemand will sterben." Aber: "Der Tod ist mit Abstand die beste Erfindung des Lebens...", und: "Er räumt das Alte weg, damit Platz für Neues geschaffen wird." Solche Sätze tun weh, wenn wir an den Tod unserer Lieben denken. Und dennoch beinhalten sie eine Wahrheit, mit der wir leben müssen.
Gott vergisst nicht, die er liebt
Als gläubige Menschen brauchen wir aber nicht an dieser Stelle stehen bleiben. Die Schranke, die wir selbst nicht überwinden können, wird aufgehoben vom Schöpfer, der uns das Leben geschenkt hat, weil er uns liebt. Er vergisst nicht, die er liebt. Und deshalb vergessen auch wir unsere Lieben nicht. Wir wissen sie gut aufgehoben bei Gott, dem Erfinder des Lebens.
Im Fegfeuer brennt kein Feuer
Franz Burgey (2009)
Am Eingang unserer alten Kirche befand sich vor noch nicht all zu langer Zeit statt der jetzigen Mariengrotte ein so genannter Karner, eine kleinen Kapelle, in der sich die Totenschädel und Gebeine von hier Verstorbenen befanden. Man ging vorbei in Ehrfurcht und Nachdenklichkeit, denn sie waren ja ein Bild des eigenen Schicksals und man betete für sie. Den Karner konnte man in sehr vielen alten Kirchen sehen, in manchen noch heute, besonders bei Kirchen in Tirol und in der Steiermark.
Oft finden sich dabei auch Bilder, auf denen die Armen Seelen zu sehen sind, die mitten in Feuerflammen stehen. Diese Art der Darstellung ist aber nun eher eine Erfindung der Kunstmaler und mancher Bußprediger. Die amtliche Kirche hat nie gelehrt, dass die Armen Seelen im Feuer sind. Das mag verwundern, ist aber so. Die Meinung, dass die Armen Seelen im Feuer stehen, kommt aus einem Missverständnis. Das Wort für Fegefeuer heißt in den Lehren der Kirche Purgatorium, Reinigungsort. Man hat dieses lateinische Wort dann im Mittelalter mit dem Wort Fegfeuer ins Deutsche übersetzt. Aber das ist falsch, denn die Seele ist immateriell, ist geistig, sie kann nicht brennen und Gott ist kein grausiger Tyrann, der sich an Feuerqualen der Menschen weiden will.
Der Schmerz der Sehnsucht
Was ist dann mit dem Wort Purgatorium, Reinigungsort, gemeint. Wir alle sehen an uns selbst, dass wir in vielen Dingen nicht so sind und nicht so handeln, wie es eigentlich richtig wäre. Genau so wissen wir auch von unseren Verstorbenen, dass so manches, was sie getan haben, nicht richtig war, auch wenn sie grundsätzlich Gott ehrten und sich sein Gesetz zur Richtschnur machten. Die Kirche lehrt, dass, wer so in Unvollkommenheit stirbt, erst noch der Läuterung bedarf, noch nicht in jener Vollkommenheit ist, dass er sich mit der Herrlichkeit Gottes vereinigen kann. Die Trauer über diesen Mangel, die Sehnsucht nach der Vereinigung mit Gott ist der Schmerz, den die Verstorbenen zu erleiden haben, so glauben wir. Wir alle haben wohl schon einen solchen seelischen Schmerz erlebt, beim Tod der Eltern, des Ehepartners oder eines Kindes. Und wer es erlebt hat, weiß, wie schrecklich dieser Schmerz sein kann. Aber all dieser Schmerz führt nicht in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.
Der Weg zum ewigen Licht
Das Fegefeuer ist in dieser Sichtweise ein Prozess der wachsenden Einsicht in unser Versagen, ist Reue und ist Sehnsucht nach der himmlischen Herrlichkeit. Wenn wir für die Toten beten, so sagen wir: "O Herr, gib ihnen die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen." Das ewige Licht, das sind die strahlenden Wohnungen Gottes, von denen Jesus sagte: "Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?" (Joh. 14,2)
Das Licht Gottes leuchtet, zuerst noch ferne, dann immer näher, je mehr der Verstorbene in den vollen Glanz der Herrlichkeit Gottes eintritt. Unsere Gebete und die Hl. Messe, die wir für Verstorbene aufopfern, sollen ihnen helfen, möglichst bald die Herrlichkeit Gottes zu schauen und in seiner Gegenwart zu leben.
So gilt für uns alle, Lebende und Verstorbene, was das Lied: Mein Hirt ist Gott, der Herr, sagt: "Und wenn aus blinder Wahl, ich auch im finstern Tal, weitab mich sollt verlieren, so fürcht ich dennoch nicht, ich weiß mit Zuversicht, du, Herr, du wirst mich führen." Alle, Lebende und Verstorbene, verlieren und verloren sich immer wieder ins finstere Tal der Sünde und des Versagens. Aber wir dürfen voll Zuversicht hoffen, dass der Herr uns durch alle Finsternisse des Todes in sein Reich führen wird.
Der Tod ist nicht Ende sondern neuer Anfang
Pater Mag. theol. Peter Koch (2009)
Mahnzeichen
Wenn ich über Landstraßen fahre, fallen mir die kleinen am Straßenrand stehenden Kreuze auf. Diese meist unscheinbaren Kreuze erinnern an einen schrecklichen Verkehrsumfall mit Todesfolge und mahnen uns, unsere Geschwindigkeit und den Fahrstil den gegebenen Straßen- und Witterungsverhältnissen anzupassen. Diese Kreuze sind nicht nur Mahnzeichen, sondern auch Fragezeichen. Sie konfrontieren uns mit dem Tod. In Bruchteilen von Sekunden kann sich alles ändern und eine Katastrophe über einen hereinbrechen. Wie schnell und brutal dem Leben ein Ende gesetzt ist und wie nahe Leben und Tod einander sein können, davon legen diese Kreuze Zeugnis ab.
Fragezeichen
Ist mit dem Tod wirklich alles aus? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Bleibt der Tod endgültiger Sieger über das Leben? Bestimmt wurden die meisten von uns schon einmal mit solch existentiellen Fragen konfrontiert. Haben wir uns bemüht, sie zu beantworten oder haben wir sie, weil sie ängstigen und unsicher machen, wieder verdrängt?
Der Naturforscher und Entdecker Alexander von Humboldt soll einmal gesagt haben: "Es ist mir, als kennte man nicht das ganze Leben, wenn man nicht den Tod in den Kreis einschließt." Die Verdrängung von Fragen, die um den Tod und um das, was danach kommt, kreisen, bringt uns nicht weiter; diese Fragen tauchen auf, weil sie beantwortet werden möchten.
Hoffnungsworte
Im heutigen Evangelium geht es genau um diese Thematik. Zwar kommt das Wort Tod nicht explizit vor, aber es ist trotzdem ungemein präsent, weil der Fokus auf das Leben nach dem Tod gerichtet ist. Jesus weiß, sein Leben neigt sich dem Ende zu. Er möchte die verbleibende Zeit dazu nutzen, um von seinen Jüngern Abschied zu nehmen. Dabei ist Jesus wichtig, ihnen mitzuteilen, dass sie nach seinem Tod nicht in Verwirrung zu fallen brauchen, als sei mit ihm auch all ihre Hoffnung gestorben. Sie sollen das tun, was sie schon lange praktiziert haben, nämlich an Gott und an ihn glauben.
Damit das Glauben in den schweren Stunden leichter fällt, senkt Jesus ein Samenkorn Hoffnung in ihre Herzen ein. Er wird sie verlassen, um bei seinem Vater einen Platz für sie zu bereiten. Damit hat Jesus auch indirekt gesagt, der Tod ist nicht Sieger über das Leben, mit ihm ist nicht alles aus. Der Tod ist vielmehr wie eine Brücke zwischen dem irdischen und dem himmlischen Leben. Nach dem Überschreiten dieser Brücke werden sie Jesus wiedersehen, sie werden wieder mit ihm vereint sein. Was Jesus seinen Getreuen anvertraut, sind keine leeren Worthülsen, sondern fundamentale Aussagen, die eine Wirklichkeit beschreiben, die wir zwar jetzt nicht zu fassen vermögen, wohl aber im Glauben annehmen können.
Schließlich wirft Thomas noch die Frage nach dem einzuschlagenden Weg auf, wie sollen wir den Weg ins himmlische Leben gehen, wenn wir ihn nicht kennen? Die Antwort Jesu lautet: "Ich bin der Weg; niemand kommt zum Vater außer durch mich!" Den Weg ins ewige Leben einzuschlagen und ihn zu gehen, bedeutet, an Jesus nicht irre zu werden und ihn zu glauben.
Glaubenszeichen
Da der Tod zum Leben gehört und für uns Christen nicht das endgültige Aus bedeutet, sondern vielmehr der Anfang neuen, ewigen Lebens ist, brauchen wir ihn auch nicht zu verdrängen. Durch Jesus hat der Tod seinen gefährlichen und bedrohlichen Stachel verloren. Diese Tatsache kann uns helfen, wie Humboldt sagt, unser Leben vom Tod her zu verstehen. Die gedankliche Beschäftigung mit dem Tod trägt dazu bei, sich selbst und die Dinge, die einen beschäftigen, in einer angemessenen Relation zueinander und zum Gesamten zu sehen. Dadurch relativiert sich Einiges: Unwichtiges wird wieder, was es sein soll, Unwichtig und Gewichtiges bekommt wieder Gewicht. Das befreit und tut gut.
Die kleinen Kreuze am Straßenrand sind nicht nur Mahn- und Fragezeichen. Sie sind vor allem Glaubenszeichen; denn mit dem Tod, mag er noch so schrecklich und unbegreiflich sein, ist nicht alles aus.
Glaubenskraft und Mitgefühl
Mag. theol. Gabi Ceric (2008)
Warten müssen
Vorweg eine Vorbemerkung, die Vorgeschichte zudem, was wir gehört haben: Jesus bekommt die Mitteilung, dass sein Freund namens Lazarus erkrankt ist und er kommen möge. Das heutige Evangelium setzt dann mit der Feststellung ein, dass Jesus zu spät kommt. Viel zu spät. Vier Tage lang schon liegt Lazarus im Grab. Doch wo war Jesus? Was hielt ihn davon ab, jenen, die er liebte, seinem Freund und dessen Schwestern Maria und Marta (vgl. Joh 11,5), in einer solchen schweren Stunde beizustehen? Warum setzte er nicht alles dran, so schnell wie möglich bei ihnen zu sein?
Werfen wir einen Blick in unsere eigenen Lebensrealitäten. Wie lange wird die Zeit, wenn wir auf Hilfe warten? Wenn der Notruf gewählt worden ist, die Ambulanz unterwegs ist? Wie lange wird die Zeit, bis das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung mitgeteilt werden kann? Wie lange wird uns die Zeit, das alles entscheidende Prüfungsergebnis innezuwerden?
Und wie froh sind wir, wenn der Prüfer uns sagt: Gratuliere, bestanden. Wie froh, wenn der Arzt uns versichert: kein besorgniserregender Befund. Wie froh, wenn die Rettung da ist und alles Menschenmögliche und -notwendige für den Verletzten oder Kranken getan wird.
Andererseits haben wir vielleicht schon selbst die Erfahrung gemacht, nicht auf die innere Stimme gehört zu haben, und dann zu spät gekommen zu sein, den Zeitpunkt verpasst zu haben, auf den es angekommen wäre. In der Beziehung. Beim Abschiednehmen von einem lieben Menschen. Beispielsweise.
Glaubensprüfung
Zurück zum Evangelium: Der Evangelist Johannes schildert hier eine Begebenheit nicht in menschlichen Kategorien. Seine Absicht ist es, Jesus als den Messias vorzustellen, als den Erlöser, dem die Macht gegeben ist, Tote zum Leben zu erwecken. Nachdem Jesus die Nachricht von der Erkrankung seines Freundes vernahm, reagierte er anders, als wir es uns erwarten würden. Jesus machte sich nicht sogleich auf den Weg, um Beistand zu leisten, sondern er hielt eine Rede. Jesus kündigte allen an, die bei ihm waren, seinen Jüngern und allen, die sich um ihn versammelten, dass etwas Unerwartetes, ja Unerhörtes geschehen werde, dass Lazarus nicht sterben werde. Ja, er selbst wird hingehen, um ihn aufzuerwecken.
Jesus wartet also bewusst ab. Er nimmt das Sterben des Lazarus in Kauf, um an ihn seine Gottessohnschaft zu zeigen. Ihm ist das Wissen über den Zeitpunkt des Todeseintrittes bei Lazarus gegeben, wie auch die Macht, Tote zum Leben zu erwecken. Das sollte offensichtlich werden. Das sollte den Menschen eine andere Vorstellung von Jesu Aufgabe in dieser Welt geben.
Die besorgten Schwestern hörten diese Worte Jesu jedoch nicht. Sie waren weit weg. Sie blieben in Sorge. Sie wussten, dass er ihren Bruder heilen konnte. Warum nahm Jesus die Sorge der Frauen in Kauf? Warum verzichtete Jesus darauf, in schweren Stunden seinen Freunden beizustehen? "Herr, wärst du hier gewesen!" Wir haben gehört, wie Marta dies sagte. Später im Evangelium wird es auch ihre Schwester Maria wiederholen. Beide hatten einen unerschütterlichen Glauben an Jesus. "Wärst du hier gewesen, dann wäre er nicht gestorben." Der Glauben dieser beiden Frauen wurde für Jesus zum Instrument, damit andere zum selben Glauben gelangen. Jesu Absicht war es also, dass seine Jünger und alle, die ihm zuhörten, zu einem solchen Glauben kommen.
Jesus erweist sich hier als Prüfer. Er prüft den Glauben von Martha und Maria auf Herz und Nieren. Das Ergebnis wird er von vornherein gewusst haben. Er kennt seine Freundinnen. Als Lehrer und Meister möchte er aber, dass auch andere durch das, was er da vollzogen hat, zu einem überzeugten und überzeugenden Glauben gelangen. Und er weiss, was dazu nötig ist. Dadurch, dass er sich dem Lazarus als Arzt und Retter erweist. Jesus spricht: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt." Was das bedeutet, setzt er gleich in Tat und Wahrheit um. Ganz klar. Ganz augenscheinlich. Quod demonstrandum est. Lazarus lebt. Und schliesslich sind es viele, die aufgrund dieses Zeichens zum Glauben an ihn kommen.
Glaubenskraft und Mitgefühl
Neben dieser starken Seite der Persönlichkeit Jesu berichtet der Evangelist Johannes ein wenig später auch von seiner Menschlichkeit. Als Jesus dann endlich bei seinen Freunden ist: da lassen ihn der Tod seines Freundes und die tiefe Trauer der Frauen und der anderen nicht kalt. Im Gegenteil: er war im Innersten erregt und erschüttert. (vgl. V 33). Es ist eine jener Stellen der Frohen Botschaft, die von der Einfühlsamkeit Jesu spricht und so Zeugnis vom sym-pathischen, mitleidenden Jesus spricht.
In unserem Leben, vor allem in schwierigen Zeiten, braucht es wohl beides: Wir brauchen einen Halt, eine Stütze, an der wir uns festhalten können. Es braucht die Glaubenskraft, die uns hilft, nicht den Boden unter den Füssen zu verlieren.
Bei allem entschiedenen und überzeugten Glauben ist auch das Mitgefühl nötig. Ein Glauben, der den anderen überfährt, erweist sich nicht als hilfreich. "Du musst nur glauben, dann geht es!" ist nicht das Richtige. Wie wohltuend kann es vielmehr sein, in schwierigen Zeiten gesagt zu bekommen: "Ich sehe, dass es dir schlecht geht und du zu kämpfen hast. Ich bin an deiner Seite, wenn du mich brauchst. Ich möchte dir helfen, wo ich es kann. Und ich vertraue mit dir oder auch für dich auf den Herrn."
In diesen Tagen sind viele Menschen an den Gräbern ihrer Lieben zu finden. Was werden sie dort antreffen? Hoffentlich beides: Glaubenskraft und Mitgefühl. Letzten Endes das, was wir mit ihnen und auch miteinander teilen.
Lieder: GL 183: Wer leben will, wie Gott auf dieser Erde GL 210: Das Weizenkorn muß sterben GL 361: Mein schönste Zier und Kleinod bist (4.Str.) GL 370: Christus, du Herrscher Himmels und der Erde GL 377: O Jesu, all mein Leben bist du GL 416: Was Gott tut, das ist wohlgetan GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr GL 424: Wer nur den lieben Gott läßt walten GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt GL 434: Noch ehe die Sonne am Himmel stand GL 435: Herr, ich bin dein Eigentum GL 440: Hilf, Herr, meines Lebens GL 460: Wer leben will wie Gott auf dieser Erde GL 466: Herr, dich loben die Gesdchöpfe (St. 4 und 5) GL 484: Dank sei dir Vater für das ewge Leben GL 500: Nun lässest du, o Herr GL 503: Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen GL 505: Wir sind nur Gast auf Erden GL 552: Herr, mach uns stark im Mut (2. bis 5. Str.) GL 559+19,2: Höchster, allmächtiger, guter Herr (Sonnengesang) GL 656: Tod und Vergehen waltet in allem GL Ö907: Meine Zeit steht in deinen Händen GL Ö910: Näher, mein Gott zu dir, Herr ich bin dein GL Ö913: Bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ GL Ö943: Lasst uns den Herrn erheben
Psalmen und Kehrverse: GL 36: Auf dich haben unsere Väter vertraut, und du hast sie gerettet - Mit Psalm 22 - II. GL 37: Der Herr ist mein Hirt - Mit Ps 23 - VI. GL 38: Der Herr ist mein Licht und mein Heil - Mit Psalm 27 - IV. GL 501: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt: Er führt mich ins Land der Lebenden - Mit Psalm 19 (GL 35,2) - VII. GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit - Mit Psalm 19 (GL 35,2) VII. bzw. mit Psalm 130 (GL 639,3-4) - II.
Einleitung3
Hans Hütter (2017)
Am Allerseelentag gedenken wir unserer Verstorbenen. Der Tod ist ein Teil des Lebens, den wir nur schwer annehmen und dennoch nicht wegdenken können. Als gläubige Menschen wissen wir unsere Toten bei Gott gut aufgehoben. Er vergisst keines seiner Geschöpfe und schon gar nicht eines seiner geliebten Töchter und Söhne. Als Kinder Gottes treten wir vor den Herrn und bitten ihn, dass er unsere Lieben und auch uns selbst aus dem Tod errette:
Bernd Kösling (2016)
Der Allerseelentag am 2. November geht auf Abt Odilo von Cluny zurück; er hat 998 diesen Gedenktag in allen von Cluny abhängigen Klöstern eingeführt. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert. Von Cluny aus verbreitete sich der Allerseelentag in der ganzen Kirche. Durch Gebet, Fürbitte, Almosen und Friedhofsgänge gedenken die Menschen ihrer Verstorbenen, beten für Sie und zeigen ihre Verbundenheit über den Tod hinaus. Unsere Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem Tod hat für uns einen Namen und ein Gesicht: Christus, der gekreuzigte und auferstandene Herr. Ihn rufen wir nun im Kyrie an:
Franz Burgey (2009)
Wir begehen heute das Gedächtnis der Armen Seelen. Es ist schön landauf landab zu sehen, wie sich so viele Menschen um die Gräber kümmern, sie mit Blumen und Kerzen schmücken, oft sogar überreich, um so ihrer verstorbenen Anverwandten und Freunde zu gedenken, sie zu ehren und für sie beten. Bei manchen Menschen mag dieses Bemühen nur eine Art Ahnenkult sein. Aber der Christ betet über den Gräbern "für die Armen Seelen im Fegfeuer". Und darüber gilt es etwas nachzudenken.
Kyrie3
Hans Hütter (2017)
Herr, Jesus Christus, du hast durch deinen Tod und deine Auferstehung gezeigt, dass du stärker bist als der Tod. Kyrie eleison.
Du hast uns die Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden und am ewigen Leben teilzuhaben. Christe eleison.
Du wirst einst wiederkommen und uns alle zu deinem Vater heimholen. Kyrie eleison.
Bernd Kösling (2016) - du bist von den Toten auferstanden
Herr, Jesus Christus, dein Kreuz ist unsere Hoffnung, denn du bist von den Toten auferstanden. Kyrie eleison
Du reinigst uns von den Sünden und gibst den Toten ewiges Leben. Christe eleison.
Du wirst wiederkommen in Herrlichkeit und die Menschen im Reich des Vaters sammeln. Kyie eleison.
Peter Koch (2009)
Herr Jesus Christus, du bist Mensch geworden, um in uns die Hoffnung auf das ewige Leben zu entfachen. Kyrie, eleison.
Herr Jesus Christus, du hast selbst erfahren, wie schrecklich es ist, Leid und Schmerz aushalten zu müssen und unausweichlich auf den eigenen Tod zuzugehen. Christe, eleison.
Herr Jesus Christus, du hast den Tod besiegt und uns eine Wohnung bei deinem himmlischen Vater bereitet. Kyrie, eleison.
Allmächtiger Gott, wir glauben und bekennen, dass du deinen Sohn als Ersten von den Toten auferweckt hast. Stärke unsere Hoffnung, dass du auch unsere Brüder und Schwestern auferwecken wirst zum ewigen Leben. Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus.
MB Allerseelen 1
Messbuch - TG Allerseelen 2: lass sie auf ewig deine Herrlichkeit schauen
Tagesgebet: Herr, unser Gott, du bist das Licht der Glaubenden und das Leben der Heiligen. Du hast uns durch den Tod und die Auferstehung deines Sohnes erlöst. Sei deinen Dienern und Dienerinnen gnädig, die das Geheimnis unserer Auferstehung gläubig bekannt haben, und lass sie auf ewig deine Herrlichkeit schauen. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB: Allerseelen 2
Messbuch - TG Allerseelen 3: Anteil am Sieg über die Vergänglichkeit
Tagesgebet Allmächtiger Gott, du hast deinen Sohn als Sieger über den Tod zu deiner Rechten erhöht. Gib deinen verstorbenen Dienern und Dienerinnen Anteil an seinem Sieg über die Vergänglichkeit, damit sie dich, ihren Schöpfer und Erlöser, schauen von Angesicht zu Angesicht. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB: Allerseelen 3
Eröffnungsgebet2
Sonntagsbibel
Gott, Christus ist unsere Auferstehung und unser Leben. Stärke unseren Glauben an das ewige Leben und führe unsere Verstorbenen zur Gemeinschaft mit dir. Durch Christus, unseren Herrn.
Gabi Ceric (2008)
Herr, unser Gott, du rufst die Menschen ins Leben: ob sie geboren werden oder ob sie sterben. Du begleitest uns mit deinem lebensspendenden Wort. Es ist uns nahe gekommen und Mensch geworden in Jesus Christus. Lass uns hören, welches Wort des Lebens du heute für uns hast. Amen.
Fürbitten6
Hans Hütter (2017)
Gott, Erfinder des Lebens und liebender Vater, ohnmächtig stehen wir vor der Not des Sterbens. Dir tragen wir unsere Bitten vor:
Wir bitten dich für alle, die uns im Leben nahegestanden sind und die uns der Tod genommen hat. Vergilt ihnen alles Gute, das wir ihnen verdanken.
Wir bitten dich für alle, die plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen worden sind. Vollende an ihnen, was noch unvollendet geblieben ist.
Wir bitten dich für alle, die Opfer von ungerechter Gewalt geworden sind. Lass sie Gerechtigkeit erfahren und schenke ihnen Frieden.
Wir bitten dich für alle Opfer von Naturgewalten und Katastrophen. Stille ihren Lebenshunger, der in diesem Leben unerfüllt geblieben ist.
Wir bitten dich für unsere verstorbenen Lehrer und Seelsorger. Lohne das, was sie für uns getan haben, mit dem ewigen Leben.
In deine Hände sind alle Geschöpfe eingezeichnet. In deine Hände empfehlen wir unsere Toten und alle Lebenden. Amen.
Bernd Kösling (2016)
Herr, unser Gott, du bist ein Gott des Lebens und nicht des Todes. Du willst das Leben des Menschen, auch über den Tod hinaus. Dich bitten wir:
Für unsere Verstorbener, die im Vertrauen auf Dich und die Hoffnung auf die Auferstehung in die dunkle Nacht des Todes gegangen sind.
Für alle Verstorbenen, die ohne Hoffnung auf ein Weiterleben von uns gegangen sind.
Für alle unsere Toten, die sich noch im Versöhnungsprozess und der Heilung befinden: Nimm Du sie auf in deine liebenden Arme.
Wir denken in dieser Stunde an unsere verstorbenen Seelsorger, pastoralen Mitarbeiter, Lehrer und Erzieherinnen, die uns Wegweiser und Vorbild für unser Leben gewesen sind.
Wir beten für unsere lieben Toten, die uns viel im Leben bedeutet haben: - Stille.
Gott, wir danken Dir, dass wir nicht ohne Hoffnung leben müssen. Schenke uns immer wieder Zutrauen in deine Verheißungen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen
Zitat (2012)
Alles, was uns in dieser Stunde bewegt, tragen wir in den Fürbitten zu Jesus Christus. Zu ihm rufen wir:
Wir bitten dich, erhöre uns.
Du hast gesagt: "Sammelt euch Schätze im Himmel": Schau auf das Gute, das unsere Verstorbenen in ihrem Leben vollbracht haben.
Du hast gesagt: "lch bin gekommen, um die Sünder zu rufen": Verzeihe alles, was sie aus Schwäche getan oder unterlassen haben.
Du hast Mitleid mit den Menschen gehabt und viele Kranke geheilt: Heile alle Wunden, stille allen Schmerz und erhelle alle Dunkelheit mit deinem Licht.
Du hast gesagt: "Selig die Trauernden, sie werden getröstet": Tröste uns in den Stunden der Trauer durch die Hoffnung auf ein Wiedersehen bei dir.
Du hast gesagt: "Selig die Barmherzigen, sie werden Erbarmen finden": Verzeihe uns alles, was wir ihm schuldig geblieben sind.
Du hast gesagt: "Wer bittet, der empfängt und wer anklopft, dem wird geöffnet": Führe unsere Verstorbenen zum ewigen Leben bei dir.
Du hast gesagt: "Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen": Führe alleunsere Verstorbenen zum ewigen Leben bei dir.
Du hast gesagt: "Kommt alle zu mir. lch werde euch Ruhe verschaffen": Schenke uns allen eine gute Sterbestunde und das ewige Leben.
Dir, Herr, barmherziger Vater, verrauen wir unsere Verstorbenen an. Bei dir finden sie Leben in Fülle. Amen.
Bernhard Rathmer (2009)
Vater im Himmel, du hast uns geschaffen für dich, füreinander, für uns selbst. Wir gedenken der Verstorbenen und bitten dich:
Schenke ihnen das ewige Leben.
Für alle, an die sich niemand mehr erinnert und deren Namen niemand mehr kennt. Schenke Ihnen das ewige Leben.
Für alle Opfer von Ungerechtigkeit und Gewalt, von Krieg und Terror. Schenke Ihnen das ewige Leben.
Für alle, die niemals eine Möglichkeit hatten, menschenwürdig zu leben. Schenke Ihnen das ewige Leben.
Für alle, die wir lieben und die gestorben sind, für die Verwandten und Freunde. Schenke Ihnen das ewige Leben.
Für alle aus unserem Bekanntenkreis, aus unserer Gemeinde, die in diesem Jahr gestorben sind. Schenke Ihnen das ewige Leben.
Vater im Himmel, du bist ein unbeirrbarer treuer Gott. Dir sei Ehre und Lobpreis in alle Ewigkeit. Amen.
Peter Koch (2009)
Gott unser Vater, du bist ein Gott des Trostes und der Hoffnung. Das Vertrauen, dass du uns nicht verlässt und wir Halt in dir finden, hat uns hier zusammengeführt. Wir bringen unsere Bitte und Anliegen vor dich:
Für die Trauernden, die einen geliebten Menschen verloren haben und verzweifelt Trost und Hilfe suchen. Lass sie im Glauben an das ewige Leben neue Zuversicht und Kraft schöpfen. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Für jene Menschen, die meinen, mit dem Tod sei alles aus oder die unbekümmert in den Tag hineinleben. Lass sie nach dem Sinn in ihrem Leben fragen und Antwort finden. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Für uns selber, dass wir aus dem Glauben an die Auferstehung unseren Weg zu dir gehen und die Zeit nützen, um unseren Mitmenschen Gutes zu tun und dich zu bezeugen. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Für unsere verstorbenen Priester, Ordensleute und jene Gläubigen, die durch ihr Wort und ihr Beispiel den Glauben in uns Grund gelegt haben. Lass sie von Angesicht zu Angesicht schauen, was ist geglaubt und uns vorgelebt haben. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Für jene Verstorbenen, die uns besonders nahe gestanden sind und die wir gerne hatten. Lass das Gute, das sie an uns getan haben, reichlich Frucht bringen und lass sie uns in dankbarer Erinnerung halten. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Für jene Verstorbenen, die alleingelassen sterben mussten und die von niemanden betrauert wurden. Tröste sie durch deine liebende Nähe. Gott unser Vater, wir bitten dich erhöre uns!
Gott, durch deinen Sohn Jesus hat du uns unvergängliches Leben geschenkt. Dafür sagen wir dir Dank, heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.
Gabi Ceric (2008)
Gott des Lebens, du hast uns dieses Leben geschenkt. Aus deiner Hand haben wir es empfangen. Dafür sind wir dankbar. Und doch merken wir auch, dass wir an unsere Grenzen kommen, deiner Hilfe bedürfen. So bitten wir dich voll Vertrauen und Zuversicht:
Lass die Menschen einfühlsam sein, wenn sie Menschen in Trauer, in Not oder Bedrängnis begegnen. Gib Halt, wo wir zu fallen drohen und stärke uns im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe. Begleite alle, die in Spitälern, Heimen oder zuhause Sterbende begleiten, mit deinem Segen. Die Verstorbenen befreie zum ewigen Leben, den Trauernden schenke den Geist des Trostes.
Erhöre unser Gebet. Aber: Dein Wille, o Gott, soll geschehen. Hilf uns, ihn zu erkennen und zu tun. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Gabengebet3
Messbuch - GG Allerseelen 1: Nimm deine Diener:innen auf in die Herrlichkeit deines Sohnes
Herr unser Gott, schau gütig auf unsere Gaben. Nimm deine Diener und Dienerinnen auf in die Herrlichkeit deines Sohnes, mit dem auch wir durch das große Sakrament der Liebe verbunden sind. Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 1
Messbuch - GG Allerseelen 2: führe sie voll Erbarmen zur letzten Vollendung
Allmächtiger und barmherziger Gott, du hast deine Diener und Dienerinnen durch das Wasser der Taufe geheiligt. Reinige sie im Blute Christi von ihren Sünden und führe sie voll Erbarmen zur letzten Vollendung. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 2
Messbuch - GG Allerseelen 3: Befreie unsere Verstorbenen aus den Fesseln des Todes
Herr, unser Gott, nimm die Gabe an, die wir darbringen für deine Diener und Dienerinnen und für alle, die in Christus entschlafen sind. Befreie durch dieses einzigartige Opfer unsere Verstorbenen aus den Fesseln des Todes und schenke ihnen das unvergängliche Leben. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 3
Gebet zur Gabenbereitung1
Gabi Ceric (2008)
Gütiger Gott, du hast uns verheissen, Anteil zu haben am himmlischen Hochzeitsmahl und die Tränen abzuwischen von jedem Gesicht. Mit den Gaben von Brot und Wein bringen wir dir heute auch unsere Trauer um einen lieben Menschen. Wir feiern das Gedächtnismahl des Todes und der Auferstehung deines Sohnes. Er gibt sich uns im Brot des Lebens. Er ist uns Kraft auf dem Weg und Licht in der Dunkelheit. Mit dem Brot wandle unsere Trauer in Freude, unsere Bedrängnis in Zuversicht, unsere Verzagtheit in Hoffnung. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Lobpreis1
Hans Hütter (2020)
Kehrvers: Der Herr ist mein Licht und mein Heil. (GL 38,1))
Vater, es ist recht, dass wir dir beim Gedenken an die Verstorbenen auch unseren Dank und Lobpreis darbringen.
Kehrvers
Wir danken dir für das Leben, das du uns geschenkt hast, für alles Glück und alle Freude, für das Wachsen und Reifen und für alles, was uns im Leben gelungen ist.
Kehrvers
Wir danken dir für das Leben aller uns lieb gewordenen Menschen, die bereits zu dir zurückgekehrt sind; für alles Glück, das wir miteinander erleben durften, und für alles, was wir einander geben und bedeuten konnten.
Kehrvers
Wir danken dir für das ewige Leben, das bereits in unserer Taufe begonnen hat, das uns hoffen lässt und die Kraft zum Lieben gibt.
Kehrvers
Wir danken dir, dass du durch deinen Sohn Jesus Christus die Hülle, die alle Nationen verhüllt, und die Decke, die alle Völker bedeckt, zerrissen und den ewigen Tod für immer beseitigt hast.
Kehrvers
Wir danken dir, dass du für unsere Lieben und auch für uns eine ewige Wohnung bereitet hast und dass wir dich einmal schauen werden, wie du bist.
Kehrvers
Mit allen Heiligen stimmen wir ein in den Lobgesang der Kirche und singen:
Danklied, z. B.: Nun saget Dank und lobt den Herren (GL 385)
Präfation2
Messbuch - Präfation Verstorbene 1: Die Hoffnung der Gläubigen
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken durch unseren Herrn Jesus Christus. In ihm erstrahlt uns die Hoffnung, dass wir zur Seligkeit auferstehn. Bedrückt uns auch das Los des sicheren Todes, so tröstet uns doch die Verheißung der künftigen Unsterblichkeit. Denn deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet. Darum singen wir mit den Engeln und Erzengeln, den Thronen und Mächten und mit all den Scharen des himmlischen Heeres den Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit: Heilig. . .
MB Verstorbene 1
Messbuch - Präfation Verstorbene 5: Das neue Leben als Geschenk Gottes
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater. allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken. Durch die Sünde kam der Tod in die Welt, und niemand kann ihm entrinnen. Doch deine Liebe hat die Macht des Todes gebrochen und uns gerettet durch den Sieg unseres Herrn Jesus Christus, der uns aus der Vergänglichkeit hinüberführt in das ewige Leben. Durch ihn rühmen dich Himmel und Erde, Engel und Menschen und singen wie aus einem Munde das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig. . .
MB Verstorbene 5
Mahlspruch1
Messbuch
Wir erwarten den Retter, den Herrn Jesus Christus, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes. (Phil 3, 20-21)
Oder:
So spricht der Herr: Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. (Joh 11, 25-26)
Meditation2
Helene Renner (2019)
Das ist unser Glaube dass der Tod nicht das letzte Wort hat und das Grab nicht das Ende ist
Vielmehr glauben wir dass Gott im Tod jedes Leben zur Vollendung bringt
Dass Gott alles vollendet was im Menschenleben offen bleibt
Dass durch ihn alles Fragwürdige eine endgültige Gestalt bekommt
Dass unser aller Leben bestehen kann und geborgen ist in Gottes guter Hand für Zeit und Ewigkeit
Das ist unser Glaube und das ist unsere Hoffnung die uns geschenkt ist in Jesus Christus dem auferstandenen Herrn und Gott
Zitat (2008)
Der Herr sorgt für mich. Warum sollte ich mir Sorgen machen? Er gibt mir Nahrung für Geist und Herz, wenn sonst niemand meinen Hunger stillt, wenn alles andere mir zwischen den Fingern zerrinnt, mit dem man mich abspeisen will. Er gibt mir das Wasser, das den Durst löscht, den Durst nach wirklichem Leben. Wo immer er mich hinführt: Er gibt mir sicheren Schritt. Er zeigt mir einen Weg Durch das Gewühl der Menschen, durch die Flucht der Lichter, durch das Rauschen der vielen Stimmen, einen klaren Weg. So gewiss es Gott ist, der mich führt. Und wenn die Lichter verlöschen, und wenn es dunkel wird, wenn ich einsam bin, wenn ich krank bin, wenn ich den Tod fürchte - wenn ich schuldig bin vor dir, Herr, und deine Hand verloren habe, fürchte ich doch nicht, dich zu verlieren.
Denn du bist bei mir, du deckst mir den Tisch, stärkst mich mit Brot und Wein, obwohl manche zweifeln, dass ich das verdiene.
Du hast mich gesalbt mit Öl, besiegelt mit dem Zeichen des Kreuzes, das Zeichen, dass du mir nahe bist, dass du mich liebst und dass ich dir gehöre.
Wenn du mich begleitest auf meinen Wegen, wird es mir gut ergehen, mein Leben lang, und wenn mein Leben zu Ende geht, lässt du mich bei dir wohnen für immer.
Jörg Zink
Schlussgebet3
Messbuch - SG Allerseelen 1: Führe sie vom Tod zum Leben
Barmherziger Gott, wir haben das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Christi gefeiert für unsere Brüder und Schwestern. Führe sie vom Tod zum Leben, aus dem Dunkel zum Licht, aus der Bedrängnis in deinen Frieden. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 1
Messbuch - SG Allerseelen 2: lass sie auferstehen zur ewigen Freude
Herr, unser Gott, wir haben das Mahl deines Sohnes gefeiert, der sich für uns geopfert hat und in Herrlichkeit auferstanden ist. Erhöre unser Gebet für deine Diener und Dienerinnen. Läutere sie durch das österliche Geheimnis Christi und lass sie auferstehen zur ewigen Freude. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 2
Messbuch - SG Allerseelen 3: schenke ihnen in der Freude des Himmels
Barmherziger Gott, wir haben das Opfer dargebracht, das du in Gnaden annimmst. Erbarme dich unserer Verstorbenen. Du hast sie in der Taufe als deine Kinder angenommen; schenke ihnen in der Freude des Himmels das verheißene Erbe. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Allerseelen 3
Gebet zum Abschluss1
Gabi Ceric (2008)
Herr, unser Gott, mit dem Mahl der Liebe hast du uns reich beschenkt. Du hast uns gestärkt für unser Leben, für unseren Alltag. Wir danken dir dafür. Als Jünger/Jüngerinnen sendest du uns in die Welt, damit wir Zeugnis geben von dem, was uns erfüllt und trägt. Schenke uns dazu deinen guten Geist, den Geist deines Sohnes Jesus Christus. Amen.
Segen4
Zitat (2014)
Gott sei dein Hirte,
der dir das geben möge, was du zum Leben brauchst. Wärme, Geborgenheit und Liebe, Freiheit und Licht und das Vertrauen zu ihm, zu deinem Mitmenschen und zu dir selbst. Auch in dunklen Zeiten und schmerzhaften Erfahrungen möge Gott dir beistehen und dir immer wieder Mut und neue Hoffnung schenken. In Situationen der Angst möge er in dir die Kräfte wecken, die dir helfen, all dem, was du als bedrohlich erlebst, standhalten zu können. Gott möge dich zu einem erfüllten Leben führen, dass du sein und werden kannst, der du bist.
(nach Psalm 23. Christa Spilling-Nöker in: Nicht vom Tod soll die Rede sein. Zum Abschied: Trauer. Texte ausgewählt von Bernd Hüsers. Hrsg. Diözese Linz, Pastoralamt - Behelfsdienst, Kapuzinerstraße 84, A-4020 Linz)
Zitat (2012)
Die Gnade seines Segens schenke euch der Gott allen Trostes, der uns aus Liebe erschaffen und uns in Christus die Hoffnung auf die selige Auferstehung geschenkt hat. Amen.
Den Lebenden gewähre er die Verzeihung der Sünden, die Verstorbenen führe er in sein Licht und seinen Frieden. Amen.
Der Lebenden und der Toten erbarme sich Christus, der wahrhaft aus dem Grabe erstanden ist. Amen.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn + und der Heilige Geist. Amen.
Zitat (2008)
Gott, der alle unsere Wege begleitet, fasse uns an der Hand. Er lasse uns spüren, dass er auch den Weg der Trauer mit uns geht. Er helfe uns, den kostbaren Schatz der Erinnerung an verstorbene Menschen zu bewahren. Er richte uns auf, damit wir wieder den Weg sehen, der uns in die Zukunft führt. Er schenke uns Zuversicht, die richtigen Entscheidungen im Leben zu treffen.
So segne und behüte uns der allmächtige und gütige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
(vgl. Michael Witti)
Messbuch - Feierlicher Segen Allerseelen: Hoffnung auf die selige Auferstehung
Die Gnade seines Segens schenke euch der Gott allen Trostes, der uns aus Liebe erschaffen und uns in Christus die Hoffnung auf die selige Auferstehung geschenkt hat. - Amen.
Den Lebenden gewähre er die Verzeihung der Sünden, die Verstorbenen führe er in sein Licht und seinen Frieden. - Amen.
Der Lebenden und der Toten erbarme sich Christus, der wahrhaft aus dem Grabe erstanden ist. - Amen.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn + und der Heilige Geist. - Amen.
MB Allerseelen
Sonstiges4
Gastautor*in (2022) - Gebet zur Segnung der Gräber
Gott, dir gehört die Erde uns was sie erfüllt. Von der Erde hast du deine Geschöpfe genommen, mit den Früchten der Erde hast du sie genährt, zur Erde kehren sie zurück. So segne die Erde dieser Gräber, in die wir unsere Verstorbenen zurückgegeben haben. Lass uns Trost daran finden, eingebunden zu sein in das große Netz des Lebens. Und lass uns darauf vertrauen, dass deine Treue zu allen Geschöpfen auch über den Tod hinausreicht. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2014) - Totengedenken zu Allerseelen
Eingangslied:
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
Begrüßung - liturgische Eröffnung
Totengedenken mit Verlesen der Namen
(für jeden Verstorbenen wird eine Kerze angezündet) und zusätzlich: - eine Kerze für alle anderen Verstorbenen, deren Name nicht genannt worden ist, die aber fest in unsere Herzen eingeschrieben sind. - eine für alle Kinder, die vor, während oder nach der Geburt verstorben sind. - eine für all jene, die in Vergessenheit geraten sind. - eine Kerze für die Menschen, die in dieser Stunde gerade im Sterben liegen und - eine für den Menschen aus unserer Pfarre, den Gott als nächstes zu sich heimholen wird.
Gesang:
GL 440: Hilf, Herr meines Lebens
Gebet:
GL 675/4: Andacht von der Auferstehung
Evangelium: Joh 6,37-40
Fürbitten:
(Sollen von zwei bis drei Personen im Wechsel vorgetragen werden)
In unserem Leben müssen wir uns immer wieder von einem lieben Menschen verabschieden. Ein Teil von uns stirbt mit ihm. Tag für Tag verzehrt sich unser Leben, kommt der Tod näher, und mit ihm das neue Leben in deiner Gegenwart. Bitten wir für uns Zurückgelassene:
Traurig, sinnlos und zerstört scheint unser Leben, wenn wir einen wichtigen Menschen verloren haben. Die Nächte sind schwarz, kalt und lang. Sende uns Menschen, die mit uns durch die Trauer gehen. Gott, zeige dich uns. Öffne unsere Augen und Ohren, damit wir Hilfe wahrnehmen und das Leben wieder annehmen können.
Wir bitten dich, erhöre uns.
Bitten wir für die Verstorbenen: Für die, deren Leben kaum erst begonnen hatte. Für die Kinder, die still geboren wurden, für die Eltern, deren Lebenstraum gemeinsam mit ihren Kindern gestorben ist.
Für die, die viel zu früh von uns gegangen sind: sie fehlen uns so sehr, wir hätten sie noch so sehr in unserer Mitte gebraucht.
Für die, die der Tod aus langer Krankheit geholt hat, für die, die den Tod schon sehnsüchtig erwartet haben. Für die, die lebenssatt gestorben sind. Schenke ihnen die Vollendung ihres Lebens bei dir.
Wir bitten dich, erhöre uns.
Bitten wir für die Opfer von Krieg und Verfolgung: Menschen sterben und starben in Kriegen: als SoldatInnen und Zivilpersonen, als UnterstützerInnen, MittäterInnen und als Menschen, die zum Kämpfen genötigt wurden, als Menschen, die andere vertrieben haben und als Flüchtlinge.
Krieg ist immer Unrecht. Gib den Verstorbenen den Blick der Wahrheit auf das, was sie anderen angetan haben. Tröste sie für das, was sie erlitten haben. Lass uns - um der Würde der Leidenden willen - zu Streiterinnen gegen Krieg und Vertreibung werden.
Wir bitten dich, erhöre uns.
Bitten wir für die Verstorbenen, an die niemand mehr denkt: Sie haben lange vor uns gelebt und Grundlagen für unser Leben gelegt. Andere sind zu jung gestorben oder haben keine angesehenen Ämter bekleidet.
Bei dir ist jede und jeder aufgehoben, du nimmst alle Menschen unabhängig ihres Ansehens bei dir auf. Sei du denen nahe, die alleine leben und sterben.
Wir bitten dich, erhöre uns.
So bitten wir dich für die Menschen, die uns schon in den Tod vorausgegangen sind. Schenke uns ein Wiedersehen mit ihnen und mit dir. Der du lebst in alle Zeit und Ewigkeit. – Amen.
Vater unser und Gegrüßet seist du Maria (Gesprochen)
Schlusslied:
GL 430: Von guten Mächten
Segen:
Gott, der du alle unsere Wege begleitest, gehe auch mit uns den Weg der Trauer. Hilf uns, den kostbaren Schatz der Erinnerung zu bewahren, dass wir daraus Kraft für die Zukunft schöpfen können. Richte uns auf, damit wir den Weg sehen, der uns in die Zukunft führt. Begleite uns in allen Höhen und Tiefen unseres Lebens. Das gewähre uns der treue Gott, der Vater + und der Sohn und der Heilige Geist. - Amen.
Auszug
Auf dem Friedhof:
Einleitung:
Wir stehen vor den Gräbern unserer Lieben. Dieser Ort ist ihre letzte Ruhestätte geworden - und für uns ein Ort, an dem wir ihrer gedenken. Der Friedhof ist ein Ort, wo auch wir ein Stück weit Frieden finden können.
Beten wir für die Verstorbenen - und ich lade sie ein, in die Antworten miteinzustimmen. GL 569/6: Litanei für die Verstorbenen
Vater unser...
Herr, gib den Verstorbenen die ewige Ruhe. Und das ewige Licht leuchte ihnen. Lass sie ruhen in Frieden.
Überleitung:
Nun segnen wir die Gräber mit Weihwasser und Weihrauch und bitten: Der barmherzige Gott vollende an den Verstorbenen, was er an ihnen in der Taufe aus Wasser und Heiligem Geist begonnen hat.
Gedenken am "Kriegerdenkmal"
Musik
Alternativvorschlag zu "Ich hatt‘ einen Kameraden": "Jesus höchster Name" - Arrangement für Blasorchester, erhältlich beim Musikverlag Donautal. Große Auswahl an festlichen Chorälen auch bei Verlag Tatzer.
Wenn in Ihrer Pfarre "Ich hatt‘ einen Kameraden" ein unverzichtbares Musikstück darstellt, sind folgende Worte möglich:
Ansprache
(Vorschlag in den "Predigtgedanken")
Hans Hütter (2012) - Totengedenken und Gräbersegnung zu Allerseelen
Eröffnungslied: GL 851,1-3
Begrüßung:
Gebet:
Allmächtiger Gott, du hast deinen Sohn als Sieger über den Tod zu deiner Rechten erhöht. Gib deinen verstorbenen Dienern und Dienerinnen Anteil an seinem Sieg über die Vergänglichkeit, damit sie dich, ihren Schöpfer und Erlöser, schauen von Angesicht zu Angesicht. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Namen der im vergangenen Jahr Verstorbenen
Kerzen anzünden
Psalm 27:
GL 719
Evangelium: Joh 6,37-40
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen; denn ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Es ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse, sondern dass ich sie auferwecke am Letzten Tag. Denn es ist der Wille meines Vaters, dass alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, das ewige Leben haben und dass ich sie auferwecke am Letzten Tag.
Ansprache
Fürbitten:
Alles, was uns in dieser Stunde bewegt, tragen wir in den Fürbitten zu Jesus Christus. Zu ihm rufen wir:
Wir bitten dich, erhöre uns.
Du hast gesagt: "Sammelt euch Schätze im Himmel": Schau auf das Gute, das unsere Verstorbenen in ihrem Leben vollbracht haben.
Du hast gesagt: "lch bin gekommen, um die Sünder zu rufen": Verzeihe alles, was sie aus Schwäche getan oder unterlassen haben.
Du hast Mitleid mit den Menschen gehabt und viele Kranke geheilt: Heile alle Wunden, stille allen Schmerz und erhelle alle Dunkelheit mit deinem Licht.
Du hast gesagt: "Selig die Trauernden, sie werden getröstet": Tröste uns in den Stunden der Trauer durch die Hoffnung auf ein Wiedersehen bei dir.
Du hast gesagt: "Selig die Barmherzigen, sie werden Erbarmen finden": Verzeihe uns alles, was wir ihm schuldig geblieben sind.
Du hast gesagt: "Wer bittet, der empfängt und wer anklopft, dem wird geöffnet": Führe unsere Verstorbenen zum ewigen Leben bei dir.
Du hast gesagt: "Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen": Führe alleunsere Verstorbenen zum ewigen Leben bei dir.
Du hast gesagt: "Kommt alle zu mir. lch werde euch Ruhe verschaffen": Schenke uns allen eine gute Sterbestunde und das ewige Leben.
Vater unser
Glaubensbekenntnis
Lied:
GL 853,1-3
Segen:
Die Gnade seines Segens schenke euch der Gott allen Trostes, der uns aus Liebe erschaffen und uns in Christus die Hoffnung auf die selige Auferstehung geschenkt hat. Amen.
Den Lebenden gewähre er die Verzeihung der Sünden, die Verstorbenen führe er in sein Licht und seinen Frieden. Amen.
Der Lebenden und der Toten erbarme sich Christus, der wahrhaft aus dem Grabe erstanden ist. Amen.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn + und der Heilige Geist. Amen.
Gräbersegnung
Beim Kriegerdenkmal: Gedenken der Gefallen und aller, die im Einsatz für andere ums Leben gekommen sind:
Gott, du Ursprung des Lebens, was wir sind und haben, kommt von dir. Du hast uns geboten, dich und einander von ganzem Herzen und mit all unseren Kräften zu lieben. Sieh auf unseren unsere Schwester Brüder, die beim Einsatz für andere ihr Leben verloren haben. Nimm sie auf in deine ewigen Liebe durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Johann Pock (1999) - Vorschlag für eine Gräbersegnungsfeier
Einführung:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Der Vater des Erbarmens und der Gott allen Trostes sei mit euch…
Das Gedächtnis an die Verstorbenen hat uns zusammengeführt. Nicht die Trauer hält uns zusammen, sondern die Hoffnung auf die Auferstehung. - Unsere Lieben sind uns schon vorangegangen auf dem Weg, den Christus uns eröffnet hat. So bitten wir:
Kyrie:
Herr Jesus Christus, du bist Mensch geworden und hast das menschliche Leben bis zum bittersten Tod mit uns geteilt: Herr, erbarme dich unser.
Du hast durch deinen gehorsamen Tod das Sterben für uns zum Tor ins Leben verwandelt: Christus, erbarme dich unser.
Du hast durch deine Auferstehung auch uns das Tor zum Leben aufgetan: Herr, erbarme dich unser.
Gebet:
Lasset uns beten. - Allmächtiger, ewiger Gott, jeder, der zu dir ruft, darf auf dein Erbarmen hoffen. Sei unseren Verstorbenen gnädig. Sie haben im Leben und Sterben an dich geglaubt und dir vertraut; nimm sie auf in die Schar deiner Heiligen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Allerheiligenlitanei aus dem Gotteslob (GL 762)
Gräbersegnung:
Wir gehen nun an die Gräber unserer Verstorbenen und segnen sie mit geweihtem Wasser. Möge Gott an unseren Schwestern und Brüdern vollenden, was er in der Taufe aus Wasser und Heiligem Geist begonnen hat.
Während der Segnung:
Rosenkranz: "Der von den Toten auferstanden ist"
Fürbitten:
Lasset uns beten für unsere Verstorbenen, deren Leiber hier in diesem Friedhof ruhen, aber auch für alle, die in den Friedhöfen der verlorenen Heimat oder fern in Kriegsgräbern liegen.
Wir rufen: erlöse sie o Herr.
- Von aller Sünde - Durch deine Menschwerdung - Durch dein Kreuz und Leiden - Durch deinen Tod und deine Auferstehung - Durch deine Wiederkunft in Herrlichkeit.
Lasset uns beten. Gütiger Gott und Vater, in deine Hände befehlen wir unsere verstorbenen Angehörigen, Verwandten und Freunde. Wir hoffen zuversichtlich, dass sie mit allen, die in Christus entschlafen sind, zum Leben auferstehen. Wir danken dir für alles Gute, das sie in ihrem irdischen Leben von dir empfangen haben, und für alles Gute, das sie uns erwiesen haben. Nimm unsere Toten auf in die ewige Gemeinschaft mit dir. Stärke in uns die Hoffnung auf ein Wiedersehen und lass uns einst in ewiger Freude bei dir leben. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Lied:
Lobet den Herren (GL 258)
Vater unser
Segen / Segensgebet:
Der Herr segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht über euch leuchten und sei euch gnädig. Er wende euch sein Angesicht zu und schenke euch seinen Frieden. Das gewähre euch der barmherzige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Entlassung:
Herr, gib den Verstorbenen die ewige Ruhe. Und das ewige Licht leuchte ihnen. Laß sie ruhen in Frieden. Amen.
Ich möcht‘, daß einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht, der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht‘, daß einer mit mir geht.
Ich wart‘, daß einer mit mir geht, der auch im Schweren zu mir steht, der in den dunklen Stunden mir verbunden. Ich wart‘, daß einer mit mir geht.
Es heißt, daß einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht, der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Es heißt, daß einer mit mir geht.
Sie nennen ihn den Herren Christ, der durch den Tod gegangen ist; er will durch Leid und Freuden mich geleiten. Ich möcht‘, daß er auch mit mir geht.
Text und Melodie: Hanns Köbler (1930 – 2003) - EG 209
Zuhause
Wilhelm Bruners
Die Toten sind uns ein Zuhause voraus
während wir unsere Jahre sammeln wie Holzscheite im Herbst
leben sie schon im Feuer unsterblicher Liebe
Wilhelm Bruners
Abschied zerreißt das Herz
Elmar Gruber
Das Herz des Geliebten schlägt nicht mehr: Es ist zum „Herz-zerreißen“.
Abschied zerreißt das Herz, damit es nicht verschlossen, hart und verbittert wird. Doch kann ein Mensch durch Schmerz auch verhärtet, erbittert und verbittert werden.
Wer dankbar ist für das Gewesene, das bleibend ist in der Erinnerung, bleibt offen und wird weiterleben.
Wer nur sieht, was nicht mehr ist, verzweifelt und verliert den Grund zum Leben.
Aus: Elmar Gruber, Durch Finsternis ins Licht. Meditationen zu Leiden, Sterben und Auferstehen. Don Bosco Verlag, München 1994.
Wer lebt es denn, das Leben?
Rainer Maria Rilke
„Und doch, obwohl ein jeder von sich strebt wie aus einem Kerker, der ihn hasst und hält - es ist ein großes Wunder in der Welt: ich fühle: alles Leben wird gelebt. Wer lebt es denn? Sind das die Dinge, die wie eine ungespielte Melodie im Abend wie in einer Harfe stehn? Sind das die Winde, die von Wassern wehn, sind das die Zweige, die sich Zeichen geben, sind das die Blumen, die die Düfte weben, sind das die langen alternden Alleen? Sind das die warmen Tiere, welche gehn, sind das die Vögel, die sich fremd erheben? Wer lebt es denn? Lebst du es, Gott, das Leben?"
R. M. Rilke in: Nicht vom Tod soll die Rede sein. Zum Abschied: Trauer. Texte ausgewählt von Bernd Hüsers. Hrsg. Diözese Linz, Pastoralamt - Behelfsdienst, Kapuzinerstraße 84, A-4020 Linz.
Suche mich in dir
Theresa von Avila
In meines Herzens Tiefe trage ich dein Portrait, so echt gemalt; sähst du, wie es vor Leben strahlt, verstummte jede bange Frage. Und wenn dein Sehnen mich nicht findet, dann such nicht dort und such nicht hier; gedenk, was dich im Tiefsten bindet, und Seele (Mensch), suche mich in dir.
Theresia v. Avila in: Nicht vom Tod soll die Rede sein. Zum Abschied: Trauer. Texte ausgewählt von Bernd Hüsers. Hrsg. Diözese Linz, Pastoralamt - Behelfsdienst, Kapuzinerstraße 84, A-4020 Linz.
Die Toten
Christl F.
die in der Erde zerfallen sind und die zerstreut im Wind ganz unauffindbar; die aus dem Haus gerissenen, die unfertigen, alle, die weggegangen sind ohne Gruß. Was hast du mit ihnen gemacht, der du niemals aufgibst das Werk deiner Hände? Leg sie wie ein Siegel an dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm, denn stark wie der Tod ist die Liebe.
Christl. F. in: Nicht vom Tod soll die Rede sein. Zum Abschied: Trauer. Texte ausgewählt von Bernd Hüsers. Hrsg. Diözese Linz, Pastoralamt - Behelfsdienst, Kapuzinerstraße 84, A-4020 Linz.
ich werde nicht sterben
Martin Gutl
Ich werde nicht sterben, nicht wie ein Bach in der Wüste versickern.
Ich werde die Grenzen durchbrechen, ich werde ein neues Ufer erreichen.
Ich werde neu denken und fühlen. Mit neuem Leib, mit neuer Seele. Im neuen Himmel, auf neuer Erde. Oben und unten, arm und reich, stark und schwach, Heimat und Fremde, Tage und Nächte, Lust und Schmerz werden verblassen.
Ich werde nichts wollen, ich werde nur sein.
Ich werde mir, ich werde Dir nahe sein wie nie zuvor.
Ich werde mich wie ein Wassertropfen mit dem Meer verbinden.
Martin Gutl in: Beten mit Trauernden. Totenwachen und Gedenkgottesdienste. Hrsg. Erwin Löschberger, Bischöfliches Pastoralamt der Diözese Graz-Seckau, Bischofsplatz 4, A-8010 Graz.
Es ist gut, dass es einen Ort gibt für unsere Erinnerung. Einen Ort, zu dem wir gehen können in unserer Trauer, einen Ort, den wir mit Blumen schmücken, um unsere Liebe noch ein Stück weit nachzutragen. Einen Ort der Nähe und der inneren Zwiesprache. Und doch gilt für alle diese Gedenkstätten die Botschaft, die der Engel aus der ewigen Welt der Zeitlosigkeit brachte: "Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden."
Ruth Rau in: Beten mit Trauernden. Totenwachen und Gedenkgottesdienste. Hrsg. Erwin Löschberger, Bischöfliches Pastoralamt der Diözese Graz-Seckau, Bischofsplatz 4, A-8010 Graz.
Ein jeder Mensch braucht einen Ort zum Lieben, da seine Sehnsucht stark ist und die Hoffnung groß, und sich Herz und Verstand gemeinsam üben im Ursprung aller Dinge und der Welten Schoß.
Ein jeder Mensch braucht einen Ort zum Leben, Da Wunden heilen und das Wunder sich begibt, Dass Menschen bis zum Himmel sich erheben, Weil eins den ändern herzlich aufnimmt, trägt und liebt.
Ein jeder Mensch braucht einen Ort zum Sterben, Da die Erinnerung reift und alles sich erfüllt Und wird wie Wein, der sich aus dunklen herben Rebzweigen keltert und wird erdig, schwer und mild.
Ein jeder Mensch braucht einen Ort zum Träumen, Da ihm die Welt zu einem Gleichnis wird und Bild, Wie alles Endliche sich aufhebt und in Räumen, Voll ewigen Lichts sich wandelt und Gott nahe fühlt.
Und solch ein Ort, Gott nah zu sein, bist du, Du mein Lieben, Leben, Reifen, Hoffen. Du schenkst mir meinen Frieden, meine Ruh. Du schließt mich in dein Herz, schließt mir den Himmel offen.
E. Drewermann in: Nicht vom Tod soll die Rede sein. Zum Abschied: Trauer. Texte ausgewählt von Bernd Hüsers. Hrsg. Diözese Linz, Pastoralamt - Behelfsdienst, Kapuzinerstraße 84, A-4020 Linz.
Dank für die Mutter
Petit-Senn
Herr, ich danke dir für meine Mutter. Von ihr habe ich die erste Liebe erfahren. Sie hat mich ins Leben eingeführt und meine Kindheit behütet. Sie hat mir ihre Zeit und Kraft geschenkt. So ist ihre Liebe immer größer geworden. Sie hat für mich gelebt und gearbeitet. Sie hat mich leben und lieben gelehrt. Zu ihr konnte ich immer kommen. Bei ihr habe ich Trost gefunden, sie wusste mir immer Rat und Hilfe. Mit ihr konnte ich Freud und Leid teilen. Sie hat mit mir gelitten und getragen. Sie war mir der liebste Mensch. Nun hat sie ihre Bestimmung erreicht. Nichts ist verloren von ihrer Liebe. Sie liebt mich jetzt noch mehr. Auch meine Liebe zu ihr ist gewachsen. Herr, ich danke dir für meine Mutter und für alles Gute, das du ihr getan hast. Für alles Schöne, das sie erleben durfte, für alles Wertvolle, das sie geschaffen hat, für alles Liebe, das sie gesagt hat, für alles Ernste, das sie durchlitten hat, für alles Schwere, das sie getragen hat. So ist sie meine Mutter gewesen. Ich danke dir, dass ich diese Mutter hatte.
Der Tod einer Mutter ist der erste Kummer, den man ohne sie beweint.
Ruth Rau in: Beten mit Trauernden. Totenwachen und Gedenkgottesdienste. Hrsg. Erwin Löschberger, Bischöfliches Pastoralamt der Diözese Graz-Seckau, Bischofsplatz 4, A-8010 Graz.
Manche Menschen erleben den Tod nächster Menschen als Schock, vor allem wenn er überraschend kommt. Aber auch dann, wenn man nach längerer Krankheit sich auf den Tod einstellen kann, ist der Tod für die Hinterbliebenen eine Erschütterung. Manche haben das Gefühl, als würde der Blitz in sie fahren und sie entzweispalten. So sprechen Eheleute vom Tod ihrer Partner. So erlebte ich den Aufschrei meines Vaters, einen Urschrei, der mir durch Mark und Bein ging, als ich ihm mitteilen musste, dass meine Mutter, seine Frau, mit der er einunddreißig Jahre verheiratet war, gestorben war. Danach stürzte er aus dem Haus, lief durch den Garten, bis er sich einigermaßen gefangen hatte.
Wenn ein naher Mensch stirbt, berührt der Tod uns unmittelbar. Wir fühlen Schauer über der Haut, empfinden Todesgeschmack auf der Zunge, der sich über alles legt, was zu uns gehört. Manche sagen, es wäre, als würde der Boden unter ihnen brechen, als bliebe die Zeit stehen, als wanke die Erde. Eine Erstarrung aller Gefühle, die keine Träne zulässt, die sich lange nicht auflöst, kommt über manche. Andere werden hilflos, nicht nur sich selbst und ihrem Schmerz, sondern auch dem praktischen Leben gegenüber. Trauer ist eine Wunde, eine Verletzung, ein Leiden. Sie braucht Zeit zum Heilwerden. Sie hinterläßt Narben, die immer wieder schmerzen.
Aus Theresia Hauser, Zeit inneren Wachstums. Die späten Jahre. Kösel Verlag, München 1997.
Der Tod des Menschen
Karl Rahner
Das Geheimnis des Todes wird nur verzerrt, wenn es in einer Perspektive mit dem Enden des Tieres gesehen und als ein biologisches Vorkommnis aufgefaßt wird, das gewissermaßen nur hinterdrein insofern noch mit dem Menschen als solchem zu tun hat, als eben dieser biologisch Endende ein Mensch ist, der noch ein wenig mehr ist als ein bloßes materielles Lebewesen. Man sieht am eigentlichen Wesen des Todes als eines totalen und total menschlichen Geschehens vorbei, wenn man ihn nur traditionell definiert als Trennung von Leib und Seele, weil man ihn dann von einer Folge statt von seinem Wesen her sieht und in diese Worte von der Trennung von Leib und Seele künstlich und nachträglich hineintragen muß, was erst die Eigentümlichkeit des gerade menschlichen Todes ausmacht: die personale Endgültigkeit des Endes, das Ganzmenschliche, die unauflösliche Einheit von Tat und Leiden im Tod, die Verhülltheit des im Tod sich vollendet auszeugenden Ergebnisses eines Lebens, die Geburt der Ewigkeit, die sich nicht als Weiterdauer hinter der irdischen Zeit anschließt, sondern als Frucht der Endgültigkeit der Freiheit und der absoluten Entscheidung aus der Zeit selbst herauswächst, insofern diese eine eigentlich menschliche Zeit war.
Von solchen und ähnlichen Bestimmungen des menschlichen Todes, die hier nicht systematisch in ihrem inneren Zusammenhang entwickelt werden können, sei eine herausgegriffen: die Freiwilligkeit des Todes überhaupt. Der Tod ist eine Tat. Gewiß ist er das äußerste Erleiden, das Geschehnis, in dem das Dunkle und Unverfügbare unentrinnbar über den Menschen verfügt, ihm ihn selbst nimmt und zwar ganz bis in die letzte Tiefe seines Daseins. Aber dennoch ist der Tod zugleich eine, nein die Tat. Die Tat einer Freiheit. Der Mensch mag im Augenblick seines Ablebens bewußtlos sein. Er mag vom Tod überrascht werden, wenn wir unter diesem Wort jenen Augenblick am Ende nennen, in dem der Tod, den wir das ganze Leben hindurch auf diesen letzten Augenblick hin sterben, manifest wird. Aber eben weil wir den Tod im Leben sterben, weil wir dauernd lassen, dauernd Abschied nehmen, dauernd durchschauen auf das Ende hin, dauernd enttäuscht werden, dauernd durch Wirklichkeiten hindurch in ihre Nichtigkeit hindurchbrechen, dauernd durch die tatsächlichen Entscheidungen und das wirklich Gelebte die Möglichkeit des freien Lebens einengen, bis wir das Leben in die Enge des Todes getrieben und verbraucht haben, weil wir immer das Bodenlose erfahren, immer über das Angebbare hinausgreifen ins Unverfügbare, ins Unbegreifliche, und weil wir überhaupt nur so eigentlich menschlich existieren, darum sterben wir durch das ganze Leben hindurch und ist das, was wir Tod nennen, eigentlich das Ende des Todes, der Tod des Todes, bei dem nur von uns aus offenbleibt, ob dieser Tod des Todes der zweite Tod oder die Tötung des Todes und der Sieg des Lebens ist. Und weil der Tod im ganzen Leben des Menschen, biologisch und existentiell dauernd anwesend ist, darum ist der Tod auch die Tat der Freiheit des Menschen. Dabei ist aber zu sagen: der Mensch muß den Tod in Freiheit sterben, er kann diesen ihm als das Werk seiner Freiheit auf erlegten Tod gar nicht vermeiden. Wie er ihn aber stirbt, wie er ihn versteht, das ist die Entscheidung seiner Freiheit, hier trägt er nicht das Auferlegte, sondern das Ausgewählte. Das will sagen: in der Tat des sterbenden Daseins ist der Mensch in der Notwendigkeit, sich frei zum Tod zu verhalten. Er ist aber gefragt, wie er dies tun wolle. Unentrinnbar sieht das Dasein, wo es überhaupt die Augen des Geistes aufschlägt, das Ende, sieht dieses Ende durch das ganze Leben, vielleicht blaß und unausdrücklich, sieht vielleicht absichtlich darüber hinweg, „übersieht" so (aber sieht gerade so auch). Und indem es dieses Dasein auf das Ende hin in Freiheit übernimmt, nimmt es den Lauf auf das Ende hin in Freiheit auf sich. Aber die Frage ist diese: Wie versteht der Mensch dieses Ende, auf das er in Freiheit zugeht, weil er gar nicht anders kann, als in Freiheit die Bahn seines Lebens zu laufen? Läuft er unter einem Protest oder liebend und vertrauend? Geht er auf das Ende als Verendung oder als Vollendung zu? Meist wird er über den Tod hinsichtlich dieser Frage keine theoretischen Sätze aufstellen, aber er wird eine freie Überzeugung in der Tat des Lebens und in den Taten des Alltags leben und schweigend vollziehen, selbst wenn er gar nicht ausdrücklich weiß, daß er im Leben seinen Tod interpretiert.
Aus: Karl Rahner Lesebauch, herausgegeben von Karl kardinal Lehmann und Albert Raffelt. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2004 (1982).
Unsterblichkeit
Eugen Roth
Ein Mensch schaut in der Straßenbahn Der Reihe nach die Leute an: Jäh ist er zum Verzicht bereit Auf jede Art Unsterblichkeit.
Aus: Eugen Roth für Lebenskünstler. Heitere Verse mit farbigen Illustrationen von Hans Traxler. Carl Hanser Verlag 1995.
Hoffnung
Lothar Zenetti
Nein ich bin meiner Sache nicht sicher was das Ende betrifft das Sterben das Grab das Vergehn und den unaufhaltsamen Tod der mich aufzehren wird und austilgt für immer daran ist kein Zweifel
Und doch bin ich manchmal nicht sicher und zweifle am Augenschein und denke nach ob nicht doch etwas bleibt von dem was ich war ob nicht doch im grauen Geröll in dem Staub in dem Tod eine Spur sich unvergessen erhält ob nicht doch einer ist der mich ruft mit Namen vielleicht der mir sagt dass ich bin dass ich sein soll für immer und leben werde mit ihm
Nein ich bin meiner Sache nicht sicher was das Ende betrifft und den Tod gegen den Augenschein hoff ich auf Ihn
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2011.
Gebet
Michael Meyer
Aus der Tiefe, Herr, rufen wir, aus der Tiefe unserer verrinnenden Zeit. Freude ist uns widerfahren, und Freude wurde zerstört. Wir sind dem Leben in seiner herrlichen Fülle begegnet und der Angst vor dem Tod. Wir haben deine Güte erfahren und wir haben dich vergeblich gesucht. Wir haben gehört von deiner künftigen Welt und wir fürchten das, was auf uns zukommt noch immer. Wir sind müde geworden. Wecke uns auf und komm du, Gott. Wehre dem zu kommen, was uns zerstört. Halte die Bosheit fern und die Furcht und den bösen Tod. Komm du, Gott, und bring Frieden mit, Leben ohne die Enge der Schuld. Laß den Tag anbrechen, der ohne Abend ist.
Aus Michael Meyer, Nachdenkliche Gebete im Gottesdienst. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1988.
Der Tod des Obdachlosen aus dem Nobel-Viertel
Joop Roeland
Mitten im Berliner Villenviertel Dahlem lebte Jürgen auf der Straße. Er war kein einfacher Mann. Oft gab es Streit. Aber die Menschen mochten ihn. Ein Geschichte über Nächstenliebe und Freundschaft.
Herr, wir können den Tod nicht verstehen. Es ist so schwer einfühlbar, dass das Leben plötzlich abbricht, seine Bewegung unvermittelt ausläuft; dass unser Herz aufhört zu wünschen, zu hoffen, zu lieben. Wir stehen betroffen, hilflos da, wenn ein Mensch stirbt. Ohnmächtig, ohne zu begreifen, dass alles, was an ihm lebt, plötzlich erstarrt, und nichts an ihm mehr Antwort geben kann. Du, Herr, hast einmal toten Menschen die Hand gegeben, bist ihnen begegnet, und ihr Leben ist nochmals aufgebrochen; Dein Leben hatte ihren Tod umschlossen. Du selbst hast Dich sterbend dem lebendigen Gott in die Hand gegeben. Dein Schrei am Kreuz war ein Ruf nach dem Leben.
Josef Osterwalder in: Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Herausgegeben von Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill. Hohe Verlag, Erfstadt 2007 (2003).
Bitte um Vollendung der Verstorbenen
Kyrillosliturgie
Die Seelen aller Entschlafenen, Herr, deren wir gedacht und deren wir nicht gedacht haben, lasse ruhen im Schoß unserer heiligen Väter Abraham und Isaak und Jakob. Ernähre sie an einem Ort de Grüns über einem Wasser der Ruhe, im Paradies des Wohllebens, am Ort, aus dem Herzeleid und Trauer und Seufzen geflohen sind, in dem Licht deiner Heiligen. Erwecke aber auch ihren Leib an dem Tage, den du nach deinen wahrhaftigen Verheißungen bestimmt hast. Schenke ihnen deine guten Verheißungen, welche kein Auge gesehen und kein Ohr gehört haben und welche nicht in das Herz der Menschen gedrungen sind, welche du denen bereitet hast, die deinen heiligen Namen lieben. Denn keinen Tod gibt es für deine Diener, sondern es ist ein Hinübergehen (in eine andere Welt). Wenn sie aber gefehlt haben oder vergesslich waren in einer Sache als Menschen, die Fleisch tragen und in der Welt leben, geruhe du als guter und Menschen liebender Gott, ihnen zu vergeben. Denn niemand ist rein von Sünde, auch wenn sein Leben nur einen Tag auf dieser Erde währt. Uns aber, Herr, gewähre ein Ende in vollendetem und dir wohlgefälligem christlichem Leben!
Kyrillosliturgie in: Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Herausgegeben von Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill. Hohe Verlag, Erfstadt 2007 (2003).
Trauer
Christa Mathies
Gott, heilige Weisheit, Du kennst unsern Schmerz. Du siehst unsere Tränen, auch die ungeweinten. Du tröstest uns, wie eine Mutter tröstet, versöhnst uns mit Verletzungen und Schuld.
Gott, wir bitten Dich: Nimm unsere Toten, um die wir trauern, in Deinen mütterlichen Schoß. Verwandle Trauer in Freude, Tod in Leben, Dunkelheit in Licht! Amen.
Christa Mathies in: Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Herausgegeben von Benedikta Hintersberger OP, Andrea Kett, Hildegard Keul, Aurelia Spendel OP, Schwabenverlag /Klens Verlag, Ostfildern 2010.
Ostersegen
Ellen Ullrich / Hildegund Keul
Gott des Lebens! Den Stein des Todes, den Stein, der uns im Weg lag, den Stein, der uns vom Leben trennte -
Du hast ihn weggerückt in jener Nacht. Der Weg zum Leben ist frei.
Das Licht des Lebens vor Augen, das Licht der Auferstehung im Sinn, das Licht von Ostern im Herzen, bitten wir Dich:
Segne uns, o Gott, Stirn, Mund und Hände, damit wir Dein Wirken begreifen, Deine Botschaft der Auferstehung verkünden und Deine Werke der Gerechtigkeit verrichten auf Erden.
Ellen Ullrich/Hildegund Keul nach Mk 16,1-8 in: Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Herausgegeben von Benedikta Hintersberger OP, Andrea Kett, Hildegard Keul, Aurelia Spendel OP, Schwabenverlag /Klens Verlag, Ostfildern 2010.
An den Engel
Werner Bergengruen
Wenn mich alle Liebe läßt, Engel, halte du mich fest.
Vorersehn und beigesendet, eh die Mutter mich empfing, nun der Letzte von mir ging, Engel, eh dein Amt sich endet,
Worte gib, dich zu beschwören, Worte, daß dir nichts verbleibt als den Rufer zu erhören, den der Strom ins Dunkel treibt.
Bruder Engel, jede Nacht, eh mich noch Dämonen fingen, haben, Hüter, deine Schwingen Morgenröten angefacht.
Hast mich nie allein gelassen, hast mir Blick und Hand geführt in Entzückung und Gefahr.
Immer hab ich dich gespürt, auch wo, deine Hand zu fassen, meine Hand zu kraftlos war.
Hast mich brüderlich getragen quer durch rotes Höllenland, hast an schroffer Felsenwand Stufen mir herausgeschlagen, Strick und Kugeln abgewehrt, Mauern meinem Gang gespalten, und wie oft ich dich beschwert, immer mir die Treu gehalten, unbedankt und ungegrüßt. Engel, sei du mein Geleit, alle Straßen dämmern wüst. Engel, reiß mich aus der Zeit.
Engel, führ mich, wie es sei, einmal noch. Dann bist du frei.
Nimm von meiner Brust den Stein. Laß mich, Engel, nicht allein.
Werner Bergengruen in: Himmlische Boten. Gedichte und Geschichten von Engeln. Herausgegeben von Andrea Wüstner. Reclam Verlag Stuttgart 2010 (2005).
Lied von Tod und Leben
Lothar Zenetti
Wir sind mitten im Leben zum Sterben bestimmt was da steht, das wird fallen der Herr gibt und nimmt
Wir gehören für immer dem Herrn, der uns liebt was soll uns auch geschehen er nimmt und er gibt
Wir sind mitten im Sterben zum Leben bestimmt was da fällt, soll erstehen er gibt, wenn er nimmt
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG. Ostfildern 2011.
Lied zur Beerdigung
Lothar Zenetti
Weder Tod noch Leben trennen uns von Gottes Liebe, die in Jesus Christus ist
Wenn ich gestorben bin und verloren wird man mich senken in deine Erde
Wenn ich verloren bin und verlassen wirst du mich halten in deinen Händen
Weder Tod noch Leben trennen uns von Gottes Liebe, die in Jesus Christus ist
Wenn ich verlassen bin und vergessen wirst du mich nennen bei meinem Namen
Wenn ich vergessen bin und vergangen wirst du mich bergen in deiner Treue
Weder Tod noch Leben trennen uns von Gottes Liebe, die in Jesus Christus ist
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG. Ostfildern 2011.
Nach dem Tod meines Freundes
Martin Gutl
Es ist schön, daß ich dir begegnen durfte. Du hast mein Leben entscheidend geprägt. Durch dich habe ich erfahren, wie ein Mensch seine Angst überwindet. Du bist in deine letzten Tage hineingegangen, sehr betroffen, ergriffen, aber nicht verzweifelt. Du hast den Mut gehabt, offen über deinen Abschied zu reden. Du hast dich mit allen ausgesöhnt. Du bist bewußt von uns gegangen.
Ich sehe noch deine durchdringenden Blicke. Ich spüre die Übernatur, das Ewige in dir! Du bist in frühen Jahren ein vollendeter Mensch geworden. Wir danken dir, daß wir dich ein Stück des Weges begleiten durften. Jetzt bist du uns vorausgegangen. Deine neue Gestalt ist uns nicht faßbar. Und doch spüren wir, du bist uns nähergekommen: als Licht, als Kraft, als Trost, als Friede!
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG. Ostfildern 2011.
Todesbilder
Franz Kamphaus
Der Tod hat viele Gesichter, sagen wir. Das ist wahr. Gibt es Bilder, die wahrhaftiger als andere erkennen lassen, was der Tod bedeutet? Was verrät die Art des Sterbens über das Leben?
Kontrasterfahrungen
Von der Unsterblichkeit der Seele überzeugt, lehrt Platon, die Weisheit des Lebens liege in der Einübung des Sterbens. In Sokrates sieht er diese Kunst beispielhaft verwirklicht. Der trinkt gelassen den verhängten Schierlingsbecher und erkundigt sich nach der Wirkung des Giftes. Er ermuntert seine Freunde zur Heiterkeit. -Das Bild des sterbenden Buddha: liegend, den Kopf auf einen Arm gestützt, milde lächelnd, ganz entspannt. Lehrend verabschiedet er sich von seinen Jüngern. Beeindruckende Bilder vom Sterben, vom Sterben in Würde, fast idyllisch.
Ganz anders die Passion, die wir soeben gehört haben. Sie zeigt Jesus im Ölgarten am Abend vor seiner Hinrichtung. Auch er ist in Begleitung von Jüngern, aber die schlafen. Er ahnt, was ihm bevorsteht - nichts Gutes. Er kämpft mit Gott, mit sich, er wehrt sich mit allen Kräften gegen das, was er auf sich zukommen sieht. Todesangst schüttelt ihn. Er schwitzt Blut. Er entscheidet sich, nicht vor den heranziehenden Häschern zu fliehen. Die Entscheidung führt in ein qualvolles Sterben, in den schmählichen Kreuzestod.
Der Sieger mit der Dornenkrone
Das Zeichen unseres Glaubens ist nicht der Held mit dem Lorbeerkranz, sondern der gekreuzigte Gottessohn mit der Dornenkrone. Matthias Grünewald hat ihn auf dem Isenheimer Altar dargestellt. Ein Bild des Grauens, ein Bündel gemarterten Fleisches. Der Leichnam Jesu auf dem Grablegungsbild unterhalb des Kreuzes zeigt schon erste Spuren der Verwesung. Nichts von gelassene Heiterkeit, man spürt ganz brutal den Schrecken des Todes.
Jesus ist nicht der strahlende Sieger, der unberührt über den Leiden der Menschen und unangefochten über seinem eigenen Schicksal steht. Er geht die dunklen Wege der Ohnmacht und Niederlagen. Er verzichtet im Ölgarten auf das Schwert und auf die Engel-Legionen. Er geht freiwillig in ein Gerichtsverfahren, das ihm keine Chance lässt. Er lässt sich lieber niederschlagen und aufs Kreuz legen, als dass er zurückschlägt.
Die Leute sagen: Wenn du der Sohn Gottes bist, dann zeig, was du kannst. Steig herab vom Kreuz. Einem Gottessohn kann doch nichts passieren. - Welch ein Irrtum! Diesem Sohn Gottes passiert fast alles, was einem Menschen passieren kann.
Die Macht des Ohnmächtigen
Ist das Schwäche? Von außen betrachtet mag das so scheinen, in Wahrheit liegt da Gottes Stärke und verwandelnde Kraft. Sie bewegt etwas, sie verändert die Verhältnisse von Grund auf. Die Stärke, die sich die Starken gegenseitig zuschieben oder sich streitig machen, erhält den Status quo: hier Mächtige, dort Ohnmächtige. Jesus dagegen lässt uns Gott in der Ohnmacht entdecken. Seine verwandelnde Macht umfängt nicht nur die Starken, sondern auch und gerade die Schwachen.
Es ist und bleibt für uns anstößig: Gerettet und erlöst sind wir nicht durch die Macht der Mächtigen, sondern durch die Teilnahme Gottes an unserer Ohnmacht, durch sein Mitleiden und seine Treue bis in den Tod. Damit wird die Ohnmacht nicht verherrlicht. Das Leid hat nicht aus sich heraus erlösende Kraft. Gerettet sind wir durch die Liebe, die bis zum Letzten geht. Das ist wie eine Erlösung. Das ist Erlösung.
Aus: Franz Kamphaus, Gott beim Wort nehmen. Zeitansagen. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2006.
Wie Menschen leben
Joop Roeland
Am Ende der Schöpfung, so heißt es im ersten biblischen Schöpfungsbericht, erscheint der Mensch. In zweifacher Gestalt wird er erschaffen, als Mann und als Frau. Als Bild Gottes erschaffen. Oder wie es der zweite Schöpfungsbericht ausdrückt: Von der Erde genommen, aber in ihm ist der Lebensatem Gottes. Auch die Naturwissenschaft sieht den Menschen erst am Ende einer langen Vorgeschichte unserer Erde erscheinen. Erst im letzten Augenblick dieser Geschichte ist er da. Wir sind noch kaum geboren. Aber er ist da, leise ins Leben gerufen, als Mann und Frau gerufen: der Mensch. Was wird aus ihm werden?
Ein langes Abenteuer fängt an. Viel wird er entdecken: Feuer, Sprache, auch die Sprache des Betens. Lernen wird er, Stätten des Wohnens zu schaffen und die Toten in Ehrfurcht und nicht ohne Hoffnung zu begraben. Aber auch in Böses wird er sich verstricken, ziemlich von Anfang an, sagt uns die Heilige Schrift. Der Mensch wird Waffen gegen den Menschen erfinden. Sprache wird auch Lüge werden. Statt Beten wird auch Auflehnung und Fluch sein, er wird auch oft die Sprache des Betens vergessen. Was wird aus dem Menschen werden? Berühmte Namen wird er tragen, Namen, die heute noch genannt werden, weil sie Friede, Schönheit und Heiligkeit in die Welt gebracht haben. Aber auch Namen, die man heute nur noch mit Abscheu nennt. Die meisten Namen aber sind vergessen. Namen von ganz gewöhnlichen Menschen, die so wie wir waren. Sie haben gelebt, waren glücklich, haben gelitten. Sie haben Familien gegründet, Häuser gebaut, gearbeitet, das Brot gebacken, den Wein geteilt. Kinder wurden geboren, wurden groß und so ging es weiter.
Gutes, aber auch Böses war in ihnen, sie waren ganz gewöhnliche Leute. So haben sie gelebt, so sind sie gestorben - ohne berühmte Namen. Dennoch blieb ihr Name lange Zeit bei ihren Kindern und Freunden eine sanfte, lange Erinnerung. Ganz gewöhnliche Leute, die ein wenig glücklich sein wollten. Oft aber waren sie Opfer: von Seuchen und Naturkatastrophen, von Kriegen, die sie nicht wollten. Ausgebeutet wurden sie, vieles haben sie erleiden müssen. Dabei wollten sie nichts anderes, als ein wenig glücklich sein.
Aus: Joop Roeland, an orten gewesen sein. Texte zum Weitergehen. Otto Müller Verlag Salzburg und Verlag Die Quelle Feldkirch 1999.
Chor der Toten
Conrad Ferdinand Meyer
Wir Toten, wir Toten sind größere Heere Als ihr auf der Erde, als ihr auf dem Meere! Wir pflügten das Feld mit geduldigen Taten, Ihr schwinget die Sicheln und schneidet die Saaten, Und was wir vollendet und was wir begonnen, Das füllt noch dort oben die rauschenden Bronnen, Und all unser Lieben und Hassen und Hadern, Das klopft noch dort oben in sterblichen Adern, Und was wir an gültigen Sätzen gefunden, Dran bleibt aller irdische Wandel gebunden, Und unsere Töne, Gebilde, Gedichte Erkämpfen den Lorbeer im strahlenden Lichte, Wir suchen noch immer die menschlichen Ziele - Drum ehret und opfert! Denn unser sind viele!
Aus: Conrad Ferdinand Meyer, Gedichte. Ausgewählt von Rüdiger Görner. Insel Taschenbuch, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1998.
Abgesang
Marie Luise Kaschnitz
Fährfrau mit dem runden Hut Hast du ihn gesehen? Ja, sagt die Fährfrau.
Hirte mit dem toten Lamm Hast du ihn gesehen? Ja, sagte der Hirte.
Bergmann mit dem weißen Licht Hast du ihn gesehen? Ja, sagt der Bergmann.
Welchen Weges ging er, Fährfrau? Übers Wasser trocknen Fußes.
Welchen Weges ging er, Hirte? Berghinüber leichten Atems.
Welchen Weges ging er, Bergmann? In der Erde lag er still.
Was stand auf seinem Gesicht geschrieben? Frieden, sagten alle. Frieden.
Aus: Marie Luise Kaschnitz. Gedichte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1975.
Curriculum vitae
Hans Magnus Enzensberger
Als er auftauchte aus seiner dunklen Schachtel, war er nichts Besonderes. Straffe Haut, unschuldiger Geruch, einer von Tausenden.
Ungern lernte er laufen, knickte ein, paßte nicht, paßte nicht auf. Mit der Zeit gab er nach, wurde weich, hütete seine Zunge.
In den Nächten stand er herum, schlaflos, tagsüber aber schleppte er sich von Ort zu Ort. Er litt, wurde schmutzig und naß auf seiner langen Wallfahrt.
Schweiß, Strapazen, Intimitäten - ein Individuum, unverkennbar und lieb. Nur daß die Runzeln immer tiefer gingen, Flecken erschienen auf seiner Haut, nur,
daß er nicht mehr ganz dicht war, aus allen Nähten platzte. Also landete er, dort, wo wir alle landen, in einer dunklen Schachtel.
Übrig blieb nur die Seele, falls der Schuh eine hatte, unsichtbar und zu nichts zu gebrauchen.
Aus: Hans Magnus Enzensberger, Gedichte 1950-2005. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006.
Wo sind die Toten?
Egon Kapellari
Gegen Ende eines Jahres, das für viele von uns eine "reißende", ungemein fließende Zeit gewesen ist, von manchen mit Mühsal Beladenen aber als "bleierne" Zeit erlebt wurde - gegen Ende dieses Jahres also begehen wir wieder den Allerseelentag. Für katholische Christen und für viele andere Zeitgenossen ist es ein Tag gemeinsamer Zuwendung zu den Toten.
6 Milliarden Menschen leben heute auf dem Planeten Erde. Ungemein viel mehr haben ihr Leben auf diesem schönen Stern schon beendet. "Wir Toten sind das größere Heer", ruft in einer griechischen Tragödie der Chor der Toten den Lebenden zu.
Wir Lebenden sind gemeinsam und jeder einzeln Erbe dieser Toten. Wir stehen - bildhaft ausgedrückt - auf ihren Schultern. Wenn wir uns an Traditionen binden, dann geben wir diesen Toten ein Recht zur Mitsprache in unserem Leben. "Tradition ist Demokratie für die Toten", hat der geistreiche englische Katholik Gilbert Keith Chesterton vor Jahrzehnten gesagt.
Aus dem großen Heer namenloser oder benannter Toter treten jedem von uns einige unverwechselbar entgegen: Verwandte, Freunde, Tote auch, die uns - obwohl nicht biografisch verbunden - durch ihr spirituelles Vorbild oder ihr kulturell-schöpferisches Ingenium unvergesslich sind.
Viele Priester pflegen beim Totengedenken im Hochgebet der heiligen Messe innezuhalten und still ihrer persönlichen Freunde zu gedenken. Im Roman "Keiner kommt zu kurz", den der schottische Konvertit Bruce Marshall verfasst hat, wird erzählt, dass die Hauptgestalt, der bescheidene und alt gewordene Priester Abbe Gaston bei der Messe nun immer länger brauchte, um still die Namen seiner Toten aufzuzählen. So viele, zu viele waren es, die im Tod schon von ihm fortgehen mussten, vielleicht auch fortgehen durften.
Wo sind die Toten? - fragen Menschen nicht nur am Allerheiligen- und Allerseelentag. Sind sie nur in den Gräbern und im sie segnenden oder verurteilenden Gedächtnis der Nachwelt? Der christliche Glaube sagt, dass die Menschen in ihrer Essenz unsterblich sind: er glaubt nicht, wie manche religiöse Gemeinschaften, die sich von der Kirche getrennt haben, dass die Bösen einfach vernichtet, "vernichtst" werden; sondern dass alle im Gedächtnis Gottes aufgehoben sind, was ihnen eine Wirklichkeit gibt, die wirklicher ist als unsere handgreiflich erfahrbare Welt.
Unverlierbare Heimat, ewiges Aufgehobensein bei Gott nennen wir Himmel. Definitive Heimatlosigkeit fern von Gott nennen wir Hölle. Es ist dem Christen verwehrt, zu behaupten, dass die Hölle leer sei. Es ist ihm aber nicht verwehrt, zu hoffen, dass Gott sich durch Läuterungen hindurch auch menschlicher Ungeheuer schließlich erbarmen kann. Das irdische Leben, die Zeit der Pilgerschaft, vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen Himmel und Hölle, und es ist auf Reife durch immer größere Annäherung an das göttliche Licht angelegt.
Wer nur glauben kann, dass die Existenz eines Menschen als Individuum nach 70 oder 100 Jahren definitiv erlischt, der wird zwischen tragischem Heroismus und egoistischem Hedonismus eingespannt seinen Weg gehen. Er wird die großen Toten ehren oder verdrängen, weil ihr Bild ihm unbequem ist.
Wer aber glauben kann, dass die Toten nicht tot sind, der wird für die unvollendeten Toten beten, und er wird die bei Gott vollendeten Toten bitten können, für ihn bei Gott helfend da zu sein, so wie sie zu Lebzeiten für ihn oder andere Menschen da gewesen sind.
Der Allerseelentag ist für viele auch ein Anlass, mehr als sonst an den eigenen Tod zu denken: "Certus an, incertus quando" haben die antiken Römer in lateinischer Prägnanz von ihm gesagt. Viele verdrängen ihren Tod, manche fürchten ihn, manche ersehnen ihn auch. Ein Arzt, Vorstand einer Universitätsklinik, hat mir erzählt, dass der Theologe Karl Rahner schon Monate vor seinem letzten Aufenthalt in dieser Klinik auf die Frage, was er denn jetzt an Theologie erarbeite, bündig geantwortet habe: "Ich bereite mich auf meinen Tod vor."
Etwas davon sollten auch wir jetzt schon tun: immer wieder beten um die Gnade eines guten Lebens, das einem guten Tod entgegenreifen kann. Mindestens in jedem Ave-Maria-Gebet bitten wir um einen solchen Tod mit den Worten: Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.
Aus: Egon Kapellari, Menschenzeit in Gotteszeit. Wege durch das Kirchenjahr. Styria Verlag, Graz Wien Köln 2002.
Psalm Zweiundzwanzig
Frank Greubel
Mein Gott, Tag und Nacht rufe ich dich, doch ich höre keine Antwort. Warum fühle ich mich so verlassen? Warum spüre ich nicht deine Nähe, wo ich so einsam bin? Doch du bist heilig du wirst mich heil machen. Darauf vertraue ich. Mein Mund ist trocken und ich finde keine Worte mehr. Stumm bleibt mein Rufen und ungehört mein Klagen. Rette mich, Herr und verachte mich nicht. Doch! Ich preise deine Treue, Herr, denn du verlässt mich nicht. Mein Herz lebt auf in dir und meine Seele lebt weiter für immer.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Wir suchen Hoffnung
Bernd Donath
Wir sterben Tode, Tag für Tag, verspüren Ängste, Nach für Nacht. Wir wollen leben, wollen frei sein: Herr erbarme dich
Wir suchen Hoffnung, Tag für Tag, ersehnen Frieden, Nacht für Nacht. Wir wollen hoffen, wollen atmen: Christ, erbarme dich.
Wir brauchen Liebe, Tag für Tag, erbitten Hilfe, Nacht für Nacht. Wir wollen lieben, wollen gehen: Herr, erbarme dich.
Donath, Bernd; Beten durch die Schallmauer; Neuss, KJG Verlagsgesellschaft mbH., 1997.
Weiterleben
Frank Greubel
Verstorben. Gerade noch im Leben. Den Hauch des Atems eingezogen und zum letzten Mal wieder losgelassen.
Gestorben. Aus und vorbei. Jetzt schon in der anderen Welt. Das Leben einfach zurückgelassen.
Abgestorben. Der Körper vergangen. Doch so vieles bleibt - wird niemals vergessen.
Weiterleben. Durch Tod und Auferstehung. Bei Gott und den seinen. Für immer und ewig.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Auf wiedersehen
Frank Greubel
Wie schwer fällt mir dieses Auf Widersehen, weil ich nicht weiß, ob es eines geben wird.
Muss ich an Erinnerungen festhalten, um nicht zu vergessen? Oder kann ich getrost den neuen Tag leben, weil ich weiß, dass es ein Wiedersehen geben wird?
Ich muss loslassen und zurücklassen, darf nicht festhalten an dem, was hinter mir liegt.
Ich kann mich neu einlassen auf das, was da kommen wird, was das Leben noch für mich bereit hält?
Ich muss mich dankbaren Herzens von Vielerlei verabschieden, um freudigen Herzens Neues begrüßen zu können.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Komm nun
Dietrich Bonhoeffer
Komm nun, höchstes Fest auf dem Weg zur ewigen Freiheit, Tod, leg nieder beschwerliche Ketten und Mauern unseres vergänglichen Leibes und unserer verblendeten Seelen, dass wir endlich erblicken, was hier uns nicht vergönnt ist zu sehen. Freiheit, dich suchten wir lange in Zucht und Tat und Leiden. Sterbend erkennen wir nun im Angesicht Gottes dich selbst.
Bonhoeffer, Dietrich; in: zum Beispiel du, Gebete für junge Menschen, Hg. Gudio Erbrich; Leipzig, St. Benno-Verlag, 2002.
Am Boden
Frank Greubel
Herr, du treusorgender Gott, du hältst zu mir. Du bleibst mir treu, wenn ich am Boden liege, du stehst zu mir, wenn ich schwach bin, du wendet dich nicht ab, wenn ich von dir und der Welt nichts mehr wissen will.
Du stärkst führst und begleitest mich, in hellen und ganz besonders in dunklen Stunden meines Lebens und am allermeisten dann, wenn alles ausweglos erscheint. Sei du mein Ausweg, Herr. Amen.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Neue Horizonte
Frank Greubel
Herr, schenke mir Stille, wenn ich nichts mehr hören und sehen will und Freunde, die mir zuhören, wenn ich reden, nur noch reden will.
Herr, schenke mir Horizonte, wenn die Trauer mir den Blick verstellt und einen weichen tröstenden Boden, wenn ich mich vor lauter Schmerz nicht mehr auf den Beinen halten kann.
Herr, schenke mir Sehnsucht, nach dem Leben nach der Trauer und eine stetig wachsende Hoffnung auf ein Wiedersehen bei dir. Amen.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Trost
Frank Greubel
Trost ist ein gesprochenes Wort und ein stilles Schweigen, eine zarte Umarmung und eine gehaltene Hand.
Trost ist ein leises Lied und gute Gedanken, eine warme Berührung und ein mitfühlendes Herz.
Trost ist ein Stück gemeinsamer Weg und ein freundlicher Mensch, ein aufmerksamer Zuhörer und ein Gespräch mit Gott.
Greubel, Frank; In dieser Zeit Gebet; Würzburg, Vinzenz Druckerei.
Ich werde nicht sterben
Martin Gutl
Ich werde nicht sterben, nicht wie ein Bach in der Wüste versickern.
Ich werde die Grenzen durchbrechen, ich werde ein neues Ufer erreichen.
Ich werde neu denken und fühlen. Mit neuem Leib, mit neuer Seele. Im neuen Himmel, auf neuer Erde. Oben und unten, arm und reich, stark und schwach, Heimat und Fremde, Tage und Nächte, Lust und Schmerz werden verblassen.
Ich wird nichts wollen, ich werde nur sein.
Ich werde mir, ich werde Dir nah sein wie nie zuvor.
Ich werde mich wie ein Wassertropfen mit dem Meer verbinden.
Gutl, Martin; Loblied vor der Klagemauer; Graz, Wien, Köln, Styria, 1978.
Vor den Gräbern
Martin Gutl
Wir waten vor den Gräbern. Wir tasten mit den Blicken die Steine und Hügel ab. Wir stehen unschlüssig da, bis eine Windhauch die Blumen bewegt. Bis ein Wort auf der Tiefe uns trifft, bis der Boden unter uns fest wird, bis wir jedes Fortgehen als Heimgehen erkennen und spüren.
Gutl, Martin; Loblied vor der Klagemauer; Graz, Wien, Köln, Styria, 1978.
Der Mönch und das Vögelchen
Bechsteins Märchen
Das Lied von der Ewigkeit
Es war in einem Kloster ein junger Mönch, des Namens Urbanus, gar fromm und fleissig, dem war der Schüssel zur Bücherei des Klosters anvertraut, und er hütete sorglich diesen Schatz, schrieb selbst manches schöne Buch und studierte viel in den anderen Büchern und in der heiligen Schrift. Da fand er auch einen Spruch des Apostels Petrus, der lautete: Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag und wie eine Nachtwache. Das dünkte dem jungen Mönche schier unmöglich, mocht und konnte es nicht glauben, und quälte sich darob mit schweren Zweifeln. Da geschah es eines Morgens, dass der Mönch herunter ging aus dem dumpfen Bücherzimmer in den hellen schönen Klostergarten, da sass ein kleines buntes Waldvögelein im Garten, das suchte Körnlein, flog auf einen Ast und sang schön wie eine Nachtigall. Es war auch dieses Vögelein gar nicht scheu, sondern liess den Mönch nahe an sich heran kommen, und er hätte es gern gehascht, doch entfloh es, von einem Ast zum andern, und der Mönche folgte ihm eine gute Weile nach, dann sang es wieder mit lauter und heller Stimme, aber es liess sich nicht fangen, obschon der junge Mönche das Vögelein aus dem Klostergarten heraus in den Wald noch eine gute Weile verfolgte.
Endlich liess er ab, und kehrte zurück nach dem Kloster, aber ein anderes dünkte ihm alles, was er sah. Alles war weiter, grösser und schöner geworden, die Gebäude, der Garten, und statt des niedern alten Klosterkirchleins stand jetzt ein stolzes Münster da, mit drei Türmen. Das dünkte dem Mönch sehr seltsam, ja zauberhaft. Und als er an das Klostertor kam und mit Zagen die Schelle zog, da trat ihm ein gänzlich unbekannter Pförtner entgegen, der wich bestürzt zurück vor ihm. Nun wandelte der Mönche über den Klosterkirchhof, auf dem waren so viele Denksteine, die er gesehen zu haben sich nicht erinnern konnte. Und als er nun zu den Brüdern trat, wichen sie alle vor ihm aus, ganz entsetzt. Nur der Abt, aber nicht sein Abt, sondern ein anderer, junger, hielt ihm Stand, streckte ihm aber auch gleich ein Kruzifix entgegen und rief: "Im Namen des Gekreuzigten; Gespenst, wer bist du? Und was suchst du, der den Höhlen der Toten entflohen, bei uns, den Lebenden?"
Da schauerte der Mönch zusammen, und wankte wie ein Greis wankt, und senkte den Blick zur Erden. Siehe, da hatte er einen langen silberweissen Bart bis über den Gürtel herab, an dem noch der Schlüsselbund hing zu den vergitterten Bücherschreinen. Den Mönchen dünkte der Mann ein wunderbarer Fremdling, und sie leiteten ihn mit scheuer Ehrfurcht zum Sessel des Abtes. Dort gab er einem jungen Mönch die Schlüssel zum Büchersaal, der schloss auf, und brachte ein Chronikbuch getragen, darin stand zu lesen, dass vor dreihundert Jahren der Mönche Urban spurlos verschwunden, niemand wisse, ob entflohen oder verunglückt. "O Waldvögelein, war das dein Lied?" fragte der Fremdling mit einem Seufzer. "Kaum drei Minuten lang folgte ich dir und horchte deinem Gesang, und drei Jahrhunderte vergingen seitdem! Du hast mir das Lied von der Ewigkeit gesungen, die ich nicht fassen konnte! Nun fasse ich sie und bete Gott an im Staube, selbst ein Staub!" Sprach's und neigte sein Haupt, und sein Leib zerfiel in ein Häuflein Asche.
Bechsteins Märchen, in: L. Bickel/D. Tausch-Flammer (Hg)., Ich möchte dich begleiten. Texte von Abschied und Hoffnung, Herder 1999, S. 180f.
Ich wünsch dir einen Engel
Gisela Zimmermann
Ich wünsch dir einen Engel, der dich tröstet, wenn du traurig bist. Der um deine Einsamkeit weiss, zu dir kommt und dich aushält. Der dich versteht und dir zuhört. Der mit dir redet, wenn es nötig ist, aber auch im richtigen Augenblick schweigen kann. Der dich in die Arme nimmt, dessen Wärme dir einfach gut tut. Der dir die Gewissheit gibt, geliebt zu sein. Der dich fühlen lässt, von Engelsflügeln umgeben zu sein - Hoffnung wächst ganz zaghaft
Gisela Zimmermann, in: Möge deine Zeit erfüllt sein von Freude. Worte die begleiten, Herder 2006, S. 65.
Wer sich auf das Abenteuer einlässt, einen Sterbenden zu begleiten...
Christa Dettwiler
Wer sich auf das Abenteuer einlässt, einen Sterbenden zu Hause zu betreuen und zu begleiten, wird mit widersprüchlichen Gefühlen konfrontiert. Ja, es macht Mühte, es ist ein Aufwand und ein tiefer Eingriff in den eigenen Alltag. Man gerät in immer wiederkehrende Gefühlsstürme, man muss sich und seine Bedürfnisse zurückstellen, man kommt an seine Grenzen und weit darüber hinaus, man wird verzweifelt, wüten, aufgeben wollen. Immer und immer wieder kommen Gefühle auf, die uns am Helfen hindern wollen. Wir werden mehr als einmal verletzt, frustriert und wütend sein und rachsüchtig Gleiches mit Gleichem vergelten wollen - und es sogar tun. Aber wir werden mit der Zeit auch merken, dass sich Grenzen auftun und das Herz sich ausdehnen kann. Wir werden in uns Stolz entdecken, Stolz auf eine bestmöglich getane Arbeit, und tiefe, innige Dankbarkeit und Freude, einem geliebten Menschen diesen Dienst erweisen zu dürfen.
Wenn wir Ja sagen können zu diesem Liebesdienst, machen wir uns für ein Stück des Weges zum Schicksalsgefährten der Sterbenden. Zu einem Begleiter, der bereit ist, was immer auch kommen mag, mit ihr durchzustehen, bis sie uns durch die Pforte des Todes vorangeht. Wohl werden wir trauern, aber weil wir Zeit und Gelegenheit hatten, Momente innigster Verbundenheit und grösstmöglicher Offenheit miteinander zu erleben, zusammen stark und schwach zu sein, haben sich vielleicht unmerklich alle Verstrickungen, alle Schuldgefühle, alle Verpflichtungen, alle Bindungen gelöst. Wir haben den Prozess des unaufhaltsamen physischen Zerfalls aus nächster Nähe miterlebt und können den geliebten Menschen schliesslich gehen lassen. Dann, wenn hoffentlich alles gesagt und alles gespürt und alles, was zu tun war, getan ist.
Wie oft bleiben Angehörige und Freunde mit Gefühlen von Schuld und Reue zurück, weil sie nicht den Mut hatten, unausgesprochene Fragen zu stellen, zu verzeihen, Versöhnung zu suchen und Liebe auszudrücken! Anstatt uns zurückzuziehen vor den Sterbenden und uns wie die Kinder die Augen zuzuhalten im Glauben, wir würden dadurch unsichtbar, stellen wir uns doch lieber in diesen Dienst, voller Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und voller Ehrfurcht gegenüber dem grossen Geheimnis des Lebens - dem Sterben.
Aus: Dettwiler, Christa, Zum Sterben will ich nach Haus. Ein Leitfaden für Angehörige, Caritas Verlag Luzern 2005, S. 18ff.
Der Herr sorgt für mich
Jörg Zink
Der Herr sorgt für mich. Warum sollte ich mir Sorgen machen? Er gibt mir Nahrung für Geist und Herz, wenn sonst niemand meinen Hunger stillt, wenn alles andere mir zwischen den Fingern zerrinnt, mit dem man mich abspeisen will. Er gibt mir das Wasser, das den Durst löscht, den Durst nach wirklichem Leben. Wo immer er mich hinführt: Er gibt mir sicheren Schritt. Er zeigt mir einen Weg Durch das Gewühl der Menschen, durch die Flucht der Lichter, durch das Rauschen der vielen Stimmen, einen klaren Weg. So gewiss es Gott ist, der mich führt. Und wenn die Lichter verlöschen, und wenn es dunkel wird, wenn ich einsam bin, wenn ich krank bin, wenn ich den Tod fürchte - wenn ich schuldig bin vor dir, Herr, und deine Hand verloren habe, fürchte ich doch nicht, dich zu verlieren.
Denn du bist bei mir, du deckst mir den Tisch, stärkst mich mit Brot und Wein, obwohl manche zweifeln, dass ich das verdiene.
Du hast mich gesalbt mit Öl, besiegelt mit dem Zeichen des Kreuzes, das Zeichen, dass du mir nahe bist, dass du mich liebst und dass ich dir gehöre.
Wenn du mich begleitest auf meinen Wegen, wird es mir gut ergehen, mein Leben lang, und wenn mein Leben zu Ende geht, lässt du mich bei dir wohnen für immer.
Martin Leitgöb (2005)