Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 17. Sep. 2023 - 24. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
22. Okt. 2023
29. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Okt. 2023
28. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Okt. 2023
27. Sonntag im Jahreskreis (A)
07. Okt. 2023
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
01. Okt. 2023
26. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Sep. 2023
25. Sonntag im Jahreskreis (A)
17. Sep. 2023
24. Sonntag im Jahreskreis (A)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Sir 27,30 - 28,7
Lesung aus dem Buch Jesus Sirach.
Groll und Zorn, auch diese sind Gräuel
und ein sündiger Mann hält an ihnen fest.
Wer sich rächt, erfährt Rache vom Herrn;
seine Sünden behält er gewiss im Gedächtnis.
Vergib deinem Nächsten das Unrecht,
dann werden dir, wenn du bittest, deine Sünden vergeben!
Ein Mensch verharrt gegen einen Menschen im Zorn,
beim Herrn aber sucht er Heilung?
Mit einem Menschen gleich ihm hat er kein Erbarmen,
aber wegen seiner Sünden bittet er um Verzeihung?
Er selbst – ein Wesen aus Fleisch, verharrt im Groll.
Wer wird seine Sünden vergeben?
Denk an das Ende,
lass ab von der Feindschaft,
denk an Untergang und Tod
und bleib den Geboten treu!
Denk an die Gebote
und grolle dem Nächsten nicht,
denk an den Bund des Höchsten
und übersieh die Fehler!
Das Sirach-Buch ist im 2. Jahrhundert vor Christus im hellenistisch geprägten Judentum entstanden. Der Autor Sirach leitete in Jerusalem ein Lehrhaus, seine Schrift wird als Zusammenfassung seines Unterrichtes angesehen. Später übersetzte sein Enkel diese Schrift ins Griechische und erweiterte sie.
Die Worte der Versöhnung, die wir gehört haben, sind zuerst einmal eine eindringliche politische Mahnung an das israelitische Volk der damaligen Zeit. Da sind verschiedene Kulturen in Jerusalem stark geworden, unter ihnen die griechische. Abgrenzung und Bekämpfung forderten zunächst viele wirtschaftliche Ressourcen, die nach Kriegszeiten knapp waren, daher wurde Versöhnung und Kooperation auch unter diesen Aspekten gepredigt. Dieses Zusammengehen der verschiedenen Kulturen in Judäa geschah dann nicht nur in ökonomischen, sondern auch in gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen des Lebens. Davon ist das ganze Sirach-Buch durchzogen. Gleichzeitig warnt es aber auch vor einer Durchmischung (Synkretismus) der Religionen: Der Jahwe-Glaube sollte rein gehalten werden.
Jeder Mensch ist angewiesen auf die Vergebung seiner Sünden durch Gott. Aber Gott wird ihm am Ende seines Lebens nur vergeben, wenn er seinen Zorn und seine Rachsucht ablegen kann. Der Gedanke an das Ende müßte jede Form der Feindschaft eigentlich schon im Keim ersticken und den Menschen anleiten, den Geboten Gottes zu folgen. Wer durch den Bund sich mit Gott so eng verbunden weiß, muss bereit sein, sich mit dem Nächsten, d.h. für die Menschen des Alten Bundes zunächst den Angehörigen des eigenen Volkes, zu versöhnen.
In diesem Sinn wirkt dieser Text aus dem 2. Jhdt vor Christus geradezu neutestamentlich und wie ein Vorläufer der Bitte im Vaterunser: "Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben." (Mt 6,12) oder: "Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben." (Mt 6,14).
Das Buch Jesus Sirach ist die einzige Weisheitsschrift, deren Verfasser namentlich bekannt ist: Jesus, Sohn des Sirach (51,30b). Das Buch gehört nicht zum Kanon der jüdischen Bibel. Es entstand um 190 v. Chr., also vor dem Aufstand der Makkabäer. Das Buch ist eine Sammlung von Lebens- und Verhaltensregeln. Vergebung und Versöhnung stehen u. a. im Mittelpunkt. Wer am Zorn Mitmenschen und auch sich selbst gegenüber festhält, kann nicht mit Gott versöhnt sein. Das Buch ist geprägt vom Tun-Ergehen-Zusammenhang: von meinem Verhalten hängt es ab, wie es mir ergeht. Umkehr ist möglich, wo ein Mensch gottesfürchtig lebt. Das Engagement für die Armen zieht sich durch die Weisungen.
Der Lesungsabschnitt erinnert an die Vergebungsbitte im Vater unser. Das Loslassen des eigenen Zorns und die Bereitschaft zu vergeben sind Voraussetzungen, um selbst Heilung und Heil zu erlangen. Der Zusammenhang: Gott-Mitmensch-ich selber ist der Maßstab für die Versöhnung: Versöhnung mit Gott ist erst möglich, wenn wir unseren Mitmenschen gegenüber entsprechend handeln. Unsere Beziehung mit Gott und unsere Beziehung zu den Mitmenschen gehören untrennbar zusammen.
Das Buch Jesus Sirach ist nach dem Autor benannt. Es entstand etwa 180 vor Christus in Jerusalem und enthält Lebens- und Verhaltensregeln.
Unser Lesungsabschnitt ist bedeutsam, da er Zeugnis einer differenzierteren Ethik ist als etwa eine Ethik nach dem Grundsatz "Aug um Auge, Zahn um Zahn". Jesus Sirach fordert Vergebung, weil nur Gott allein den Menschen vom Bösen zu heilen vermag, und die Rache das Unrecht nicht wieder gutmachen kann. Der Mensch ist auf die Vergebung Gottes angewiesen. Deshalb tut er gut daran, an sein Ende zu denken, von Feindschaft abzulassen und jenen zu verzeihen, die ihm Unrecht getan haben.
Antwortpsalm - Ps 103,1-4. 9-10. 12-13
Kv: Gnädig und barmherzig ist der Herr,
voll Langmut und reich an Huld. – Kv
(GL 657,3 )
Preise den Herrn, meine Seele, *
und alles in mir seinen heiligen Namen!
Preise den Herrn, meine Seele, *
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! – (Kv)
Der dir all deine Schuld vergibt *
und all deine Gebrechen heilt,
der dein Leben vor dem Untergang rettet *
und dich mit Huld und Erbarmen krönt. – (Kv)
Er wird nicht immer rechten *
und nicht ewig trägt er nach.
Er handelt an uns nicht nach unsern Sünden *
und vergilt uns nicht nach unsrer Schuld. – (Kv)
So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang, *
so weit entfernt er von uns unsere Frevel.
Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, *
so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten. – Kv
2. Lesung - Röm 14,7-9
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Keiner von uns lebt sich selber
und keiner stirbt sich selber:
Leben wir,
so leben wir dem Herrn,
sterben wir,
so sterben wir dem Herrn.
Ob wir leben oder ob wir sterben,
wir gehören dem Herrn.
Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden,
um Herr zu sein über Tote und Lebende.
Martin Stewen (2023)
Lopez Weißmann (2002)
Marita Meister (1999)
Hans Hütter (1996)
Die aristotelische Philosophie lehrt mit der Idee vom “unbewegten Beweger”, dass alles Seiende irgendwo seinen Anfang, Grund und Ziel haben muss: Für alle Getauften ist das ihr Schöpfergott, so lehrt Paulus die Gemeinde von Rom. Das gilt von Anfang an über den leiblichen Tod hinaus - bis in Ewigkeit. Mit dem Gedanken, dass das menschliche Sein mit dem Tod und damit auch der Gottesbezug nicht zu Ende ist, geht Paulus weiter als die hellenistische Philosophie der Antike. Eine Herausforderung im Zusammengehen von Hellenismus und Judentum.
In der Christengemeinde von Rom gab es offensichtlich Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen. Paulus spricht in diesem Zusammenhang von den "Starken" und "Schwachen" (vgl. Röm 14,1). Heute würden wir vielleicht von Christen mit einem ängstlichen Gewissen und solchen, die die Dinge großzügiger sehen, sprechen.
Die Verse 7-9 sind ein dramatischer Aufruf zur Einheit in Christus, dem Herrn. Dies zeigt sich formal: Der Stil ist beinahe hymnisch und könnte in ähnlicher Form im Gottesdienst gebraucht worden sein. Durch die Verwendung der Wir-Form erhält er nahezu einen Bekenntnischarakter.
Inhaltlich wird dieser Appell durch die Parallelsetzung von Leben und Sterben des Herrn auf der einen Seite und dem Tod von uns Menschen auf der anderen besonders eindrucksvoll und stellt die Inhalte der Streitigkeiten als belanglos hin.
Die Verbundenheit unter allen Christen und Christinnen wird in diesem Abschnitt betont. Für Paulus ist daran die christliche Gemeinschaft erkennbar. Nur im Glauben an Jesus Christus ist diese Einheit möglich.
Paulus schreibt den Brief in der Vorbereitung zur Reise nach Rom. Der Römerbrief ist eine Art Zusammenfassung der paulinischen Verkündigung des "Evangeliums Jesu Christi". Ausgehend von dem Bekenntnis (1,3ff) entfaltet Paulus seine Theologie, sein Verständnis der Frohen Botschaft.
Im Kapitel 14 kommen die Konflikte innerhalb der Gemeinde zum Tragen. Paulus bringt eine neue Perspektive in die Auseinandersetzungen. Letztlich geht es darum, dass Christinnen und Christen in den unterschiedlichen Formen der Frömmigkeit Jesus Christus dienen. Nur die Beziehung zu Christus stiftet Gemeinschaft, überwindet Spaltungen, verbindet inmitten unterschiedlicher Frömmigkeitsformen.
Der Lesungsabschnitt ist jenem Teil des Römerbriefes entnommen, in welchem Paulus auf Streitfragen in der Christengemeinde von Rom eingeht. Die Frage, ob man Fleisch essen dürfe (was in der damaligen Alltagspraxis immer in einem Zusammenhang zu heidnischen Opferkulten stand) entzweite die Gemeinde. Paulus geht auf die Auseinandersetzung ausführlich ein. Ihm bereitet es theologisch keine Schwierigkeit, das Fleischessen zuzulassen. Ihm geht es vor allem um das Zusammenleben als Gemeinschaft, um gegenseitige Rücksicht der "Starken" und "Schwachen". Die "aufgeklärt" und aufgeschlossen mit dem Problem umgehen können, sollen die Ängstlichen nicht überfahren.
Paulus zitiert in diesem Zusammenhang die Verse, die für diesen Sonntag ausgewählt sind. Sie bilden eine in sich geschlossene Einheit und dürften Paulus schon "griffbereit" vorgelegen sein, vielleicht als Bekenntnisformel in irgendeinem Zusammenhang mit dem Taufritus. Der Text betont die enge Zusammengehörigkeit mit Christus. Er vergleicht die Beziehung des Christen mit Christus mit der eines Sklaven zu seinem Herren. Zum geistigen Horizont dieses Textes gehört auch der Vorrang des Gemeinwohles, wie er in der griechisch-römischen Tradition selbverständlich war. Der Staat verlangte eine weitgehende Unterordnung des einzelnen. Die wechselseitige Abhängigkeit der Menschen, die im Staat lebten, war Alltagsrealität. - Diese Denkweise paßt zur Tauftheologie des Paulus (vgl. Kapitel 6). Der Getaufte ist auf Leben und Tod mit Christus verbunden. Mit ihm stirbt er, mit ihm hat er Anteil am neuen Leben, mit ihm wird er auferstehen.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 13,34ac
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Ein neues Gebot gebe ich euch:
Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
Halleluja.
Oder:
Dies ist mein Gebot:
Liebet einander, wie ich euch geliebt!
Evangelium - Mt 18,21-35
In jener Zeit
trat Petrus zu Jesus
und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben,
wenn er gegen mich sündigt?
Bis zu siebenmal?
Jesus sagte zu ihm:
Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal,
sondern bis zu siebzigmal siebenmal.
Mit dem Himmelreich
ist es deshalb wie mit einem König,
der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen.
Als er nun mit der Abrechnung begann,
brachte man einen zu ihm,
der ihm zehntausend Talente schuldig war.
Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte,
befahl der Herr,
ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß,
zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen.
Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie
und bat: Hab Geduld mit mir!
Ich werde dir alles zurückzahlen.
Der Herr des Knechtes hatte Mitleid,
ließ ihn gehen
und schenkte ihm die Schuld.
Als nun der Knecht hinausging,
traf er einen Mitknecht,
der ihm hundert Denáre schuldig war.
Er packte ihn,
würgte ihn
und sagte: Bezahl, was du schuldig bist!
Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder
und flehte: Hab Geduld mit mir!
Ich werde es dir zurückzahlen.
Er aber wollte nicht,
sondern ging weg
und ließ ihn ins Gefängnis werfen,
bis er die Schuld bezahlt habe.
Als die Mitknechte das sahen,
waren sie sehr betrübt;
sie gingen zu ihrem Herrn
und berichteten ihm alles, was geschehen war.
Da ließ ihn sein Herr rufen
und sagte zu ihm: Du elender Knecht!
Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen,
weil du mich angefleht hast.
Hättest nicht auch du
mit deinem Mitknecht
Erbarmen haben müssen,
so wie ich mit dir Erbarmen hatte?
Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern,
bis er die ganze Schuld bezahlt habe.
Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln,
wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.
Martin Stewen (2023)
Lopez Weißmann (2002)
Marita Meister (1999)
Hans Hütter (1996)
Vierhundertneunzigmal vergeben und dann ist es gut... Dabei wollte Petrus doch nur zeigen, dass sein Herz wirklich groß ist, als er siebenmal Vergebung als ausreichend vorschlägt, fast doppelt so oft, wie das die rabbinische Tradition vorsieht. Jesus aber macht klar: Es geht nicht oft genug. Vergebung ist dabei eine sehr einseitige Handlung: Das Opfer einer Tat erlässt dem anderen die Schuld und entlässt (gr. aphiemi) sie. Wir erinnern uns an das mosaische Vorbild des Bocks, der symbolisch mit den Sünden des Volkes beladen und in die Wüste gejagt wurde.
In der an die Einleitung sich anschließenden Gleichniskatechese geht es zunächst um die Bedeutung von Gottes Barmherzigkeit: Gleich wie groß die Schuld des Menschen ist, geht Gottes Barmherzigkeit immer noch darüber hinaus. Sie ist unendlich groß.
Derjenige, dem diese unendlich große Schuld erlassen wurde, handelt nun aber nicht in gleicher Weise, als er auf einen Mitknecht trifft, der ihm einen vergleichsweise winzigen Betrag schuldet. Der Mitknecht geht seinen Gläubiger in selber Weise an wie dieser zuvor seinen König. Der reagiert nun völlig gegenteilig: juristisch zwar korrekt, aber zwischenmenschlich alles andere als seinem Vorbild, dem König, entsprechend. Die Umstehenden macht der Umstand traurig, aber sie können nichts tun. Ihr König hingegen ist das Gesetz und er lässt den Knecht seine Wut spüren: Aus dem Schuldigen, mit dem der König barmherzig war, wird nun der “elende Knecht”, der seine Schuld bezahlen muss.
Das Gleichnis spricht vom Himmel - und lässt uns wissen: Der Himmel ist die allumfassenden Gnade und Barmherzigkeit, die spürbar wird, wenn wir Menschen uns an der Barmherzigkeit Gottes ein Beispiel nehmen.
Petrus, der Vorsteher der Apostel, tritt an Jesus heran, um eine Frage nach dem Maß der Vergebung zu stellen. Wie oft darf man von einem Jünger erwarten, dass er verzeiht, wenn von der anderen Seite keine Gegenleistung erfolgt? Die Siebenzahl, die Petrus nennt, ist schon eine heilige Zahl und meint damit etwas Vollkommenes, eine Höchstleistung: Ich bin bereit über das vom Liebesgebot geforderte eine Mal hinauszugehen und auch sich wiederholende Verfehlungen zu verzeihen.
Aber die Antwort Jesu geht noch weit darüber hinaus. Siebzigmal bedeutet eine unbegrenzte Bereitschaft, dem anderen zu vergeben. Die Erklärung für diese für jeden rational denkenden Menschen unvernünftige Forderung bringt erst das folgende Gleichnis.
Die ganze Geschichte klingt zunächst äußerst unwahrscheinlich. Selbst wenn man unter den Knechten hohe Beamte versteht, ist die riesige Summe der aufgehäuften Schuld (ca. 21 Millionen Euro) kaum vorstellbar und könnte auch durch den Verkauf des verschuldeten Knechtes samt Frau und Kind nicht annähernd hereingebracht werden. Genauso unglaublich klingt es, dass der andere Diener erbarmungslos wegen einer ganz geringen Schuld (ca. 35 Euro) sofort ins Gefängnis geworfen wird.
Die Sinnanlage dieses Gleichnisses muss wohl auf einer anderen Ebene liegen. Sie zeigt auf der einen Seite die Größe und Majestät Gottes und zugleich sein grenzenloses Erbarmen mit uns Menschen. Gott allein kann eine so riesige Schuld einfach vergeben. Aber auch er allein kann ein so furchtbares Urteil fällen: Bei dieser Größenordnung der Schuld wird der Knecht für immer zu büßen haben, d.h. Strafe für Ewigkeit steht ihm bevor.
Die erste Aussage dieser Erzählung ist daher eine Warnung an uns: Wenn wir gegenüber unseren Mitmenschen hart sind und ihnen nicht verzeihen, dann wird auch Gott im Himmel, wie der König im Gleichnis, uns nicht verzeihen. Nur derjenige hat Aussicht darauf, dass ihm seine Schuld erlassen wird, der vorher an seinen Mitmenschen in gleicher Weise gehandelt hat.
Ebenso groß wie die angedrohte Strafe ist aber das Ausmaß der Vergebung Gottes. Er ist der König, der auf eine bloße Bitte hin auch die größte Schuld erläßt. Es gibt daher für uns, die wir alle "Knechte" sind und in der Rolle des Schuldners stehen, keine andere Möglichkeit, als das uns von Gott entgegengebrachte Erbarmen an unsere Mitmenschen weiter zu verschenken.
In Form einer Rede sind bei Matthäus Hinweise und Richtlinien gegeben für das Leben in der Gemeinde. Matthäus verbindet die Gemeinderegeln mit Gleichnissen, die der Erläuterung und Zuspitzung der Weisung dienen.
"Wie oft muß ich meinem Bruder vergeben, wie oft muß ich meinem Nächsten verzeihen?" Das sind die Kernfragen des heutigen Abschnittes und dem Petrus wird diese Frage in den Mund gelegt. Jesu Antwort übertrifft die Anzahl: Sieben als die Zahl der Fülle wird nochmal gesteigert.
Das Gleichnis vom "König" erweitert die Frage des Petrus. Der König rechnet die Schuld nicht an. Er handelt gnädig und barmherzig an dem Knecht. Doch erst wenn der Mensch, der so eine Gnade erfährt, weitergibt, macht diese Tat, dieses Handeln Sinn.
"Von ganzem Herzen..." sollen wir vergeben. Nicht wie oft, siebenmal oder siebenundsiebzigmal, sondern die Haltung, die innere Gesinnung macht es aus, ob Vergebung geschehen kann. Es bedarf einer großen Freiheit, sich nicht von Rechnereien abhängig zu machen.
Die Zusage im Text des Matthäus ist herausfordernd und tröstlich zugleich: Wie groß auch immer die Schuld des Menschen ist: Gott vergibt. Damit ist jedoch der Mensch in die Pflicht genommen: Die Vergebung, die er durch Gott erfahren hat, muss sichtbar werden im und durch den eigenen Lebens- und Glaubensweg und im Umgang mit den Mitmenschen.
Im Evangelium dieses Sonntags geht es um die Pflicht der Christen, einander zu vergeben. Der ausgewählte Abschnitt steht in der sog. Gemeindeordnung des Matthäusevangeliums. Die Gemeinden, in denen die Evangelien überliefert und festgehalten wurden, standen offenbar vor der Schwierigkeit, wie man mit Menschen verfahren solle, die Schuld auf sich geladen haben, obwohl und nachdem sie getauft wurden. Die Christen haben die Pflicht zur Vergebung, weil ihnen aus der Perspektive Gottes noch viel mehr vergeben wurde.
Die Frage des Petrus und das Zahlenspiel (nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal) erinnert an das Lied des Lamech im Buch Genesis. Lamech ist ein Nachkomme Kains, der ja trotz des Brudermordes unter dem Schutze Gottes stand: "Jeder der Kain erschlägt, soll siebenfacher Rache verfallen sein" (Gen 4,15). Lamech versucht in seiner maßlosen Rachsucht Kain zu übertreffen: "Lamech sagte zu seinen Frauen: Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme. Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach." (Gen 4:23-24).
Das Böse im Menschen kann nur durch die maßlose Vergebung überwunden werden. Diese Forderung an die Jünger Jesu wird noch durch eine beispielhafte Erzählung unterstrichen.
Das Gleichnis vom unbarmherzigen Gläubiger spiegelt Rechtsverhältnisse wider, wie sie außerhalb Palästinas herrschten. Im ptolemäischen Ägypten z.B. konnten die Finanzbeamten persönlich für die gesamten Einnahmen ihres Territoriums haftbar gemacht werden. Als Knechte werden hier die königlichen Beamten bezeichnet, die in einem sklavenähnlichen Abhängigkeitsverhältnis zum König standen, wie es in Israel und im Judentum nicht bekannt war. Auf ein solches Verhältnis weist der hohe Geldbetrag hin, den er im Gleichnis dem König schuldet. Gleichzeitig wird damit der Kontrast zur geringen Schuld des Untergebenen herausgestrichen. Die unerbittliche Härte des Königs unterstreicht die Notwendigkeit der Vergebung in der christlichen Gemeinde.
490-mal vergeben - ein guter Anfang
Oft ist nicht oft genug
Das Evangelium am heutigen Sonntag ist delikat. Das Thema »Vergebung« ist herausfordernd: sei es, wenn es um Momente geht, in denen wir selbst Vergebung erfahren oder erfahren möchten, in denen wir anderen vergeben sollen oder wollen, in denen wir uns selbst vergeben. Wenn uns Gott vergibt. Ich wage die Behauptung: Zusammen mit Petrus haben sich die meisten von uns vermutlich schon einmal überlegt, wie Vergebung angemessen gehen könnte. Nicht jene, die wir erhalten, sondern zuerst einmal jene, die wir erteilen. In den kleinen Fehltritten des Lebens oder auch, wenn es um das ganz große Zerwürfnis geht. "Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal?", fragt Petrus Jesus und der macht ihm dann ganz deutlich klar: Oft ist nicht oft genug, es geht gar nicht gründlich genug: "Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal." - Jesus unterstreicht seine Mahnung daraufhin mit einem Gleichnis. Und dieses hat es in sich. Denn Jesus macht etwas ganz anderes, als Petrus zu antworten.
Es geht um den Himmel
Auf den ersten Blick stimmt was mit dem Gleichnis nicht: Petrus fragt doch nach Vergebung und Jesus erzählt - vom Himmelreich. Es geht in Jesu Antwort nicht zuerst um Vergebung: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit..." einem König, der voller Vergebung ist. Jesu Katechese erzählt vom Himmelreich. Der Gottessohn macht mit seinen Worten klar: Himmelreich ist auch dann, wenn der Mensch Vergebung erfahren lässt. Und das heißt wiederum: Umfassende Vergebung passiert also nicht grund- und absichtslos. Wer Vergebung erfährt, erfährt den Himmel; wer vergibt, lässt den Himmel erfahren. Und von dieser Erfahrung kann es nicht genug geben.
Die Ethik des Alten Testamentes lautet ja eigentlich anders: "Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn" (Exodus 21). Die Grundlage dazu ist das Recht auf Vergeltung und Wiedergutmachung, wie es im alttestamentlichen wie in jedem anderen Rechtssystem enthalten ist. Und dieses Recht auf Wiedergutmachung hebt Jesus auch nicht auf. Er, der gesagt hat, nicht ein Jota am jüdischen Gesetz ändern zu wollen (Matthäus 5), bleibt dieser Haltung treu. Jesus geht es nicht zuerst um Erlass von Schuld, - Jesus geht es um den Himmel.
Es muss 'klick' machen
Nun bleibt aber komisch auf den ersten Blick: Man sollte doch meinen, Vergebung ist Vergebung - was macht jetzt den Unterschied zwischen sieben Mal und siebenundsiebzig Mal vergeben? - Jesus lässt am Beispiel des Knechts aufleuchten und damit die Zuhörerschaft wissen: Je mehr die Erfahrung bei uns einfährt, selbst statt Rache und Wut Vergebung erfahren zu haben, desto weiter öffnet sich für uns selbst der Himmel, desto eher sollte dann auch in uns die Bereitschaft wachsen, selbst Vergebung zuzusprechen statt auf Rache und Wiedergutmachung zu drängen. - Bei dem Knecht hat das nicht funktioniert. Obwohl der König einen schier unermesslichen Verzicht geübt und dem Knecht eine riesige Schuld erlassen hat, war dieser gerettete Knecht nicht in der Lage, es ihm auch nur im Ansatz gleichzutun. Er, dem der König den Himmel geöffnet hat, war nicht bereit, dasselbe für seinen Freund zu tun.
Gott selbst macht es vor
Wer ein Gleichnis in den Heiligen Schriften liest, sucht schließlich nach dem Vergleichspunkt. "Mit dem Himmelreich ist es wie..." - Der Herrscher im Gleichnis ist der Hausherr des Himmelreiches: Gott selbst. Der Evangelist will seinen Zuhörern eröffnen: Es ist Gott selbst, der in größtmöglicher Barmherzigkeit den Menschen den Himmel öffnet und er tut das, in dem er alles hingibt, was er hat: seinen Sohn am Kreuz. Als Zeuginnen und Zeugen dieses Heils Gottes sind nun auch wir aufgerufen, aus der Erfahrung von Vergebung heraus Anderen den Himmel zu öffnen - und sei diese Erfahrung auch noch so klein. Aber jeder noch so kleine Ansatz ist besser als nichts - wie das Beispiel des Knechts uns wissen lässt.
Wenn wir also vergeben, dann tun wir das nicht nur, um die Beziehung zum anderen Menschen wieder zu heilen, sondern zum einen um diesen anderen Menschen ein Stück vom Himmel erfahren zu lassen und zum anderen, um an unserer eigenen Gottesbeziehung zu schaffen.
Vergebung lohnt sich
Vergeben lohnt sich also, so die Botschaft der heutigen Verkündigung - zumindest dann, wenn einem der Himmel wichtig ist. Eine Herausforderung aber bleibt das Thema ´Vergebung allemal. Den Weisheitsprediger Jesus Sirach hörten wir in der heutigen Lesung: "Denk an die Gebote und grolle dem Nächsten nicht, denk an den Bund des Höchsten und übersieh die Fehler!" - und übersieh die Fehler - tabula rasa. Der Prediger hängt die Messlatte noch höher als der Evangelist. Die Idee ist ja gut und lebensstiftend, aber was hindert uns so oft, ihr zu folgen?
Ja, es bleibt schwierig
Fraglos ist Vergebung eine der schwersten Übungen überhaupt. Das liegt vor allem daran, dass Vergebung nicht allein eine Kopfsache ist, sondern in erster Linie eine Angelegenheit des Herzens, zumeist eines verletzten Herzens, das dem Hirn dann eben so manchen Streich spielt. Das lässt sich oftmals nicht so einfach mit den guten Worten eines Evangelisten oder eines Predigers umlenken. Die Messlatte der Schriften hängt also nicht nur sehr hoch, sondern oftmals auch zu hoch für unsere menschlichen Fähigkeiten.
Vielleicht aber ist der erste Schritt in die richtige Richtung von Vergebung schon genau dann getan, wenn wir uns dessen bewusst werden: dass es nicht der andere ist, dass es nicht seine Fehler sind, die uns Vergebung so schwer machen, sondern unser eigenes - manchmal tief - verletztes Herz, das uns hindert. Vielleicht ist solch eine erste Wahrnehmung unserer eigenen Schwäche ein Wegbereiter zu einem späteren Akt der Vergebung, wenn unser gekränktes Herz einst willens wird dazu. Vergebung ist und bleibt eine schwierige Übung. Aber wir sollten es durchaus mal probieren. Es geht schließlich um den Himmel.
Wie Gott mir, so ich dir
Rechenbeispiele
Ich muss gestehen, 3 bis 4-mal im Jahr spiele ich Lotto, meistens wenn es Mehrfach-Jackpots gibt, dann riskiere ich einen einzelnen Tipp „ohne nichts“, keine Zusatzspiele. Mich reizt die Vorstellung, eine oder zwei Millionen Euro zu gewinnen, und das Gedankenspiel - was würde ich mit diesem Geld tun - macht mir Freude. Diese »Deppensteuer« zahle ich, obwohl ich weiß, dass es extrem unrealistisch ist, etwas zu gewinnen. Aber was ich mit zwei Millionen Euro tun würde, kann ich mir vorstellen: eine Wohnung für die studierenden Kinder kaufen, ein neues Dach samt Fotovoltaik für unser Haus, einen Teil in der Familie verteilen, einen Teil spenden, vielleicht eine schöne Reise machen, etwas auf die Seite legen. Diesen Betrag kann ich mir vorstellen, weil diese Summen mir im alltäglichen Leben begegnen – vor allem, wenn ich mir Immobilienanzeigen anschaue.
Gehen Beträge in die Milliarden, ist das schon viel schwieriger. Wie viele Jahre, schätzen Sie spontan, müsste jemand mit Durchschnittsverdienst arbeiten, um eine Milliarde (brutto) zu verdienen? 31.840 Jahre! So lange geht unsere Geschichtsschreibung überhaupt nicht zurück. Alle Berufstätigen in Wels, grob geschätzt, arbeiten ein Jahr lang, um gemeinsam diesen Betrag zu verdienen.
Wenn nun bei verschiedenen Staatsausgaben (Covid-Hilfen, Gesundheit, Pensionen, Militär etc.) mit Milliardenbeträgen jongliert wird, übersteigt das unsere Vorstellungskraft. Auch, was die Allerreichsten verdienen, tun es. Das ist insofern praktisch, als durch diese mangelnde Vergleichbarkeit auch in der Regel kein Neid aufkommt. Ob 1 Milliarde, 10 oder 100 Milliarden - es ist unermesslich viel, zugleich unvorstellbar viel, einfach „superreich“ (im Gegensatz zu uns hier, zumindest mit diesen Maßstäben) - und genauso unverständlich ist, wie man das in einem Leben „verdienen“ kann.
Wenn mein Nachbar, meine Nachbarin, allerdings um 10.000 oder 30.000 Euro mehr bekommt als ich, sich ein Auto um 60.000 Euro least, oder wenn jemand 400 Euro Sozialhilfe oder Wohnbeihilfe erhält, erzeugt das Neid - warum bekommt der/die, was ich nicht erhalte?
Vergleiche
Das Gleichnis, das Jesus hier erzählt, ist so ein mustergültiges Rechenbeispiel. Der erste Knecht schuldet 10.000 Talente - die Zahl ist im Bereich des Vorstellbaren, der Wert schon nicht mehr: diese Summe entspricht 60 Millionen Denaren, also 60 Millionen Tagesverdiensten eines Tagelöhners, also 164 000 Jahresverdiensten. Etwas hemdsärmelig auf heutige österreichische Verhältnisse umgerechnet, in denen wir ja verhältnismäßig mehr verdienen, wären das über 5 Mrd. Euro. Wie kann dieser Knecht diese unvorstellbaren Schulden angehäuft haben? Wieso hat er überhaupt diesen Kredit bekommen? Hier geht es weniger um konkreten Summen als um die Darstellung.
Und der zweite Knecht, der schuldet dem ersten 100 Tagesverdienste, also ca. 10.000 Euro (nach heutigen Maßstäben). Peanuts im Vergleich, und gut vorstellbar für uns, jemandem diese Summe zu schulden, etwa um ein gebrauchtes Auto oder eine Küche zu kaufen. Eine Menge Geld, auf die man nicht verzichten möchte, wenn man sie verliehen hat. Die erstgenannte Summe ist schnell vergessen, wenn man hört, was die Schuld des Zweiten beträgt. Jesus holt uns also mit diesem Gleichnis in unserem alltäglichen Umgang mit Geld ab. Zur Zeit Jesu waren viele auf jeden einzelnen Denar, auf jeden einzelnen Tagesverdienst bitter angewiesen.
Wie Gott mir, so ich dir
Worüber Jesus aber sprechen möchte, ist nicht das Geld, sondern die unermessliche Güte und das Erbarmen Gottes: Auch wenn du tief in der Schuld Gottes stehst und Gott dir alles verzeiht, auf jede Wiedergutmachung verzichtet, warum bist du, Mensch, dann so kleinlich, und trägst deinem Mitmenschen jeden Fehler nach und verzeihst nicht?
Unendlich oft (dafür steht dieses „77-mal“) kannst du, Mensch, anderen verzeihen, bis du - eigentlich nie - dieselbe Nachsicht mit den Fehlern, Kränkungen und Verletzungen anderer gezeigt hast, die Gott mit dir übt.
Wie Gott mir, so ich dir, muss deine Devise sein, lieber Christ, liebe Christin! Wenn hier beschrieben wird, wie streng Gott mit den Unnachsichtigen, den Harten, den Kleinlichen, mit denen, die nicht verzeihen wollen, verfährt, dann macht der Evangelist Matthäus deutlich, wie wichtig Vergebung in einer Gemeinschaft ist, die um ihr Überleben ringt.
Wenn in Gemeinschaften (und auch in Gesellschaften) Gräben bestehen bleiben, man nicht mehr miteinander spricht, sondern einander ins Gefängnis bringen will, ist diese zum Scheitern verurteilt. Auch das ist ein Fingerzeig für uns heute. Die Gräben, die das Durchleben der Covid-Krise aufgerissen hat, sowie die Gräben, die ungerechte Verteilung von Reichtum mit sich bringt, die weltweite Ungleichheit.
Wenn wir Menschen nicht Wege zueinander finden wie hier im Gleichnis, wenn Reiche nicht etwas abgeben von ihren Gütern und Lebenschancen teilen, wird es für alle schwierig zu überleben. Dafür sollten heute Gesetze und internationale Regelungen sorgen.
Aber Gott schenkt uns eine enorme Anzahl an Neuanfängen, immer wieder dürfen wir versuchen, auf andere zuzugehen und ihnen das zu vergeben, was immer wir selber auch verbocken, in den Sand setzen, verbrechen. Erbitten wir die Geduld und Kraft von Gott dazu.
© Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels - St. Franziskus
Von Herzen vergeben
Siebenmal genügt nicht
Der Arzt und Philosoph Albert Schweitzer beschrieb in einem Brief einen Tag aus seinem Leben in Lambarene in etwa so: Du stehst morgens auf und ein als böse bekannter Mann beleidigt dich. Der Mann, der deine Bananen verkaufen sollte, belügt dich. Die Ziege des Nachbarn vertilgt dein Mittagessen. Du willst dir was kochen, doch dein Feuerholz ist weg. Als du auf der Plantage arbeiten willst, hat jemand dein gutes Buschmesser gegen ein schartiges ausgetauscht. Abends vermisst du die Fackel, die du zum Fischen brauchst. Dein Fischerboot musst du nun im Dunkeln suchen, doch dies hat sich jemand ausgeliehen.
Sein Fazit: „Nun gehst du heim, froh und stolz, dass du es über dich gebracht hast, siebenmal zu vergeben. Aber wenn an jenem Tag der Herr Jesus in dein Dorf käme und du vor ihn trätest und meintest, er würde dich vor allen Leuten dafür loben, dann würde er zu dir sagen wie zu Petrus, dass siebenmal nicht genügt, sondern dass du noch einmal siebenmal und noch einmal, und noch einmal und noch viele Male vergeben musst, bis Gott dir deine vielen Sünden vergeben kann.“
Weltfern?
Das macht uns Jesus im heutigen Evangelium deutlich. Und klingt in unseren Ohren doch irgendwie weltfern.
So erklärte der Neurologe Sigmund Freud schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts: „Wenn man jemandem alles verziehen hat, ist man mit ihm fertig.“ Und der Schriftsteller Heinrich Heine treibt es in seiner sarkastischen Art: „Ja, man muss seinen Feinden verzeihen, aber nicht eher, als bis sie gehängt worden.“ Eine bekannte Redewendung wurde im Sinne des Zeitgeistes so ergänzt: „Der Klügere gibt nach, bis er merkt, dass er der Dümmere ist.“
Ist das so?
Was die Probleme Albert Schweitzers betrifft, könnte man sagen, dass es eigentlich um Kleinigkeiten geht, die einzeln relativ leicht zu vergeben sind. Aber wenn sie sich am laufenden Band ereignen und man siebzigmal siebenmal, also immer, verzeihen müsste? Oder wenn es - wie oft z.B. in der Politik - um böswillige Irreführung zwecks Manipulation geht?
Der seliggesprochenen Ordensschwester Blandine Merten, die sich stets äußerst aufopferungsvoll und selbstlos ihren Aufgaben widmete, wurde nach einer erlittenen Ungerechtigkeit die Frage gestellt: Empört sich Ihre Natur denn gar nicht? Sie antwortete: Doch, aber dann nehme ich mein Kreuz und drücke es solange, bis ich mich überwunden habe. Soll ich dem Heiland zuliebe das nicht fertig bringen?
Dem Heiland zuliebe?
Dem Heiland zuliebe das nicht fertig bringen, als Christen?
Wie heißt es doch im Matthäusevangelium: „Leistet dem, der euch Böses antut, keinen Widerstand.“ Mehr noch: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“
Was Jesus uns nahelegt, ist der persönliche Weg der Versöhnung. Wenn sich der Beschuldigte entschuldigt, fällt es uns leichter, großzügig zu sein. Ist dies aber nicht der Fall, trägt man ihm das Ganze nach, trägt man also alles immer mit sich und das belastet. Oft uns selber mehr als den Schuldigen, der das Geschehene womöglich auch schon vergessen hat.
Dem Nächsten zuliebe
Ein Weiser schrieb einmal: "Wenn dich jemand verletzt, und er bittet dich um Verzeihung, dann vergib ihm seinetwillen. Bittet er dich nicht um Verzeihung, vergib ihm um deinetwillen.“
Doch was ist, wenn es um ein schweres Verbrechen geht?
Hierbei sei an das Gebot der Feindesliebe erinnert: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ Es ist der einzige Weg, wie die Spirale der Gewalt durchbrochen werden kann. Im Grunde ist es möglich: Man muss nur versuchen, in dem einem feindlich gesinnten Anderen, nicht den Feind, sondern den Menschen zu sehen.
So konnte die Lehrerin Gisela Mayer aus Schwäbisch Gmünd, die ihre Tochter Nina beim Amokläufer von Winnenden verlor, erst verzeihen, nachdem ihr die Hintergründe der Tat bekannt wurden.
Dietrich Bonhoeffer, der sich in seinem Widerstandskampf in der Nachfolge Jesu sah und auf jegliches persönliches Glück verzichtet hat, vertraute sich unter dem Galgen der Ewigkeit an. Er war überzeugt: “In der Ewigkeit lebt weiter, was in der Zeit verloren ging.“
Der Pastor Uwe Holmer, der trotz negativer Lebenserfahrungen dem DDR-Staatssekretär Erich Honecker nach der Wende Asyl im Pfarrhaus gewährte, äußerte sich im Angesicht des ihm hierfür entgegengebrachten Unverständnisses: „Aber wissen Sie, ich lebe seit Jahren von der Vergebung meines Herrn. Wenn man schon jahrelang aus der Vergebung lebt, dann fällt Vergebung anderen gegenüber nicht mehr so furchtbar schwer."
Aus der Vergebung leben
Damit trifft er die Kernaussage des heutigen Evangeliums: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben.“
Als Beispiel erzählt Jesus das Gleichnis, in dem der König seinem Diener eine riesige Schuld erlässt, während der Diener seinerseits einen anderen Diener, der ihm nur eine kleine Summe schuldete und um Geduld flehte, ins Gefängnis werfen lässt. Das Evangelium von heute endet mit dem Hinweis: „Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.“
Von Herzen vergeben und siebenundsiebzig mal siebenmal vergeben bedeutet im Umkehrschluss, nicht punktuell vergeben, sondern in und aus der Vergebung leben.
Schwierig?
In einer Predigt erklärte Kardinal Christoph Schönborn: Am ehesten wird mir das gelingen, wenn ich daran denke: Auch der Andere ist von Gott geliebt. Leicht ist dieser Weg nicht, aber sicher lohnend.
© Helen Kaiser, helen_kaiser@t-online.de
Vergeben stärkt den Einzelnen und die Gemeinschaft
"Koste es, was es wolle"
Mit der Aussage "koste es, was es wolle", ist vor einigen Monaten die österreichische Bundesregierung an die Öffentlichkeit getreten, um zu signalisieren, dass sie alles daransetzen wolle, die wirtschaftlichen Schäden des Corona-Lockdown möglichst gering zu halten. Die konkrete Durchführung des vorgelegten Programmes ging dann allerdings nicht so locker und rasch voran, wie viele erhofft hatten. Es zeigte sich bald, dass Trittbrettfahrer die angekündigte Großzügigkeit ausnützen und sich Vorteile verschaffen wollten, die mit dem Corona-Lockdown nichts zu tun hatten. Die notwendigen Kontrollen haben sich als schwieriger und langwieriger herausgestellt als zunächst angenommen.
Großzügig vergeben?
Im Evangelium fragte Petrus Jesus, wie großzügig man im Vergeben sein müsse, ob man bereit sein müsse, jemandem siebenmal zu vergeben. Das schon hochherzige Angebot des Petrus wird von Jesus noch getopt. Er fordert siebzigmal siebenmal, praktisch unendliche Vergebungsbereitschaft, koste es, was es wolle. An einer anderen Stelle (Lk 6,36) fordert Jesus seine Zuhörer auf: "Seid barmherzig, wie euer himmlischer Vater barmherzig ist." Gott kann leichter großzügig sein als jeder Mensch, da er in jeder Hinsicht aus dem Unendlichen schöpft.
Wer jemals auf eine hochherzige Vergebung oder Hilfe angewiesen war und diese erfahren hat, wird nachfühlen können, was dies bedeutet. Im Rahmen des Sakramentes der Versöhnung habe ich des Öfteren erlebt, wie dankbar Menschen weggegangen sind, nachdem ich ihnen als Priester in diesem Sakrament die Vergebung und die Barmherzigkeit Gottes zusprechen konnte.
Großzügige Barmherzigkeit und Vergebung sind aber keine Einbahnstraße, wie das Beispiel vom hochherzigen König einsichtig macht. Offenbar war sich der eine, dem die hohe Schuld erlassen worden ist, gar nicht bewusst, wieviel ihm da geschenkt worden ist.
Das Beispiel Jesu ist nicht aus der Luft gegriffen. Wir staunen auch heute immer wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit manche Menschen unvorstellbare Milliardenbeträge veruntreuen, ohne sich dabei schuldig zu fühlen. Andere wiederum scheitern an relativ kleinen Beträgen und geraten in eine Schuldenfalle.
Wer wird das bezahlen?
Irgendwer muss schlussendlich die Schuld bezahlen. Bei einem Konkurs werden die Geldgeber zur Kasse gebeten. Meist sind es Lieferanten, Banken und öffentliche Einrichtungen, die um ihr Geld umfallen und die Verluste irgendwo unterbringen müssen. Für ganz große Unternehmen gilt die Regel "to big to fall", zu groß um bankrott zu gehen. Da muss dann der Staat oder gar mehrere Staaten einspringen. Im Laufe der Jahre werden die Verluste auf die Allgemeinheit abgewälzt. Die Corona-Schulden sind nur insofern eine Ausnahme, weil die Folgen einer so großen Katastrophe nur die Allgemeinheit tragen kann. Irgendjemand wird dafür aufkommen müssen.
Das ist aber ein gefährlicher Weg. Er führt unter Umständen dazu, dass Schulden nicht mehr ernst genommen werden. Das Jonglieren mit Krediten und Schuldscheinen wird für manche zu einem Spiel, bei dem die Spieler das Gespür für die Werte, mit denen sie handeln, nicht mehr spüren. Mit der Zeit gehen dann die Werte selbst verloren.
Vergleichbares geschieht auch im Umgang mit menschlichen und persönlichen Werten. Wo der Umgang mit Werten wie Menschenwürde, Leben, Gesundheit, Familie, Beziehungen zu einer Art Spiel wird, muss den Schaden letztendlich die Allgemeinheit tragen. Die Kollateralschäden solchen Spielens werden oft mit großer Selbstverständlichkeit dem Staat, den Gesundheitseinrichtungen oder Hilfsorganisationen weitergereicht. Der Verlust der Werte wird von vielen nicht mehr als Schädigung wahrgenommen. Dem kann auch ein Ethikunterricht wenig entgegensetzen.
Wiedergutmachung
Wir haben im Laufe der Jahrhunderte ein ausgeklügeltes Rechtssystem entwickelt, das den Umgang mit finanziellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und persönlichen Werten reguliert. Dieses sorgt dafür, dass jene, die zu Schuldnern werden, und jene, die schuldig werden, nicht ungeschoren sich ihrer Verantwortung entziehen können.
So gut und notwendig diese Systeme sind, auch sie stoßen dort an Grenzen, wo persönliche Schuld nicht mehr getilgt oder Schulden nicht mehr abgetragen werden können. Die Allgemeinheit hat dann nicht nur mit den Schäden zurechtzukommen, sie steht auch vor der Herausforderung, mit den Menschen, die schuldig geworden sind, zu leben.
Vergebung
Hier beginnt meines Erachtens die große Herausforderung der Vergebung. Sich vor weiteren Schäden zu schützen, ist eines, Schuldiggewordenen unter bestimmten Auflagen eine zweite Chance zu geben ein anderes. Es bleibt aber auch noch viel Zwischenmenschliches aufzuarbeiten, denn leicht sind wir versucht, uns an Menschen, die uns geschadet, verletzt oder gekränkt haben, in irgendeiner Form zu rächen, sie gering zu schätzen, ihnen die Würde abzuerkennen oder sie aus der Gesellschaft auszuschließen.
Jesus fordert uns auf, "unseren Schuldigern" zu vergeben. Den jeweiligen Umständen entsprechend kann dies sehr unterschiedlich aussehen: dass wir wieder mit ihnen reden, kommunizieren, ihnen eine Chance geben, menschenwürdig zu leben oder – sofern wir uns dazu durchringen können – dass wir uns sogar emotional mit ihnen auszusöhnen. Meist ist Vergebung ein längerer Prozess.
"Einer trage des anderen Last" schreibt Paulus den Galatern (Gal 6,2). Wenn wir einander vergeben, dürfen wir hoffen, dass auch uns vergeben wird, wo wir an die Grenzen unserer eigenen Schuldbewältigung stoßen, und dass wir einen Platz in der Gemeinschaft Gottes finden.
SchöpfungsZeit 2020 - 24. Sonntag im Jahreskreis A
"SchöpfungsZeit 2020 - 24. Sonntag im Lesejahr A in der Liturgie der Römisch-katholischen Kirche" - als PDF herunterladen
Mehr Information zur SchöpfungsZeit und zum Verein oeku Kirche und Umwelt finden Sie unter folgendem Link:
https://www.oeku.ch/de/schoepfungszeit.php
Barmherzigkeit als Grundhaltung
Barmherzigkeit im Alltag
Seit jenem Tag, an dem Papst Franziskus sich zum ersten Mal auf der Loggia des Petersdomes zeigte, bestimmt die Botschaft der „Barmherzigkeit Gottes“ immer stärker die Verkündigung der Kirche. Immer wieder werden bestehende Regeln und Verhaltensanweisungen daraufhin überprüft, wie in ihnen noch stärker der barmherzige Gott sichtbar werden kann. Wir wissen, dass dies manchmal zu sehr kontroversen Diskussionen bis in die höchsten Kreise der Kirche hinein führen kann.
Die Frage danach, wie sich ein Jünger und eine Jüngerin Christi richtig verhält, beschäftigt auch schon die ersten Christengemeinden. Im heutigen Evangelium werden wir - wieder einmal - Zeuge frühchristlichen Suchens nach einer Antwort darauf.
Die Frage des Petrus ist ja nicht ganz unberechtigt: „Wie oft muss ich eigentlich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt?“ Vermutlich stehen hier Erfahrungen im Hintergrund, an die wir durchaus anknüpfen können. Da ist der Arbeitskollege, der immer wieder gerne mal die Tatsachen verdreht oder ein bisschen ausschmückt und mir dadurch ständig auf die Füße tritt. Die Nachbarn, die sich beim Renovieren oder Rasen mähen so gut wie nie an die Mittagszeiten halten. Oder sogar meine eigenen Geschwister, deren Fantasie schier grenzenlos erscheint, um irgendwelche unwahren Horrorgeschichten aus meinem Leben zu erzählen. Wie oft muss ich nun als Christ diesen und anderen Menschen noch vergeben? Denn wir wissen ja auch, dass es eben diese kleinen, feinen und regelmäßigen Nadelstiche sind, die besonders weh tun können und einen ärgern.
Die Weisung des Herrn ist zwar klar und eindeutig, aber nicht ohne Hintersinn. Denn er ermahnt uns, uns erst einmal an die eigene Nase zu fassen. Bin ich denn selbst immer auf dem Verhaltensniveau, dass ich mich über andere erheben könnte? Wenn mein Arbeitskollege schon ständig über mich tratscht, muss ich ihm ja nicht unbedingt jede Information weitergeben, die er für seine Arbeit vielleicht brauchen könnte. Wenn ich schon keine Mittagsruhe habe, warum soll ich dann das Päckchen für meinen Nachbarn annehmen, wenn er nicht da ist? Soll er doch selbst zur Post laufen. Und für meine phantasievollen Geschwister fällt mir sicherlich etwas Hübsches ein, womit ich es ihnen heimzahlen kann.
Grundhaltung Barmherzigkeit
Christus erzählt zwar ein sehr viel drastischeres Beispiel, aber die Frage gilt sicherlich auch mir: Müsste ich nicht selber barmherziger sein, wenn ich erwarte, dass andere barmherzig mit mir umgehen? Wie sich ein Jünger und eine Jüngerin Christi also christlich verhält, ist nicht nur eine Frage der richtigen Weisungen und Gebote. Sie hat ganz viel mit meiner eigenen „Grundhaltung“ zu tun. Das betrifft die großen Fragen in der Kirche: Mit welcher Grundhaltung begegnen wir den Menschen und legen die Weisungen der Kirche für sie aus? Und es betrifft die ganz menschlichen Kleinigkeiten meines alltäglichen Lebens. Die Grundhaltung, zu der uns Christus im Evangelium einlädt, ist die der Barmherzigkeit. Sie ermöglicht wirkliche Vergebung, eine Umkehr im Verhalten und eine neue Chance für mein Leben.
Vielleicht ist es gut, sich dabei auch an das christliche Menschenbild zu erinnern. Der Mensch, der von Gott, seinem Schöpfer ins Leben gerufen wird ist für das Gute bestimmt. Er trägt aber trotzdem eine Neigung zum Bösen in sich und lässt sich dazu auch immer wieder mal verführen. Es ist für einen Jünger und eine Jüngerin Christi wichtig, um diese Neigung und Verführbarkeit in mir selbst und bei anderen zu wissen. Denn nur so können wir mit der davon ausgehenden Gefahr richtig umgehen und den Schaden gering halten.
In Deutschland wird am kommenden Sonntag der Bundestag neu gewählt. Nicht umsonst mahnen die großen Propheten des Alten Testamentes die Herrscher immer wieder zur Gerechtigkeit für die Armen und Schwachen, zum Schutz Fremden gegenüber und zum Einsatz für den Frieden. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass auch Politiker nur Menschen sind, die - wie wir - gut sein wollen und doch auch die Neigung zum Bösen in sich tragen. Deshalb ist Wut über die da oben kein guter Ratgeber für die Wahl. Unsere Stimmen sind vielmehr ein Zeichen des Vertrauens den Männern und Frauen gegenüber, das sie für ihre nicht immer leichte Aufgabe in den kommenden vier Jahren brauchen. Auch die Art und Weise, wie wir unser Wahlrecht wahrnehmen, hat viel mit dieser Grundhaltung zu tun, die unser Leben bestimmen soll.
Vergeben wie Gott uns vergibt
Geschenk der Versöhnung - Pflicht zur Vergebung
Matthäus ermahnt heute in seinen „Gemeinderegeln“, sich gegenseitig zu verzeihen. Petrus fragt: „Wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal?“ Petrus kommt sich großzügig vor. Doch Jesus überhöht diese Zahl: „Ich sage Dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal.“ Sieben als die Zahl der Fülle wird nochmals gesteigert.
Jetzt schildert Jesus die Vergebung Gottes im Gleichnis. Der Knecht, der Rechenschaft geben muss, schuldet seinem Herrn die unvorstellbar große Summe von 10.000 Talenten. Welchen Wert diese Summe besaß, lässt sich erahnen, wenn man damit das geschätzte Jahreseinkommen von Herodes dem Großen vergleicht, das etwa 900 Talente betrug. Und hier haben wir 10.000, d.h. die Steuern von über 10 Jahren. Diese Riesenschuld wurde dem Knecht erlassen, „weil du mich gebeten hast“ - heißt es im Evangelium. Der Knecht selber aber ist unbarmherzig. Er besteht darauf, dass ein ihm untergebener Mitknecht wegen einer Schuld von 100 Denaren ins Gefängnis geworfen wird. 100 Denare: der Tageslohn für einen Arbeiter betrug einen Denar. Im Ganzen macht das also 100 Arbeitstage. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Der unbarmherzige Knecht wird den Peinigern übergeben. Und Jesus zieht den Schluss: „Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.“ Es ist nicht mehr von siebenmal oder siebenundsiebzigmal die Rede, sondern von unserer Haltung. Das ist ein warnender Satz, der nicht eintreffen soll.
Wege zur Versöhnung
„Vergib uns unsere Schuld!“ So beten wir im Herrengebet. Die Bedingung wird angefügt: „Wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben.“ Die Zusage im heutigen Text des Matthäus ist herausfordernd und tröstlich zugleich: Wie groß auch immer die Schuld des Menschen ist: Gott vergibt. Damit aber ist auch der Mensch in die Pflicht genommen: Die Vergebung, die der Mensch durch Gott erfahren hat, muss sichtbar werden an den Mitmenschen. Weil Gott uns gnadenhaft immer Verzeihung anbietet, können wir verzeihen.
Oft möchten wir nicht oder oft können wir nicht vergeben. Es kann uns schwer fallen, einem anderen, der sich gegen uns verfehlt hat, wirklich von Herzen zu verzeihen. Eine große Rolle spielen hier unsere Erfahrungen. Unser Vertrauen kann vielleicht missbraucht worden sein. Oder wir sagen: Verzeihen kann ich nach und nach, aber Vergessen kann ich es nicht. Wir werden an früher uns geschlagene Wunden, die immer in die gleiche Kerbe trafen, erinnert. Das Problem liegt oft in uns: Sympathische Menschen verletzen uns viel seltener. Bei krankhafter Böswilligkeit brauchen wir eine große Gelassenheit und Vertrauen in Gott.
Wege zur Versöhnung können sein: ein klärendes Gespräch mit einem Dritten, ein Beichtgespräch, unser Beten, das Lesen der hl. Schrift, bei all dem verbunden mit dem Versuch, uns an den unversöhnten Mitmenschen anzunähern.
Göttliche und menschliche Vergebung sind innerlich aufeinander bezogen. „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“ Doch - Gott möchte uns immer Vergebung schenken, selbst wenn wir unseren Feinden wie blockiert gegenüber stehen. Beten wir dann für den „Feind“! Da ist schon der Anfang von Vergebung gemacht – und das zählt.
Barmherzig wie der Vater im Himmel
"Groll und Zorn sind abscheulich"
Choleriker und Hitzköpfe haben es nicht leicht im Leben. Sie beschwören Konflikte noch rascher herauf als andere Menschen, die Schwierigkeiten gelassener ins Auge sehen können. So stellt auch das Buch Sirach aus der Weisheitsliteratur fest: "Groll und Zorn, auch das ist abscheulich... Wer Rache übt, an dem rächt sich der Herr." Daran schließt die Aufforderung nach Vergebung.
Das Evangelium legt dem rasch aufbrausenden Petrus die Frage in den Mund: "Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt?"(Mt. 18,21) Vielleicht hat Petrus auch nachgedacht über sein Verhalten anderen gegenüber - und es hat ihm im Nachhinein leid getan, was er durch unüberlegte Wortwahl, roten Kopf und wildes Gestikulieren angerichtet hat. Weiters zu bedenken: Petrus war nicht irgendwer, der nicht mehr Herr seiner Emotionen ist. Er hat immerhin eine führende Stellung innerhalb des JüngerInnenkreises und damit auch der Urgemeinde in Jerusalem. Wenn ihm der Geduldsfaden reißt und er sich zu verbalen Ausritten hinreißen lässt, ist das wesentlich schlimmer, als wenn sonst sich jemand nicht beherrschen kann.
Wie oft haben wir uns auch über Menschen geärgert, die ihrem Zorn freien Lauf lassen und hinzugefügt: einem Vorgesetzten, einem Repräsentanten, der in der Öffentlichkeit steht, darf das nicht passieren? Ist es nicht auch uns selbst passiert, unbeherrscht eine verbale Zornesbombe zu zünden? Wer Konflikte auslöst, stellt sich zumindest eine Zeitlang in die Reihe der Sünder, will heißen, er sondert sich ab, er beschädigt oder zerschneidet sehr leicht ein soziales Band. Bei ungeduldigen Menschen geht das sehr rasch. Ich glaube auch, dass jeder / jede von uns einen Schwachpunkt hat, wo ihm/ihr der Geduldsfaden bereits beim Einfädeln reißt: ein falsches unüberlegtes Wort in persönlich sensiblen Themenkreisen, und das Innere kocht über.
Vergebung
Die Antwort Jesu: "Nicht bis zu siebenmal, sondern bis zusiebenundsiebzigmal" (Mt. 18,22), sollst du vergeben. Die Zahl Sieben hat die symbolische Bedeutung von "ganz, vollkommen" - immer. Zwei oder dreimal sieht man sieht man noch ein, wobei beim dritten Mal das "r" schon drohend zu rollen beginnt. Dieses "Immer-Vergeben-Können" ist ein wichtiges Anforderungsprofil im Dienst des Menschen, im Dienst der Nachfolge Jesu, im Dienst der Kirche. Je höher jemand im gesellschaftlichen Bereich steht, umso bedeutender wird diese Sichtweise der Liebe. Das Liebesgebot macht deutlich: Macht durch Dienst und Dienen zu zeigen.
Wenn wir einander vergeben, heißt das noch nicht, dass alle Verfehlungen vergessen sind. Vergeben heißt, nichts mehr nachzutragen von dem, was vorgefallen ist. Es gibt Vorgesetzte, die Buch führen über Nachlässigkeiten und Sündenregister ihrer Mitarbeiter. Auch im Familienkreis kommt es gelegentlich vor, dass lange zurückliegende Konflikte immer wieder zum Gesprächsthema werden und von Neuem erzürnen. Hier wäre Schweigen angebracht.
Jesus thematisiert diesen dringenden Wunsch nach Vergebung in einem Gleichnis: Ein König lässt einem Schuldner eine Summe, die er höchstwahrscheinlich nie zurückzahlen kann, nach. Stellen Sie sich so eine Summe Geldes als Anschauungsmittel der Schuldenlast Griechenlands, USA oder der Summe des EURO-Rettungsschirms vor.- Genaugenommen unvorstellbar!
Dieser Schuldenerlass bedeutet nichts anderes als dass Gottes Liebe zu uns Menschen so groß ist, dass darin Vergebung, Barmherzigkeit, Neuanfang immer Platz haben.
Seid barmherzig, wie euer Vater im Himmel barmherzig ist
Die Evangelien des letzten und auch dieses Sonntags machen klar, dass diese Welt voller Konflikte, Streitereien, Gewalt und Verfehlungen ist, dass es viel Schuld gibt und wir ständig der Vergebung, der Barmherzigkeit bedürfen. Vergebung ist gleichsam die "Wurzelbehandlung", um weiter bestehen zu können.
Vergebung ist nicht nur an eine Person, die des Petrus allein gebunden, sie betrifft alle JüngerInnen. Der Begriff des Apostels ist vom Begriff der Jünger kaum zu trennen. Jesus nimmt die Vergebung so wichtig, dass er uns im "Vater unser" die Vergebungsbitte ans Herz legt.
Die sonntäglichen Texte eröffnen uns eine wichtige Facette, einen neuen Zugang zu Gott, der uns zeigt, dass er der Barmherzige, der Liebende ist, dass er es ist, der die Initiative zur Vergebung setzt, auch wenn wir dabei versagen.
Wir können vergeben, weil Gott uns vergibt
Ein hoch verschuldeter Mensch
Bei der eben gehörten Geschichte handelt es sich um eine Parabel, in der ein ungewöhnlicher Vorgang geschildert wird. Wem diese Parabel nicht bekannt ist, der könnte sich nicht vorstellen, dass einem über die Maßen verschuldeten Mann alle Schuld erlassen wird; ja, dass er nicht einmal Rechenschaft ablegen muss über das veruntreute Geld. Doch so hat es sich ereignet.
Die Parabel schließt an ein Gespräch an, in dem Jesus von Petrus gefragt wird: "Wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt?" Jesus hat darauf geantwortet: "Siebenundsiebzigmal", was in rhetorischer Überspitzung ausdrücken will: Immer wieder!
Vergegenwärtigen wir uns, wie die Geschichte abläuft. Erzählt wird von einem Herrn, am Anfang als König eingeführt, der von seinen Dienern über die Verwaltung der Gelder Rechenschaft verlangte. Das Umfeld ist ein orientalischer Hof, wo die Diener - höhere Hofbeamte - völlig dem Herrscher ausgeliefert waren. Einer von ihnen, möglicherweise der Verwalter einer Provinz, schuldete seinem Herrn, aus welchen Gründen auch immer, die enorme Summe. Zehntausend Talente. Hier wird bewusst ein die realen Verhältnisse übersteigender Schuldenanteil genannt. Damit soll zum einen deutlich gemacht werden, wie unvorstellbar groß die Schuldenlast des Dieners seinem Herrn gegenüber war, der sie ihm dann erlässt. Zum andern wird in dieser hohen Summe gerade der Kontrast deutlich zu der verschwindend kleinen Summe, deretwegen derselbe Diener einen anderen, der ihm nur wenig schuldete, zur Rechenschaft zog.
Da diese Summe unmöglich heraus gewirtschaftet werden konnte, greift der Herr zu einer drastischen Maßnahme, die ihm das damals in Palästina geltende hellenistische Strafrecht erlaubte. Der Schuldner wurde dazu verurteilt, sich selbst, Frau und Kinder und sein ganzes Hab und Gut zu verkaufen. Das alttestamentliche Recht kennt wohl die Versklavung des Schuldners, aber nicht die der ganzen Familie (vgl. Ex 22, 2). Ehe es zu Ausführung dieser Sippenexekution kommt, bittet der zahlungsunfähige Diener um Gnade. Er verspricht, aus der Not geboren, etwas, was er nie und nimmer wird einlösen können, nämlich alles zurückzuzahlen. Der Herr hätte ihm vielleicht eine Frist setzen können. Nein, er hatte, so heißt es, Mitleid mit ihm. Er erlässt dem Diener sofort die gesamte Schuld und belässt ihn in seinem Amt. Das Recht wird damit durch einen Akt reiner Gnade außer Kraft gesetzt.
Ein unbarmherziger Diener.
Nun wäre zu erwarten gewesen, dass der, dem eine so ungeheure Schuld erlassen wurde, an einem anderen bei ihm in Schuld geratenen Diener genau so großmütig gehandelt hätte wie sein Herr. Zumal er ihm nur die vergleichsweise lächerliche Summe von hundert Denaren schuldig war. Der Schuldner bittet um Nachsicht. "Da fiel der andere vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen." Dies sind dieselben Worte, mit denen er selbst zuvor seinen Herrn um Erbarmen angefleht hatte. Doch im Unterschied zu seinem Herrn war er nicht bereit, Gnade vor Recht gelten zu lassen. Stattdessen übte er brutale Gewalt aus, er ließ den andern ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld abzahlen konnte. Aus einem Schuldner, dem eine Riesenschuld erlassen wurde, ist ein unnachsichtiger Gläubiger geworden. Der Kontrast zwischen dem barmherzigen Herrn und dem unbarmherzigen Diener hätte nicht größer sein können.
Als einige der Diener das sahen, machte sie das traurig. Sie berichteten ihrem Herrn davon. Der ließ den skrupellosen Diener kommen und wies ihn zurecht: "Du elender Diener! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich so angefleht hast. Hättest nicht auch du mit jenem, der gemeinsam mit dir in meinem Dienst steht, Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?"
An Gott Maß nehmen.
In diesen Worten erschließt sich der Sinn der Parabel. Die bedingungslose Vergebungsbereitschaft des Herrn weist in bildhafter Weise hin auf die unfassbare, maßlose Güte Gottes selbst dem gegenüber, der schwere Schuld auf sich geladen hat. Wie öfter beim Evangelisten Matthäus wird die Parabel mit dem Eingangsworteingeleitet: "Mit dem Reich Gottes verhält es sich wie..." Es ist damit das gütige Handeln Gottes gemeint, das wir für unser Verhalten als Maßstab nehmen sollen gegenüber denen, die an uns schuldig geworden sind. Man könnte sagen: Wenn solches schon in der irdischen Welt möglich ist, wo das Recht maßgebend ist, um wie viel mehr dann in der Wertordnung des Gottesreiches mit seinen ganz anderen Maßstäben.
Die Folter, von der in dieser Geschichte die Rede ist, wurde gemäß der damaligen Rechtspraxis dazu eingesetzt, Auskünfte über das veruntreute Geld zu erlangen. Eine solche unmenschliche Strafmaßnahme wird man nicht auf Gott übertragen dürfen, weil dies dem barmherzigen Handeln Gottes widersprechen würde. "Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich so angefleht hast. Hättest nicht auch du mit jenem, der gemeinsam mit dir in meinem Dienst steht, Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?" Auch diesmal, ähnlich wie bei der Parabel von den Arbeitern im Weinberg, beendet der Evangelist die bildhafte Erzählung mit einer moralischen Sentenz. "Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt." Damit wird diese Geschichte zu einer Art Gerichtspredigt. Es ist darin der mahnende Imperativ zu hören: Respice finem - Bedenke das Ende!
Gott vergibt im Voraus.
"Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt." Wie wird Gott an Menschen handeln, die nicht bereit sind, anderen ihre Schuld zu vergeben? Gewiss nicht so, wie der Herr in der Parabel mit dem verfuhr, der dem andern die Schuld nicht erlassen wollte. Gemeint ist, dass Gott uns nicht vergeben kann, wenn wir nicht unseren Mitmenschen vergeben. Die Sätze, die der letzten Vaterunserbitte folgen, sagen dasselbe aus: "Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben" (Mt 6,14 f).
In der Bergpredigt hören wir das so: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und mit dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden" (Mt 7,1 f). Der Evangelist Lukas macht in der sog. Feldrede noch den Zusatz: "Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden" (Lk 6,37). Zweifellos wird hier ein Zusammenhang hergestellt zwischen der Vergebung, die Gott uns schenkt, und der Vergebung, die wir unseren Mitmenschen zuteil werden lassen. Es kann sich jedoch nicht um ein Nacheinander handeln. Zuerst muss der der Mensch vergeben, und dann erst vergibt Gott. Die Zuordnung von menschlicher und göttlicher Vergebung ist mehr als ein Beziehungsgeschehen zu sehen, in dem Gott der Gebende ist und wir die Beschenkten. Im 1. Johannesbrief heißt es: "Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat (1 Joh 4,10). Und: "Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat" (1 Joh 4,19).
Auf die Vergebung bezogen würde dies bedeuten, dass wir - all unserem Handeln voraus! - in die Vergebung schenkende Liebe Gottes hinein genommen sind. Wer aber dann nicht bereit ist, den Menschen Liebe, Vergebung zu schenken, der verschließt sich vor Gott. Er gibt der vergebenden Liebe Gottes keinen Raum in seinem Herzen. Wenn unser Herz verhärtet bleibt anderen gegenüber, dann kann Gott nicht vergeben, so sehr er es auch wollte. So gesehen macht Gott seine Vergebung abhängig von unserer Bereitschaft, andern zu vergeben.
Mach es nicht wie dieser Mensch!
Zuallererst hat der Herr seinem Diener die immense Schuld erlassen. Daraufhin hätte der Diener genau so handeln sollen und dem andern die weit geringere Schuld erlassen müssen. Er verweigerte sich der Liebe, die ihm geschenkt wurde. Mach es nicht wie dieser Mensch! Das ist die Quintessens dieser Beispielerzählung. Sie geht jeden von uns an, und sie lässt mich fragen: Handle ich nicht manchmal ähnlich wie der, dem eine große Schuld erlassen wurde und der dann hingeht und seinem Mitmenschen die kleine Schuld nicht erlässt? Doch Gott kann in seiner alles Begreifen übersteigenden Güte unsere Herzen verwandeln. Wir können vergeben, weil Gott uns vergibt. Wir können barmherzig sein, weil Gott barmherzig ist. Darum müssten wir Maß nehmen an Gottes Erbarmen. Diesem hohen Maßstab können wir indes nur Schritt für Schritt entsprechen. Wenn wir jedoch Gott an uns wirken lassen, dann wird unsere Bereitschaft, andern zu vergeben, mehr und mehr die Züge von Gottes Güte annehmen. Lassen wir und die Augen des Herzens öffnen für die Liebe Gottes, die gerade in der Vergebung keine Grenzen kennt.
Interkulturelle Vergebung
Zehn Jahre nach Nine-Eleven
Zehn Jahre sind also vergangen seit jenem furchtbaren 11. September 2001. Nine-eleven ist zum Inbegriff geworden für einen Tag, der die Welt nachhaltig verändern sollte. Immer wieder wurde und wird von einem historischen Einschnitt gesprochen. An diesem Tag starben nicht nur gut 3.000 Menschen in den Flugzeugen sowie in den Gebäuden und am Erdboden in New York, Washington und Shanksville (Pennsylvania) - dieser Tag hat auch der Rede vom 'Zusammenprall der Kulturen' eine ganz neue Färbung gegeben:
Clash of Civilizations
1993 prägte der amerikanische Politologe Samuel Huntington dieses Wort und meinte damit, dass nach der Zeit des Kalten Krieges neue Auseinandersetzungen vor allem an den Trennlinien verschiedener Kulturen und Religionen stattfinden würden. - Der 11. September 2001 und seine Folgen lieferten dieser These reichlich Nährstoff.
Der Tag der Anschläge war der Beginn unruhiger Zeiten, die für uns heute vielleicht kaum mehr spürbar aber trotzdem noch lange nicht beendet sind. Als eine der direkten Folgen der Terroranschläge in den USA brach im Herbst 2001 der Afghanistankrieg los, da dort die Drahtzieher der Anschläge vermutet wurden. Aber auch nach dem Tod des Terror-Chefs Usama bin Ladin im Mai dieses Jahres lässt sich kaum von einer gelösten Situation sprechen. 2003 begann - unter falschen Vorwänden der US-Regierung - die kriegerische Auseinandersetzung im Irak. Nach dem Tod des irakischen Tyrannen ist die Lebenslage des Iraks keineswegs stabil. Der Krieg gegen den Terrorismus war eröffnet - und er dauert an bis heute: ohne Sieger, aber mit Tausenden von Verlierern - Soldatinnen und Soldaten, Männern, Frauen und Kindern aus den Bevölkerungen. Das darf uns auch heute - zehn Jahre nach nine-eleven - nicht kalt lassen.
Wenn Globalisierung zu viel wird
Fragen wir, was denn den Zusammenprall der Kulturen ausmacht, stellen wir fest, dass ihm vor allem ein krampfhaftes Behüten und Verteidigen des Eigenen zugrunde liegt: Die eigene Kultur, die eigene Religion, die eigene Sprache usw. müssen leben - notfalls auf Kosten der anderen. Das riecht nach nie endenden Konflikten. So ist es zum 11. September 2001 gekommen, aber auch zu seinen Folgen. Wie schafft man dem ein Ende?
Die Veränderungen in Nordafrika - der 'arabische Frühling' - haben deutlich gemacht, dass kriegerische Interventionen von außen den von Unrecht betroffenen Menschen selten nutzen, sondern vielmehr allein gemeinschaftliche Unterstützung. Dann gibt es nicht den Zusammenprall der Kulturen, sondern vielmehr ihre Verbrüderung. Da drin steckt Zukunft.
Eine Stimme aus dem Chaos
Inmitten dieser Welt in Bewegung spielt das Christentum eine wichtige Rolle. Und zwar nicht nur das Christentum als Kulturträger, sondern zuerst einmal die christliche Botschaft. Sie aber spricht eine ganz andere Sprache, als es Krieg und Terror tun. An diesem Tag lohnt es sich, darauf einmal mehr zu verweisen.
Das Evangelium von heute nimmt kein Blatt vor den Mund. In einem Bildwort zeigt Jesus auf, dass Schuld und Vergebung nicht einzelne Phänomene sind, sondern stets vernetzt zu sehen sind und einander bedingen. "Hättest nicht auch du mit jenem, der gemeinsam mit dir in meinem Dienst steht, Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?" - so herrscht ein König seinen Diener an, der wiederum gegenüber einem Dritten unnachgiebig war, obwohl er selbst Gnade erfahren hat. Wer richtet, so die Botschaft Jesu, soll wissen, dass ihn das Urteil ebenso treffen kann.
Dieses Wort soll bescheiden und vorsichtig werden lassen. Das gilt für den einzelnen Menschen, das gilt aber auch für größere Gemeinschaften, für Volksgemeinschaften und Kulturgruppen. Dass es schwierig wird, wenn zwischen den Kulturen hier ein gemeinsamer Nenner fehlt, wenn andere Religionen diese Bescheidenheit vielleicht nicht kennen, ist einleuchtend. Das entlässt uns Christinnen und Christen aber nicht aus der Pflicht, nach den Ansätzen zum Guten immer wieder neu zu suchen.
Schon der alttestamentliche Prophet Jesus Sirach legt es vor: "Vergib deinem Nächsten das Unrecht, dann werden dir, wenn du bittest, auch deine Sünden vergeben.” Das heißt überspitzt formuliert: Wenn du nicht Frieden machst, weil dir an deinem Nächsten was liegt, dann wenigstens, damit du unter deinen eigenen Vergehen nicht leiden musst.
Eine 'Achse des Bösen' zu verkünden, wie es der ehemalige US-Präsident im Anschluss an den 11. September gemacht hat, ist dann einerseits unkonstruktiv und kann andererseits zum Bumerang werden. Die Geschichte wird uns zukünftig lehren, ob die kriegerischen Handlungen Fehler waren, - im Angesicht des vielfachen Leids bei allen Betroffenen scheint die Frage aber beantwortet.
Jeder ist verantwortlich
Schauen wir zum Schluss doch noch einmal auf den einzelnen Menschen, dem die Botschaft von der Vergebung zugedacht ist. Denn die Entwicklung dieser Welt im Ganzen fällt ja nicht vom Himmel, sondern ist die Summe der Taten aller Einzelner. Jeder von uns ist gefragt nach den ganz persönlichen Anteilen am Weltgeschehen.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: "Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern.” Wenn Vergeben und Verstehen in unseren kleinen Kreisen, in unserem Dorf und in unserem Land beginnt und in jedem Dorf und Land sich fortsetzt, ist es unwahrscheinlich, dass sich dieser 11. September 2001 noch einmal wiederholt. Bis dahin liegt vor uns allen noch ein langer und weiter Weg, zu dem es aber keine Alternative gibt.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter (2017)
Lieder:
GL 140: Komm herbei, singt dem Herrn
GL 142: Zu dir, o Gott, erheben wir die Seele mit Vertrauen
GL 266: Bekehre uns, vergib die Sünde
GL 273: O Herr, nimm unsre Schuld, mit der wir uns belasten
GL 377: O Jesu, all mein Leben bist du
GL 382: ein Danklied sei dem Herrn
GL 384: Hoch sei gepriesen unser Gott (2. und 3. Str)
GL 385: Nun saget Dank und lobt den Herren
GL 393: Nun lobet Gott im hohen Thron (2. Str.)
GL 395: Den Herren will ich loben
GL 402: Danket Gott, denn er ist gut; groß ist alles, was er tut
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen
GL 429: Gott wohnt in einem Lichte
GL 464: Gott liebt diese Welt.
GL 657,6: Misericordias Domini in aeternum cantabo
GL Ö815: Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt
GL Ö866: ein Danklied sei dem Herrn
Psalmen und Kehrverse:
GL 57: Meine Seele preise den Herrn. - Mit Psalm 103 - II
GL 305,4: Dies ist mein Gebot. Liebet einander, wie ich euch geliebt - Mit Psalm 118 - VI.
GL 517: Der Herr vergibt die Schuld und rettet unser Leben. - Mit Psalm 51 (GL639,2) - IV.
GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung - Mit Psalm 146 (GL 77,2) - VII
GL 639,1: Erbarme dich meiner, o Gott, erbarme dich meiner - Mit Psalm 51 - IV.
GL 639,3-4: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung - Mit Psalm 139 - II.
- Einleitung4
Martin Stewen (2023)
Wer einem anderen Menschen seine Vergebung zuspricht, ist ein mutiger Mensch., Er riskiert sich. Wer vergibt, gewährt einen Vertrauensvorschuss und glaubt, dass der andere der zwischenmenschlichen Beziehung keinen weiteren Schaden mehr zufügen wird. Wer vergibt, lässt einen anderen Menschen auch den Himmel spüren.
Hans Hütter (2020)
Religion und Wirtschaft sind enger miteinander verwandt, als uns oft lieb ist. In der Wirtschaft spielen Kredite eine wichtige Rolle, die Gottesdienst sprechen wir ein Credo. Vertrauen ist für beide Bereiche ein zentrales Schlüsselwort. Schulden machen und Schulden zurückzahlen, sich schuldig wissen und Schuld ablegen können, sind Gedankenkreise, die einander ähnlich sind. In beiden Umfeldern geht es auch um Gemeinschaft, um ein Dazugehören. Religionsausübende können von Wirtschaftsleuten lernen, Wirtschaftstreibende von Gläubigen.
Am Beginn des Gottesdienstes machen wir uns jeweils bewusst, wie sehr wir von der Hochherzigkeit Gottes abhängig sind und bitten wir um sein Wohlwollen, seine Nachsicht mit unseren Unzulänglichkeiten und um sein Erbarmen.
Bernd Kösling (2017)
Wieder liegt eine Woche unseres Lebens hinter uns. Wir haben die Last des Alltags getragen und die Herausforderungen unseres Lebens mehr oder weniger gut bewältigt. Nicht alles ist dabei ohne Verletzungen und Streit möglich gewesen.
Siebenundsiebzigmal soll ich den anderen Vergebung gewähren. Manchmal reicht es schon, meinem Nächsten wenigstens ein Wort der Versöhnung zu gönnen. Wenn wir zu Beginn dieses Gottesdienstes das Erbarmen des Herrn anrufen, dann beten wir besonders für die, die in der vergangenen Woche von mir getroffen wurden.
Hans Hütter (2011) - Gleichgewicht von Geben und Nehmen
Ein gewisses Gleichgewicht von Geben und Nehmen ist Basis unserer Lebenskultur. Dies gilt für viele Lebensbereiche. Wir stoßen damit aber auf Grenzen, wenn es um das Versagen eines oder vieler Menschen geht. Die Spirale des Hasses und der Vergeltung kann damit nicht gestoppt werden. Jesus streicht dem gegenüber die Notwendigkeit der Vergebung und der Versöhnung hervor.
Am Beginn eines jeden Gottesdienstes treten wir vor den Herrn und bitten ihn um Vergebung unserer Schuld und unseres Versagens. Dies schließt ein, bzw. setzt voraus, dass wir auch einander vergeben und einander die Schuld nicht nachtragen.
- Kyrie4
Martin Stewen (2023)
Kyrie
Jesus Christus,
mit dir ist die Barmherzigkeit des Vaters Mensch geworden.
Herr, erbarme dich.
Jesus Christus,
durch dich kennen wir den Weg zum Himmel.
Christus, erbarme dich.
Jesus Christus,
von dir erfahren wir ein Beispiel für unser Leben.
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2020) - nicht nur siebenmal
Herr, Jesus Christus,
du hast uns Gott als den großen Erbarmer geoffenbart.
Herr, erbarme dich.
Du hast uns bewusst gemacht, wie sehr wir aufeinander angewiesen sind.
Christus, erbarme dich.
Du hast uns aufgefordert, einander nicht nur siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal zu vergeben.
Herr, erbarme dich.
Bernd Kösling (2017)
Gib uns den Mut voll Glauben, Herr, heute und morgen zu handeln.
Herr, erbarme dich unser.
Gib uns den Mut, voll Liebe, Herr, heute die Wahrheit zu leben.
Christ, erbarme dich unser.
Gib uns den Mut voll Hoffnung, Herr, heute von vorn zu beginnen.
Herr, erbarme dich unser.
Bernhard Rathmer (2005)
Tastende sind wir, Herr, nach einer guten Hand, die uns führt,
wenn wir uns irren.
Herr, erbarme dich.
Hoffende sind wir, Herr, auf ein vergebendes Wort,
wenn Fehler und Versagen unser Leben erschweren.
Christus, erbarme dich.
Glaubende sind wir, Herr,
dass du uns und den anderen in deiner Liebe hältst.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet4
Messbuch - TG 24. Sonntag: die Macht deiner Liebe an uns erfahren
Gott, du Schöpfer und Lenker aller Dinge,
sieh gnädig auf uns.
Gib, daß wir dir mit ganzem Herzen dienen
und die Macht deiner Liebe an uns erfahren.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 24. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 27: Vater, der für alle ein Herz hat
Gütiger Gott.
Bei dir ist Freude über jeden Menschen,
der umkehrt und Buße tut.
Denn du bist der Vater, der für alle ein Herz hat.
Lass uns darauf vertrauen und deinem Ruf folgen.
Hilf uns,
dass auch wir einander vergeben,
wie du uns vergibst.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Amen.
MB Auswahl 27
Messbuch - TG Auswahl 6: Dein Wort bringt Freude, Frieden Versöhnung
Gott Dein Wort bringt Licht und Freude in die Welt.
Es macht das Leben reich,
es stiftet Frieden und Versöhnung.
Gib, dass wir es nicht achtlos überhören.
Mach uns aufnahmebereit.
Bring dein Wort in uns zu hundertfältiger Frucht.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 6
Messbuch - TG Auswahl 34: dem Frieden und der Versöhnung Raum schaffen
Guter Gott.
Durch deinen Sohn Jesus Christus
hast du begonnen,
unter uns Menschen
dem Frieden und der Versöhnung Raum zu schaffen.
Mach uns
zu einer offenen und brüderlichen Gemeinde.
Hilf uns, daß wir um seinetwillen
einander annehmen und zu verstehen suchen,
auch wo wir verschiedener Meinung sind.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Amen.
MB Auswahl 34
- Eröffnungsgebet3
Sonntagsbibel (2021) - Mach auch uns zur Vergebung bereit
Barmherziger Gott,
dein Sohn hat uns dich geoffenbart als den Vater,
der uns annimmt und uns vergibt.
Mach auch uns zur Vergebung bereit.
Durch Christus, unseren Herrn.
Martin Stewen (2023)
Guter Gott
du versprichst uns dein Reich
als unsere Wohnstätte für alle Zeiten.
Hinwendung, Barmherzigkeit, Vergebung und Liebe
sind der Schlüssel dazu.
Hilf uns, schon hier auf Erden unseren Nächsten
einen Vorgeschmack vom Himmel bieten zu können,
wenn wir einfühlsam sind, lieben und verzeihen.
So bitten wir dich Gott, unseren Vater,
durch Christus, der uns ein Beispiel gegeben hat,
in der Kraft des Heiligen Geistes,
von heute bis in alle Ewigkeit.
Beatrix Senft (2023)
Vater im Himmel,
wir leben in einer Welt von Streit und Krieg.
Angstvoll schauen wir auf die fehlende Versöhnungsbereitschaft im Kleinen und im Großen.
Dein Sohn hat uns deine Aufforderung zur Versöhnungsbereitschaft offenbart
und uns ein friedvolles Miteinander vorgelebt.
Stärke uns in diesem Gottesdienst neu durch sein Wort und die Mahlgemeinschaft mit ihm.
Schenke uns den Willen und die Kraft, seinem Beispiel zu folgen.
Das bitten wir durch ihn, unseren Bruder und Herrn.
- Fürbitten8
Martin Stewen (2023)
Liebender Gott,
der Himmel ist deine Barmherzigkeit, Gnade und Güte. Davon sollen wir auf Erden ein Beispiel geben. Das ist oft nicht einfach.
Wir rufen zu dir und bitten dich:
Wir beten für alle, die Schuld auf sich geladen und Vertrauen zerstört haben:
Lass sie ehrlich und aus tiefstem Herzen umkehren wollen.
Wir beten für alle, denen Böses angetan wurde und denen Vergebung schwer fällt oder unmöglich ist:
Lass sie herausfinden, was es braucht, um ihre Herzen zu bewegen.
Wir beten für alle, die sich um Aussöhnung zwischen Nationen, Kulturen und Religionen bemühen:
Schenke ihnen Geduld, Kraft und Ausdauer.
Wir beten für alle, die im Kleinen oder Großen aus Machtkalkül bewusst Schuld auf sich geladen haben, um sich Vorteile zu verschaffen:
Lass sie erkennen, dass der Friede mit anderen auch der Friede ihres eigenen Herzens ist.
Wir beten für alle, die ihren irdischen Lebensweg vollendet haben und in deine Ewigkeit eingegangen sind:
Lass sie deine allumfassenden Gnade und Barmherzigkeit spüren.
Wir glauben an deinen Bestand und vertrauen dir, o Gott.
Durch Christus, unseren Bruder und Herrn. - Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2023)
Gott, aus deinem Mutterschoß kommt das Erbarmen, das du uns entgegenbringst.
Die Anliegen unserer Zeit halten wir vor dich hin und bitten um deine spürbare Gegenwart:
Rechthaberei und Besitzansprüche enden in Gewalt und Kriegen, töten Menschen, treiben andere in die Flucht.
Um deinen Geist des Friedens und des Zusammenhalts bitten wir.
Verletzungen und Verhärtungen machen ein Zusammenleben in Familien und Gemeinschaften schwer.
Um deinen Geist des Verzeihens bitten wir.
Der rücksichtslose Umgang mit der Natur und die Ausbeutung der Erde fallen mit der Klimakrise auf uns zurück.
Um deinen Geist der Ermutigung und Tatkraft bitten wir.
Vor Schuld verschließen wir gern die Augen, wollen unsere Fehler nicht eingestehen, wollen uns damit nicht beschäftigen.
Um deinen Geist der Wahrhaftigkeit bitten wir.
Wir trauern um vertane Chancen, um zerbrochene Beziehungen. Wir trauern um Menschen, die wir verloren haben.
Um deinen Geist des Neuanfangs und der Hoffnung bitten wir.
Gott, du fängst uns auf und liebst uns in all unseren Unzulänglichkeiten. Sei bei uns, wenn wir den Alltag zu meistern versuchen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. - Amen.
© Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels - St. Franziskus.
Renate Witzani (2023)
Jesus öffnet unseren Blick auf einen Gott, der nicht nur vergibt, was wir ihm schuldig bleiben, sondern zugleich auch auf die heilende Kraft von Versöhnung untereinander hinweist.
Durch ihn lasst uns bitten:
Durch deine Kirche schenkst du uns viele Möglichkeiten, eigene Schuld einzusehen und damit umzugehen.
Wir bitten dich für alle, die immer wieder neu in der Kraft dieser Versöhnung zurück ins Leben finden.
Viele Menschen sind durch Kriege, Naturkatastrophen oder kritische Lebenssituationen schwer belastet.
Wir bitten dich für alle, die versuchen ein konstruktives Miteinander dem Gift von Wut, Verbitterung, Enttäuschung und Rachsucht entgegenzusetzen.
Es gibt Beziehungen, in denen einmal erfahrene Kränkungen bis an das Lebensende mitgeschleppt werden.
Wir bitten dich um die Kraft, die Opferrolle verlassen und an einer neuen gemeinsamen Zukunft bauen zu können.
Unser ganzes Leben lang schenkst du uns die Möglichkeit Vergebung zu üben.
Wir bitten dich um deinen Geist, der uns dabei führt und leitet.
In dir, Herr, ist uns Menschen eine Hoffnung geschenkt, die über den Tod hinausreicht.
Wir beten für unsere Verstorbenen und besonders für jene, denen wir in ihrem Leben etwas schuldig geblieben sind.
Im Geschenk deiner Menschwerdung und Erlösung dürfen wir Gottes Großzügigkeit und Barmherzigkeit erleben.
Ihm sei Dank, Lob und Ehre jetzt und allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2023)
Guter Gott,
du bist barmherzig uns gegenüber und möchtest, dass auch wir barmherzig sind.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen, die ihren Groll gegen ihre Mitmenschen tief in sich hineingefressen haben und in Bitterkeit verharren:
Zeige ihnen Wege zur Versöhnung.
Für alle Menschen, die nicht vergeben können oder wollen:
Zeige ihnen Wege zur Versöhnung.
Für die Politiker, die glauben, Konflikte nur mit Gewalt lösen zu können:
Zeige ihnen Wege zur Versöhnung.
Für alle Soldaten und Söldner, die in Kriegen schuldig geworden sind:
Zeige ihnen Wege zur Versöhnung.
Für alle, die Angst haben vor den Geflüchteten, die bei uns Schutz suchen:
Zeige ihnen Wege zur Versöhung.
Für uns alle, die wir immer wieder schuldig werden an unseren Mitmenschen:
Lehre uns um Verzeihung zu bitten und zeige uns Wege der Versöhnung.
Für die Sterbenden: dass sie sich versöhnen können mit ihrem Leben und mit den Menschen, denen sie Unrecht getan haben oder von denen ihnen Unrecht geschehen ist.
Zeige ihnen Wege der Versöhnung.
Für unsere Verstorbenen:
Lass sie in Frieden und Versöhnung leben bei Dir.
Guter Gott,
oft fällt es uns schwer, uns mit unseren Mitmenschen zu versöhnen oder um Versöhnung zu bitten. Steh Du uns bei und schenke uns die Kraft, es immer wieder zu versuchen.
Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus unseren Bruder und Herren. – Amen.
Hans Hütter (2020) - Guter Gott, du bist hochherzig
Guter Gott,
du bist hochherzig und siehst die Not der Menschen.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen, die in dieser schwierigen Zeit wirtschaftliche Sorgen haben,
die nicht wissen, woher sie das nötige Geld für ihren Lebensunterhalt oder den Fortbestand ihres Betriebes nehmen sollen.
Lass sie Menschen begegnen, die ihnen großzügig helfen.
Für alle Menschen, die ihre Schulden nicht zurückzahlen können.
Zeige ihnen Auswege aus ihrer Notlage.
Für alle Menschen, die Schuld auf sich geladen haben
oder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind.
Führe sie zur Einsicht in ihre eigenen Fehler
und eröffne ihnen Wege der Wiedergutmachung und Vergebung.
Für alle Menschen, die mit Nachbarn, Verwandten oder Kollegen Konflikte austragen.
Zeige ihnen Lösungen, mit denen alle Beteiligten gut leben können.
Für alle Menschen, die von Mitmenschen geschädigt, beleidigt oder gekränkt worden sind.
Schenke ihnen die Kraft zu vergeben und lass sie inneren Frieden finden.
Für unsere Verstorbenen.
Lass sie Frieden und Vergebung finden.
Vater im Himmel,
du kennst unsere Schwächen und Fehler
sowie unsere Not, mit ihnen gut umzugehen.
Nimm uns an in unseren Unzulänglichkeiten
und zeige allen Menschen deine Barmherzigkeit. – Amen.
Bernd Kösling (2017)
Lasst uns getreu unserem Auftrag die Sorge um die Zukunft der Welt fürbittend im Gebet zu Christus bringen:
Hilf Herr unseres Lebens - wir bitten dich erhöre uns
Bitten wir um die Kraft zur Vergebung gegenüber den Menschen, die uns immer wieder verletzen und weh tun.
Bitten wir darum, dass wir selber möglichst wenige Menschen verletzen und beleidigen.
Bitten wir um die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes in unserem Leben, damit wir diese Barmherzigkeit anderen bezeugen können.
Bitten wir für Menschen und Völker, die sich nicht vergeben können und im Kleinen oder Großen Krieg gegeneinander führen.
Bitten wir für unsere Verstorbenen, die nun ganz auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen sind.
Biete deine Macht auf, Herr, unser Gott, und komm unserer Schwachheit zu Hilfe.
Dafür loben und preisen wir Dich, heute und in Ewigkeit. – Amen.
Renate Witzani (2017)
Vergeben heißt, von dem, was wir an Verletzungen, Missachtung und Ungerechtigkeit erfahren haben, abzusehen und den anderen nicht mehr nachzutragen. Aus unseren eigenen Kräften heraus können wir das nicht. Lasst uns Christus bitten, dass er uns hilft, denen zu vergeben, die an uns schuldig geworden sind:
Für deine Kirche, in der oft aus gut gemeintem Eifer für dein Werk andere öffentlich belehrt und geschmäht werden.
Für die Vertreter der politischen Parteien, dass sie nach den Grabenkämpfen des Wahlkampfs Wege zu einer für das ganze Land gedeihlichen Zusammenarbeit finden.
Für alle Kranken und Hilfsbedürftigen, dass sie nicht nur Verständnis einfordern sondern auch für die Überforderung der professionellen Helfer Verständnis zeigen können.
Für uns selbst, die wir sooft an eigener Selbstgerechtigkeit scheitern.
Für alle Sterbenden, dass sie an der Grenze zum Tod deine Verbundenheit und Begleitung erfahren dürfen.
Denn in dir Christus, hat uns Gott seine Barmherzigkeit gezeigt.
Durch dich preisen wir den Vater im Heiligen Geist. - Amen.
Hans Hütter (2011) - maßlos im Vergeben
Herr, Jesus Christus,
du bist maßlos im Vergeben
und willst, dass auch wir einander die Schuld nicht nach tragen.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen und Völker, die glauben,
ihre Konflikte nur mit Gewalt und Vergeltung lösen zu können.
Zeige ihnen Wege zum Frieden
und zu einem versöhnten Miteinander.
Für alle Menschen, die an anderen schuldig geworden sind
und sich nicht allein aus ihrer Verwicklung in Schuld befreien können.
Gib ihnen die Möglichkeit umzukehren
und eröffne ihnen Auswege aus ihren Problemen.
Für alle Menschen, die sich aussichtslos verschuldet haben.
Lass sie Menschen finden, die ihnen aus ihrer Not heraushelfen.
Für alle Menschen, die durch schuldhaftes Verhalten anderer verletzt oder geschädigt worden sind.
Lass ihre Wunden heilen
und schenke ihnen die Großherzigkeit zu vergeben.
Für die Toten.
Vergib ihnen, was sie anderen Menschen schuldig geblieben sind,
und sei ihnen ein barmherziger Richter.
Du, Herr, warst bereit, die Schuld anderer Menschen mitzutragen,
und zeigst uns Wege zur Versöhnung.
Dir danken wir für deine hochherzige Liebe. Amen.
- Gabengebet3
Messbuch - GG 24. Sonntag: das werde allen zum Heil
Herr,
nimm die Gebete und Gaben deiner Kirche an;
und was jeder einzelne zur Ehre deines Namens darbringt,
das werde allen zum Heil.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 24. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG Fastenzeit 3 So: schenke uns die Kraft zu vergeben
Barmherziger Gott,
befreie uns durch dieses Opfer von unseren Sünden
und schenke uns die Kraft, auch den Brüdern zu vergeben,
wenn sie an uns schuldig geworden sind.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 3. Fastensonntag
Messbuch - GG Fastenzeit 2 Di: empfänglich für die Gaben des Himmels
Barmherziger Gott,
heilige uns durch die Feier dieser Geheimnisse,
damit wir frei werden
von den verkehrten Bindungen an das Irdische
und empfänglich für die Gaben des Himmels.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 2. Dienstag der Fastenzeit
- Gebet zur Gabenbereitung1
Martin Stewen (2023)
Barmherziger Gott
wenn wir nun dieses Mahl feiern,
das Jesus uns aufgetragen hat als das Gedächtnis seines Heilswirkens,
wird unter uns gegenwärtig,
wie deine Liebe und Barmherzigkeit geht.
Dafür danken wir dir durch Christus, unseren Bruder und Herrn.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020) - siebzigmal siebenmal
Kehrvers:
Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung
(GL 518 oder 639,3)
Guter Gott und Vater,
wir kommen zu dir, um dir für deine grenzenlose Barmherzigkeit zu danken.
Du hast dem Menschen deine Liebe nicht entzogen,
auch wenn sie von deinen Wegen abwichen.
Du hast sie zur Umkehr gerufen und gemahnt,
von ihrem Groll und Zorn abzulassen.
Kehrvers
In Jesus hast du uns ein Beispiel deiner bedingungslosen Barmherzigkeit gegeben.
Er ist bei Zachäus eingekehrt und hat ihn als "Sohn Abrahams" angenommen.
Der Sünderin hat er vergeben und ihre große Liebe anerkannt.
Seinen Verfolgern und Peinigern hat vergeben
und dem reuigen Mitgehangenen das Paradies eröffnet.
Kehrvers
Nicht nur siebenmal sondern siebzigmal siebenmal sollen wir vergeben,
hat er seinen Jüngern eingeprägt.
Unsere Barmherzigkeit soll an deiner Barmherzigkeit Maß nehmen.
Für diese maßlose Liebe danken wir dir.
Wir stimmen ein in das Lob der ganzen Schöpfung
und stimmen ein in den Dank aller Heiligen:
Danklied, z.B. "Nun saget Dank und lobt den Herren" (GL 385)
- Präfation3
Hochgebete Besondere Anliegen - Präfation aus dem Hochgebet "Versöhnung"
Wir danken dir, Gott, allmächtiger Vater,
und preisen dich für dein Wirken in dieser Welt
durch unseren Herrn Jesus Christus:
Denn inmitten einer Menschheit,
die gespalten und zerrissen ist,
erfahren wir,
daß du Bereitschaft zur Versöhnung schenkst.
Dein Geist bewegt die Herzen,
wenn Feinde wieder miteinander sprechen,
Gegner sich die Hände reichen,
und Völker einen Weg zueinander suchen.
Dein Werk ist es,
wenn der Wille zum Frieden den Streit beendet,
Verzeihung den Haß überwindet
und Rache der Vergebung weicht.
Darum können wir nicht aufhören,
dir zu danken und dich zu preisen.
Wir stimmen ein
in den Lobgesang der Chöre des Himmels,
die ohne Ende rufen:
Aus dem Hochgebet Versöhnung 1
Messbuch - Präfation aus dem Hochgebet "Versöhnung 2"
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir Dank zu sagen, heiliger Gott.
Du hörst nicht auf,
uns zu einem reicheren Leben zu berufen.
Weil du ein Gott voll herzlichen Erbarmens bist,
wirst du nicht müde,
uns immer neu deine Verzeihung anzubieten.
Du lädst den sündigen Menschen ein,
auf deine Vergebung zu bauen.
Obwohl wir deinen Bund gebrochen hatten,
hast du dich nicht von uns abgewandt.
Durch deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus,
hast du zwischen dir und der Menschheit
ein neues Band geknüpft, das nicht mehr zerreißt.
Immer wieder wendest du dein Volk dir zu
und läßt es aufatmen in Christus.
Du gibst ihm Mut,
sich mehr und mehr dem Heiligen Geist zu überlassen
und den Menschen zu dienen.
Darum bewundern wir dich und danken dir.
Wir verkünden die Kraft deiner Liebe
und die Freude deines Heiles in Christus.
Wir vereinen unsere Stimmen
mit den ungezählten Stimmen des Himmels und rufen:
Aus dem Hochgebet Versöhnung 2
Messbuch - Präfation Sonntage 4: Die Heilsereignisse in Christus
Wir danken dir, Vater im Himmel,
und rühmen dich
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Denn durch seine Geburt
hat er den Menschen erneuert,
durch sein Leiden unsere Sünden getilgt,
in seiner Auferstehung den Weg zum Leben
erschlossen und in seiner Auffahrt zu dir
das Tor des Himmels geöffnet.
Durch ihn rühmen dich deine Erlösten und
singen mit den Chören der Engel
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 4
- Mahlspruch1
Bibel
Christus spricht:
Ein neues Gebot gebe ich euch:
Liebt einander!
Wie ich euch geliebt habe,
so sollt auch ihr einander lieben.
(Joh 13,34)
Oder:
Christus spricht:
Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt,
dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben.
(Mt 6,14)
Oder:
Mit dem Apostel Paulus bekennen wir:
Leben wir, so leben wir dem Herrn,
sterben wir, so sterben wir dem Herrn.
Ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn.
(Röm 14,8)
- Meditation1
Helene Renner (2020) - Ich weiß, dass du mich liebst
Ich weiß, dass du mich liebst, mein Gott
trotz meines Versagens und meiner Schuld
denn du bist gütig und barmherzig
mit allen, die zu dir kommen
Gütig und barmherzig
will auch ich sein
wenn ich von hier weggehe
barmherzig und geduldig
mit meiner Familie, meinen Freunden
auf meinem Arbeitsplatz
Wenn es mir schwer fällt
geh du mit mir
damit dein Geist mich antreibt
wo Versöhnung notwendig ist
und mich bestärkt
wo mein Stolz mich abhält
ein Wort der Vergebung zu sagen
Ich weiß
an deiner Hand
Gott
wird es mir gelingen
- Schlussgebet4
Messbuch - SG 24. Sonntag: Anteil am Leib und Blut Christi
Herr, unser Gott,
wir danken dir,
dass du uns Anteil am Leib und Blut Christi gegeben hast.
Lass nicht unser eigenes Streben Macht über uns gewinnen,
sondern gib,
dass die Wirkung dieses Sakramentes unser Leben bestimmt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 24. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Fastenzeit 2 So: Anteil an der Herrlichkeit deines Sohnes
Herr,
du hast uns im Sakrament
an der Herrlichkeit deines Sohnes Anteil gegeben.
Wir danken dir,
daß du uns schon auf Erden teilnehmen läßt
an dem, was droben ist.
Durch Christus, unseren Herrn.
MB 2. Fastensonntag
Messbuch - SG Christi Himmelfahrt: Lenke unser Sinnen zum Himmel
Allmächtiger, ewiger Gott,
du hast uns, die wir noch auf Erden leben,
deine göttlichen Geheimnisse anvertraut.
Lenke unser Sinnen und Verlangen zum Himmel,
wo Christus als Erster der Menschen bei dir ist,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB Christi Himmelfahrt
Messbuch - SG Fastenzeit 0 Do: Es erwirke die Vergebung der Sünden
Allmächtiger Gott,
du hast uns das Brot des Himmels geschenkt
als Beweis deiner Liebe.
Es erwirke uns immer neu die Vergebung der Sünden
und schenke uns dein Heil.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Donnerstag nach Aschermittwoch
- Gebet zum Abschluss2
Martin Stewen (2023)
Guter Gott,
dein sind unser Leib und unsere Seele:
Mit dem Wort vom Heil und dem Brot des Lebens
sorgst du für uns.
Nun wollen wir gehen
und dem Beispiel deines Sohnes folgen:
Wir wollen Güte und Barmherzigkeit walten lassen,
wenn wir unseren Nächsten verzeihen,
was sie uns schuldig geblieben sind.
Dann tut sich für uns und für den anderen der Himmel auf,
den du verheißen hast.
Dafür danken wir dir - von heute bis in alle Ewigkeit.
Beatrix Senft (2023)
Herr, unser Gott,
immer wieder erfahren wir von deinem Umgang mit Schuld
und von deiner großen Bereitschaft zu verzeihen.
Schenke auch uns diese Bereitschaft unseren Mitmenschen gegenüber,
auf dass wir so mitarbeiten an einer friedlicheren und versöhnteren Welt.
Dir, der du mit uns bist, sei mit deinem Sohn und dem Hl Geist, Lob und Dank, heute und alle Zeit.
- Segen1
Messbuch - Segen 7: Beschütze uns, auch wenn wir gefehlt haben
Herr, unser Gott,
bekehre dein Volk,
dass es sich von ganzem Herzen zu dir wende.
Du bleibst unser Helfer,
auch wenn wir gefehlt haben,
denn deine Liebe ist größer als unser Versagen.
Beschütze uns
und hilf uns, dir treu zu dienen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Der Segen des allmächtigen Gottes,
des Vaters und des Sohnes +
und des Heiligen Geistes,
komme auf euch herab und
bleibe bei euch allezeit. - Amen.
MB Segensgebete 7
Vergeben
Worte
die fangen –
wie:“ ich liebe dich“ –
wer hätte sie nicht gerne
auch für sich
Worte
die verletzten –
die gegeneinander hetzen –
die zerreißen –
die verhindern jedes Zusammenschweißen –
die will keiner für sich –
heute und auch morgen nicht
Worte auf Worte
es entsteht eine Mauer –
auf beiden Seiten: Verletzung und Trauer
und dann –
als Geschenk –
ein AUGEN-BLICK
es kehrt eine kleine Bereitschaft zurück –
vielleicht nicht der große Frieden –
oder ab jetzt: „wir wollen uns lieben“ –
doch von der großen 490er Zahl
dieses eine Mal:
„Ich achte dein Leben
und will dir vergeben!“
Beatrix Senft 2023.
Lobt den Herrn!
Ich will den HERRN loben von ganzem Herzen,
alles in mir soll seinen heiligen Namen preisen!
Ich will den HERRN loben und nie vergessen,
wie viel Gutes er mir getan hat.
Er vergibt mir meine Schuld
und richtet alles auf, was mich beugt.
Sein Vergeben hat Bestand,
nicht immer wieder hält er mir meine Fehler vor.
Denn bei ihm ist wahre Vergebung.
Er bewahrt mich vor dem sicheren Tod
und beschenkt mich Tag für Tag mit seiner Liebe und Barmherzigkeit.
Er ist mir zugewandt zu aller Zeit.
Ja, mit unermesslicher Liebe liebt er uns,
uns, die er als seine Kinder sieht.
Er weiß um unsere irdische Vergänglichkeit,
doch er erhält uns für immer und ewig.
Ja, die Güte des HERRN bleibt für immer und ewig;
sie gilt allen, die ihm mit Ehrfurcht begegnen.
Auf seine Zusagen ist auch für die kommenden Generationen Verlass,
wenn sie sich an seinen Bund halten und seine Gebote befolgen.
In seine Unermesslichkeit wird er uns rufen,
dort dürfen wir ihn schauen in seiner ganzen Herrlichkeit
und ihm lobsingen mit allen Geschöpfen des Himmels.
Lobt den HERRN, alle seine Geschöpfe,
von seiner Liebe zu uns soll man hören an allen Orten
Auch ich will den HERRN loben von ganzem Herzen!
Beatrix Senft 2023.
Gott vergibt
Gott vergibt, Gott vergibt,
Gott vergibt dir deine Schuld, weil er dich liebt.
Ich war verloren und fand Gott nicht,
wurd‘ neu geboren und sah das Licht -
Gott vergibt dir deine Schuld, weil er dich liebt.
1. Ich war unten, fühlte mich ganz schwach, meine Träume waren ausgeträumt,
da kam Gott und machte mich wach und er hat in meinem Leben aufgeräumt.
2. Fühlst du dich einsam und allein, deine Schuld verhindert, dass du lebst,
vertrau auf Gott, er macht sich ganz klein, und hilft dir auf, dass du zum Leben dich erhebst.
Aus dem Amerikanischen frei übersetzt von Reinhard Burchhardt: „Gone away, gone away, all the Troubles in my Soul have gone away“.
Die Kraft der Vergebung
„Ein Unrecht muss vergolten werden“, so denken wir. Und das ist richtig. Doch ohne Versöhnung mit vergangener Verletzung gibt es keine Zukunft. Verzeihen sollten wir daher auch um unser selbst willen. Wie aber gelingt gute Versöhnung?
Ganzer Beitrag:
https://www.welt-der-frauen.at/die-kraft-der-vergebung/
Warum Vergebung so wichtig ist
Buddha sagte: "An Zorn festhalten ist wie Gift trinken und glauben, dass der andere daran stirbt" - und genau diese Aussage trifft den Kern der Sache ganz genau - wenn wir auf jemand wütend sind und nicht vergeben können, dann schaden wir damit nur uns selbst und sonst niemandem.
Was passiert mit uns, wenn wir uns ärgern und nicht vergeben können? Wir haben negative Gedanken! Und diese negativen Gedanken sorgen dafür, dass wir nicht mehr in der Lage sind, unser seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. Jeder negative Gedanke rüttelt uns durcheinander und wirkt sich auch auf unsere körperlichen Befindlichkeiten aus. Unser Puls rast, wir können nicht schlafen, der Ärger schlägt uns auf den Magen, und und und.
Im Grunde spielen wir ein unangenehmes Ereignis immer wieder durch und erleben es somit wieder und wieder und es geht uns dabei immer noch schlechter. Deshalb ist es wichtig diesen Teufelskreis irgendwann zu erkennen und zu durchbrechen. Aber wie jetzt genau? Manchmal sind wir ja so wütend und glauben, dass der andere unsere Vergebung nicht verdient hat - ja, mag sein, aber wir selbst haben sie verdient. Manchmal wehren wir uns förmlich gegen die Vergebung weil wir glauben, dem anderen damit zu signalisieren, das wir sein Verhalten gutheißen - aber nein, darum geht es nicht - wir sorgen lediglich dafür, dass wir selbst wieder frei sein können - frei von diesen negativen Gefühlen und seinen fatalen Auswirkungen auf unser eigenes Wohlbefinden.
Ganzer Beitrag:
https://www.entspannterleben.at/2015/07/11/warum-vergebung-so-wichtig-ist/
Julia Gneri auf https://www.entspannterleben.at/
(07.9.2020)
Strafvollzug (Österreich)
Der Strafvollzug in Österreich wird durch das Strafvollzugsgesetz (Bundesgesetz vom 26. März 1969 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen, StVG) und die darauf aufbauenden generellen Vorschriften, insbesondere die Vollzugsordnung für Justizanstalten (VZO), geregelt. Nach § 20 StVG soll der Vollzug der Freiheitsstrafe den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Bedürfnissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und ihn abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens aufzeigen. Jeder arbeitsfähige Strafgefangene ist verpflichtet, Arbeit zu leisten. Zum Strafvollzug gehören auch der Maßnahmenvollzug (Strafvollzug bei besonderen Umständen), Freiheitsstrafen an Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Haftersatzstrafen (Erbringung gemeinnütziger Leistungen, Elektronisch überwachter Hausarrest)
"Das Wichtigste ist, dass die Wirtschaft atmen kann"
50 Milliarden für Corona-Hilfen:
Die Regierungsklausur ist vorbei, die staatlichen Gesamtausgaben für die Coronakrise erhöhen sich mit den neuen Hilfsmaßnahmen auf rund 50 Milliarden Euro.
Genau drei Monate sind die ersten Coronamaßnahmen her: Österreich sperrte zu, die Bevölkerung schützte sich vor der neuen Lungenkrankheit Covid-19 durch Distanz und Disziplin. Mittlerweile ist wieder aufgesperrt. „Das Wichtigste ist natürlich, dass die Wirtschaft atmen kann, dass die Wirtschaft leben kann“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag. Im März hatte er die Losung „Koste es, was es wolle“ ausgegeben; am Dienstag gab es die Zahl: 50 Milliarden Euro.
Ganzer Beitrag:
https://www.diepresse.com/5826688/
"Die Presse" am 16.06.2020.
Wenn Staaten auf Pump leben
Egal, ob Dotcom-Blase, die Finanzkrise und die Eurokrise – gespart wurde nie. Der Schuldenberg der Staaten kennt keine Grenzen. „Nicht so schlimm“, sagen immer mehr Ökonomen. Andere Wissenschaftler schlagen Alarm.
Schulden müssen zurückbezahlt werden. Dazu gilt der Schuldner als „moralisch verpflichtet“. Aber warum überhaupt? Schließlich hofft der Gläubiger auf eine Rendite, also den Zins, und weiß um das Risiko des Kreditausfalls. Warum aber wird primär der Schuldner von uns mit moralischen Nachstellungen bedacht?
Diese Fragen warf David Graeber auf. Sein Buch „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ machte den US-amerikanischen Anthropologen, der an der London School of Economics lehrte, weltberühmt und zu einer Figur der internationalen Linken. Am 2. September starb der sich als Anarchist bezeichnende New Yorker in Venedig im Alter von 59 Jahren. Seine Fragen bleiben. Und es scheint, als würden immer mehr Staaten, Gefallen an seinen Ideen finden.
28,8 Billionen Dollar Schulden
Allein die 34 reichsten Länder der Welt, die zur OECD gehören, türmten 2010 ihre Schulden in Folge der Bankenkrise auf 10,9 Billionen US-Dollar auf. Rekordniedrige Leitzinsen gaben keinen Anlass zum Sparen. Staaten saugten bis 2019 billiges Fremdkapital förmlich auf. Die neue Marke: 11,4 Billionen US-Dollar. Da war Corona noch kein Thema. Bis zum Jahresende sollen die Staatsschulden auf 28,8 Billionen Dollar steigen. Bei Zahlen mit zwölf Nullen wird so manch sparsamen Österreicher schwindlig. Nie wieder dürfen Schulden die Weltwirtschaft destabilisieren, hieß es doch nach der Finanzkrise. Tatsächlich gab es strengere Regeln für Banken und Versicherungen. Nun, elf Jahre später, sind es nicht Bankiers, die Schuldenexzesse betreiben, sondern Finanzminister.
Ganzer Beitrag:https://www.diepresse.com/5863034
Madlen Stottmeyer am 7.9.2020 in "Die Presse"
Vergebungsbereitschaft
Auf dem Hintergrund seiner Botschaft vom gütigen und barmherzigen Gott und Vater erwartet Jesus, dass die Glaubenden ihrerseits bereit sind, einander zu vergeben (vgl, Mt 5,44f.48; 6,12-15; 18,21-35). Besonders pointiert ist dieser Zusammenhang von göttlicher und zwischenmenschlicher Vergebung im Gleichnis vom „unbarmherzigen Gläubiger“ dargestellt (Mt 18.23-35).93 Da wird einem „Diener“ von seinem „Herrn“ eine Riesenschuld erlassen. Der so Geschonte und Beschenkte geht nun aber ungemein lieblos und erbarmungslos mit einem seiner Kollegen um. Das veranlasst dann den Herrn zu einem schonungslosen Eintreiben der Summe, die ihm der erste Diener schuldig war. „Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater mit jedem von euch verfahren, der seinem Bruder nicht von Herzen vergibt“ (Mt 18,34f).
Ist das zuletzt zitierte Jesuswort nicht eine zu unbarmherzige Drohung, wenn man bedenkt, wie schwer es unter Umständen sein kann zu verzeihen?
Da ist ein Mann, dessen 18-jähriger Sohn bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Verursacht wurde der tödliche Unfall durch einen 21-Jährigen, der unter Alkohol am Steuer gesessen hatte. Der Vater des Toten war lange Zeit nicht in der Lage, dem Unfallfahrer zu verzeihen, obwohl dieser ihm gesagt hatte, wie unglücklich er selber sei, weil ihm das passiert ist. Könnte man diesen Vater verurteilen, weil er noch nicht vergeben konnte? Verzeihen ist schwer, wenn einem großes Leid zugefügt wurde (selbst wenn das nicht beabsichtigt war). Könnte das nicht auch der „himmlische Vater“ verstehen? Warum dann das angedrohte schreckliche Strafgericht?
Schauen wir uns nochmals das Gleichnis an. Beim ersten Diener geht es um eine riesige Schuldsumme: zehntausend „Talente“. Ihm ist sein Kollege, der andere Diener, nur 100 Denare schuldig. Kein Vergleich mit der ersten Summe! Umgerechnet stünden 60 Millionen Euro ganze 100 Euro gegenüber! Doch der, dem 60 Millionen erlassen wurden, hat kein Erbarmen mit dem, der ihm 100 Euro schuldet. Er fordert die sofortige volle Rückzahlung. Diese Unbarmherzigkeit macht seine Kollegen traurig - und ihren Herrn wütend. Der fordert nun ebenfalls ungerührt die volle Rückzahlung.
Die Geschichte ist von Jesus bewusst überscharf gezeichnet worden. Vergebung ist für Jesus eben eine ernste und wichtige Sache. Ohne Vergebungsbereitschaft ist unser Verhältnis zu Gott gestört. Ohne den Willen zur Vergebung kann es auch kein stabiles und gesundes Zusammenleben der Menschen geben. Jesus will uns aber nicht entmutigen. Deshalb stellt er uns zuerst die grenzenlose Geduld und Vergebungsbereitschaft Gottes vor Augen. Das soll uns zu einem barmherzigen Verhalten motivieren.
Wir dürfen im Sinne Jesu an einen Vergebungswillen Gottes glauben, der alles übersteigt, was wir von uns aus erwarten können. Gott ist kein strafsüchtiger Schuldverfolger. Barmherzigkeit prägt sein tiefstes Wesen. Er will dem, der schuldig geworden ist, helfen, auf einen neuen Weg zu kommen.
Aus: Augustin Schmied, Farben des Anfangs. Jesus und seine Botschaft. Biblische Betrachtungen. Verlag Neue Stadt, München Zürich Wien 2015.
Schuldnerberatung
Ohne Job schnappt Schuldenfalle zu
Arbeitslosigkeit ist laut Kreditschutzverband die zweithäufigste Ursache für eine Privatpleite. An erster Stelle liegen ehemalige Unternehmer.
<link diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5079432 _blank>http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5079432</link>
Schuldnerberatung
Scheitern darf laut Erste-Group-Vorstand Bosek nicht stigmatisiert werden. Er hat einen Tag in der Schuldnerberatung verbracht. Eine große Schuldenfalle ist die Selbstständigkeit.
<link http:// diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5211439/ _blank>http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5211439/</link>
Jakob Zirm am 11.9.2023 auf diepresse.com
Vergebung
In der Antike galt die Vergebung im Sinne des Verzeihens als Tugend der Könige, sie ist Großmut, welche Souveränität voraussetzt. Wirklich vergeben kann nur Gott. »Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?« (Lk 2,7). So ist Vergebung nur möglich in der Kraft und der Vorgabe der Heilstat Gottes in Christus (Röm 3,25f). Sie ist nur möglich im Licht der Aussage, dass auch Gott uns mit sich versöhnt hat, als wir noch seine Feinde waren (Röm 5,10). Nach dem Vorbild Gottes sollen auch wir verzeihen: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir einander vergeben« (Mt 6,12; Lk 11,4). Als solche ist sie aber auch nötig. Deshalb gilt: »Vergebet einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat« (Eph 4,32). »Wie der Herr euch vergeben hat, so verpebt auch ihr!« (Kol 3,13)
Aus: Walter Kardinal Kasper, Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2012.
»Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern«
»Vergib uns unsere Schuld.« Vielleicht scheint es uns so, als ob wir uns diese Bitte doch recht leicht zu eigen machen könnten. Ich habe jedoch viele Menschen kennen gelernt, die um Vergebung der Schuld gebeten haben, aber nicht bis auf den Grund ihrer Seele selbst daran glauben konnten und deshalb immer noch voller Verwirrung und Bitterkeit waren, niedergedrückt von der Last ihrer Schuld. Sie konnten nicht daran glauben, dass Gott uns die Sünden restlos und ganz vergibt, weil er der Barmherzige und Großzügige ist. Wir sind eingeladen, einmal darüber in Ruhe nachzudenken, ob wir wirklich die Gewissheit empfinden, dass Gott uns vergibt und dass er es auf königliche Weise tut.
»Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.« Manchmal erscheint es uns so, als hätten wir keine Feinde und auch keine Schuldner, als schuldeten wir niemandem etwas und umgekehrt. Wenn wir aber unser Gewissen einmal ernsthaft erforschen, dann stoßen wir auf eine geheime Bitterkeit, zum Beispiel gegenüber Menschen, von denen wir Achtung, Aufmerksamkeit, Zuwendung erwartet hätten und die uns enttäuscht haben - Vorgesetzte innerhalb der Kirche, Freunde, sogar die eigenen Eltern. Viele Menschen merken gar nicht, welche Gefühle der Bitterkeit, der Unzufriedenheit, des Grolls sie in ihrem Herzen hegen - Gefühle, die dann in schweren, schmerzhaften Momenten aus ihnen hervorbrechen und zu einer Explosion von Klagen und Vorwürfen führen, die sie selbst nie für möglich gehalten hätten.
Aus: Kardinal Carlo M. Martini, Die Bergpredigt. Ermutigung zur Nachfolge. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2011 (2006).
Wo warst Du?
Wenn ich mich zu ihnen setze
hör ich sie reden
was andere ihnen Schlimmes angetan
Enttäuscht und bitter
sehen manche auf ihr Leben
in ihren alternden Jahren
Verletzte Gefühle
angestaut aus uralten Konflikten
mit Wurzeln im Kindesalter
treiben heute noch Gallenkraut
Sie verschaffen sich Luft
Ich frage Dich
mein Gott
wo warst Du im Leben dieser
Menschen?
Sie berufen sich auf Dich
Wo warst Du im erlittenen Kummer
in den enttäuschten Hoffnungen
den durchkreuzten Plänen
in ihrem Mißachtet- und Verlassensein?
Wo bist Du jetzt
zwischen all den sie Kränkenden?
Wer verteilt unter ihnen
Recht und Unrecht?
Könnten wir es doch Dir überlassen
Mein Gott
schenke mir und allen alternden
Menschen
daß wir uns mit dem Leben
versöhnen können
so wie es war
Laß uns unsere Ganzheit finden
unter dem Blick Deiner Liebe
Aus Theresia Hauser, Du bist nahe, Sich betend erinnern. Schwabenverlag, Ostfildern 1996.
Iran: Säureopfer verzichtet auf Rache
Teheran/Kairo/M.g. Diesmal blieb der Termin geheim. Um 6.30 Uhr fuhr Ameneh Bahrami am Sonntag gemeinsam mit ihrer Mutter in die Teheraner Gefängnisklinik. Dort warteten ein Arzt und ein Richter, um das von ihr erstrittene Urteil auszuführen - Auge um Auge.
Vor sieben Jahren hatte Häftling Majid Movahedi ihr aus verschmähter Liebe Schwefelsäure ins Gesicht geschüttet, seitdem ist die 32-Jährige blind und schwer entstellt. Nun sollte der Täter selbst durch Säure beide Augen verätzt bekommen. Doch es kam anders - einen Tag vor Beginn des Fastenmonats Ramadan. "Auf Bitten von Ameneh Bahrami, dem Opfer des Säureanschlags, wurde Majid Movahedi in letzter Minute begnadigt", meldete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Isna. Damit endete ein weltweit beachtetes Drama um ein zerstörtes Leben und die Suche nach Gerechtigkeit, um Vergebung und Vergeltung, um islamisches Recht und grausame Körperstrafen.
"Ich möchte keine Rache", hatte Ameneh Bahrami immer wieder betont. "Ich will nur, dass alle wissen, dass man so etwas keiner Frau antun darf." 17Operationen hat sie hinter sich. Ihr Augenlicht ist erloschen, das Gesicht ist zerstört, ihr Körper übersät mit Narben. Am 3.November 2004 attackierte Majid Movahedi sie in einem Teheraner Stadtpark. Auge um Auge entschied 2008 das Gericht auf Antrag der schwer verletzten jungen Frau - das Urteil wurde rechtskräftig. Mitte Mai bereits sollten dem Täter unter Narkose zehn Tropfen Schwefelsäure in beide Augen geträufelt werden. Doch damals sagten die Behörden die Vollstreckung ohne Begründung ab.
Eltern lehnten Heiratsantrag ab
Möglich ist diese Körperstrafe durch die vom Islam aus dem altarabischen Stammesrecht übernommene Praxis der Blutrache, Qisas genannt. Im Jahr 1982 ins iranische Strafrecht übernommen darf eine vorsätzliche Körperverletzung oder ein Mord gerächt werden, und zwar durch eine gleichartige Verwundung beziehungsweise durch die Tötung des Täters. Als Sühne können Opfer oder Angehörige jedoch ein angemessenes Blutgeld akzeptieren, dem Ameneh Bahrami nun Minuten vor der Blendung des Täters zustimmte.
"Allah spricht über Blutrache im Koran, aber er plädiert für Gnade, denn Gnade ist höher als Blutrache", sagte sie zur Begründung. Über die Höhe der Entschädigungssumme schwieg sie sich aus. Vor zwei Monaten hatte sie in einem Zeitungsinterview zwei Millionen Euro verlangt, "um meine Zukunft und mein Leben abzusichern".
Vor dem Verbrechen war Ameneh Bahrami eine strahlende junge Frau, die gern in den Bergen wanderte und fotografierte. Das Studium der Elektrotechnik finanzierte sie durch einen Job in einer Firma für Medizintechnik. Ihren späteren Peiniger traf sie erstmals 2002 an der Teheraner Universität.
Ein Jahr später hielten die Eltern des jungen Mannes offiziell um Amenehs Hand an. "Meine Mutter und mein Vater lehnten höflich ab", berichtete sie. Doch ihr Verehrer ließ nicht locker, stellte ihr nach und lauerte ihr abends sogar am Firmentor auf. Einmal droht er weinend sich umzubringen, wenn sie ihn nicht heirate. Tage später folgte die schreckliche Attacke.
Nach mehreren Operationen in Teheran wurde Ameneh Bahrami schließlich in eine Augenklinik nach Spanien verlegt. "Sie war eine erstaunliche Patientin", erinnern sich die Spezialisten in Barcelona. "Sie kam aus einem fremden Land, blind, verstand kein Wort Spanisch. Sie wollte nur eines: wieder sehen können." Zunächst gelang es den Chirurgen, ihr auf einem Auge vierzig Prozent der Sehfähigkeit wiederherzustellen. Eine nachfolgende Infektion aber machte alles wieder zunichte.
"Größe, zu verzeihen"
"Ich bin stolz auf meine Tochter", sagte ihre Mutter, als beide am Sonntag das Gefängniskrankenhaus verließen. "Sie hatte die Größe, Majid zu verzeihen. Dies wird Ameneh und unserer ganzen Familie Frieden schenken."
© DiePresse.com - 31.07.2011 | 18:18 | (Die Presse)
Größer als unser Herz
Herr, Gott, du bist nicht glücklich mit uns,
wenn wir einander unglücklich machen.
Du erträgst es nicht,
wenn wir nicht einander verzeihen und vergeben wollen.
Im Licht deines Sohnes sehen wir die Sünde der Welt.
Seit er gekommen ist, ermessen wir, wie hart und gnaden
los Menschen miteinander umgehen.
Du erträgst es nicht,
dass eins deiner Menschenkinder verloren geht,
weil ihm von Menschen nicht vergeben wird.
Wir bitten dich, komm uns entgegen,
so wie wir uns von dir entfernt haben.
Viel mehr als wir dich suchen,
bist du auf der Suche nach uns.
Zerbrich den Kreislauf des Bösen,
dass wir nicht Böses mit Bösem vergelten.
Lass uns miteinander barmherzig sein,
weil du uns zuvor schon vergeben hast.
Amen.
(nach Huub Oosterhuis
Aus: Karlheinz May, Vom Duft der Auferstehung. Die vier Evangelien in Auszügen. Bernardus Verlag, Aachen 2009.
Vergeben und Versöhnen
Viele von uns kennen nagende Konflikte. Da gibt es den Streit zwischen Vermieter und Mieter, einen schwelenden Konflikt mit einer Kollegin, Reibereien mit den Nachbarn, Uneinigkeit in der Verwandtschaft. Die meisten von uns haben erlebt, wie belastend ein Konflikt ist, wie quälend es ist, wenn wir gegen jemanden Groll hegen; wie dieses Gefühl von Missgunst und Ablehnung in uns arbeitet, Energien bindet, uns schwächt und vom Wesentlichen abhält. Manchen von uns ist vielleicht auch Unrecht geschehen, Unrecht durch einen Menschen, der sich als selbstsüchtig und auf seinen eigenen Vorteil bedacht erwiesen hat. Und da stehen wir vor der großen Herausforderung, in einem solchen Fall menschliche Größe zu zeigen. Vergebung erfordert menschliche Größe. In einer Geste der Versöhnung geben wir uns selbst, will die Versöhnung tief und von Dauer sein. Es gibt Situationen - etwa wenn wir ungerecht behandelt werden -, in denen wir menschliche Größe im Vergeben zeigen müssen.
Was ist menschliche Größe? Ein beeindruckendes Beispiel für menschliche Größe finden wir in dem bewegenden Buch Alle Flüsse fließen ins Meer, der Autobiographie von Elie Wiesel, der als Sechzehnjähriger elf Monate in einem Konzentrationslager leiden musste, dort auch seine ganze Familie verlor. "Ich erinnere mich", schreibt Elie Wiesel, "an einen polnischen Rabbi, der sich am Ende von Jom Kippur bemühte, diejenigen zu trösten, die nicht gefastet hatten. ,Das Gesetz verlangt von den Juden nicht, daß sie unter Lebensgefahr fasten', sprach er zu ihnen. ,In den Augen des Schöpfers, gelobt sei Er, ist es heute angebrachter zu essen, als sich zu kasteien.' Er selbst hatte gefastet. Aufgrund seiner Schwäche wurde er bei der nächsten Selektion mitgenommen. Er bat seine Blockkameraden, ein Kaddisch für seine Seele zu sprechen. Der ganze Block betete für ihn."
Hier stellt sich ein Mensch in den Dienst Gottes; hier legt ein Mensch anderen Menschen keine Lasten auf, die er nicht selbst zu tragen bereit ist; mehr noch: er geht mehr als die verlangte Meile, wie es in der Bergpredigt heißt (Mt 5,41), er richtet sich selbst nicht mit milderem Maß als die anderen. Hier sehen wir menschliche Größe. Menschliche Größe ist ein Verzicht auf das Ausnutzen eines Spielraums, der uns zusteht. Um noch zwei Beispiele zu nennen: Ignatius von Loyola wurde im Jahr 1538 vom spanischen Kleriker Mudarra verfolgt, der mit hinterlistigen Methoden den Ruf von Ignatius beschädigte und dessen Arbeitsmöglichkeiten aufs Spiel setzte. Ignatius wurde nach einer offiziellen Untersuchung rehabilitiert. Mudarra geriet später mit der Inquisition in Konflikt, musste aus Rom fliehen und wandte sich an Ignatius, um durch dessen Intervention eine Milderung der gegen ihn verhängten Sanktionen zu erreichen. Ignatius kam dieser Bitte nach - großzügig, ohne an die Vergangenheit zu denken. Das ist menschliche Größe. Nelson Mandela wurde nach 26 Jahren 1990 aus dem Gefängnis entlassen und rief sofort zu einer Politik der Versöhnung auf, die sich nicht an Mechanismen der Vergeltung orientieren dürfe. Das ist menschliche Größe.
Menschliche Größe hat mit einem Verzicht auf das Ausschöpfen von Handlungsmöglichkeiten zu tun; dieser Gestaltungsverzicht zeigt eine Weise des Lassens und Loslassens, die gerade dadurch neue Möglichkeiten von Gemeinschaft und Beziehung erschließt. Die Entscheidung des zusammen mit den ihm anvertrauten Waisenkindern in Auschwitz ermordeten polnischen Kinderarztes Janusz Korczak, eine Fluchtmöglichkeit nicht zu nutzen, zeigt menschliche Größe. Menschliche Größe hat auch mit einem Verzicht auf eigenes "Großmachen" und "Größerwerden" zu tun, mit einer Entleerung des Selbst, mit einer Verkleinerung des Ego. Eben dies ist in einer Geste der Vergebung gefragt. Wenn wir etwas falsch gemacht haben, dann haben wir keinen Anspruch darauf, dass uns vergeben wird. Hier bedarf es menschlicher Größe. Wenn uns Unrecht angetan wurde und wir eingeladen sind, die Hand zur Versöhnung auszustrecken, dann ringt uns das einen Akt des Verzichts auf eigene Macht ab. Die Bereitschaft zur Vergebung ist die Bereitschaft und Ermöglichung eines Neuanfangs. Zusammenleben kann neu beginnen, wenn Menschen sich miteinander aussöhnen. "Vergeben" und "gehen" hängen insofern miteinander zusammen, als durch die Vergebung die Gabe der Beziehung neu geschenkt wird und als durch die Vergebung sich zeigt, was für ein Mensch jemand ist.
Der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu hat in seinem Land die Macht der Vergebung immer wieder erfahren, sie ist eine Macht des Lichts, die sich der Finsternis der Vergeltung, der Rache und des Hasses entgegenstellt. Wir Christinnen und Christen sind in besonderer Weise aufgerufen, der Herrlichkeit Gottes Raum zu geben. Und wo Gottes Herrlichkeit erscheint, da wird es hell in der Welt. "Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm", das sagt uns der 1. Johannesbrief (1 Joh 1,5). Licht ist Quelle von Leben, Licht bedeutet aber vor allem Erkenntnis, bedeutet Wahrheit im Gegensatz zum Dunkel der Lüge und der Unwissenheit. Das Licht der Vergebung gibt es nur mit dem Licht der Wahrheit; Vergebung kann nicht auf Lüge beruhen. Licht bedeutet, weil es Wärme schenkt, auch Liebe. Wo Liebe ist, geht ein Licht auf in der Welt; wo Hass ist, wird die Welt finster. Das Licht von Betlehem ist nicht mehr erloschen, in allen Jahrhunderten hat es Menschen berührt, hat es sie umstrahlt.
Dieses Licht wird immer wieder dort sichtbar, wo wir es schaffen, zu vergeben. Für den Neujahrstag 2006 hat Papst Benedikt XVI. seine erste Botschaft zum Weltfriedenstag zum Thema In der Wahrheit liegt der Friede herausgegeben. "Die echte Suche nach Frieden", schreibt der Papst, "muss von dem Bewusstsein ausgehen, dass das Problem der Wahrheit und der Lüge jeden Menschen betrifft, und sich als entscheidend erweist für eine friedliche Zukunft unseres Planeten ... Die Wahrheit des Friedens ruft alle dazu auf, fruchtbare und aufrichtige Beziehungen zu pflegen, und regt dazu an, die Wege des Verzeihens und der Versöhnung zu suchen und zu gehen sowie ehrlich zu sein in den Verhandlungen und treu zum einmal gegebenen Wort zu stehen."
Auf dem Boden von Wahrheit und Liebe wird Vergebung möglich. Vergebung schafft eine gemeinsame Mitte, die einen Neuanfang ermöglicht. Auch das hat Benedikt XVI. deutlich gemacht. In seiner Ansprache anlässlich einer Generalaudienz mit deutschen Pilger(inne)n am 25. April 2005 hat der Papst ihnen, kurz nach seiner Wahl, gesagt: "Gehen wir miteinander, halten wir zusammen. Ich vertraue auf Eure Hilfe. Ich bitte Euch um Nachsicht, wenn ich Fehler mache wie jeder Mensch oder wenn manches unverständlich bleibt, was der Papst von seinem Gewissen und vom Gewissen der Kirche her sagen und tun muss." Diese Worte sind Bausteine für eine Grundhaltung der Vergebung und Versöhnung. Diese Botschaft gilt für jeden einzelnen Menschen, aber auch für Gemeinschaften und Gemeinden, Völker und die ganze Menschheitsfamilie.
Aus: Alois Kothgasser / Clemens Sedmak, Geben und vergeben. Von der Kunst neu zu beginnen. Tyrolia Verlag, Innsbruck Wien 2008.
Vergessene Schulderfahrung
Schuld und gar Sünde sind seltene Fremdwörter geworden. Natürlich spielen sie in unserer Alltagssprache noch eine Rolle, zum Beispiel »Verkehrssünder«, »sündhaft teuer«. Aber man tut sich mit der ursprünglichen Bedeutung dieser Schlüsselworte zur Sinngebung unseres Lebens schwer. Für den Niedergang dieser Wörter sollen wenigstens ein paar Gründe angedeutet werden.
1. Die neuzeitliche Kritik am christlichen Glauben wirkt bis heute untergründig weiter: So etwas wie »Sünde« wolle den Menschen ein schlechtes Gewissen einpeitschen. Sünde entwerte alles Gesunde und Kräftige. Sie werde ein Mittel, um sich die Menschen zu unterwerfen. Darum sei sie eine Erfindung der Priester. »Der Priester lebt von den Sünden«, sagt ein harter Kritiker (F. Nietzsche). An ihre Stelle müsse eine diesseitige Religion reiner Freude treten, die Schuldgefühle und Sündenbewusstsein abschaffe und ein neues Leben in Unschuld zurückgewinne.
2. Die modernen Wissenschaften haben entdeckt, dass unser Denken, Fühlen und Handeln durch abertausend äußere Umstände der Herkunft und Veranlagung, der Erziehung und der konkreten Lebenswelt schicksalhaft bestimmt werden. Das Ausmaß solcher Einflüsse ist gewiss größer, als man früher dachte, aber die Faszination durch diese Entdeckungen hat nicht selten den Sinn für die Anerkennung von Schuld und für persönliche Verantwortung sehr verdunkelt: Alles ist bloß Versagen, eine Form von Krankheit, mangelnde Anpassung. Schuldgefühle sind darum schädlicher Seelenmüll.
3. Wir erfahren immer mehr, dass unsere Lebensabläufe im Räderwerk der Gesellschaft, der Bürokratie und der Technik ohne Namen von Verantwortlichen bleiben. So mag es zwar Fehler, Versagen, ja sogar Sünden geben, zum Beispiel »Umweltsünden«, aber wir wissen oft nicht, wer sie begeht. Diese Einstellung überträgt sich auch auf unsere alltägliche Lebensstimmung: »Es« ist eben passiert, »ich kann nichts dafür«, »da bin ich doch nicht gemeint«, alles ist nur eine Panne.
Hinter diesen Verhaltensweisen steckt eine uralte Versuchung des Menschen: Wir entziehen uns der Verantwortung, werden unempfindlich und gleichgültig gegenüber Unrecht und Leid, verdrängen so eigene Schuld, suchen nach Sündenböcken und entschuldigen uns: Andere sind es gewesen, nämlich die Vergangenheit, die Natur, die Gesellschaft, das System oder die Gegner.
Der Glaube will zwar dieses raffinierte, manchmal unbewusste Spiel von Ausreden und Ausweichmanövern stören und den Menschen zu sich selbst bringen, aber eine oft auch mangelhafte Praxis von Buße und Beichte hat eigene Nöte geschaffen: falsche Sündenangst, gewohnheitsmäßiges Herunterleiern einmal gelernter Beichtspiegel, übertriebene Strenge, Skrupel. Die Krise von Buße und Beichte zeugt von beidem, vom allgemeinen Schwinden des Schuld- und Sündenbewusstseins und auch von der eigenen Schwäche der Christen, solchen Tendenzen wirklichen Widerstand zu leisten. Auch in der Kirche - so sagt Papst Johannes Paul II. in seinem 1984 erschienenen Apostolischen Schreiben »Versöhnung und Buße« - neigen einige dazu, »übertriebene Einstellungen der Vergangenheit durch neue Übertreibungen zu ersetzen: Nachdem die Sünde überall gesehen wurde, gelangt man dazu, sie nirgendwo mehr zu sehen« (Nr. 18).
Aus: Karl Kardinal Lehmann, Frei vor Gott. Glauben in öffentlicher Verantwortung. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2003.
Martin Stewen (2023)
Lopez Weißmann (2002)
Marita Meister (1999)
Hans Hütter (1996)