Ein Mysterium fidei
Wir wissen, dass der Inhalt dieses Festes schwer zu verstehen ist. Da gibt es diesen sehr feierlichen, aber doch schwerfälligen Ausdruck "Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria". Dazu kommt noch das Problem mit der Jungfrauengeburt. Das Konzil von Ephesus (431) befasste sich mit dieser Frage und kam zu dem Ergebnis: Maria ist Gottes- und Menschengebärerin. Eine weitere Schwierigkeit: Wie mache ich ein Geheimnis, das nicht lösbar ist, in Ansätzen für den Menschen des 21. Jahrhunderts verständlich, sind doch die biblischen Aussagen über Maria recht sparsam gehalten.
Der unbegreifliche Gott
Vielleicht könnte die erste Lesung aus dem Buch Genesis, die eher dunkle Seiten des Menschen zeigt, doch Hilfestellung sein, sich diesem Geheimnis anzunähern. Das geschieht wieder durch Bilder: Der geschaffene Mensch ist nicht einer allein, nicht einer so wie es Gott in seiner Einmaligkeit ist. Der Mensch ist Abbild Gottes in Mann und Frau. Beiden hauchte Gott seinen Geist ein, damit sie im Paradies glücklich leben. Dieser Ort ist geographisch nicht festzumachen, vielmehr trägt ihn der Mensch durch Friede und Freude in seinem Herzen. Aber in diesem Paradies, in diesem Garten der Erkenntnis wird für den Menschen das letzte Wissen über Gott abgewehrt, weil es für den Menschen unerträglich wäre, Gott zu sehen und zu erkennen.
Der Name Gottes ist nicht aussprechbar, wir haben nur Vokale eingeschoben, um ihn doch aussprechen zu können. Auch Mose verhüllte sein Gesicht, "denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen." (Ex 3,6). Gott gibt ihm aber die Zuversicht "ICH -BIN-DER-FÜR EUCH- IMMER- DA-IST:" Der Mensch überschreitet aber bis heute seine Grenzen, indem er wie Gott sein will. Dadurch wird er des Paradieses verlustig, er wird hinausgetrieben aus der seligen Welt des Paradieses. Die Freude, der Friede, die Harmonie sind zutiefst gestört und zerstört, stattdessen gibt es Krieg, Mord, Totschlag, was sich bis in unsere Tage auf grauenvolle Weise fortsetzt. So entstehen diese unbeantwortbaren Fragen des WARUM nach Leid, Krankheit, Tod, die auch das Gottesbild überschatten.
Erwählung Mariens
Gott erbarmt sich aber des Menschen. . Das wird in der Gestalt der Gottesmutter sichtbar. Gott nimmt in einer Frau, namens MARIA / Mirjam Wohnung. Er erwählt diese Frau zur Gottesmutter. Das Zweite Vatikanum hat ja auch vorgeschlagen, statt dieses unverständlichen Festnamens besser "Maria Erwählung" zu sagen, was sich leider nicht durchgesetzt hat. Maria, die Frau aus dem Volk, ist genauso erlösungsbedürftig wie wir. Im 1. Korintherbrief steht ein sehr tröstliches Wort: "Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt?" (1 Kor 6,19). Gott hat somit auch in uns Menschen Wohnung genommen, weil der Weg des Menschen Erwählung ist. Damit setzt sich die Liebesgeschichte zwischen Gott und Mensch fort, und Maria bestätigt es durch ihr freiwilliges JA.
Wenn wir im Buch Genesis einige Verse weiterlesen (bis Gen 3,24), erfahren wir von der Vertreibung aus dem Paradies durch die Cherubim, also Engel. Im rabbinischen Judentum sind es himmlische Wesen - Michael wird hier genannt -, die den Menschen aus dem Paradies vertreiben. "Michael" bedeutet: "Wer ist wie Gott?" Der Mensch will wie Gott sein, seine Grenzen überschreiten. Das ist die Ursünde. Gott, das "Lamm Gottes" nimmt die Sünde, "peccatum originale" (nicht die Sünden!) der Welt weg. Nun kommt der Übersetzungs- und Sinnfehler, wo "malus" mit "Apfel" übersetzt und "malum", das Böse ist. Im zweiten Fall heißt beides "mali". Daraus wird der Unsinn des Apfels.
Dichterpersönlichkeiten sind mitunter große Exegeten mit besonderem Gespür, so auch Christine Busta (1915-1987): "Mit einem Apfel in der Hand".
Wenn es wahr ist, dass unser Elend
mit einem Apfel begonnen hat,
könnten wir ihn nicht zurückerstatten?
Freilich, wo finden wir die Mauer
um das richtige Paradies?
Am besten, man versucht, über jede
heimlich einen Apfel zu werfen.
Zahllos sind die Gärten des Misstrauens,
viele Äpfel werden verfaulen.
Aber wo es zu duften beginnt
nach Bratäpfeln, werde ich wieder hoffen,
dass der Engel sein feuriges Schwert entschärft.