Pfingsten ohne Ende
Innsbruck ist eine sehr bunte Gemeinde. Da wohnen Tiroler, Vorarlberger, Ober- und Niederösterreicher, Wiener, kurz gesagt: da gibt es eine große Mischung von Inländern, aber auch Menschen mit einer anderen Nationalität. Wenn ich jetzt zu den Einwohnern noch die Gäste unserer Stadt dazuzähle, ist Innsbruck fast ein Abbild von Jerusalem, wo sich zu Pfingsten vor 2000 Jahren Parther, Meder und Elamiter, Römer, Juden, Kreter und Araber aufhielten.
Jerusalem ist keine große Stadt, aber weltberühmt. Da fand das erste Pfingstfest statt, das eine Weltrevolution auslöste, die bis heute andauert und bis zum Ende der Welt weiter wirken wird. Pfingsten eröffnet uns eine ganz neue Zukunft, die über das Grab hinausgeht. Dieser Geist macht uns zu Söhnen und Töchtern Gottes (Röm 8,15). Ja er gibt der ganzen Welt ein neues Gesicht, sodass die Theologen von einer Neuschaffung der Welt sprechen. Der Heilige Geist ist die Liebe, ein Geschenk Jesu an uns. Er macht uns frei für ein Leben in Fülle, wenn wir auf ihn hören.
Das ganze Jahr Pfingsten feiern
Aus diesem Grund ist in der oststeirischen Stadt Weiz Pfingsten das wichtigste Fest des Jahres. Da wird das ganze Jahr Pfingsten gefeiert. Der Geist Gottes will stets das Antlitz der Erde erneuern. Er nimmt wie bei Maria in uns Gestalt an, macht uns zu einer lebendigen Monstranz, macht aus unserem staubigen Dasein etwas unendlich Wertvolles. Da kann man Gott nur loben und preisen.
Wir haben eine große Sehnsucht nach diesem Geist in der Familie, im Beruf und in der Welt, damit endlich Neid und Hass aufhören, damit endlich Friede und Liebe herrschen kann. Daher beten wir auch immer wieder um diesen Geist. Pfingsten besagt, dass eine andere Welt möglich ist, dass es einen Ausweg gibt. Denn Gott hat seinen Geist in unsere Herzen ausgegossen (vgl. Röm 5,5).
Pfingstbilder
Das bekannteste Symbol für den Heiligen Geist ist die weiße Taube. Schon in der Antike galt die Taube als Sinnbild für Liebe, Frieden und Sanftmut. Die Menschen nahmen nämlich an, dass die Taube keine Gallenblase besitzt und daher frei von Bitterem und Bösem sei.
Mir fällt auf, dass man im Hebräischen nicht vom Geist, sondern von der Geistin spricht. Das hebräische Wort für Geist heißt "ruach" und stellt ein Femininum dar. Das bedeutet nicht, dass der Geist eine Frau ist. Gott hat kein Geschlecht. Gott Vater ist nicht ein Mann und der Heilige Geist keine Frau. Das Wort "ruach" will sagen, dass im Heiligen Geist besonders die fraulichen und mütterlichen Seiten Gottes zum Ausdruck kommen.
Wirkungen des Geistes
Dieser mütterliche Geist Gottes vertreibt die Müdigkeit, vertreibt die Symptome der Angst und Mutlosigkeit in uns. Das Wort Geistin will besagen, dass diese Person für das Gebären einer neuen Welt verantwortlich ist.
Christus selbst vergleicht Gottes Geist einmal mit einer Frau, die einen Sauerteig unter drei Maß Mehl mengt, bis das Ganze durchsäuert ist. Der Geist ist es, der die Schöpfung zur Vollendung führt. Ich brauche diesen Geist, weil er mir das Leben Gottes bringt, weil er mich mit meiner Lebensgeschichte versöhnt.
Im Gegensatz zum Geist der Welt
Der Geist Gottes wirkt aber meist still und leise. Er ist wie eine Mutter, die unauffällig immer für uns da ist und uns nie aus den Augen verliert. Dieser Geist mit der Wärme einer Frau erfüllt das All. Diese mütterliche Liebe kann nicht ruhen, solange wir Menschen nicht am Ziel sind.
Es fällt mir auf, dass der Geist Gottes kein Machertyp, kein Marktschreier ist. Es gibt Menschen in Kirche und Politik, die wollen immer etwas machen, etwas in Bewegung setzen. Sie sagen "anything goes", irgendetwas geht. Hinter einem "Macher" steht oft nicht die Liebe, sondern Macht. Hoffentlich erliegen wir nicht der Gefahr einer Leistungspastoral, die glaubt, dass alles von unserem Tun abhängt. Was bleibt von solchen Menschen? Am Ende sind sie ausgelaugt, landen im burn-out.
Wenn ich dem Heiligen Geist auch etwas zutraue, wirkt er auch in unser Leben hinein. Es dauert oft lange, bis wir Menschen erkennen, dass im Gebet zum Heiligen Geist eine ganz große Wirkkraft liegt. Der Heilige Geist ist der Motor, die Kraft aus der Höhe, die nur darauf wartet, durch das Gebet in Gang gesetzt zu werden.
Der Heilige Geist kam in Feuerzungen herab, das heißt: Gottes Geist erweckte in den Menschen das Feuer der Liebe. Wer von diesem Geist erfüllt ist, sperrt seine Türen auf und gibt diese Liebe allen weiter.
Der Pfingsttag kennt keinen Abend
Pfingsten aber ist kein Endzustand, sondern der Start zu einem neuen Leben. Ich soll immer mehr in die Fülle des Geistes hineinwachsen. Daher brauche ich ihn täglich, muss ich täglich um ihn beten.
Wenn ich in Wien bin, gehe ich gerne in den Stephansdom. Und da ist beim Haupteingang rechts die Eligiuskapelle, in der den ganzen Tag das Allerheiligste ausgesetzt ist. Da steht in einem Glasfenster der schöne Satz: "Der Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe kennt keinen Untergang". Da wird mir bewusst, dass Pfingsten eine Vision für die ganze Menschheit darstellt.
Und wenn ich das Rosettenfenster des Stephansdomes betrachte, das ein Künstler aus Innsbruck entworfen hat, fängt mein Herz zu schwingen kann. Es ist ein Bild für die neue Schöpfung, die durch Pfingsten entsteht. Dieser Geist schenkt eine Hoffnung, die über das Grab hinausgeht. Dieser Geist eröffnet uns eine neue Zukunft, die schon heute beginnt.