1. Lesung vom 30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
Sir 35,15b-17. 20-22a
Lesung aus dem Buch Jesus Sirach:
Der Herr ist der Gott des Rechts,
bei ihm gibt es keine Begünstigung.
Er ist nicht parteiisch gegen den Armen,
das Flehen des Bedrängten hört er.
Er mißachtet nicht das Schreien der Waise
und der Witwe, die viel zu klagen hat.
Wer Gott wohlgefällig dient, der wird angenommen,
und sein Bittruf erreicht die Wolken.
Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken,
es ruht nicht, bis es am Ziel ist.
Es weicht nicht, bis Gott eingreift
und Recht schafft als gerechter Richter.
Die erste Lesung stammt aus dem alttestamentlichen Weisheitsbuch Jesus Sirach, welches vermutlich im 2. Jhdt. v. Chr. Verfasst wurde. Der Text steht dort innerhalb eines längeren Buchteils, der sich mit Fragen nach den richtigen Weisen der Gottesverehrung und den Reaktionen Gottes darauf beschäftigt. Im Hintergrund des Textes steht aber auch die Erfahrung, dass "die Armen" häufig von "den Reichen" ausgebeutet und unterdrückt werden - nicht selten mit Hilfe korrupter Richter. Die prophetischen Anklagen sozialer Ungerechtigkeit (etwa bei Jesaja oder Amos) werden hier aufgenommen und weitergeführt. Jesus Sirach betont, dass Gott sich gerade auf die Seite der Armen stellt, dass er ihr Anwalt ist, ja dass Gott sogar eingreift und Recht schafft als gerechter Richter. Die einzige Forderung an den Menschen ist: Gott wohlgefällig zu dienen
Das Buch Jesus Sirach gehört der Gattung nach zur Klasse der Weisheitsbücher und umfasst Mahnungen und Verheißungen, Erfahrungssätze und Lebensregeln, die in bunter Reihenfolge zusammengestellt sind. Es dürfte im 2. Jahrhundert vor Christus geschrieben worden sein.
Arme und Bedrängte, Waisen und Witwen hatten in der Gesellschaft oft niemanden, der Partei für sie ergriff und sie waren hilflos den Mächtigen gegenüber ausgeliefert. Jesus Sirach betont, dass Gott sich gerade auf die Seite dieser Menschen stellt, dass er ihr Anwalt ist, ja dass Gott sogar eingreift und Recht schafft als gerechter Richter. Die einzige Forderung an den Menschen ist: Gott wohlgefällig zu dienen.
Die Lesung aus dem Alten Testament ist im Hinblick auf das Evangelium ausgewählt worden und entstammt dem Buch Jesus Sirach. Dieses Werk ist am Beginn des 2. vorchristlichen Jahrhunderts entstanden und steht in der Tradition der Spruchweisheiten.
Die für die Lesung ausgewählten Verse betonen, dass Gott ein Gott des Rechtes ist und die Rechte der Armen verteidigt. Aufgezählt werden die Waisen und Witwen. Sie hatten niemand, der sich für ihre Rechte stark machen konnte, und waren daher der Willkür der Reichen und Mächtigen ausgesetzt.
Bemerkenswert ist, dass im Buch Jesus Sirach die Rechte der Armen unabhängig von deren Gottesfürchtigkeit eingefordert werden. Die propheteischen Anklagen sozialer Ungerechtigkeit (etwa bei Jesaja oder Amos) werden hier aufgenommen und weitergeführt.
Martin Stewen (2004)
Wolfgang Jungmayr (2001)
Hans Hütter (1998)