Richtig verstehen
Armer Petrus. Er versteht die Zeichen seines Meisters nur halb. Jesus will ihm die Füße waschen - und Petrus lehnt ab. Für ihn hat das Zeichen eine andere Bedeutung. Daher sagt er nein. Jesus erläutert ihm seine eigene Interpretation. Und Petrus? Er schießt über das Ziel hinaus. Jetzt will er nicht nur die Fußwaschung annehmen, sondern gleich noch mehr.
War er erst am Rand des Geschehens und wollte sich nicht hineinziehen lassen, kam er mit seiner Begeisterungsfähigkeit wie in einen Strudel, der ihn immer weiter mit sich ziehen würde. Ihm fehlt in diesem Moment halt das richtige Maß.
Das richtige Zeichen finden
Wer einmal mit Zeichen gearbeitet hat, kennt die lange Vorbereitungszeit. Welches Zeichen ist richtig? Welches ist eindeutig? Was kann jemand noch mit diesem Zeichen assoziieren? Kann die Botschaft vielleicht auch in den falschen Hals kommen?
Von daher ist Petrus als An- und Wortführer der Jünger nicht zu beneiden. Niemand außer Jesus weiß ja, dass da ein Zeichen kommt. Keiner kann sich vorbereiten und "in sich fühlen", ob es stimmig ist. Plötzlich steht Jesus auf und wäscht den Jüngern die Füße. Nun und nur nun kann es um eine Reaktion gehen. Selig, wer es richtig macht - und Pech für den, der daneben liegt.
Es ehrt Petrus, dass er nicht aufgibt. Er versucht weiter, die Situation zu verstehen. Und er will seinen Fehler korrigieren. Er will keinen Zweifel aufkommen lassen, dass er sich an Jesus hält. Nur ist es dafür nötig, das richtige Maß zu haben. Das fehlt Petrus in dem Moment.
Das neue Zeichen Jesu
Der Moment von Jesu neuem Zeichen ist eingebunden in eine austarierte Feier eines alten Zeichens. Es war das Pessachmahl, das seinen festen Platz im Leben eines Juden hatte. Die Abläufe waren klar. Jeweils der jüngste Teilnehmer hatte die Frage zu stellen, warum gefeiert wird. Der Leiter erklärte es mit einem festen Text. Und er tat all das, was die anderen kannten und erwarteten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Ablauf des Pessach auch seine Geschichte hat. Die Menschen werden nach der Sesshaftwerdung im Gelobten Land danach gesucht haben, wie sie feiern sollen. Sie haben eine Form gefunden und bewahrt. Die Form bot die Sicherheit dafür, dass sich die Teilnehmer auf ihre Gefühle einlassen konnten.
Aber Jesus gibt den Jüngern ein neues Zeichen. So schwer das für die Jünger sein mag, so gut ist es auch für sie. Schwer ist das Mitgehen bei einer unerwarteten Geste Jesu. Aber gut ist, dass sie herausgefordert sind. Aus der guten Routine eines Pessachmahls sind sie geweckt worden. Da ist etwas Neues. Da ist etwas ganz Tiefes. Da ist etwas, wo eine eigene Antwort nötig ist.
Von Petrus kennen wir die zwei falschen Versuche. Was die anderen Jünger erlebten und taten, wird nicht berichtet. Aber sie waren dabei - und das zählt.
Das neue Zeichen der Liebe ist für Johannes allein wichtig. Das Abendmahl Jesu mit seinem Auftrag: "Tut dies zu meinem Gedächtnis" spielt in seinem Evangelium so gut wie keine Rolle. Es ist nur der eine Vers: "Es fand ein Mahl statt, und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn zu verraten und auszuliefern."(Joh 13,2). Dieser Verrat wird in Joh 13,26f beschrieben, aber das Mahl, das später die Gemeinde verbindet, spielt keine Rolle.
Nur auf ein Thema kann er sich konzentrieren - und so wählt er aus, was ihm das wichtigste Zeichen ist: Liebe ohne Wenn und Aber. Selbst ein Judas hat diese Liebe noch erlebt - und konnte sich nicht auf sie einlassen. Verstanden hätte er, aber es fehlte die Kraft zur Antwort.
Zeichen für 2010
Wir am Gründonnerstag 2010 sind wir wieder nicht in der Situation des Neuen Zeichens und des Neuen Erlebens. Wir müssen aus dem Alten Zeichen etwas machen. Aber das, was wir machen, muss nicht immer gleich sein. Wer will, kann eine neue Antwort suchen. Sie kann gut und richtig sein. Sie kann in anderen Menschen Widerspruch erzeugen. Auf jeden Fall wird es eine Reaktion Jesu darauf geben. Ihm traue ich zu, dass er unser Anliegen versteht und so darauf reagiert, dass wir Segen spüren. Amen!