Lesung aus dem Buch Ezéchiel.
So spricht Gott, der Herr:
Ich selbst nehme vom hohen Wipfel der Zeder
und setze ihn ein.
Einen zarten Zweig aus ihren obersten Ästen breche ich ab,
ich selbst pflanze ihn auf einen hohen und aufragenden Berg.
Auf dem hohen Berg Israels pflanze ich ihn.
Dort treibt er dann Zweige,
er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder.
Alle Vögel wohnen darin;
alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige.
Dann werden alle Bäume des Feldes erkennen,
dass ich der Herr bin.
Ich mache den hohen Baum niedrig,
den niedrigen Baum mache ich hoch.
Ich lasse den grünenden Baum verdorren,
den verdorrten Baum lasse ich erblühen.
Ich, der Herr, habe gesprochen
und ich führe es aus.
"Das Lied von der Untreue des Königs" ist das 17. Kapitel des Ezechiel überschrieben, aus dem die heutige Lesung stammt. Die Konsequenz dieses Handelns wird in Ez 17,21 genannt, dem Vers vor dem heutigen Lesungswort: "Die tapfersten Krieger in all seinen Truppen fallen unter dem Schwert. Die Übriggebliebenen aber werden in alle Winde zerstreut. Dann werdet ihr erkennen, dass ich, der Herr, gesprochen habe."
Im Vers 23 beginnt der Neuanfang Gottes. Er selbst handelt und schafft den Boden für das, was möglich werden soll. Es ist Heilung und Neuerweckung aus dem kleinen Rest.
Ezechiel, Prophet und Begleiter Israels im babylonischen Exil, erzählt die Geschichte von einem neuen Anfang, mit Bildern, die über sich hinaus wachsen: kleine Ableger wachsen auf der Höhe in die Höhe, alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten der übermächtigen Zweige und die Bäume, die in der Ebene wachsen, erkennen Gott als den Herren. Es sind Bilder, die in einer ausweglosen und verunsichernden Situation Hoffnung machen: Israel wird neu eingepflanzt, wird von weitem gesehen, wird zu einem Lebensraum in der Nähe des Himmels und lädt ein, Gottes Größe zu entdecken. Das alles wird im Exil verkündet und erwartet.. Es ist eine Zeit, in der das Volk Gottes in schuldbeladener Geschichte sich und Gott neu entdeckt
Der Schlussteil "Ich mache den hohen Baum niedrig, den niedrigen mache ich hoch. Ich lasse den grünenden Baum verdorren, den verdorrten erblühen" setzt den Akzent noch einmal anders. Der hohe und grünende Baum steht für Babylon, der niedrige und verdorrte für Israel. Im Magnificat, Lk 1, finden wir ähnliche Formulierungen: Er (Jahwe) stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen, er sättigt die Hungrigen mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen. Jahwe steht zu dem Wort, dass er seinem Volk gegeben hat.
Norbert Riebartsch (2009)
Regina Wagner (1997)