Lesung aus dem ersten Buch Samuel.
In jenen Tagen sprach der HERR zu Samuel:
Wie lange willst du noch um Saul trauern?
Ich habe ihn doch verworfen;
er soll nicht mehr als König über Israel herrschen.
Fülle dein Horn mit Öl
und mach dich auf den Weg!
Ich schicke dich zu dem Betlehemiter Isai;
denn ich habe mir einen von seinen Söhnen
als König ausersehen.
Als Samuel den Eliab sah,
dachte er: Gewiss steht nun vor dem HERRN sein Gesalbter.
Der HERR aber sagte zu Samuel:
Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt,
denn ich habe ihn verworfen;
Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht.
Der Mensch sieht, was vor den Augen ist,
der HERR aber sieht das Herz.
So ließ Isai sieben seiner Söhne vor Samuel treten,
aber Samuel sagte zu Isai: Diese hat der HERR nicht erwählt.
Und er fragte Isai: Sind das alle jungen Männer?
Er antwortete: Der jüngste fehlt noch,
aber der hütet gerade die Schafe.
Samuel sagte zu Isai:
Schick jemand hin und lass ihn holen;
wir wollen uns nicht zum Mahl hinsetzen,
bevor er hergekommen ist.
Isai schickte also jemand hin und ließ ihn kommen.
David war rötlich,
hatte schöne Augen und eine schöne Gestalt.
Da sagte der HERR: Auf, salbe ihn!
Denn er ist es.
Samuel nahm das Horn mit dem Öl
und salbte David mitten unter seinen Brüdern.
Und der Geist des HERRN war über David von diesem Tag an.
Das erste und zweite Buch Samuel bilden mit den Königsbüchern eine Einheit. Wir finden Erzählungen über die erste israelitische Königszeit. Die Abfassungszeit liegt nach 932 v. Chr., d.h. nach der Teilung des Reiches, aber vor 586 v. Chr., denn das Haus David wird noch als regierendes Haus im Südreich vorausgesetzt. In dieser Zeitspanne sind die Samuelbücher entstanden, unter Verwendung festgefügter mündlicher und schriftlicher Traditionen.
Der Sinn der Bücher ist nicht so sehr Geschichtsschreibung. Vielmehr geht es darum, die Geschichte des Volkes Israel in allen Ereignissen auf die Führung Gottes hinzudeuten.
Die Davidsgeschichten, die mit 1 Sam 16 beginnen, sind nicht einheitlich. Das Zwiegespräch zwischen Jahwe und Samuel (16,1-13), durch das Samuel auf den rechten Sohn Isais hingeführt wird, ist ein Lehrstück. Der Kernsatz, der den Sinn dieser Erzählung zusammenfasst, ist 16,7: "Sieh nicht auf sein Aussehen... Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz."
Dieser Abschnitt schließt mit der Salbung Davids durch Samuel. Ein zweiter Erzählstrang erwähnt auch noch eine spätere Salbung Davids nach dem Tode Sauls in Hebron als eigentliche Königssalbung (2 Sam 5,3). So gesehen ist dieser erste Abschnitt als Bestimmungssalbung zu sehen.
Jahwe legt schon sehr früh ein Augenmerk auf David. Zugleich vollzieht sich ein Übergang von der Geschichte Sauls, der ja noch König ist, zur Geschichte Davids. Saul hat sich das Missfallen Jahwes zugezogen, das Königtum soll aber nicht als ganzes fallen gelassen werden. Somit erhält Samuel den Befehl David zu salben.
Samuel weiß nur, dass ein Sohn Isais aus Betlehem der Erwählte ist. Er begibt sich auf den Weg, wissend, dass ihn die Leute Sauls verfolgen könnten. Deshalb beauftragt ihn Jahwe zusätzlich, ein Schlachtopfer dort vorzunehmen, um die ganze Geschichte zu tarnen. Diese Anweisung steht in den ausgelassenen Texteilen (vgl. "ungekürzte Version") der Perikope. Genauso haben die Ältesten Betlehems Angst betreffs des Kommens Samuels - dies ist ebenfalls in der Sonntagsperikope ausgelassen -, weil sie um das Zerwürfnis zwischen Samuel und Saul wissen, und befürchten, dass ihnen Nachteile daraus erwachsen könnten.
Stark kontrastiert wird der Unterschied zwischen David und seinen Brüdern. Die Jugend und das Nicht-Anwesend-Sein Davids zur Kultfeier unterstreichen die noch Kultunfähigkeit des letzten Sohnes Isais.
Die Salbung bewirkt die lebenslange Geistbegabung. Aus Vorsicht gegenüber Saul fällt dabei nicht das Wort König.
Die erste Lesung stammt aus dem ersten Buch Samuel.
David wird als junger Hirtenknabe vom Propheten Samuel zum König gesalbt. Bis zu seiner vollen Regentschaft kommt es aber zu leidvollen Auseinandersetzungen mit dem regierenden König Saul. Saul wird von einem bösen Geist geplagt, der gute Geist Jahwes ist von ihm gewichen.
Samuel erweist sich als getreuer Diener Jahwes. Gott selbst trifft die Wahl. Im Gehorsam gegenüber Gott salbt Samuel David, den jüngsten Sohn Isais.
Mit seiner Salbung zum König wird David vorherbestimmt, die kommende Geschichte Israels entscheidend zu beeinflussen. Als augenscheinliches Zeichen der Erwählung wird David mit Öl gesalbt; dadurch tritt er in ein besonderes Naheverhältnis zu Jahwe, dessen Geist ihn unterstützt.
Maria Wachtler (2002)
Alfons Jestl (1999)
Reinhard Gruber (1996)