Lassen Sie mich heute - als Priester - einmal einen anderen Zugang zum Osterfest und zur Begegnung mit dem Auferstandenen wählen. Eine Betrachtung über die Rolle der Frauen in diesem Geschehen.
Waren nicht Frauen die ersten Trägerinnen der Botschaft der Auferstehung? Waren nicht gerade Frauen treue Jüngerinnen Jesu Christi - durch den Tod hindurch bis zur Begegnung mit dem Auferstandenen und sicher wohl auch im Leben der ersten Christengemeinden?
Mitte März 2012 fand in Österreich die Pfarrgemeinderatswahl statt. Über 56 % der Gewählten neuen Pfarrgemeinderäte sind Frauen; viele davon noch sehr jung. Eine kaum neue Feststellung. Frauen in der katholischen Kirche sind maßgeblich an der Weitergabe des Glaubens, wie auch an der Gestaltung des Gemeindelebens beteiligt. Und wenn ich so in unsere Gottesdienstgemeinde schaue: Die Frauen sind in der Mehrzahl! Viele diakonale Einrichtungen, wie zum Beispiel in der Wiener "Gesprächsinsel", oder aber in Alten- und Krankenhäusern, werden wesentlich von Seelsorgerinnen getragen, manche davon sind auch Ordensfrauen.
In der Zeit der ausgesprochenen Männerkultur im antiken Orient, ist es schon erstaunlich, dass uns die Heilige Schrift so deutlich große Frauengestalten mit ihrem Glauben an Jesus überliefern. Das Evangelium und die Tradition ist durchzogen von Frauengestalten, die bei der Auferstehung dabei waren und helfen, in das Geheimnis Christi einzudringen: Maria von Nazareth, Anna, ihre Mutter, Elisabeth, Anna, die Frau Simeons, Lazarus Schwestern Martha und Maria, die Frau die von ihren Blutungen geheilt wurde, die Frau, die Jesus in Betanien mit Öl salbte, die Frau die Petrus erkannte im Hof bei der Gefangennahme Jesu, die Frauen am Kreuzweg, Veronika, die Frauen unter dem Kreuz und die Frauen am Ostermorgen...
Szenen am Grab
Kommen wir zu zwei Aspekten im heutigen Evangelium nach Johannes:
Zum ersten: Das leere Grab; Maria von Magdala findet das leere Grab, zu dem sie und die andere Maria in aller Früh des ersten Tags der Woche unterwegs waren (vgl. andere Evangelien). Erschreckt und wohl auch besorgt und verwundert berichtet sie schnell davon den Aposteln. Was mag in Magdalena vorgegangen sein: Angst, Zorn, Trauer...?
Petrus und Johannes eilen zum Grab. Beide finden auch das leere Grab vor, wie berichtet. Die Leinenbinden sind zusammengebunden. Beide gehen zurück zu den anderen, nicht ahnend, was hier wirklich passiert ist.
Dann die wichtige Szenen: Maria aus Magdala (und wohl auch die andere Maria) sind noch beim leeren Grab. Magdalena weint, weil der Leichnam Jesu offenbar weggenommen wurde, so ihre Vermutung. Dort begegnet sie Jesus. Jesus ruft diese treue Jüngerin beim Namen - in seiner wohl unverwechselbaren Art. Und Sie erblickt ihm und antwortet - wohl auch wie früher und in aller Ehrfurcht: "Rabbuni". D.h. Meister!
Der Auferstandene gibt ihr den Auftrag: Geh zu den Jüngern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott!
Bei den anderen Evangelisten erhält sie noch den Auftrag: Verkünde den Jüngern davon. Lass Sie sich versammeln, damit ich sie gemeinsam treffen kann.
Maria von Magdala und die andere Maria werden so zu den ersten Trägerinnen und Botinnen des Glaubens an den Auferstandenen Herrn! Wie oft werden sie wohl von diesen entscheidenden Erfahrungen berichten? - Vermutlich ein Leben lang.
Die Erfahrungen mit dem Auferstandenen, welche dann auch noch viele Jüngerinnen und Jünger machen durften, bildet die Herzmitte des Glaubens, die uns Christen bis heute verbindet.
Frauen in der Nachfolge Jesu wurden im Besonderen für diese Weitergabe des Glaubens berufen. Später wird auch Paulus bei seinem ersten Eintreffen in Europa (Philippi) von einer Frau aufgenommen. Lydia bildet mit ihrem Haus die erste Christengemeinde in Europa. Später schreibt der heilige Augustinus: Magdalena ist die "Apostolin der Aposteln". Ein würdiger Titel!
Weitergabe des Glaubens heute
Die Weitergabe unseres christlichen Glaubens braucht immer bestimmte Ausgangspunkte. Die Familie ist dafür ein idealer Ort. Oftmals liegt die erste Glaubensweitergabe der Kinder bei den Frauen: Bei Müttern, Großmüttern, Katechistinnen... Diese Verantwortung und diese Herausforderung dürfen wir gerade im Hinblick auf das heutige Osterevangelium besonders dankbar bedenken.
Wie geht es den Frauen dabei heute, in einem Umfeld, das sich säkular und plural zeigt? -Christentum und kirchliches Leben sind nicht mehr der "Normalfall". - Wie geht es ihnen im Mix von eigenen beruflichen Aufgaben und der Sorge um Familie und Kinder? Wie geht es ihnen damit, in einer Kirche zu stehen, die sich meist mit ganz anderen Themen "herumschlägt"?
Stärken wir diese Berufung auf vielen Ebenen! - Natürlich auch im gleichzeitigen Mittragen von Vätern, Großvätern, von Männern in den Gemeinden.
Die Botschaft von Ostern
Ostern ist wirklich ein Angelpunkt unseres christlichen Glaubens. Dieser Glaube an Ostern darf aber nicht in kindlichen Bildern und Verstehensweisen stehen bleiben.
Auferstehung Jesu Christi - so sagen uns große Kirchenväter und Theologen - heißt nicht, dass Christus wider gegen alle Naturgesetze, einfach das alte Leben wieder "aufgenommen" hat. Nein. Auferstehung Christi sagt: Hier begann etwas ganz Neues, in einer neuen uns nicht direkt zugänglichen Ebene der Wirklichkeit, eine "neue Zeit".
Damit ist aber das Geschehen von Ostern auch für die ersten Christen, wie für uns heute bedeutsam geworden. Wir alle sind hineingenommen in die Verheißung, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Wir sind hineingenommen in eine frohe Botschaft, die letztlich Sinn und Ziel verheißt. Und wir sind hinein genommen in die Zusage Christi: "Ich bin bei euch alle Tage eures Lebens!"
Von Dietrich Bonhoeffer, dem evangelischen Märtyrer der Nazi-Herrschaft stammt das Wort: "Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln!".
Die großen österlichen Frauengestalten haben dies wohl als Erste erkannt und bezeugt.