Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 24. Mär. 2024 - Palmsonntag (B)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
Evangelium zur Palmweihe - Mk 11,1-10
Es war einige Tage vor dem Pas-chafest..
Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen,
nach Bétfage und Betánien am Ölberg,
schickte Jesus zwei seiner Jünger aus.
Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt;
gleich wenn ihr hineinkommt,
werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden,
auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat.
Bindet das Fohlen los
und bringt es her!
Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?,
dann antwortet: Der Herr braucht es;
er lässt es bald wieder zurückbringen.
Da machten sie sich auf den Weg
und fanden außen an einer Tür an der Straße
ein Fohlen angebunden
und sie banden es los.
Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen:
Wie kommt ihr dazu, das Fohlen loszubinden?
Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte,
und man ließ sie gewähren.
Sie brachten das Fohlen zu Jesus,
legten ihre Kleider auf das Tier
und er setzte sich darauf.
Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus,
andere aber Büschel,
die sie von den Feldern abgerissen hatten.
Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen:
Hosanna!
Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!
Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David,
das nun kommt.
Hosanna in der Höhe!
Mit den vorliegenden Versen beginnt der fünfte Hauptteil des Markus-Evangeliums: die Passionsgeschichte Jesu. Die Erzählung entnimmt Markus einer ihm bekannten Quelle, die Exegese ist sich sicher, dass es keine weitere Bearbeitung gibt. Damit ist diese Erzählung die gleichsam "reinste", d.h. von theologischen Zusätzen des Schreibers freiste Überlieferung der Passionsgeschichte. Sie hat einen geschichtsschreibenden Charakter: Die Abläufe sind in historischer Reihenfolge hintereinander und nicht etwa wie bei Johannes in theologischer Absicht zusammen gestellt. Ein Beispiel: Die Tempelreinigung spielt sich nach Markus (11,15-19) am Tag nach dem Einzug in Jerusalem ab, bei Joh (2,13ff.) vorher.
Derweil andere Einzugsberichte darum bemüht sind, in der Darstellung ein himmlisches Königtum direkt zu vermitteln (etwa durch Zitation alttestamentlicher Texthinweise etc.), findet sich diese Theologie bei Markus nur implizit in der ausführlichen Beschreibung von der Reittierbeschaffung und des Verhaltens der Begleitschar beim Einzug. Nach Gen 49,11 war ein ungerittenes Fohlen ein Herrschern vorbehaltenes Reittier, 2 Kön 9,13 beschreibt das Ausbreiten der Kleider als Gestus zum Empfang eines Königs.
Jesus kommt auf seinem Weg nach Jerusalem jetzt ans Ziel. Die letzte Station davor ist Betfage - Betanien am Ölberg.
Bei der Vorbereitung für seinen Einzug handelt Jesus mit einem geheimnisvollen Vorauswissen: Er weiß, was er im Auftrag des Vaters und damit die Schrift erfüllt wird, tun muß (vgl. Sach 9,9: Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin). Jesus bezeichnet sich an dieser Stelle - das einzige Mal im Markusevangelium – als Herr, der sich erwartet, dass seinen Wünschen entsprochen wird.
Doch er kommt nicht als König, als politischer Befreier, sondern als Friedensfürst auf einem Fohlen. Jünger und Volk tragen auf ihre Weise dazu bei, die Würde dieses Ereignisses hervorzuheben. Drei Handlungen werden genannt: Die Jünger legen Kleider als Reitdecke auf das Tier, wie es bei Vornehmen üblich war. Die Leute breiten statt Teppichen Kleider auf der Straße aus und reißen Zweige von den Büschen ab.
Die Akklamation durch "Hosanna!" (hebr. hoschiah-na = Hilf doch!) ist ein Bitt- und Heilruf, der dem Volk bekannt war (vgl. Ps 118,25) und an den großen Festen gesungen wurde. Auch der folgende Vers war ein Segensspruch über alle Pilger, die in den Tempel einzogen und wurde wahrscheinlich von den Priestern gesungen. Vielleicht hat der Zuruf: Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt - bei einigen Leuten aus der Volksmenge messianische Hoffnungen entzündet, doch handelt es sich eher um ein christliches, nachösterliches Verständnis des Kommens des Reiches Gottes: Die jüdische Messiashoffnung erfüllt sich in Jesus, aber nicht in der Form, wie es sich die damaligen Juden erwarteten.
Evangelium zur Palmweihe (zur Auswahl) - Joh 12,12-16
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit
hörte die große Volksmenge,
die sich zum Paschafest eingefunden hatte,
Jesus komme nach Jerusalem.
Da nahmen sie Palmzweige,
zogen hinaus, um ihn zu empfangen,
und riefen:
Hosanna!
Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn,
der König Israels!
Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf –
wie es in der Schrift heißt:
Fürchte dich nicht, Tochter Zion!
Siehe, dein König kommt;
er sitzt auf dem Fohlen einer Eselin.
Das alles verstanden seine Jünger zunächst nicht;
als Jesus aber verherrlicht war,
da wurde ihnen bewusst, dass es so über ihn geschrieben stand
und dass man so an ihm gehandelt hatte.
Lopez Weißmann (2000)
In der Version des Johannes zieht die Volksmenge auf die Nachricht hin, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, ihm mit Palmzweigen entgegen. Der Palmzweig gilt als Symbol des Sieges. Jesus kommt als der „messianische König und Sieger“ in seine Stadt. Die Passion Jesu wird damit zu einer „Siegesgeschichte“. Johannes verzichtet auch auf die „legendenhaften Züge“ der Markus-Version, wie die Aussendung der Jünger, das Finden des Fohlens, das Ausbreiten der Gewänder u.a.
Mit dem feierlichen Einzug Jesu in Jerusalem und seiner Akklamation als „König von Israel“ ist ein weiterer Höhepunkt im öffentlichen Wirken Jesu erreicht. Die Menge stellt mit ihrem positiven Zeugnis für Jesus vor allem die Hohenpriester und Pharisäer vor eine Entscheidung. Der Konflikt erreicht seinen Höhepunkt. Bei diesem Erfolg Jesu müssen sie etwas unternehmen und versuchen, die Angelegenheit zu einem Ende zu bringen.
Die Bemerkung, die Jünger hätten den Vorgang, als er sich abspielte, gar nicht verstanden, zeigt, dass Johannes einen Unterschied macht zwischen dem ursprünglichen Ereignis selbst, dem Zeichen, das von Jesus gesetzt worden war, und dem nachösterlichen Verständnis.
1. Lesung - Jes 50,4-7
Lesung aus dem Buch Jesaja.
GOTT, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern,
damit ich verstehe,
die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort.
Jeden Morgen weckt er mein Ohr,
damit ich höre, wie Schüler hören.
GOTT, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet.
Ich aber wehrte mich nicht
und wich nicht zurück.
Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen,
und meine Wange denen, die mir den Bart ausrissen.
Mein Gesicht verbarg ich nicht
vor Schmähungen und Speichel.
Und GOTT, der Herr, wird mir helfen;
darum werde ich nicht in Schande enden.
Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel;
ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.
Manfred Wussow (2004)
Gabi Ceric (1999)
Bernhard Zahrl (1998)
Es ist das Lied eines Knechtes Gottes. Gleichzeitig ist es ein Lied über den Knecht Gottes. Wer er war? Ein Einzelner? Womöglich Israel selbst? Die Gesichtszüge haben sich nie rekonstruieren lassen. Aber das Lied legt Spuren: Der Knecht Gottes hat die Zunge eines Jüngers und stärkt die Müden mit einem Wort, das aufrichtet - und ihm wird jeden Morgen das Ohr geöffnet, um von Gott das Wort zu bekommen, das ihn hält. Auch, als er geschlagen, geschmäht und bespuckt wird. Dem Lied gelingt, in einem Satz zu sagen, was der Knecht Gottes tut und was mit ihm geschieht. Er wird von der Zusage Gottes gehalten und richtet mit seinem Wort andere, hier: Müde, auf. Im Lied bekommt sein Vertrauen Worte, die seitdem vielen Menschen helfen, Tiefpunkte, Erniedrigungen und Verletzungen auszuhalten, aber auch den Kampf mit der Resignation zu gewinnen.
Als drittes Gottesknechtlied wurde dieser Text mit den anderen - insgesamt 4 - in das Buch Jesaja eingefügt. Es ist nicht sicher, wann das geschah, aber was gelegentlich wie ein Fremdkörper wirkt, entpuppt sich als Pfeiler: Die Trost-Botschaft, die Deuterojesaja den Menschen im babylonischen Exil - einer der größten Tragödien überhaupt, die Israel erlebte - gibt, ruht wie eine Brücke auf diesen Pfeilern und wird von ihnen gehalten.
Natürlich war damals von Jesus noch nicht die Rede und das später entwickelte Schema "Verheißung" - "Erfüllung" noch nicht formuliert, aber der Gottesknecht hat in diesem Lied vertraute Züge, die uns im Evangelium wieder begegnen: dass eine Zunge Kraft hat, Menschen ohne Hoffnungen aufzurichten - und dass das Ohr Leben empfängt. Dieses Lied vom Knecht Gottes ist eine Hommage auf die Sinne - und das sehr sinnliche Wort Gottes.
Das Knecht-Gottes-Lied hat in Röm 8,31-39 von Paulus eine bemerkenswerte Auslegung erhalten: In dem Verfahren, in dem die Auserwählten Gottes angeklagt werden, können sie von der Liebe Christi nicht geschieden werden. Das Urteil ist ein Frei-Spruch, ein Lebens-Urteil.
Wie auch am Karfreitag begegnet uns heute eines der vier Gottesknechtslieder, die sich im Deuterojesaja befinden und zum Teil als eigene literarische Schicht gegolten haben (so z. B. bei B. Duhm).
Individuell gedeutet kann der Ebed JHWH’s als königliche oder prophetische Gestalt. Andererseits in der kollektiven Deutung als Israel/Jakob, als das Volk Gottes. Das stellvertretende Leiden jenes einen Knechtes bringt Recht für die Völker und die Vergebung der Sünden (vgl. Jes 42,1-4; 49,1-6; 50,4-9; 52,13-53,12).
Es ist eine reine christliche Deutung, in diesem Gottesknecht Jesus Christus sehen zu wollen, in die Texte des Ersten Testaments nach dem Schema Verheißung – Erfüllung die Christologie hineinzulegen, wenngleich es vielfach in unsere katholische Tradition Einzug gehalten hat und diese alttestamentlichen Lesungen aus dem Buch des Propheten Jesaja deshalb aus der Karwochenliturgie nicht mehr wegzudenken sind. Eine Einladung erneut an uns, Obacht zu geben und Wert darauf zu legen, dass das Erste Testament in seinem Eigenwert zu lesen ist.
Nach der Gottesrede in Jes 50,1-3 hat Gott den Mund eines anderen geöffnet, dessen Rede in diesem Abschnitt mit der zweimaligen Aufforderung zum bewussten Wahrnehmen der Größe und Hilfe Gottes endet (Vers 9), bevor der Sprecher mit Mahnungen und Aufforderungen erneut einsetzt. JHWH hat seinem Knecht die Sinne geöffnet (Zunge und Ohr), gleichsam als Voraussetzung dafür, alles als Gottesknecht erdulden zu können. Auf ihn hin ist er ausgerichtet. Das und das Vertrauen allein geben ihm Kraft. Die ihm Gewalt antun, hat das Gericht des Herrn bereits getroffen.
Die Leseordnung der Kirche hat für diesen Sonntag eines der Gottesknechtlieder aus dem Buch Deuterojesaja ausgewählt. Der Schüler des Propheten spricht in diesem Text von seiner Beauftragung. Er soll mit der Zunge eines Jüngers den entmutigten Menschen im babylonischen Exil neue Hoffnung machen. Um diesen Dienst aber auch erfüllen zu können, bedarf es eines offenen Ohrs. Gott öffnet dem Jünger das Ohr, damit er wie ein guter Schüler den Menschen zuhören kann. Dieses "Ohrenöffnungsritual" wiederholt sich gleichsam jeden Tag, denn Gott weiß, wie leicht die Menschen unter "verstopften Ohren" leiden können und nur mehr hören, was sie hören wollen. Ein offenes Ohr ist aber die Voraussetzung für gutes und erfolgreiches pastorales Arbeiten und eine aufrichtige Verkündigung. Bevor der Jünger von Gott spricht, gilt es den Menschen gut zuzuhören.
Antwortpsalm - Ps 22,8-9. 17-20. 23-24
Kv: Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen? – Kv
(Oder GL 293)
Alle, die mich sehen, verlachen mich,
verziehen die Lippen, schütteln den Kopf:
Wälze die Last auf den HERRN! /
Er soll ihn befreien,
er reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat! - Kv
Denn Hunde haben mich umlagert, /
eine Rotte von Bösen hat mich umkreist.
Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt.
Ich kann all meine Knochen zählen;
sie gaffen und starren mich an. - Kv
Sie verteilen unter sich meine Kleider
und werfen das Los um mein Gewand.
Du aber, HERR, halte dich nicht fern!
Du, meine Stärke, eile mir zu Hilfe! - Kv
Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden,
inmitten der Versammlung dich loben.
Die ihr den HERRN fürchtet, lobt ihn; /
all ihr Nachkommen Jakobs, rühmt ihn;
erschauert vor ihm, all ihr Nachkommen Israels! - Kv
2. Lesung - Phil 2,6-11
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Philippi.
Christus Jesus war Gott gleich,
hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein,
sondern er entäußerte sich
und wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich
und war gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde
ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt:
"Jesus Christus ist der Herr" -
zur Ehre Gottes, des Vaters.
Manfred Wussow (2004)
Gabi Ceric (1999)
Lorenz Walter Voith (1996)
Paulus zitiert einen Hymnus, der in der frühen Kirche unbefangen das Geheimnis Christi mit dem –alten und in der Mythologie verbreiteten – Schema Abstieg / Aufstieg besingt. Der Entäußerung, die bis in den Tod reicht, wird der "verliehene Name" gegenübergestellt, der im Christus-Bekenntnis "Herr ist Jesus" mündet. Wir begegnen hier dem ursprünglichen Glaubensbekenntnis, das noch ohne streitbehaftete (und auslegungsbedürftige) Sätze zusammenfasst, was christliches Leben ausmacht: dass er das letzte Wort hat, über alles – und für alle.
Paulus, ein Meister, der das Evangelium in Briefen zu den Menschen bringt, entwindet den Hymnus mythologischen Denkmustern und verbindet das Leben Jesu mit dem seiner Jüngerinnen und Jünger: Seid untereinander auch so gesinnt… In einem Leben, das dem "Leben in Christus Jesus entspricht", erweist sich das Bekenntnis zu ihm als tragfähig und wirklich. Bedenken, zumal die vielen Bedenken, die von Gottesdienst zu Gottesdienst heute variiert werden, werden von Paulus nicht geteilt. Er hat das Zutrauen, das ein Leben gelingt, in dem Jesus als der "Kyrios" bekannt und angerufen wird. Dass der Ort Philippi keine Insel der Seligen ist, weiß Paulus, hindert ihn aber nicht, den Lebenslauf Christi als Verheißung und Vorbild hinzustellen.
Als Paulus den Hymnus aufgreift und ihn zitiert, gibt es die schriftlich ausformulierten Evangelien noch nicht. Heute gelesen, mutet er wie eine Kurzfassung des Evangeliums an, das vierfach überliefert wird und auch die Briefe im NT prägt. Nicht zuletzt geht es darum, Jesu Namen zu tragen (Taufe), sich mit ihm zu schmücken und zu segnen. Im übrigen: der Christus-Hymnus, aus alter Zeit von Paulus gerettet, steht auch dafür, dass, wie der Theologe Edmund Schlink sagte, das Dogma Lobpreis und Lebenshilfe ist (und nicht das Gerüst, um Wahrheiten festzulegen).
Paulus schreibt in seiner Gefangenschaft einen Brief an die erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden, an Philippi. Mit ihr weiß er sich sehr verbunden, ist besorgt um sie. Von daher sind auch die Grundanliegen des Briefes zu verstehen, die sich auch in dieser Lesung widerspiegeln: Inmitten eines heidnischen Umfeldes bedarf die junge Christengemeinde der Festigung und Belehrung im Glauben. Die paulinische Paraklese meint darin mehr als Ermahnung "Dies und jenes sollt ihr tun", sondern vielmehr ein Besorgtsein, ein Sichkümmern, ein Inverantwortunggenommensein über die Distanz hinweg. Paulus wird von Unstimmigkeiten, von Streitereien und Prahlerei gehört haben, worauf er nun reagiert. Die Ermahnung hat dort ihren Platz, wo die Gemeinschaft im Geist und das Wohlwollen des Herzens wohnen. Grund und Motivation für diese geschwisterliche Zurechtweisung, die auch Eingang in unsere katholische Tradition gefunden hat, ist das Gemeinwohl vor allem Eigenwohl.
In Phil 2,6-11 schiebt Paulus einen Christus-Hymnus ein. Die feierliche, gehobene Sprache der Mahnrede in den Versen 1-4 deutet bereits an, dass dieser Teil in einem engen Zusammenhang steht mit dem Christuslied, das schon vor Paulus in den Gemeinden gesungen wurde. Vers 5 leitet über: Als getaufte Christen sollen sich die Glieder der Gemeinde in einem neuen, besonderen Verhältnis zu Jesus Christus begreifen: Nicht nur nach dem Vorbild Jesu Christi zu leben, sondern das ganze Dasein als In-Christus-Sein zu verstehen.
Durch die feierliche „Ermahnung in Christus“ wird der darauffolgende Hymnus einerseits vorbereitet, andererseits wird die Mahnung des Apostels durch das Lied christologisch begründet. Wenn die Gemeinde eines Sinnes ist, in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, dann deutet schon etwas auf von der großen Freude, die Gott am Ende der Zeiten schenkt ( ... macht meine Freude dadurch vollkommen, ...).
Das Christuslied selbst läßt zwei Teile erkennen: Die Erniedrigungsaussagen (Verse 6-8), in denen Christus der Handelnde ist, und die Erhöhungsaussagen (Verse 9-11); hier ist Gott der Handelnde. Der ganze Hymnus ist geprägt vom Stilmittel des Parallelismus. Die Verse 6 und 7 stehen einander gegenüber als These und Antithese: Er, der sich in der Daseinsweise Gottes befand, nahm Sklavendasein an; der nicht mit aller Macht daran festhielt, Gott gleich zu sein, entäußerte sich. Das gleiche gilt für die Verse 8 und 9: Er, der sich selbst erniedrigt hat, wird von Gott erhöht – und die Verse 7cd und 10: Der den Menschen völlig gleich gewordene wird vom ganzen Kosmos geehrt.
Der Hymnus endet mit der Proklamation: Jesus Christus ist der Herr! Der Name Jesus, der noch einmal an sein Menschsein erinnert, ist zugleich der Hoheitstitel. Aus dem ganzen Abschnitt wird klar: Kultische Verehrung, Bekenntnis des Glaubens und Leben aus seiner Gesinnung gehören zusammen. Durch alle Lebensvollzüge der Gemeinde wird Christus bekannt und geehrt, und durch ihn Gott der Vater.
De Hymnus ist geprägt von der Dynamik der Kenosis, der Entäußerung Christi. Gott geht für uns bis ins Letzte hinunter. Am Kreuz aber ist der Wendepunkt - der Aufstieg Jesu Christi nimmt dort seinen Anfang bis zum Lobpreis und dem Bekenntnis aller Geschöpflichkeit.
Der Text des Apostels Paulus steht im Rahmen eines großen Zuspruchs an die Gemeinde (Phil 1,27 - 2,18). In diesen Brief läßt Paulus einen Hymnus (die heutige Lesung) einfließen, der wohl bereits den Urchristen bekannt war und auch liturgisch verwendet wurde.
Der Text (oder das Lied) hat zwei Strophen, die mit schöner Linienführung den "Weg des Christus" zeichnen. Im Mittelpunkt steht die Botschaft vom Kreuz. Sie gibt dem Leben des Christen Mitte und Ziel; für die Christen bedeutet das Kreuz Hoffnung und Heil.
Am Beginn versucht er das Unsagliche auszusprechen. Im 2. Teil tritt Gott selbst auf den Plan. Gott selbst ist jetzt der Handelnde.
Der Schluß des Liedes endet mit dem Ruhme Gott-Vaters. Mit der Erwähnung des Vatergottes wird der Gemeinde im Hymnus gegenwärtig, daß sie zu Gott Vater, Abba (vgl. Röm 8,15) sprechen dürfen.
Ruf vor der Passion - Phil 2,8b-9
Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit! – Kv
Christus war für uns gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen.
Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit!
Passion - Mk 14,1 - 15,47
Das Leiden unseres Herrn Jesus Christus
E = Evangelist, † Worte Jesu, S = Worte sonstiger Personen
Das Leiden unseres Herrn Jesus Christus nach Markus.
Der Todesbeschluss der Hohepriester und Schriftgelehrten
E: Es war zwei Tage vor dem Pas-cha.
und dem Fest der Ungesäuerten Brote.
Die Hohepriester und die Schriftgelehrten
suchten nach einer Möglichkeit,
Jesus mit List in ihre Gewalt zu bringen, um ihn zu töten.
Sie sagten aber:
S: Ja nicht am Fest,
damit es im Volk keinen Aufruhr gibt!
Die Salbung im Haus Simons des Aussätzigen
E: Als Jesus in Betánien
im Haus Simons des Aussätzigen zu Tisch war,
kam eine Frau
mit einem Alabastergefäß voll echtem, kostbarem Nardenöl,
zerbrach es
und goss das Öl über sein Haupt.
Einige aber wurden unwillig
und sagten zueinander:
S: Wozu diese Verschwendung?
Man hätte das Öl um mehr als dreihundert Denáre verkaufen
und das Geld den Armen geben können.
E: Und sie fuhren die Frau heftig an.
Jesus aber sagte:
† Hört auf!
Warum lasst ihr sie nicht in Ruhe?
Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
Denn die Armen habt ihr immer bei euch
und ihr könnt ihnen Gutes tun, sooft ihr wollt;
mich aber habt ihr nicht immer.
Sie hat getan, was sie konnte.
Sie hat im Voraus meinen Leib für das Begräbnis gesalbt.
Amen, ich sage euch:
Auf der ganzen Welt, wo das Evangelium verkündet wird,
wird man auch erzählen, was sie getan hat,
zu ihrem Gedächtnis.
Einer der Zwölf als Überläufer
E: Judas Iskáriot, einer der Zwölf, ging zu den Hohepriestern.
Er wollte Jesus an sie ausliefern.
Als sie das hörten,
freuten sie sich
und versprachen, ihm Geld dafür zu geben.
Von da an
suchte er nach einer günstigen Gelegenheit,
ihn auszuliefern.
Die Vorbereitung des Paschamahls
E: Am ersten Tag des Festes der Ungesäuerten Brote,
an dem man das Paschalamm zu schlachten pflegte,
sagten die Jünger zu Jesus:
S: Wo sollen wir das Paschamahl für dich vorbereiten?
E: Da schickte er zwei seiner Jünger voraus
und sagte zu ihnen:
†: Geht in die Stadt;
dort wird euch ein Mensch begegnen,
der einen Wasserkrug trägt.
Folgt ihm,
bis er in ein Haus hineingeht;
dann sagt zu dem Herrn des Hauses:
Der Meister lässt dich fragen:
Wo ist der Raum,
in dem ich mit meinen Jüngern das Paschalamm essen kann?
Und der Hausherr
wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen,
der schon für das Festmahl hergerichtet
und mit Polstern ausgestattet ist.
Dort bereitet alles für uns vor!
E: Die Jünger machten sich auf den Weg
und kamen in die Stadt.
Sie fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte,
und bereiteten das Paschamahl vor.
Das Mahl
E: Als es Abend wurde,
kam Jesus mit den Zwölf.
Während sie nun zu Tisch waren und aßen,
sagte Jesus:
†: Amen, ich sage euch:
Einer von euch wird mich ausliefern,
einer, der mit mir isst.
E: Da wurden sie traurig
und einer nach dem andern fragte ihn:
S: Doch nicht etwa ich?
E: Er sagte zu ihnen:
†: Einer von euch Zwölf,
der mit mir in dieselbe Schüssel eintunkt.
Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen,
wie die Schrift über ihn sagt.
Doch weh dem Menschen,
durch den der Menschensohn ausgeliefert wird!
Für ihn wäre es besser,
wenn er nie geboren wäre.
E: Während des Mahls nahm er das Brot
und sprach den Lobpreis;
dann brach er das Brot,
reichte es ihnen
und sagte:
†: Nehmt, das ist mein Leib.
E: Dann nahm er den Kelch,
sprach das Dankgebet,
gab ihn den Jüngern
und sie tranken alle daraus.
Und er sagte zu ihnen:
†: Das ist mein Blut des Bundes,
das für viele vergossen wird.
Amen, ich sage euch:
Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken
bis zu dem Tag,
an dem ich von Neuem davon trinke im Reich Gottes.
Die Ankündigung der Verleugnung
E: Nach dem Lobgesang gingen sie zum Ölberg hinaus.
Da sagte Jesus zu ihnen:
†: Ihr werdet alle Anstoß nehmen;
denn in der Schrift steht:
Ich werde den Hirten erschlagen,
dann werden sich die Schafe zerstreuen.
Aber nach meiner Auferstehung
werde ich euch nach Galiläa vorausgehen.
E: Da sagte Petrus zu ihm:
S: Auch wenn alle Anstoß nehmen –
ich nicht!
E: Jesus sagte ihm:
†: Amen, ich sage dir:
Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht,
wirst du mich dreimal verleugnen.
E: Petrus aber beteuerte:
S: Und wenn ich mit dir sterben müsste –
ich werde dich nie verleugnen.
E: Das Gleiche sagten auch alle anderen.
Das Gebet in Getsemani
E: Sie kamen zu einem Grundstück, das Getsémani heißt,
und er sagte zu seinen Jüngern:
†: Setzt euch hier,
während ich bete!
E: Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich.
Da ergriff ihn Furcht und Angst
und er sagte zu ihnen:
†: Meine Seele ist zu Tode betrübt.
Bleibt hier und wacht!
E: Und er ging ein Stück weiter,
warf sich auf die Erde nieder
und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe.
Er sprach:
†: Abba, Vater,
alles ist dir möglich.
Nimm diesen Kelch von mir!
Aber nicht, was ich will,
sondern was du willst.
E: Und er ging zurück
und fand sie schlafend.
Da sagte er zu Petrus:
†: Simon, du schläfst?
Konntest du nicht einmal eine Stunde wach bleiben?
Wacht und betet,
damit ihr nicht in Versuchung geratet!
Der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach.
E: Und er ging wieder weg
und betete mit den gleichen Worten.
Als er zurückkam,
fand er sie wieder schlafend,
denn die Augen waren ihnen zugefallen;
und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten.
Und er kam zum dritten Mal
und sagte zu ihnen:
† Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus?
Es ist genug.
Die Stunde ist gekommen;
siehe, jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder ausgeliefert.
Steht auf,
wir wollen gehen!
Siehe, der mich ausliefert, ist da.
Die Gefangennahme
E: Noch während er redete,
kam Judas, einer der Zwölf,
mit einer Schar von Männern,
die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren;
sie waren von den Hohepriestern,
den Schriftgelehrten und den Ältesten geschickt worden.
Der ihn auslieferte, hatte mit ihnen ein Zeichen vereinbart
und gesagt:
S: Der, den ich küssen werde, der ist es.
Nehmt ihn fest,
führt ihn sicher ab!
E: Und als er kam,
ging er sogleich auf Jesus zu
und sagte:
S: Rabbi!
E: Und er küsste ihn.
Da legten sie Hand an ihn
und nahmen ihn fest.
Einer von denen, die dabeistanden,
zog das Schwert,
schlug auf den Diener des Hohepriesters ein
und hieb ihm das Ohr ab.
Da sagte Jesus zu ihnen:
†: Wie gegen einen Räuber
seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen,
um mich festzunehmen.
Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und lehrte
und ihr habt mich nicht verhaftet;
aber so mussten die Schriften erfüllt werden.
E: Da verließen ihn alle
und flohen.
Ein junger Mann aber,
der nur mit einem leinenen Tuch bekleidet war,
wollte ihm nachfolgen.
Da packten sie ihn;
er aber ließ das Tuch fallen
und lief nackt davon.
Das Bekenntnis Jesu und die Verleugnung durch Petrus
E: Darauf führten sie Jesus zum Hohepriester
und es versammelten sich alle Hohepriester
und Ältesten und Schriftgelehrten.
Petrus aber war Jesus von Weitem
bis in den Hof des Hohepriesters gefolgt;
nun saß er dort bei den Dienern
und wärmte sich am Feuer.
Die Hohepriester und der ganze Hohe Rat
bemühten sich um Zeugenaussagen gegen Jesus,
um ihn zum Tod verurteilen zu können;
sie fanden aber nichts.
Viele machten zwar falsche Aussagen gegen ihn,
aber die Aussagen stimmten nicht überein.
Einige der falschen Zeugen, die gegen ihn auftraten, behaupteten:
S: Wir haben ihn sagen hören:
Ich werde diesen
von Menschenhand gemachten Tempel niederreißen
und in drei Tagen einen anderen aufbauen,
der nicht von Menschenhand gemacht ist.
E: Aber auch in diesem Fall stimmten die Aussagen nicht überein.
Da stand der Hohepriester auf,
trat in die Mitte
und fragte Jesus:
S: Willst du denn nichts sagen
zu dem, was diese Leute gegen dich vorbringen?
E: Er aber schwieg
und gab keine Antwort.
Da wandte sich der Hohepriester nochmals an ihn
und fragte:
S: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
E: Jesus sagte:
†: Ich bin es.
Und ihr werdet den Menschensohn
zur Rechten der Macht sitzen
und mit den Wolken des Himmels kommen sehen.
E: Da zerriss der Hohepriester sein Gewand
und rief:
S: Wozu brauchen wir noch Zeugen?
Ihr habt die Gotteslästerung gehört.
Was ist eure Meinung?
E: Und sie fällten einstimmig das Urteil:
S: Er ist des Todes schuldig.
E: Und einige spuckten ihn an,
verhüllten sein Gesicht,
schlugen ihn
und riefen:
S: Zeig, dass du ein Prophet bist!
E: Auch die Diener schlugen ihn ins Gesicht.
Als Petrus unten im Hof war,
kam eine von den Mägden des Hohepriesters.
Sie sah, wie Petrus sich wärmte,
blickte ihn an
und sagte:
S: Auch du warst mit diesem Jesus aus Nazaret zusammen.
E: Doch er leugnete
und sagte:
S: Ich weiß nicht und verstehe nicht, wovon du redest.
E: Dann ging er in den Vorhof hinaus.
Als die Magd ihn dort bemerkte,
sagte sie zu denen, die dabeistanden, noch einmal:
S: Der gehört zu ihnen.
E: Er aber leugnete wieder.
Wenig später sagten die Leute, die dort standen,
von Neuem zu Petrus:
S: Du gehörst wirklich zu ihnen;
du bist doch auch ein Galiläer.
E: Da fing er an zu fluchen
und zu schwören:
S: Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet.
E: Gleich darauf krähte der Hahn zum zweiten Mal
und Petrus erinnerte sich an das Wort,
das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht,
wirst du mich dreimal verleugnen.
Und er begann zu weinen.
Das Verhör vor Pilatus
E: Gleich in der Frühe fassten die Hohepriester,
die Ältesten und die Schriftgelehrten,
also der ganze Hohe Rat,
über Jesus einen Beschluss.
Sie ließen ihn fesseln und abführen
und lieferten ihn Pilatus aus.
Pilatus fragte ihn:
S: Bist du der König der Juden?
E: Er antwortete ihm:
† Du sagst es.
E: Die Hohepriester brachten viele Anklagen gegen ihn vor.
Da wandte sich Pilatus wieder an ihn
und fragte:
S: Willst du denn nichts dazu sagen?
Sieh doch, wie viele Anklagen sie gegen dich vorbringen.
E: Jesus aber gab keine Antwort mehr,
sodass Pilatus sich wunderte.
Jeweils zum Fest
ließ Pilatus einen Gefangenen frei,
den sie sich ausbitten durften.
Damals saß gerade ein Mann namens Bárabbas im Gefängnis,
zusammen mit anderen Aufrührern,
die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten.
Die Volksmenge zog zu Pilatus hinauf
und verlangte, ihnen die gleiche Gunst zu gewähren wie sonst.
Pilatus fragte sie:
S: Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden freilasse?
E: Er merkte nämlich,
dass die Hohepriester Jesus nur aus Neid
an ihn ausgeliefert hatten.
Die Hohepriester aber wiegelten die Menge auf,
lieber die Freilassung des Bárabbas zu fordern.
Pilatus wandte sich von Neuem an sie
und fragte:
S: Was soll ich dann mit dem tun,
den ihr den König der Juden nennt?
E: Da schrien sie:
S: Kreuzige ihn!
E: Pilatus entgegnete:
S: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen?
E: Sie aber schrien noch lauter:
S: Kreuzige ihn!
E: Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen,
Bárabbas frei.
Jesus lieferte er,
nachdem er ihn hatte geißeln lassen,
zur Kreuzigung aus.
Die Verspottung Jesu durch die römischen Soldaten
E: Die Soldaten führten ihn ab,
in den Hof hinein, der Prätórium heißt,
und riefen die ganze Kohórte zusammen.
Dann legten sie ihm einen Purpurmantel um
und flochten einen Dornenkranz;
den setzten sie ihm auf
und grüßten ihn:
S: Sei gegrüßt, König der Juden!
E: Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf
und spuckten ihn an,
beugten die Knie
und huldigten ihm.
Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten,
nahmen sie ihm den Purpurmantel ab
und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an.
Kreuzweg und Kreuzigung
E: Dann führten sie Jesus hinaus,
um ihn zu kreuzigen.
Einen Mann, der gerade vom Feld kam,
Simon von Kyréne,
den Vater des Alexander und des Rufus,
zwangen sie, sein Kreuz zu tragen.
Und sie brachten Jesus an einen Ort namens Gólgota,
das heißt übersetzt: Schädelhöhe.
Dort reichten sie ihm Wein, der mit Myrrhe gewürzt war;
er aber nahm ihn nicht.
Dann kreuzigten sie ihn.
Sie verteilten seine Kleider,
indem sie das Los über sie warfen,
wer was bekommen sollte.
Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.
Und eine Aufschrift gab seine Schuld an:
Der König der Juden.
Zusammen mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber,
den einen rechts von ihm, den andern links.
Die Verspottung Jesu durch die Schaulustigen
E: Die Leute, die vorbeikamen,
verhöhnten ihn,
schüttelten den Kopf
und riefen:
S: Ach, du willst den Tempel niederreißen
und in drei Tagen wieder aufbauen?
Rette dich selbst
und steig herab vom Kreuz!
E: Ebenso verhöhnten ihn auch die Hohepriester
und die Schriftgelehrten
und sagten untereinander:
S: Andere hat er gerettet,
sich selbst kann er nicht retten.
Der Christus, der König von Israel!
Er soll jetzt vom Kreuz herabsteigen,
damit wir sehen und glauben.
E: Auch die beiden Männer,
die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden,
beschimpften ihn.
(Hier stehen alle auf.)
Der Tod Jesu
E: Als die sechste Stunde kam,
brach eine Finsternis über das ganze Land herein –
bis zur neunten Stunde.
Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme:
†: Éloï, Éloï,
lema sabachtáni?,
E: das heißt übersetzt:
†: Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?
E: Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten:
S: Hört, er ruft nach Elíja!
E: Einer lief hin,
tauchte einen Schwamm in Essig,
steckte ihn auf ein Rohr
und gab Jesus zu trinken.
Dabei sagte er:
S: Lasst,
wir wollen sehen, ob Elíja kommt und ihn herabnimmt.
E: Jesus aber schrie mit lauter Stimme.
Dann hauchte er den Geist aus.
(Hier knien alle zu einer kurzen Gebetsstille nieder.)
E: Da riss der Vorhang im Tempel in zwei Teile
von oben bis unten.
Als der Hauptmann, der Jesus gegenüberstand,
ihn auf diese Weise sterben sah, sagte er:
S: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
E: Auch einige Frauen sahen von Weitem zu,
darunter Maria aus Mágdala,
Maria, die Mutter von Jakobus dem Kleinen und Joses,
sowie Sálome;
sie waren Jesus schon in Galiläa nachgefolgt
und hatten ihm gedient.
Noch viele andere Frauen waren dabei,
die mit ihm nach Jerusalem hinaufgezogen waren.
Das Begräbnis Jesu
E: Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat,
und es schon Abend wurde,
ging Josef von Arimathäa,
ein vornehmes Mitglied des Hohen Rats,
der auch auf das Reich Gottes wartete,
zu Pilatus
und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten.
Pilatus war überrascht,
als er hörte, dass Jesus schon tot sei.
Er ließ den Hauptmann kommen
und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei.
Als er es vom Hauptmann erfahren hatte,
überließ er Josef den Leichnam.
Josef kaufte ein Leinentuch,
nahm Jesus vom Kreuz,
wickelte ihn in das Tuch
und legte ihn in ein Grab,
das in einen Felsen gehauen war.
Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes.
Maria aus Mágdala aber
und Maria, die Mutter des Joses,
beobachteten, wohin er gelegt wurde.
Lopez Weißmann (2000)
Gastautor*in (1997)
Der Beschluß des Hohen Rates
Die Zeitangabe - nach zwei Tagen - ist nicht das Datum, mit dem die Leidensgeschichte beginnt, sondern blickt vorwärts und sagt sinngemäß: zwei Tage vor dem Fest. Das Paschafest erinnert so an die Befreiung Israels aus Ägypten und zugleich verheißt es die vollkommene Erlösung durch Jesus Christus, die durch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung geschieht.
Der Evangelist ist bemüht, die Führer des Judentums, für die der Tod Jesu schon längst beschlossene Sache ist, vom Volk abzuheben. Der Menschensohn soll durch List, Tücke und Verrat heimlich ausgeliefert werden.
Die Angst, dass es beim Paschafest zu einem Aufruhr kommen könnte, ist berechtigt. Denn dieses Fest weckte starke nationale Emotionen und messianische Erwartungen, die wiederholt zu Aufständen geführt hatten. Ein Volksaufruhr hätte aber sicher zur Folge gehabt, dass die Römer den jüdischen Führern die letzten Machtbefugnisse entzogen hätten.
Die Salbung in Bethanien
Die Geschichte der Salbung wurde schon früh in den Gemeinden erzählt. Trotz unterschiedlicher Darstellungen - z.B. salbt bei Johannes die Frau die Füße Jesu (12,3) - gibt es keinen Grund an der Geschichtlichkeit zu zweifeln. Sie zeigt, dass Jesus neben Tücke und Verrat auch von großer Wertschätzung und Liebe umgeben ist.
Jesus deutet das Liebeswerk der Frau als Totenbestattung. Sein vorausgesagter Tod und sein Begräbnis werden aber nicht das Ende sein, sondern sein Evangelium wird in die Welt vordringen und sein irdisches Wirken seinen Tod und seine Auferstehung verkünden.
Der Verrat durch Judas
Die Hohenpriester finden unerwartet Hilfe bei einem der Zwölf. Judas erklärt sich bereit, Jesus auszuliefern; aber letztlich "liefert" ihn Gott "aus".
Die Vorbereitung des Paschamahls
Am ersten Tag der Ungesäuerten Brote mußte das Paschalamm auf dem Tempelplatz geschlachtet und am Abend nach strengem Brauch innerhalb der Stadt Jerusalem gegessen werden (vgl. Ex 12,14-20). Die Art der Vorbereitung zeigt, wie Jesus im Wissen um Gottes Ratschluss die letzte Stunde seines Zusammenseins mit seinen Jüngern genau vorbereitet.
Das Mahl
Beim Mahl wird der Verrat angekündigt. Der Verrat ist in den Heilsplan Gottes hineingenommen (vgl. Ps 41,10). Der Verräter bleibt aber für seine Tat verantwortlich und wird durch das Gericht Gottes gewarnt.
In schlichten Worten erfahren wir den Einsetzungsbericht für das Herrenmahl und das "Brotbrechen". Jesus bezeichnet mit Brot und Wein sich selbst und zwar als den, der sein Leben im Tod hingibt. Wer glaubend isst und trinkt erreicht die Gemeinschaft mit Gott und Anteil am Neuen Bund und seinen Verheißungen. Die Worte, die Jesus bei seiner Handlung spricht sind Machtworte, die das verwirklichen, was sie aussprechen; sie machen das Brot zum Leib und den Wein zu seinem Blut. Der Einsetzungsbericht endet mit einem Ausblick in die Zukunft: Jesus versichert seinen Jüngern, dass er mit ihnen in freudiger Gemeinschaft "essen" und "trinken" wird.
Der Gang zum Ölberg
Das Paschamahl endet mit einem Lobgesang (zweiter Teil des Hallel Ps 115-118). Danach geht Jesus mit seinen Jüngern auf den Ölberg. Mit diesem Gang beginnt die Verlassenheit Jesu mit zwei schmerzlichen Ankündigungen: Der Zerstreuung der Jünger und der Verleugnung des Petrus. Der selbstüberhebliche Anspruch des Petrus und sein Pochen auf menschliche Kraft werden sich bald in Ohnmacht und Versagen auflösen; denn nur das Vertrauen auf Gottes Macht führt zur Kraft.
Das Gebet in Getsemani
Jesus erlebt das bevorstehende Leiden und Sterben und hat Furcht und Angst davor. Seine Todesangst wird durch ein Psalmwort (meine Seele ist betrübt bis zum Tod Ps 42,6) ausgedrückt. Jesus bewältigt diese schwere Situation durch Gebet zum Vater (Abba).
Das Versagen der drei vertrauten Jünger wird dreifach gesteigert. Ohne die Hilfe Gottes erliegt der Mensch seiner Schwäche ("Fleisch"); Schlafen bedeutet: in die Versuchung fallen. Aber der Geist des Menschen kann, wenn er wacht und betet, durch Gott gestärkt werden.
Mit der Aufforderung zu gehen - nicht zu fliehen - zeigt der Evangelist, dass Jesus jetzt gefasst dem Kommenden entgegengeht.
Die Gefangennahme
Mit Vers 46 ist bereits alles erzählt; dann werden noch Einzelheiten nachgetragen: Der Widerstand eines Dabeistehenden (V 47), Jesu Antwort an die bewaffnete Schar, die von den Hohenpriestern geschickt ist (V 48f), die Flucht aller Jünger (V 50) und die Episode mit dem jungen Mann (V 51f). Ganz allein muss Jesus jetzt seinen schweren Weg gehen.
Der Prozeß Jesu
Jesus stand vor dem Gericht der Juden (Synedrium) und vor dem Gericht des römischen Statthalters Pontius Pilatus. Die Berichte der Evangelisten lassen eine genaue zeitliche Rekonstruktion der Ereignisse nicht zu. Die Evangelisten konnten und wollten kein genaues "Gerichtsprotokoll" geben. Markus wollte vor allem zeigen, dass Jesus Unrecht getan wurde, er aber trotzdem auch in größter Verlassenheit Gottes geliebter Sohn ist.
Zwischen den beiden Gerichtsverhandlungen ist die Verleugnung durch Petrus eingeschoben. Während Jesus seinen irdischen Richtern gegenübersteht und misshandelt wird, verleugnet ihn der Jünger, der Treue bis zum Tod gelobt hatte. Der Bericht zeigt eine gewollte Steigerung: Petrus will nicht verstehen, er leugnet, flucht und schwört. Erst der Hahnenschrei bringt ihn zur Besinnung und lässt ihn reumütig weinen. Wahrscheinlich sollte diese Episode den Christen, die in der Verfolgung vor Gericht versagt hatten, Hoffnung machen.
Pilatus hat auf Druck des von ihren Führern aufgewiegelten Volkes sein Urteil gefällt: Jesus ist ein politischer Verbrecher und wird den Soldaten zur Geißelung und Kreuzigung übergeben.
Die Verspottung Jesu durch die Soldaten
Die römische Wachmannschaft verspottet Jesus als "König der Juden". So werden neben Juden auch Heiden schuldig. Die Szene wird ohne Beschönigung, aber auch ohne Übertreibung erzählt. Über das Verhalten Jesu fällt dabei kein Wort.
Die Kreuzigung
In nüchterner Sprache, die knapp die Tatsachen berichtet und ohne jede Gefühlsäußerung wird bei Markus die Ausführung des Todesurteils erzählt. Als Zusatz zu dem Bericht, den Markus vorfand, gilt die Bemerkung, dass Simon von Zyrene der Vater des Alexander und Rufus ist, die vielleicht als Mitglieder einer Christengemeinde bekannt waren. Weiters wird der Name Golgota - Schädelhöhe - erklärt. Nachdem Jesus den Betäubungstrank aus Myrrhe gemischt mit Wein abgelehnt hatte, weil er in vollem Bewusstsein leiden wollte, stirbt er um die dritte Stunde. Diese Stundenangaben waren der frühen Kirche wichtig, weil sie sich daran mit ihren Gebetszeiten orientierte. Eine Tafel über den Grund seiner Verurteilung wird über dem Haupt des Gekreuzigten angebracht: "Der König der Juden". Jesus wird zwischen zwei Räubern (Partisanen?) gekreuzigt, als Rebell zwischen Rebellen. Die Umgebung inklusive der beiden Mitgekreuzigten distanzieren sich von Jesus, verspotten und beschimpfen ihn. Jesus der Verkannte und Gescheiterte.
Der Tod Jesu
Die Sonnenfinsternis ist kein natürliches Ereignis, da ein solches zur Zeit des Paschafestes – Vollmond - nicht möglich war. Jesu Tod ist das Gericht Gottes über die Sünde der Menschen.
Das Äußerste seines Leidens ist der qualvolle Schrei der Verlassenheit ausgedrückt durch Ps 22,2 in aramäischer Sprache. Der letzte Aufschrei, mit dem Jesus stirbt, mag für Markus ein Zeichen des Sieges gewesen sein. Durch das Zerreißen des Tempelvorhanges soll ausgedrückt werden, dass der Alte Bund mit dem Tempel und seinen Ordnungen ein Ende gefunden hat. Der heidnische Hauptmann spricht das Glaubensbekenntnis der Kirche aus und bekennt Jesus als Sohn Gottes. Die Frauen, die von weitem zuschauen, sind die gleichen, die am Ostermorgen zum Grab kommen werden und stellen so die Verbindung von Jesu Tod und Auferstehung her.
Das Begräbnis
Nach jüdischem Gesetz durften Gehenkte nicht über Nacht am Pfahl bleiben (Dtn 21,22f), vor allem nicht, wenn der nächste Tag ein Sabbat war. Die Leichname, der von den Römern Gekreuzigten standen in der Verfügungsgewalt des Prokurators und kamen in ein Massengrab. Jesus aber fand ein ehrenvolles Grab. Die beiden Frauen stellen wieder die Verbindung zum Ostermorgen her.
Die Passionsgeschichte bildet das Zentrum des Markusevangeliums. Auf das Leiden des Menschensohnes läuft das ganze Evangelium zu und enthüllt das Geheimnis des Messias, Menschensohnes und Gottessohnes Jesus von Nazaret. Die Mitte dieser kerygmatischen (Frohbotschaft verkündigenden) Erzählung bildet das Bekenntnis: Jesus ist der Menschensohn. Folglich bildet das durch das Sterben mit einem lauten Schrei hervorgerufene paradoxe Bekenntnis des heidnischen Hauptmanns: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!" den Höhepunkt der Erzählung. Markus schreibt für Christen aus der griechisch-römischen Tradition, den sog. Heidenchristen.
Im Sterben Jesu enthüllt sich seine Sendung als Sühneopfer und sein Wesen als Mensch und Gottessohn. Gott vollendet und offenbart in Jesus Christus seinen Heilsplan und Heilswillen an den Menschen. Sieht das NT im "Gottesknecht" der Jesajatexte Jesus, so wird der "Knecht" individualisiert: Jesus, der verwirklichte, was Gott seinem ganzen Volk, seiner alttestamentlichen/neutestamentlichen Kirche zugedacht hat. Es versteht ihn aber auch kollektiv und verbindet den Gottesknecht Jesus mit seinen Jüngern (die Jüngerinnen sind sicherlich nicht ausgeschlossen) als "Knechte".
Mit Jesu Leben und Sterben bricht das "Reich Gottes" an. Es geht dabei nicht nur um ein göttliches "Herrschen", sondern auch um die von Gott "regierte" Gesellschaft und ihren Raum ("Reich"). "Königsherrschaft Gottes" ist vom Bezugsfeld her ein politisch-theologischer Begriff. Auch wenn sich dieses Bezugsfeld im Laufe der Geschichte verändert, bleibt der gesellschaftliche Bezug und Auftrag bestehen.
Marlene Laaber
Passion (Kurzfassung) - Mk 15,1-39
Das Leiden unseres Herrn Jesus Christus
E = Evangelist, † Worte Jesu, S = Worte sonstiger Personen
Das Leiden unseres Herrn Jesus Christus nach Markus.
Das Verhör vor Pilatus
E: Gleich in der Frühe fassten die Hohepriester,
die Ältesten und die Schriftgelehrten,
also der ganze Hohe Rat,
über Jesus einen Beschluss.
Sie ließen ihn fesseln und abführen
und lieferten ihn Pilatus aus.
Pilatus fragte ihn:
S: Bist du der König der Juden?
E: Er antwortete ihm:
† Du sagst es.
E: Die Hohepriester brachten viele Anklagen gegen ihn vor.
Da wandte sich Pilatus wieder an ihn
und fragte:
S: Willst du denn nichts dazu sagen?
Sieh doch, wie viele Anklagen sie gegen dich vorbringen.
E: Jesus aber gab keine Antwort mehr,
sodass Pilatus sich wunderte.
Jeweils zum Fest
ließ Pilatus einen Gefangenen frei,
den sie sich ausbitten durften.
Damals saß gerade ein Mann namens Bárabbas im Gefängnis,
zusammen mit anderen Aufrührern,
die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten.
Die Volksmenge zog zu Pilatus hinauf
und verlangte, ihnen die gleiche Gunst zu gewähren wie sonst.
Pilatus fragte sie:
S: Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden freilasse?
E: Er merkte nämlich,
dass die Hohepriester Jesus nur aus Neid
an ihn ausgeliefert hatten.
Die Hohepriester aber wiegelten die Menge auf,
lieber die Freilassung des Bárabbas zu fordern.
Pilatus wandte sich von Neuem an sie
und fragte:
S: Was soll ich dann mit dem tun,
den ihr den König der Juden nennt?
E: Da schrien sie:
S: Kreuzige ihn!
E: Pilatus entgegnete:
S: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen?
E: Sie aber schrien noch lauter:
S: Kreuzige ihn!
E: Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen,
Bárabbas frei.
Jesus lieferte er,
nachdem er ihn hatte geißeln lassen,
zur Kreuzigung aus.
Die Verspottung Jesu durch die römischen Soldaten
E: Die Soldaten führten ihn ab,
in den Hof hinein, der Prätórium heißt,
und riefen die ganze Kohórte zusammen.
Dann legten sie ihm einen Purpurmantel um
und flochten einen Dornenkranz;
den setzten sie ihm auf
und grüßten ihn:
S: Sei gegrüßt, König der Juden!
E: Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf
und spuckten ihn an,
beugten die Knie
und huldigten ihm.
Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten,
nahmen sie ihm den Purpurmantel ab
und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an.
Kreuzweg und Kreuzigung
E: Dann führten sie Jesus hinaus,
um ihn zu kreuzigen.
Einen Mann, der gerade vom Feld kam,
Simon von Kyréne,
den Vater des Alexander und des Rufus,
zwangen sie, sein Kreuz zu tragen.
Und sie brachten Jesus an einen Ort namens Gólgota,
das heißt übersetzt: Schädelhöhe.
Dort reichten sie ihm Wein, der mit Myrrhe gewürzt war;
er aber nahm ihn nicht.
Dann kreuzigten sie ihn.
Sie verteilten seine Kleider,
indem sie das Los über sie warfen,
wer was bekommen sollte.
Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.
Und eine Aufschrift gab seine Schuld an:
Der König der Juden.
Zusammen mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber,
den einen rechts von ihm, den andern links.
Die Verspottung Jesu durch die Schaulustigen
E: Die Leute, die vorbeikamen,
verhöhnten ihn,
schüttelten den Kopf
und riefen:
S: Ach, du willst den Tempel niederreißen
und in drei Tagen wieder aufbauen?
Rette dich selbst
und steig herab vom Kreuz!
E: Ebenso verhöhnten ihn auch die Hohepriester
und die Schriftgelehrten
und sagten untereinander:
S: Andere hat er gerettet,
sich selbst kann er nicht retten.
Der Christus, der König von Israel!
Er soll jetzt vom Kreuz herabsteigen,
damit wir sehen und glauben.
E: Auch die beiden Männer,
die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden,
beschimpften ihn.
(Hier stehen alle auf.)
Der Tod Jesu
E: Als die sechste Stunde kam,
brach eine Finsternis über das ganze Land herein –
bis zur neunten Stunde.
Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme:
†: Éloï, Éloï,
lema sabachtáni?,
E: das heißt übersetzt:
†: Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?
E: Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten:
S: Hört, er ruft nach Elíja!
E: Einer lief hin,
tauchte einen Schwamm in Essig,
steckte ihn auf ein Rohr
und gab Jesus zu trinken.
Dabei sagte er:
S: Lasst,
wir wollen sehen, ob Elíja kommt und ihn herabnimmt.
E: Jesus aber schrie mit lauter Stimme.
Dann hauchte er den Geist aus.
(Hier knien alle zu einer kurzen Gebetsstille nieder.)
E: Da riss der Vorhang im Tempel in zwei Teile
von oben bis unten.
Als der Hauptmann, der Jesus gegenüberstand,
ihn auf diese Weise sterben sah, sagte er:
S: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Ein bunter Teppich für Jesus (zur Palmweihe)
Ausgebreitete Kleider…
„Kleider machen Leute!“ - Dieser Spruch zeigt, wie wichtig die Kleidung für das Ansehen eines Menschen sein kann. Kinder und Jugendliche achten genau darauf, welche Marke die Jeans hat. Wer chic gekleidet ist, hat es bei vielen einfacher. Ob ich chic und fesch gekleidet bin oder einfach oder ärmlich, zeigt viel von meiner Persönlichkeit, von meiner Einstellung oder meiner Stellung. Darauf wird geachtet.
Wir haben gerade gehört: Jesus wird triumphierend empfangen. Er reitet auf einem Esel. Schon damit zeigt Jesus, dass er auf der Seite der einfachen Menschen steht, dass er den einfachen Menschen nahe ist. Jesus sitzt nicht auf einem "hohen Ross", weder wortwörtlich noch bildlich gesprochen. Viele der einfachen Begleiter breiten ihre Kleider aus. Jesus wird kein roter Teppich ausgelegt, der Unmengen von Geld kostet. Es sind die Kleider der einfachen Leute. Was mich so fasziniert: Diese einfachen Menschen werden sicher nicht die wertvollste Kleidung besessen haben. Wie in unseren Zeiten wurde auch damals an der Kleidung erkannt, ob ein Mensch arm oder reich war. Sie zeigen viel von dem, was sie als Mensch ausmachte. Auf diesen Kleidern ist Jesus in Jerusalem eingezogen. Sie legten ihre Kleider aus in den Dreck der Straße. Sie riskierten, dass die Kleider unwiderruflich zerstört wurden.
…einfacher Menschen
Die einfachen und die armen Menschen gaben Jesus alles. Sie gaben Jesus ihren ganzen Besitz, ihren ganzen Status, ja ihre Armut. Er hätte sagen können: Lasst das sein. Legt nicht eure Kleider auf die Straße. Die braucht ihr anderswo viel mehr. Doch Jesus hat das angenommen. Denn Zeit seines Lebens und seines irdischen Wirkens waren es zumeist die armen, die einfachen Menschen, die ihm gefolgt waren, die offen waren für seine Botschaft. Es waren die Armen, die Jesus seliggepriesen hat. Es sind die Armen und Geringsten, in denen uns Jesus begegnet. Indem wir gerade ihnen helfen und zur Seite stehen, stehen wir Jesus zur Seite. Es waren Menschen, die mehr im Dreck lebten, zu denen Jesus Zugang hatte. Ich meine den Dreck eines armseligen Lebens, den Dreck eines Lebens, das auch Schuld auf sie geladen hatte.
Die Kleider, welche die Menschen Jesus in den Dreck hinlegten, sind ein Bild für das, was Menschen Jesus geben können und was wir ihnen geben können. Es ist auch unsere Armseligkeit. Es ist der Dreck unserer Halbherzigkeit. Wir legen unsere Kleider in den Dreck unseres schwachen Glaubens. In der Bibel hören wir oft von Kleidern. Doch wenn wir in der Bibel von Kleidern hören, dann ist damit meist die innere Haltung gemeint. Jesus sagte einmal: „Sie tragen Gewänder mit langen Quasten, um von den Menschen gegrüßt zu werden!“ An einer anderen Stelle erzählt Jesus von einem Mann, der kein hochzeitliches Gewand trug. Der König ließ den Mann von dem Fest entfernen. Das Gewand, das er trug, ist ein Bild dafür, dass es ihm an der richtigen Einstellung fehlte. Paulus schreibt an einer Stelle: „Bekleidet euch mit Demut, Milde, Güte und Geduld. Die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält." (Kol 3,12).
Was breite ich vor Jesus aus?
Jesus ritt auf armseligen Kleidern in Jerusalem ein. Die Menschen gaben Jesus das, was sie hatten, was sie geben konnten. Jesus will auch in unser Herz einziehen. Geben wir ihm das, was armselig und einfach ist in unserem Leben! Auch wir dürfen ihm unsere Kleider ausbreiten, ihm alles hinhalten, was dreckig ist, was an Schuld in unserem Leben ist. Jesus hat dafür Leiden und Tod auf sich genommen. Begleiten wir Jesus! Womit empfange ich Jesus, was gebe ich ihm, was breite ich vor ihm aus? – Mit dieser Frage machen wir uns nun auf den Weg Zum Palmsonntagsgottesdienst.
Menschenwürde (nach der Passion)
Seiner Würde beraubt
Kleider verleihen Würde. Nachdem Adam und Eva gesündigt hatten, erkannten sie, dass sie nackt waren. Da gab ihnen Gott Kleider, die ihre Nacktheit bedeckten. Die Kleidung war und ist auch Schutz.
Wir haben die Passionsgeschichte gehört. Jesus wird seiner Würde beraubt. Man nimmt ihm seine Kleidung ab. Man legt ihm einen Purpurmantel um. Die Soldaten setzen ihm eine Dornenkrone auf. Ich stelle mir die Gesichter dieser Männer vor. Ich stelle mir vor, welch eine Freude sie empfinden, als sie Jesus so zum Gespött machen. Sie machen Witze auf seine Kosten. Sie verhöhnen ihn. Sie spucken ihn an. - Kann ich einem Menschen meine Verachtung und meinen Hass mehr zeigen, als wenn ich jemanden anspucke? Sie schlagen ihn. Mit ihm können sie es ja machen. Jesus ist wehrlos. Wie stark kommen sich die Männer vor, aber wie schwach und feige sind diese Soldaten wirklich. In der Gruppe kann ich mich stark fühlen. Sie knien vor ihm nieder, aber nicht aus Verehrung, sondern um Jesus zu verhöhnen. Hier wird die Kleidung, der Purpurmantel und die Dornenkrone zum Instrument, Jesus zu verhöhnen. Die Soldaten wissen nicht, was sie tun.
Spott und Verhöhnung
Wie weh muss es Jesus getan haben, das zu erleiden, verhöhnt und verspottet zu werden. Wie weh tut es Menschen auch heute, wenn sie lächerlich gemacht werden, ausgelacht. Auch heute wird vielen Menschen die Würde genommen. Wir müssen Acht geben, dass auch in unserem Land nicht wieder Minderheiten verspottet werden. Wir müssen aufpassen, dass keine Witze gemacht werden auf Kosten der Menschen, die sich nicht wehren können; Menschen aus dem Ausland, die Menschen, die in Europa eine Heimat suchen, um vor Gewalt und Terror zu fliehen.
Es gibt Menschen, auf deren Kosten dumme Witze gemacht werden. Das sind zum Beispiel die Menschen mit einer Behinderung. Ich selbst wirke seit über zehn Jahren als Seelsorger für Menschen mit einer Behinderung. Was habe ich in meiner Seelsorge nicht gerade von diesen Menschen lernen dürfen! Ich weiß, dass sich kein Elternpaar freut, wenn es gesagt bekommt, dass sie ein Kind mit einer Behinderung bekommen werden. Doch jedes Leben ist wertvoll und gehört geschützt. Gerade die Würde dieser Menschen ist zu achten. Es ist schlimm, wenn gerade auf ihre Kosten Witze und unqualifizierte Sprüche gemacht werden.
Würde haben auch die Obdachlosen und Gescheiterte. Auch Menschen, die schuldig geworden sind, dürfen nicht ihrer Würde beraubt werden. Jesus stellt sich in der Passionserzählung auf die Seite der Menschen, denen man die Würde auf verschiedenste Weise beraubt.
Der wahre König
Noch ein Gedanke ist mir sehr wichtig. Die Soldaten verehren Jesus auf sehr ironische Weise. Hämisch nennen sie ihn König der Juden. Sie wissen nicht, dass sie tatsächlich vor dem wahren König knien. Viele Menschen versuchen, den Glauben an Gott lächerlich zu machen. Manche Witze, die etwa im Fernsehen über Religion gerissen werden, sind geschmacklos und zeugen von einer geistigen Armut.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ So steht es im Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Die Achtung vor der Würde eines jeden Menschen muss das Handeln des Staates wie auch mein eigenes Handeln bestimmen. Die Soldaten lassen ihm einen letzten kleinen Rest, als sie ihm seine eigenen Kleider wiedergeben.
Jesus hält das alles aus. Denn durch seine tiefe Verbindung mit Gott spürt er, dass ihm niemand seine Würde nehmen kann. Jesus hat seine Würde von Gott her. Jeder Mensch hat seine Würde und seinen Wert von Gott her.
Setzen wir uns für die Würde unserer Mitmenschen ein. Sind wir uns dieser bewusst. Wir haben sie von Gott her. Denn wie Jesus in der Passion seine Würde behält, so kann uns niemand unserer letzten Würde berauben.
Wege der Gerechtigkeit, der Gewaltlosigkeit
Wege brauchen Namen
Menschen sind unterwegs in ihrem Leben. Die Straßen, die Wege die sie nehmen, einschlagen, sind so vielfältig wie die Menschen, die sie begehen. Wir nähern uns bei jedem Schritt einer neuen Situation, einer neuen Lebensmöglichkeit. - Was sind die Namen dieser Lebensstraßen? Können sie überhaupt benannt werden, wie die Straßen, der Plätze, die Wege, wo wir wohnen?
Es wäre ein sinnerfülltes, wegweisendes Projekt, die Lebensstraßen, die wir schon gegangen sind, dir wir gehen möchten, weil dort unsere Zukunft liegt, einen Namen zu geben. Sowohl die Rückschau, wie auch die Vorschau würden auf einmal viele „Gesichter“ bekommen.
Es tut sich was
Viel tut sich im heutigen Evangelium auf den Straßen vor der Stadt Jerusalem an den Tagen vor dem Pessachfest, dem großen Wallfahrtsfest. Jesus und seine Freundesgruppe bewegen sich mit dem Pilgerstrom auf der Straße nach Jerusalem. Schon lange gehen sie gemeinsam auf Wegen zum Reich Gottes in aller Öffentlichkeit. Geographisch gesehen sind sie dabei von Galiläa aus bis nach Judäa, nach Jerusalem gekommen.
Welche Erinnerungen, welche Spuren aus der Vergangenheit haben sie unterwegs mitgenommen? - Da gibt es einmal die Reich Gottes Erfahrungen mit Jesus, von denen sie nicht reden sollten. Dann die Heilungsgeschichten, die zeigen, wie Leben neue Gesichter bekommt, die einen Neuanfang ermöglichten. Und vieles mehr, was sie mit diesem Wanderprediger, Jesus von Nazaret, verbindet, haben sie auf ihrem persönlichen „Jesusweg“, Pilgerweg mit Jesus mitgenommen.
Was davon gab ihrem Unterwegssein Kraft und Ausdauer, der Botschaft Jesu vom Reich Gottes zu folgen? - Das wird sich zeigen, aber noch ist nicht so weit. Eben stehen sie erst vor den Toren der Stadt Jerusalem. Hinter den Mauern der Stadt liegen Wege, die von religiösen und politischen Strukturen der Macht geplant, organisiert wurden und werden. Sie kennen diese Wege von früheren Besuchen. Sie sind ihnen, Jesus und seinen Jünger und Jüngerinnen, vertraut. Doch zugleich sind sie eine Bedrohung, eine Gefahr, sich in diesem Machtraum der Stadt Jerusalem zu bewegen.
Ohnmacht begegnet Macht
Aber noch sind sie nicht auf diesen Wegen der Stadt unterwegs. Erst muss einiges getan werden, denn Jesus kommt „nicht hoch zu Ross“, er „setzt“ auf einen Esel, auf ein Eselfohlen! Sehr ungewöhnlich, um in diese Stadt, die gezeichnet ist von Machtstrukturen, Fuß zu fassen, sich zu bewegen, sich zu zeigen. Aber, so wie es Jesus sagt, geschieht es auch. Das Eselfohlen wird herbeigebracht, damit Jesus darauf in die Stadt reiten kann.
Was nun geschieht ist ein Zusammenprall von Realität und messianischen Glaubenserwartungen. Noch geht es gut, Jesus der Wege der Gewaltlosigkeit, der Gerechtigkeit, des Reich Gottes geht, wird als Segen, Hilfe gegen die herrschende politische Macht gesehen und der Jubel gilt ihm. Nein nicht ihm gilt der Jubel, sondern einer Sehnsucht der Menschen auf der Straße, dass der davidische Messias endlich da ist, wie die Schriften erzählen:
Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat;
wir wollen jubeln und uns über ihn freuen.
Ach, Herr, bring doch Rettung!
Ach, Herr, gib doch Gelingen!
Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!
(Ps 118,24-26)
Diese Erwartungshaltung der Leute, die dabei waren und jubelnd auf dem Weg in die Stadt ihrem vermeintlichen Retter vorher gingen, war zum Scheitern verurteilt, denn hier begegnet die Ohnmacht der Macht, die Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit, das Reich Gottes der Gewalt.
Wege der Gerechtigkeit, der Gewaltlosigkeit
Das heutige Evangelium regt uns zum Weiterdenken, zur Neuorientierung an, es zeigt auf, wie Lebenswege sich verändern können, weil Menschen, dazu gehören auch wir, der Spur Jesu folgen. Dazu braucht es aber Wege, die nicht von Illusionen „gepflastert“ wurden, die nicht über „Köpfe“ anderer hinweg führen, die nicht Namen wie Weg des Stärkeren, Weg des Reichtums, Weg der Korruption… als Ziel angeben, sondern ganz einfach, Wege, die persönlich, aber auch gemeinsam der Botschaft vom Gottes Reich folgen. Macht, Gewalt, Dreinschlagen sind da fehl am Platz auf dem Weg.
Erfahrungen von einem sinnentleerten Miteinander, wo Vereinsamung, Egoismus, Nebeneinander die Lebenswege bis aufs unerträglich einengen, sind aufzubrechen und brauchen den Zuruf:
Denkt weiter! Orientiert euch neu auf euren Lebenswegen!
Achtung, Beachtung, Hochachtung
Statussymbole
Im Leben vieler Menschen, die Verantwortung tragen, spielen Statussymbole eine wichtige Rolle. Ein sehr wichtiges Statussymbol ist dabei das Auto. Mit einem derartigen Symbol kann ein Mensch zeigen: Ich bin wer. Ich habe es zu etwas gebracht. Gerne zeigen Menschen ihr schickes und großes Auto. Im Besonderen gilt das für Politiker und Repräsentanten von Unternehmen. Gerade Politiker/innen brauchen ein gesichertes und gepanzertes Auto, um nicht einem Terroranschlag zum Opfer zu fallen.
Statussymbole gab es auch schon zur Zeit Jesu. Doch Jesus achtete auf derartige Symbole nicht. Statt auf einem hohen Ross zieht er in Jerusalem auf einen Esel ein. Er wird auch nicht mit militärischen Ehren empfangen. Die Menschen jubeln ihm zu mit Palmzweigen. Ihm wird kein roter Teppich ausgelegt. Es sind die schlichten und einfachen Kleider der Menschen. In diesem Evangelium, das wir am Anfang vom Palmsonntag hören, zeigt Jesus ganz klar, für wen er gelebt hat, wer ihm und wer vor allem Gott am Herzen lag. Es sind die einfachen Menschen, die nicht im Mittelpunkt stehen. Es sind nicht die Menschen, die andere vergöttern, weil sie Superleistungen im Sport bringen oder etwa weil sie Musikstars sind.
Wertschätzung
Jesus wollte das alles nicht sein. Er wollte die Menschen durch seine Worte und durch seine Taten zu Gott führen. Jesus ging es nicht um sich selbst, nicht darum, selbst bejubelt und bewundert zu werden. Ihm ging es um die Botschaft Gottes. Jesus wollte die Menschen zu Gott als dem wichtigsten Sinn und Ziel führen.
Genau das beabsichtigt auch Papst Franziskus. Auch er hat viele Zeichen gesetzt um zu zeigen: Die Kirche hat eine Kirche der armen Menschen zu sein. Sie hat sich auf die Seite derer zu stellen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Traurig stimmt es mich immer, wenn ich höre, wie ihm gerade von Kirchenleuten das Leben schwer gemacht wird.
Jesu Haltung übernehmen
Wir wollen Jesus in dieser Feier begrüßen. wir wollen ihm - wie die Menschen damals - auf unsere Weise zujubeln. Doch es kommt nicht nur darauf an, Jesus zu bejubeln. Es ist nicht nur wichtig zu rufen "Hosanna in der Höhe!" Wir müssen seine Haltung auch in unser eigenes Leben übertragen. Das, was Jesus gewollt hat, muss auch unser Wille sein.
Wir sollten an Jesus lernen, wie wertvoll jeder Mensch aus sich selbst heraus ist, unabhängig davon, wie viel er besitzt, was er kann, egal, welch einen Status er hat. Eine derartige Haltung bringt nicht immer bloß Freunde und Bewunderer ein. Wir sehen es am Beispiel des Papstes Franziskus. Nehmen wir aber immer mehr die Haltung an, die Jesus im Evangelium, das von seinem Einzug in Jerusalem erzählt, einnimmt. Machen wir uns seine Haltung zu eigen. Das würde bedeuten: Ihm zuzujubeln, ihn zu empfangen in unseren Herzen, in unserem Leben.
Gott steht auf die Seite derer, die leiden
Leidende Menschheit
Wenn ich die Bilder von den schrecklichen Kriegen sehe, wenn ich das Leiden der vielen Menschen in diesen Ländern sehe, gerade der Kinder, dann frage ich mich: Wann hat dieses Leiden ein Ende? Wann können diese Menschen wieder ganz normal leben? Wann können die Kinder wieder unbeschwert spielen, unbeschwert zur Schule gehen? Es macht wütend und traurig, dass Millionen von Menschen Opfern von Machtspielen, Opfer von Gewalt und Hass werden. Oft sind es die Unschuldigsten, die am meisten leiden. Leid, Krieg, Gewalt und auch Terror, das alles bringt doch nur neuen Hass hervor.
Seelisches Leid
Heute am Palmsonntag wird uns das Leiden von Jesus erzählt. Nachdem ihm zu Beginn der Woche Menschen noch zugejubelt hatten, auch dann, wenn es nicht mit dem Empfang eines großen Königs zu vergleichen war, steht nun sein Gang in den Tod, sein schreckliches und grausames Leiden vor ihm. Da ist sicher zuerst sein körperliches Leiden. vor allem aber müssen wir sein seelisches Leiden sehen. Denn was kann zum Beispiel schlimmer und schmerzlicher sein, als von jemandem verraten zu werden, der lange Zeit einen begleitet hat. Was kann schmerzhafter sein als von engsten Freunden verleugnet zu werden? Was kann bitterer sein, wenn die engsten Freunde in der schwersten Stunde einschlafen, zu schwach sind, ihm beizustehen. Dann die Tragik, deswegen verurteilt zu werden, weil ein sonst mächtiger Mann wie Pilatus, ausgerechnet in dieser Situation zu schwach ist, seine Macht zu zeigen. Eigentlich findet dieser Römer keinen Grund, Jesus zu verurteilen. Doch er lässt sich beeinflussen von der Stimme des Mobs.
Körperliches Leiden
Doch auch die körperlichen Leiden wiegen schwer. Ich erinnere mich noch an den Film von Mel Gibson. Hier wurde die Passion Christi gezeigt. Während des Filmes war es im Kino mucksmäuschenstill. So brutal wurde das körperliche Leiden gezeigt. Und bei dem ganzen Leiden stellt sich die Frage: Welchen Sinn hat dieses Leiden? Jesus musste das schlimme und grausame Leiden auf sich nehmen, weil er Hass und Neid erfahren hat. Die Menschen - gerade die religiösen Führer - haben seinen Weg nicht verstanden, weil sie vor allem Gott nicht verstanden haben. Viel Hass und Gewalt wird auch heute noch religiös motiviert und begründet. Die Hohenpriester beseitigen Jesus, weil er sie mit seinem Leben und seinen Worten in Frage stellt.
Wo stehe ich in dieser Geschichte?
Jesus hat das Leiden auf sich genommen. Wenn wir die Geschichte seines Leidens hören, dann müssen wir uns fragen: Wo zeige ich Verhaltensweisen, wie die eines Judas, wie die eines Petrus? Wo fliehe ich, wenn es um des Glaubens willen brenzlig wird? Wo treffe ich ein Urteil aus Feigheit oder nur um meiner Position willen. Jede Person in der Geschichte ist auch eine Anfrage an mich persönlich?
Ich frage mich: Wie kann ein Mensch derartiges Leiden aushalten. Eine Erklärung finde ich bei Jesaja in der Lesung. Jesaja, der wie Jesus viel Leid ertragen musste, spürte: "Gott, der Herr, wird mir helfen!" Jesus spürte auch, dass Gott ihm half. Er wandte sich an Gott mit den Worten: "Abba, wenn es dir möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst, soll geschehen!"
Es ist keine endgültige Erklärung über den Sinn von Leid in der Welt. Eines aber zeigt die Passion, zeigen die Erzählungen vom Leiden Jesu ganz klar: Gott seht auf die Seite derer, die leiden. Gott ist kein ferner Gott, sondern einer, an dem ich mich, an dem sich Menschen im tiefstem Leid wenden können. Lassen wir uns betroffen machen. Vor allem vom Leid der Menschen, die nicht wissen, wie lange ihr Schicksal noch dauern wird, die noch keine Zukunft sehen können, die kein Licht am Ende des Tunnels sehen, sondern allenfalls nur hoffen können auf ein Ende ihrer Leiden, und hoffen, dass sie nicht alleine sind.
Die unendliche Liebe Gottes in scheinbarer Schwäche
In Israel lebt die Hoffnung vom kommenden Messias. Die Propheten und Psalmen nähren diese Botschaft. Auch Markus erzählt heute darüber. Er schildert einen Auftrag Jesu an die zwei Jünger. Diese bringen das Reittier, um in die Stadt und in den Tempel einzuziehen. Mit dem bejubelten Ankommen Jesu in Jerusalem beginnt die Passionserzählung des Markus-Evangeliums. Dieser begeisterte Einzug entspringt der übersteigerten Messiaserwartung. Sie träumt von einem machtvollen Davidkönig. Doch schnell kippt die Stimmung. Wie für die Jünger, gilt es auch für uns zu lernen: Mit Jesus, dem „Sohn Davids“, kommt nicht ein irdischer Messias in äußerer Macht. Es kommt Jesus, der „Sohn Gottes“, der in der Kraft gewaltloser Liebe bis in den Tod die Königsherrschaft Gottes errichtet.
Um Markusevangelium finden wir die älteste Darstellung des Leidens und Sterbens Jesu. Den Grundbestand der Markuspassion hat sich wohl schon wenige Jahre nach Jesu Tod zusammengefügt. Ein Schlüsselwort kommt öfter vor: ausliefern. Im Markusevangelium finden wir fast von Anfang an eine Hinführung zur Passion. Immer mehr wird Jesus nach anfänglicher Begeisterung abgelehnt. In drei Leidensankündigungen werden die Gläubigen, die den Weg Jesu durch das Evangelium mitgehen, auf die Passion vorbereitet.
Die Passionserzählung will aber nicht in erster Linie ein historischer Bericht sein. Sie will den Glaubenden helfen, Jesu Weg zu deuten und geistig mitzugehen. Markus zeigt Jesus vor allem als den äußerlich scheiternden Messias. Sein Weg ans Kreuz offenbart die unendliche Liebe Gottes in scheinbarer Schwäche.
Auch wir bitten an diesem Palmsonntag um die Gnade, die Lehre und das Leben Jesu von seinem Liebestod her, neu und tief zu verstehen.
Mit Jesus gehen
Zwischen Jubel und Passion
Wem jubeln wir gerne zu? An wem nehmen wir uns ein Beispiel? Zu wem schauen wir auf? Und warum schauen wir zu gewissen Leuten auf? Liebe Hörerinnen und Hörer: Diese Fragen kommen mir, wenn ich an Palmsonntag denke.
Wie in jedem Jahr hören wir im Evangelium von Jesu Einzug in Jerusalem. Doch reitet Jesus nicht wie ein Staatsmann, ihm wird kein roter Teppich ausgelegt. Ganz bescheiden reitet Jesus auf einen Esel. Doch die Menschen jubeln Jesus zu. Denn sie setzen auf ihn große Hoffnungen. Sie setzen auf ihn die Hoffnung, dass er sie erlösen und befreien werde. Jesus will die Menschen befreien. Doch es ist dieses eine andere Befreiung als es sich die Menschen gewünscht haben. Jesus befreit die Menschen nicht von der Fremdherrschaft der Römer. Vielmehr ist er gekommen, den Menschen die Liebe Gottes zu bringen. Es ist die Liebe Gottes besonders zu den Armen und Schwachen. Jesus ist gekommen, Frieden zu bringen.
Eben darum – so glaube ich – hören wir an diesem Sonntag auch die Passionsgeschichte. Diese Geschichte erzählt von Verrat. Diese Geschichte erzählt von Verleumdung. Sie erzählt davon, wie Jesus im Stich gelassen wird. Als bekannt wird, dass Jesus einen anderen Weg geht, da jubeln ihm so manchen Menschen eben nicht mehr zu. Ob Jesus ihnen gleichgültig geworden ist. Ob sie zu seinen Gegnern geworden sind, das sei dahingestellt.
Im Palmsonntagsgottesdienst haben Sie ihm innerlich zugejubelt. In den kommenden Tagen kommt es darauf an, mit Jesus zu gehen, sein Leiden und sein Sterben innerlich mitzuvollziehen. Denn mit ihnen nahm Jesus auch meine, auch ihre Leiden auf sich. Menschen erleben auch heute noch oft das, was Jesus getragen hat. Wir dürfen daran spüren: Jesus geht alle Wege des Menschen mit. Er ist uns nahe, gerade in allem Schweren, das wir erleben. Das Leiden brauchen wir nicht zu suchen. Aber weichen wir nicht dem Leiden aus, den unser Glaube mit sich bringt, eben weil wir zu Jesus gehören? Mit Jesus zu gehen heißt, die Werte zu leben, die er vorgelebt hat, sich an die Seite der Menschen zu stellen, die Jesus besonders liebte.
Mit Jesus zu gehen heißt auch, sich aus seiner Botschaft nicht nur das zu nehmen, was mir gefällt, sondern konsequent ChristIn sein. Gehen wir mit Jesus in diese Karwoche und durch diese Karwoche. Das kann uns Kraft geben für Zeiten, in denen es für uns schwer wird. Gehen wir mit ihm durch diese Karwoche. Am Ende steht seine Auferstehung, unsere Auferstehung.
Feier des Einzugs Christi in Jerusalem
Vorzubereiten:
Christus-Ikone
Weihwasser
Kreuz für Prozession
Palmzweige für Minis
Funkmikro
Priester und Ministranten ziehen zur 1. Station mit Glockengeläut
(Bei starkem Regen ohne Prozession, Einfinden gleich in der Kirche.)
Eine Christus-Ikone wird mitgetragen
und bei jeder Station sichtbar hochgehalten.
Zur 1. Station: "Vor den Toren Jerusalems"
Blasmusik zu Beginn nach dem Glockengeläut
Begrüßung durch den Priester:
Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zur Feier des Palmsonntags.
Wir begleiten Jesus auf seinem Weg in die Stadt Jerusalem,
auf seinen Weg in die Karwoche.
Wir erinnern uns mit der Bibel: (Mt 21,1-7. 10-11)
Der Herr ist mit euch...
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:
Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte und nach Betfage am Ölberg kam, schickte er zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los, und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand fragt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen.
So hat schon der Prophet vor langer Zeit gesprochen: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig, und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.
Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf.
Als er in Jerusalem einzog, geriet die ganze Stadt in Aufregung, und man fragte: Wer ist das? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.
Segnung der Zweige durch den Priester:
Gott, wir haben Palmzweige mitgebracht.
Sie erinnern uns an Jesus,
an seinen Einzug als Friedenskönig in Jerusalem.
Segne unsere Zweige,
damit sie uns immer wieder an den Frieden mahnen.
Im Namen des Vaters, und des Sohnes,
und des Heiligen Geistes. - Amen.
Die Palmzweige werden mit Weihwasser besprengt.
Aufleben durch eine Geste:
Alle heben ihr Palmzweige in die Höhe und winken.
Dazu trägt ein Lektor folgende Gedanken vor:
Als Jesus in die Stadt Jerusalem einzog,
freuten sich viele und riefen ihm zu:
Liedruf: Chor und dann alle:
Hoch, hoch, Hosanna, Jesus unser König kommt!
Hoch, hoch, Hosanna, Jesus kommt von Gott!
Lektor:
Als Jesus in die Stadt einzog,
da riefen die politisch verfolgten Menschen,
die aus ihrer Heimat geflohen waren,
die niemand aufnehmen wollte:
Liedruf: Hoch, hoch, Hosanna!
Als Jesus in die Stadt einzog,
da jubelten die Kranken, weil Jesus ihre Hoffnung war.
Liedruf: Hoch, hoch, Hosanna!
Als Jesus in die Stadt einzog,
da bangten viele Mächtige um ihren Einfluss,
denn sie begriffen, dass ihre Wahrheit, ihr Glaube
längst in Formeln erstarrt war. (... nicht lebendig war)
Liedruf: Hoch, hoch, Hosanna!
Als Jesus in die Stadt einzog,
blieben auch Menschen stumm und gleichgültig,
als andere begeistert riefen:
Liedruf: Hoch, hoch, Hosanna!
Wir ziehen in die Kirche ein.
Wir begleiten Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem.
Wie schaut unser Jubel für Jesus aus?
Zur 2. Station: "Jesus, der Friedenskönig"
Einzug in die Kirche,
königliches Orgelpräludium
Einfinden vor dem Volksaltar
Wir erinnern uns mit der Bibel (Mt 21,8-10)
Lektor 2:
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
Jesus zieht wie ein König auf dem Esel in Jerusalem ein.
Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus,
andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.
Leute gingen vor Jesus her. Andere folgten Jesus.
Diese Leute riefen: Hosanna dem Sohn Davids!
Er ist gesegnet! Er kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe!
Lektor 1:
Viele Mächtige sind in Jerusalem eingezogen
und haben die Stadt zerstört:
Moslems und Christen.
Und heute?
Die Menschen im Land Jesu finden keine Frieden:
Besetzung, Terror, Gegenschlag.
Wo Menschen nicht bereit sind,
nebeneinander Platz zu haben, wird kein Friede.
Jesus ritt in Jerusalem auf einem Esel ein.
Mit einem Esel kann man keinen Krieg führen.
Jesus kam als Mann des Friedens.
Wir ehren Jesus,
wenn wir immer wieder versuchen,
in Frieden zu leben.
Nicht wir sind die Herrscher.
Gott ist der Herrscher der Welt.
Als Zeichen dafür haben die Leute damals
ihre Kleider wie einen Teppich vor Jesus ausgebreitet.
Genauso wollen wir es heute tun.
Aufleben durch eine Geste:
Christusikone wird hochgehalten,
davor wird Vespermantel auf den Boden gelegt
Leute winken der Christusikone mit Palmzweigen zu
Kinder und MinistrantInnen werden eingeladen,
Kleidungsstücke dazuzulegen.
Gebet (Priester):
Jesus, Du willst nicht unseren Jubel!
Du willst: dass wir uns für Gerechtigkeit stark machen,
dass wir die Schwachen stützen.
Du willst: dass wir wie Brüder und Schwestern miteinander leben,
dass wir zu Gott Vater sagen,
dass wir am Reich Gott mitbauen.
Jesus, du willst, dass wir in Frieden miteinander leben.
So bitten wir für das Land Israel,
für die Stadt Jerusalem
und für alle Länder in Krieg um deinen Frieden. - Amen.
Zur 3 Station: "Jesu Salbung in Bethanien durch Maria"
Einfinden vor dem Seitenaltar (Taufbecken)
Wir erinnern uns mit der Bibel:(Joh 12,1-12)
Lektor 2:
Sechs Tage vor dem Pascha kam Jesus dann nach Bethanien,
wo Lazarus war, der Verstorbene,
den er aus den Toten auferweckt hatte.
Und er war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch.
Sie machten ihm nun dort ein Gastmahl und Martha diente.
Lazarus war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen.
Da trat Maria zu ihm mit einer alabasternen Flasche
mit einem Pfund voll Salböl, echter kostbarer Narde
und zerbrach die alabasterne Flasche
und goss sie auf sein Haupt, während er zu Tisch saß.
Dann salbte sie die Füße
und trocknete seine Füße mit ihren Haaren;
das Haus aber wurde erfüllt vom Geruch des Salböls.
Es wurden aber etliche unwillig bei sich selbst
und sprachen: Wozu ist diese Verschwendung?
Da sagte Judas:
Warum hat man dieses Salböl nicht für dreihundert Denare verkauft
und das Geld den Armen gegeben?
Das sagte er aber nicht, weil er sich um die Armen bekümmerte,
sondern weil er ein Dieb war und den Beutel hatte
und trug, was eingelegt wurde.
Als es aber Jesus bemerkte, sprach er zu ihnen:
Lasst sie! Warum bekümmert ihr diese Frau?
Sie hat doch ein gutes Werk an mir getan.
Dies hat sie für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt.
Sie hat getan, was sie konnte.
Indem sie dieses Salböl auf meinen Leib goss,
hat sie meinen Leib im Voraus zum Begräbnis gesalbt.
Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch,
mich aber habt ihr nicht allezeit.
Wahrlich ich sage euch:
Wo immer dieses Evangelium verkündigt wird in der ganzen Welt,
da wird man auch von dem sprechen,
was diese Frau getan hat, zu ihrem Gedenken.
Lektor 1:
Sei gepriesen, Gott, allmächtiger Vater:
Für uns und zu unserem Heil
hast du deinen Sohn in diese Welt gesandt.
Wir loben dich.
Alle: Wir preisen dich.
Sei gepriesen, Gott, eingeborener Sohn:
Du bist in die Niedrigkeit unseres Menschenlebens gekommen,
um unsere Krankheiten zu heilen.
Stärke alle, die in diesem Jahr
das Sakrament der Krankensalbung empfangen werden.
Wir loben dich.
Alle: Wir preisen dich
Sei gepriesen, Gott, Heiliger Geist, Du unser Beistand:
Steh allen unseren Firmlingen bei,
die in diesem Jahr mit Chrisam-Öl im Glauben bestärkt werden.
Wir loben dich.
Alle: Wir preisen dich
Sei gepriesen, Gott, der Liebe, die sich verschwendet,
und des Lebens:
Du schenkst uns das ewige Leben.
Segne alle, die in diesem Jahr
im Sakrament der Taufe zum Priester, König und Propheten
gesalbt werden.
Wir loben dich.
Alle: Wir preisen dich.
Gebet (Priester):
"Liebe, die sich nicht verschwendet, verschwindet",
sagte Paul Toaspern.
Guter Gott,
auch heute verschwendest du deine Liebe an uns täglich neu.
Du lässt die Sonne aufgehen über Gute und Böse.
Du reichst uns die Hand zur Versöhnung ohne Wenn und Aber.
Du nimmst uns an so wie wir sind.
Du reichst uns das Brot des Lebens und den Kelch des Heils.
Du begleitest uns selbst auf den Umwegen bist du dabei.
Du schenkst uns Menschen, die uns lieben und im Leben begleiten.
Du, Gott der Liebe, die sich an uns verschwendet. – Amen.
Symbolhandlung:
Die heiligen Öle werden auf den Seitenaltar gestellt
Lied: Chor oder alle
Zur 4. Station: "Das letzte Abendmahl"
Einfinden vor dem Seitenaltar (Marienaltar)
Wir erinnern uns mit der Bibel (Mk 14,22-26)
Lektor 2:
Beim letzten Abenmahl nahm Jesus das Brot
und sprach den Lobpreis;
dann brach er das Brot,
reichte es ihnen und sagte:
Nehmt, das ist mein Leib.
Dann nahm er den Kelch,
sprach das Dankgebet,
reichte ihn den Jüngern,
und sie tranken alle daraus.
Und er sagte zu ihnen:
Das ist mein Blut, das Blut des Bundes,
das für viele vergossen wird.
Nach dem Lobgesang gingen Jesus
und die Jünger zum Ölberg hinaus.
Gedanken zum täglichen Brot:
1. Kind und 2. Kind:
Ich bringe ein Roggenbrot.
Es ist das Brot der Menschen, die hart arbeiten müssen.
Es erinnert an die Frauen und Männer in der Welt,
die sich nach Gerechtigkeit sehnen
und dafür kämpfen müssen.
Gott, schenke uns Gerechtigkeit in der Welt!
Hilf du uns guter Gott,
damit alle genug Brot zu essen haben.
3. Kind und 4. Kind:
Ich bringe Zwieback.
Er ist das Brot der Kranken.
Er erinnert uns an alIe, die auf Heilung hoffen.
Gott, schenke uns,
was wir zum Heilwerden nötig haben!
5. Kind und 6. Kind:
Ich bringe ungesäuertes Brot.
(z.B. Matzenbrot aus dem Reformhaus)
Die Israeliten haben es vor ihrer Flucht aus Ägypten gebacken.
Es erinnert uns an alle Menschen, die auf der Flucht sind,
die ihre Heimat verlassen müssen
und in der Fremde leben.
Gott, schenke uns Verständnis für ihre Situation!
Gebet (Priester):
Jesus, Du hast versprochen,
in Brot und Wein bei uns zu sein.
So bist du für viele Menschen zur Stärkung geworden.
Stärkung in Sorgen und Ängsten,
Stärkung zur Freude und zum Guten. - Amen.
Symbolhandlung:
Brot und Wein und die Brote der Kinder werden auf den Altar gestellt.
Lied: Beim letzten Abendmahle (GL 282/1-3 - mit Orgel)
Einfinden vor dem Volksaltar
Christusikone wird aufgestellt.
5. Station: Feier der Auferstehung in der Eucharistie
Gabengebet:
Jesus, du hast Kranke geheilt,
du hast Menschen gezeigt: Gott liebt dich.
Du hast mit den Menschen deinen Glauben,
deine Liebe, dein Leben geteilt.
Jesus, du teilst dein Leben mit uns: in Brot und Wein.
Dein Brot und dein Wein sind Nahrung für unsere Seele. - Amen.
Präfation:
Gott, es ist gut, deine Liebe zu preisen!
Jesus, dein Sohn, reitet als König in Jerusalem ein,
Jesus, ein König für die Sünder, für die Kranken, für den Frieden.
Weil Jesus vom Tod auferstanden ist,
ist Jesus auch heute noch König
für die Menschen mit gutem Willen.
Dafür loben wir dich
und singen mit den himmlischen Chören:
Heiliglied:
Chor oder alle mit Orgel.
Kommunion:
Orgel oder Chor.
Nach der Kommunion:
Lass mich deine Leiden singen (ÖGL 819/1+2) oder Chor.
Schlussgebet:
Herr Jesus,
wir haben dich auf deinem Weg begleitet:
bei deinem Einzug in Jerusalem,
beim letzten Abendmahl,
bei deiner Salbung,
bei deinem Tod und deiner Auferstehung.
Mit deinem Leben, Sterben und Auferstehen machst Du uns Mut,
auch auf unserem Lebensweg
immer wieder aufzustehen und weiterzugehen. - Amen.
Auszug: Orgel
© Franz Wenigwieser, OFM
Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn
Wohlüberlegt
Wer heute mit einem Anliegen die Öffentlichkeit erreichen will, braucht einen Medienberater. Dieser schlägt normalerweise eine Aktion vor, informiert die Medien, stellt gut durchdachte Texte und Bilder zur Verfügung und sieht zu, dass das entsprechende Anliegen gut hinüberkommt. Ein Auftritt in der Öffentlichkeit muss wohlüberlegt sein und braucht ein ansprechendes Design.
Wohlüberlegt war offensichtlich auch der Einzug in Jerusalem. Jesus achtet genau auf die Botschaft der Bilder und der Worte. Er reitet nicht wie ein siegreicher Held auf einem Pferd daher sondern auf einem jungen Esel. Er inszeniert seinen Einzug bewusst als Einzug eines Friedenskönigs und lässt sich als solcher von den Begleitern feiern. Siehe da, es gelingt ihm, viele Menschen zu begeistern und zum Mitmachen zu bewegen.
Gut überlegt und inszeniert wirken auf mich auch die Taten und Worte Jesu an den Tagen zwischen dem Einzug in Jerusalem und dem bevorstehenden Osterfest: Eine Provokation folgt der anderen. Er wirft die Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus, in seinen Reden legt er sich mit den Pharisäern, den Schriftgelehrten, Tempelpriestern und den Anhängern des Herodes an. Schließlich kündigt er die Endzeit an.
Auf den Punkt gebracht
Zusammenfassend kann man sagen: Er bringt alles, was ihm ein Herzensanliegen war, auf den Punkt. So wird die Diskrepanz zwischen ihm und den religiösen und politischen Machthabern offenkundig. Der Konflikt spitzt sich zu, bis er eskaliert und zu seiner Hinrichtung führt.
Alle, die diese Ereignisse miterlebt haben, waren herausgefordert, zu seinem Tun und Reden Stellung zu nehmen. Während die einen triumphieren und spotten, ziehen die anderen die Köpfe ein und tauchen unter. Ein heidnischer Hauptmann jedoch kommt zum Urteil: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Auch wir sind gefordert, Stellung zu nehmen, auch wenn inzwischen fast 2000 Jahre vergangen sind. Wer ist dieser Jesus für mich? Ein religiöser Fanatiker? Ein Provokateur, der den Bogen überspannt hat? Oder kann auch ich sagen und bekennen: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Hosanna - Crucifige
Tiefen und Untiefen der Seele
Stärker könnten Gegensätzlichkeiten im Menschen nicht zum Ausdruck gebracht werden als es uns die Liturgie des heutigen Sonntags vor Augen führt: Das Hosanna und das Crucifige bezüglich ein und derselben Person, sowie an ein und demselben Ort, nämlich Jerusalem. Das Erschreckende dabei ist, dass beides so nahe beisammen liegt, zeitlich, aber auch im Inneren des Menschen selbst. Denn die Frage stellt sich ja in aller Eindringlichkeit: Waren diejenigen, die den Triumphzug Jesu mit Hosanna-Rufen begleiteten, nicht zu einem erheblichen Teil dieselben, die wenig später mit gleicher Lautstärke den Tod dessen gefordert haben (crucifige), dem sie kurz zuvor noch zugejubelt hatten?
Gott ganz annehmen
Wir erleben einen solchen radikalen Gesinnungswandel auch in der unmittelbaren Umgebung Jesu selbst, im Kreis seiner Apostel. Judas Iskariot war einer der von Jesus persönlich Auserwählten, und er war wohl, so wie die übrigen Elf, von Person und Botschaft dessen, der ihn in seine Nachfolge gerufen hat, ergriffen und begeistert, er hat gepredigt, Kranke geheilt wie die anderen und hat wohl auch die bergende Wärme der Gegenwart Jesu erfahren dürfen. Er hat wahrscheinlich ebenso wenig wie die anderen in der Jüngerschaft Jesu die Leidensweissagungen annehmen wollen. Da kam ein Knick in sein Bild vom Messias, in seine Gottesvorstellung. Einen Gott, der das Leid nicht nur nicht radikal beseitigt, sondern im Gegenteil selbst ein Leidender wird, den konnte und wollte er sich nicht vorstellen. Er hat Gott gewissermaßen zur Verantwortung dafür gezogen, weil dieser nicht der war, den er haben wollte. Judas hat schon längst um ein Goldenes Kalb getanzt, das er sich selbst angefertigt hat. Steht Judas nicht stellvertretend für diejenigen, die "crucifige" geschrieen haben, weil sie einen solchen Messias nicht haben wollten?
Der unerkannte Gott
Der Mensch sieht sich immer wieder mit der Herausforderung konfrontiert, dass er sein Gottesbild korrigieren muss, dass er wie Mose vor dem brennenden Dornbusch fragen muss: Wer bist du? Und wie bist du? Trotz allem, was wir über Gott gehört haben, was er uns selbst geoffenbart hat, bleibt er doch der nie voll Erfassbare, er bleibt zu einem Teil immer auch der "Unbekannte Gott" von dem Paulus in seiner Rede auf dem Areopag spricht.
Die Zumutungen Gottes
Der leidende Gottesknecht, der leidende Menschensohn ist und bleibt eine Zumutung für unseren Glauben. Und trotz aller (vermeintlich) schon erworbenen Gläubigkeit müssen wir immer darum beten, dass Gott unserem Unglauben hilft, damit das Hosanna nicht zum Crucifige wird.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Liedvorschläge:
GL 210: Das Weizenkorn muss sterben
GL 279: Hosanna dem Sohne Davids (Kyrie)
GL 280: Singt dem König Freudenpsalmen
GL 281: Also sprach beim Abendmahle
GL 282: Beim letzten Abendmahle
GL 288: Hört das Lied der finstern Nacht
GL 289: O Haupt voll Blut und Wunden
GL 290: Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen
GL 294: O du hochheilig Kreuze
GL 297: Wir danken dir, Herr Jesus Christ
GL 299: Der König siegt, sein Banner glänzt
GL 369: O Herz des Königs aller Welt
GL 460: Wer leben will wie Gott auf dieser Erde
GL 477: Gott ruft sein Volk zusammen
GL 485: O Jesu Christe, wahres Licht
GL Ö818: Aus der Tiefe rufen wir zu dir
GL Ö819: Lass mich deine Leiden singen
GL Ö820: Herr Jesus Christ, wir suchen dich
GL Ö821: Jesus zieht in Jerusalem ein, Hosianna
Kehrverse und Psalmen:
GL 36,1-2: Auf dich haben unsere Väter vertraut, und du hast sie gerettet. - Mit Psalm 22 - II.
GL 52: Herr, du bist König über alle Welt - Mit Ps 93 - VIII.
GL 302,2: Hosanna dem Sohne Davids! - Mit Psalm 57 (GL 649,6) - VII.
GL 302;3: Hosanna, hosanna, hosanna in der Höhe - Mit Psalm 118 (GL 66,2) oder Psalm 122 (GL 68,2) - VI.
GL 629,5-6 (564): Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit - Mit Phil 2,6-11 - VI.
GL 639,1: Erbarme dich meiner o Gott, erbarme dich meiner. - Mit Psalm 118 (GL 66,2) oder Psalm 122 (GL 68,2) - VI.
- Einleitung3
Jörg Thiemann (2024)
Jesus zieht in Jerusalem ein. Er weiß, was ihn erwartet: Sterben und Tod, Hass und Gleichgültigkeit. Feierlich wird er von den Menschen empfangen. Er reitet auf einem Esel. Damit zeigt er, was er immer gezeigt hat: Jesus steht auf die Seite der armen Menschen. Die Menschen breiteten ihre Kleider aus. Sie geben Jesus ihren ganzen Besitz. Sie jubeln Jesus zu mit Zweigen, die sie von den Büschen abreißen, nicht mit großen wertvollen und wehenden Fahnen. - So wurde Jesus damals empfangen.
Auch wir wollen Jesus empfangen. Möge er einziehen in unsere Herzen, in unser einfaches Leben, in unsere Armseligkeiten. Wir haben uns in den vergangenen Wochen auf seinen Einzug vorbereitet. Begleiten wir Jesus in unseren Herzen auf seinem Weg.
Segnung der grünen Zweige:
Guter Gott,
viele tragen grüne Zweigen in den Händen.
Grün ist die Farbe der Hoffnung,
des wachsenden Lebens.
Das Leben wird siegen über das Sterben,
über den Tod.
Wir jubeln Jesus zu
wie es einst die Menschen in Jerusalem taten.
Wir jubeln Jesus zu,
der das Leben in Fülle ist.
Wir jubeln Jesus zu,
der uns vorausging im Leiden und Sterben,
der in uns aber Hoffnung weckte,
Hoffnung auf Auferstehung.
Segne diese grünen Zweige,
du Gott des Lebens. - Amen.
Jörg Thiemann (2018)
Das Fest Ostern, das höchste Fest der Christen, kommt immer näher. Darauf haben wir uns in den letzten Wochen auf verschieden Weise vorbereitet. Die einen durch Fasten, andere suchten mehr Besinnung. Jetzt begleiten wir Jeus. Wir sind ihm nahe, während die Menschen ihm zujubeln. Auch wir jubeln ihm zu. Denn Jesus ist auch unsere Hoffnung. Doch gehen wir mit ihm durch das Schwere, durch sein Leiden und Sterben am Kreuz. Bleiten wir ihn durch seine bittersten menschlichen Erfahrungen, verraten und verleugnet zu werden, falsch angeklagt zu werden. Als Zeichen, dass wir Hoffnungen auf ihn setzen, segne ich nun die Palmzweige, die Sie in den Händen tragen.
Hans Hütter (2009)
Mit der Feier des Palmsonntags beginnen wir die Feier der Karwoche, der großen heiligen Woche.
Im Geiste ziehen wir mit Jesus hinauf nach Jerusalem und erleben wir mit ihm seine Vollendung als von Gott gesandten Messias. Mit ihm durchleiden wir auch den Weg des Kreuzes, den er für uns gegangen ist. Mit ihm erinnern wir uns, wie er beim Abschiedsmahl seinen Jüngern die Füße gewaschen, mit ihnen Mahl gehalten hat und seinen bevorstehenden Leidensweg als Hingabe für uns gedeutet hat.
Am Beginn dieser Feier huldigen wir Christus als Sohn Davids, als Messias und Erlöser.
(Fortsetzung der Feier mit der Palmweihe und Palmprozession oder mit den Kyrierufen)
- Kyrie3
Edith Furtmann (2024)
Herr Jesus Christus, Gottes Sohn,
du warst ein Mensch wie wir.
Herr, erbarme dich.
Du hast gelebt und gelitten wie ein Mensch.
Christus erbarme dich.
Du gehst mit uns durch unser Leben.
Herr, erbarme dich.
Beatrix Senft (2021) - du hast den Auftrag deines Vaters angenommen
Herr, Jesus Christus,
du hast den Auftrag deines Vaters angenommen
und hast dich kleingemacht in unsere Menschlichkeit.
Herr, erbarme dich.
Du hast in deinem Wirken gezeigt,
wie wir in dieser Welt leben sollen.
Christus, erbarme dich.
Du hast dich vom Jubel der Menschen nicht von deinem Weg abbringen lassen,
sondern bist den dir vorbestimmten Weg bis in Leid und Tod gegangen.
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2009)
Herr, Jesus Christus,
du bist der von Gott gesandte Messias,
du bist wahrhaft Gottes Sohn.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich deines göttlichen Glanzes entäußert,
du wurdest wie ein Sklave und den Menschen gleich.
Christus, erbarme dich.
Dich hat Gott über alle erhöht
und dir einen Namen verliehen,
der größer als alle Namen ist.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet1
Messbuch - TG Palmsonntag: ihm auf dem Weg des Leidens nachfolgen
Allmächtiger, ewiger Gott,
deinem Willen gehorsam,
hat unser Erlöser Fleisch angenommen,
er hat sich selbst erniedrigt
und sich unter die Schmach des Kreuz es gebeugt.
Hilf uns,
daß wir ihm auf dem Weg des Leidens nachfolgen
und an seiner Auferstehung Anteil erlangen.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus.
MB Palmsonntag
- Eröffnungsgebet5
Sonntagsbibel
Allmächtiger, ewiger Gott,
dein Sohn hat sich bis zum Tod am Kreuz erniedrigt
und die Sünden der Menschen auf sich genommen.
Hilf uns,
daß wir mit ihm im Leiden ausharren
und zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen.
Durch ihn, Christus, unseren Herrn.
Sonntagsbibel
Großer Gott,
wir feiern in dieser Heiligen Woche
den Höhepunkt des Kirchenjahres.
Laß uns still und nachdenklich werden
und unsere Verbindung zu Christus stärken,
der uns in Tod und Auferstehung den Weg
vorausgegangen ist, und der mit dir lebt
und herrscht in Ewigkeit.
Jörg Thiemann (2024)
Guter Gott,
in Jesus können wir deine Liebe sehen.
In Jesus sehen wir,
dass ein Leben mit dir auch Schmerzen und Leiden bewältigen kann.
Jesus ist seinen Weg gegangen.
Jesus tat es aus Liebe zu uns.
Dein Wort zu hören, möge uns die Kraft geben,
Schweres auf uns zu nehmen
und zu tragen, wo es nötig ist.
So werden wir Zeugen deiner Liebe zu uns. - Amen.
Beatrix Senft (2021) - begleite auch uns auf allen Wegen
Vater unser im Himmel,
wir gedenken in der vor uns liegenden Karwoche
in besonderer Weise des Leidens und Sterbens Jesu.
Er hat aus Liebe zu dir und zu uns alles auf sich genommen,
damit wir durch ihn ewige Hoffnung haben.
Wir danken dir und Jesus für dieses große Geschenk an unser Leben
und bitten dich,
begleite auch uns auf allen Wegen,
damit wir deinem Willen folgen können. - Amen.
Jörg Thiemann (2018)
Guter Gott,
dein Sohn ist seinen Weg gegangen,
in Liebe zu dir und aus Liebe zu uns.
Deine Worte mögen uns jetzt Mut und Kraft für unseren Weg geben.
Sie mögen uns mit hinführen in deinen Willen
und in das Leiden und Sterben deines Sohnes. - Amen.
- Fürbitten11
Jörg Thiemann (2024)
Guter Gott,
dein Sohn Jesus ist in Jerusalem einen schweren Weg des Leidens gegangen.
Wir bitten dich voller Hoffnung:
Hilf Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen,
damit Menschen nicht mehr unter Kriegen und Terror leiden müssen.
Schenke allen, die unter Streit und Misshandlung in ihrer Familie leiden, Geborgenheit.
Bekehre die Herzen aller, die ihre Verantwortung für ihre Mitmenschen für eigene Zwecke und Vorteile missbrauchen.
Mache alle, die sich von ihren Mitmenschen im Stich gelassen fühlen, zur Vergebung bereit.
Stärke das Mühen und den Mut aller, sich für Freiheit einzusetzen.
Nimm unsere Verstorbenen auf in deinen himmlischen Frieden.
Dir sei Lob und Preis, jetzt und in alle Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2024)
Die Menge bejubelt Jesus als politischen Erlöser. Er aber sieht seine Berufung in der Erfüllung des Willens des Vaters.
Zu ihm kommen wir mit unseren Bitten:
Für die Kirche, dass sie in ihrer Verkündigung die Menschen existenziell berühren und ihnen den Weg zum Vater weisen kann.
Für alle Menschen, die trotz Gewalt und todbringender Machtstrukturen die Hoffnung auf einen Neubeginn in Frieden und Gerechtigkeit nicht verloren haben.
Für alle, die in ihrem Leben die Spannungen zwischen Erfolg und Niederlage nicht aushalten können und nach Trost und Beistand suchen.
Für uns selbst: Um einen Glauben, der nicht auf die Erfüllung unserer eigenen Wünsche abzielt sondern im Vertrauen auf dich, unserem eigentlichen Lebensziel, entgegenwächst.
Für unsere Verstorbenen und für alle, die um sie trauern:
Um die Zuversicht, mit dir verwandelt zur ewigen Heimat zu gelangen.
Christus,
dein Tod bringt Leben. In diesem Glauben beginnen wir die Feier die Tage der Heiligen Woche und danken dir jetzt und allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2024)
Herr Jesus Christus,
keiner weiß um Höhen und Tiefen menschlichen Lebens so wie du, der du machtvoll durch die Ohnmacht der Passion gegangen bist.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen, denen zugejubelt wird.
Lass sie dennoch ihre Fehler und Schwächen erkennen und schütze sie vor Überheblichkeit.
Für alle Menschen in Politik und Gesellschaft, die Entscheidungsgewalt haben.
Lass sie sich gerade in diesen Zeiten der weltweiten Kriege, der Klimakatastrophe und der Rezession darauf besinnen, dass sie für die Menschen Verantwortung tragen, die ihnen anvertraut sind.
Für alle Menschen, die den Boden unter den Füßen verlieren, weil sich das Leben ändert, weil sie glauben, dass die Welt aus den Fugen gerät, weil sie sich nicht einfinden können in diese unruhigen Zeiten.
Lass sie Fähigkeiten entwickeln, die sie an der schwierigen Situation nicht zu Grunde gehen, sondern reifen lassen.
Für alle, die unbeachtet von anderen, ohne Anerkennung und Jubel, ihren Weg gehen.
Lass sie dennoch ihren Wert erkennen und schätzen können.
Für alle Kranken, deren Leben in deiner Hand liegt.
Lass sie Begleitung und Halt finden auf ihrem schwierigen Weg.
Für unsere Verstorbenen.
Nimm sie zu dir in dein Reich.
Herr Jesus Christus, durch dein Menschsein kennst du unsere Nöte und Ängste. Bei dir finden wir Verständnis und Beistand.
Dafür danken wir dir. – Amen.
Renate Witzani (2021) - du hast den Auftrag deines Vaters angenommen
Voll Erwartung jubeln die Menschen Jesus, dem erwarteten Messias, zu.
Diese Stimmung schlägt aber einige Tage später um.
Solche Erfahrungen kennen wir aus dem letzten Jahr.
Wenn wir heute, am Palmsonntag, Jesus als unseren Messias begrüßen,
übergeben wir ihm unsere Bitten:
Mit allen, die in ihrem Glaubensleben mehr als die Erfüllung von Traditionen sehen,
bitten wir dich für deine Kirche und alle ihre Glieder.
Mit allen, die aufgrund ihres Amtes Macht haben,
bitten wir dich für die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft.
Mit allen, die die Fähigkeit entwickeln, an schwierigen Lebensumständen zu reifen,
bitten wir dich:
für die Kinder und Jugendlichen, die gewohnte Strukturen in ihrem Leben verloren haben;
für die Arbeitslosen und die durch den Lockdown in Bedrängnis geratenen Unternehmer;
für alle Kranken, die nur mühsam in ein aktives Leben zurückfinden;
für die Wissenschaftler, Ärzte und die in der Pflege Tätigen, die sich gefordert und oft überfordert fühlen.
Mit allen, die nicht die Rolle erfüllen können, die ihnen von anderen zugedacht wird,
bitten wir dich für die, die ihre eigenen Wünsche und Sehnsüchte auf Kosten der anderen verwirklicht sehen wollen.
Mit allen, die nach dem Tod eines geliebten Menschen, nach Trost und Sinn in ihrem Leben suchen,
bitten wir dich für unsere Verstorbenen.
Denn du, Jesus Christus, bist uns als Mensch und Gott durch deine Passion so nahe geworden, dass wir uns in unseren Leiden und Schmerzen von dir verstanden fühlen.
Dir sei Lob und Ehre jetzt und allezeit. - Amen.
Gastautor*in (2020) - Wir vertrauen uns deiner Hilfe und Begleitung an
Gott, der du Jesus zu uns geschickt hast,
damit du uns Menschen gleich wirst und nahe bist:
Wir bitten dich:
Für die zerschlagenen und stimmlosen Menschen auf der Erde
Für die kranken und einsamen Menschen.
Für uns, um Kraft, anderen beizustehen.
Für die Mächtigen - um einen demutsvollen Umgang mit Macht.
Für die geschundene Schöpfung.
Für die Verstorbenen.
Gott - menschgeworden weißt du, was wir brauchen.
Wir vertrauen uns deiner Hilfe und Begleitung an.
Berühre uns mit deinem Segen. - Amen.
© Mag.a Angelika Gumpenberger-E., Pastoralassistentin St. Franzikus, Wels.
Jörg Thiemann (2018)
Herr Jesus Christus,
der du der du deinen Weg durch Höhen und Tiefen konsequent gegangen bist,
wir bitten dich:
Für Menschen, die sehr beliebt sind,
dass sie nicht überheblich werden.
Für alle Männer und Frauen in hohen Ämtern,
dass sie verantwortlich denken, reden und handeln.
Für alle, die wegen ihres Glaubens verachtet werden.
Schenke ihnen den Geist des Mutes.
Für alle, die unter einer Schuld im Leben leiden,
dass sie Verzeihung finden.
Für deine Kirche,
dass die Liebe und Nähe zu den Armen und Verachteten in ihr sichtbar werde.
Für unsere Verstorbenen,
dass sie bei dir leben dürfen.
Herr Jesus Christus,
du hast nicht daran festgehalten, wie Gott zu sein.
Dir sei Lob und Preis. - Amen.
Renate Witzani (2018)
Das Geschehen bei Jesu Einzug in Jerusalem spannt sich aus zwischen Freude und Jubel und der darauffolgenden Einsamkeit und seinem qualvollen Sterben am Kreuz. Auch unser Leben ist oft geprägt von Hoffnung und darauffolgender Verzweiflung und Angst.
Lasst uns Gott um seine Hilfe anrufen:
Hilf allen, die in deiner Kirche Verantwortung tragen, dass durch ihren Dienst andere Menschen deine heilende und versöhnende Zärtlichkeit erfahren können.
Hilf allen, die sich selbst nicht gegen ungerechte Machthaber, Ausbeutung, Diskriminierung oder widrige Lebensumstände wehren können.
Hilf in der Not unserer Zeit, in der oft der Machbarkeitswahn unsere eigene Begrenztheit und Verletzlichkeit vergessen lässt.
Hilf uns im Glauben an deine Nähe aus der Freude der Kinder Gottes zu leben.
Hilf allen, die am Ende ihres irdischen Lebensweges stehen, und erfülle an ihnen und an unseren Verstorbenen deine Verheißungen.
Denn deine Solidarität mit uns Menschen übersteigt unsere Vorstellungskraft.
Du schenkst uns die Gnade des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.
Dir gilt unser Dank jetzt und in Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2015)
Hoffnung und große Erwartungen aber auch Leid und Einsamkeit sind Begleiter Jesu in seinen letzten irdischen Lebenstagen. Er kennt die Ungewissheit menschlichen Lebens wie kein anderer.
Lasst ihn uns gemeinsam bitten:
Um eine Kirche, die allen, die durch die Last ihres Lebens niedergedrückt sind, dich als ihren Erlöser und Heiland verkündet.
Um eine Welt, in der Kindern und Frauen nicht mehr Gewalt angetan wird und Männer nicht als Soldaten für die Machtinteressen einzelner Gruppen missbraucht werden.
Um eine Gesellschaft, die Korruption und Lebenslügen durchschaut und mutig für ein gerechtes Miteinander eintritt.
Um die feste Hoffnung auf deine Barmherzigkeit, die auch uns an den anderen barmherzig handeln lässt.
Um Trost und Kraft aus deinem Leiden für alle Sterbenden und das ewige Leben für unsere Verstorbenen.
Denn dein Leiden, Sterben und deine Auferstehung eröffnet uns das große Geschenk der Erlösung. Dafür danken wir dir, Herr, und preisen dich mit dem Vater und Geist. - Amen.
Hans Hütter (2012)
Gott und Vater,
im Leiden und Sterben deines Sohnes hast du uns gezeigt,
wie sehr dir an unserem Heil gelegen ist.
Wir tragen dir unsere Bitten vor:
Wir beten für alle Menschen,
die wegen ihrer religiösen oder politischen Überzeugung
verfolgt, gefoltert oder zu Tode gerichtet werden.
Halte auch ihnen die Treue und gib ihnen unzerstörbares Leben.
Wir beten für alle Menschen,
vor allem für die Bevölkerung im Nahen Osten,
die um menschenwürdige Lebensbedingungen kämpfen.
Schenke ihnen Freiheit und Frieden.
Wir beten für alle Menschen,
die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.
Gib ihnen Ausdauer und lass sie Früchte ihrer Mühe sehen.
Wir beten für alle Menschen,
die sich in diesen Tagen von der Hingabe deines Sohnes berühren lassen.
Lass sie erkennen: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Wir beten für unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde.
Gib ihnen Anteil am ewigen Leben, das du verheißen hast.
Staunend und dankbar stehen wir vor der unfassbaren Liebe,
die du uns durch das Leiden, den Tod
und die Auferstehung deines Sohnes erwiesen hast.
Dir sei Lobpreis und Ehre. Amen.
Hans Hütter (2009)
Allmächtiger Gott,
unter Schreien und Tränen hat dein Sohn Jesus Christus,
als er unter uns war, Gebete und Bitten vor dich gebracht.
Er hat sein Leben in deine Hände gelegt.
Dich bitten wir:
Für alle Menschen,
die um ihre Existenz fürchten und um ihr Überleben ringen.
Verlass sie nicht und verschaff ihnen Gerechtigkeit.
Für alle Menschen,
die um ihres Vorteils willen Intoleranz und Hass schüren.
Zeige ihnen Wege zu Frieden, Gerechtigkeit und zum Wohlergehen aller.
Für alle Menschen,
die dich mit aufrichtigem Herzen suchen.
Zeige ihnen, wie sie dir begegnen und wie sie dich erkennen können.
Für alle, die in der Kirche und in den Religionen Verantwortung tragen.
Bewahre sie vor geistlichem Hochmut
und gib ihnen die Stärke, für die ihnen Anvertrauten einzustehen.
Für die Lenker der Staaten, internationaler Vereinigungen und der Weltwirtschaft.
Gib ihnen die Hochherzigkeit, ihre eigenen Interessen hintan zu stellen
und auf das Wohl aller und jedes einzelnen zu schauen.
In deiner Hand, allmächtiger Gott,
liegt das Schicksal der ganzen Welt.
Dir vertrauen wir uns an. Amen.
Hans Hütter (2008)
Herr, Jesus Christus,
du bist als Messias in Jerusalem eingezogen.
Wie die Menschen damals setzen auch wir unsere Hoffnung auf dich.
Wir bitten dich für alle Kinder auf dieser Erde,
dass sie satt werden
und dass ihnen die Frohe Botschaft
vom Reich Gottes nicht vorenthalten wird.
Wir beten für alle Kranken und Leidenden,
für alle Invaliden und alle körperlich Behinderten,
dass sie nicht benachteiligt oder links liegen gelassen werden.
Wir beten für alle Mensche, die auf der Suche
nach einer sie erfüllenden Spiritualität sind,
dass sie in dir das wahre leben finden.
Wir beten für alle, die auf deinen Namen getauft sind,
dass sie durch Dich Freude am Glauben und am Leben finden.
Wir beten für alle, die ihres Glaubens nicht froh werden.
Lass sie dir so begegnen, dass ihnen die Augen
für das Geschenk des Glaubens aufgehen.
Du Herr Jesus, bist durch den Tod hindurch gegangen,
um uns zum ewigen leben zu führen.
Wir danken dir, dass du unser König und Messias bist.
- Gabengebet1
Messbuch - GG Palmsonntag: versöhne uns mit dir
Herr, unser Gott,
schenke uns Verzeihung
durch das Leiden deines Sohnes.
Wir haben sie zwar durch unsere Taten nicht verdient,
aber wir vertrauen auf dein Erbarmen.
Darum versöhne uns mit dir
durch das einzigartige Opfer
unseres Herrn Jesus Christus,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB Palmsonntag
- Gebet zur Gabenbereitung3
Jörg Thiemann (2024)
Guter Gott,
wir haben von der Liebe deines Sohnes gehört,
wie er sich für uns hingegeben hat,
welche inneren und äußeren Leiden er auf sich genommen hat.
Wir feiern diese Hingabe jetzt in Brot und Wein.
Diese Speise sei uns Kraft,
wenn wir für andere leiden,
wenn wir leiden, weil wir an dich glauben.
In dieser Speise wollen wir mit ihm eins werden
und immer mehr so leben wie er. - Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2015)
Jesus, du hast Kranke geheilt,
du hast Menschen gezeigt: Gott liebt dich.
Du hast mit den Menschen deinen Glauben,
deine Liebe, dein Leben geteilt.
Jesus, du teilst dein Leben mit uns: in Brot und Wein.
Dein Brot und dein Wein sind Nahrung für unsere Seele. - Amen.
© Franz Wenigwieser, OFM
Jörg Thiemann (2018)
Guter Gott,
dein Sohn hat für uns gelitten.
Brot und Wein werden gebrochen.
Sie sind Zeichen,
dass sein Weg für uns ein Weg des Leidens und des Schmerzes war.
Brot und Wein sind Zeichen seiner Liebe zu uns.
Stärke unsere Liebe zu dir und zueinander. - Amen.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020) - Jesus Christus als Messias und Erlöser
Kehrvers:
Herr Jesus, dir sei Rum und Ehre. (GL176,3)
Guter Gott, wir danken dir,
dass du uns Jesus Christus als Messias und Erlöser gesandt hast.
Er ist als Friedensfürst in Jerusalem eingezogen
und hat uns deinen göttlichen Frieden gebracht.
Kehrvers
Er ist gekommen, nicht um zu herrschen,
sondern um zu dienen.
Er hat als Hirte sein leben hingegeben für seine Herde,
damit wir ewiges Leben erlangen.
Kehrvers
Er hat unsere Schuld getilgt
und uns mit dir, Gott und Vater, versöhnt.
Er hat uns die Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden
und in deinem Licht zu leben.
Kehrvers
Dafür danken wir dir mit allen Engeln und Heiligen.
Wir stimmen ein in den Lobpreis deines auserwählten Volkes
und singen dir zur Ehre:
Danklied, z. B."Gott wohnt in einem Lichte... GL 429
- Präfation3
Messbuch - Präfation Passionszeit 1: Die Macht des gekreuzigten Herrn
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, allmächtiger Vater, zu danken
und das Werk deiner Gnade zu rühmen.
Denn das Leiden deines Sohnes
wurde zum Heil für die Welt.
Seine Erlösungstat bewegt uns,
deine Größe zu preisen.
Im Kreuz enthüllt sich dein Gericht,
im Kreuz erstrahlt die Macht des Retters,
der sich für uns dahingab,
unseres Herrn Jesus Christus.
Durch ihn loben dich deine Erlösten
und vereinen sich mit den Chören der Engel
zum Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Passionszeit 1
Messbuch - Präfation Passionszeit 2: Der Sieg Christi in seinem Leiden
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, allmächtiger Vater, zu danken
und das Werk deines Erbarmens zu rühmen
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Denn wiederum kommen die Tage,
die seinem heilbringenden Leiden und
seiner glorreichen Auferstehung geweiht sind.
Es kommt der Tag des Triumphes über den alten Feind,
es naht das Fest der Erlösung.
Darum preisen wir dich mit allen Chören der Engel
und singen vereint mit ihnen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Passionszeit 2
Sozialreferat der Diözese Linz (2015) - Studientext: Palmsonntag
(nicht approbierter Studientext)
Gott, es ist gut, deine Liebe zu preisen!
Jesus, dein Sohn, reitet als König in Jerusalem ein,
Jesus, ein König für die Sünder, für die Kranken, für den Frieden.
Weil Jesus vom Tod auferstanden ist,
ist Jesus auch heute noch König für die Menschen mit gutem Willen.
Dafür loben wir dich
und singen mit den himmlischen Chören:
© Franz Wenigwieser, OFM
- Mahlspruch1
Bibel
Christus Jesus hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein.
Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod
bis zum Tod am Kreuz.
Oder:
Christus Jesus war für uns gehorsam bis zu Tod.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht.
Oder:
Jesus Christus ist der Herr,
zur Ehre Gottes, des Vaters
- Meditation2
Helene Renner (2021) - Jesus Christus als Messias und Erlöser
Mitgehen mit dir, Jesus,
mitgehen
nach Jerusalem.
Oh Herr
Wer kann das verstehen?
Eben noch Jubel und Lobgesang,
und jetzt -
das Gericht, die Henker,
der Tod.
Und wo bin ICH?
Schreie ich mit?
Hosanna -
und kreuzigt ihn!
Oder
verstecke ich mich,
leugne,
dazu zu gehören?
Du kennst mich Herr,
du kennst meine Schwachheit,
du kennst aber auch meinen guten Willen.
Lass mich mitgehen,
mitgehen
durch Leid und Tod
zur Auferstehung.
Helene Renner (2020)
Jesus Christus
mit dir will ich aufstehen
gegen Not und Tod
gegen Folter und Leiden
gegen Armut und Elend
gegen Hass und Terror
gegen Zweifel und Resignation
gegen Unterdrückung und Zwang
Mit dir will ich aufstehen
gegen alles, was das Leben behindert
Mit dir will ich einstehen
für alles,
was das Leben fördert
Es genügt nicht
Hosanna, Hosanna zu rufen
darum
sei du meine Kraft
dass ich aufstehe mit dir
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Palmsonntag: das Leben erhoffen, das uns der Glaube verheißt
Herr, unser Gott,
du hast uns im heiligen Mahl gestärkt.
Durch das Sterben deines Sohnes
gibst du uns die Kraft,
das Leben zu erhoffen, das uns der Glaube verheißt.
Gib uns durch seine Auferstehung die Gnade,
das Ziel unserer Pilgerschaft zu erreichen.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Palmsonntag
- Gebet zum Abschluss3
Jörg Thiemann (2024)
Guter Gott,
Wir wollen Jesus, deinem Sohn,
jetzt innerlich folgen
in die Heilige Woche hinein.
Hilf uns, daran zu wachsen und zu reifen,
damit dein Reich immer mehr sichtbar werde,
damit wir immer mehr auf unser Ziel hin leben,
einst in deiner Liebe vereint zu sein. - Amen.
Jörg Thiemann (2018)
Guter Gott,
oft sind unsere Wege unsicher.
Doch du bist bei uns.
Wo unser Weg Leiden und Schmerz kennt,
da gehst du mit uns in deinem Sohn.
Denn auch uns ist die Hoffnung geschenkt,
mit Jesus zum ewigen Leben aufzuerstehen.
Stärke uns mit dieser Hoffnung auf dem Weg unseres Lebens. - Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2015)
Herr Jesus,
wir haben dich auf deinem Weg begleitet:
bei deinem Einzug in Jerusalem,
beim letzten Abendmahl,
bei deiner Salbung,
bei deinem Tod und deiner Auferstehung.
Mit deinem Leben, Sterben und Auferstehen machst Du uns Mut,
auch auf unserem Lebensweg
immer wieder aufzustehen und weiterzugehen. - Amen.
© Franz Wenigwieser, OFM
- Sonstiges1
Jörg Thiemann (2018)
Gebet zur Palmweihe
Guter Gott,
wir tragen Hoffnung in unseren Herzen,
Hoffnung auf Liebe und Zuwendung,
Hoffnung auf ein Leben mit und einst bei dir.
Diese Hoffnung sehen wir in Jesus erfüllt.
Darum tragen wir diese Palmzweige in unseren Händen.
Wir wollen Jesus als unsere Hoffnung
In unserer Mitte und in unseren Herzen willkommen heißen.
Segne diese Zeichen der Hoffnung,
durch ihn, Christus, unseren Herrn. - Amen.
Der jeweils andere Blick
Das alles verstanden seine Jünger zunächst nicht, so schreibt Johannes in seinem Evangelium. Es war wie so oft: sie verstanden nicht, dass Jesus der war, der von den Propheten in der Schrift angekündigt worden war, der König, wie z.B. von Sacharia, der da sagt: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe dein König kommt zu dir … demütig ist er und reitet auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin“. (Sach 9,9) Einerseits König, andererseits demütig – passt das zusammen? Ja, Jesus reitet in die Stadt ein, wie ein umjubelter König, aber eben nicht auf dem Streitross, sondern auf einem Eselsfüllen, das Gegenteil von dem, wie ein weltlicher König sich inszenieren würde. Und dennoch preisen ihn die Menschen, bereiten ihm den Weg. Sie wissen nicht, was da geschieht. Erst nach Jesu Tod und Auferstehung können die Jünger das einordnen, sowohl von der Schrift her als auch nach den Worten Jesu.
Wir haben es da leichter: wir sehen den Palmsonntag und die Karwoche von Ostern aus. Wir wissen: an Palmsonntag wird gejubelt, Gründonnerstag die Eucharistie begründet und nach einer durchwachten Nacht wird Jesus Karfreitag gefangengenommen, befragt, verspottet, gefoltert und gekreuzigt. Aber – und das wissen wir eben auch – an Ostern feiern wir seine Auferstehung, ein neuer Jubel, und diese paar Tage, die wir seines Leidens und Sterbens gedenken, die sind schnell vergessen.
Verkommt es zum Ritual? Gehen wir da wirklich noch mit? Oder lassen wir uns nur mitreißen von der Menge, absolvieren wir christliche Pflichttermine? Lassen wir uns wirklich von dem Geschehen berühren? Von dem Einzug in Jerusalem, auf einem Esel statt auf hohem Ross?
Wir wissen, dass alles ganz anders wird, dass die Stimmung umkippt, dass aus dem Halleluja ein „kreuzige ihn“ wird. Gehen wir da wirklich mit? Oder ertragen wir es, weil wir ja wissen, Ostern ist Auferstehung?
Bleiben wir wachsam und bedenken wir jenseits aller Traditionen das, worum es wirklich geht: Gott ist ganz Mensch geworden, er kennt uns und steht uns bei. Er möchte, dass wir seine Liebe weitergeben.
Edith Furtmann 2024
PALM-JUBEL – und was dann?
du kommst daher
aus drei Jahren Wirken
drei Jahre
Erfüllung
des Willens
deines Vaters
drei Jahre
Begegnung
Zuspruch
Heilung bringend
Augen
und
Ohren öffnend
Leben teilend –
wie das täglich Brot
Liebe kündend -
des Gottes
dessen All-Macht
Liebe ist
geritten auf einem Esel
dem Füllen einer Eselin
bescheiden
deinem Wirken
entsprechend
und doch
umjubelt
und dann
dann
schlägt alles um
die Mächtigen
deines Glaubens
haben es beschlossen:
„der Mensch
der diese
unerschütterliche
Liebe Gottes
verkündet
er muss weg“
SIE
haben es beschlossen –
nicht die Machthaber Roms
aus dem Jubel
werden
erste Gegenstimmen
laut
eine Welle entsteht
und
breitet sich aus
„kreuzigt ihn“
die Schreie
sie schlagen
über dir
zusammen
und du
schweigst
und gehst den Weg
als Konsequenz
der Liebe zum Vater
und
zu den Menschen
aus Liebe
auch zu uns
mache auch uns
zu Anstiftern
der Liebe
in den Konsequenzen
unseres Lebens
Beatrix Senft, unveröffentlicht.
„Der Mensch kann die Kraft Gottes nicht verhindern.“ - O doch!
„Abba, mein Vater, alles ist dir möglich.“ Das ist der Dreh- und Angelpunkt im Leben Jesu. Manchmal stelle ich mir vor, dass es vor Jesus schon andere Menschen gab, die Gott als Messias auf die Erde geschickt hatte, aber sie alle sind an diesem Wendepunkt gescheitert. Sie wollten weiter auf der Erfolgslinie bleiben, so wie die Heilungen alle erfolgreich waren und ihre Predigten gut ankamen bei den Leuten. Und dann, als ihnen die Kreuzigung drohte, haben sie sich ein Heer Engel schicken lassen, das den Kelch von ihnen wegnahm – und sie waren schnell vergessen. Jesus weiß: Für seinen himmlischen Vater ist alles möglich. Aber Jesus geht darüber hinaus. „Nicht, was ich will, sondern was du willst!“
Der Weg des Erfolgs, unterwegs zum Zielbild des eigenen Lebens, wird irgendwann merkwürdig schmal und steinig. „Hab ich mich verlaufen?“ fragen viele, „ich hatte doch so viele Möglichkeiten, und jetzt schränkt sich alles so ein. Ich hatte doch Kraft für alles, und jetzt soll ich mir so lieb gewordenen Dinge zurücklassen, für immer?“
Erfolg ist Loslassen. Ich kenne keinen erfolgreichen Menschen, der nicht von dieser Erfahrung berichten kann. Auf den letzten Metern vor dem Ziel verändert sich das Ziel in völlig unerwarteter Weise. Er trägt die Kraft des großen Ziel noch in sich, aber es scheint kleiner, klarer, einfacher, und zugleich unendlich wertvoller. Das Ziel ist größer als ich selbst, und ich sehe, dass ich den Weg bis hierher nicht mir allein verdanke.
Dein Erfolg ist nicht die Folge deines Wagemutes und deiner Arbeit. Es ist meine freie Entscheidung, sagt Gott, dich zu segnen. Zu dieser Entscheidung stehe ich. Darauf kannst du dich verlassen. Meinen Segen kannst du nicht erzwingen. Du kannst ihn erbitten – oder auch verhindern. Zum Beispiel, wenn du dein angestammtes Land nicht verlässt. Gib dich niemals mit dem Scheitern zufrieden. Du kannst Großes von mir erwarten. Das Allergrößte. Du wirst staunen über den Erfolg, den ich am Ende bereithalte – für dich und alle um dich herum.
Aus: Werner Tiki Küstenmacher, Die neue 3-Minuten-Bibel. Knaur/Pattloch Verlag, München 2015.
Golgota
Golgota ist der Ort, an dem wir nicht vorbeikommen,
wollen wir denn Christus glauben.
Golgota war gestern, ist heute, wird morgen.
Golgota, der Börsenmarkt,
Golgota, das Elendsviertel,
Golgota, der Schlacht- und Viehhof,
Golgota im Präsidentenpalast.
Golgota hinter Stacheldraht.
Golgota ist überall.
Da, wo ein Mensch gequält wird, ist Golgota.
Golgota ist weit weg.
Golgota ist nahe bei uns.
Golgota ist überall...
Fritz Möser, in: Wo meine Sehnsucht ein Zuhause hat, Ein Firmkurs, Leseheft für Jugendlich, München 1999.
Eines Tages kam einer
Eines Tages kam einer,
der hatte einen Zauber in seiner Stimme,
eine Wärme in seinen Worten,
einen Charm in seiner Botschaft.
Eines Tages kam einer,
der hatte eine Freude in seinen Augen,
eine Freiheit in seinem Handeln,
eine Zukunft in seinen Zeichen.
Eines Tages kam einer,
der hatte eine Hoffnung in seinen Wundern,
eine Kraft in seinem Wesen,
eine Offenheit in seinem Herzen.
Eines Tages kam einer,
der hatte einen Vater in den Gebeten,
einen Helfer in seinen Ängsten,
einen Gott in seinen Schreien.
Eines Tages kam einer,
der hatte einen Geist in seinen Taten,
eine Treue in seinen Leiden,
einen Sinn in seinem Sterben.
Eines Tages kam einer,
der hatte einen Schatz in seinem Himmel,
ein Leben in seinem Tode,
eine Auferstehung in seinem Grabe.
Text: Alois Albrecht / Musik: Peter Janssens / aus: Auf Messers Schneide, 1992.
Aus: Wo meine Sehnsucht ein Zuhause hat, Ein Firmkurs, Leseheft für Jugendliche, München 1999.
Gebet
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens:
Dass ich dann, wenn ich etwas zu sagen habe,
mich einsetze für die Schwachen und Hilflosen;
dass ich dann, wenn ich im Mittelpunkt stehe,
mich um die kümmere, die ins Abseits geraten sind;
dass ich dann, wenn ich „Farbe bekennen muss“,
auch zu meinem Wort stehe;
dass ich dann, wenn ich einen Fehler gemacht habe,
bereit bin, zu dem zu stehen, was ich gemacht habe;
dass ich dann, wenn ich etwas wiedergutzumachen habe,
mich ohne Einschränkung dazu bekenne;
dass ich dann, wenn ich Verzeihung erwarte,
auch selber bereit bin, uneingeschränkt zu verzeihen!
Peter Boekholt, Durchbrüche wagen, München 1986.
Ich schaue auf Dich
Ich sehe Dich auf einer Ikone.
Dein Blick trifft mich
wie eines Menschen Blick,
der in mir das Geheimnis sucht
und es nach langer Zeit findet.
Du siehst mich an als Gott, als Mensch,
der nicht nur um den Teil,
der um das Ganze weiß.
Du schaust mich an
und verstehst mich.
Du schaust mich an als einer,
der niemals schuldig wurde.
Du schaust mich an
wie einer, der hunderttausendmal
sterben mußte und doch wieder
lebendig wurde.
Du durchdringst mein Wesen.
Dein Blick nimmt mir den Haß
gegen alles Böse in der Welt.
Dein Blick nimmt mir die Eifersucht,
den Neid, den Geiz und gibt mir
die innere Klarheit.
Dein Blick verzeiht,
ohne die Schuld ungeschehen zu machen.
Dein Blick vergibt,
ohne mir das Leiden
an mir selbst zu ersparen.
Aus: Martin Gutl, Ich falle in Deine Hände. Meditationstexte. Styria Verlag, Graz Wien Köln 1980.
Der verhöhnte König
Vielleicht möchten Sie sich in diesen Minuten geistigerweise am liebsten in stille, hohe Kathedralen führen lassen, in denen uns ein frommer Schauer anweht. - Es tut mir leid, aber ich muß Sie heute in einen Kasernenhof einladen. Kasernenhöfe vermitteln keinen frommen Schauer, vor allem nicht der Kasernenhof der Burg Antonia in Jerusalem, in dem ein ekelhafter Spektakel herrscht. Den Söldnern der syrischen Legion wird ein seltenes Vergnügen geboten: Endlich hat man einen Messiaskönig dieser jüdischen Nationalisten, mit denen man sich seit Jahr und Tag in einem gnadenlosen Kleinkrieg herumschlägt. Endlich haben sie, die syrischen Söldner, einen führenden Mann ihrer Erbfeinde, an dem sie ihr Mütchen kühlen können. Man spielt Triumphator mit der bleichen Gestalt. Siegeskranz, Purpurmantel, Feldherrnstab - alles ist da. Der Spaß kann losgehen. Das entschädigt für viele, harte Einsätze, die einem dieses verdammte, fanatische Volk eingebrockt hat.
Der blasse, blutende Mann inmitten der höhnenden, tobenden Meute schweigt. - Warum sagt Er nicht, daß ihn die Fanatiker des eigenen Volkes hassen, weil Er eben nicht ein Messias nach ihrem Herzen sein wollte? Warum sagt Er nicht, daß Er damals in die Berge ging, als sie Ihn mit Gewalt zum König machen wollten? Warum redet Er nicht davon, daß Er immer schon gegen Gewalt und Schwert und Dreinschlagen war? - Es sind so viele samaritanische Soldaten da - wissen sie denn nicht, daß Er nie in die Haßreden der Juden gegen die Samaritaner eingestimmt hat? Hat Er nicht seine Apostel hart angefahren, als sie in ihrem Zorn Feuer und Schwefel auf die Dörfer der Samariter herabrufen wollten? Und ist nicht eines Seiner schönsten Gleichnisse das vom barmherzigen Samariter? Warum sagt Er nichts davon? - Er schweigt und büßt für allen Nationalhaß dieser Welt, der das Leben der Völker vergiftet.
Und wir? Wir stehen da und fingern verlegen in den dunklen Seiten unserer Kirchengeschichte, in denen geschrieben steht, was Christen mit Christen und mit Juden und mit Heiden getan haben. - Wir stehen da, vor dem dornengekrönten Christus - mit unseren leichtfertigen Pauschalurteilen über andere Völker, mit unserem Unverständnis für fremde Art, mit aller überheblichen Klassifizierung, mit allen subjektiven Abneigungen hin bis zu ausgesprochenen Gehässigkeiten. Wir stehen da - und es kommt uns in den Sinn, daß wir Christen den Weg in den Kasernenhof der Antonia viel öfter und viel früher antreten hätten müssen. Aber ganz umsonst war es jetzt auch nicht! Es wird uns das nächstemal bestimmt einen Stich geben, wenn wir wieder einmal sagen: Typisch amerikanisch - lauter Gangster! Hör mir auf mit den Italienern - alles eine Bande! Ach, diese orientalischen Kameltreiber, einer wie der andere! - Natürlich, wir meinen das alles nicht so ernst. Aber aus vielen kleinen Tropfen Haß und Ablehnung wurde einmal schon eine schmutzigbraune Flut, die sechs Millionen Menschen in den Tod spülte. Darum müssen wir das alles ernster nehmen. Darum müssen wir uns persönlich zusammennehmen und darauf achten, daß nicht unbeherrschte Gefühle und gehässige Gedankenlosigkeiten weiterhin die leeren Seiten der Weltgeschichte besudeln. Und darum dürfen wir vom dornengekrönten Christus nicht nur mit ein paar frommen Gefühlen weggehen.
Aus: Reinhold Stecher, Liebe ohne Widerruf. Betrachtungen. Tyrolia Verlag, Innsbruck Wien München 1981.
Leidenswerkzeuge
Ich sehe auf dem Bild in der Kirche:
Geißel und Dornenkrone,
Leiter, Hammer, Nägel, Zange,
Würfel, Essigschwamm und Lanze,
das schwere Kreuz und die Inschrift daran.
Und ich denke weiter:
Feuer und Schwert,
Scheiterhaufen und Galgen,
elektrischer Stuhl und Schafott,
Daumenschrauben und Gehirnwäsche,
Pistolen und Gewehre,
Kanonen und Bomben und Raketen,
Napalm, Atom- und Wasserstoff.
Aber auch:
Krebs und Sklerose,
Smog und Lärm, Abgase, Alkohol, Drogen,
Slums, Wohnviertel, Tretmühlen aller Art,
Stress, der Leistungsdruck, das Alter,
die öffentliche Meinung.
Und endlich denke ich:
Dass uns das Leben täglich zum Tode verurteilt
und dass die Sonne sich nicht verfinstert
und die Erde nicht bebt, wenn wir sterben
und dass nichts vollbracht ist am Ende
und dass kein Hahn nach uns kräht
Es sei denn ...
Aus: Lothar Zenetti, Leben liegt in der Luft. Worte der Hoffnung. Matthias Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2007.
Das Kreuz, dem wir nicht aus dem Weg gehen dürfen
Das Leid in seinen vielfältigen Formen gehört zu den bedrängendsten Wirklichkeiten des Lebens. Jesus ist den Leidenden, den Kranken, den Ausgestoßenen, den vom Tod Betroffenen nicht aus dem Weg gegangen. Im Gegenteil: Er hat Zeichen und Wunder gewirkt, um Leid zu beseitigen. Er ist gekommen, um zu befreien, zu heilen und zu versöhnen.
In der Nachfolge Jesu sollen auch wir das Leid, soweit es möglich ist, beseitigen oder es wenigstens vermindern. Der heutige Mensch setzt viel Kraft, Geist und Geld ein, um ein möglichst leidfreies Leben zu erreichen.
Trotzdem gibt es aber auch Leid - ein Kreuz, dem wir nicht aus dem Weg gehen dürfen. Eine Szene aus dem Leben Jesu beleuchtet dies drastisch. Jesus will seinen Jüngern erklären, daß er vieles erleiden muß und getötet werden wird. Da nimmt ihn Petrus beiseite und macht ihm Vorwürfe: "Er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit Dir geschehen! Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen", Mt 16,22-23. Jesus weist das Ansinnen des Petrus entschieden zurück. Er sieht in dem gutgemeinten Verlangen des Petrus eine Verführung, die ihn vom Willen des Vaters abbringen will. Es gibt ein Leid, dem wir nicht aus dem Weg gehen dürfen, wenn wir uns selbst, unserem Auftrag und damit auch dem Willen Gottes treu bleiben wollen.
Welches Leid ist damit gemeint?
Auf diese Frage finden wir in den Seligpreisungen der Bergpredigt eine Antwort: "Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden ... Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt", Mt 5,10f.
Wir sollen bereit sein, jenes Leid auf uns zu nehmen, das sich aus dem Einsatz für die Gerechtigkeit und aus einer konsequenten Nachfolge Jesu ergibt. Wie Jesus selbst bereit war, das Leid, das sich aus seiner Sendung ergab, auf sich zu nehmen, so sollen dies auch jene tun, die ihm folgen. Denn sie haben mit den gleichen Hindernissen und Feindschaften zu rechnen wie er selbst. "Ein Jünger steht nicht über seinem Meister und ein Sklave nicht über seinem Herrn. Der Jünger muß sich damit begnügen, daß es ihm geht wie seinem Meister, und der Sklave, daß es ihm geht wie seinem Herrn. Wenn man schon den Herrn des Hauses Beelzebul nennt, dann erst recht seine Hausgenossen", Mt 10,24f.
Wo es um die Gerechtigkeit und um die Nachfolge Jesu geht, ist selbst der Bruch mit der eigenen Familie in Kauf zu nehmen. "Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn und Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig", Mt 10,37f.
Das sind sehr harte Worte. Aber durch diese Entschiedenheit, die letztlich eine Entschiedenheit für Gott und den Menschen, besonders für den Armen und Bedrängten ist, hat sich das Christentum im römischen Reich durchgesetzt und wird es auch heute wieder, gerade in den Ländern der sogenannten Dritten Welt, glaubwürdig.
Es gibt also Situationen, wo wir dem Kreuz nicht aus dem Weg gehen dürfen. Aber dieses Kreuz ist nicht immer so augenfällig wie in den angeführten Texten und Beispielen. Es ist oft verborgen, unscheinbar und alltäglich und trotzdem nicht weniger wichtig. Es ergibt sich ganz von selbst aus der Treue zu mir selbst, zu meinem Auftrag, zu den Mitmenschen und zu Gott. Wir sollen vor diesem Kreuz keine Angst haben und nicht meinen, dadurch unser Leben zu verlieren. "Wer sein Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen", Mt 10,39. Wir dürfen hoffen, daß kein Einsatz im Sinne Jesu, auch wenn er Leid bringt, vergeblich ist, sondern dem Leben dient, wie auch das Kreuz Jesu zum Baum des Lebens wurde.
Aus: Alois Kraxner, In Christus neu werden. Orientierungshilfe für das Christsein in einer Kirche der Auseinandersetzungen. Dom-Verlag, Wien 1990.
Wenn ich schwach bin, bin ich stark
Ist das stark, was wir in der Leidensgeschichte des Evangeliums hören? Ein Gottessohn, der qualvoll am Kreuz stirbt - das ist doch schwach. »Gott, mein Gott ...« Das ist doch weit unter deinem Niveau! Oder? Was ist stark - und was ist schwach?
Jesus ist nicht der stahlgehärtete Siegertyp, der unberührt an den Leidensgeschichten der Menschen vorbeigeht oder über sie weg. Er geht die dunklen Wege der Ohnmacht und Niederlagen mit bis zum toten Punkt. Er verzichtet im Ölgarten auf das Schwert. Er geht freiwillig in ein Gerichtsverfahren, das ihm keine Chance lässt. Er lässt sich lieber niederschlagen und aufs Kreuz legen, als dass er andere niederschlägt.
Die Leute sagen: Wenn du der Sohn Gottes bist, dann gib uns doch ein Zeichen deiner Stärke; wenn du der Sohn Gottes bist, dann steig herab vom Kreuz; wenn du der Sohn Gottes bist, dann verwandle die Steine in Brot, dann stürz dich vom Felsen, denn es passiert dir doch nichts. Welch ein Irrtum! Diesem Sohn Gottes passiert fast alles, was einem Menschen zustoßen kann.
Ist das Schwäche? Von außen betrachtet mag das so scheinen, in Wahrheit liegt da Gottes Stärke und verwandelnde Kraft. Sie bewegt etwas, sie verändert die Verhältnisse von Grund auf. Die Stärke, die sich die Starken gegenseitig zusprechen, einander weitergeben oder entreißen, erhält den Status quo: hier Mächtige, dort Ohnmächtige. Jesus dagegen lässt uns Gott gerade in der Ohnmacht entdecken, am toten Punkt: »Wenn ich schwach bin, bin ich stark!« Seine verwandelnde Macht umfängt nicht nur die Starken, sondern auch und gerade die Schwachen. Gott ist nicht allmächtig, weil er vordergründig alles kann, was er will, sondern weil er auch noch die Macht der Vergeltung durch die Macht der Liebe verwandeln kann. Solche verwandelnde Liebe ist die größere Macht, weil sie neue Energien freisetzt, neue Wege aufstößt, eine neue Schöpfung entstehen lässt. Martin Luther King hat das schon richtig verstanden: »Macht mit mir, was ihr wollt, ich werde euch dennoch lieben.« Ist das schwach? Das ist stark!
Aus: Franz Kamphaus, Hinter Jesus her. Anstöße zur Nachfolge. Herder Verlag, Freiburg 2010.
Der Erniedrigte und der Erhöhte
Wenn Erniedrigung und Erhöhung ins Auge gefaßt werden, fragen wir nicht nach den Naturen des Göttlichen und Menschlichen, sondern nach der Existenzweise als Mensch. Wir kennen keine Gottheit oder Menschheit je in ihrem Wesen. Es geht um die Existenzweise des Mensch-Gewordenen. Dabei bedeutet Erniedrigung nicht, daß der Menschgewordene darin mehr Mensch und weniger Gott sei, daß es sich also um ein Einschränkungsstadium Gottes handele -und Erhöhung bedeutet nicht, daß er darin mehr Gott und weniger Mensch sei. In Erniedrigung und Erhöhung bleibt Jesus ganz Mensch und ganz Gott. Die Aussage: dieser ist Gott, muß von dem Erniedrigten in derselben Weise gemacht werden wie von dem Erhöhten.
Von dem Erniedrigten sagen wir: dieser ist Gott. Nichts von göttlichen Eigenschaften macht er im Tode sichtbar. Im Gegenteil, zu sehen ist ein an Gott verzweifelnder, sterbender Mensch. Aber von diesem sagen wir: dieser ist Gott. Wer das nicht kann, weiß nicht, was es heißt, daß Gott Mensch wurde. In der Menschwerdung offenbart sich Gott ohne Verhüllung.
In der Existenzweise der Erniedrigung ist nicht der Logos, die Gottheit oder die Menschheit Christi, sondern die ganze Person des Gott-Menschen. Er verhüllt sich in die Verborgenheit dieses Ärgernisses. Das Prinzip der Erniedrigung ist nicht die Menschheit Christi, sondern das homoíoma sarkós (Rö 8, 3). Mit der Erhöhung ist es abgetan, aber die Menschheit Christi bleibt ewig.
Aus: Dietrich Bonhoeffer, Wer ist und wer war Jesus Christus?. Seine Geschichte und sein Geheimnis. Ein Stundenbuch. Furche Verlag Hamburg 1962.
Zum Schweren halten
Die Leute haben (mit Hilfe von Konventionen) alles nach dem Leichten hin gelöst und nach des Leichten leichtester Seite; es ist aber klar, daß wir uns an das Schwere halten müssen; alles Lebendige hält sich daran, alles in der Natur wächst und wehrt sich nach seiner Art und ist ein Eigenes aus sich heraus, versucht es um jeden Preis zu sein und gegen allen Widerstand. Wir wissen wenig, aber daß wir uns zu Schwerem halten müssen, ist eine Sicherheit, die uns nicht verlassen wird; es ist gut, einsam zu sein, denn Einsamkeit ist schwer; daß etwas schwer ist, muß uns ein Grund mehr sein, es zu tun.
Aus: Rainer Maria Rilke, Worte die verwandeln. Herausgegeben von Adelheid Nießen. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1989/2001.
Chaosforschung
Ja, wenn es so einfach wäre:
schwarz oder weiß, rechts oder links,
gut oder böse, richtig oder falsch .. .
wenn es für alles jeweils nur eine Ursache gäbe,
nur ein Motiv. Und nicht ein verworrenes Bündel.
Aber das Leben lehrt mich, und die Chaosforschung
bestätigt, daß die Zusammenhänge
weit komplizierter sind, daß da immer
mehr Unbekannte in der Gleichung stehen,
als wir vermuten.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings
kann einen Tornado auslösen.
Nicht einmal für drei Tage läßt sich
die Wettervorhersage exakt berechnen.
Auch nicht das Kaufverhalten, die Wählerstimmung
oder die Umzugskosten des Bundestags nach Berlin.
Der Zusammenbruch der Regime im Osten
war eine Überraschung. Wie das Gesicht der Kirche
aussehen wird in zwanzig Jahren, vermag keiner
zu sagen. Und auch mein kleines Einzelleben
ist unberechenbar. Trotz Vorsorgeuntersuchung
und Trendanalysen, trotz Kalkulation
und Recherchen des Bundesnachrichtendienstes.
Die These von der strengen Kausalität
läßt sich seit Einstein nicht mehr halten.
An die Behauptung des blinden Zufalls
mag ich auch nicht glauben, weder in der Evolution
noch in den Kurven und Brüchen meiner Biographie.
Die Bibel weiß schon in ihren ersten Zeilen
um das TOHUWABOHU.
Sie vertraut auf den Geist Gottes,
der über den Wassern der Irrsal und Wirrsal schwebt.
Aus: Hermann Josef Coenen, Und dennoch bleibe ich. Patmos Verlag Düsseldorf 1993.
Scherben
Ideale verdunsten, ein Glück wird zerstört,
und der Zahn der Zeit kommt dazu.
Bei Hiob, bei Jesus, bei dir und bei mir.
Das Leben ist eben so.
Scherben aus Leichtsinn, Scherben aus Schuld,
Scherben des Schicksals wohl auch.
Was mach ich aus meinen Scherben jetzt?
Das kann doch nicht alles sein!
Die kostbare Vase, Erinnerungsstück,
jetzt ist sie zerbrochen, entzwei.
War es Zufall? War es Absicht? War es Leichtfertigkeit?
Doch Scherben, sagt man, bringen Glück.
Der Polterabend war laut und wild.
Die Hochzeit war traumhaft schön.
Jetzt sind nur die Fotos im Album noch da.
Und Selbstvorwürfe und Angst.
Das Auto war neu und sehr teuer zudem.
So ein Auffahrunfall geht schnell.
Die erste Schramme tut doppelt weh.
Bis zum Schrottplatz scheint es noch weit.
Bis zum Altenheim kommt manche Narbe hinzu,
und vieles zerbricht und zerrinnt.
Was rundum gelungen ist, scheint nicht sehr viel.
Das meiste bleibt ein Fragment.
Die Restauratoren verstehn ihre Kunst:
Aus Tonscherben wird ein Gefäß.
Und Kinder freun sich an der wechselnden
Farbe und Form im Kaleidoskop.
In Ravenna und Rom und in Cefalü
strahlt ein Goldmosaik an der Wand.
Und die leuchtenden Fenster von Marc Chagall
sind bunte Stücke aus Glas.
Aus: Hermann Josef Coenen, Und dennoch bleibe ich. Patmos Verlag Düsseldorf 1993.
Verunsicherung
Vor dem Kaufhaus K., nachmittag und sonnig. Aus unserem Angebot: Fahrräder, Modeneuheiten aus Wolle, Stoff und Leder, Lebensmittel, Gartenschläuche, Schulhefte, Bewährungsstahl, Tiefkühlgemüse, Farben und Lacke, Ostereier, Baustahlgitter, Toiletteartikel, Milch und Käseprodukte, Eisen- und Wurstwaren, Zigarren und Zigaretten, Zeitungen...
Auftritt einer alten Bäuerin und eines jüngeren Schriftstellers. Die Bäuerin trägt ein schwarzes Kopftuch, der Schriftsteller schulterlanges Haar und Vollbart.
Bäuerin: Ich kenne Sie. Sie lachen immer so freundlich. Einmal habe ich Sie gesehen mit Ihrer Frau. Wie alt sind Sie?
Aus den Kulissen tritt ein mittelalterlicher Bauer. Damit es zu keinen Verwechslungen kommt, trägt er einen blauen Overall.
Der Schriftsteller rechnet nach: dreiunddreißig.
Bäuerin: Wie unser Herrgott, als er auf der Erde war. (Zum Bauern) Wie unser Herrgott.
Bauer: Vielleicht ist er gar kein Mann.
Schriftsteller: Wer weiß...
Bäuerin: Vor Ihnen muß man sich nicht fürchten - untertags? In der Nacht weiß ich nicht.
Pause.
Bäuerin: Jetzt wissen wir auch nicht mehr. So soll es sein.
Aus: Manfred Chobot, Dorfgeschichten. Mit Fotos von Manfred Horvath, herausgegeben von Richard Pils. Verlag publication PN°1, Bibliothek der Provinz, A-3970 Weitra 1992.
Nicht herabgestiegen
Die Kreuzigung Jesu ist umgeben von einer ganzen Reihe von Gemeinheiten. Angefangen damit, dass sie ihn das Kreuz schleppen lassen, über die Dornenkrone bis hin zum Essigschwamm. Sadistische Schikanen, wie sie sich überall breitmachen, wo der Mensch sich selbst entmenschlicht. Der Gipfel der Gemeinheit aber sind für mich nicht Dornen oder Schwamm, sondern ein Satz, der voll Hohn und Spott unter dem Kreuz gesprochen wird.
"Ist er der der Christus, so steige er doch herab vom Kreuz." Die Evangelien überliefern ihn in diversen Varianten. Der Satz ist deshalb so perfide, weil er ins Schwarze trifft. Jetzt ist die Stunde der Wahrheit. Jetzt entscheidet sich Sieg oder Niederlage. Jetzt kann Gott es allen zeigen. Oder sang- und klanglos untergehen. Bitte - es liegt doch bei ihm.
Und ich geselle mich zu den Gaffern und Spöttern und Entsetzten unter dem Kreuz und höre den Satz. Und denke: Stopfe diesen Lästerern doch das Maul. Zeig's ihnen. Einmal. Damit die Welt es begreift. Und ich stelle mir vor, der Traum wird wahr. Er reißt die Nägel aus dem Holz. Zwei, drei Freunde fangen ihn auf. Und er schreitet erhobenen Hauptes auf die Menge zu. So. Ihr habt euren Spaß gehabt. Jetzt kommt das, was schon lange fällig ist. Ich sehe in entsetzte Gesichter. Ich sehe mit heimlicher Schadenfreude, wie der Spötter mit starrer bleicher Maske einen Herzanfall erleidet. Ich sehe römische Schergen auf der Flucht. Und auch, wie Maria Jesus erleichtert in die Arme nimmt. Alles ist gut. Bei seinen Jüngern weicht der erste Schreck der Begeisterung. Die Menge feiert den Sieger. Am Abend wird es heissen: Die Römer haben die Besetzung der Stadt abgebrochen. Die Pharisäer wechseln schon die Fronten und bieten ihm den Posten des Hohepriesters an. Vielleicht hat Israel auch endlich wieder einen richtigen König. Gottes Sohn selbst. Er ist es! Wer sonst hätte die Macht, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen? Wer sonst könnte die Feinde so nachhaltig beeindrucken? Endlich kein Zweifel mehr. Der Tag des Messias. Der Tag, an dem Gott Recht behält.
Aber dann? Natürlich, irgend jemand hätte auch diese Geschichte aufgeschrieben. Vielleicht wäre sie sogar noch erhalten. Als eine Art orientalischem Heldenepos. "Als der wundersame Jesus sich als Sohn Gottes erwies, dem Tod entkam und die Römer fortjagte" oder so. Und es würde mir gehen wie mit allen Helden: Sie sind toll, aber sie nehmen mich nicht mit. Sie können mich nicht gebrauchen, mich als Nicht-Held. Und ich denke an die unheilbar Kranke. Was soll sie noch mit einem Gott, der mal eben so aus dem Leiden aussteigen kann? Sie wird das nie können. Ich denke an den Gefangenen in seiner Zelle, der da für seinen Kampf um Gerechtigkeit sitzt. Was stärkt ihn ein Gott, der längst geflohen ist, wenn es ernst wird, anstatt neben ihm zu sitzen und den Schergen ins Auge zu blicken? Und was soll uns einer, der dem Tod von der Schippe springt, wo doch keiner von uns das kann, jedenfalls nicht auf Dauer. Und in den Kirchen, so es sie dann überhaupt gäbe, hingen strahlende Siegerbilder, Jesus-ist-super-Lieder werden gedröhnt, und wir wissen: Nie, nie können wir so sein wie der.
Immer gehen wir den Rest allein, während er den nächsten Sieg feiert.
Und auf dem Friedhof fehlen die Kreuze.
Die Toten sind Gott-weiß-wo dahin.
Allein. Verschwunden. Untergegangen.
Sie haben's nicht geschafft.
Er ist nicht herabgestiegen.
Er hat die Spötter ohne Antwort gelassen. Er ist nicht herabgestiegen - und ich glaube: Er hätte es nicht einmal gekonnt. Er hätte es wohl sogar gern getan. Wie jeder Mensch in seiner Lage. Aber es ging nicht.
Denn: Gott war ja ganz in unserer Lage.
Und ist nicht abgesprungen von uns.
Er ist nicht herabgestiegen.
Gott sei Dank.
Thomas Brandes 2/2008
Thomas Brandes (thomas.brandes@dehne-brandes.de)
www.gottesdienstinstitut-nek.de
Martin Stewen (2003)
Lopez Weißmann (2000)