"Gast im Haus - Gott im Haus!"
"Gast im Haus - Gott im Haus!" So ein polnisches Sprichwort. Ich habe es zum ersten Mal gehört als ich mit Jugendlichen aus der Gemeinde den Weltjugendtag 2005 vorbereitete. Wir erwarteten Gäste aus Honduras. Für diese wollten wir ein Programm aufstellen, das spannend war. Die Jugendlichen sollten die Gegend und die Kultur kennen lernen. Besuche und Besichtigungen wurden geplant, Gottesdienste vorbereitet. Reich beschenkt sollten sich die Jugendlichen wieder auf den Weg nach Honduras machen. Leider kamen sie nicht. So waren wir alle ein wenig traurig.
Wir wollten diese jungen Menschen beschenken. "Gast im Haus - Gott im Haus." Was unternehmen wir nicht alles, damit sich Gäste, die angemeldet sind, bei uns wohl fühlen. Es ist auch ein schönes Gefühl, wenn sich Menschen bei uns wohl fühlen. Ich kann auch dieses Wort erweitern: "Gast im Land - Gott im Land." Wie wir zu Ausländern stehen, sei es dass sie als Gastarbeiter hier leben oder als Asylsuchende, wie wir ihnen - natürlich nach Kräften und Möglichkeiten - ihnen eine menschenwürdiges Leben ermöglichen und ihnen helfen, sie ernst nehmen in ihren Anliegen, das zeigt wie ernst wir es mit unserem Leben als Christ meinen.
Ein Gast, ganz gleich welcher Natur, ist auf uns angewiesen. Er braucht unsere Hilfe. Nicht umsonst ist darum auch in der Bibel schon von Beginn an und auch in vielen Ordensregeln die Gastfreundschaft so wichtig.
Als Gastgeber beschenkt
"Gast im Haus - Gott im Haus" - so können wir es durchaus überschreiben in der Lesung aus dem Buch Genesis. Doch es ist das schöne an dieser Geschichte, dass nicht nur Abraham und seine Frau so aktiv sind. Abraham und Sara, alt und betagt, aber dennoch mit einer Verheißung, dass ihre Nachkommen so zahlreich sein werden wie die Sterne am Himmel - wird verkündet: in einem Jahr wird Sara einen Sohn haben. Abraham und Sara schenken also nicht nur, sondern sie werden selbst beschenkt. Endlich bekommen sie den ersehnten Nachkommen. Welch ein großes Geschenk. Wer gastfreundlich ist, der wird selbst beschenkt.
Darum waren wir auch alle so traurig, dass die angekündigten Gäste aus Honduras nicht kamen. Denn wir hatten uns erhofft, auch von ihnen beschenkt zu werden, mit dem was sie uns über ihr Land, ihre Kultur erzählen. Dieses Beschenkt werden ist das wichtigste.
Jesus beschenkt
Darum geht es auch im Evangelium. Jesus ist der Schenkende. Jesus ist der Handelnde, natürlich durch uns. Wir sind nur seine Werkzeuge. Wir können Jesus nichts zurückgeben. Vielmehr können wir uns von Jesus beschenken lassen. Das ist es doch, was Maria lebt. Sie hört seinen Worten zu. sie weiß, was im Augenblick wichtig ist. Wenn Jesus da ist, wenn die Zeit da ist, auf Gott zu hören, dann sollten wir das tun.
Sicher: es ist gut, dass wir auch einen Menschen wie Marta kennen lernen dürfen. Denn keineswegs werden die Aktivitäten, die wir tun im Glauben abgewertet. Wir brauchen sie - die Menschen, die planen und organisieren. Ich als Pfarrer weiß es oft gar nicht genug zu schätzen, wenn ich von meiner Haushälterin jeden Mittag ein Essen vorgesetzt bekomme, wenn ich die Wäsche gewaschen bekomme, wenn mir die Wohnung sauber gehalten wird... Das macht mich in vielem frei für meine Dienste.
Doch es ist gut, dieses Evangelium zu hören. Denn wir Menschen sind oft in der Gefahr, Betriebsnudeln zu werden, die glauben, alles hängt von ihnen ab, andere können das gar nicht. In der Kirche können wir alle zu Gottes Betriebsnudeln verkommen. Ich mache hier immer wieder die Erfahrung, dass es viele in der Gemeinde gibt, die sich überall engagieren, andere machen gar nichts. Ich mache aber auch eine andere Erfahrung: dass es Menschen gibt, die sehr aktiv sind, aber zugleich auch viel für das Gebet tun, sich Möglichkeiten suchen, sich auch geistlich zu betätigen.
Das Bessere wählen
"Tun Sie viel für das geistliche Leben..." so auch der gute Rat eines Paters, bei dem ich vor langer Zeit Exerzitien machte. Wer immer wieder das Gespräch mit Gott sucht, lebt aus einer ganz tiefen Quelle. Vor allem ist es immer wieder gut, innezuhalten. Denn wir müssen uns immer wieder vor Augen halten. Es sind nicht wir, die wirken, es sind nicht wir, die Gottes Reich aufbauen, sondern es ist Jesus Christus und wir sind die Werkzeuge. Wir meinen immer wieder nur, dass alles an uns hängt. Wir schieben gerne alles, was gut ist unserem Verdienst zu, was aber daneben geht, war immer die Schuld der anderen.
Darum hat sich Maria den guten Teil erwählt, oder das Bessere. Dieses Wort wird verschieden übersetzt. Den guten Teil erwählt, das kann bedeuten: nur in der Verbindung mit Jesus wird unser Tun gut sein. Wer sich für die Übersetzung entscheidet: Maria hat das Bessere erwählt, drückt aus: jedes Tun kann gut sein, aber, wer auf Jesus hört, wer die Verbindung mit ihm sucht, dessen Tun wird besser sein, weil es aus Gott ist und nicht nur von unseren eigenen Gedanken bestimmt ist.
Gott will Gast sein in unserem Haus
Nein - ich bin nicht vom Thema abgewichen. "Gast im Haus - Gott im Haus!" Gott will immer Gast sein in unserem Haus, unserem Lebenshaus. Nicht wir müssen aktiv sein und Gott beschenken, sondern Gott beschenkt uns. Seelsorge und Pastoral sollten nur das eine Ziel haben: die Menschen zu Gott zu führen, den Menschen deutlich zu machen - wir brauchen nichts für ihn tun, er hat längst im Voraus alles getan. Das polnische Sprichwort sagt mir: mehr als das ich den anderen mit meiner Gastfreundschaft beschenke, desto mehr werde ich beschenkt.
Gebet, Gottesdienst, Lesen der Bibel, Glaubensgespräche - erwählen wir das Gute oder das Bessere, wie man es nimmt. Lassen wir uns von ihm beschenken, dann ist unser Tun ein anderes, ein anderes, ein Gutes oder Besseres.
Hans Hütter (1998)