Angefangen in Jerusalem
Fangen wir ruhig hinten an: In Jesu Namen wurde das neue Leben verkündigt! Weltweit. Menschen wurden zur Umkehr aufgerufen! Menschen wurden Sünden vergeben! Das ist bis zu uns vorgedrungen. Was das für ein weiter Weg war! Von Jerusalem bis nach ... !
Jetzt sind wir eine große Gemeinschaft. Christen machen einen Großteil der Weltbevölkerung aus. Es ist schön, dazu zu gehören. Egal wo wir sind, Urlaub machen, auf Dienstreise gehen: Gottesdienste können wir an vielen Orten mitfeiern. Und nicht nur Gottesdienste!
Heute sind wir wieder in unserer Kirche zusammengekommen. Es ist Sonntag - Tag des Herrn! Der erste Tag der Woche. Tag der Auferstehung! Wir hören das Evangelium. Wir feiern Jesu Mahl. Das Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung. Ganz so, wie er gesagt hat.
"So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden.
Ihr seid Zeugen dafür."
Es ist tatsächlich so: mitten auf unseren vertrauten und auch ausgetretenen Wegen soll uns das Leben neu aufgehen, wenn wir seinem Ruf zur Umkehr folgen. Wenn uns Sünden vergeben werden - dann ist das so, als ob sich uns eine ganz neue Zukunft auftut. Und wenn wir Sünden vergeben - dann ist das so, als ob wir einem anderen Menschen Zukunft schenken. Alles, was uns gefangen nimmt, wird aufgemacht. Unsere Füße bekommen sogar einen beschwingten Gang, die Herzen werden leicht und frei.
Wir können viele Geschichten erzählen, wie wir den Glauben entdeckt, ihn vielleicht verloren und auch wiedergefunden haben. In dicken Büchern ist die Geschichte der Kirche aufbewahrt. Das ist dann etwas für Liebhaber und Spezialisten. Manchmal aufregend, manchmal einfach nur trocken. Aber ich denke dann an unsere Gemeinde: Sie hat auch eine eigene Geschichte - mit Menschen, die dem Ruf Jesu gefolgt sind! Wenn ich Jesus beim Wort nehme, sind heute ganz viele Zeugen anwesend. Zeugen für ein neues Leben!
Friede sei mit euch
Wir können zwar hinten anfangen, müssen aber dann doch noch einmal zurück. Zurück in die Geschichte, die wir gehört haben - Evangelium unseres Herrn Jesus Christus. Er kommt zu seinen Jüngern. Die aber erschrecken und haben große Angst. Lukas hebt das wortwörtlich hervor! Dabei erwarten wir stillschweigend, dass die Jünger groß sind im Glauben, Meister sozusagen - und Vorbilder sowieso. Lukas tut nichts, um das Bild zu schönen. Wie sehen Schrecken und Angst aus? Wir müssen nicht lange suchen und auch nicht weit gehen: ich kann doch auch ein Lied davon singen. Oder?
Anders als die Erlebnisse, die mich schon einmal in Schrecken und Angst versetzt haben, geht es in dieser Geschichte um die - Auferstehung Jesu. Von ihr wird viel erzählt. Von den Frauen, die am Grab waren, von den beiden Jüngern, die auf dem Weg nach Emmaus waren - ein großes Hörensagen. Jesus, der am Kreuz gestorben war - vor allen Augen - soll nicht nur auferstanden, sondern Menschen begegnet sein. Geschichten, die so wunderlich sind, dass man ihnen kaum Glauben schenken kann. Nicht einmal die Jünger können das! Dabei haben sie doch Jesus gehört, live erlebt - nur: was ihnen jetzt zugemutet wird, versetzt sie in Schrecken und Angst. Als Jesus - endlich - auch zu ihnen kommt, erscheint er ihnen wie ein Gespenst. Treffender könnte Lukas nicht erzählen, wie Jesus bei seinen Jünger ankommt.
Und wie kommt Jesus zu seinen Jüngern? "Friede sei mit euch". Das ist sein Gruß! Hebräisch: Schalom. In diesem einen Wort finden Menschen das verlorene Leben wieder. Und die Jünger ihren Herrn. Gespenster bringen keinen Frieden - Gespenster machen Gänsehaut. Gespenster sind nicht Boten des Lebens - Gespenster sind Schatten des Todes. Der Ostermorgen hat seine eigene Geschichte, aber Lukas schreibt die Fortsetzung: Der Auferstandene bringt seinen Jüngern das Leben. Diese Szene mag ich besonders: Das Leben muss zu Menschen kommen. Nicht nur das Hörensagen. Heute traue ich meinen Augen kaum: Jesus lässt sich ein Stück gebratenen Fisch reichen - und verzehrt es vor den Augen seiner Jünger. Geradezu ein Beweis, dass nicht ein Gespenst bei ihnen erschienen ist, sondern der Herr. Ihr Herr. Hat er nicht seine Jünger beim Fischfang gefunden? Damals, am See? Nach erfolgloser Nacht? "Friede sei mit euch!" Dass der Friede duftet wie ein gebratener Fisch - wer hätte das gedacht?
Zeugen
Mich tröstet sehr, dass ich die Jünger in ihrer Hilflosigkeit sehen darf. Dann darf ich auch von meiner Hilflosigkeit reden - und von Schrecken und Angst. Vom Zweifel dann auch. Ich habe mit der Welt längst meinen Frieden gemacht - einen faulen. Es stinkt allenthalben. Lukas schenkt uns einen unverstellten Blick. Selbstverständlich, selbstredend ist die Botschaft von der Auferstehung eben nicht. Immer noch nicht. Aber Lukas hat, als er an das Ende seines Evangeliums kommt, eine sehr menschliche, eine seelsorgerliche Ostergeschichte erzählt. Die Geschichte einer Begegnung. Die Jünger sehen noch einmal die Wunden ... Die Jünger reichen ihrem Herrn einen Fisch ... Die Jünger knüpfen da an, wo sie schon einmal waren ... Den Jüngern werden die Augen geöffnet. Wieder einmal mehr legt Jesus die Schrift aus. Nichts Neues! Jeder kann das wissen, jeder kann sich darauf verlassen:
Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden.
Ihr seid Zeugen dafür.
Warum Jesus zu seinen Jüngern kommt? Weil er Zeugen braucht. Zeugen für das Leben! Zeugen für den Tod gibt es genug. Augenzeugen. Die Augenzeugen für den Tod kommen aus seiner Macht nicht mehr heraus. Sie sehen überall Tod, überall Sterben, überall Resignation. Die Augenzeugen für das Leben aber erzählen, was sie gesehen haben. Sie erzählen von einer Begegnung. Sie erzählen von der Begegnung mit dem auferstandenen Jesus. Er ist der lebende Beweis, dass dem Tod das letzte Wort genommen ist.
Und jetzt muss noch einmal das Stück Fisch zum Inbegriff des Evangeliums werden! Das Leben muss geschmeckt werden! Die ersten Christen, übrigens, haben ihr Bekenntnis zu Jesus mit dem Bild eines Fisches sogar ausdrücken können: ICHTHYS (griechisch für Fisch) - Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser.
Sein Zeuge will ich sein!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.