Heilen und Verkünden
Wer im Lukasevangelium nach der Aufgabe der Jünger sucht, findet sie in der Aussendungsrede: "Heilt die Kranken, die dort sind und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe" (Lk 10,9). Diese Zusammenfassung der Jüngeraufgabe fiel Jesus leicht. Er brauchte nur zu schauen, was ihm selbst ein zentrales Anliegen war.
Der heutige Evangelienabschnitt folgt diesen beiden Aufträgen. "Heilt die Kranken" geschieht an der Schwiegermutter des Petrus und an den Kranken, die man zu Jesus bringt. "Verkündet das Evangelium" ist die Motivation für Jesus, seinen Aufenthaltsort zu wechseln.
Eigentlich sollte dieser Auftrag in der anderen Reihenfolge genannt werden. Zumindest bei Markus ist die Verkündigung wichtiger. Sie soll Geschmack auf Gott machen. Sie sollen die Menschen dazu bringen, Gott in ihrem Leben Raum zu geben.
Die Heilungen geschehen. Markus erwähnt sie. Aber es ist eine ganz kurze Notiz. Die Schwiegermutter wird an die Hand genommen. Die Kranken werden von vielen Krankheiten geheilt. Das ist in zwei Sätzen abgetan.
Für die Suche Jesu nach Menschen, denen er von Gott erzählen kann, nimmt Markus gleich 5 Sätze. Diese Suche wird sogar noch in der Spannung gesteigert. Die Jünger wollen Jesus zu einem anderen Verhalten bringen. Es geht nicht glatt, sondern nur mit Widerstand. Diese kleine Verzögerung erhöht die Aufmerksamkeit für das Ergebnis.
Manche interessieren nur die Zeichen
Wir werden es vor der Europawahl oder anderen Wahlen erleben: Die Parteien stehen mit ihren Ständen in den Fußgängerzonen und werben. Dazu haben sie einige Streuartikel da. Es werden Blumen verschenkt oder Kugelschreiber. Doch diese Dinge sind nur ein Vehikel. Die Wahlkämpfer möchten, dass ich stehen bleibe und mir ihre Inhalte anhöre. Und ich soll sie wählen. Bleibe ich stehen und setze mich auseinander, dann haben die Geschenke ihren Sinn erfüllt.
Im Lauf der Jahre habe ich aber auch schon manchen Kuli benutzt, ohne mich für die Meinung der Partei oder die Botschaft der werbenden Firma zu interessieren. Dann habe ich zwar einen Nutzen, aber im Sinne des Werbenden bin ich ein Verlust.
So ging es auch Jesus bei seinem Werben für den Vater. Wenn Jesus von Heil sprach, waren Heilungen ein Zeichen dafür. Wenn Jesus von Wegen in die Freiheit sprach, waren die Austreibungen der Dämonen ein guter Beleg. Wir haben vielleicht noch aus dem Adventslied "Kündet allen in der Not" (GL 106) die Bilder lebendig, an denen man das Reich Gottes erkennt:
Frisches Wasser in der Wüste
Eine Aussaat, die zur guten Ernte führt
Blinde sehen wieder
Stumme singen wieder
Taube hören wieder
Lahme gehen wieder
Und immer hieß es im Kehrvers: "Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil." Dieses Heil ist zunächst eine Verlebendigung des Ja Gottes an uns. Dann ist es eine Einladung, Leben neu zu ahnen. Die Ahnung führt dazu, den Grund des Lebens zu suchen.
Verkünden und Heilen in unseren Gemeinden
Verkünden und Heilen ist auch die Reihenfolge, die wir in der Gemeinde erleben. Ich bin mir sicher, dass manche Erfahrung im Gottesdienst für die Besucher heilend ist. Aber meistens steht im Mittelpunkt die Aktualisierung der Lesung oder/und des Evangeliums. Die Texte der Bibel sind erzählte Erfahrung mit Gott. Manchmal können wir erzählen, was diese Erfahrung mit uns gemacht hat. Dann erzählen wir vom Wirken Gottes in unserer Mitte. Dann zeigen wir, dass es noch immer ein "Wort des lebendigen Gottes" ist.
Warum nicht genau das? Gottes Wort soll für uns lebendig werden. Wer sich deshalb auf Gott ausrichtet, wird ihn erfahren. Und so kann man auch wieder Erfahrung von Heilung machen
Beispiel: Lourdes
Am Mittwoch ist der 11. Februar - Gedenktag unserer Lieben Frau von Lourdes und Welttag der Kranken. Wer schon in Lourdes war, kennt es: Es wird viel gebetet vom Einzelnen. In den Messen im Kreis der Reisegruppe wird gepredigt. Der Kreuzweg an der Garve oder auf dem Hügel ist Verkündigung von dem, was an Glaube in uns lebendig ist.
Manchmal sind es auch die anderen Pilger, die man in ihrer Innerlichkeit erlebt und etwas spürt. Verkündigung durch Worte, Körpersprache und Ausstrahlung. Und immer wieder geschieht es dann auch, dass Heilungen geschehen. Solche, die als Wunder anerkannt werden, sind seltener. Andere geschehen dort immer wieder - und für die Geheilten sind sie ein Zeichen der Liebe Gottes.