Lesung aus der Apostelgeschichte.
Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war,
kehrten sie von dem Berg, der Ölberg genannt wird
und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist,
nach Jerusalem zurück.
Als sie in die Stadt kamen,
gingen sie in das Obergemach hinauf,
wo sie nun ständig blieben:
Petrus und Johannes,
Jakobus und Andreas,
Philippus und Thomas,
Bartholomäus und Matthäus,
Jakobus, der Sohn des Alphäus,
und Simon, der Zelot,
sowie Judas, der Sohn des Jakobus.
Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet,
zusammen mit den Frauen
und Maria, der Mutter Jesu,
und seinen Brüdern.
Die Lesung aus der Apostelgeschichte wirft einen Blick auf die Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Wir sehen die Apostel, namentlich genannt, in „das“ Obergemach gehen – es ist ihr Ort, an dem sie nun ständig bleiben. Ein Ort als gemeinsame Mitte. Der erste Kirchraum. Was die Apostel, Maria, Frauen und Brüder, dort zusammenhält, wird von Lukas auch erzählt: das einmütige Gebet. Besonders auffällig ist, dass der Jüngerkreis hier erweitert ist.
Die Jünger, die mit Jesus gezogen sind, werden hier zu Trägern der ersten Gemeinde. Mit Nachdruck stellt Lukas in der Apostelgeschichte heraus, was seitdem prägend ist: die Beständigkeit und das Gebet. Der Weg Jesu geht weiter. Die Pfingstgeschichte setzt hier ein.
Die Perikope ist aufgrund der Zeitangabe für den Sonntag nach Christi Himmelfahrt gewählt (V. 12: "Als Jesus in den Himmel aufgenommen war.") und führt die Lesung des Hochfestes (1,1-11) weiter. Die Nennung der Namen der nach Jerusalem Zurückgekehrten (V. 13) zeigt, daß die Apostel im Vordergrund stehen - sie garantieren die Kontinuität zwischen Jesus und der Kirche.
Jerusalem ist auch theologisch wichtig: Hier hat Jesus seine Mission mit Tod und Auferstehung erfüllt; hier beginnt der Weg der Kirche.
Diese Verse geben eine indirekte Ortsangabe für die Himmelfahrt: den "Ölgarten". Die Versammlung im "Obergemach" läßt an andere Versammlungen an diesem Ort denken (zum Studium, zum Gebet; nach dem Tod Jesu ...)
V. 14 beschreibt einen "Idealzustand": einmütig verharren die 11 Apostel im Gebet - dazu aber auch noch andere Jünger und auch Frauen. Das Pfingstereignis von 2,1ff scheint direkt an diese Verse anzuschließen (nach dem Einschub über die Wahl des Matthias). Der Heilige Geist ist somit Antwort Gottes auf das einmütige Gebet der versammelten Jünger.
Der Abschnitt steht am Anfang der Apostelgeschichte. Er bildet den Übergang von der Erzählung der Himmelfahrt Jesu zum Pfingstereignis. Am Beginn seines zweiten Buches arbeitet der Autor einige wichtige theologische Akzente heraus, gleichsam als Ouvertüre:
Im Gegensatz etwa zu Matthäus ereignet sich die Himmelfahrt Jesu auf dem Ölberg in Jerusalem. Jerusalem ist die Stadt Gottes, von der das Evangelium seinen Ausgang nimmt. Der Autor der Apostelgeschichte will den Weg des Evangeliums bis nach Rom, der Hauptstadt der damals bekannten Welt beschreiben. Jerusalem ist aber auch der Ort der Ablehnung Gottes durch den Menschen. Hier erfüllte sich das Prophetenschicksal Jesu.
An den Anfang der Apostelgeschichte stellt er auch eine Liste der verbliebenen Apostel. Gleich im folgenden Abschnitt wird statt Judas Matthias nachgewählt, um die Zwölfzahl wiederherzustellen. Zum Kreis der Hauptakteure gehören aber auch die Frauen, allen voran Maria, die Mutter Jesu, die bereits im ersten Buch des Lukas eine hervorragende Stellung einnahm.
Die ganze Szene ist in eine Atmosphäre der betenden Erwartung eingehüllt, die viele Künstler angeregt hat. Als Ort wird ein Obergemach angegeben, ein Platz der Zurückgezogenheit und Meditation ermöglicht.
Manfred Wussow (2005)
Johann Pock (1999)
Hans Hütter (1996)