Der Himmel fordert heraus
Nein, dieses Bild vom Himmel, das uns der Evangelist Matthäus da heute präsentiert, ist schwierig. Es braucht doch einiges, um es noch als Einladung zu verstehen. Lassen wir die Szenerie einen Moment auf uns wirken und stellen uns verschiedenen Fragen, die vielleicht aufkommen können.
Da lässt der König seine Diener hinter den Gästen - letztendlich sehr erfolglos - herlaufen, um sie gleichsam für das Hochzeitsfest einzufangen. Das schlägt fehl und die Rache des Königs ist hart. Und andere müssen herhalten. Solche, die eigentlich nicht so recht in eine königliche Umgebung passen. Wir würden sagen: ‘Hinz und Kunz’ von der Straße.
Mit Blick auf das Himmelreich lässt der Evangelist Matthäus die Menschen wissen: Jesus war ins Volk Israel gesandt, um die neue Botschaft der Hoffnung zu verkünden. Dieses Volk wollte ihn aber mehrheitlich nicht. Und wenn nun all jene, zu denen Jesus als Gottessohn gesandt war, nichts vom Himmelreich wissen wollen, dann wird dieses Himmelreich eben halt weiter geschenkt - an alle, die wirklich dorthin kommen wollen. In einer Zeit, in der Christinnen und Christen von Menschen verfolgt wurden, die mit christlicher Auferstehungsverheißung nichts am Hut hatten, waren solche Ideen Balsam auf der Seele der geschundenen Verfolgten: Es erstand ein neues auserwähltes Volk - gerufen von den Straßen und aus den letzten Winkeln der Städte.
Bist du recht gekleidet?
Aber dieses Dazugehören hatte seinen Preis. Christinnen und Christen sollten sich im rechten Outfit präsentieren - und damit war weniger die Kleidung gemeint, wie es im Gleichnis geschrieben steht. Das rechte Outfit des Christen war seine Haltung, seine Gesinnung, seine Liebe zur Frohbotschaft und sein Bekenntnis zu diesem Gott, der Heil verheißt. Ohne das ging es nicht. - Und das gilt heute ebenso.
Wenn es am Beginn des Evangelium heißt: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit...”, dann zielt der Evangelist weniger auf ein versprochenes Paradies am Ende aller Zeiten. Er denkt vielmehr an die ganz irdische Kirche, die als Nachfolgegemeinschaft Jesu bereits auf Erden einen Vorgeschmack des Ewigen bieten soll. Und wenn Kirche auf Erden nicht 'schmeckt', dann ist sie schließlich auch keine gute Werbung für die Ewigkeit. Auch daran hat sich von den Zeiten des Evangelisten bis heute nichts geändert.
Im Kleiderschrank nur Paramente?
Damit stellt sich die Frage: Was muss Kirche, was müssen die Kirchen, was müssen wir denn eigentlich tun, um für den Himmel effizient zu werben? Wenn überall auf der Erde offenbar wird, dass eben auch Christinnen und Christen Kriege anfangen, Verfolgungen initiieren, religiöse, politische, sexuelle und andere Minderheiten unterdrücken, stellt sich die Frage: Kann so wirklich der Himmel sein? Was erwartet man von uns - vom Papst bis zur Christin in der Ortsgemeinde?
Ehrlichkeit...
Da ist sicher einmal eine Echtheit, eine Ehrlichkeit. Die Zeiten, in denen Kirche eine Inszenierung, gar eine fromme Show sein sollte, sind vorbei. Der Gründer der ökumenischen Gemeinschaft in Taizé hat es einmal so auf den Punkt gebracht. "Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es.” Und das gilt für alle - für die hauptamtlichen und freiwilligen Christinnen und Christen. Statt viel Kraft darin zu setzen, um zu demonstrieren, wie die Kirchen sich abgrenzen, wäre es gut und wichtig, Geschwisterlichkeit vorzumachen und zu leben. Das funktioniert übrigens jetzt schon an der Basis besser als in der Kirchenspitze.
Einfühlung...
Gefordert ist auch ein Einfühlungsvermögen für die Anderen. Christinnen und Christen haben den Himmel nicht gepachtet. Zumindest das Judentum und der Islam sind mit dem Christentum Geschwister im Glauben an den einen Gott. Gerade in dieser Zeit, in der an so vielen Stellen der Islam zu einer religiösen Fratze pervertiert wird, wäre es wichtig, mit all jenen, die das wollen, Seite an Seite für Gerechtigkeit und Frieden zu schaffen. Vieles ist schon geschehen, aber noch mehr ist möglich.
Wertschätzung...
Auch wäre eine gute Portion Wertschätzung für all das vonnöten, wie nichtchristliche Menschen durch ihr politisches und soziales Handeln einen Vorgeschmack vom Himmel bieten, ohne dass sie das so nennen würden. Nicht alles, was auf Erden gut ist, geschieht auch in christlicher Absicht.
Demut
Ehrlichkeit, Wertschätzung, Einfühlung und eine gehörige Portion Demut - das sind die Kleider, die zum guten Outfit von Christen und Christinnen gehören, die ins Himmelreich wollen, die an der Hochzeitstafel unseres Gottes Platz nehmen wollen. Und da sei am Ende die Frage an uns alle erlaubt: Welches dieser Kleidungsstücke hängt eigentlich in meinem Kleiderschrank - und welches davon passt mir?