"Wachet auf! ruft uns die Stimme"
"Wachet auf! ruft uns die Stimme" heißt es im Gottesloblied 110. Es gehört zum Advent. Ob wir uns heute schon mal auf diese Zeit einstimmen sollen? Das Lied nimmt Bezug auf das heutige Evangelium. Der Weckruf galt denen, die auf den Bräutigam warteten. Er galt dabei allen - und im Advent liegt der Blick auf den klugen Jungfrauen. Sie wissen richtig zu warten. Sie denken auch noch um die Ecke, um das Fest nicht zu verpassen. Sie achten darauf, dass alles überprüft wird und nichts dem Zufall überlassen wird. So wie sie sich auf die Hochzeit vorbereiten, so sollen die Gläubigen sich auf Weihnachten vorbereiten.
Sind dann heute eher die törichten Jungfrauen dran? Geht es passend zu den dunklen Novembertagen eher um die möglichen Verlierer? "Passt auf! Strengt euch an!" So kann es ihnen in den Ohren klingen. "Tut ihr es nicht, dann werdet ihr Verlierer. Dann sagt Gott Nein zu euch. Strengt Ihr euch aber an, dann wird es eher möglich sein, dass Ihr mit dabei seid."
Die törichten Jungfrauen können ja wie die andere Seite ein und derselben Münze sein. Sie sind die Verlierer. Es ist eine Versuchung, ihnen neue Namen zu geben. So hat es in der Kunst immer Versuche gegeben, den törichten Jungfrauen Menschen oder Situationen zuzuordnen, die man nicht wollte. Aber wenn der Ruf zum Aufwachen positiv beantwortet wird, ist alles wieder in Ordnung gebracht.
Hoffnung für Verstorbene
Dazu passt ja auch gut die Lesung aus dem 1. Thessalonicherbrief. "Wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen" heißt es da. Wenn sie in Christus verstorben sind, dann war ja alles gut. Dann stimmte ihre Art des Lebens. Sie konnten alle Überprüfungen überstehen. Glaube und Praxis waren in ihnen, als sie starben. Diese Ermutigung konnten wir am Dienstag oder Mittwoch auch zu den Gräbern unserer Verstorbenen mitnehmen. Es ist ja beruhigender, bei ihnen zu verweilen, wenn das Lesungswort gilt: "Gott wird durch Jesus die Verstorbenen zur Herrlichkeit führen!"
Ein (vielleicht nötiger) Mahnruf
"Wach auf!" möchten Sie vielleicht manchem Menschen sagen. "Wach auf, dass du eine Chance bei Gott hast!" Es wäre ein Ruf aus innerer Überzeugung. Er würde einem Angehörigen oder einem Freund gelten. Sie wollen für diesen Menschen Gutes. Und Sie wollen diesem Menschen später einmal im Himmel begegnen.
Was passiert aber, wenn dieser Mensch ihnen antwortet: "Warum?" Vielleicht ist Himmel und alles, was wir dazu sagen, ja gar nicht sein Thema. Die törichten Jungfrauen wollten gern in den Hochzeitssaal. Für sie war die verschlossene Tür schlimm. Aber ist sie das für alle? Haben nicht auch etliche Menschen einfach den Geschmack an Gott verloren? Dann müssten wir erst einmal wieder anfangen, uns den Himmel zu wünschen.
Oder dieser Mensch lebt seinen Glauben in einer Weise, die Sie gar nicht kennen? Es gibt viele Menschen, die im Stillen Gutes tun. Sie erzählen es nicht weiter. Aber sie helfen hier oder da mit. Sie schenken hier oder da Zeit und ein Lächeln. Sie tun viel, dass Fremde für einen Moment zu Freunden werden können. In so einem Moment kann es sogar geschehen, dass die Rollen getauscht werden. Wenn ein guter Mensch mir begegnet, muss ich mich plötzlich fragen: "Ist der nicht innerlich reicher als ich? Hat er in dieser Art das zusätzliche Öl dabei und mein Krug ist leer?"
Mit dem Himmelreich ist es so, dass vielleicht auch einige draußen bleiben. Das ist die Botschaft des Gleichnisses. Wenn wir dem Evangelium treu sein wollen, dann darf das nicht außer Acht bleiben. Sicherheit auf das Himmelreich gibt es nicht. Darum werden die Menschen zur Achtsamkeit aufgerufen. Es gibt keinen Hinweis auf den Tag und die Stunde. Plötzlich ist dieser Moment da, an dem der Mensch sich erklären muss. Dann zeigt sich, ob er bereit ist für das Himmelreich.
Wenn Jesus in der Weise die Menschen angesprochen hat, dann ist er nicht darauf aus, vielen den Zutritt zu verweigern oder Menschen zu verdammen. Wer sich herausfordern lässt und dafür sorgt, dass er einen Tropfen Öl hat, empfängt Jesu Einladung. Aber dieser eine Tropfen sollte sein.
Es wird von einem Theologen erzählt, dass er einen Vortrag über die "letzten Dinge" hielt und darin viel von der Barmherzigkeit Gottes sprach. In der anschließenden Diskussion wollte ein Zuhörer Namen von Menschen der Geschichte wissen, die sicher in der Hölle sind. Er bekam diese Antwort:
"Mein Herr, wenn Sie in der Hölle sind, werden Sie sich wundern, wie leer sie bis dahin war!"