Bei einem Kindergartenfest siebten die Kinder eifrig ihren Sandkasten durch - denn die Erzieherinnen hatten dort Murmeln versteckt, die die Kinder auf diese Weise finden konnten.
So können wir uns auch dem heutige Evangelium nähern: Mit einem Sieb, um die kostbaren Worte herauszufiltern, die in diesem Text stecken, um sie in die Hand zu nehmen, sie gegen das Licht der Sonne Gottes zu halten und ihre Schönheit und Kraft zu erkennen. Beginnen wir mit dem ersten Gedanken:
Jesus betet und sagt: "Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart". Er ist gekommen, um uns zu zeigen, wie Gott ist. Und was können wir von seinem Leben ablesen? Vor allem eines: Liebe zu denen, die sich schwer tun; Liebe zu denen, die noch am Fragen sind, zu denen, die Gott noch nicht in der Tasche haben, weil sie alles von ihm zu wissen scheinen und jedes Gebot auslegen können. So dürfen wir Gott begegnen: Im festen Vertrauen, dass er uns gerade in unserer Schwachheit und in unseren Fragen liebt.
Im Gebet wird Gott dann als "Heiliger Vater" angesprochen. Und Jesus betont, dass er eins ist mit diesem "Heiligen Vater", das heißt, dass er lebt und handelt aus innerer Einheit mit ihm.
"Heiliger Vater" - für den Verfasser des Johannesevangeliums ist es wichtig zu betonen, dass diese Einheit, diese Innigkeit keine Kumpelhaftigkeit ist. Die Beziehung zu Gott ist von Achtung geprägt, von Ehrfurcht und innerer Ausrichtung auf den, der eindeutig größer ist. Nicht der Mensch bestimmt, was er von Gott will, und Gott soll tun, was ich erwarte.
Das ist die Wahrheit, von der unser Text spricht: Dass wir erkennen, dass Gott heilig ist, gut ist, voller Liebe zu uns und zu seiner Schöpfung. Deshalb werden wir nur da wirkliche Freude erfahren, wo wir innerlich auf Gottes Heiligkeit ausgerichtet sind und nicht uns selbst zur Mitte und zum Maßstab unserer Sorgen und der Deutung unserer Gefühle zu machen. Wirkliche Freude finden wir, wo wir Gottes Wesen, seine Liebe und Kraft in allem suchen, was geschieht.
Grundhaltungen des Christseins
Im Evangelium werden weitere Grundhaltungen des Christseins angesprochen, die das Leben zufriedener machen:
Eine solche Grundhaltung ist die Freundschaft. "Damit sie eins sind wie wir", sagt unser Evangelium.
In Gemeinschaft mit Christus verbunden
Eins sein heißt nicht, immer einer Meinung zu sein und die eigene Persönlichkeit in den Hintergrund zu stellen. Vielmehr geht es darum, dass wir grundsätzlich davon ausgehen dürfen, dass alle, die mit uns Christen sind, im Plan Gottes ihren Platz haben. Wenn wir heute von dem einen Brot essen, dann sind wir in Gemeinschaft mit Christus verbunden - und wenn Er jede, jeden einlädt, dann dürfen wir einander nicht mit Ablehnung begegnen.
Eins sein, bzw. den anderen Menschen als Geschenk Gottes zu achten, ist nicht immer einfach. Aber wenn wir es versuchen, werden wir Gottes Vielfalt, Gottes Größe tiefer erkennen. Unser eigener Horizont weitet sich, das Leben wird reicher.
Spannungen durchhalten
Nicht nur unsere Beziehungen in der Gemeinde spricht das heutige Evangelium an. Es geht auch darum, in den täglichen Herausforderungen von Beruf, Familie und Freizeit als Christen zu bestehen. Die Bibel nennt die Lebensbereiche, die nicht vom Heiligen Geist durchdrungen sind, schlicht "Welt". In der Welt leben wir - und wir spüren täglich, dass die Anforderungen, mit denen wir umgehen weder vom christlichen Menschenbild, noch von Ausrichtung auf Gottes Gegenwart geprägt sind. Gerade die Arbeitswelt stellt oft den Profit Einzelner über das Wohl Vieler. Wie damit umgehen?
Das Evangelium sagt: Ja, diese Spannung wird euer tägliches Brot sein. Ihr werdet aus dieser Welt nicht herausgenommen - sondern in eurem Alltag muss sich euer Glaube bewähren. "Ich bitte nicht, dass Du sie aus der Welt nimmst, sondern, dass du sie vor dem Bösen bewahrst", lautet das Gebet Jesu.
Wie kann das gut gehen? Wir dürfen zunächst darauf vertrauen, dass wir nicht in diesen Spannungen stehen, weil Gott uns ärgern will. Vielmehr geht es um eine grundsätzliche Entscheidung: Will ich mich innerlich in Gott verankern oder in den Werten die unsere Zeit vorgibt?
In die Welt gesandt
Und wenn wir die Entscheidung für Gott gefällt haben, dann dürfen wir uns gesendet wissen. "Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt", sagt das Evangelium.
Das bringt einen Perspektivenwechsel mit sich. Wir sind nicht mehr Opfer eines Systems, in dem wir kaum mehr atmen können, sondern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gottes, die in dieses System gesandt wurden. Hier können wir Gottes Kraft und Gottes Entscheidung für die Menschlichkeit sichtbar machen.
Je tiefer wir mit Christus innerlich verbunden sind, je mehr wir auch eins sind mit anderen Christen, die uns zuhören und stützen, desto mehr wird es uns gelingen, an dem Platz, an dem wir arbeiten, andere Werte einzubringen. Und wenn es nur die Mitmenschlichkeit unter den Kollegen ist. Auch bei den familiären Aufgaben, die uns herausfordern, oder auch in ehrenamtliches politisches oder gesellschaftliches Engagement dürfen wir uns gesandt wissen, um unsere Stadt, unser Dorf, unseren Lebenszusammenhang etwas menschlicher zu gestalten und unsere Gaben einzubringen.
Nicht alleine
Noch weitere Worte könnten wir aus diesem Evangelium sieben und sie für unsere Zeit deuten.
Eines jedoch wird jetzt schon deutlich: Jesus will, dass wir ihm nachfolgen, auch dort, wo es schwierig wird, wo wir Grenzen und Kreuz erleben. Doch er wird uns in diesen Situationen nicht alleine lassen. Vielmehr dürfen wir aus der Freude Gottes leben und diese Freude als Grunderfahrung in uns tragen. Sie kommt aus der inneren Verbindung mit Gott, die uns Gottes Geist schenkt.
Bitten wir in diesen Tagen bis Pfingsten um den Heiligen Geist. Damit wir mit seiner Hilfe alle Schätze heben können, die das Evangelium für uns bereithält und die Freude in Fülle erfahren.