»Naja«
„Naja, ich werde sehen“ – so könnte eine dritte Antwort lauten. Nicht „Nein“ und nicht „Ja“!
Naja, unverbindlich, sich nicht fest machen, alles offen lassen. Auch eine Möglichkeit, nicht handeln zu müssen, auf jeden Fall nicht gleich, wahrscheinlich gar nicht!
Naja!? - Wie hört sich diese Antwort an, wenn jemand um etwas bittet, wenn eine wichtige Handlung ansteht? Wie geht es uns selbst dabei? Wie wirkt so ein „Naja“ auf Beziehungsebene? Kann ich mich so auf jemanden einlassen, so auf mich jemanden verlassen? Oder bin ich in diesem Moment - mit diesem „Naja“ als Antwort - schon verlassen?
Fragen, die so oder anders formuliert an uns gestellt werden, - die wir vielleicht jetzt nicht beantworten können -, wollen uns zum Nachdenken anregen und brauchen vor allem Zeit, um beantwortet zu werden.
Ein Gleichnis als Spiegel
Auch Jesus stellte immer wieder Fragen, so wie im heutigen Evangelium. Vor seiner Frage erzählt er jedoch ein Gleichnis, ein Beispiel von einem ungleichen Brüderpaar! Erzählungen von ungleichen Geschwisterpaaren kommen in der biblischen Erzähltradition öfters vor. Für die Menschen, die damals Jesus zuhörten, also ein vertrauter Vergleich. Die „Geschwisterpaare“ in solchen Erzählungen dienen als Einleitung zum Aufhorchen, als Spiegelbild für den Hörer, die Hörerin der biblischen Botschaft. Wer zuhört, soll somit in das Geschehen einbezogen werden, um sich selbst zu erkennen. Der „Spiegel“ des eigenen Handelns wurde ihnen damals - und heute auch uns - mit den Gleichnissen von den „ungleichen Geschwisterpaaren“ vorgehalten.
Jeder, jede unter uns kennt Situationen, wo man aus verschiedenen Gründen nicht sehen, erkennen, handeln wollen. „Naja“, ich weiß nicht…, so ähnlich beginnen oft die Antworten, die uns einen unverbindlichen Spielraum offen halten. Somit auch kein direktes Handeln folgen lassen, obwohl wir wissen, spüren, dass unser Einsatz gefordert, erwartet wird. So hinterlassen wir mit der offenen Antwort, den verbalen Eindruck des „Handelnden“.
In der Perikope wird dies in knappen Worten zum Ausdruck gebracht: „Ja, Herr“, aber er ging nicht!
Umkehr
Doch auch die andere Seite, den anderen Bruder gibt es in unserem Leben: jeder, jede unter uns hat schon die Erfahrung gemacht, dass er/sie „umkehren“, dass wir aus einem Nein ein Ja machen, anders handeln.
Warum dieser Wandel? Vielleicht weil wir durch eine Begegnung berührt worden sind, weil uns eine Situation zu Herzen gegangen ist, die Augen geöffnet hat? Es gibt da viele Auslöser, die eine Umkehr als notwendig – die innere Not wendend – erkennen lassen. Wir werden vom Jasager, der nichts tut, zum Neinsager, der gegen seine verbale Aussage zum Handelnden wird. Es folgt eine Umkehr, eine Bewegung in die andere Richtung, in die, wo wir gebraucht, erwartet werden, wo wir in Beziehung leben können.
Dort begegnen wir dem Göttlichen – der Gnade Gottes. Oder mit den Worten aus dem heutigen Evangelium: Wir werden in das Reich Gottes gelangen!
Das heutige Evangelium steht in einem Gefüge von Erzählungen. So wird ein paar Verse vorher von den Hohepriestern und den Ältesten das Auftreten von Johannes dem Täufer kritisiert. Seine Botschaft dürfte damaligen der tonangebenden Gesellschaft, eine reine Männergesellschaft, nicht gerade angenehm gewesen sein. Seine Forderung, sich mit anderen Gesellschaftsgruppen, vor allem jenen, die man lieber am Rande sah, auseinanderzusetzen, sie als Mitmenschen zu akzeptieren, war nicht leicht, ist es auch heute nicht.
Anstoß zur Umkehr
Und doch brauchen wir Menschen wie Johannes dem Täufer, die uns Wege zu ihnen eröffnen. Es ist eine Gnade, wenn diese Rufer für Gerechtigkeit unter uns weilen. Ob wir sie umhalsen, für ihren persönlichen Umgang mit den Randgruppen, ist eine Frage, die wir uns alle stellen müssen. „Ja, morgen werde ich mich für Asylwerber einsetzen, sie unterstützen.“ - „Ja, morgen werde ich das Gespräch mit dem Nachbarn suchen.“ - „Ja, morgen...“
Morgen? Typische Floskel, die schon erahnen lässt, dass das Vorhaben nie verwirklicht wird. „Nein, ich lehne diese Asylpolitik ab.“ - Doch dann lässt ein gutes Gespräch, eine Begegnung meine Meinung kippen. Ich beginne zu handeln, weil es mir wichtig geworden ist.
Dann wird wahr, was in dem alten Kirchenlied angekündigt wird: „Sonne der Gerechtigkeit, gehe auf zu unserer Zeit; brich in deiner Kirche an, [...] dass sie deine Stimme hört, sich zu deinem Wort bekehrt...“