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Eröffnung:
Wir zünden eine Kerze an.
Am Ende dieses Jahres legen wir in Gottes Hand zurück:
Die Tage, die Nachrichten, die Klagen und die Sorgen.
Im Namen des Vaters , des Sohnes und des Hl. Geistes.
Ein Lied zum Jahreswechsel:
(Paul Gerhardt, 1653)
Zum Mitsingen:
https://www.youtube.com/watch?v=dx8O6WD8X5c
Nun laßt uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hierher Kraft gegeben.
Wir gehn dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten bis zum neuen
durch so viel Angst und Plagen,
durch Zittern und durch Zagen,
durch Krieg und große Schrecken,
die alle Welt bedecken.
(…)
Ach Hüter unsres Lebens,
fürwahr, es ist vergebens
mit unserm Tun und Machen,
wo nicht dein Augen wachen.
Gelobt sei deine Treue,
die alle Morgen neue;
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden.
Psalm 121:
Ein Lied für die Wallfahrt.
Kv: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn,GL 49,1
der Himmel und Erde erschaffen hat. – Kv
Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: *
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn, *
der Himmel und Erde erschaffen hat. – (Kv)
Er lässt deinen Fuß nicht wanken; *
dein Hüter schlummert nicht ein.
Siehe, der Hüter Israels, *
er schlummert nicht ein und schläft nicht. – (Kv)
Der Herr ist dein Hüter, *
der Herr gibt dir Schatten zu deiner Rechten.
Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden *
noch der Mond in der Nacht. – (Kv)
Der Herr behütet dich vor allem Bösen, *
er behütet dein Leben.
Der Herr behütet dein Gehen und dein Kommen *
von nun an bis in Ewigkeit. – Kv
Gebet:
Ich danke dir, Gott,
dass ich nicht allein bin
auf dem Weg durch den Tag.
Du hast mir Menschen gegeben,
die mich begleiten,
die mich verstehen,
die mich lieben.
Mein Gott, ich bitte dich
für meine Familie,
für meine Freunde,
für meine Gegner.
Sei du mit ihnen.
Sei du mit uns.
Segne unsere Gespräche,
unser gemeinsames Leben,
unsere Träume.
Hilf uns teilen,
was du uns schenkst
und was du uns auflädst.
Gib und Geduld und Treue
auf den Wegen, die vor uns liegen.
Ich danke dir, Gott,
dass du mitgehst.
(nach EG 926)
Lesung aus dem 1. Johannesbrief: 2,18-21
Meine Kinder, die letzte Stunde ist da.
Ihr habt gehört, dass der Antichrist kommt,
und jetzt sind viele Antichriste aufgetreten.
Daran erkennen wir, dass die letzte Stunde da ist.
Sie sind aus unserer Mitte gekommen,
aber sie haben nicht zu uns gehört;
denn wenn sie zu uns gehörten,
wären sie bei uns geblieben.
Es sollte aber offenbar werden,
dass sie alle nicht zu uns gehören.
Ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist,
und ihr alle wisst es.
Ich schreibe euch nicht,
weil ihr die Wahrheit nicht kennt,
sondern weil ihr sie kennt
und weil keine Lüge von der Wahrheit stammt.
Gedanken zur Lesung:
Die letzte Stunde ist da …
Der 31. Dezember ist eigentlich ein Tag wie jeder andere.
Aber dann doch nicht so ganz: Heute geht das Jahr 2020 zu Ende.
Wir fragen, was uns dieses Jahr alles beschert hat
(und tragen es kurz zusammen.
Hier ist der Platz für Eintragungen und Anmerkungen):
"Die letzte Stunde ist da…"
So heißt es in dem 1. Brief, den Johannes uns schreibt.
Für ihn hatte die letzte Stunde etwas Bedrohliches. Wir werden verführt, wir werden auseinandergerissen, wir werden getrennt. Johannes sieht Wahrheit und Lüge aufeinanderprallen. Und was ihn wohl am meisten bewegt: der Riss geht durch die Kirche. Wissen wir, wohin wir gehören? Was uns verbindet? Was uns zusammenführt?
"Die letzte Stunde ist da…"
Die letzte Stunde ist – eigentlich – die Stunde des Todes. Das „letzte Stündlein“, das uns schlägt. Wir denken jetzt an viele Menschen, die nicht mehr unter uns sind. In diesem Jahr gab es schreckliche Szenen, die den Tod noch grausamer machten als er ohnehin schon ist. Viele Menschen mussten ganz alleine bleiben. Auf ihrem letzten Weg, aber auch in ihrer Trauer. Es fällt schwer, nach der letzten Stunde noch einmal eine erste Stunde zu erwarten.
"Die letzte Stunde ist da…"
Die letzte Stunde ist die Stunde des Lebens. Ich darf alles abgeben, um das Neue in Empfang zu nehmen. Ich habe doch nur zwei Hände… Ich kann die Angst abgeben, um Vertrauen zu finden. Ich kann die Sorge abgeben, um das Lachen zu entdecken. Für Johannes ist die letzte Stunde die Stunde einer großen Befreiung. Er spricht sogar von einer Offenbarung. Es ist die Stunde, die Klarheit schenkt. Klarheit auch für Trennungen, Verbitterungen und Enttäuschungen. Klarheit für Hoffnungen, neue Gedanken und mutige Aufbrüche. Klarheit für einen Tag. Klarheit für ein Jahr. Was ist „zu Letzt“ dran? Was trägt „zu guter Letzt“?
"Die letzte Stunde ist da…"
Johannes weiß, dass wir die Salbung von dem haben, der „heilig“ ist – und er weiß, dass wir das auch wissen. Es ist nicht von einer „letzten Ölung“ die Rede – gesalbt werden Könige, Priester und – Täuflinge! Wir haben eine hoheitliche Aufgabe, eine Aufgabe, die von Gott kommt! Für Johannes ist es die Liebe ist, die in der letzten Stunde bleibt, um zu einer ersten Stunde zu werden.
So schlagen wir den Kalender neu auf. Aber unberührt ist er nicht. Die ersten Termine habe ich längst hineingeschrieben. Das Leben geht nicht nur weiter, es fängt auch noch einmal neu an.
Johannes schreibt:
„Ich schreibe euch nicht,
weil ihr die Wahrheit nicht kennt,
sondern weil ihr sie kennt…“
So viel Vertrauen tut gut. Für morgen. Für das neue Jahr.
Es ist ein Jahr des Herrn.
Fürbitten:
(mit einem Lied Paul Gerhardts)
Lass ferner dich erbitten,
o Vater, und bleib mitten
in unserm Kreuz und Leiden
ein Brunnen unsrer Freuden.
Gib mir und allen denen,
die sich von Herzen sehnen
nach dir und deiner Hulde,
ein Herz, das sich gedulde.
Schließ zu die Jammerpforten
und lass an allen Orten
auf so viel Blutvergießen
die Freudenströme fließen.
Sprich deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
lass Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen.
Sei der Verlassnen Vater,
der Irrenden Berater,
der Unversorgten Gabe,
der Armen Gut und Habe.
Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.
Und endlich, was das meiste,
füll uns mit deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christen Schare
zum sel’gen neuen Jahre.
Vater unser im Himmel…
Wenn wir zu mehreren den Hausgottesdienst feiern, nehmen wir einander an die Hand und sprechen – wenn wir alleine sind, bitten wir für uns:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lasse deine Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und schenke uns Frieden.
Im Namen des Vaters …
Abschluss:
Ende 1944 hat Dietrich Bonhoeffer seiner Verlobten Maria von Wedemeyer ein „Neujahrsgedicht“ gewidmet: „Von guten Mächten“. Sein letztes Lebenszeichen.
Es ist zu einem Lied geworden, das nicht nur in der Kirche gesungen werden kann.
https://www.youtube.com/watch?v=3C8v9icR6yA
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Dietrich Bonhoeffer, Von guten Mächten, in seinem Brief an Maria von Wedemeyer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, 19. Dezember 1944. Erstmals veröffentlicht 1951 in: Eberhard Bethge (Hrsg.), Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft.
Zusammengestellt von Pfarrer Manfred Wussow
Maria Wachtler (2002)
Gabi Ceric (1999)
Alfons Jestl (1996)