Einführung:
Unser Hausgebet beginnt mit einem Blick nach draußen, genauer: mit einem Blick in den Himmel. Wir tasten ihn mit den Augen ab, bewundern seine Schönheit und Weite – und vielleicht umschmeicheln wir mit unseren Blicken die Wolken.
Wer eine Terrasse, einen Garten oder wenigstens einen Balkon hat, kann hier auch eine Kerze entzünden und das Hausgebet mit frischer Luft verbinden.
„Im Namen des Vaters …“
Lied:
Jesus Christus herrscht als König,
alles wird ihm untertänig,
alles legt ihm Gott zu Fuß.
Aller Zunge soll bekennen,
Jesus sei der Herr zu nennen,
dem man Ehre geben muß.
Fürstentümer und Gewalten,
Mächte, die die Thronwacht halten,
geben ihm die Herrlichkeit;
alle Herrschaft dort im Himmel,
hier im irdischen Getümmel
ist zu seinem Dienst bereit.
Jesus Christus ist der Eine,
der gegründet die Gemeinde,
die Ihn ehrt als teures Haupt.
Er hat sie mit Blut erkaufet,
mit dem Geiste sie getaufet,
und sie lebet, weil sie glaubt.
Gebt, ihr Sünder, Ihm die Herzen;
klagt, ihr Kranken, Ihm die Schmerzen;
sagt, ihr Armen, Ihm die Not!
Wunden müssen Wunden heilen,
Heilsöl weiß Er auszuteilen,
Reichtum schenkt Er nach dem Tod.
Ich auch auf der tiefsten Stufen,
ich will glauben, reden, rufen,
ob ich schon noch Pilgrim bin:
Jesus Christus herrscht als König,
alles sei Ihm untertänig,
ehret, liebet, lobet Ihn!
Philipp Friedrich Hiller (1699 - 1769)
https://www.youtube.com/watch?v=ZEMahPEbdNY
Gebet:
Dir, Herr, gehört der Himmel,
aber du öffnest ihn für uns.
Dir, Herr, gehört die Erde,
aber du machst sie weit für uns.
Schenke uns deinen Geist
und mache uns zu deinen Zeugen.
Glücklich und mutig.
Deine Liebe ist grenzenlos.
Das hast du uns mit Jesus versprochen,
heute, ohne Maß und ohne Ende.
Lesung: Apostelgeschichte 1
Als die Jünger nun beisammen waren, fragten sie Jesus:
Herr, stellst du in dieser Zeit
das Reich für Israel wieder her?
Er sagte zu ihnen:
Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren,
die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat.
Aber ihr werdet Kraft empfangen,
wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird;
und ihr werdet meine Zeugen sein
in Jerusalem und in ganz Judäa und Samárien
und bis an die Grenzen der Erde.
Als er das gesagt hatte,
wurde er vor ihren Augen emporgehoben
und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten,
siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen
und sagten: Ihr Männer von Galiläa,
was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?
Dieser Jesus, der von euch fort
in den Himmel aufgenommen wurde,
wird ebenso wiederkommen,
wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.
Psalm 47: (GL 44)
Kehrvers:
Gott steigt empor unter Jubel,
der Herr beim Schall der Posaunen.
Ihr Völker alle, klatscht in die Hände; *
jauchzt Gott zu mit lautem Jubel!
Denn Furcht gebietend ist der Herr, der Höchste, *
ein großer König über die ganze Erde. – (Kv)
Gott stieg empor unter Jubel, *
der Herr beim Schall der Hörner.
Singt unserm Gott, ja singt ihm! *
Singt unserm König, singt ihm! – (Kv)
Denn König der ganzen Erde ist Gott. *
Singt ihm ein Weisheitslied!
Gott wurde König über die Völker, *
Gott hat sich auf seinen heiligen Thron gesetzt. – Kv
Am Ende seines Evangeliums erzählt Matthäus: Mt 28, 16–20
In jener Zeit
gingen die elf Jünger nach Galiläa
auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.
Und als sie Jesus sahen,
fielen sie vor ihm nieder,
einige aber hatten Zweifel.
Da trat Jesus auf sie zu
und sagte zu ihnen:
Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht
und macht alle Völker zu meinen Jüngern;
tauft sie
auf den Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes
und lehrt sie,
alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Und siehe,
ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.
Gedanken zu den Schriftlesungen:
Der Himmel ist leer
Wer Corona sehen möchte, muss nur in den Himmel schauen. Die Flugzeuge sind weg. Nicht so ganz, aber immerhin – der Himmel ist (fast) leer. Ob sich der Himmel freut? Ob der Himmel die Ruhe genießt? Den Dreck vermisst?
Wenn ich „Himmel“ höre, denke ich an einen so schönen Ort, dass ich förmlich die Geigen höre. Immerhin ist der Himmel immer schon den Liebenden versprochen. Wer genau hinschaut, kann in den Augen eines geliebten Menschen tatsächlich in den Himmel blicken. Davon wissen die Flugzeuge nichts, die schnell und hoch den Himmel eher zerschneiden als die himmlische Ruhe achten. Trotzdem ist ein Kondensstreifen am abendlichen Himmel wie ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Welt klein, ferne Ziele erreichbar, Träume erfüllbar sind. Dass sich das Virus da auch eingenistet hat - unvorstellbar.
Unsere Vorfahren, um den Reigen von Empfindungen abzuschließen, entdeckten entsetzt, dass der Himmel leer ist. Gott war nicht mehr da. Er war verloren gegangen. Alte Sicherheiten, die am Himmel die Zeiten überdauerten, waren auf einmal krachend auf die Erde gefallen. Es geht das Gerücht um, es gebe ihn, Gott, überhaupt nicht. Schlimmer noch: er wäre noch nie da gewesen. Im Himmel nicht. Auf Erden auch nicht.
Gertrud von le Fort erzählt von zwei jungen Menschen, die auf den Prozess ihres Lehrers Galileo Galilei zurückschauen. Jetzt sind sie ganz alleine – ihr Lehrer verurteilt. Aber sie stehen am Tor des Himmels – so heißt die Erzählung auch – und haben nur sich. In dieser Erzählung geht es nicht nur um wissenschaftliche Fortschritte, Auseinandersetzung mit heiligen Autoritäten und überkommenen Überlieferungen. In dieser Geschichte geht es auch um die Einsamkeit von Menschen am Tor des Himmels. Sie schauen in eine große Leere – und haben nur sich.
Der Himmel ist leer. Ist der Himmel leer?
Der Himmel ist voll
Ich suche den Himmel. Lange schaue ich in ihn, kann ihn aber nicht fassen. Ich liege auf einer Wiese und träume.
Wir feiern ein Fest. Es trägt den Namen „Himmelfahrt“. Jesus fährt zum Himmel. Im Schweizerischen heißt es „Auffahrt“. Ein schönes Wort. Anders als Niedergang. Seit Jahrhunderten steht es auch so im Kalender.
Jesus wird in den Himmel aufgenommen. Gesehen hat das aber kein Mensch. Auch die Jünger nicht. Was sie sehen, ist: ein Wolke. Lukas malt das in seiner Apostelgeschichte auch aus. Leute, was steht ihr da und schaut in den Himmel – hört er die Engel sagen. Fast ein wenig verwundert. Oder vorwurfsvoll? Vielleicht ist die Übersetzung sogar noch besser: Was seid ihr perplex und stiert in den Himmel? Da tut die Wolke richtig gut! Ist sie nicht in ihrer Zartheit, Beweglichkeit und Dichte ein Hinweis? Ein Hingucker? Ich schaue ihr nach, bewundere die Formen, die Farben. Was jetzt geschieht, ist so leicht, dass die Erdenschwere zu einem Traum wird, der über das Firmament huscht.
Die Wolke ist nur ein Zeichen und spielt doch Versteck.
Nein, die Himmelfahrt ist nicht zu sehen. Aber zu hören! Sie ist nichts für die Augen, sie ganz für die Ohren. Und für das Herz. Jesus hat seinen Jüngern die Himmelfahrt in eine Zusage gelegt:
„Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht
und macht alle Völker zu meinen Jüngern;
tauft sie
auf den Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes
und lehrt sie,
alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Und siehe,
ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Ich suche den Himmel. Ich suche ihn ab. Gestirnt ist er über mir – heute Abend will ich gleich noch einmal danach schauen. Oder morgen, wenn die Sonne aufgegangen ist. Sattsehen möchte ich mich. Am liebsten den Himmel trinken mit meinen Augen. Aber den Himmel, den ich suche, gibt es nicht oben, nicht da, wo ihn alle zu sehen meinen, wo ihn die Dichter besingen. Der Himmel ist – voller Worte. Voll des Lobes. Voller Hoffnung. Wo Jesus mit seinem Wort ist, ist der Himmel. Was wir in Räumen denken, was uns unendlich scheint, was immer oben, nie unten angesiedelt wird: in Wirklichkeit ist der Himmel die Gegenwart Gottes. Selbst in der Hölle. Vor seiner „Auffahrt“ steht der Niedergang, die Höllenfahrt, das Kleinwerden. Gott wird Mensch. Jesus sagt: Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt!
Das Fest, das wir heute feiern, hört auf den schönen Namen „Himmelfahrt“. Für die Gegenwart Gottes, für seine Nähe und Liebe gibt es kein besseres, kein schöneres, kein treffenderes Bild als die Weite eines Himmels, der immer, egal wo ich bin, tatsächlich, nicht nur gefühlt, über mir ist. Nein, nicht nur über mit – in mir! Mit mir! Mit uns! Der Himmel wird so klein wie ich bin – und so groß, wie ihn mir Gott auftut.
Taufe
Für diesen Himmel hat uns Jesus die Taufe geschenkt. Und anbefohlen! Es ist ein Dreiklang, ein himmlischer sozusagen. Gehen, taufen und lehren! Damit wir jetzt nicht unter uns bleiben und die kleine Welt verklären, soll die ganze Welt in unseren Blick geraten! Die Taufe verbindet weltweit Christenmenschen. Jede, jeder, der getauft wird, wird nicht nur im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft –Gott selbst nimmt einen Menschen in sich auf und lässt ihn seinen Namen tragen. Diese Gemeinschaft ist – Himmel. Gottes Kinder.
Gehen sollen wir! Aufbrechen! Nicht stehen bleiben – nicht in den Himmel starren! Was Jesus uns geboten hat, sollen wir befolgen. Das ist ein himmlisches Ereignis. Das ist der Himmel! Wie die Wolken immer neue Variationen hinbekommen, mal schnell, mal langsam, mal dunkel, mal hell, entdecken wir den Himmel. Er ist nie gleich. Festhalten, in eine Schublade stecken, ihm Grenzen angedeihen lassen – unmöglich. Aber so leicht und betörend wie eine Wolke wird er zu einem Augen-Blick.
Christus erleuchte die Augen meines Herzens,
damit ich verstehe,
zu welcher Hoffnung ich durch ihn berufen bin!
Das ist eine Bitte im Brief an die Gemeinde zu Ephesus.
Fürbitten:
Ich träume von einem Himmel,
der nicht den Müll der Erde kreisen lassen muss.
Herr, hilf uns, unseren Schrott so zu entsorgen,
dass die Sterne lächeln können
Ich träume von einem Himmel,
der nicht strategischen Zielen dienen muss.
Herr, hilf uns, auf Waffen zu verzichten,
dass es keinen Krieg der Sterne gibt.
Ich träume von einem Himmel,
der Heimat aller Verstorbenen ist.
Herr, hilf uns, Menschen nicht aufzugeben,
dass niemand nur vergraben wird.
Ich träume von einem Himmel,
der voller Geigen hängt.
Herr, hilf uns, Engel singen zu hören,
dass ein Lied der Liebe um die Welt geht.
Ich träume von einem Himmel,
der der Erde ihre Horizonte schenkt.
Herr, hilf uns, über Grenzen zu schauen,
dass wir Gäste sind auf Erden.
Ich sehe eine neue Erde und einen neuen Himmel.
Vater unser im Himmel …
Segen:
Du, Gott, misst den Himmel aus –
schenke meinem Leben Halt.
Du, Jesus, bist jetzt im Himmel –
Deine Liebe verändert mein Leben.
Du, Heiliger Geist, kommst aus dem Himmel –
nimm Platz in meinem Herzen.
Lied:
Auf Christi Himmelfahrt allein
ich meine Nachfahrt gründe
und allen Zweifel, Angst und Pein
hiermit stets überwinde;
denn weil das Haupt im Himmel ist,
wird Seine Glieder Jesus Christ
zur rechten Zeit nachholen.
Weil Er gezogen himmelan
und große Gab empfangen,
mein Herz auch nur im Himmel kann,
sonst nirgends, Ruh erlangen;
denn wo mein Schatz gekommen hin,
da ist hinfort mein Herz und Sinn,
nach Ihm mich stets verlanget.
Josua Wegelin (1604 bis 1640), J. S. Bach: Auf Christi Himmelfahrt allein (BWV 128)
https://www.youtube.com/watch?v=kxKAreIjsTw
Zusammengestellt von Pfarrer Manfred Wussow
Norbert Riebartsch (2016)
Marita Meister (2000)
Johann Pock (1998)