Während wir gewohnt sind, an Weihnachten vom vordergründig sichtbaren, wenngleich nie restlos (be)greifbaren Erscheinen Jesu in dieser Welt zu hören - Verkündigung, Geburt, Anbetung der Hirten und der drei heiligen Magier (Könige) - führt uns der Evangelist Johannes heute sozusagen in das Herzgeheimnis den unendlichen Gottes ein. Das im Griechischen vieldeutige Wort "logos" wird mit "Wort" übersetzt (im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort). Mit diesem "Wort" wird der Sohn Gottes angesprochen, der selbst Gott ist und in diese Welt gekommen ist, um unser Bruder zu werden.
Aufnahme des Angekommenen
Aber Johannes bleibt nicht bei einer Schilderung dieses für uns Menschen immer unfassbar bleibenden innergöttlichen Geheimnisses, sondern er wendet sich dem Schicksal dieses als Sohn Gottes in die Welt gekommenen Wortes zu und bezeichnet es als Leben und Licht der Menschen. Freilich ist es nicht so, dass diesem Licht allenthalten ein begeisterter Empfang bereitet worden wäre, vielmehr stößt es von Anfang an auf Widerstand, Unverständnis und stellt sich als Finsternis dem Licht entgegen: "Die Finsternis hat es nicht ergriffen". Die Finsternisse aller Zeiten haben verschiedene Gesichter. Einig sind sie sich darin, dass sie die Finsternis mehr lieben als das Licht.
"Hast du ihn dir größer vorgestellt?"
Manchmal stellt sich auch für den gläubigen Christen die Frage, ob Gott nicht anders in die Welt hätte eintreten können: Überzeugender, kraftvoller, vielleicht können wir sagen von Anfang an nachhaltiger. Aber die Redeweise, die Sprache Gottes, bleibt in so vielem dunkel. - In einem Gedicht, das die Überschrift "Geburt Christi" trägt, stellt Rainer Maria Rilke die Frage "Hast du ihn dir größer vorgestellt?". Es bedarf, wie der Dichter fortfährt, der "Einfalt", um das zu begreifen, was in der Menschwerdung Gottes geschehen ist. "Gott macht sich mild", er ist ein "behutsames Licht", das sich nicht gleisnerisch vordrängt, sondern der Sorgfalt des Sehens und Hörens bedarf , wenn es nicht in der herandrängenden Flut von Irrlichtern und lautem Getöse übersehen und überhört werden soll.
Das behutsame Licht
Behutsam, behütend, ist das Licht, das erschienen ist, um Menschen zu trösten, ihnen die Angst zu nehmen. So heißt es schon in der messianischen Weissagung des Propheten Jesaia "Tröstet, tröstet mein Volk" (Jes 40, 1). Behutsam heißt auch, dass dieses Licht behütet werden will, dass wir uns nicht von der scheinbaren Bedeutungslosigkeit, von der Kleinheit des unendlichen Gottes verwirren lassen. Dass wir vielleicht die Suche aufgeben, weil sie nicht (sofort) von Erfolg begleitet zu sein scheint. Dass wir nicht um das Goldene Kalb eines mächtigeren Gottes tanzen, nach einem anderen größeren Gott greifen, während die Größe des menschgewordenen Gottes gerade in seinem Kleinwerden besteht.
Gott lässt sich finden
Dieser Gott lässt sich finden. Zunächst, sagen wir, von seinesgleichen: Von den armen mittellosen Hirten, die der Botschaft der Engel trauen, sich auf den Weg machen und ihn finden, die niederfallen und anbeten. Die von den verschiedenen Erscheinungsformen der Gottsucher, den Magiern, Weisen, Sterndeutern (Königen) geleitet werden, aber sich mitunter selbst erst mühsam durchfragen müssen "Wo ist der neugeborene König der Juden? (Mt 2,2). Gottsuche ist mühsam, weil es dabei auch des (langen) Wartenkönnens bedarf. Aber er lässt sich immer wieder finden von denen, die die Demut aufbringen, an die Größe des unscheinbaren Gottes, an seine Macht und Ohnmacht zu glauben.