Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 20. Aug. 2023 - 20. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
22. Okt. 2023
29. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Okt. 2023
28. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Okt. 2023
27. Sonntag im Jahreskreis (A)
07. Okt. 2023
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
01. Okt. 2023
26. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Sep. 2023
25. Sonntag im Jahreskreis (A)
17. Sep. 2023
24. Sonntag im Jahreskreis (A)
14. Sep. 2023
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
10. Sep. 2023
23. Sonntag im Jahreskreis (A)
03. Sep. 2023
22. Sonntag im Jahreskreis (A)
27. Aug. 2023
21. Sonntag im Jahreskreis (A)
20. Aug. 2023
20. Sonntag im Jahreskreis (A)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Jes 56,1. 6-7
Lesung aus dem Buch Jesaja.
So spricht der Herr:
Wahrt das Recht
und übt Gerechtigkeit,
denn bald kommt mein Heil
und meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren!
Und die Fremden, die sich dem Herrn anschließen,
um ihm zu dienen und den Namen des Herrn zu lieben,
um seine Knechte zu sein,
alle, die den Sabbat halten und ihn nicht entweihen
und die an meinem Bund festhalten,
sie werde ich zu meinem heiligen Berg bringen
und sie erfreuen in meinem Haus des Gebets.
Ihre Brandopfer und Schlachtopfer
werden Gefallen auf meinem Altar finden,
denn mein Haus
wird ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden.
Der Beginn des 56. Jesajakapitels lässt uns wissen: Gottes Heil ist für alle. Gott gibt jedem und jeder einen “ewigen Namen, der nicht ausgetilgt wird.” Es ist keine Rede davon, dass ein zu Gott Gehöriger beschnitten sein muss, sondern lediglich den Sabbat zu halten hat. Die Zugehörigkeit zum Volk Gottes richtet sich nicht nach religiösen oder nationalen, sondern nach ethischen Maßstäben.
Die Shoah-Gedenkstätte Yad Vashem (dt.: “Denkmal und Name”) in Jerusalem führt ihre Bezeichnung auf diesen Jesaja-Vers 56,5 zurück: So wie die Shoa versucht hat, die Namen der Opfer auszulöschen und durch Nummern zu ersetzen, bringt diese Opferstätte (und ähnliche) all die Namen wieder ins lebendige Gedächtnis der Menschheit zurück - den festen Glauben des Jesaja teilend: Bei Gott geht niemand vergessen, bei ihm hat jede/r einen Namen.
Im Jahr 538 v. Chr. erließ der Perserkönig Kyros das Edikt über den Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem (Esra 6,3-5) und erlaubte im folgenden Jahr die Rückkehr der Juden aus dem babylonischen Exil. Im Jahr 515 wurde der neue Tempel eingeweiht und sollte das Zentrum für die neue Gemeinde in Jerusalem sein. Doch es blieb die Frage offen: Wer gehört zu dieser Gemeinde, wer darf im Tempel beten und Opfer darbringen? Darauf die Antwort Jesajas: Ein neuer Abschnitt der Heilsgeschichte ist angebrochen und braucht daher eine neue Ordnung. Jeder, der vor Gott "recht" ist und sich zu ihm bekennt, darf am Gottesdienst teilnehmen. Die Einhaltung des Sabbat, der im Exil zum entscheidenden Bekenntniszeichen geworden war, wird zum Zeichen der Rechtgläubigkeit - bis zur Zeit Jesu.
1. Lesung (ungekürzte Fassung) - Jes 56,1-7
Lesung aus dem Buch Jesaja.
So spricht der Herr:
Wahrt das Recht
und übt Gerechtigkeit,
denn bald kommt mein Heil
und meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren!
Selig der Mensch, der dies tut,
und jeder Einzelne, der daran festhält,
den Sabbat zu halten und ihn nicht zu entweihen
und seine Hand vor jeder bösen Tat zu bewahren.
Der Fremde, der sich dem HERRN angeschlossen hat,
soll nicht sagen:
Sicher wird er mich ausschließen aus seinem Volk.
Der Eunuch soll nicht sagen:
Sieh, ich bin ein dürrer Baum.
Denn so spricht der HERR:
Den Eunuchen, die meine Sabbate halten,
die wählen, was mir gefällt
und an meinem Bund festhalten,
ihnen gebe ich in meinem Haus und in meinen Mauern
Denkmal und Namen.
Das ist mehr wert als Söhne und Töchter:
Einen ewigen Namen gebe ich einem jeden,
der nicht ausgetilgt wird.
Und die Fremden, die sich dem Herrn anschließen,
um ihm zu dienen und den Namen des Herrn zu lieben,
um seine Knechte zu sein,
alle, die den Sabbat halten und ihn nicht entweihen
und die an meinem Bund festhalten,
sie werde ich zu meinem heiligen Berg bringen
und sie erfreuen in meinem Haus des Gebets.
Ihre Brandopfer und Schlachtopfer
werden Gefallen auf meinem Altar finden,
denn mein Haus
wird ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden.
Antwortpsalm - Ps 67,2-3. 5-6. 8
Kv: Die Völker sollen dir danken, o Gott,
danken sollen dir die Völker alle. – Kv
(GL 46,1)
Gott sei uns gnädig und segne uns. *
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten,
damit man auf Erden deinen Weg erkenne, *
deine Rettung unter allen Völkern. – (Kv)
Die Nationen sollen sich freuen und jubeln, /
denn du richtest die Völker nach Recht *
und leitest die Nationen auf Erden.
Die Völker sollen dir danken, o Gott, *
danken sollen dir die Völker alle. – (Kv)
Die Erde gab ihren Ertrag. *
Gott, unser Gott, er segne uns!
Es segne uns Gott! *
Fürchten sollen ihn alle Enden der Erde. – Kv
2. Lesung - Röm 11,13-15. 29-32
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Euch, den Heiden, sage ich:
Gerade als Apostel der Heiden preise ich meinen Dienst,
weil ich hoffe,
die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu machen
und wenigstens einige von ihnen zu retten.
Denn wenn schon ihre Zurückweisung
für die Welt Versöhnung bedeutet,
was wird dann ihre Annahme anderes sein
als Leben aus den Toten?
Denn unwiderruflich sind die Gnadengaben
und die Berufung Gottes.
Denn wie ihr einst Gott ungehorsam wart,
jetzt aber infolge ihres Ungehorsams Erbarmen gefunden habt,
so sind auch sie infolge des Erbarmens, das ihr gefunden habt,
ungehorsam geworden,
damit jetzt auch sie Erbarmen finden.
Denn Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen,
um sich aller zu erbarmen.
Martin Stewen (2023)
Lopez Weißmann (1996)
Paulus spielt als Jude zunächst einmal den christlichen Glaubenseifer der bekehrten fremden Völker aus gegen das Glaubensverständnis seines eigenen jüdischen Volkes. Schließlich aber findet er zum Fazit: Gleich mit welcher Vergangenheit sich jemand auf die Suche nach Gott in seinem Leben macht, am Ende zählt der Gehorsam gegenüber diesem Gott. Was bei den Propheten noch das Halten der Form war, wird bei Paulus zum Halten der Gebote.
Der jüdische Heidenmissionar Paulus (Gal 1,16) wendet sich an seine Lesergemeinde in Rom, die mehrheitlich aus dem Heidentum stammt. Er selbst ist betroffen, daß sein Volk Jesus als den Messias ablehnt, sieht aber zugleich in seiner Missionstätigkeit unter den Heiden die Chance, Angehörige seines Volkes zu interressieren "und wenigstens einige von ihnen zu retten". Denn Gott will die Heiden durch Christus erretten, aber nicht anstatt der Israeliten, sondern zusätzlich zu ihnen. Da alle - Juden und Heiden - Sünder sind, sind alle auf das Erbarmen Gottes angewiesen. Und Gott nimmt trotz der Ablehnung durch einen großen Teil des Volkes Israel seine Verheißungen nicht zurück; er will alle Menschen retten.
2. Lesung (ungekürzte Fassung) - Röm 11,13-32
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Euch, den Heiden, sage ich:
Gerade als Apostel der Heiden preise ich meinen Dienst,
weil ich hoffe,
die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu machen
und wenigstens einige von ihnen zu retten.
Denn wenn schon ihre Zurückweisung
für die Welt Versöhnung bedeutet,
was wird dann ihre Annahme anderes sein
als Leben aus den Toten?
Ist aber die Erstlingsgabe vom Teig heilig,
so ist es auch der ganze Teig;
und ist die Wurzel heilig,
so sind es auch die Zweige.
Wenn aber einige Zweige herausgebrochen wurden,
du aber als Zweig vom wilden Ölbaum
mitten unter ihnen eingepfropft wurdest
und damit Anteil erhieltest
an der kraftvollen Wurzel des edlen Ölbaums,
so rühme dich nicht gegen die anderen Zweige!
Wenn du dich aber rühmst, sollst du wissen:
Nicht du trägst die Wurzel,
sondern die Wurzel trägt dich.
Nun wirst du sagen:
Die Zweige wurden doch herausgebrochen,
damit ich eingepfropft werde.
Gewiss, wegen des Unglaubens
wurden sie herausgebrochen.
Du aber stehst durch den Glauben.
Sei daher nicht überheblich,
sondern fürchte dich!
Hat nämlich Gott die Zweige,
die von Natur zum edlen Baum gehören,
nicht verschont,
so wird er auch dich nicht verschonen.
Siehe nun die Güte Gottes und seine Strenge!
Die Strenge gegen jene, die gefallen sind,
Gottes Güte aber gegen dich,
sofern du in seiner Güte bleibst;
sonst wirst auch du herausgehauen werden.
Ebenso werden auch jene,
wenn sie nicht im Unglauben bleiben,
wieder eingepfropft werden;
denn Gott hat die Macht, sie wieder einzupfropfen.
Wenn du nämlich
aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgehauen
und gegen die Natur
in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest,
dann werden erst recht sie
als die von Natur zugehörigen Zweige
ihrem eigenen Ölbaum wieder eingepfropft werden.
Denn ich will euch, Brüder und Schwestern,
nicht in Unkenntnis über dieses Geheimnis lassen,
damit ihr euch nicht selbst für klug haltet:
Verstockung liegt auf einem Teil Israels,
bis die Vollzahl der Heiden hereingekommen ist,
und so wird ganz Israel gerettet werden,
wie geschrieben steht:
Es wird kommen aus Zion der Retter,
er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen.
Und das ist der Bund, den ich für sie gestiftet habe,
wenn ich ihre Sünden hinwegnehme.
Vom Evangelium her gesehen sind sie Feinde,
und das um euretwillen;
von ihrer Erwählung her gesehen aber sind sie Geliebte,
und das um der Väter willen.
Denn unwiderruflich sind die Gnadengaben
und die Berufung Gottes.
Denn wie ihr einst Gott ungehorsam wart,
jetzt aber infolge ihres Ungehorsams Erbarmen gefunden habt,
so sind auch sie infolge des Erbarmens, das ihr gefunden habt,
ungehorsam geworden,
damit jetzt auch sie Erbarmen finden.
Denn Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen,
um sich aller zu erbarmen.
Ruf vor dem Evangelium - Mt 4,23b
Halleluja. Halleluja.
Jesus verkündete das Evangelium vom Reich
und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.
Halleluja.
Evangelium - Mt 15,21-28
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:
In jener Zeit
zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.
Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm
und rief: Hab Erbarmen mit mir,
Herr, du Sohn Davids!
Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.
Jesus aber gab ihr keine Antwort.Da traten seine Jünger zu ihm
und baten: Schick sie fort,
denn sie schreit hinter uns her!
Er antwortete:
Ich bin nur
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.
Doch sie kam,
fiel vor ihm nieder
und sagte: Herr, hilf mir!
Er erwiderte:
Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen
und den kleinen Hunden vorzuwerfen.
Da entgegnete sie: Ja, Herr!
Aber selbst die kleinen Hunde
essen von den Brotkrumen,
die vom Tisch ihrer Herren fallen.
Darauf antwortete ihr Jesus:
Frau, dein Glaube ist groß.
Es soll dir geschehen, wie du willst.
Und von dieser Stunde an
war ihre Tochter geheilt.
Martin Stewen (2023)
Christiane Herholz (2005)
Lopez Weißmann (1996)
Als Kanaanäerin war die Frau für Jesus eine Fremde, fernab seiner Religion. Die Frau aber sieht im Gottessohn ihre letzte Chance und bittet ihn um Hilfe. Diese Episode beinhaltet nun verschiedene Momente, die die Aussageabsicht des Evangelisten verstärken: zunächst das Schweigen Jesu, dann die Idee der Jünger, die Frau abzuwimmeln und schließlich die nochmalige kalte Schulter Jesu (V. 24). Mit jedem Moment, den die Frau übersteht, wird ihr Bezug zum Gottessohn größer und intensiver. Bis er schließlich das Entscheidende an der Haltung der Frau auf den Punkt bringt: Dein Glaube hat dir geholfen. In der Neusammlung des Gottesvolkes stehen nicht das Gesetz oder der Sabbat an erster Stelle, sondern der Glaube der Menschen.
Matthäus übernimmt die Geschichte von Mk (Mk 7,24-30) und formt sie sprachlich um, indem er auch eigene Akzente setzt. Seine Darstellung wirkt durch die direkte Rede gleich zu Beginn lebendiger. Aus dem Exorzismus ist eine Heilungsgeschichte geworden, in der der Glaube der Frau im Mittelpunkt steht.
Zwei Auslegungstraditionen ziehen sich durch die Kirchengeschichte. Zum einen wird der Text heilsgeschichtlich gedeutet, wobei die überwiegende allegorische Deutung den Text spiritualisiert. Die Hunde sind in dieser Lesart die Heiden, die Kinder stehen für Israel, der Tisch ist die heilige Schrift, das Brot das Evangelium. Zum anderen wird der Text paränetisch gedeutet, wobei das Verhalten der Frau in den Mittelpunkt gestellt wird. Ihre Demut, bzw. ihr Glaube wird als Vorbild gesehen.
Die heidnische Frau begegnet Jesus und bittet ihn um Hilfe, wobei sie ihn in jüdischer Gebetssprache anspricht. Dadurch kann sich die mt Gemeinde mit ihr identifizieren. Die Frau nennt Jesus "Davidssohn" und zeigt darin, dass sie sich an ihn, den Messias Israels, wendet. Obwohl sie um die Priorität Israels weiß, erhofft sie sich dennoch von Jesus Hilfe. Die Frau erfährt vielfache Ablehnung. Jesus schweigt, die Jünger fühlen sich belästigt, Jesus argumentiert schließlich ablehnend und stellt in einem Beispiel aus dem täglichen Leben klar, dass die Frau eigentlich keine Aussicht darauf hat, berücksichtigt zu werden. Die Frau aber lässt sich nicht abwimmeln, sondern benutzt das von Jesus gebrauchte Bild aus dem Haushalt, um deutlich zu machen, dass ihr Vertrauen auf Jesu Hilfe ungebrochen ist. Die Frau geht davon aus, dass von seiner Barmherzigkeit wenigstens ein klein wenig auch für die Heiden übrig bleiben wird. Und das würde ihr reichen. Als Jesus diesen Glauben der Frau sieht, ist er beeindruckt und die Tochter wird gesund.
Wenn in dem Beispiel ein Hund erwähnt wird, so ist mit dem Hund ein zum Haushalt gehörender Hund gemeint, nicht einer der streunenden Hunde, die negativ gesehen und verachtet wurden. Es geht in dem Beispiel um die unterschiedliche Behandlung der Kinder und der Haushunde, die in abgestufter Weise versorgt wurden. Bei Mt geht es nicht (wie bei Mk) um eine Reihenfolge, sondern um die grundsätzlich unterschiedliche Behandlung von Kindern und Hunden. Die Frau nimmt den Vergleich Jesu auf und kämpft um Jesu Barmherzigkeit.
Matthäus schreibt sein Evangelium für die Judenchristen, die entweder noch im Verband des Judentums leben oder bereits aus ihm ausgeschieden sind. Daher ist diese Begebenheit trotz sachlicher Übereinstimmung wesentlich härter formuliert als bei Markus (Mk 7,24-30). Matthäus will seinem Volk aufzeigen, daß nicht Gott den Bund mit Israel gebrochen hat; Jesus ist in seinem Dienst auf das Volk Gottes ausgerichtet. Gott ist seinem Bund mit Israel treu geblieben; nur Israel lehnt ihn mehrheitlich ab! Andererseits erfährt diese heidnische Frau, die in Jesus den Sohn Davids, den Messias erkennt, Heil wegen ihres großen Glaubens. So betont Matthäus beides: Gottes Treue zu Israel und das Wunder des Glaubens der Heiden.
Ruhe im Dom!?
Ein exklusiver Club?
Exquisit, exklusiv, elitär - das also ist die Grundidee unseres christlichen Glaubens, wie Jesus sie heute den Menschen vermittelt. Erst schicken Jesu Jünger diese Bittstellerin weg, dann legt Jesus selbst noch nach und sagt der Kanaanäerin ins Gesicht: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt". Topographisch lassen sich das Land Kanaan der biblischen Zeit und Israel nicht genau trennen, kulturell hingegen schon: Mit jenen aus dem Land Kanaan waren alle gemeint, die nicht dem Glauben an Jahwe folgten. Einer solchen Fremden in Not erteilt Jesus nun also erst einmal eine grobe Abfuhr: "Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen." Bei der Frau aber ist weder Enttäuschung, Entsetzen oder sonst ein negatives Gefühl zu erfahren. Sie bleibt einfach hartnäckig. Die Begegnung, von der wir gerade hörten, erinnert so ein wenig an den Umgang mit der Frau aus Samarien am Brunnen des Jakobs. Auch sie muss recht arbeiten, dass die Beziehung zu Jesus nicht abbricht.
Der Glaube macht’s
Exquisit, exklusiv, elitär - man kann die Haltung Jesu und seiner Jünger durchaus so interpretieren. Jesus will aber eine andere Haltung deutlich machen. Wenn auch seine Jünger wohl durchaus genervt waren von der Fremden und ihrem Anliegen, hatte Jesus im Kontakt mit ihr eine andere Absicht. Wie schon der Evangelist Johannes in der Erzählung von der Frau am Jakobsbrunnen, macht der Evangelist Matthäus in dieser Erzählung klar, dass der Gottessohn nicht ausschließen sondern einladen und einbeziehen will. Zwar stellt er die Frau noch einen Moment lang auf die Probe, dann aber schaut er über alles, was die zwei trennt, hinweg und lässt sie wissen: "Dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. - Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt." Jesus schickt sie nicht weg, er macht keine Triage, es gibt kein Ranking innerhalb derer, die Heil erleben dürfen. Wer auf das Heil Gottes setzt, darf es erfahren. Und noch eine Kleinigkeit haben wir schnell überhört, die aber wesentlich ist. Wie schon im Anfang des Matthäusevangeliums die drei Könige, so setzt die Frau ihre Hoffnungen wohl auf den Gottessohn, aber wir hören nicht, dass sie ihm weiter folgt, dass sie zu seiner Jüngerin wird. Gleich wie die drei Könige: Sie sind einfach wieder heimgekehrt.
Offen für alle
Die Botschaft des Evangelisten Matthäus ist deutlich: Exquisit, exklusiv, elitär - das ist alles andere als ein Merkmal der christlichen Idee. Wer auf diesen Gottessohn und seine Botschaft setzt, wird nicht gefragt, woher er kommt. Und: Er wird auch nicht gefragt, wohin er will. Die Botschaft Jesu ist universal - das Wort von der Freiheit der Kinder Gottes ist wirklich ernst gemeint.
Und jetzt wird es herausfordernd. Schon Jesu Jünger haben sich damit recht schwer getan. "Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her!", - man kann ja verstehen, dass die von Jesus eingeforderte Flexibilität stresst. Aber der Anspruch Jesu an seine Freunde steht nicht zur Diskussion.
Dasselbe gilt für den Anspruch Jesu an seine Nachfolgegemeinschaft heute, die Kirche.
Zu viel Herausforderung?
Schon der Prophet Jesaja ruft den Fremden zu: "Wahrt das Recht und übt Gerechtigkeit, denn bald kommt mein Heil und meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren!". Die Erfahrung des Wirken Gottes erschloss sich zu allen Zeiten und erschließt sich bis heute zuerst einmal dann, wenn Menschen miteinander menschlich umgehen. Da spielt es eben keine Rolle, woher jemand kommt, welche religiöse Traditionen jemand mitbringt. Die Jünger Jesu und auch wir können vom Beispiel des Gottessohnes lernen: Inklusion ist keine Erfindung jüngster Generationen, sondern ein typisches Merkmal der jüdisch-christlichen Religion. - Eigentlich. Wie weit die Realität dem theoretischen Anspruch hinterherhinkt, wissen wir.
Ein kleiner Trost ist: Der Anspruch Jesu hat auch schon zu Zeiten der frühen Kirche und nicht nur heute die Menschen nervös gemacht. Der Völkerapostel Apostel Paulus hat in seiner Missionszeit vor allem versucht zu trennen: Männer von Frauen, Christen von Heiden. - Wir hören das in seinen Briefen sehr gut heraus. Man kann die Angst des Paulus und sein Streben nach klarer Ordnung ja durchaus verstehen: Die Kirche befand sich am Anfang, und was sollte aus ihr denn werden, wenn man sie einfach machen ließe. Und so ließ Paulus die Menschen wissen, was geht und was nicht.
Die Unsicherheit annehmen
Die paulinische Unsicherheit angesichts der Frage, was der Geist Gottes unter den Menschen anrichten könnte, ist geblieben - bis in unsere Tage. Auch heute noch sehen viele die Kirche wie an ihrem Anfang und haben große Angst, was denn wohl passieren würde, wenn man diesem unseren Gott tief vertrauen und die Kirche einfach mal laufen ließe. Viele mit Verantwortung in der Kirche schweigen, verweisen auf beschränkte Machtbefugnisse oder mangelnde dogmatische Möglichkeiten, wenn es um brennende Fragen geht, die vor allem die Umgebung unserer hiesigen Kulturen den Kirchen stellt. Fragen wie: Wie zum einen gehen wir um mit Patchworkfamilien? Zum anderen ist in denen dann auch noch oftmals die Frage nach dem kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen zu klären? Was ist nun mit der Rolle der Frauen in der Kirche? Was ist nun mit gleichgeschlechtlich Liebenden in der Kirche?
Im Umgang mit der kanaanäischen Frau, die aus einer anderen Umgebungskultur als Jesus und seine Begleiter stammt, bringt Jesus die Situation nach Diskussion und Abwägen zu einem klaren Ende: "Dein Glaube hat dir geholfen". Und er befreit die Frau von dem, was sie belastete, nämlich die Krankheit der Tochter.
Wie würde der Gottessohn heute auf all jene reagieren, die ihn mit den vorhin genannten Fragen behelligen würden? Und wie würden dann all jene reagieren, die heute in der Rolle der Jünger von damals sind, die stetig und immer lauter rufen: "Schick sie fort?" Als Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu Christi müssen wir uns heute ganz genauso wie die Jünger zur Zeit Jesu fragen: Können wir die brennenden Fragen der Zeit von uns weisen, die Fragenden wegschicken? Und: Worauf kommt es dann am Ende eigentlich an? Auf die sprichwörtliche Ruhe im Dom oder auf das mächtige Wirken des Heiligen Geistes, an den wir doch glauben?
Leitlinien für eine funktionierende Gemeinschaft
Der Gerechtigkeit nachjagen
Die Texte dieses Sonntags erwähnen mehrmals Gerechtigkeit, Beruf, Berufung. Wir könnten noch Ausdauer dazunehmen. Dann haben wir die Leitbegriffe bzw. die Themen dieses Sonntags. Ich verstehe sie als Leitlinien auf unserer Lebensstraße, auch Leitlinien für eine funktionierende Gemeinschaft.
Die erste Lesung beginnt schon so: „Wahrt das Recht und übtGerechtigkeit“, noch deutlicher wird das Buch Deuteronomium: Wir „sollen der Gerechtigkeit nachjagen.“ (Dtn 16,20). Diese abstrakten Begriffe können kaum für sich allein stehen, brauchen einen Kontext, der sagt, wie sie in einer bestimmten Situation zu verstehen sind. Was bedeutet für uns „Gerechtigkeit“ in unserem Alltagsleben? Das aristotelische Gerechtigkeitsprinzip sagt vereinfacht: Gleiches mit Gleichem und Ungleiches mit Ungleichem behandeln.
Es gibt verschiedene Formen der Gerechtigkeit. In unseren Tagen spielt die Verteilungsgerechtigkeit eine große Rolle. Sie soll nach statistischen Angaben in Österreich extrem ungleich sein. Die Zuteilung von Gütern muss nach Maßgabe der „Würdigkeit“, also auch der Wertschätzung und der Verdienstmöglichkeit gegeben sein. Der Gerechtigkeit „nachjagen“ heißt, in allen Lebensbereichen ständig bemüht sein, eine ausgleichende Gerechtigkeit zu finden. Gerechtigkeit zu leben, ist ein Beziehungsgeschehen und setzt Wahrheit voraus. Gerechtigkeit und Wahrheit sind Grundlagen für den Sinn unseres Lebens. Klar ist auch, dass die Gesetzesgerechtigkeit nicht die persönliche Lebenssituation immer abdecken kann, da bedarf es auch der personalen Gerechtigkeit. „Gott ist eintreuer, unbeirrbarer, gerechter und gerader Gott“, sagt das Buch Deuteronomium 32,4. Diese Gerechtigkeit sollte in unserem menschlichen Tun das Ziel sein, damit wir gerechte Menschen werden. Das braucht Orientierung.
gehorchen
Gott rechnet mit unserer Schwachheit, auch mit unserem Ungehorsam, daher hören wir in der zweiten Lesung: „Denn unwiderruflich sind die Gnadengaben und die Berufung Gottes“ (Röm 11,29), die Gott gewährt, weil er uns aus unserem Ungehorsam herausführen will. Wenn hier vom Ungehorsam die Rede ist, müssten wir auch das Gegenteil, den Gehorsam in den Blick nehmen. Der Begriff enthält „horchen“, zuhören, was jemand sagt und sein Verhalten danach richten. Gehorsam aus biblischer Sicht heißt auf den Willen des Vaters hören, auf die innere Stimme des Geistes, auf den Heiligen Geist in mir, der durch Schweigen zu mir spricht. Es gibt auch den Gehorsam gegenüber Institutionen: Staat, Kirche, Schule, Körperschaften, die sind notwendig, sonst funktioniert das Gesellschaftsgefüge nicht. Wie allerdings die Erfahrung lehrt, kann auch hier Manches schiefgehen. Letzte entscheidende Instanz für den Menschen ist sein Gewissen.
Ausdauer im Glauben
Das Evangelium zeigt die Schwachheit und Heilsbedürftigkeit an einer namenlosen Frau, einer Kanaanäerin, die um das Wohl ihres Kindes bangt. Um an Jesus heranzukommen, beweist sie große Ausdauer, lässt sich nicht abwimmeln: Herr, hilf mir! Zwei Dinge sind in diesem Evangelium bemerkenswert: Jesus ist als Mensch ein Lernender. Auch er hat als Mensch Umkehr nötig. Diese Umkehr zeigt sich im Mitgefühl. Die Frau belehrt Jesus durch ihren festen Glauben und ihr Vertrauen: „Es soll dir geschehen, wie du willst.“
So bekommen wir an diesem Sonntag Leitlinien für unsere Lebensstraße durch die Begriffe „Gerechtigkeit“, Berufung“, den Ruf durch den Geist, der zu uns spricht, sowie Ausdauer (auch) im Glauben. Vielleicht können Sie etwas davon für Ihre Lebensgestaltung brauchen.
Reich Gottes auch für die Heiden
Eine selbstbewusste und hartnäckige "Ausländerin"
„Von dort zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.“ Dies ist das alte Stammesgebiet von Ascher, von dem es im Segen des Jakob schicksalhaft heißt: „Ascher, fett ist sein Brot, Königskost liefert er.“ (Gen 49,20). Als fruchtbares Land wird es beschrieben. Diese Gegebenheit wird durch die Perikope im Matthäusevangelium fortgesetzt; denn die Begegnung Jesu mit der namenlosen Kanaanäerin wird reiche Frucht bringen!
Wer von uns möchte als „Hund“, wie es im Evangelium zu hören war, beschimpft werden; so weit geht die Tierliebe von Menschen doch nicht - oder? Ich frage mich: wieso lässt sich die namenlose Frau, die noch dazu als Kanaanäerin und damit als Ungläubige ausgewiesen wird, diese Beschimpfung durch Jesus gefallen? „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern (Israels) wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.“
„Das Brot vor die Hunde werfen…“ Was ist das für eine Art und Weise über Brot zu sprechen, zu denken? Das erschüttert unser „Jesusbild“ gewaltig. Dies passt doch so gar nicht zu ihm, der als Sämann in vielen Gleichnissen „auftritt“.
Horizonterweiterung
Gehen wir ganz an den Beginn der Perikope, wo seine erste Reaktion auf die Bitte der Frau „keine Antwort“ war. Auch diese „Unhöflichkeit“ ist kaum mit dem Jesus, den wir Herrn, Bruder, Freund nennen, zu vereinbaren. Selbst seinem damaligen Freundeskreis, den Jünger, ist diese Reaktion Jesu zuwider, peinlich, sodass sie ihn anflehen, sich doch der Frau zu erbarmen. Wenn wir so das Verhalten von Jesus zu Beginn der Perikope ansehen, ist der Lernprozess für Jesus bis zum Ende des heutigen Evangeliums enorm.
Die Begebenheit, welche sicher nicht zufällig im ursprünglichen Gebiet vom Stamm Ascher stattfindet, gibt einen großartigen Einblick in eine Situation, die zum Ort des Lernens für Jesus geworden ist. Durch die Begegnungen mit den bittenden, verzweifelten, in Nöten geratenen Menschen und ihren Wünschen, ihrem Glauben hat Jesus in der persönlichen Auseinandersetzung mit ihnen den Willen Gottes erfahren: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe…“, so hat er gelehrt, aber auch danach gelebt. In den Evangelien erfahren wir, wie er offen war für den „Willen Gottes“, den Weisungen Gottes, der Tora. Von diesem lernenden, begreifenden, erkennenden Jesus haben wir heute in der Begegnung mit der Frau gehört.
Beharrlichkeit
Wer ist diese Frau, die in ihrer Beharrlichkeit zur „Schule“, zu einem Ort des Lernens für Jesus wird? - Persönlichen Namen hat sie, wie viele Frauen in der Bibel, keinen. Bei Matthäus wird sie als Kanaanäerin, bei Markus als Syrophönizierin vorgestellt. Somit war damals klar, dass sie eine „Ungläubige“ war. Dazu kommt noch, dass sie im Küstengebiet von Sidon und Tyrus, welches zur Zeit Jesu Teil des Römischen Reiches (Provinz Syrien), heute Libanon, zu Hause war. Bei der Bevölkerung im Inneren Galiläas, der auch Jesus und seine Jüngergruppe angehörten, löste die Bevorzugung dieser wohlhabenden Küstenregion durch die Römer das Gefühl der Ausbeutung aus! Sie, die galiläischen Bauern, hatten auf Druck der römischen Besatzung dieses „heidnische“ Gebiet mit Getreide zu versorgen! Der Hinweis „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern (Israels) wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.“ ist als sozialkritische Komponente am politischen System zu sehen und verweist auf die soziale Benachteiligung einer Gruppe hin!
Brot auch für die "Heiden"
Stichwort Brot in dieser Perikope: Vom Brot, welches in Fülle für die 12 Stämme Israels da ist, erfahren wir in der Perikope „Die Speisung der Fünftausend“. Diese Erzählung leitet das Thema „Brot“ in diesem Kapitel im Matthäusevangelium ein. Durch die Verortung der heute gehörten Perikope in das alte Stammesgebiet von Ascher, greift Matthäus das Thema Brot noch einmal auf: „Ascher, fett ist sein Brot, Königskost liefert es.“ (Gen 49,20), so heißt es im Buch Genesis.
Und noch einmal wird ein paar Verse weiter eine Broterzählung eingefügt. Dieses Mal sind es jedoch nicht 12 Körbe, sondern „nur“ 7 Körbe, die mit den übrig gebliebenen Brotstücken gefüllt wurden. Die sogenannte „Speisung der Viertausend“ findet nun im heidnischen Gebiet, der Dekapolis statt, dort wo einst 7 heidnische Stämme sich ansiedelten. Die Reihenfolge der Perikopen ist nicht zufällig. Denn diese drei Broterzählungen „Speisung der Fünftausend – Die Erhörung der Bitte einer heidnischen Frau – Die Speisung der Viertausend“ geben so bewusst den Prozess einer „Horizonterweiterung“ wider, und wir erfahren von einem Jesus, der aus der gesellschaftlichen Peripherie herauswächst. Er wendet sich aufgrund der Beharrlichkeit einer „heidnischen“ Frau, aus seinem religiösen-ethnischen Kulturkreis nun anderen gesellschaftlichen Gruppen, wie der heidnischen Bevölkerung zu.
Auf die anfangs gestellte Frage "Wieso lässt sich die namenlose Frau, die noch dazu als Kanaanäerin ausgewiesen wird, diese Beschimpfung durch Jesus gefallen?" gibt es nun eine Antwort: Ihre Hartnäckigkeit, Beharrlichkeit, letztlich ihr Glaube hat sie die anfänglich erfahrenen „Herabwürdigungen“ überwinden lassen. Dadurch wird sie wahrgenommen, gewinnt sie Aufmerksamkeit. Und Jesus spricht ihr aufgrund ihres Glaubens zu: "Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt."
Reich Gottes für alle
Es findet – so würde man es heute nennen – eine Inklusion statt: Nicht nur zu den verlorenen Schafen Israels fühlt sich Jesus von nun an berufen, sondern auch anderen Völkern wendet er sich mit der Botschaft vom Reich Gottes zu.
Der Schlussgedanke geht wieder zurück zum Anfang der Überlegungen: Wer möchte schon als „Hund“ bezeichnet, beschimpft werden? Es sind wir, die wir zwar nicht so bezeichnet werden wollen, aber biblisch betrachtet können wir als die Nachfolger der Heidenchristen, „die Hunde“, gesehen werden, die von den Brotresten, die vom Tisch fallen, etwas bekommen. Jesus ist auch für die "Hunde", für die Heiden da. Er wendet sich ihnen zu und holt sie in die Welt der Frohbotschaft vom Reich Gottes herein. Die „Sammlung der Völker“, die schon Abraham, dem „Vater vieler Völker“, zugesagt wurde, beginnt sich zu erfüllen.
Gottes Liebe gilt allen Menschen
Zwei Lernende
Fremd sein - das ist eine Erfahrung, die herausfordern kann. Sei es, dass ich selber fremd bin oder dass ich als Einheimischer fremden Menschen begegne. Fremdsein - das macht vielleicht zuerst Angst, ist Bedrohung. Denn es stellt das Eigene auch in Frage. Doch es gibt auch die andere Seite: Fremdsein, Fremden zu begegnen, das kann bereichern. Es kann mein Denken erweitern. Ich kann vom Fremden lernen.
Lernen kann ich sehr viel von der kanaanäischen Frau - sehr viel. Ihre Tochter ist krank. Da ist es selbstverständlich, dass sie alles versucht, dass ihr Kind gesund wird. Alles setzt sie ein. Wir hören es ja im Evangelium sie schreit so lange hinter den Jüngern her, bis diese Jesus endlich bitten, er möge ihre Bitte erfüllen. Welch eine Liebe zeigt sich hier. Welch einen Einsatz für die eigene Tochter. Diesen Mut, diese Hartnäckigkeit, dieses Vertrauen in Jesus ist eines, was ich von der kanaanäischen Frau lernen kann.
Doch es kommt für sie ganz scharf. Sie hat auf Jesus viel Hoffnung gesetzt. Denn sie hört die Worte: "Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und dann den Hunden wegzuwerfen!" Diese Worte zeigen Jesus von einer anderen Seite als wir ihn uns sonst vorstellen. Da ist nicht der liebe Jesus, der für alle ein offenes Herz hat. Jesus ist mir hier ziemlich fremd in seiner Schroffheit, in seinen scharfen Worten. Was Jesus hier sagt, hätte die Frau auch als Beleidigung auffassen können. Mit "Hunde" bezeichneten die Juden damals alle Menschen aus anderen Völkern und damit alle Heiden. Sie glaubten, dass das Heil, das von Gott kommt, nur den Juden galt und eben nicht den Heiden. Damit hatten die Menschen in den Augen vieler Juden nicht die selbe Würde. Auch Jesus scheint das zu denken, wenn er sagt: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt!"
Doch jetzt kann ich durch die kanaanäische Frau ein weiteres lernen. Sie lässt sich nicht einfach von Jesus abtun. Sondern sie wird sich ihrer eigenen Würde bewusst. Sie hat vielleicht gedacht: Ich gehöre zwar nicht dem Volke Gottes an. Doch auch ich selbst habe meine Würde. Mein Kind hat seine Würde. Auch die Menschen meines Volkes haben ihre Würde. Mag sie auch nicht so groß sein wie die Würde derer, die dem Volk Israel angehören. Dieser Gott Israels muss auch ein Herz haben für die Menschen anderer Völker und Nationen. Tief davon überzeugt sagt sie dann zu Jesus: "Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen!" Nur wer so einen Glauben hat wie die Frau, der kann so sprechen. Und dieser große Glaube, diese Hoffnung, ist das nächste, was ich von der Frau aus dem fremden Volk lernen kann. Da weiß ich mich, wenn ich dieses Evangelium lese, in guter Gesellschaft mit Jesus.
"Frau, dein Glaube ist groß!" Jesus lobt diesen Glauben. Er hat gelernt, dass nicht nur in seinem Volk Glauben vorhanden war, sondern auch in Menschen anderer Völker. Er hat gelernt, dass Gott sein Heil nicht nur den Israeliten schenken wollte, sondern allen Menschen.
Wechselseitige Bereicherung
Das Heil - das ist nicht nur einer bestimmten Gruppe vorbehalten, nicht nur bestimmten Menschen. Ich darf mir nicht einbilden, das Heil, die Liebe Gottes nur deswegen zu bekommen, weil ich katholisch bin, dazu noch römisch katholisch. Ich habe das Heil, die Liebe Gottes nicht einfach nur dadurch, dass ich jeden Sonntag den Gottesdienst besuche. Das ist jetzt keine Binsenweisheit. Vielmehr müssen wir aufpassen, nicht in das Denkschema zu verfallen, nur der eigene Weg, die eigene Konfession, das eigene Denken sei richtig. Nur wir leben in der wahren Kirche.
Wer sich mit den anderen Religionen befasst, wird sehen, wie wertvolles und wie viel richtiges in ihnen enthalten ist. Man kann über die Glaubensinhalte der anderen Religionen diskutieren, sie in Frage stellen. Eines ist in ihnen immer wieder zu sehen: Eine ehrliche Suche nach Gott, eine ehrliche Suche, nach dem Sinn, und auch eine ehrliche Suche, diese Welt immer im Sinn Gottes zu gestalten. Natürlich brauchen auch wir Christen und Christinnen uns nicht verstecken. Auch wir dürfen Menschen anderer Religionen bereichern.
In Gesprächen mit Menschen, die einem anderen Glauben angehören, die zu einer anderen Konfession gehören, sogar mit denen, die nicht glauben, spüre ich oft ganz ehrliches Fragen. Ich werde in meinem Glauben bereichert. Ich glaube fest: Gott wendet sich auch diesen Menschen zu. Gott hat so viele Wege wie es Menschen gibt. Diese Menschen sind geliebt, ganz gleich wem oder was sie angehören. Alle Menschen beruft Gott zum Heil. In jedem Menschen kann Gott mir etwas mitteilen, mir sagen. Überall kann der Glaube groß sein, hartnäckig, überall kann ich viel Liebe entdecken. Dort, wo ich das Suchen und Fragen entdecke, wo ich ehrliche Liebe zu einander sehe, dort ist dann auch Kirche zu entdecken, dort wirkt Gottes Geist. Das ist doch eine wunderbare Erkenntnis. Wie oft haben sich Menschen bekämpft, weil sie glaubten, nur ihr Weg, ihre Religion, ihre Kirche, sei das richtige, alle anderen seien falsch, schlechter, weniger wert.
Suchen wir weiter aufeinander zuzugehen. Gehen wir dem, was uns fremd erscheint, nicht aus dem Weg. Gott bringt uns weiter, bereichert uns, vielleicht gerade durch das Fremde, die Fremden, denn ich bin fest überzeugt: allen Menschen ist das Heil geschenkt.
Im Glauben wachsen
Beeindruckt vom Glauben einer Heidin
Eine kanaanäische Frau aus jener Gegend erkennt Jesus. Obwohl sie Heidin ist, gibt sie ihm den richtigen Hoheitsnamen, „Jesus, Sohn Davids“, und bittet lautstark um die Befreiung ihrer Tochter von einem Dämon. Doch Jesus reagiert nicht. Es treibt ihn eine andere Sorge um, die Sendung um sein eigenes Volk, das der Juden, das Gott in den Stammvätern und Propheten erwählt hat. Es bedrängt ihn die Tatsache, dass seine Sendung in Israel bisher nicht erkannt wurde. Wie viele Zeichen wirkte er schon? Er wurde nicht angenommen. Oft wurde er missverstanden und zum Krankenheiler und Wundertäter herunter degradiert. Für die offiziellen Ausleger der Heiligen Schriften wurde er zum störenden Besserwisser, der Recht und Ordnung durcheinanderbrachte. Jesus bedrängte es: „Wie begreifen meine Landsleute, dass der Gott unserer Väter gnädig und barmherzig ist, der den Schwachen erhebt und den Sünder rettet? Jesus antwortete der Heidin nicht, er lässt sie stehen. Die Jünger sehen die hinterherschreiende Frau als „Plagegeist“, den sie abschütteln wollen: „Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her!“ Wir wollen unsere Ruhe haben. Um wahre Hilfe für die Frau und ihre Tochter mühen sie sich nicht. Jesus geht von seiner Sendung aus und formuliert sehr direkt: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Denn die begreifen Gottes Güte nicht, sie verhärten ihr Herz.
Jetzt wirft sich die Frau Jesus in den Weg: „Herr, hilf mir!“ Da setzt Jesus noch eins drauf: „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen“. Die Frau gesteht demütig Israels Erwählung ein und vertraut, dass Brotkrumen von den Tischen der Kinder fallen für die kleinen Hunde, auch für sie. Sie lässt sich mit den kleinen Hunden vergleichen, die die Lieblinge der Familienmitglieder sind. Sie vertraut grenzenlos. Mit diesen Worten kann sie Jesu Herz berühren. Er sieht in ihr die wahre Verlorene, die dem Sohn Davids in seiner messianischen Sendung glaubt und alles zutraut. Sie wird zur Armen, die nichts in Händen hat als den nackten Glauben, dass Jesus auch ihre Verlorenheit im Herzen des Vaters beheimatet. Jesus erkennt in der heidnischen Frau die Gnade des himmlischen Vaters, der ihr einen solch großen demütigen Glauben geschenkt hat. „Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt“.
Grenzenloses Erbarmen Gottes
Auch wir dürfen mit all unserer Verlorenheit zu Jesus kommen. Wir sind eingeladen, an Gottes Liebe zu glauben. Wir sollen grenzenlos vertrauen und uns an seine Güte hinschenken. Wenn wir wie blind vertrauen, ausdauernd beten und offen bleiben, dass nicht »Unser Wille«, sondern »Sein Wille« geschehe, beginnen wir zu erkennen, dass wir immer geliebt und geborgen sind, auch wenn die schnellen Lösungen nicht da sind.
Die deutsche jüdische Philosophin und katholische Karmelitin Edith Stein, die 1942 in Auschwitz getötet wurde, erkannte die Not, die Jesus umtrieb, dass sein Volk, das von Gott erwählt ist, den Messias nicht erkannte. Sie gab ihr Leben als Geschenk an Gott, damit ihre Landsleute Gottes Wege finden könnten. Bekannt ist ihr Gebet: „Lass blind mich, Herr, die Wege gehn, die deine sind.“
Oft heißt es, lange und geduldig den Herrn anzuflehen. Und auch dann scheint am Ende alles umsonst zu sein – der Kranke stirbt, es gibt keine Lösung, wie wir sie wollen. Geben wir nicht auf! Wenn wir unsere Anliegen nicht so gelöst bekommen, wie wir wollen, erhört der Herr dennoch, anders, oft später: Menschen bekehren sich, scheinbar unlösbare Feindschaften sind wie weggeblasen, der Sinn des Lebens wird im Evangelium gefunden.
Gottes Gnade zündet immer noch ein Licht an, steht zum Menschen und erwartet unsere Gegenliebe. Sie gibt großen Freiraum. Er liebt uns unendlich.
Glaube schafft neue Verhältnisse
Die vielen Völker
Heute passt alles zusammen: die Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja, der Brief an die Gemeinde in Rom - und dann das Evangelium! Es geht um die vielen Völker - und wie sie bei Gott angesehen sind. Ein spannendes Thema - und ein Thema, in dem es um das Überleben und die Zukunft der Menschen geht.
Vor 100 Jahren - im August 1914 - tobt der 1. Weltkrieg. Gerade hat er begonnen. Die Völker haben sich den Krieg gegenseitig erklärt - wie in einem Rausch. In einem Bestseller unserer Tage ist zwar von "Schlafwandlern" die Rede, aber das kommt eher dem Bedürfnis entgegen, noch nach Jahrhunderten die Unschuldslämmer zu spielen. Oder die Opfer. Nur nicht die Täter. Es sind die anderen, die - mitten im Frieden - den Krieg begonnen haben. Immer. Manche glauben es bis heute. Die Wahrheit wollen sie nicht hören. Sie ertragen sie nicht.
Wenn ich an die Konfliktherde heute denke - unwillkürlich - tauchen diese Strickmuster wieder auf. Es wird interpretiert, versteckt und gelogen. Kommentare wälzen sich hin und her. Wortschwaden liegen wie Dunst über den Abgründen. Die Wahrheit ist die erste, die erschossen wird. Dann wird sie in Propagandaschlachten wild ausgeschlachtet. Am Ende liegt sie in zerfleddert auf der nackten Erde. Geiern und Hyänen zum Fraß vorgeworfen.
Heute passt alles zusammen: die Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja, der Brief an die Gemeinde in Rom - und dann das Evangelium! Es geht um die vielen Völker - und wie Gott um sie wirbt. In einer Liebe, die es mit dem Tod aufnimmt.
Haus für alle Völker
Bleiben wir einmal an der ersten Station stehen. Jesaja - es ist der dritte mit diesem Namen - begleitet Menschen, die voller Hoffnung an das Ende des Exils in Babylon denken können. Der neue Abschnitt ist zum Greifen nahe. Alles riecht nach Aufbruch. Jetzt darf sich aber auch kein falscher Ton einschleichen. Selbstgerechtigkeit ist nicht angesagt. Rachegefühle auch nicht. Wenn schon neu anfangen, dann richtig: "Wahrt das Recht, und sorgt für Gerechtigkeit; denn bald kommt von mir das Heil, meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren!"
Es ist wie ein Paukenschlag: Wacht auf! Klar, es war eine harte Zeit für Israel, auch eine Zeit, sich mit der eigenen Schuld auseinanderzusetzen, aber wenn es überhaupt weitergehen soll, wenn es eine Zukunft geben kann, dann nur mit Recht und Gerechtigkeit. Recht und Gerechtigkeit werden zu Namen Gottes, der sein Volk nicht fallen lässt - aber die anderen Völker auch nicht. Mit alten Rechnungen ist kein Staat zu machen - im wahrsten Sinn des Wortes.
Israel, ein Volk in der Fremde, entdeckt in der Fremde die Fremden. Grandios, alles Gewohnte und Vertraute in den Schatten stellend, heißt es gar, dass der Tempel - ein Haus des Gebets für alle Völker wird. Gottes Haus ist kein Nationaldenkmal. Dabei freut sich Israel so sehr über den Tempel, den es wieder neu bauen möchte. Dass der Prophet den Menschen zumutet, ihn mit anderen zu teilen, wird nicht nur gut angekommen sein. Die Reaktionen der Leute kenne ich gleichwohl nicht. Ich muss aber kein Prophet sein, um die vielen Einwände zu hören - und das Geschrei. Das ist unser Haus! Das ist unser Gott! Das ist … unser, unser, unser.
Wir - die Fremden
An der 2. Station hat sich Paulus hingestellt. Ein riesiges Problem bewegt ihn. Hat Gott sein Volk Israel dann doch fallen gelassen? Es gab Stimmen, die genau das propagierten - und sich von Israel absonderten. Schon früh haben Christen die Meinung vertreten, sie seien jetzt das "wahre", das "eigentliche" Israel - weil Israel Jesus nicht als Messias sehen und nicht anerkennen konnte. Damals begann eine unheilvolle Geschichte, die immer noch nicht abgeschlossen ist. In antisemitischen Parolen lebt ein Ungeist fort, der Folien für den Hass braucht und Menschen zu Sündenböcken macht, die in die Wüste geschickt werden. Aber: Gott ist treu. Die Liebe, die er einmal versprochen hat, steht nicht zur Disposition. Paulus ringt geradezu um Worte. Er will etwas verständlich machen, was für viele Menschen nicht nachzuvollziehen ist. "Unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt" - sagt Paulus.
Israel ist nicht enterbt - und dann: ein weiter Blick, befreiend und klar: Wir, wir Christen, sind die Fremden, die von Gott in seinen Bund hineingenommen sind. Wir können uns nicht über andere erheben - andere auch nicht in ihrer Schuld gefangen nehmen. Schuldig werden wir alle, Juden, Christen und Heiden. Alle Völker teilen Schuld, alle Völker teilen die Angst, alle Völker wachsen aber auch in der Hoffnung. Es gibt keine Unterschiede, die Trennungen rechtfertigen. "Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen". Jetzt ist Paulus glücklich. In diesem Satz sieht er Israel in der Liebe und Treue Gottes bewahrt - und uns Heiden auch. In Rom und anderswo. Zeit, unsere eigenen Orte zu nennen. "Um sich aller zu erbarmen"! Aller, aller!
Heute feiern wir Gottesdienst in unserer Kirche. Am Anfang bekennen wir unsere Schuld. "Herr, erbarme dich". Dann hören wir Gottes Wort. Sein Wort ist Liebeserklärung, Gnadenzuspruch und Wegweisung in einem. Es ist ein Wunder, geliebt zu werden. Mit der Schuld und dem Unvermögen, dem Zweifel und der Angst, die wir nicht verbergen. Uns wird zugemutet und zugetraut, in der Liebe zu leben. Als Gottes Kinder feiern wir das Mahl Jesu. Ein großer Lobpreis, eine Danksagung - Eucharistie. "Das ist mein Leib" - "das ist mein Blut". Mit diesen Worten schenkt sich uns Jesus - und bleibt in unserer Mitte. Bei uns hat er sein Zelt aufgeschlagen, bereit, mitzugehen.
Großer Glaube
Zu guter Letzt die 3. Station. Das Evangelium. Höhepunkt. Haltepunkt. Mittelpunkt. Wir sehen eine fremde Frau, aus Kanaan - sie gehört nicht zum Volk Israel - bei Jesus Hilfe suchen. Er ist die letzte Rettung. Jetzt muss es sein. Heute! Aber Jesus fertigt sie überraschenderweise ab. Wir sind entsetzt, verunsichert, hin- und hergerissen. Wie sich das anhört: "Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen." Die ältesten Verwerfungen und Vorurteile kommen hier hoch - und werden ausgesprochen. Sogar von Jesus. Dann die Frau: sie überwindet Jesus, schlägt ihn mit seinen eigenen Worten: "Ja, du hast Recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen." So furchtbar diese Bilder sind: diese Frau, eine Fremde, wird bei Jesus Hilfe finden - und von nun an gibt es keine Fremden mehr, die abgefertigt, zurückgelassen oder verworfen werden könnten. Wir haben hier einen großen Augenblick vor uns - einen kleinen Wortwechsel - und einen großen Glauben. Tatsächlich: bei dieser fremden Frau. Sie lässt sich nicht kleinmachen, sie gibt auch nicht klein bei - so sieht eine Heilige aus.
Es ist eine wunderschöne Geschichte, die mit wenigen Strichen davon erzählt, dass die Völker nicht auseinandergehalten werden, sondern zusammenkommen. Sogar der große Glaube (!) kann den Fremden nicht abgesprochen werden - er wird ihnen geradezu zugesprochen. Die Frommen, die sich in ihrer kleinen Welt zurückgezogen haben und mit sich im Reinen und zufrieden sind, horchen auf.
Gottes Liebe, Gottes Welt vertragen nicht die Grenzen, die wir ihr ziehen. Das kann auch Kirchenleute schon mal ganz schön - mitnehmen.
Heute passt alles zusammen: die Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja, der Brief an die Gemeinde in Rom - und dann das Evangelium! Es geht um die vielen Völker - und wie sie bei Gott angesehen sind. Ein spannendes Thema - und ein Thema, in dem es um das Überleben und die Zukunft der Menschen geht.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Grenzenloses Vertrauen
Wer Vertrauen wagt, der liefert sich aus
Wer von uns wäre bereit, sich so total dem Wohlwollen eines Anderen auszuliefern wie die kananäische Frau es bei Jesus getan hat? Wir wären da wohl zurückhaltender und auch berechnender. Wir wissen, dass Vertrauen eine zerbrechliche und delikate Angelegenheit ist. Wer Vertrauen wagt, der liefert sich aus. Er macht sich verletzlich und riskiert, dass er dabei abgewiesen wird.
Gleichzeitig sehnen wir uns nach Vertrauen. Jeder Mensch trägt in sich das Verlangen, dass da jemand ist, der uns annimmt, der Ja zu uns sagt, der Verständnis und Zuwendung schenkt. In dieser Sehnsucht sind wir alle mit der kananäischen Frau verwandt. Offen, oder heimlich laufen auch wir immer wieder hinter einem Menschen her mit der lauten, oder stummen Bitte: Hab Erbarmen mit mir; hab Zeit für mich; versteh mich doch!
Dabei wird das Vertrauen der Frau aus Kana bis zum Äußersten strapaziert. Den Jüngern fällt sie mit ihrem Bitten und Betteln lästig. Sie wollen sie kurzerhand wegschicken. Aber auch Jesus sagt ihr brutal deutlich, dass sie kein Recht hat, von ihm erhört zu werden.
Hartnäckig und umwerfend
Doch an dieser Stelle geschieht das Entscheidende der ganzen Geschichte. Die Frau gibt unumwunden zu, dass sie Jesus gegenüber keine Ansprüche anzumelden hat. Dennoch vertraut sie darauf, dass von der Güte Jesu auch für sie etwas übrig bleibt, zumindest so, wie Brotreste vom Tisch der Herren den Hunden unter dem Tisch zugeworfen werden.
Dieses so restlose Vertrauen scheint sogar Jesus umgehauen zu haben. Jedenfalls hat es ihn umgestimmt. So darf die Frau die Erfahrung machen, dass tatsächlich Einer da ist, der ihr hilft, dass da Einer ist, der bei soviel Glauben sozusagen kapitulieren muss.
Das Erbarmen Gottes kennt keine Grenzen
Was diese Frau aus Kana mit Jesus erlebt hat, das gilt auch für uns, wenn wir unseren Glauben leben wollen. Zunächst sagt diese Begebenheit: auch wir haben Gott gegenüber keine Ansprüche und Forderungen geltend zu machen. Wir können nicht über Gott verfügen und ihm nicht berechnend gegenüber treten. Glaube kann nur dort leben, wo der Mensch sich Gott anvertraut, wo man sich ohne Wenn und Aber in die Hand Gottes begibt.
Wer dieses Vertrauen wagt, der darf allerdings gewiss sein, dass Gott schon sensibel ist für unsere Sorgen und Anliegen. Wir dürfen sie mit Fantasie und Schlagfertigkeit vortragen, so wie die kananäische Frau es tat. Und vor allem dürfen wir gewiss sein: auch mit uns hat Gott Erbarmen. Auch uns gibt er, was wir brauchen. Auch uns lässt er nicht im Stich.
Gott lässt überhaupt niemanden im Stich, der sich ihm anvertraut, auch jene nicht, die in unseren Augen zu den Nichtgläubigen gehören. Die Jünger wollten die Frau wegschicken, weil sie lästig war und sogar Jesus selbst hat sich ihr gegenüber zuerst abgegrenzt, weil sie nicht zum auserwählten Volk der Juden gehörte. Doch da sie nicht locker ließ und so großes Vertrauen in Jesus setzte, machte Jesus dann seinerseits deutlich: letztlich kennt das Erbarmen Gottes keine Grenzen.
Grenzenloses Vertrauen
Das bedeutet für uns auch: ob jemand zur Kirche gehört, oder außer ihr steht, ob er offiziell den Glauben bekennt, oder nur heimlich, oder einfach auf der Suche ist - jeder Mensch, der auf seine ganz persönliche Weise bittet, oder auch nur stammelt: "Hab Erbarmen mit mir, Herr", jeder Mensch, der sich Gott anvertraut, findet bei ihm Gehört. Auch für ihn ist der Tisch gedeckt.
Das heutige Evangelium will uns Mut machen für unser Vertrauen in Gott, für ein Vertrauen ohne Berechnung und ohne Vorbehalte. Darüber hinaus will es aber auch unseren Sinn dafür schärfen, dass es uns nicht zusteht, uns anderen gegenüber abzugrenzen, einfach weil sie uns lästig, weil sie anders sind, weil sie nicht zu unserem Volk gehören, oder weil wir meinen, die hätten den falschen Gott, oder würden überhaupt nichts glauben. Vielleicht bitten die viel echter als wir: "Hab Erbarmen, Herr", so wie die Frau aus Kana das viel echter tat als die Jünger.
Der Test, ob wir uns wirklich Gott anvertrauen, zeigt sich gerade darin, ob wir solches Vertrauen auch jenen Menschen entgegen bringen, die anders sind als wir, anders in Herkunft, in Rasse, in Religion. Niemand darf im Namen Gottes ausgegrenzt werden. Diesbezüglich haben wir alle noch einen weiten Weg vor uns, nicht wahr?
Einladung zum Umdenken
Wie kann Jesus so reden?
Die Erzählung von der heidnischen Frau, die nicht locker lässt, bis Jesus sich ihrer erbarmt, ist in einen schwierigen Textzusammenhang eingebettet. Von Jesus wird uns eine Reaktion überliefert, die ganz und gar nicht in das Bild passt, das die Evangelisten sonst von Jesus vermitteln. Die ganze Art, wie Jesus mit der Frau umgeht, ist so abstoßend, dass es einem kalt über den Rücken läuft. Kein Wort der Anteilnahme, des Mitleids, des Verständnisses für die Not der Frau, keinen Schritt der Bewegung auf sie zu, blanke Ablehnung. Kann jemand so reserviert und mit größter Distanz antworten, der von sich behauptet, der Heiland und Erlöser der Menschen zu sein?
Da ist eine Mutter, die in ihrer Not um Hilfe für ihre Tochter bittet. Wer hätte dafür kein Verständnis! Wie kann Jesus ihr antworten: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt." Und es kommt noch schlimmer. Als die Frau sich nicht abweisen lässt, muss sie sich auch noch den Satz anhören: "Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen." Mit den "Kindern" sind die Gläubigen Israels gemeint, die Söhne und Töchter Jahwes. Kurz: Die heidnische Frau wird von Jesus als Hündin bezeichnet. Was ist nur in Jesus gefahren, dass er so reden kann!
Beschnittene und Unbeschnittene
Ich glaube, hier haben wir einen Text vor uns, den man nur mit Hintergrundwissen richtig verstehen und auslegen kann.
Versetzten wir uns in die Lage des Matthäus. Die Gemeinden, in denen er wirkt, sind stark durchsetzt mit Judenchristen. Diese - oder mindestens einige von ihnen - waren noch sehr geprägt von der Idee: Der Messias ist ausschließlich der Messias für das auserwählte Volk Gottes. Die Nicht-Jahwe-Gläubigen, die Unbeschnittenen, die Heiden bezeichnete man gern abfällig als "Hunde", die - nach den Vorstellungen der Juden damals - grundsätzlich keinen Anteil am Heil zu erwarten hatten. Obwohl in den Gemeinden des Matthäus Jesus immer wieder als Heiland für alle verkündet wurde, war bei vielen Judenchristen der Gedanke, allein im Besitz des Heils zu sein, nicht auszurotten. In ihrem alten jüdischen Glauben verhärtet wollte sich in ihre Herzen die Überzeugung vom Heil Jesu für alle nicht einnisten.
In diese Situation hinein stellt Matthäus seinen Bericht von der Begegnung Jesu mit der kanaanäischen Frau. Dabei geht Matthäus geschickt, fast listig vor. Er nimmt das Gedankengut und die Argumente der Judenchristen und legt sie in den Mund und das Verhalten Jesu. Dass diese Übertragung durch Matthäus so geschehen ist, dürfen wir der Tatsache entnehmen, dass uns berichtet wird, dass Jesus in das Gebiet der Heiden geht, in das Gebiet von Tyrus und Sidon. Wenn Jesus wirklich überzeugt gewesen wäre, er sei nur der Messias für Israel, was hätte er dann bei den Heiden gewollt? Er hatte sich ja auch vorher nicht geziert oder geweigert, den Knecht des heidnischen Hauptmanns von Kafarnaum zu heilen. Den Hauptmann überschüttet Jesus geradezu mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit. Warum sollte er anderen Heiden nicht in gleicher Weise begegnen?
Indem Matthäus die Worte und das Verhalten der Judenchristen gegenüber den Heiden auf Jesus überträgt, kann er massiv zeigen,
- dass Jesus sich den Heiden öffnet und nicht bei der alt überlieferten Vorstellung der Juden über den Messias stehen bleibt,
- und in welchem Ausmaß die Juden den Heiden oft Unrecht tun in ihrem Denken über sie. Diese Frau aus dem Volk der Heiden, die sich an Jesus wendet, hat das, was vielen Juden in ihrer Überheblichkeit fehlt: Das Vertrauen in Gott, dass dieser alle Menschen liebt und Heil schenken will.
Ohne die Judenchristen anzuklagen, spricht Matthäus ihnen sehr deutlich ins Gewissen. Wer über diese Frau nicht nachdenkt und sich nicht ansprechen lässt, über die Begegnung Jesu mit ihr nachzudenken, um Gewissenserforschung mit sich selbst zu halten, dem ist nicht zu helfen.
Ein starker Glaube
Matthäus arbeitet in seiner Darstellung der Szene die tiefe Bescheidenheit dieser Frau und ihren starken Glauben heraus. Sie weiß, dass die Juden die Heiden oft mit dem Wort "Hunde" belegen. Anstatt Jesus dieses Wort zornig um die Ohren zu schlagen, bleibt sie ruhig. Sie lässt sich durch den Hochmut anderer nicht zum Zorn reizen. Welch eine gestandene, gelassene Frau! Ruhig und sachlich antwortet sie Jesus sinngemäß: Du hast Recht, Herr. Ich gehöre nicht zum auserwählten Volk, ich sitze nicht am Tisch und in der Runde des Volkes Gottes. Unser Volk hat nicht die Zusagen des Heils, die Israel zuteil wurden. Aber wenn wahr ist, was die Juden von ihrem Gott Jahwe erzählen, dann wird auch für uns, die Heiden, etwas von den Gaben Gottes abfallen. Wenn die Juden auch engherzig sind, Gott wird sich in seiner Liebe und Güte nicht begrenzen und einengen lassen auf die Religionszugehörigkeit. Vielleicht stimmt es, dass die Juden die besonderen Lieblinge Gottes sind. Aber ich glaube daran, dass Gottes Herz auch uns, den Nicht-Juden, weit offen steht. Mögen die Juden auch gering über uns Heiden denken, Gottes Herz ist weit.
Deutlicher und heraufordernder kann Matthäus sein Anliegen, das ihm auf den Nägeln brennt, nicht darstellen. Jeder, so hofft der Evangelist, wird sich die Frage stellen: Wie gehe mit denen um, von denen ich glaube, dass sie weniger in der Gunst Gottes stehen?
Ein Bekehrungsprozess
Damit die Gläubigen in ihrem Nachdenken die richtige Antwort für sich finden, schildert Matthäus in der Person Jesu eine Art Bekehrungsprozess. Diesen wünscht sich der Evangelist von allen, die in ihrem Innern Heil und Segen Gottes für irgendjemanden in vollem Umfang ablehnen. Gottes Liebe lässt niemanden aus, möchte Matthäus jedem einhämmern. Denn Heiland ist Jesus für alle.
Und vielleicht sollte man auch den Unterton des Evangelisten in seinem Bericht nicht überhören. Es ist eine Frau, die Matthäus für sein Beispiel wählt - nicht ein Mann und schon gar nicht ein Mensch mit Rang und Namen wie z.B. der Hauptmann von Kafarnaum. So weit geht also die Liebe Gottes, dass sie selbst noch die Bedeutungslosesten erreicht; die, die nicht einmal in dem von den Juden abgelehnten Heidenvolk etwas gelten.
Einladung zur Bekehrung
Übertragen wir die Begebenheit und das Anliegen des Evangelisten auf uns.
Da müsste eine erste Frage lauten: Über wen denke ich gering? Wem wünsche ich, dass er in den Augen Gottes nicht besonders gut dasteht? Wem würde ich gönnen, dass Gott ihm besondere Hilfe verweigert?
Neben dieser Frage für unser Gewissen möchte uns Matthäus die kanaanäische Frau als Vorbild vor Augen stellen. Vor allem ihr Wesen ist so wunderbar. Sie weiß, dass arrogante Menschen ein lockeres Mundwerk haben und mit Beleidigungen nicht vorsichtig umgehen. Sie steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden und lässt sich weder durch Worte reizen noch durch Ablehnung beleidigen. Ihr Glaube an die Liebe Gottes lässt sie in ihrer Bitte beharrlich bleiben.
- Wie schnell und tief sind wir oft beleidigt, wenn unsere vorsichtigen Bitten nicht wahrgenommen werden oder wenn wir billig abgewimmelt werden?
- Wie schnell geben wir auf, wenn unsere Ideen, Vorstellungen, Wünsche, Erwartungen in den Wind geschlagen werden?
In diesen Situationen, wo wir in der Rolle der heidnischen Frau stecken, sollen wir uns an sie erinnern und wissen: Mögen Menschen auch stur in ihren Vorstellungen uns gegenüber verharren und ihr Denken nicht ändern, Gott wird auf unsere Bitten eingehen. Unser Vertrauen in ihn wird uns Hilfe schaffen. Diesen Glauben dürfen wir uns durch keine noch so große Enttäuschung nehmen lassen.
Die Spirale der Gewalt durchbrechen
Rassismus, Hass und Gewalt
Berlin Charlottenburg. Ende Juli. Zwei Araber, beides Handwerker, die auf einen Termin warten, diskutieren über Antisemitismus.
Othman: Mein Bruder, Juden, Zionismus und Israel... Der Konflikt ist politisch, komplizierter als "der Jude". Wie soll ich dir das erklären?
Mohammed: Ich sage nicht, dass alle Juden Mörder sind. Aber wenn ich vom jüdischen Staat höre und dass dieser Staat unsere Kinder ermordet, dann frage ich mich schon, was das bedeuten soll.
Othman: Der jüdische Staat ist ein Resultat von Deutschlands Politik im Zweiten Weltkrieg. Die Franzosen und Briten haben unser Land aufgeteilt. Juden, das sind aber - ich schwöre bei Gott - ursprünglich unsere Freunde. Netanjahu ist heute das Problem.
Mohammed: Schau dir diese Schlagzeuge an! (Er zeigt auf die BILD-Zeitung im Zeitungsständer, auf der Titelseite steht "Nie wieder Judenhass). Keiner spricht mehr über den Krieg, die Aggressionen der Israelis sind vergessen. Jetzt sind die Juden wieder das Opfer. Das macht mich wütend, wie die Zionisten die Medien beherrschen.
Othman: Dass irgendwelche Idioten hier in Berlin Synagogen anzünden wollen, das macht mich aber auch wütend. Das schadet uns, aber vor allem den Menschen in Gaza.
So der Anfang eines Artikels in der Zeit vom 31. Juli 2014. Der Hintergrund des Gesprächs ist der der Konflikt in Gaza und die Reaktionen hier in Deutschland, die mich emotional sehr stark berührt haben und wahrscheinlich niemanden kalt lassen. Dieser Krieg und die ungeheure Gewalt, die von beiden Seiten ausgeht und angeheizt wird, wo keiner nachgeben will und durch den vor allem die Zivilbevölkerung, Kinder, Männer und Frauen jeden Alters sterben und andere ihre gesamte Lebensgrundlage verlieren.
Warum dieser Hass und diese Gewalt, die so viele Menschen bedroht und die immer wieder aufflammt? Gewalt unter der beide Seiten leiden.
Gewalt und Leid
Ich habe in meinem Urlaub ein sehr ergreifendes Buch gelesen: Während die Welt schlief! von Susanne Albuhawa. Es schildert über mehrere Generationen das Leben einer palästinensischen Familie, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, Amal. Der Roman beginnt in der Zeit vor der Staatsgründung Israels und endet mit dem Tod der Frau während eines Angriffs der Israelis auf ein Flüchtlingslager. Es beschreibt das unendliche Leid dem Palästinenser ausgesetzt sind. Sie erzählt von Palästinensern, von denen die Gewalt nicht ausgegangen ist und die dennoch in diese Gewalt immer wieder hineingezogen werden und schließlich selber Gewalt anwenden, weil sie keinen anderen Weg sehen.
In einem anderen Artikel, ebenfalls in der Zeit schreibt die israelische Schriftstellerin Zeruya Shalev über die Geschichte ihrer Familie, deren einer Teil schon vor über hundert Jahren in Palästina ansiedelte und deren anderer Teil Überlebende der Schoah sind, über das Leid und die Gewalt, unter der Israelis leiden, ebenfalls Kinder, Frauen, Männer.
Es geht um Menschen, die keine Politiker, keine Militärs, keine Mitglieder einer Organisation, keine Terroristen oder Attentäter sind. Es geht um Menschen die leiden und keinen Ausweg aus der Spirale von Krieg und Gewalt finden.
Das alles fällt zeitlich zusammen mit dem Ausbruchs des ersten Weltkrieges vor 100 Jahren sehen. Da waren Franzosen, Briten, Belgier, Russen oder Serben Menschen, die es zu töten galt. Feinde. Warum?
Wahrt das Recht und übt Gerechtigkeit
Lesung und Evangelium des heutigen Sonntags wirken zunächst ein wenig sperrig und doch deutet sich in ihnen eine andere Umgangsweise mit Konflikten und Menschen an, die anders sind wie wir.
Der Prophet Jesaja warnt, fordert auf, wahrt das Recht und übt Gerechtigkeit und das gilt ausdrücklich auch gegenüber Fremden, die eben nicht einfach die anderen oder die Gegner sind sondern Menschen, die ebenso guten Willens sind wie ich, wie wir auch. In Exodus 20 und Deuteronomium 5, in den Kapitel wo es um die 10 Gebote geht, werden in die Sabbatruhe ausdrücklich auch die Fremden mit einbezogen. Ihnen kommt das gleiche Recht zu wie den Mitgliedern des Volkes Israel.
Was vielleicht hier recht lapidar, vielleicht auch selbstverständlich erscheinen mag, bedeutet eine ungeheure religiöse und kulturelle Leistung. Der Fremde genießt das gleiche Recht wie ich, er hat den gleichen Anspruch auf die Sabbatruhe wie ich, ihm gegenüber habe ich mich zu verhalten wie gegenüber einem Angehörigen. Hier steht dann Achtung gegen Missachtung, Vertrauen gegen Misstrauen, Akzeptanz gegen Ablehnung, Teilen gegen Abgrenzung und Gemeinsamkeit gegen Ausgrenzung.
Auf diesem Fundament gründen Judentum, Christentum und Islam, geachtet werden kann es von allen Menschen. Und die Pointe des Evangeliums ist die Achtung Jesu vor dem Glauben der Frau und das Heil, dass ihr durch Jesus geschenkt ist.
Aufeinander zugehen
Ich glaube, dass wir hier als Menschen, als Gläubige neue Wege aufeinander zugehen müssen, dass wir einander wahrnehmen und achten können, dass mehr Gerechtigkeit sich durchsetzen muss, dass auch wir als Christen, als Deutsche einen Auftrag in der Welt haben. Ich glaube allerdings auch, dass uns militärische Einsätze dabei nicht helfen. Gewalt hat noch immer Gegengewalt erzeugt.
Sich hier anders zu verhalten haben, dazu haben Religionen und Gläubige ein ungeheures Potential, dass sie einsetzen müssen. Für mich war es beeindruckend, dass sich nach dem Flugzeugabschuss in der Ukraine in Holland viele Menschen spontan oder organisiert in Kirchen versammelt und ihre Trauer und Anteilnahme gezeigt haben. Das ist mehr als Nationalflaggen, militärische Ehrenformationen und große Reden, von wem auch immer. Sie machen mich immer misstrauischer.
Als Gläubige als Menschen können wir den anderen wahrnehmen, ihn akzeptieren und zu einem gerechten Leben verhelfen und vielleicht die Gewalt durchbrechen.
Von Gottes Heil ist niemand ausgeschlossen
Fremde im Gottesdienst
Der Text der ersten Lesung des heutigen Sonntags aus dem Prophetenbuch Jesaja, den wir gleich hören werden, stammt aus der Zeit Israels nach der babylonischen Gefangenschaft. Im Land herrschte damals folgende Situation: Die Verbannten waren aus dem Exil in die Heimat zurückgekehrt. Fremde, vielleicht angeheiratete Nichtisraeliten oder auch sonstige, hatten sich offensichtlich den Heimkehrenden angeschlossen. Ebenso dürften sich während des Exils in dem entvölkerten Jerusalem und den Städten ringsum Fremde aus benachbarten Ländern niedergelassen und angesiedelt haben. Als dann nach dem Exil der zerstörte Tempel wieder aufgebaut war und damit Gottesdienste und Opferkult neu aufgenommen werden konnten, erhob sich die Frage: Wer ist berechtigt, am Tempelkult, seiner Liturgie, den Brand- und Schlachtopfern teilzunehmen? Gehören auch die Fremden und Zugezogenen als Bewohner des Landes zum Gottesvolk oder sind sie auszuschließen?
Gegen einen Ausschluss, den bestimmte Kreise stark befürworteten, erhob der Prophet des dritten Jesajabuchs mit dem heutigen Lesungstext seine Stimme, indem er Folgendes als Gotteswort verkündete.
Lesung aus dem Buch Jesaja (56,1.6-7)
Der Prophet erweist sich als kluger Seelsorger. Jeden Streit vermeidend lädt er die Gläubigen ein, aus der Sicht Gottes zu denken. "So spricht der Herr", leitet er seine Worte ein und will damit sagen: Wenn wir Gott befragen würden, was wir in dieser Situation tun sollen, würde er uns das Folgende sagen. Und dann benennt der Prophet die Kriterien, die aus der Sicht Gottes Gewicht haben: das Recht wahren, für Gerechtigkeit sorgen, sich von Gott Heil schenken lassen.
Das "Recht wahren" - darunter verstanden die Israeliten immer zweierlei: Einmal umschloss es das aufrichtige Fragen nach Gottes Willen; zum anderen aber auch das Bemühen, den Mitmenschen gerecht zu werden: sie achten, wertschätzen und nicht kleinlich beurteilen, ihnen beistehen und sie nicht hängen lassen, ihr Glück fördern, zu ihrem Wohlergehen beitragen, eine Atmosphäre schaffen, die wohl tut und friedlich zusammen leben lässt.
Bei der Aufforderung "für Gerechtigkeit sorgen" müssen wir heute mithören, was das Volk Gottes damals darunter verstand. Ein "Gerechter" war in ihren Augen ein Mensch, den Aufrichtigkeit, Erbarmen und Liebe auszeichneten. Es ging also nicht bloß um rein sachliche Erfüllung von Gesetzen und Vorschriften, sondern vor allem um die innere Bejahung von Tugenden, um ein bewusstes Streben, z.B. Unrecht, Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit zu meiden. Der Gerechte war jemand, der gezielt und ideenreich das Gute suchte und anstrebte und dem es Freude bereitete, Menschen mit etwas zu überraschen, das den anderen beglückte.
Die dritte Aufforderung "von Gott Heil erwarten" war jene Haltung, die den gläubigen Israeliten vom Heiden unterschied. Die Götter der Heiden wollten stets günstig gestimmt werden, sonst waren sie nicht bereit, sich den Menschen zuzuwenden und ihnen wohlgesinnt zu begegnen. Jahwe dagegen, das war die Überzeugung Israels, suchte geradezu das Heil der Menschen von sich aus. Seine Bundestreue erwies sich gerade darin, dass er von sich aus schenkte - selbst dort, wo Menschen es eigentlich nicht verdient hätten.
Von Gottes Heil ist niemand ausgeschlossen
Diese Güte Gottes ist es vor allem, die der Prophet seinen Landsleuten vor Augen stellen will. In Gottes Güte sollen sie ihr Herz eintauchen und sich nicht quer stellen, wenn Jahwe jetzt auch den Fremden den Zutritt zum Tempel eröffnen will. Da sich die Fremden in ihrem Glauben Jahwe angeschlossen haben, auf seine Weisungen hören und sie achten, den Sabbat als "Tag des Herrn" einhalten, sich mit Jahwe innerlich fest verbunden wissen, möchte Gott ihnen die Zugehörigkeit zur Jahwegemeinde auf gar keinen Fall verwehren.
Sollten die, die ihre Opfergaben darbringen als Ausdruck dafür, dass sie sich Jahwe schenken und ihm ganz übergeben, aus der Gottesgemeinschaft ausgeklammert und abgewiesen werden?, lautet die Frage Gottes an die Israeliten. Als Antwort auf diese Frage lässt der Prophet Gott sehr deutlich sagen: Ihre Schlacht- und Brandopfer auf dem Altar finden Gefallen bei mir. Und Gott geht noch einen Schritt weiter, wenn er verheißt: Mein Haus, der Tempel, steht künftig nicht nur den Fremden im Lande offen, sondern als "Haus des Gebetes" ist es offen für alle Völker.
Diese Ankündigung Gottes bedeutete nicht, dass Israel nicht weiterhin Gottes erwähltes Volk sein würde und bliebe. Sie unterstrich jedoch: Von Gottes Heil ist niemand ausgeschlossen, der sich ihm zuwendet. Aufgabe Israels ist es, anstatt auszuschließen Menschen den Weg zu Gott und in seine Nähe zu ebnen, Hilfestellung zu leisten, dass die Fremden und Völker Gott finden, seine Weisungen kennen und lieben lernen, ihr Vertrauen in Gott setzen und sich von ihm beschenken lassen.
Gott wirbt auch um uns
Ausschließen, Gottes Wohlwollen umfangreich für sich selbst annehmen, anderen aber nur spärlich davon gewähren wollen, sich selbst ganz selbstverständlich zur vollen Gottesgemeinschaft zählen, bei anderen aber so seine Bedenken haben, ist wohl ein typisch menschliches Verhalten, das sich zu allen Zeiten findet. Auch in unseren Gemeinden, in der Kirche, bis hinein in unser eigenes Herz findet sich zuweilen dieses Problem des gegenseitigen Ausschließens. Verleitet werden wir zu solchem Denken und Handeln besonders immer wieder dann, wenn wir in unserem Denken zu oberflächlich über die Liebe Gottes hinweghuschen.
Der Jesaja-Text des heutigen Sonntags will uns einladen, neu und mit aller Ernsthaftigkeit über unser Verhalten nachzudenken. Ohne uns Vorhaltungen zu machen oder Anklage zu erheben, wirbt Gott auch bei uns um ein Eintauchen in sein von Güte und Barmherzigkeit bestimmtes Handeln. Freuen sollen und dürfen wir uns, wenn es uns gelingt, immer wieder nach seinen Weisungen zu leben, indem wir "das Recht wahren" und für "Gerechtigkeit" Mitsorge tragen und eintreten.
Weite des Herzens
Wenn wir dabei bedenken, wie sehr wir den Erfolg unserer Mühe um das Gute auch der Gnade und Mithilfe Gottes verdanken, dann wird unser Herz wie von selbst weit. Der Blick für unsere Verdienste wird realistischer, der Dank und die Freude darüber, dass Gott ein barmherziger und gütiger ist, größer. Wir fangen an, Gottes Güte umfangreicher auch denen zu gönnen, die wir bisher eher abgeschrieben haben: Querköpfen, Menschen mit schwierigem Charakter, im Glauben Nachlässigen und Bequemen oder wer sonst noch auf unserer Ausschlussliste steht.
Wo wir anfangen, alle Menschen mehr und bewusster in unser Wohlwollen einzubeziehen und das Ausschließen unterlassen, dort werden wir Zeichen setzen, die anderen den Weg zu einer engeren Bindung an Gott erleichtern. Wir bauen dann mit an einer Gottesgemeinschaft, in der vieles noch weiterhin im Argen liegen wird, die aber offen und einladend für jeden ist oder wird. Grundsteine hierfür zu legen, dazu lädt Gott uns ein. Er wird auf seine Weise darauf weiterbauen und niemanden von seinem Heil ausschließen, der sich ihm zuwendet, wie weit entfernt der Betreffende im Augenblick auch von Gott ist.
Wir, die wir zu denen gehören, die Gott aus allen Völkern zu sich führte, sollten uns mit der Großmut für alle leichter tun als die Israeliten damals. Für sie war der Gedanke eines weltweiten Gottesvolkes ja ganz neu und noch gewöhnungsbedürftig. Tauchen wir unser Herz tief in Gottes Liebe ein. Dann wird uns der Abschied vom Ausschließen leichter fallen.
Hören lernen
Umfallen oder dazulernen?
"Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. Sie werden mich nicht daran hindern, schlauer zu werden." soll Bundeskanzler Konrad Adenauer einmal einem Journalisten geantwortet haben, der ihn mit der Änderung seiner Meinung gegenüber einer früheren Aussage konfrontiert hatte. Politiker haben es nicht leicht, wenn sie ihre Meinung oder ihre Position in einer Streitfrage ändern. Vor allem in Wahlkampfzeiten hält man ihnen vor, was sie zu der einen oder anderen Frage früher einmal geäußert haben. Sehr schnell wird ihnen dann das Etikett "Umfaller" umgehängt.
War Jesus ein Umfaller?
Im Evangelium wird uns eine Begebenheit aus dem Leben Jesu berichtet, in der er zunächst eine kananäische Frau, eine Ausländerin und Heidin also, kühl und ziemlich schroff abweist. Er begründet dies mit seiner Sendung zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Offenbar sieht er seine "Mission" in der Erneuerung des Glaubens und in der Vertiefung der Bindung an Gott vor allem unter seinen eigenen Glaubensgeschwistern. Er geht zunächst nicht auf Mission im Sinne einer Bekehrung aller Menschen. Nicht wenige Bibelwissenschaftler nehmen an, dass Jesus im Laufe seines Wirkens diesbezüglich seine Einstellung geändert hat, dass er sozusagen dazugelernt hat; auch wenn dies einige mit ihrem Bild des Messias und Gottessohnes schwer vereinbaren können. Der Glaube dieser Frau hat ihn so beeindruckt, dass er ihr gewährt hat, was sie nötig hatte. An einer anderen Stelle sagt Jesus: "Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden."
War Paulus ein Umfaller?
Als Christen sehen wir in der Bekehrung des eifrigen Pharisäers Saulus zum Völkerapostel Paulus als bahnbrechend und richtungweisend für die junge Kirche. Wir freuen uns über sein Dazulernen, seine Bekehrung. Seine ehemaligen jüdischen Mitstreiter werden ihn wohl als einen großen Umfaller betrachtet haben.
Bevor wir Etiketten verteilen, müssen wir versuchen ein wenig tiefer zu blicken. Es ist kein Zufall, dass die Bekehrung des Paulus einerseits als Lichtwunder, das ihn fürs Erste blind werden und dann neu sehen lässt, und andererseits als Hörwunder beschrieben wird. Er und seine Begleiter hören eine Stimme,der Sprecher stellt sich vor als "Jesus, den du verfolgst" (vgl. Apg 9,7). Die Wundererzählung fasst zusammen, was in Paulus vor sich gegangen ist: Durch die Begegnung mit Jesus sieht er die Zusammenhänge des Glaubens neu. Plötzlich beginnt er auf den zu hören, den er bis dahin verfolgt hat.
Vermutlich befähigte diese intensive Lernerfahrung Paulus zu einer so reichen Missionstätigkeit. Wer andere zu einem neuen Hören der Frohen Botschaft und zu einem neuen Sehen der Glaubenszusammenhänge führen will, muss selbst bereit sein, immer neu auf Gott und auf die Menschen, die ihm begegnen hinzuhören.
Vor-Urteile
In vielen Diskussionen kann man erleben, dass die Diskussionspartner nicht wirklich aufeinander hinhören. Sie warten auf ein Stichwort seitens des Gegenüber und beginnen, ihre einstudierte, möglichst plakative Antwort abzuspulen. Politiker werden darauf trainiert, weil sie unterm Strich mit dieser Strategie eher die Chance haben, am Ende als Sieger dazustehen. Echtes Zuhören ist da nicht gefragt.
Echtes Zuhören ist aber auch in unserem alltäglichen Leben nicht so einfach. In einer Welt mit einem Überangebot an akustischen und optischen Reizen können wir nur mit Hilfe von Vor-Urteilen überleben. Wir hören oft nur mehr Signale und reagieren darauf mit eingeübten Verhaltensweisen, weil wir in der Hektik des Alltags gar nicht die Zeit und die Kraft haben, uns in den vielen Begegnungen und Erlebnissen eine eigene Meinung zu bilden und unseren Eindrücken auf den Grund zu gehen. Für die Bewältigung des Alltags sind diese Filter eine große Hilfe. Aber manchmal wird es passieren, dass wir ein wichtiges Detail überhören oder übersehen und falsch reagieren.
Daran scheitert meines Erachtens häufig auch das missionarische Wirken vieler Christen, wenn sie Mission mit dem Verbreiten vorgefasster Meinungen verwechseln. Mission gelingt am ehesten dort, wo Menschen sich auf Augenhöhe begegnen, jeweils den Glauben des Gegenüber wahrnehmen und von einander lernen, auf das hinzuhören, was Gott ihnen zu sagen hat.
Gehorsam lernen
Paulus stellt in dem Abschnitt des Römerbriefes, den wir in der 2. Lesung gehört haben, Überlegungen über den Gehorsam an. Seine eigenen Glaubensbrüder hörten aus vermeintlichem Gehorsam gegenüber der Tradition nicht auf das hin, was Gott ihnen durch Jesus, das Fleisch gewordene Wort Gottes, sagen wollte. Er selbst musste das Hinhören auf Gott durch seine Begegnung mit Jesus in seinem Bekehrungserlebnis erst neu lernen. Nun möchte er die Angehörigen seines Volkes eifersüchtig machen auf jene, die sich vom Wort Gottes leiten lassen, obwohl sie nicht zum Volk der Juden gehören. Von ihnen sollten auch sie das rechte Hören lernen.
Das Reden vom Gehorsam ist in der deutschen Sprache schwierig geworden. Von unserer Geschichte her wissen wir, was blinder Gehorsam anrichten kann. Viele Kriegsverbrecher haben sich damit verantwortet, dass sie aus Gehorsam gehandelt haben. Wir wissen aber auch, dass keine Organisation ohne ein gewisses Maß an Gehorsam funktionieren und existieren kann. Handeln im Gehorsam enthebt uns nicht der Pflicht und der Mühe des Mitdenkens und Mitverantwortens.
Wenn wir in Zusammenhängen des Glaubens von Gehorsam reden, geht es um das Hinhören auf das, was Gott von uns will. Und das kann unter Umständen auch das Gegenteil von dem sein, was organisatorischer Gehorsam von uns verlangt. Der mittlerweile seliggesprochene Franz Jägerstätter ist ein berührende Beispiel eines solchen Gehorsams geworden.
Auch wir müssen dazulernen
Gemeinsam haben Paulus und Jesus, dass sie bei ihrem eigenen Volk nicht jenen Anklang gefunden haben, den sie erhofften. Vielleicht hat sie gerade diese bittere Erfahrung hellhörig für den Glauben jener gemacht, die nicht zum ursprünglichen Gottesvolk gehört haben.
Geht es uns Christen heute nicht ähnlich? Die Frohe Botschaft findet in unserem eigenen Umfeld oft wenig Widerhall. Gibt es jedoch nicht auch in unserer Zeit Menschen, die gesellschaftlich an Rande stehen aber für das Geheimnis Gottes ansprechbar sind? Die gerade in ihrem Überlebenskampf hellhörig für die Botschaft Gottes geworden sind?
Wir stehen ratlos da gegenüber den vielen Fremden, die in unsere Zivilisation hereindrängen und einen neuen Lebensraum suchen. Erstaunt sind wir, wenn sich in großen Städten herausstellt, dass viele dieser Fremden eine Offenheit für Gott und ein Vertrauen in Gott mitbringen, die wir in unserem eigenen Umfeld oft vermissen. – Sind wir fähig dazuzulernen? Möchte uns Gott durch die Begegnung mit diesen Menschen eine Botschaft ausrichten?
Gott ist, wo man ihn nicht vermutet
Es kommt ganz anders als man denkt
So kann es einem gehen, wenn man sich auf eine Sache eingeschossen hat, wenn man genau weiß, wie es zu sein hat und wie etwas geht. Dann kommt es nicht selten ganz anders.
So geht es auch Jesus im heutigen Evangelium. Schauen wir uns die Ereignisse vor und nach dieser Geschichte an, so wird deutlich, dass Jesus sehr gefordert war. Krankenheilungen, Erklärungen, die Speisung der Fünftausend, der Gang übers Wasser, all das ging voraus. Und Jesus will sich nun zurückziehen, neue Kraft tanken, die Seele baumeln lassen. Wie gut das tut, kann ich selber nach meinem Urlaub sagen.
Aber es kommt, wie gesagt, ganz anders. Eine Frau kommt auf Jesus zu und bedrängt ihn. Er aber scheint sie zunächst nicht zu bemerken, zu ignorieren oder sich nicht gegen sie wehren zu können, zumindest geht er nicht auf sie ein. Die Jünger fordern ihn auf, sie wegzuschicken. Trauen sie sich nicht es selber zu tun oder haben sie schlechte Erfahrungen gemacht?
Hier nun wird spürbar wie Jesus selber gereizt reagiert. Aber wen meint er eigentlich? Die Jünger oder die Frau?
Und dann scheint es auch für Jesus ganz anders zu kommen, als er es gedacht oder erwartet hat. Da wo er etwas von sich, seiner augenblicklichen Stimmung und auch vielleicht von seinen Grenzen zeigt, fasst sie ihren Mut zusammen und bittet ihn noch einmal mit ihrer ganzen Kraft, die sie hat, denn es geht um viel für diese kanaanäische Frau, es geht um ihre Tochter. Hier sind die Rollen vertauscht. Herr der Situation ist nicht Jesus, er lässt sich eher treiben, Herr oder besser Frau der Situation ist die Frau, die um die Gesundheit ihrer Tochter bangt.
Ein Lernangebot
In diesem Moment geschieht etwas ganz Unglaubliches. Jesus wird in dieser Stelle zu jemand, der am und im Leben dieser Frau lernt, der es um so viel geht. Zwar versucht er noch einmal ihr zu sagen, dass er eigentlich mit ihr nichts zu tun hat, aber sie hält ihm stand, schlägt ihn sozusagen mit seinen eigenen Worten, in dem sie feststellt, das auch die kleinen Hunde von den Brotresten etwas abbekommen und da sollte er nicht auch für ihre Tochter etwas tun können?
Und Jesus nimmt dieses Lernangebot der kanaanäischen Frau an, er lässt sich auf sie ein und spürt welchen Glauben sie hat. Frau, dein Glaube ist groß. Die gleiche Aussage gibt es im Mathäusevangelium nur noch einmal, nämlich in der Begegnung Jesu mit dem heidnischen Hauptmann.
Gott ist, wo man ihn nicht vermutet
Als Christen, häufig gerade auch als katholische Christen meinen wir zu wissen, was der richtig Glaube ist, wie richtig geglaubt wird oder sogar, wer von Gott gerettet wird. In diesem Evangelium wird deutlich, da wo wir zunächst keinen Glauben vermuten, tritt er umso lebendiger auf, auch weil er sich mit dem Leben und der Sehnsucht eines Menschen verbindet. So möchte ich glauben können und einen solchen Glaube möchte ich weitersagen, dass Gott auch da ist, wo ich ihn nicht vermute, dass Gott auf vermeintlich krummen Zeilen sehr wohl gerade schreiben kann und dass Gott selber jemand ist, der sich verändert, weil er sich auf mich als Mensch einlässt.
Auch im Lesungstext im alten Testament wird schon deutlich, dass Gott sich über jeden Menschen freut, der mit ihm etwas zu tun haben möchte. Dass Gott so groß ist und so vorbehaltlos zu uns Menschen steht, kann ich und können viele Menschen, die ich kenne, besonders auch in der Kirche, häufig nur so schwer glauben. Aber gerade das sind unsere, meine und ihre Grenzen, und nicht Gottes Grenzen.
- Thema des Gottesdienstes:1
Sozialreferat der Diözese Linz (2023) - Impulse für einen Gottesdienst zur Augustsammlung der Caritas
Die Caritas Linz hat zur Vorstellung der Augustsammlung 2023 Impulse für einen Gottesdienst bereitgestellt.
Diese können im PDF heruntergeladen werden:
Gottesdienstimpulse zu Caritas_Augustsammlung_2023
- Liedvorschläge1
Hans Hütter (2017)
Lieder:
GL 140: Kommt herbei, singt dem Herrn
GL 144: Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
GL 148: Komm her, freu dich mit uns
GL 384: Hoch sei gepriesen unser Gott
GL 393: Nun lobet Gott im hohen Thron
GL 398: Jubilate Deo. Jubilate Deo. Halleluja
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr
GL 423: Wer unterm Schutz des Höchsten steht
GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen
GL 439: Erhör, o Gott, mein Flehen, hab auf mein Beten Acht
GL 464: Gott liebt diese Welt, und wir sind sein Eigen
GL 477: Gott ruft sein Volk zusammen rings auf dem Erdenrund
GL 484: Dank sei dir, Vater, für das ewge Leben
GL 485: O Jesu Christe, wahres Licht, erleuchte, die dich kennen nicht
GL 551: Nun singt ein neues Lied dem Herren
Kehrverse und Psalmen:
GL 46: Lass dein Angesicht über uns leuchten, o Herr. - Mit Psalm 67 - II.
GL 54: Singt dem Herrn alle Länder der Erde, singt dem Herrn und preist seinen Namen. - Mit Psalm 96 - VIII.
GL 55: Jubelt ihr Lande dem Herrn; alle Enden der Erde schauen Gottes Heil. - Mit Psalm 98 - VIII.
GL 629,1-2: Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell - Mit Psalm 30 - I.
- Einleitung7
Martin Stewen (2023)
Heute lädt uns der Gottessohn einmal mehr ein, ihm unser Leben anzuvertrauen - ganz und gar auf ihn zu setzen. Ohne Wenn und Aber. Sein Versprechen, seine Zusage: Mit ihm haben wir wirklich richtig gesetzt. Aber: Gelingt uns das - stehen wir uns nicht oft genug selbst im Weg?
Jörg Thiemann (2017) - Menschen jeder Hautfarbe suchen Gott
Gottes Nähe zu suchen, Gottes Heil zu erhoffen und Gottes Liebe zu erfahren - dazu sind alle Menschen berufen. Die Hautfarbe oder die Zugehörigkeit zu einem Volk, spielen da keine Rolle. Das müssen wir Menschen immer wieder neu begreifen.
Öffnen wir uns Gott, dem Vater aller Menschen, öffnen wir uns Jesus, der allen die Liebe Gottes brachte, öffnen wir uns dem Heiligen Geist, der alle in Liebe vereint.
Bitten wir um das Erbarmen des dreifaltigen Gottes:
Manfred Wussow (2014)
Heute singen wir den 67. Psalm. In ihm heißt es:
Die Nationen sollen sich freuen und jubeln.
Denn du richtest den Erdkreis gerecht.
Du richtest die Völker nach Recht
und regierst die Nationen der Erden.
Die Völker sollen dir danken, o Gott,
danken sollen dir die Völker alle.
Wir schauen betreten, hilflos, manchmal auch wütend, auf die Bilder des Hasses, die die Welt umrunden. Krisenherde und Kriegsschauplätze drängen in unser Leben. Für viele Menschen gibt es keine Gerechtigkeit, kein Recht, keine Zukunft.
Lasst uns um Erbarmen bitten:
Klemens Nodewald (2014)
Seelsorger und Seelsorgerinnen haben es zuweilen in ihren Gemeinden nicht leicht. Vor allem dann nicht, wenn festgefahrene Meinungen von manchen Gläubigen nicht aufgegeben werden. Auf eine solche Situation treffen wir im heutigen Evangelium. Matthäus, so werden wir sehen, hat eine Idee, mit der er Gläubige mit noch verschlossenem Herzen zum Nachdenken und zur Änderung ihrer Gesinnung bringen will.
Bernhard Rathmer (2014)
Wir fühlen machtlos und sind häufig entsetzt von den Bildern der Gewalt, die wir jeden Tag neu sehen, vor den Nachrichten, die wir jeden Tag hören: Palästina, Irak Syrien, Ukraine.
Andere hören wir schon fast gar nicht mehr, sie sind kaum noch eine Schlagzeile wert, gehen unter in dem Meer an Elend und Gewalt: Afghanistan, Nigeria, Libyen, Krieg in 45 Ländern der Erde.
Was oder wer kann die Spirale der Gewalt unterbrechen?
Haben wir etwas damit zu tun?
Klemens Nodewald (2011)
In unserer Kirche und in unseren Gemeinden begegnen wir immer wieder dem Problem des Ausschließens.
In einer ähnlichen Situation befand sich Israel in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft. Um eine Lösung des Problems bemühte sich der Prophet des dritten Jesajabuches. Seine sehr ruhigen Worte wollen anregen, nicht anklagen. Der Prophet möchte jeden animieren, neu über die eigene innere Einstellung und sein Verhalten nachzudenken.
Hans Hütter (2008)
Vom Glauben erwarten wir, dass er uns Halt gibt; einen festen Grund, auf den wir unser Leben aufbauen können. Wir akzeptieren nicht nur unverrückbare Glaubenssätze, wir brauchen und suchen sie.
Heißt das nun, dass sich nichts ändern darf? – Auch als Glaubende bleiben wir Lernende. Wir müssen immer neu hinhören auf das, was Gott uns sagen will. Und es gilt täglich unser Leben neu auf das hin auszurichten, was Gott von uns will.
Am Beginn des Gottesdienstes wollen wir unser Leben überprüfen und Gott um Vergebung bitten für alles, was wir ihm oder einander schuldig geblieben sind.
- Kyrie9
Martin Stewen (2023)
Jesus Christus,
wer auf dich setzt, geht den richtigen Weg.
Herr, erbarme dich.
Du zeigst Wege auf, die wirklich zum Heil führen.
Christus, erbarme dich.
Du machst uns Mut.
Herr, erbarme dich
Beatrix Senft (2023)
Herr, Jesus Christus,
Heil verkündend bis du zu uns gekommen.
Herr, erbarme dich.
Die Liebe und Gerechtigkeit des Vaters hast du offenbart.
Christus, erbarme dich.
Der Barmherzigkeit des Vaters hast du vertraut bis in den Tod.
Herr, erbarme dich.
Edith Furtmann (2023)
Herr Jesus Christus,
du bist für alle Menschen Mensch geworden.
Herr, erbarme Dich.
Jeder darf dir nachfolgen.
Christus, erbarme dich.
Du erbarmst dich aller.
Herr, erbarme dich.
Jörg Thiemann (2017)
Herr Jesus Christus,
du hörst das Schreien der fremden Frau,
und heilst ihre Tochter von ihrem Leiden.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
du sendest die Jünger aus in die ganze Welt,
um allen Menschen die frohe Botschaft zu verkünden.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
du bist zu den Rändern gegangen,
und hast gerade denen das Heil verkündet, die oft ausgegrenzt werden.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2014)
Herr,
du hast die Menschen füreinander geschaffen.
Überwinde alle Feindschaft!
Herr, erbarme dich.
Christus,
du bist für uns gestorben und auferweckt worden.
Sei mit deiner Liebe mitten unter uns.
Christus, erbarme dich.
Herr,
dein Geist verbindet alle Völker.
Schenke uns eine gemeinsame Hoffnung.
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2014)
Wenden wir uns dem Herrn zu und bitten wir ihn:
Herr Jesus Christus,
du kamst zum Heil für alle Menschen auf unsere Erde.
Herr, erbarme dich.
Vertrauen, Hoffnung und Zuversicht in das Erbarmen Gottes wolltest du in jedes Herz legen.
Christus, erbarme dich.
An dich zu glauben, ist unser Heil.
Herr, erbarme dich.
Der Herr helfe uns, alle Unbeweglichkeit aufzugeben,
um der Liebe in unseren Herzen Raum zu schaffen.
Er stärke uns, mit Wohlwollen und gegenseitiger Achtung einander zu begegnen. – Amen.
Bernhard Rathmer (2014)
Trotz der Milliarden Menschen - viel zu wenig Menschen!
Wir brauchen mehr Menschen, die aufeinander achten,
die sich gegenseitig gut tun.
Herr erbarme dich.
Trotz der Milliarden Menschen - viel zu wenig Menschen!
Wir brauchen mehr Menschen,
die eine Idee vom Frieden haben und sich dafür einsetzen.
Christus erbarme dich.
Trotz der Milliarden Menschen - viel zu wenig Menschen!
Wir brauchen mehr Menschen mit Hand und Fuß,
die anpacken wenn es um den anderen geht.
Herr erbarme dich.
Klemens Nodewald (2011)
Lassen wir uns vom Herrn einladen
zu Wohlwollen und Liebe allen Menschen gegenüber.
Herr Jesus Christus,
deine Liebe durchbrach viele Grenzen,
die Menschen gesetzt hatten.
Herr, erbarme dich.
Du gingst den Menschen nach,
um sie in Gemeinschaft hinein zu holen.
Christus, erbarme dich.
Verhilf uns zu einer positiven Einstellung allen Menschen gegenüber
und vergib uns, wo wir uns Schuld aufgeladen haben.
Herr, erbarme dich.
Es erbarme sich unser der Herr.
Er schenke uns Vergebung
und führe uns auf den Pfad seiner Weisungen.
Darum bitten wir dich, Christus, unseren Herrn.
Hans Hütter (2008) - Du offenbarst allen Menschen die Liebe des Vaters
Herr, Jesus Christus,
du bist gekommen, um das Volk Gottes zu den Quellen des Lebens zu führen.
Herr, erbarme dich.
Du bist gekommen, um allen Menschen die Liebe des Vaters zu offenbaren.
Christus, erbarme dich.
Du bist gekommen, um alle, die auf dich ihr Vertrauen setzen, in das Volk Gottes einzugliedern.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet4
Messbuch - TG 20. Sonntag: was kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat
Barmherziger Gott,
was kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat,
das hast du denen bereitet, die dich lieben.
Gib uns ein Herz,
das dich in allem und über alles liebt,
damit wir den Reichtum deiner Verheißungen erlangen,
der alles übersteigt, was wir ersehnen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 20. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG 17. Sonntag: ohne dich ist nichts gesund und nichts heilig
Gott, du Beschützer aller, die auf dich hoffen,
ohne dich ist nichts gesund und nichts heilig.
Führe uns in deinem Erbarmen den rechten Weg
und hilf uns,
die vergänglichen Güter so zu gebrauchen,
daß wir die ewigen nicht verlieren.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 17. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Ostern 5 So: schenke ihnen die wahre Freiheit
Gott, unser Vater,
du hast uns durch deinen Sohn erlöst
und als deine geliebten Kinder angenommen.
Sieh voll Güte auf alle, die an Christus glauben,
und schenke ihnen die wahre Freiheit
und das ewige Erbe.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 5. Sonntag der Osterzeit
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG 16. Sonntag: Mach uns stark im Glauben
Herr, unser Gott, sieh gnädig auf alle,
die du in deinen Dienst gerufen hast.
Mach uns stark im Glauben,
in der Hoffnung und in der Liebe,
damit wir immer wachsam sind
und auf dem Weg deiner Gebote bleiben.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 16. Sonntag im Jahreskreis
- Eröffnungsgebet6
Martin Stewen (2023)
Guter Gott,
von allen Enden der Erde, aus allen Lebensweisen,
aus allen Gesinnungen, aus allen Situationen unseres Daseins
rufst du uns in deine Nachfolge.
Wenn wir auf dich setzen, dann lässt du uns nicht allein,
dann bist du der Gott unseres Lebens.
Dafür danken wir durch deinen Sohn,
der dich, o Gott, als Mensch bezeugt hat,
in der Kraft des Heiligen Geistes, der uns eint,
von heute bis in alle Ewigkeit. – Amen.
Beatrix Senft (2023)
Vater aller Menschen,
wir kommen zu dir aus der Verlorenheit unseres Alltags.
Bei dir suchen wir Trost und Halt.
Allen Menschen kommst du mit deiner Menschenfreundlichkeit entgegen.
Hilf uns auf dem Weg durch die kommende Woche,
diese Menschenfreundlichkeit zu leben
und schenke der Welt ein friedvolles Miteinander,
hier und in der ganzen Welt.
Das erbitten wir durch deinen Sohn, Jesus Christus,
unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Sonntagsbibel
Gott,
dein Heil kennt keine Grenzen.
In deinem Sohn bietest du uns deine Liebe an.
Hilf uns,
daß wir deine Zuwendung nicht ohne
Antwort lassen.
Durch Christus, unseren Herrn.
Zitat (2008) - Verheißungen, die alles übertreffen
Barmherziger Gott,
was kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat,
das hast du denen bereitet, die dich lieben.
Gib uns ein Herz, das dich in allem und über alles liebt.
Erfülle an uns deine Verheißungen,
die alles übertreffen, was wir ersehnen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
(Im Messbuch vorgesehen, in der Fassung des Revisionsentwurfs, aus: Studien und Entwürfe zur Messfeier, Texte der Studienkommission für die Messliturgie und das Messbuch, hrsg. von Eduard Nagel in Verbindung mit Roland Bachleitner, Freiburg i.Br. 1995.)
Jörg Thiemann (2017) - Gott, Vater aller Menschen
Gott, du Vater aller Menschen - aber auch wirklich aller Menschen,
Du Vater der Ausländer,
Du Vater der Gescheiterten,
du Vater derer, die an den Rand gedrängt werden,
dein Wort lasse uns wachsen in der Liebe zu allen.
Dein Wort mache uns fähig, die Würde aller anzuerkennen. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Barmherziger Gott,
du hast eine Welt geschaffen,
in der alle Menschen, Tiere und Pflanzen gut leben können.
Aber du kennst auch die Abgründe,
die Menschen aus Angst, Hass und Größenwahn hinterlassen.
Wir befehlen dir das Leid, die Verbitterung und die Resignation
vieler Menschen und das Schreien der Erde.
In deinem Wort geht uns die Welt auf, wie du sie siehst.
Du stiftest Frieden,
du schenkst uns offene Augen,
du legst uns die anderen,
auch die fremden Menschen ans Herz.
Um deinen Geist bitten wir im Namen Jesu Christi. - Amen.
- Fürbitten11
Martin Stewen (2023)
Guter Gott,
du schickst uns nicht fort. Bei dir dürfen wir ankommen mit dem, was auf unseren Herzen brennt.
So rufen wir zu dir und bitten dich:
Wir beten für alle Schülerinnen, Schüler, Lernende und Studierende, die sich in den kommenden Tagen und Wochen im neuen Schuljahr, Lehrjahr oder Studienjahr zurechtfinden müssen:
Schenke ihnen Geduld und Offenheit für alles Neue.
Wir beten für alle, die sich in wenigen Wochen als Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Weltsynode auf den Weg nach Rom machen:
Öffne ihre Herzen, Augen und Ohren für die vielen unterschiedlichen Weisen, wie der Glaube in aller Welt gelebt wird.
Wir beten für all jene, deren Rufen, Klagen und Hoffen in der Kirche ungehört bleibt, wenn es um Missstände in unserer Kirche geht.
Lass sie dran bleiben, weil der Glaube hilft.
Wir beten für alle, die in ihrem Denken und Handeln lieber trennen und differenzieren statt versöhnen und einen:
Schenke ihnen die Bereitschaft, darauf zu vertrauen, dass du stets grösser bist als all unser Planen und Kalkül.
Wir beten für all jene, die ihren irdischen Lebensweg beendet und erlöst eingegangen sind in deine Herrlichkeit:
Vergilt ihnen allen Einsatz für das Gute und mache ganz, was in ihrem Leben Bruchstück geblieben ist.
Barmherziger Gott,
im Glauben daran, dass du es bist, der am Ende alles zum Guten fügt, vertrauen wir dir unsere Bitten an;
durch Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Renate Witzani (2023)
In der Hoffnung auf eine Welt, in der alle ohne Unterschied in Frieden zusammenleben, lasst uns gemeinsam zu Gott, unserem Vater, beten, dessen Erbarmen allen gilt:
Für Papst Franziskus und seiner Vision von einer Kirche, die ausnahmslos allen Menschen offensteht.
Für die Menschen in unseren südlichen Bundesländern und den ebenso betroffenen Nachbarregionen, die durch Überschwemmungen und Muren vor den Trümmern ihrer Existenz stehen und der Unterstützung vieler bedürfen.
Für Menschen in unserer Gesellschaft, die Mut zum Brückenbauen fördern und fordern.
Für Offenheit im Umgang mit jenen, die vor allem Fremden und Unvorhersehbaren Angst haben, und für jene, die je nach Erfordernis der Situation außerhalb aller Regeln handeln.
Für unsere Verstorbenen, für die wir dich bitten, dass sie durch deine grenzenlose Lieben ihr Heil erlangen.
Weil wir alle, so verschieden wir auch sind, uns in deiner Liebe geborgen wissen dürfen, loben wir dich und danken dir jetzt und allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2023)
Guter Gott,
du wendest Dich allen Menschen zu.
Voll Vertrauen bitten wir dich:
Für alle Menschen, die sich ohne Ansehen der Person um notleidende Mitmenschen kümmern.
Für alle Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen, weil sie anders sind.
Für alle Menschen, die die Kirchen verlassen, weil sie sich nicht mehr zu Hause fühlen können.
Für alle Menschen, die niemanden haben, der ihnen zur Seite steht.
Für alle Menschen, die sich um die Ökumene und die Einheit der Kirchen bemühen.
Für alle Menschen, die durch die Ablehnung der anderen verletzt werden.
Für alle Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil sie dort keine Zukunft sehen.
Für uns alle, dass wir erkennen, das Deine Liebe allen Menschen gilt.
Für unsere Verstorbenen.
Guter Gott,
du hast deinen Sohn in die Welt geschickt, damit alle Menschen deine Botschaft hören. Lass uns gemeinsam am Himmelreich bauen.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. - Amen.
Renate Witzani (2020)
Gott, unser Vater!
Auf unseren Wegen müssen wir manchmal Grenzen überschreiten.
Dabei begleitet uns oft auch Angst vor dem Neuen und Unsicherheit.
Um deine Hilfe bitten wir:
Dein Blick umfängt alle Menschen.
Öffne den Blick deiner Kirche auch auf jene, die ihren Lebensweg nicht mit Christus gehen können.
Das weltweit verbreitete Coronavirus sprengt alle nationalen und gesellschaftspolitischen Grenzen.
Hilf unserer Menschheitsfamilie gegenseitig in dieser Not Verantwortung zu übernehmen.
Grenzerfahrungen gehören zu jedem menschlichen Leben.
Lehre uns daran zu reifen anstatt zu resignieren.
Du stärkst uns mit deinem Wort, deinem Brot und deinem Segen.
Mach uns bereit, deine Gaben mit anderen zu teilen.
Du willst, dass alle Menschen Freude an dem von dir geschenkten Leben haben.
Führe uns und alle unsere Verstorbenen zur ewigen Freude bei dir.
Gott, in deiner Menschwerdung hast du alle nur denkbaren Grenzen überschritten.
Dass auch wir niemanden ausgrenzen, erbitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder. - Amen.
Jörg Thiemann (2017) - Heilung ohne Vorurteile
Herr Jesus Christus,
du schenkst Heil und Heilung, ohne Ausnahme, ohne Ansehen der Person.
Wir bitten dich:
Für Menschen, die fremd sind oder sich fremd fühlen,
dass sie ihren Wert und ihre Würde erkennen.
Für Menschen, die sich ungeliebt fühlen,
dass sie nicht verzweifeln, sondern deine Liebe durch Mitmenschen erfahren.
Das Leben vieler Menschen wird durch Krieg, Terror und Gewalt beschädigt.
Hilf Frieden schaffen in allen Ländern der Erde und in allen Familien.
Schenke Erbarmen denen, die sich deiner Liebe verschließen und deren Glauben klein ist.
Hilf allen Menschen einander nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu entdecken.
Steh denen bei, deren Leben durch ungerechtet Vorurteile eingeschränkt ist.
Bekehre die Herzen derer, die Ausländer oder Andersdenkende an den Rand drängen und verachten.
Darum bitten wir dich, der du in der Einheit des Heiligen Geistes, mit Gott, dem Vater lebst und herrschest in alle Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2017)
Wir sind alle auf Gottes Erbarmen angewiesen.
Lasst uns miteinander und füreinander darum beten:
Für alle Menschen, die in ihrem Glauben und ihrer jeweiligen Religion eine wichtige Stütze für ihr Leben gefunden haben.
Für eine versöhnte Menschheit, die Konflikte friedlich und nicht durch Waffengewalt löst.
Für die Bürger jener Länder, deren Demokratien durch totalitäre Machthaber gefährdet sind.
Für alle Eltern kranker Kinder, die sie aufopfernd pflegen und nach entsprechenden Heilungsmöglichkeiten suchen.
Für alle Sterbenden, dass sie im Vertrauen auf deine Barmherzigkeit friedlich und getröstet ihr irdisches Leben beenden können.
In Christus hat uns allen Gott sein Heil geschenkt.
Für seine Gnade und sein Erbarmen wollen wir ihm stets danken.
Ihm sei Ehre in alle Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Die Lesungen und das Evangelium stellen uns die Völkerwelt vor Augen.
Gott lässt sich nicht national, kulturell oder wirtschaftlich vereinnahmen.
In seinem Haus ist Platz für alle Sprachen, Geschichten und Träume.
Darum beten wir heute:
Für das Volk Israel.
Es hat vor vielen Generationen nach schrecklicher Todesgeschichte eine neue Heimat erhalten.
Aber alte Wunden brechen immer wieder auf.
Mit ihnen Aggressionen, Albträume und Ängste.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für Palästina.
Menschen haben Vertreibungsgeschichten hinter sich,
sind in die Enge getrieben und Opfer ihrer Geschichte.
Aber die Zukunft lässt sich nicht in Tunneln finden.
Häuser und Straßen sind zerstört.
Schon wieder muss ein Neuanfang gefunden werden.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Christen im Irak.
Über Jahrhunderte haben sie mit Muslimen friedlich zusammengelebt.
Jetzt werden sie verfolgt, entrechtet und verbannt.
Eine der ältesten Kirchen der Welt soll von der Landkarte verschwinden.
Im Namen Gottes wird Hass gepredigt.
Aber die Gewalt kann das letzte Wort nicht haben.
Es ist die Liebe, die Wunden heilt.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die sich nicht einschüchtern lassen.
Sie bemühen sich um Frieden, Ausgleich und Versöhnung
zwischen den verschiedenen Konfliktparteien.
Sie lassen sich auch nicht von neu geschaffenen Tatsachen überraschen und überrumpeln.
Aber sie sind oft alleingelassen und ernüchtert.
Ihr Glaube, dass Menschen ihre Probleme friedlich lösen können,
wird auf eine harte Probe gestellt.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die krank sind.
Eine Diagnose verändert das Leben.
Vertraute Sicherheiten fallen in sich zusammen.
Neue Kräfte werden mobilisiert.
Aber andere Menschen helfen mit ihrem Mut, ihrem Lächeln und ihrem Können, ärztlich und pflegerisch.
Sie brauchen Zeit, Anerkennung
und eine gute finanzielle Ausstattung.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Die vielen Nöte, die wir sehen, von denen wir hören,
können wir nicht einmal aufzählen.
Wenn die Medien nicht mehr berichten, bleiben an vielen Stellen dieser Welt Menschen zurück in der Dunkelheit.
Fern ab von der Weltöffentlichkeit kampieren Menschen in Lagern,
verhungern Menschen, sterben Menschen erschöpft.
In vielen Ländern regieren Rechtlosigkeit und Willkür.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
In deinem Haus, Herr,
finden die Völker einen Tisch,
alte Geschichten zu erzählen,
Brot und Wein zu teilen
und sich auf Recht und Gerechtigkeit zu verständigen.
Lasse über uns dein Angesicht leuchten,
damit auf Erden dein Weg erkannt wird
und unter allen Völkern dein Heil. - Amen.
Klemens Nodewald (2014)
Gott, unser Vater,
du hast durch Jesus gezeigt,
dass deine Hilfe nicht auf Israel allein beschränkt ist.
Wir bitten dich:
Stärke in uns die Achtung vor jeder Glaubensüberzeugung.
Vater im Himmel...
Lass die Menschen erkennen,
dass alle Glaubenskriege in Wahrheit Machtkriege sind.
Hilf uns, Wege friedlichen Zusammenlebens finden.
Vater im Himmel...
Entzünde in uns die vertrauensvolle Beharrlichkeit der heidnischen Frau,
wenn wir in unserer Not von dir Hilfe erbitten.
Vater im Himmel...
Wie die Frau für ihr krankes Kind bat,
so bitten wir dich für alle Kranken um Hilfe und Beistand.
Vater im Himmel...
Segne alle, die sich für andere einsetzen und abmühen.
Sei du ihnen Kraft, wenn sie ermüden oder selbst Hilfe brauchen.
Vater im Himmel...
Wir bitten dich für die Verstorbenen.
Nimm sie auf in die himmlische Gemeinschaft.
Vater im Himmel...
Gott, unser Vater,
deine Liebe kennt keine Grenzen,
dein Erbarmen bindest du nicht an eine Religion.
Wir danken dir, dass du allen Menschen Vater bist.
Alle Völker sollen dich preisen bis in Ewigkeit. – Amen.
Bernhard Rathmer (2014)
Mit unseren Sorgen, Fragen und Bitten kommen wir, Gott, zu dir.
Sieh auf uns, sieh auf die Menschen sieh auf unsere Welt:
Täglich bedrücken uns Schlagzeilen und Bilder, von Gewalt, Krieg, Not und Tod.
Hilf uns nicht abzustumpfen und gleichgültig zu werden,
sondern dort aktiv zu werden wo wir können.
Gott unser Vater...
Menschen sterben durch Hunger und Krieg.
Nimm die Opfer bei Dir auf und lass die Angehörigen Trost und Hilfe erfahren.
Gott unser Vater...
Hilf den Verantwortlichen dass sie sich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzten.
Gib ihnen die Sensibilität und Phantasie neue Wege zu finden
und den Mut sich dafür einzusetzen.
Gott unser Vater...
Zeig den Menschen Auswege aus der Spirale von Gewalt und Gegengewalt,
dass sie neu aufeinander zugehen
und den anderen als Menschen mit den gleichen Wünschen nach Leben und Frieden wahrnehmen,
die sie bei sich selber spüren.
Gott unser Vater...
Die Basis der großen Weltreligionen ist die Liebe zu Dir,
die Liebe zum anderen und die Achtung jedes Menschen.
Hilf uns als Christen, aber ebenso als Juden und Muslime für ein besseres Miteinander der Religionen, Völker und Menschen einzutreten.
Gott unser Vater...
So kommen wir zu Dir Gott im Vertrauen darauf,
dass du sich um uns sorgst. - Amen.
Klemens Nodewald (2011)
Herr Jesus Christus,
Heiland aller Menschen und für alle Völker bist du.
Von deiner und des Vaters Liebe angetan bitten wir:
Um Weite unseres Herzens und Güte gegenüber allen Menschen.
Christus, Heiland der Welt...
Um versöhnliche und ausgewogene Lösungen für die Probleme in unserer Kirche und in den Gemeinden.
Christus, Heiland der Welt...
Schenke denen, die sich ausgegrenzt und abgelehnt fühlen,
Begegnungen mit dir und Menschen, durch die Verwundungen heilen.
Christus, Heiland der Welt...
Wir bringen vor dein Angesicht die Not und das Leid der Menschen
in ihrer Krankheit, Armut, bei Schicksalsschlägen oder durch eigene Schuld
und bitten um dein Erbarmen für sie.
Christus, Heiland der Welt...
Lass alle Verstorbenen erfahren,
dass deine Barmherzigkeit und Liebe grenzenlos ist.
Christus, Heiland der Welt...
Herr Jesus Christus,
keiner fällt jemals aus deinem Wohlwollen oder deiner Sorge heraus.
Immer sind wir dir deiner Mühe wert.
Dafür danken wir dir heute und in Ewigkeit. Amen.
Hans Hütter (2008)
Herr, Jesus Christus,
du hast dich aller erbarmt und allen geholfen,
die ihre Hoffnung auf dich gesetzt haben.
Wir bitten dich:
Für alle, die in einer ausweglosen Situation sind.
Lass sie Menschen finden, die sich ihrer Not annehmen.
Für alle Eltern, die sich von der Sorge für ihre Kinder überfordert fühlen.
Gib ihnen die Kraft, sich ihrer Aufgabe zu stellen.
Für alle Menschen, die von Not getrieben eine neue Heimat in der Fremde suchen.
Lass sie Wege zu einem erfüllten Leben finden.
Für alle, die sich aus Angst vor dem Fremden und Unbekannten
jenen Menschen verschließen, die ihre Hilfe bräuchten.
Öffne ihr Herz und lass sie die Not der Mitmenschen wahrnehmen.
Für alle Menschen, die Gott suchen,
sich aber von der Kirche nicht ernst genommen fühlen.
Lass sie Menschen begegnen,
die ihnen Brücken in die kirchliche Gemeinschaft bauen.
Du, Herr, hast dich über den Glauben der heidnischen Frau gewundert
und ihr gegeben, worum sie gebeten hat.
Sieh auch auf unseren Glauben und hilf uns.
- Gabengebet4
Messbuch - GG 20. Sonntag: heiliger Tausch
Herr,
wir bringen unsere Gaben dar für die Feier,
in der sich ein heiliger Tausch vollzieht.
Nimm sie in Gnaden an
und schenke uns dich selbst
in deinem Sohn Jesus Christus,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 20. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 1. Woche: gewähre, was wir von dir erbitten
Herr, unser Gott,
sieh auf die Gaben,
die deine Gemeinde zum Altar bringt.
Heilige uns in dieser Feier
und gewähre, was wir von dir erbitten.
Durch Christus, unseren Herrn.
MB 1. Woche im Jahreskreis
Messbuch - GG 24. Sonntag: das werde allen zum Heil
Herr,
nimm die Gebete und Gaben deiner Kirche an;
und was jeder einzelne zur Ehre deines Namens darbringt,
das werde allen zum Heil.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 24. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 31. Sonntag: die Fülle deines Erbarmens
Heiliger Gott,
diese Gabe werde zum reinen Opfer,
das deinen Namen groß macht unter den Völkern.
Für uns aber werde sie zum Sakrament,
das uns die Fülle deines Erbarmens schenkt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 31. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zur Gabenbereitung3
Martin Stewen (2023)
Gütiger Gott,
der Tisch ist gedeckt mit den Gaben,
die die Gegenwart deines Sohnes bezeichnen.
Wenn wir an ihn glauben, durch ihn hoffen
und wie er lieben, können wir nicht irren.
In dieser Gemeinschaft am Altar stärkst du uns dazu.
Dafür danken wir dir durch ihn, Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Jörg Thiemann (2017)
Gott, du Vater aller Menschen,
du lädst alle ein, am Mahl deines Sohnes teilzuhaben.
Du hast mit denen Mahl gehalten,
mit denen sich manche Menschen,
auch wir Christinnen und Christen,
nicht gerne an einen Tisch setzen.
Deine Liebe zu allen zeigt sich in der Hingabe deines Sohnes für alle.
Die Hingabe deines Sohnes wird sichtbar in Brot und Wein. – Amen.
Manfred Wussow (2014)
Herr,
wir bringen dir Brot und Wein,
unseren Hunger und unsere Sehnsucht,
unsere Arbeit und unsere Freude.
Du schenkst uns Brot und Wein,
die Fülle deiner Schöpfung,
deine Liebe,
du schenkst uns Leib und Blut
unseres Herrn Jesus Christus.
Wir danken dir.
Er ist mitten unter uns gegenwärtig,
er teilt sein Reich mit uns,
er teilt unser Leben.
Heute und in Ewigkeit. - Amen.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020) - Erbarmen mit allen, die auf Gott ihre Hoffnung setzten
Kehrvers:
Jubelt ihr Lande dem Herrn;
alle Enden der Erde schauen Gottes Heil.
(GL 643,3)
Guter und barmherziger Gott,
wir sind zusammengekommen, um dir zu danken und dich zu loben.
Von dir kommt das Heil für alle Menschen
und du offenbarst deine Gerechtigkeit allen, die dich suchen.
Kehrvers
Unwiderruflich hast du deinem Volk Gnade und Berufung gewährt.
Du hast ihm deine Weisheit geoffenbart
und ihm durch deinen Bund und durch dein Gesetz den Weg zum Leben gewiesen.
Kehrvers
Du hast deinen Sohn zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt,
dass er sie zurückführe zu den Quellen des Lebens
und sie mit dem Brot stärke,
das für die Kinder deines Volkes bestimmt war.
Kehrvers
Er hat Erbarmen gehabt mit allen, die auf ihn ihre Hoffnung setzten,
und ihnen gegeben, was sie zum Leben brauchten.
Allen, die an ihn glauben, hat er die Macht gegeben,
Kinder Gottes zu werden durch die Wiedergeburt in der Taufe.
Kehrvers
So sind auch wir zum himmlischen Gastmahl geladen
und essen auch wir vom Tisch, den du denen deckst,
die auf dich hören und ihr Leben nach deinem Willen ausrichten.
Kehrvers
Dafür danken wir dir und loben wir dich.
Wir stimmen ein den in den Lobgesang der ganzen Schöpfung
und singen mit allen Engeln und heiligen.
Danklied, z.B. Nun danket alle Gott (GL 405) oder GL 403
- Präfation2
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater,
für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder.
Seine Liebe galt den Armen und Kranken,
den Ausgestoßenen und Sündern.
An keiner Not ging er vorüber.
Sein Leben und seine Botschaft lehren uns,
daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt
wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt.
Darum loben und preisen wir dich,
wir rühmen deine Güte und Treue
und verkünden mit allen Engeln und Heiligen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Messbuch - Präfation Sonntage 3: Die Rettung des Menschen durch den Menschen Jesus Christus
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken.
Denn wir erkennen deine Herrlichkeit in dem,
was du an uns getan hast:
Du bist uns mit der Macht deiner Gottheit
zu Hilfe gekommen und
hast uns durch deinen menschgewordenen Sohn
Rettung und Heil gebracht
aus unserer menschlichen Sterblichkeit.
So kam uns aus unserer Vergänglichkeit
das unvergängliche Leben
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir jetzt und in Ewigkeit
dein Erbarmen und singen mit den
Chören der Engel das Lob
deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 3
- Mahlspruch1
Bibel (2023)
Jesus verkündete das Evangelium vom Reich
und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.
(Mt 4,23b)
Oder:
Dein Glaube ist groß.
Es soll geschehen, wie du willst.
(Mt 15,28)
Oder:
So sehr hat Gott die Welt geliebt,
daß er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht,
sondern das ewige Leben hat.
(Joh 3,16)
- Meditation1
Helene Renner (2020) - du willst, dass alle Menschen heil werden
Geheimnisvoller Gott
du willst, dass alle Menschen heil werden
und an deiner Fülle teilhaben.
Nimm von uns Misstrauen und Zweifel
und verwandle uns
in Glaubende und Vertrauende.
Verborgener Gott
du willst, dass alle dich kennen
und deine Gerechtigkeit offenbar wird.
Nimm von uns Misstrauen und Zweifel
und verwandle uns
in Glaubende und Vertrauende.
Unbegreiflicher Gott
du willst, dass alle an deine Gegenwart glauben
und deine liebevolle Zuwendung spüren.
Nimm von uns Misstrauen und Zweifel
und verwandle uns
in Glaubende und Vertrauende.
- Schlussgebet5
Messbuch - SG 20. Sonntag: Anteil am Leben deines Sohnes
Barmherziger Gott,
im heiligen Mahl
schenkst du uns Anteil am Leben deines Sohnes.
Durch dieses Sakrament
mache uns auf Erden Christus ähnlich
und lass uns im Himmel zur vollen Gemeinschaft mit ihm gelangen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
MB 20. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG 21. Sonntag: Schenke uns die Fülle eines Erbarmens
Herr, unser Gott,
schenke uns durch dieses Sakrament
die Fülle deines Erbarmens
und mache uns heil.
Gewähre uns deine Hilfe,
damit wir so vor dir leben können,
wie es dir gefällt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 21. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG 4. Sonntag: beständiges Wachstum wahren Glaubens
Barmherziger Gott,
das Sakrament der Erlösung,
das wir empfangen haben,
nähre uns auf dem Weg zu dir
und schenke dem wahren Glauben
beständiges Wachstum.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 4. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Auswahl 10: vertiefe Glauben, Hoffnung und Liebe
Gütiger Gott,
die heilige Speise, die wir empfangen haben,
durchdringe uns mit ihrer Kraft.
Sie vertiefe unseren Glauben,
mache stark unsere Hoffnung
und entzünde unsere Herzen zu Werken der Liebe.
Lass das göttliche Leben, das du uns geschenkt hast,
sich entfalten und Frucht bringen für das ewige Leben.
Darum bitten wir…
MB Schlussgebete zur Auswahl 10
Messbuch - SG 23. Sonntag: in der Liebe wachsen
Herr, unser Gott,
in deinem Wort und Sakrament
gibst du uns Nahrung und Leben.
Laß uns durch diese großen Gaben
in der Liebe wachsen
und zur ewigen Gemeinschaft
mit deinem Sohn gelangen,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zum Abschluss4
Martin Stewen (2023)
Barmherziger Gott,
du hast uns gerufen, dein Wort zu hören
und deine Gegenwart zu feiern.
Du hast unseren Glauben genährt und uns Hoffnung gegeben.
Nun sendest du uns hinaus in die Welt,
dass wir den Menschen in Wort und Tat
deine heilende Gegenwart bezeugen.
Begleite uns dazu mit deinem Segen.
So bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen.
Beatrix Senft (2023)
Vater im Himmel,
bei dir dürfen wir uns geborgen fühlen.
Jeder und jede von uns ist dir wertvoll und kostbar.
Du kennst uns bei unseren Namen
und beschenkst uns mit deinen Gnadengaben.
Dafür danken wir dir und loben dich,
jetzt und bis in deine Unendlichkeit. – Amen.
Jörg Thiemann (2017) - Alle Menschen sollen Gottes Liebe erfahren
Gott, du Vater aller Menschen,
du sendest uns aus zu den Mitmenschen.
Alle sollen deine Liebe erfahren.
Segne uns und lass mache unser Herz immer weiter
für die Fremden,
für die, die wir nicht kennen.
So werden wir Zeugen deiner Liebe,
die du allen Völkern und Nationen schenken willst. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Barmherziger Gott,
mit vielen anderen Menschen an vielen Orten,
die wir nicht einmal kennen,
haben wir uns an deinem Tisch versammelt,
dein Wort gehört,
dein Mahl gefeiert.
Wir danken dir für die Gemeinschaft,
die wir mit dir und untereinander haben.
Dein Lob wird in vielen Sprachen gesungen,
die Hoffnung in vielen Bildern erzählt,
der Glaube mit vielen Stimmen bekannt.
Wir danken dir für den Reichtum,
den wir als deine Kinder miteinander teilen.
Segne uns auf den Wegen, die vor uns liegen,
bewahre uns vor Vorurteilen und Ängste
und lass uns mutig in deiner Liebe leben.
Durch Christus, unserem Herrn.
Gott aller
wenn ihr
mich
GOTT
ruft
wenn ihr mich
sucht
ihr Menschen aller Völker
Menschen aller Nationen
ja
dann erfahrt
ICH
bin schon da
auf dem Weg eures Lebens
denn ich bin der Gott mit euch
der Gott aller
ICH
das Alpha und das Omega
der nahe
und doch unfassbare
GOTT
Beatrix Senft
Gott hat seinen Sohn zu allen Menschen gesandt
Erst einmal schockierend, dieses Evangelium: Jesus will der Frau nicht helfen, weil sie keine Jüdin ist. Erst im Gespräch erkennt er, dass auch sie dennoch ein Mensch ist, dem geholfen werden muss, und dass sie gläubig ist, auch ohne jüdisch zu sein.
In dem Buch »Wie Jesus glauben lernte« führt Willi Bruners aus, dass auch Jesus zunächst in einem engen jüdischen Kontext angefangen hat. Das allumfassende der Gottesbotschaft ist auch ihm erst nach und nach bewusst geworden. Das macht den Menschen Jesus so sympathisch und glaubwürdig. Ganz Mensch musste er auch erst lernen, die gesamte Botschaft zu begreifen.
Bei Jesaja war bereits klar: jeder und jede, der oder die glaubt, jeder und jede, der oder die den Sabbat hält, gehört zu Gottes Reich. Jesus lernt nun: auch Nichtjuden sind willkommen. Er lernt es, weil die Frau mit ihm in den Disput geht. Sie lässt sich nicht abspeisen. Und er ist - und nur dann kann man lernen - ihren Argumenten gegenüber offen und lässt sich überzeugen. Es geht jetzt nicht mehr darum, sich an Gesetze zu halten: es geht um den Glauben. Jeder, der glaubt, gehört dazu. Formalien interessieren nicht mehr. Die Apostel werden sich später uneins sein, ob Heiden nicht wenigstens zunächst beschnitten werden müssen. Einfach zum Judentum konvertieren geht ja nicht. Aber es wird immer wieder klar: Gott hat seinen Sohn zu allen Menschen gesandt.
Uns, die wir heute auch aus den Evangelien zu leben versuchen, sollte dieses Evangelium aufrütteln: Alle sind eingeladen in Gottes Himmelreich, niemand wird ausgeschlossen. – Wer also sind wir, dass wir die Menschen einteilen und sortieren? Einteilungen in „richtige“ und „falsche“ Kirchen, wie wir sie manchmal vornehmen, sind nicht von Belang. Es interessiert nicht die Konfession, der ich angehöre. Es ist egal, ob ich überhaupt einer Kirche angehöre. Es kommt drauf an, wer ich bin, wie ich lebe, was ich glaube oder vielleicht glauben lernen kann: Gott wendet sich allen Menschen zu. Wenn wir das verinnerlichen, sind viele Konflikte schon mit der Wurzel ausgerissen: Wenn wir alle geliebte Kinder Gottes sind, dann sollten wir einander in Liebe zugewandt sein. Wir brauchen uns nicht zu bekämpfen. Wir gehören zusammen.
Beatrix Senft
Jesu »Bekehrung« zur Heidenmission
Die Geschichte [Mt 15,21-28 par] ist in vieler Hinsicht bemerkenswert und rätselhaft zugleich. Gerade deshalb gehört sie zum »Urgestein« des Neuen Testaments, ist nicht nur theologische Reflexion, sondern auch Biographie Jesu.
Durch die namenlose Frau lernt Jesus: Er ist nicht nur für die verlorenen Schafe des Hauses Israel da! Die Sammlung aller Völker beginnt. Insofern hat die Frau für ihn eine Botschaft, die ihm in der Begegnung mit ihr gegeben wird und die er vorher so nicht sah. Und er versteht sie: Er ist auchfür die »Hunde« (die Heiden) da.
Das Matthäusevangelium deutet in dieser Lernlinie eine Steigerung an. Schon einmal, in Kafarnaum, war er einem Heiden begegnet, einem römischen Hauptmann, der ihn um Rettung seines kranken Dieners gebeten hatte. Nach Lukas, der die Geschichte aus der gleichen Überlieferungsquelle kennt, schickt der Hauptmann einige jüdische Älteste zu Jesus mit der Bitte, zu kommen und den Diener zu retten. Die Ältesten sagten Jesus: „Er verdient es, daß du seine Bitte erfüllst; denn er liebt unser Volk und hat uns die Synagoge gebaut" (Lk 7,5) - ein Sympathisant Israels also, aber doch offensichtlich (noch) kein Jude. Der Hauptmann weiß, daß sich ein frommer Jude durch das Betreten eines heidnischen Hauses unrein macht. Also bittet er Jesus nur um ein Wort, „dann wird mein Diener gesund" (Mt 8,8). Auch hier am Ende das Erstaunen Jesu: „Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden" (Mt 8,10).
Eine heidnische Frau, ein römischer Soldat - durch sie lernt Jesus eine neue Perspektive seiner Sendung zu den Menschen - so jedenfalls zeichnen es die Evangelisten. Zu einer großen »Heidenmission« hat sich Jesus allerdings auch durch diese Begegnungen nicht bewegen lassen.
Im Hintergrund taucht Jona auf, der nach 4 Kön 14,25 aus Gat-Hefer stammt, in dessen Nähe später Nazaret erbaut wird. Das Buch Jona wird (wahrscheinlich nach dem babylonischen Exil) gegen religiösen Partikularismus geschrieben: Gott erbarmt sich, weil sie Buße in Sack und Asche tun, auch der heidnischen Stadt Ninive und ihrer Bewohner — und erweckt damit den Unwillen des Hebräers Jona Schon die Sendung dorthin empfindet Jona als Zumutung und flieht „weit weg vom Herrn“ (Jona 1,3). Nachdem ihm dies mißlingt, erhofft er sich den Untergang für die Stadt. Aber auch dabei wird er eines Besseren belehrt. Als Gott den Glauben und die Umkehr der Leute von Ninive sieht, „da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er führte die Drohung nicht aus“ (Jona 3,10). Jona bekehrt sich nicht. Gott verändert dagegen sein geplantes Verhalten und erbarmt sich der Heiden.
Vielleicht hat Jesus an seinen Landsmann Jona gedacht, als er den Glauben der Frau sah, die nicht locker ließ. Vielleicht erinnerte er sich an Jonas schlechtes und Gottes gutes Verhalten - und fiel nicht in Jonas Fehler, sondern ahmte Gott nach und lernte, den eigenen inneren Partikularismus zu überwinden. Zumindest den Evangelisten Matthäus und Lukas und ihrer Überlieferung waren der Prophet Jona und die Bekehrung der Leute von Ninive gegenwärtig. Das zeigt sich in einer recht deutlichen Antwort Jesu an einige Schriftgelehrten und Pharisäer, die ein Zeichen von ihm sehen wollen (vgl. Mt 12,38 - 41 par Lk 11,29-32).
Die Bekehrung Jesu zur heidnischen Frau, sein Lernprozeß hat Folgen. Noch einmal erzählt der Markusevangelist von einer Brotvermehrung, der zweiten. Nach der für Jesus lehrreichen Begegnung verläßt er das Gebiet von Tyrus wieder „und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis“ (Mk 7,31). Er geht also nicht nach Kafarnaum zurück ans galiläische Westufer, er wendet sich dem Ostufer zu, dem größtenteils heidnischen Gebiet (wenn auch mit jüdischen „Neusiedlern" seit der Hasmonäerzeit). In diesem Gebiet der Heiden kommt es zu einer zweiten Speisung vieler Menschen. Manche Bibelwissenschaftler halten diese „Speisung der Viertausend für eine Doublette der ersten Speisung, um den Wundertäter noch stärker hervorzuheben: Jesus kann nicht nur einmal das Brotwunder wirken, er kann es gleich zweimal. Doch spätestens der Schluß der Erzählung läßt aufhorchen: „Dann sammelte man die übriggebliebenen Brotstücke ein, sieben Körbe voll“ (Mk 8,8). Bei der ersten Brotvermehrung sind es zwölf Körbe, jetzt sammelt man sieben Körbe.
Nach alter Überlieferung siedelten im Gebiet der Dekapolis sieben heidnische Stämme, so daß sich die sieben Körbe auf diese Heidenvölker beziehen. Wie Jesus das Zwölfstämme-Volk Israel speist, so auch die Heiden. Das endzeitliche Mahl ist allen Menschen, Juden und Heiden, bereitet. Eine heidnische Frau hat mit ihrer Beharrlichkeit dieses zweite Mahl bewirkt. Sie lockte geradezu aus Jesus eine neue Einstellung zu den Heidenvölkem heraus. Die spatere Heidenmission der jungen Kirche hatte hier eine wichtige Belegstelle für sich. Es scheint nicht so, als habe sie diese Erzählung erst „erfinden“ müssen.
Aus: Wilhelm Bruners, Wie Jesus glauben lernte. Herder-Taschenbuch. 2006.
Auferstehung - mitten im Leben
Ich bin mir gewiss: Jahwe ist der Ursprung allen Lebens.
Er schuf das Universum.
Die Meere und die Kontinente.
Die Galaxien, die Sonnen und Kernenergie.
Die Menschen, Tiere und Pflanzen.
Alles hat in ihm seinen Ursprung und seinen Bestand.
Ein unsichtbarer Lebensstrom erfüllt alles.
Auch ich selber fühle mich von ihm erfasst und getragen.
Dich, Herr, preist die ganze Schöpfung.
Männern und Frauen, Kindern und Altern,
aus allen Stämmen, Rassen, Nationen, Kulturen
sind Spuren deiner Ordnung,
Logik, Intelligenz, Weisheit erschlossen.
Du selber bist Schönheit, Liebe, Beziehung, Leben.
Doch die Menschen aller Zeiten
erzählen nicht nur von Leben und Glück:
Oft hast du dein Antlitz verdunkelt, Herr.
Tief eingegraben in das Gedächtnis der Menschheit
sind die Etappen und Stationen eines Kreuzweges,
den Jesus mit ihr geht:
Denn da sind die unzähligen scheinbar sinnlosen
großen und kleinen Tode unzähliger Menschen aller Zeiten.
Die Traurigkeit derer, die niemand mehr tröstet.
Die Schreie der Gefolterten.
Die leeren Blicke der Hungernden und am Leben Verzweifelnden.
Die anonymen Opfer aller Katastrophen und Kriege.
Die Spuren der Verwüstungen und der Plünderung
unseres Planeten.
Die gesamte Schöpfung seufzt und ist voller Erwartung.
Obwohl aus deiner Kraft und Liebe geschaffen,
ist sie, wie unser Herr Jesus Christus,
auf dem Weg zur Vollendung.
Die gesamte Materie, Elementarteilchen, Licht,
genetischen Codes,
alles entwickelt sich nach deinem geheimen Plan,
strebt auf den Punkt Omega zu,
dem neuen Himmel, der neuen Erde, dem Menschen,
der in Wahrheit dein vollkommenes Abbild und Gleichnis ist.
Mit den unzähligen Menschen
aller Epochen, Kulturen, Religionen
glaube ich fest:
Jesus ist vom Tod erstanden.
Das Weizenkorn hat das Erdreich durchbrochen
und bringt Frucht.
Die Schöpfung ist auf dem Weg des Lebens
und nicht der Zerstörung.
Der Mensch ist geschaffen, um zu lieben,
nicht um zu hassen und zu zerstören.
Unser Leben und unsere Geschichte
sind von Todeserfahrungen durchkreuzt.
Doch wir leben aus der Hoffnung des Anfangs
und der Ahnung,
auf einem sinnvollen Weg zu sein.
Aus: Hermann Schalück, Stationen der Hoffnung, Ein Kreuzweg, München 2002.
Gott will das Heil aller Menschen
Gott will im Jesus Christus das Heil aller Menschen (1 Tim 2,4). Jesus sagt von sich selbst, er sei in die Welt gekommen, nicht um sie zu richten, sondern um sie zu retten und versprach: "Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen (Joh 12,32). Paulus hat diese Botschaft in hymnischer Weise aufgegriffen und vom erhöhten Herrn gesagt, dass alle im Himmel, auf Erden und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt "Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes des Vaters" (Phil 2,10). In ihm wollte Gott alles versöhnen, im Himmel und auf Erden (Kol 1,20). Durch Jesus Christus will Gott am Ende alles in allem sein (1 Kor 15,27f; vgl. Röm. 11,32) und alles zusammenfassen und alles vereinen, was im Himmel und auf der Erde ist (Eph 1,4f. 10). Irenäus von Lyon hat den zuletzt erwähnten Gedanken sympathisch aufgegriffen und von der Zusammenfassung und Kulmination der ganzen Menschheitsgeschichte, ja des gesamten Kosmos unter und in Jesus Christus als das Haupt aller Wirklichkeit gesprochen.
Aus: Walter Kardinal Kaspar, Barmherzigkeit, Grundbegriff des Evangeliums - Schlüssel christlichen Lebens, Freiburg 2015.
Konformismus ist einfacher als Gottvertrauen
..."Das glaubt man halt als guter Katholik" oder "Das gehört sich eben nicht für einen guten Franziskaner." Und allzu oft war das schon alles. Wir haben das Katholischsein gepredigt (manchmal sogar nur die nationalistische Variante davon) oder eine bestimmte Spiritualität hochgehalten - anstatt Christus zu verkündigen.
Aus dem Blickwinkel späterer Glaubensstadien können wir sehen, wie einschränkend diese religiöse Mentalität ist. Es ist, als ob die Menschen in dieser Phase sich weigern den Ruf Gottes klar und deutlich zu vernehmen, weil sie das überfordern würde. Die Einladung, sich auf eine tiefe existentielle Beziehung mit Gott einzulassen, erfordert andauerndes Hören, Zurücknehmen des Egos und Hingabe an den Herrn. Deshalb verharren viele Menschen in diesem ersten Stadium (oder ziehen sich auf dieses Stadium zurück, wie es die Israeliten oft getan haben) und gehen davon aus, dass Gott von ihnen nichts anderes erwartet als Loyalität zu den "Insidern". Es macht die Dinge viel einfacher, wenn wir meinen, Gott will von uns nur, dass wir das machen, was alle anderen auch machen. Konformismus ist einfacher als Gottvertrauen.
Aus: Richard Rohr, Das entfesselte Buch, Eine Einführung in die Bibel, Altes und Neues Testament, Freiburg 2003.
Lieben mit dem Herzen Gottes: Universal und zugleich konkret
Gottes Liebe schließt jeden Menschen ein. Keiner ist davon ausgeschlossen, der es nicht selber will. Gott "lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte" (Matthäus 5,45).
Zum anderen ist seine Liebe ganz persönlich. Sie meint mich ganz konkret, so wie ich bin, hier und jetzt. Und er liebt mich mit einer Liebe, die einmalig ist. Ich, einer von mehr als sieben Milliarden Menschen (ohne die vielen Verstorbenen mitzuzählen), bin ich von Gott geliebt, als ob es nur mich gäbe.
Alle lieben - und zugleich für jeden einzelnen da sein, als ob es nur ihn gäbe: Wie soll das für uns gehen, die wir in den Grenzen von Zeit und Raum leben? Hier auf Erden mit dem Herzen Gottes lieben, das heißt "das Herz weit machen nach dem Maß des Herzens Jesu: einen jeden, der zu uns kommt, so zu lieben, wie Gott ihn liebt, ...einen nach dem anderen" (Chiara Lubich, Die große Sehnsucht unserer Zeit, München 2011, Seite 2002).
Auch Jesus konnte zeit seines Lebens nicht für alle gleichzeitig und gleichermaßen da sein. Es geht nicht um eine "allgemeine, weltumschlingende Menschenfreundlichkeit", sondern die bewusste Zuwendung zu denen, die Gott mir im nächsten Augenblick zum Nächsten werden lässt. Dafür hellhörig sein bedeutet unter Umständen auch, Erwartungen zu enttäuschen:
"Wie Jesus Begegnung abweist und ermöglicht, wie er an herkömmlichen Ansprüchen vorbeigeht und kühn und ungemäß erscheinende andere Erwartungen zugeht, wie er sich zuwendet, aber auch Abschied nimmt, dies lässt sich nur vom Augen Blick Gottes her verstehen ... keine Zeit für die Verwandten - Zeit für die kleinen Kinder; Einkehr bei Zachäus, Zeit für alle, Zeit für die Jünger, Unruhe und Ruhe ... Je inniger Menschen mit Gott leben, desto mehr gewinnen sie Anteil gerade an dieser Kraft der Zuwendung Jesu zu dem, der im Augenblick Gottes der Nächste ist" (Klaus Hemmerle, Gerufen und verschenkt, München 2013, S. 177).
Aus: Gerd Bauer, Leben heißt Lieben, Drei Minuten Impulse, München 2014.
Dein Nachbar ist nur ein Ausländer?
Dein Christus ist ein Jude
Dein Auto ist ein Japaner
Deine Pizza ist italienisch
Dein Mittagsmahl ist chinesisch
Dein Champagner ist französisch
Deine Demokratie ist griechisch
Dein Kaffee ist brasilianisch
Dein Urlaub ist türkisch
Deine Schrift ist lateinisch
Herkunft unbekannt
Die innere Verwandtschaft
In der Tat, die katholische Kirche, und mehr noch die christlichen Kirchen, sind die größten "Global player" auf dieser Erde. Indem sie die Botschaft der Nächstenliebe und der "Fernstenliebe" leben, in dem sie das Reich Gottes verkünden und Gott als guten Vater aller Menschen loben, verkünden sie die Vision von der "Globalisierung mit menschlichem Antlitz".
Alle Menschen sind geistig und geistlich verwandt, alle sind Schwestern und Brüder. Es gibt keine Juden mehr und keine Griechen, keine Sklaven mehr und keine Freien, nicht Mann und Frau. "Denn ihr alle seid einer in Christus Jesus", heißt es im Galaterbrief des Völkerapostels Paulus.
Diese innere Verwandtschaft drückt sich sehr schön in einem Gebet aus Südafrika aus:
"Herr Jesus Christus,
der du von einer hebräischen Mutter geboren wurdest,
aber voll Freude warst über den Glauben einer syrischen Frau.
Der du einen römischen Soldaten zum Glauben führtest,
die Griechen, die dich suchten, freundlich aufnahmst und es zuließest, dass ein Afrikaner dein Kreuz trug.
Hilf uns, Menschen aller Rassen als Miterben in dein Reich zu führen. Amen.
Aus: Betriebsseelsorger Erwin Helmer, Fokus Mensch, Impulse für ein gerechtes Leben, Köln 2009.
Damit aus Fremden Freunde werden
Damit aus Fremden Freunde werden,
kommst du als Mensch in unsre Zeit:
Du gehst den Weg durch Leid und Armut,
damit die Botschaft uns erreicht.
Damit aus Fremden Freunde werden,
gehst du als Bruder durch das Land,
begegnest uns in allen Rassen
und machst die Menschlichkeit bekannt.
Damit aus Fremden Freunde werden,
lebst du die Liebe bis zum Tod.
Du zeigst den neuen Weg des Friedens;
das sei uns Auftrag und Gebot.
Damit aus Fremden Freunde werden,
schenkst du uns Lebensglück und Brot;
du willst damit den Menschen helfen,
retten aus aller Hungersnot.
Damit aus Fremden Freunde werden,
vertraust du uns die Schöpfung an;
du formst den Menschen dir zum Bilde,
mit dir er sie bewahren kann.
Damit aus Fremden Freunde werden,
gibst du uns deinen Heilgen Geist,
der, trotz der vielen Völker Grenzen,
den Weg zur Einigkeit uns weist.
Rolf Schweizer 1982, in: EG 674.
Gib Frieden, Herr, gib Frieden
Gib Frieden, Herr, gib Frieden,
die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden,
wer lügt, liegt obenauf.
Das Unrecht geht im Schwange,
wer stark ist, der gewinnt.
Wir rufen: Herr, wie lange?
Hilf uns, die friedlos sind.
Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten,
die Furcht wächst mehr und mehr.
Die Horizonte grollen,
der Glaube spinnt sich ein.
Hilf, wenn wir weichen wollen,
und laß uns nicht allein.
Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Du selbst bist, was uns fehlt.
Du hast für uns gelitten,
hast unsern Streit erwählt,
damit wir leben könnten,
in Ängsten und doch frei,
und jedem Freude gönnten,
wie feind er uns auch sei.
Gib Frieden, Herr, gib Frieden:
Denn trotzig und verzagt
hat sich das Herz geschieden
von dem, was Liebe sagt!
Gib Mut zum Händereichen,
zur Rede, die nicht lügt,
und mach aus uns ein Zeichen
dafür, daß Friede siegt.
Jürgen Henkys (1980) 1983 nach dem niederländischen »Geef vrede, Heer, geef vrede« von Jan Nooter 1963, in: EG 430.
Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all
Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all,
lobt Gott von Herzensgrunde,
preist ihn, ihr Völker allzumal,
dankt ihm zu aller Stunde,
daß er euch auch erwählet hat
und mitgeteilet seine Gnad
in Christus, seinem Sohne.
Denn seine groß Barmherzigkeit
tut über uns stets walten,
sein Wahrheit, Gnad und Gütigkeit
erscheinet Jung und Alten
und währet bis in Ewigkeit,
schenkt uns aus Gnad die Seligkeit;
drum singet Halleluja.
Joachim Sartorius 1591, in: EG 293.
Herr, unser Gott, auf den wir trauen
Herr, unser Gott, auf den wir trauen,
entzieh uns deine Güte nicht.
Laß auf uns her dein Antlitz schauen,
erleuchte, tröst uns durch dein Licht,
daß durch uns auf Erden
mög verbreitet werden,
was dein Arm getan.
Gott gib Heil und Freuden;
sähn doch alle Heiden,
was Gott geben kann.
Dich werden, Gott, die Völker loben,
von allen wirst du einst erhöht;
ja, du allein wirst hoch erhoben
in deines Namens Majestät.
Alle sehn entzücket,
wie dein Heil beglücket
jedes Volk und Land.
Ja, wo du regierest,
Menschen richtest, führest,
wird dein Heil erkannt.
Dich werden, Gott, die Völker loben,
von allen wirst du einst erhöht;
ja, du allein wirst hoch erhoben
in deines Namens Majestät.
Gottes Erde gibet,
weil er Menschen liebet,
Brot, das uns erhält;
er kommt uns mit Segen
überall entgegen.
Fürcht ihn, alle Welt!
Matthias Jorissen 1798 nach Ps. 67, in: EG 620.
Die Beziehungen zum Judentum
247. Ein ganz besonderer Blick ist auf das jüdische Volk gerichtet, dessen Bund mit Gott niemals aufgehoben wurde, denn » unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt « (Röm 11,29). Die Kirche, die mit dem Judentum einen wichtigen Teil der Heiligen Schrift gemeinsam hat, betrachtet das Volk des Bundes und seinen Glauben als eine heilige Wurzel der eigenen christlichen Identität (vgl. Röm 11,16-18). Als Christen können wir das Judentum nicht als eine fremde Religion ansehen, noch rechnen wir die Juden zu denen, die berufen sind, sich von den Götzen abzuwenden und sich zum wahren Gott zu bekehren (vgl. 1 Thess 1,9). Wir glauben gemeinsam mit ihnen an den einen Gott, der in der Geschichte handelt, und nehmen mit ihnen das gemeinsame offenbarte Wort an.
248. Der Dialog und die Freundschaft mit den Kindern Israels gehören zum Leben der Jünger Jesu. Die Zuneigung, die sich entwickelt hat, lässt uns die schrecklichen Verfolgungen, denen die Juden ausgesetzt waren und sind, aufrichtig und bitter bedauern, besonders, wenn Christen darin verwickelt waren und sind.
249. Gott wirkt weiterhin im Volk des Alten Bundes und lässt einen Weisheitsschatz entstehen, der aus der Begegnung mit dem göttlichen Wort entspringt. Darum ist es auch für die Kirche eine Bereicherung, wenn sie die Werte des Judentums aufnimmt. Obwohl einige christliche Überzeugungen für das Judentum unannehmbar sind und die Kirche nicht darauf verzichten kann, Jesus als den Herrn und Messias zu verkünden, besteht eine reiche Komplementarität, die uns erlaubt, die Texte der hebräischen Bibel gemeinsam zu lesen und uns gegenseitig zu helfen, die Reichtümer des Wortes Gottes zu ergründen sowie viele ethische Überzeugungen und die gemeinsame Sorge um die Gerechtigkeit und die Entwicklung der Völker miteinander zu teilen.
Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium des Heiligen Vaters Papst Franziskus, 24.11.2013. </ br>
16. August
16. August. - Die Menschheit ist zweigeteilt: in solche, die um ihr Nichtwissen wissen, und solche, die nicht darum wissen. Vielleicht gibt es hin und wieder (oder hat es gegeben oder wird es geben) Wesen, die wissen, doch er (sic!) würde nicht in den menschheitlichen Rahmen passen, und jedes von ihnen würde eine separate Kategorie bilden (Julien Roud), oder die, welche sich selbst rasieren, und die, welche die andern rasieren (Pao Devi).
Boris Vildé, Trost der Philosophie. Tagebuch und Briefe aus der Haft, hrsg. von Felix Philipp Ingold, Berlin: Matthes & Seitz 2012.
Friede braucht Wahrnehmung des anderen
Linz, 09.08.14 (KAP) Gerechter Friede kann in den Augen von Bischof Manfred Scheuer nicht durch Aufrüstung oder Unterwerfung gelingen, sondern nur durch "Überwindung der Einäugigkeit durch das Wahrnehmen des Leidens sowie der Ängste des jeweils anderen". Wie der Innsbrucker Diözesanbischof am Samstag im Rahmen einer Predigt in St. Radegund darlegte, sei es ein Irrglaube, Sicherheit durch den Einsatz von Gewalt herstellen zu wollen: "Es wäre eine menschenverachtende Sackgasse, mit Gewalt andere zu beseitigen oder zu töten, um Leiden zu überwinden und Sicherheit für sich selbst zu schaffen."
Scheuer äußerte sich bei einem Gedenkgottesdienst für den selien NS-Wehrdienstverweigerers Franz Jägerstätter (1907-1943). Der St.
Radegunder habe die "Barbarei des menschen- und gottverachtenden Systems" des Nationalsozialismus "klarer und weitsichtiger" als viele Zeitgenossen gesehen und durch sein "entschiedenes Nein" ein "prophetisches Zeugnis für die christliche Wahrheit" gegeben. Als "Zeuge der Freiheit" habe er mit Gottes- und Nächstenliebe die "Logik des Bösen von innen her aufgebrochen und überwunden", was Scheuer mit einem Zitat von Simone Weil kommentierte: "Der falsche Gott verwandelt das Leiden in Gewaltsamkeit. Der wahre Gott verwandelt die Gewaltsamkeit in Leiden."
Friede sei möglich und auch geboten, so der Bischof mit Verweis auf die Päpste Johannes Paul II. und Johannes XXIII. Letzterer forderte "Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit" als "Säulen" des Friedens. Friedensarbeit umfasse deshalb "Freundschaft mit den Armen, Entwicklungshilfe wie humanitäre Hilfe und Aufbau eines sozialen Umfelds, wo große Spannungen herrschen", so der Bischof.
Weitere Elemente seien die Begegnung zwischen den Generationen, die Begleitung von ausgegrenzten Menschen und die Integration von Ausländern und Minderheiten, sowie auch Dialog zwischen Religionen und Kulturen. Für Dialog und das Zusammenleben gelte es "Verbindungen aufzubauen, damit Feinde und Fremde einander ins Gesicht schauen und schließlich entdecken, dass sie Geschwister sind", betonte Scheuer.
"Krieg verdirbt Seele einer Nation"
Mit Blick auf die Weltkriege sprach Scheuer von einer "spirituellen Architektur der Völker, die krank werden kann", zumal beide lang vorbereitet statt "aus heiterem Himmel gefallen" seien. Viele hätten Krieg einst als Notwendigkeit gesehen, um gesellschaftlichen Niedergang aufzuhalten - "wie ein chirurgischer Eingriff, der freilich Leid mit sich bringt, aber den Frieden wiederherstellen soll". Eine einfache chirurgische Operation sei Krieg jedoch nie, ganz im Gegenteil ziehe er vielmehr unkontrollierbare Konsequenzen nach sich, betonte Scheuer: "Er hinterlässt tiefe Spuren in der Mentalität der Völker, er verdirbt und schädigt den Charakter der Menschen und macht die Seele einer Nation schlechter." Hass werde von Generation von Generation weitergegeben, ganze Völker seien "nicht mehr die gleichen wie zuvor".
Detailliert analysierte der Innsbrucker Bischof menschliche Haltungen, die einem Krieg vorausgehen. Der Anfang geschehe stets im eigenen Herzen - "mit schlechten Gedanken, mit Verachtung, mit Hass", so Scheuer. Die Verachtung dessen, der anders und verschieden ist, rechtfertige schrittweise Gewalt und dann Krieg. Sie sei "scheinbar zu einer Chiffre unserer Zeit" geworden, so der Bischof mit Verweis auf populistische Strömungen in Europa, die "auf Roma oder Migranten zielen und den schwächsten und benachteiligten Gruppen die Schuld für die eigenen Schwierigkeiten geben". Während hier oft Ängste und Orientierungslosigkeit von Jugendlichen ausgenutzt würden, sei eine Auflösung nur durch Wertschätzung und Dialog möglich.
Der Erste Weltkrieg habe zu einer Vorstellung geführt, "dass unterschiedliche Menschen nicht zusammenleben können", so Scheuer.
Minderheiten erhielten somit keinen Platz mehr und Nachbarn über Jahrhunderte galten aufgrund nationaler, ethnischer oder religiöser Unterschiede plötzlich als Feinde.
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Warum gibt es immer wieder Krieg?
Obwohl Kriege unendliches Leid bringen, gelingt es der Menschheit nicht, ihr Zusammenleben gewaltfrei zu organisieren. Warum? Der Dortmunder Evolutionsbiologe Bernhard Verbeek macht ein Zusammenspiel aus Genetik und Kultur dafür verantwortlich. "Bei Kriegen spielen die historische Situation, die kulturelle Umgebung und das kollektive Gedächtnis eine entscheidende Rolle. Dies alles ist mitgestaltet durch das neuronale Gefüge der Individuen und wirkt darauf zurück, bisweilen fatal", schreibt er in der Zeitschrift "Universitas" (Juli).
Die Evolution belohne nicht Moral, sondern Erfolg. Daher habe auch die von der Bibel seit Jahrtausenden gepredigte "Moral der Feindesliebe" nie funktioniert. "Das kommt daher, dass schon in prähumanen Zeiten Populationen, die ihre Ressourcen selbstlos Fremden oder gar Feinden überließen, nicht lange Bestand hatten, im Gegensatz zu solchen, deren Mitglieder sich nur hingebungsvoll für die eigene Gruppe einsetzten und die Konkurrenten von verfügbaren Wohltaten ausschlossen." Dass die Friedfertigen das Land besitzen, sei nur ein frommer Wunsch der Psalmendichter.
Erfolgreiche politische und religiöse Führer hätten immer gewusst, dass Krieg ihnen Vorteile verheißt, selbst wenn sie damit den Leitsätzen ihrer Religion widersprachen. "Das Christentum hat seit je die reine Liebe, sogar Feindesliebe gepredigt, aber tatsächlich heftige Kriege geführt. Der Islam, von seinen Anhängern oft militant als friedlichste Religion der Welt bezeichnet, ist gleich nach seiner Gründung vor allem durch erfolgreiche permanente Eroberungskriege bekanntgeworden." Nicht zufällig sei der historische Ehrentitel "der Große" oft machtbesessenen Eroberern zugesprochen worden, von Alexander über Herodes und Konstantin bis hin zu Karl. Alle bedeutenden christlichen Herrscher der Antike wie des Mittelalters und der Neuzeit bis fast in die Gegenwart waren trotz ihres religiösen Anspruchs Kriegsherren.
Evolutionsbiologisch gesehen dienten Religion und Moral vor allem dazu, tiefe, gleichgeschaltete Gefühle zu entwickeln, die die Menschen innerlich bewegen, meint Verbeek. "Verstärkend wirkt eine starke Affinität zu metaphysischen Vorstellungen. Nationalismus und Rassismus, auch Klassenchauvinismus und religiöses Eiferertum sind deshalb von der Natur bereitgestellte Instrumente, auf denen Demagogen so erfolgreich spielen können. Moral ist im Gegensatz zu Erfolg für die Selektion kein Thema, wird es aber sofort, wenn sie ein Mittel zum Erfolg ist. Gruppen mit strenger Binnenmoral waren unschlagbar. Wer jeweils zu .meiner" Gruppe gehört, lässt sich aber bei größer werdenden Populationen nicht mehr über die tatsächliche Verwandtschaft und persönliche Bekanntschaft verfolgen. Da braucht es kulturelle Merkmale: Vor allem Sprache wird als Ausweis wichtig, auch die Religion, die Wertegemeinschaft, bestimmte Parolen und Kleidungsstücke und natürlich Fahnen."
Dies alles sei das Ergebnis eines langen evolutionären Prozesses, aber deshalb noch lange nicht gut. Die einzige Chance für das Kulturwesen Mensch bestehe darin, sich diese genetisch-kulturellen Prägungen immer wieder bewusst zu machen, um nicht in stereotype "natürliche" Muster zu fallen, sondern gegenzusteuern. "Kulturelle Evolution kann sich blitzschnell auch .horizontal" ausbreiten... Unmengen von Erfahrungen können schriftlich und heute auch digital kumuliert und verknüpft werden. Kultur ist das Rezept, das uns Menschen nach langsamer Anlaufphase in wenigen Jahrtausenden zum erfolgreichsten Säugetier gemacht hat - allerdings mit gefährlichen Nebenwirkungen."
Die Konflikte in der Ukraine wirken wie ein aktueller Beweis für die Sicht des Evolutionsbiologen. Wladimir Putin, der auf der Krim und in der Ostukraine die separatistische Kriegstreiberei mitunterstützt und mit- initiiert hat, sucht gleichzeitig den Schulterschluss mit den höchsten Repräsentanten der russischen orthodoxen Kirche und lässt dies medial verbreiten. Auch in Kiew organisiert der Staat kirchliche Rückendeckung.
msc in: Christ in der Gegenwart Nr. 30/2014. Katholische Wochenzeitschrift, Verlag Herder.
Franz Liszt, Komponist
Liszt gab in einer französischen Provinzstadt ein Konzert, zu dem nur zwölf Zuhörer erschienen. Der Meister spielte wie immer, wandte sich am Ende der Darbietungen dem Publikum zu und sagte: »Meine Damen und Herren, darf ich mir erlauben, Sie jetzt zum Abendessen einzuladen?«
Die Konzertbesucher nahmen die Einladung ausnahmslos an. Das Abendessen kostete Liszt 1200 Francs. Aber am nächsten Abend war der Saal überfüllt.
Aus: Georg Markus, Das heitere Lexikon der Österreicher. Die besten Anekdoten von Altenberg bis Zilk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2007 (3).
Kontaktstörungen
Eine fünfköpfige Familie war glücklich, einen Tag am Strand verbringen zu können. Die Kinder badeten im Meer und bauten Sandburgen, als eine kleine alte Dame auf sie zukam. Ihr graues Haar wehte im Wind und ihre Kleidung war schmutzig und zerlumpt. Sie murmelte vor sich hin, während sie Gegenstände vom Boden aufhob und in eine Tasche tat.
Die Eltern riefen die Kinder zu sich und sagten, sie sollten sich von der alten Dame fernhalten. Als sie vorbeiging und sich hin und wieder bückte, um etwas aufzuheben, lächelte sie der Familie zu: Aber ihr Gruß wurde nicht erwidert.
Viele Wochen später erfuhren sie, daß die kleine alte Dame es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Glasscherben am Strand aufzuheben, damit sich die Kinder nicht die Füße aufschnitten.
Aus: Antony de Mello, Warum der Schäfer jedes Wetter liebt. Weisheitsgeschichten. Herder Spektrum, Freiburg Basel Wien 1988 (3).
Zielstrebigkeit
Ein Sufi saß eines Morgens an einer Kreuzung. Da kam ein junger Mann zu ihm und fragte, ob er bei ihm lernen dürfe. »Ja, für einen Tag«, sagte der Sufi.
Den ganzen Tag lang machte ein Reisender nach dem anderen halt und stellte Fragen über die Menschheit und das Leben, über Sufismus und Sufis oder bat um Hilfe -oder erwies nur seine Achtung und Ehrerbietung.
Doch der Wander-Sufi saß die ganze Zeit über in der Haltung der Versenkung, den Kopf auf den Knien, da und reagierte überhaupt nicht. Die Leute gingen, einer nach dem anderen, wieder fort.
Gegen Abend trat ein ärmlicher Mann mit einem schweren Bündel an das Paar heran und fragte nach dem Weg zur nächstgelegenen Stadt. Der Sufi stand sogleich auf, lud sich die Last des Mannes auf die Schultern und führte ihn einen Teil des Weges auf der richtigen Straße. Dann kehrte er zur Kreuzung zurück.
Der junge Schüler erkundigte sich: »War der Mann, der doch nach einem armen Bauern aussah, ein Heiliger in Verkleidung, einer der geheimen Wanderer von hohem Rang?«
Der Sufi seufzte und entgegnete: »Er war der einzige von denen, die wir heute gesehen haben, der wirklich nach dem Ziel suchte, das er seiner Aussage nach wünschte.«
Aus: Marco Aldinger, Geschichten für die kleine Erleuchtung. Das Buch zur Bewusstseinserheiterung. Herder Spektrum, Freiburg Basel Wien 2002.
Am Rand die Mitte suchen
Es passt nicht in das Menschenbild einiger Mitbürger, dass man als Mensch und als katholischer Pfarrer hilft, wo Hilfe notwendig ist. Es steht auch der Kirche gut an, bei denen dabei zu sein, die aufgrund ihres Engagements für Fremde eine Bombe erhalten haben. Denn die Kirche gehört dorthin, wo Menschen ausgegrenzt werden, wo Minderheiten den Schutz des Stärkeren brauchen. Die Kirche ist nicht nur in ihrem Element, wenn sie schöne Sonntagsliturgie feiert, sondern mindestens ebenso, wenn sie versucht, Jesu Gerichtsrede ernst zu nehmen: "Ich war fremd und du hast mich aufgenommen ..."
Der scheinbare Rand, das Nebensächliche, das Abschätzige, der populistisch geschürte Fremdenhass ist die wesentliche Herausforderung der Kirche. Er trifft ihre Mitte.
Wie steht es mit der zunehmenden Geringschätzung des menschlichen Lebens an dessen angeblichen Rändern? Ich denke an die Ungeborenen: Wie viele dürfen nicht zum Leben kommen? Ich denke an die Behinderten, die mancherorts wiederum um ihr Lebensrecht kämpfen müssen. Ich denke an die Alten, die immer älter werden und denen man vom Staatssäckel helfen muss, weil die eigenen Verwandten überfordert scheinen.
Die Kirche muss dort sein, wo das Leben in Gefahr ist. Papst Johannes Paul II. hat es in seiner Enzyklika "Evangelium Vitae" (Nr. 5) festgeschrieben: "Achte, verteidige, liebe das Leben, jedes menschliche Leben und diene ihm."
Das Leben lieben heißt auch, seine Sexualität bejahen. Es darf nie der Eindruck entstehen, dass die Kirche sie dem Menschen vermiesen will. Ich finde es gut, dass Homosexualität auch in unserer katholischen Kirche jetzt ein Thema wird. So ist durch die Ereignisse der letzten Jahre das Kirchenvolk erinnert worden: Schließ niemanden aus, schau auch auf diesen Rand mit allen Nöten und Ausgrenzungen der Gesellschaft. Sei bei den Menschen, die Hilfe brauchen.
An den Rand geschoben und verdrängt wird oft auch alles, was mit Leiden, Krankheit und Sterben zu tun hat. Die Kirche hat im Laufe ihrer Geschichte großartige Zeugnisse des Beistands im Leiden hervorgebracht. Kirchliche Gemeinschaften im Krankendienst sind aufgeblüht, sowohl im alten Europa als auch in den jungen Missionskirchen. Denken wir an Mutter Teresa in Kalkutta. Heute ist das Leiden bei uns nicht immer so klar ersichtlich: Was ist mit den Alkoholikern, den Depressiven, die in Sinnkrisen stecken, die oft zum Selbstmord führen? Wie nah lassen wir HIV-positiv-Infizierte und Aids-Kranke an uns heran?
Aussteiger fallen auf. Aber ihnen dann ein lebbares Leben zu ermöglichen ist anstrengend und gefährlich, weil die Gesellschaft schnell allen einen Stempel aufdrückt. Am Rand sehe ich auch Arbeitslose, die ihren Kredit nicht zurückzahlen können; Kinderreiche, die leicht unter die Armutsgrenze fallen; Bauern, die fernab von Romantik keine Frau finden, die am Hof bleibt.
"Der Weg des Menschen ist der Weg der Kirche", sagt das Konzil. Mit diesem Thema ist ein Stück in Angriff genommen worden, das den konkreten Menschen vor Augen hat und ihm sagt, dass er nicht nur zur Kirche gehört, sondern die Mitte der Kirche ausmacht.
Ich bin überzeugt, dass jeder, der auf konkrete Mitmenschen zugeht, bereichert wird. Wer sich mit Fremden einlässt, wird nicht ärmer, sondern reicher, weil er sich, seine Kultur und seine Wurzeln schätzen lernt. Wer dem Leidenden Zeit schenkt und sich um einen Krankenbesuch nicht drückt, der wird sich mit seinem eigenen Leiden auseinander setzen, um leichter leiden und sterben zu können. Wer sich der Ärmsten auch weltweit annimmt, wird durch so eine Partnerschaft nicht ärmer, sondern empfängt mehr, als er materiell gibt. Es entsteht in mir nicht selten die Frage: Wer hat jetzt wem etwas gegeben?
Zum Menschsein gehört auch, dass im Leben nicht alles glatt und eben verläuft. Wie wenig Sorgen machen wir uns als Kirche um ein Verdrängungs- und Versteckspiel, das mit Sünde nichts anfangen kann? Es darf heute scheinbar in der Kirche der Mensch seine Sünde, seine Ohnmacht und Schwachheit nicht eingestehen. Wer zum harten Kern, zum offensichtlichen Zentrum, zum Kirchgeher, zu den Gläubigen gehört, darf sich keine Blöße geben. Wer gestolpert ist, ist nicht mehr tragbar - wie in der Politik. Das Dach der Kirche ist zu wenig weit, es lässt die Sünder draußen im Regen und Sturm stehen. Wo finden Sünder Befreiung, Heilung und Nähe? An wen wenden sie sich?
Die Beichtstühle und Aussprachezimmer sind leer geworden. Es muss wohl die Kirche als ganze öfter und deutlicher an die Brust klopfen und Schuld und Mitschuld eingestehen. Der perfekte Mensch, der keine Blößen zeigt, macht mir Angst. Eine Kirche, die nicht mehr bei konkreten Mitmenschen lebt, entfernt sich und wird unbrauchbar. Der konkrete Mitmensch ist fehlerhaft und sündig. Kirche wird gelebt von konkreten Menschen.
Vor dem wunderbaren Dom in Köln gibt es seit einigen Jahren eine Klagemauer. Das ist eine Bretterbude, die in Kontrast steht zur harmonischen Gotik und dem Domplatz. Diese Bretterwand mit den vielen Zetteln und Nachrichten ist Treffpunkt und Aktionsbasis der Obdachlosen der Stadt Köln. Sie scheint eine Chance zu bieten, die soziale Ausgrenzung zu durchbrechen. Als ich zum ersten Mal dort stand und diesen Kontrast erlebte, war ich zuerst verwundert, aber dann erfreut, dass Ausgegrenzte und Obdachlose hier am Domplatz einen Ort finden. Groß war die Enttäuschung, als ich am nächsten Tag erfpuhr, dass sie entfernt werden soll. Abbé Pierre, der Lumpensammler von Paris, der mich schon als Kind sehr begeisterte und sich jetzt als Greis noch immer den Ärmsten widmet, hat auch dort verweilt und auf so einen Sticker geschrieben: "Überall zuerst den Schwächsten zu dienen ist die Quelle jeden lebendigen Friedens".
Nicht nur die Kirche, sondern auch die Politiker müssen wissen, dass der menschenwürdige Umgang mit dem Rand der Gesellschaft unerlässlich ist für den Frieden.
Warum an den Rand gehen? Haben nicht die Menschen im Zentrum auch Sorgen?
Auch die sog. Mitte darf niemand brüskieren, sondern muss liebend umfasst und mitgenommen werden. Das Gleichnis und Bild vom guten Hirten (Lk 15 und Joh 10) führen uns vor Augen, wie Jesus zum Rand geht, das Verlorene sucht und auf seine Schulter nimmt. Seine ganze Liebe und Sorge gehörte dem im Augenblick Verlorenen. Auch die Kirche Jesu muss diese Schritte zu den Mitmenschen machen und wie der gute Hirt nach ihren Nöten suchen. Dabei wird man draufkommen, dass man selber manchmal in der Mitte und manchmal am Rand, manchmal Hirte und manchmal Getragener ist.
So macht die Kirche das eine Mal die Not des anderen zur eigenen; ist ein andermal Sprachrohr der Sprachlosen und ergreift so Partei für die Armen. So wird immer deutlicher, dass die Kirche Bote der Liebe Gottes zu allen Menschen sein möchte; nicht immer perfekt und erfolgreich, aber umso glaubwürdiger.
Aus: August Janisch, Mit weitem Herzen. Gedanken eines Grenzgängers. Styria Verlag, Graz Wien Köln 2002.
Der Ausweg
Es gibt ihn nicht immer,
aber immerhin
öfter als du gedacht hast.
Natürlich nur dann,
wenn du am Ende bist,
findest du sie,
die schmale heimliche Stelle,
das Schlupfloch, die Hintertür.
Auf der anderen Seite
stehst du geblendet im Freien.
Kaum zu glauben:
an diesem frisch gestrichenen Tag
steht die Geschichte still,
die alte Geschichte.
Niemand brüllt.
Bis zum nächsten Mal.
Aus: Hans Magnus Enzensberger, Die Geschichte der Wolken. 99 Meditationen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003.
Franz Jägerstätter
Gebet und Heilige Schrift
"Wir sollen nie sagen, wir müssen beten, sondern wir dürfen und können beten, denn zwingen tut uns Gott zu gar nichts." (93) In Erfahrungen der Anfechtung und der Isolation ist das Gebet eine Hilfe gegen die Schwachheit. "Gib ja das Beten nicht auf, damit Du nicht von der Schwachheit der Menschenfurcht überwältigt wirst" (20), schreibt Franz Jägerstätter 1941. "Gebetsgemeinschaft ist die beste Kampfgemeinschaft für die Sache Christi." (193) So ist Gebet für Jägerstätter kein Alibi für Tat und Entscheidung, seine Frömmigkeit ist Vorentwurf der Tat, Kraftquelle im Widerstand. Gebet ist Einarbeitung in die Mitarbeiterschaft Gottes. Es öffnet Augen und Hände.
Damit verbunden ist die Liebe zur Heiligen Schrift. Die Bibellektüre ist für Franz Jägerstätter seit seiner Eheschließung mit Franziska wichtig. Pfarrer Karobath hatte ihm zur Hochzeit eine Bibel geschenkt. Franz Jägerstätter las täglich in der Hl. Schrift zu einer Zeit, in der es in der katholischen Kirche nicht üblich war. Er unterstreicht die Bedeutung der Bibel für die Gestaltung des christlichen Lebens, für die Bildung des Gewissens und des ganzen Menschen. "Es dürfte nicht sein, dass jemand eine ganze Reihe frommer 'Bücher' besitzt, aber nicht das 'Buch der Bücher', worin Gott selber zum Menschen spricht." (201) In einer Situation zunehmender geistiger Isolation, in der ihm auch Priester und Bischöfe keine Orientierung mehr boten, schreibt er: "War nicht die Kirche in letzter Zeit stark bemüht, auch die Laien mit der Hl. Schrift … zu versehen, damit wir uns, wenn uns schon die persönlichen Führer weggenommen oder stumm gemacht würden, ohne sie zurechtfinden." (120) Die Heilige Schrift wird für ihn Norm und Kriterium seines Lebens und seiner Entscheidungen, letztlich weil sie Gottes Wort ist: "In der Bibel spricht Gott selber zu uns und gibt unserer Hoffnung eine unerschütterliche Grundlage." (193) "Wer die Schrift kennt, kennt Gottes Herz." (Gregor der Große) "Wer die Schrift nicht kennt, kennt Christus nicht." (Hieronymus)
Gabe der Unterscheidung der Geister
Die biblische Wachsamkeit ist für Franz Jägerstätter eine grundlegende Haltung. Er verweist dafür auf das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen (Mt 25,1-12) und auf das Gleichnis von den Talenten (Mt 25,14-30). Wachsamkeit fordert er zum einen sich selbst gegenüber, zum anderen aber auch gegenüber gesellschaftlichen und politischen Vorgängen, damit das klare moralische Urteil nicht verloren geht (206).
Jägerstätter hatte die Gabe der Unterscheidung der Geister. Sein prophetisches Zeugnis beruhte auf einer klaren und weitsichtigen Analyse der Barbarei des menschen- und gottverachtenden Systems des Nationalsozialismus, dessen Rassenwahn, dessen Ideologie des Krieges und der Staatsvergottung wie dessen erklärten Vernichtungswillen gegenüber Christentum und Kirche.
Franz Jägerstätter wusste sich vor die Alternative gestellt: Gott oder Götze, Christus oder Satan. Er wusste, dass man nicht zwei Herren dienen kann (Mt 6,24) und dass Gott mehr zu gehorchen ist als Menschen (Apg 4,19). "Wer bringt es fertig, Soldat Christi und zugleich Soldat für den Nationalsozialismus zu sein? Für den Sieg Christi und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für dessen Endsieg zu kämpfen?" (164) Aus einem gebildeten und reifen Gewissen heraus hat er ein entschiedenes Nein zum Nationalsozialismus gesagt. Die Gabe der Unterscheidung der Geister ist eingebettet in konkrete Lebenserfahrung, in das Hören auf das Wort Gottes in der Hl. Schrift, auch in die Auseinandersetzung mit Beratern und Begleitern. Absolutes und letztes Kriterium für die Unterscheidung der Geister ist bei Jägerstätter der Wille Gottes: "Keiner irdischen Macht steht es zu, die Gewissen zu knechten." (191)
Wat kümmert mich ming Jeschwätz von jestern?
"Wat kümmert mich ming Jeschwätz von jestern?" (hochdeutsch: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.") ist ein Zitat, das dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Konrad Adenauer zugeschrieben wird. Es handelt sich hierbei um einen alten kölscher Spruch, den man verwendet, wenn man der Ansicht ist, dass das, was man vor längerer Zeit gesagt hat, überholt ist.
Gelegentlich wird der Satz noch ergänzt um eine weitere Aussage: Sie werden mich nicht daran hindern, schlauer zu werden.
Gehorsam im Ordensleben
Orden: Vatikanische Instruktion über den Gehorsam im Ordensleben
Einer Anregung ihrer letzten Vollversammlung im September 2005 folgend, hat die römische Ordenskongregation (Präfekt: Kardinal Franc Rode) eine umfangreiche Instruktion zum Gehorsam als integrierendem Bestandteil des Ordenslebens erarbeitet, Der Text mit dem Datum vom 11. Mai 2008 trägt den Titel "Der Dienst der Autorität und der Gehorsam”. Der Ordenskongregation ist es durchweg darum zu tun, die mit dem Ordensleben verbundene Pflicht zum Gehorsam so auszulegen, dass sie nicht auf Kosten der Persönlichkeit des einzelnen Ordensangehörigen geht. Gleich die Einleitung betont, in den vergangenen Jahren habe sich in Kirche wie Gesellschaft die Art und Weise, wie Autorität und Gehorsam verstanden und gelebt würden, verändert. Der Wunsch nach persönlicher Verwirklichung könne da und dort zu Projekten der Ordensgemeinschaft in Spannung geraten; das Bemühen um das persönliche Wohler-gehen könne die totale Verfügbarkeit für die gemeinsame Sendung schwierig machen.
Der Text bestimmt Autorität und Gehorsam als zwei Dimensionen des einen christlichen Mysteriums, "zwei komplementäre Weisen der Teilhabe an der Hingabe Christi" (Nr. 12). Unter den Aufgaben der mit Autorität ausgestatteten Ordensleitung wird an erster Stelle genannt, diese müsse in der jeweiligen Gemeinschaft die Qualität des Gebetslebens garantieren. Außerdem müsse sie bemüht sein, das Charisma der einzelnen Ordensgemeinschaft lebendig zu erhalten, ebenso das "sentire cum ecclesia". Jedes Ordensmitglied schulde dem Papst "vollständigen und vertrauensvollen Gehorsam" (Nr. 13). Gleichzeitig betont die Instruktion die Notwendigkeit, in den Ordensgemeinschaften ein für Dialog und Mitverantwortung günstiges Klima zu schaffen. So könne die Identität jedes Mitglieds Anerkennung finden.
Es sei unerlässlich für jedes Ordensmitglied, "im Geist des Glaubens und aus der Hand des Vaters" (Nr. 20) die ihm anvertraute Aufgabe anzunehmen, auch wenn diese nicht mit seinen Wünschen und Erwartungen übereinstimmt. Man könne zwar auf die eigenen Probleme mit seiner solchen Entscheidung aufmerksam machen; aber in solchen Fällen bedeute Gehorsam, sich der Entscheidung der zuständigen Autorität zu unterwerfen, "in der Überzeugung, dass solcher Gehorsam ein wertvoller wenn auch unter Schmerzen erbrachter Beitrag zum Reich Gottes ist".
Herder Korrespondenz 62 7/2008
Ich sehne mich nach einem neuen Ohr für Dein geheimes Wort
Du, Herr,
bist das große Schweigen,
Du bist so still, dass ich mich erst daran gewöhnen muss,
weil es so laut ist um mich herum und in mir.
Wenn ich aber aufmerksam geworden bin,
dann spüre ich Deinen Atem aus Ruhe,
er glättet die Wogen meiner Unrast
und bietet einen Schutzwall gegen den anbrandenden Lärm.
Allmählich werden die Abgründe der Zerrissenheit überbrückt
und ich werde umfangen von heilenden Strömen.
Behutsam schaffst Du das Versehrte um
und ordnest das Verworrene.
Ich sehne mich nach einem neuen Ohr für Dein geheimes Wort,
damit ich in den Kraftbereich Deines Schweigens gezogen werde.
Voller Staunen entdecke ich in mir unbekannte Zonen,
es gibt noch Tiefen in meinem Innern, die mir unzugänglich sind.
Hol mich heim in das Reich Deines Schweigens,
lass mich die Botschaft Deiner Stille hören,
Du süßer Abgrund des Lichts.
Otto Betz in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Lizenzausgabe für Verlag Hohe, Erfstadt 2007.
Kein stummer Gott
Wir danken Dir, Herr, dass Du kein stummer Gott bist,
sondern mit uns redest.
Wir danken Dir, dass Du kein verborgener Gott bist,
sondern als ein Mensch unter Menschen bei uns warst
und bei uns bleiben willst.
Wir danken Dir, dass Du kein tauber Gott bist,
sondern von uns hören willst,
was uns Freude und was uns Kummer macht,
was uns begeistert und was uns empört,
was wir uns wünschen und wovor wir uns fürchten.
Wir bitten Dich:
Gib uns den Geist, der alles neu macht,
damit wir lernen, neu zu hören, was Dein Wort uns zu sagen hat;
und neu zu sehen, was wir zu tun haben;
und aufs Neue vor Dich zu bringen, was uns bewegt ...
Herr, Du hast uns gehört. Nun rede mit uns. Amen.
Eberhard Jüngel in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Lizenzausgabe für Verlag Hohe, Erfstadt 2007
Perspektiven zur theologischen Grundlegung christlicher Mission
Jesu Wirken gilt in erster Linie den im Land zerstreuten Juden. Israel ist für ihn immer noch das Bundesvolk, das die Verheißung hat und weiter behalten wird. Dies ist aber nicht von vornherein gleichzusetzen mit einer negativen Ausgrenzung der übrigen Völker. Eine scharfe Fixierung des Beginns der Heidenmission auf das angebliche Ausscheiden Israels aus der Rolle als Heilsmittler legt Gegensätze nahe, die so von der Schrift her nicht vertretbar sind. Jesus begegnet bei seinen Wanderungen gerade durch Galiläa der heidnischen Bevölkerung. In den Evangelien ist dies besonders in der Erzählung von der Syrophönizierin (vgl. Mk 7,24-30) und in der Geschichte des Hauptmanns von Kafarnaum (vgl. Mt 8,5-13/Lk 7,1-10,Q) festgehalten. Ja, schließlich hat Jesus Menschen in seinen Anhängerund Jüngerkreis aufgenommen, die religiös und sozial als ausgestoßen galten. Er hat in der Gestalt des Simon Kananäus (vgl. Mk 3,18) einen Zeloten in den Kreis der Zwölf aufgenommen. Dies ist für Jesu Botschaft und sein Wirken von grundlegender Bedeutung, denn es geht ihm um eine radikale Erneuerung allen menschlichen Daseins und der Lebensgemeinschaft. So werden die traditionellen Grenzen von Jesus bewusst in mehrerer Hinsicht überschritten. Darum darf die zweifellos vorhandene Konzentration der Sendung auf Israel nicht als eine negative Ausgrenzung der übrigen Völker begriffen werden. Es ist daher auch richtig, wenn man von einem "Heilsuniversalismus" Jesu gesprochen hat und wenn man den universalen Missionsauftrag nach Ostern durchaus im Einklang mit dem Willen des irdischen Jesus sieht.
Hinsichtlich der Stellung Jesu zu den Heiden und besonders zu einer "Heidenmission" gibt es viele unterschiedliche Antworten der Exegeten: Die Heidenmission sei völlig außerhalb des Horizontes Jesu; die Bekehrung der Heiden sei von ihm selbst erst im endzeitlichen Handeln Gottes erwartet worden; er habe die Heidenmission für die nachösterliche Zeit angekündigt; er sei der erste Heidenmissionar gewesen. F. Hahn verweist hier auf die aufschlussreichen Erzählungen in Mk 7,24-30 und Lk 7,1-10. "Bei aller Konzentration auf Israel und das eschatologisch erneuerte Gottesvolk wird im Blick auf die Heiden das grenzüberschreitende Handeln Jesu erkennbar. Vermutlich hat er nicht ohne Grund sein Wirken über Galiläa hinaus ausgedehnt, wo ihm auch Heiden begegnet sind. So kam es offensichtlich schon bei seinem vorösterlichen Wirken zur Annahme und Aufnahme von Heiden, ohne dass damit eine programmatische Tätigkeit unter den Heiden oder eine Aussendung der Jünger zu den Heiden verbunden gewesen ist." Auch die zweifellos nachösterlich beeinflusste Fassung in Jesu Rede vom Weltgericht (vgl. Mt 25,31-46) lässt für F. Hahn erkennen, "dass es für Jesus keine prinzipielle Beschränkung auf Israel gab, dass vielmehr alle Menschen, die in Jesu Sinn leben und handeln, der Heilsgemeinschaft zugerechnet werden, während andere, die sich zu Unrecht auf ihn berufen, ausgeschlossen sind (vgl. Mt 7,21 f.). Bei aller Offenheit geht es um einen klaren und unübersehbaren Mittelpunkt, das eschatologisch erneuerte Gottesvolk, das angesichts der anbrechenden Gottesherrschaft zusammengerufen wird." Der Anbruch der Gottesherrschaft verheißt auch deren Vollendung. Dasselbe gilt auch für die anfängliche Sammlung des Gottesvolkes (vgl. Mt 8,11 f.; Lk 13,29). Es wird also durchaus die Offenheit der Jüngergemeinschaft betont. Es gibt Menschen, die von außen dazukommen. Diese Vollendung sieht Jesus besonders in der endzeitlichen Tischgemeinschaft (vgl. Mk 14,25; Mt 26,29).
Aus: Karl Kardinal Lehmann, Perspektiven zur theologischen Grundlegung christlicher Mission. Eröffnungsvortrag beim Internationalen Kongress der Katholischen Kirche in Deutschland "WeltMission", veranstaltet von der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Katholischen Missionsrat am 2. Mai 2006 in Freising.
Wo die Sonntagsmesse fünf Stunden dauert
Ethnische Gebetshäuser in Wien - ein Einblick in die christlich-nigerianischen Religionsgemeinschaften.
WIEN. "Drop Kids here", ist an der Eingangstür der Sonntagsschule zu lesen. Hier sollen Kinder und Jugendliche jede Woche etwas über Religion, Gott und vor allem übers Leben erfahren. Die Schule befindet sich in einem Gebetshaus am Alsergrund in Wien, das hauptsächlich von afrikanischen und afro-österreichischen Gläubigen besucht wird.
Zum überwiegenden Teil haben die Besucher nigerianische Wurzeln, aber "es kommen auch Leute aus anderen Ländern", wie etwa aus Kamerun, erklärt die Pastorin dieser "Christ Love Church", Patricia I. Odiase. Sie selbst stammt aus Nigeria.
Freilich besuchen auch Österreicher das Gebetshaus, um an den Gottesdiensten teilzunehmen - meist kommen sie als Teil einer binationalen Beziehung zusammen mit ihren Partnern oder Partnerinnen.
Der Gottesdienst wird stets in englischer Sprache abgehalten, allerdings besteht die Möglichkeit, eine deutsche Übersetzung zu hören. Von der religiösen Überzeugung sind die Besucher der "Christ Love Church" der Pfingstbewegung zuzuordnen. Doch für Patricia I. Odiase ist nicht die religiöse Zugehörigkeit entscheidend für den Zusammenhalt. Sie meint: "Es geht um die Beziehung, die du zu Gott hast."
Ausgelassene Feste
In dieser Gebetsstätte gibt es außerdem einen Aufenthaltsraum, in dem die Religionsgemeinschaft ausgelassen große Feste feiern kann - ob es sich dabei um eine Hochzeitsfeier oder einen Kindergeburtstag handelt, spielt keine Rolle.
Ein Bildnis von Jesus Christus - das ist das erste, was man in der "Celestial Church of Christ" in Mariahilf erblicken kann. Wer in dieses Gebetshaus eintritt, trifft auf ganz in Weiß gekleidete Männer und Frauen, die miteinander beten, singen und speisen.
"Wir sind in Weiß gekleidet, um Reinheit der Seele und Gleichheit zu demonstrieren", klärt Israel Ayanwole Okunlola, Pastor des Gebetshauses, auf. Schuhe müssen draußen ausgezogen werden. Ehe Frauen den Gebetsraum betreten, müssen sie ihre Haare bedecken - getreu der Bibelauslegung dieser Glaubensgemeinschaft.
Die "himmlische Kirche Christi" ist erst im 20.Jahrhundert in der afrikanischen Republik Benin entstanden und breitete sich vor allem im Westen Afrikas aus. Vor mittlerweile 26 Jahren gründete eine kleine Gruppe von nigerianischen Mitgliedern dieser Religionsgemeinschaft auch ein Gebetshaus in Wien. Mittlerweile ist bereits ein zweites entstanden.
Die Gemeinschaft kann in vier Tagen fünfmal zusammenkommen: dienstags, mittwochs, freitags und sonntags sind die Tore der "Celestial Church of Christ" geöffnet. Am Sonntag ist es möglich, einen Vormittags- sowie Abendgottesdienst zu besuchen - dieser kann bis zu vier oder fünf Stunden dauern.
Einmal im Monat gibt es dann sogar eine nächtliche Messe, in der regelmäßig ein gemeinschaftliches Halleluja ertönt. "Ich habe viele Kirchen besucht, aber nur hier fühle ich mich wirklich wohl", sagt Clement Bode Olowoyo, Mitarbeiter der in Wien beheimateten Atomenergiebehörde (IAEA) und begeistertes Mitglied der "Celestial Church of Christ".
© DiePresse.com 05.08.2008 | 18:40 | CLARA AKINYOSOYE (Die Presse)
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