Alternative
2. Lesung vom Fest der Heiligen Familie, Lesejahr B:
Hebr 11,8. 11-12. 17-19
Lesung aus dem Hebräerbrief:
Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf,
wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte;
und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.
Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara die Kraft,
trotz ihres Alters noch Mutter zu werden;
denn sie hielt den für treu,
der die Verheißung gegeben hatte.
So stammen denn auch von einem einzigen Menschen,
dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab:
zahlreich wie die Sterne am Himmel
und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann.
Aufgrund des Glaubens brachte Abraham den Isaak dar,
als er auf die Probe gestellt wurde,
und gab den einzigen Sohn dahin,
er, der die Verheißungen empfangen hatte
und zu dem gesagt worden war:
Durch Isaak wirst du Nachkommen haben.
Er verließ sich darauf,
daß Gott sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken;
darum erhielt er Isaak auch zurück.
Das ist ein Sinnbild.
Der Hebräerbrief nennt keinen Verfasser. Er ist das erste Beispiel für eine christliche Lehrschrift, die sich nicht durch Nennung eines Verfassers aus der apostolischen Zeit besondere Autorität verschaffen möchte. Es ist auch kein Adressat genannt, ein Briefkopf fehlt. Lediglich die Verse am Schluss weisen auf einen Brief hin. Die Überschrift "An die Hebräer" ist ein späterer Zusatz. Der Brief wurde vermutlich zwischen 80 und 100 n. Chr. von einem hellenistischen Judenchristen geschrieben.
Das Kapitel 11 beschreibt die 2Wolke der Zeugen" (Hebr 12,1). Vorbilder im Glauben werden genannt, um den Lesern und Hörern Mut zu machen, selber den Glauben zu leben und zu bezeugen. Es handelt sich um einen Paradigmenkatalog, der zur ethischen Unterweisung dienen sollte. Damit nimmt er die Stiltradition weisheitlicher Paradigmenreihen auf.
Sprachlich wird die Aufzählung durch sich wiederholende gleiche Versanfänge deutlich gemacht. "Durch den Glauben" (griech. "pistin") kommt sieben mal vor. Der Einschub Vers 13-16 ist durch einen veränderten Versanfang "voll Glauben" (griech. "kata pistin") gekennzeichnet.
Der Anfang spricht das Thema "Glaube" an. Die Definition von Glauben, die hier gegeben wird, betont eine objektive Haltung gegenüber den Glaubensfundamenten: feststehen in dem, was man erhofft. Das Subjektive, z.B. ein persönliches Überzeugtsein, wird weniger betont. Die Definition ist ganz allgemein gehalten. Ein persönliches Verhältnis zu Jesus spielt hier keine Rolle.
Die Verse 8-22 haben Abraham zum Thema. Damit nimmt er als Einzelgestalt den größten Raum in diesem Kapitel ein. Das entspricht der Bedeutung, die Abraham als Vater des Glaubens von Anfang an gehabt hat und auch heute noch hat.
Glaube bedeutet Hoffnung. Durch den Glauben wird erkannt, daß das Sichtbare (die Welt) durch das Unsichtbare (Gott) begründet ist.
Die vom Hebräerbrief vorgelegte Definition des Glaubens unterscheidet sich wesentlich vom paulinischen Glaubensbegriff und dem der Synoptiker. Bei Paulus und in den Evangelien ist Glaube unlösbar mit der Person und dem Wirken Jesu verbunden. Die hier vorgelegte Definition sieht im Glauben eine Haltung des Menschen gegenüber der zukünftigen, himmlisch-unsichtbaren Welt. Wer von der Existenz dieser "besseren Heimat", dieser "Stadt" überzeugt ist und sich von der irdischen Scheinwelt nicht täuschen läßt, beweist Glauben. Diese Haltung kann von allen Menschen, auch von frommen Heiden, in vorbildlicher Weise geübt werden.
Die Geschichte Abrahams bietet reichen Stoff zu zeigen, was Glauben bedeutet und worauf er sich richtet. Abraham glaubt an Gottes Verheißung, verläßt seine irdische Heimat und wird zum Stammvater des wandernden Gottesvolkes und zahlreicher Nachkommenschaft. Er lebt aus dem Glauben an die Heimat, die er noch nicht sieht. Viele Gestalten der Heilsgeschichte hofften, ohne zu besitzen und starben, ohne die Erfüllung der Heilsgeschichte zu erleben. Abraham ist sogar bereit den Sohn, den Gott ihm verheißen und zuvor geschenkt hat, zu opfern, weil er daran glaubt, daß Gott auch die Macht hat, Tote zu neuem Leben zu erwecken.
Christiane Herholz (2004)
Lopez Weißmann (1998)