Darstellungen der Weihnachtskrippe
Die Krippendarstellungen zur Weihnachtszeit haben zumeist zwei Szenen aus dem Geschehen der Heiligen Nacht von Bethlehem vor Augen. Zum einen die Darstellung der Geburt Jesu mit Maria und Josef, den Engeln und Hirten; letztere mit einigen Tieren aus ihrer Herde. Und natürlich dürfen bei der Krippe Ochs und Esel nicht fehlen. - Zum anderen die Szene der Ankunft der "Heiligen Drei Könige", der drei Weisen oder Sterndeuter, wie die Hl. Schrift sie nennt (Mt 2,1). Sie bringen dem Kind die bekannten Gaben, nämlich Gold, Weihrauch und Myrrhe dar. - Bei manchen Krippen wird aber noch eine dritte Szene dargestellt, nämlich das Haus von Nazareth, in dem Josef, der Zimmermann bei seiner handwerklichen Tätigkeit gezeigt wird, wobei er von dem halbwüchsigen Jesus eifrig unterstützt wird. Und der Hintergrund zeigt Maria bei ihrer hausfraulichen Tätigkeit.
Ungetrübte familiäre Harmonie?
Es hat auf den ersten Blick den Anschein, als ob kein Wölkchen diese Harmonie trüben könnte. Idylle pur? Aber war es denn wirklich so, dass sich die drei Mitglieder der Hl. Familie im Erkennen und dem Vollzug des Willens Gottes immer und in allem einig waren? Oder treten da vielleicht auch Risse zutage, die zu einer Korrektur eines liebgewordenen Bildes führen können, ja sogar führen müssen?
Spannungen und Schatten
Genau genommen ist schon der Beginn der Ehe zwischen Maria und Josef von einer tief reichenden Spannung überschattet: Josef merkt, dass seine Verlobte schwanger ist, und er weiß, dass er nicht der Vater dieses Kindes sein kann. Also muss er annehmen, dass das Kind aus einem Treuebruch stammt. Was mag das für eine schwere Belastung für die beiden gewesen sein! Ihre Liebe wird da auf eine harte, schier unerträglich scheinende Probe gestellt. Maria schweigt, und wir wissen nichts über die Gründe dieses Schweigens. War ihr Mund verschlossen, weil sie ob der Größe des an ihr Geschehenen nicht reden konnte? Josef betrachtet die Ehescheidung als nahe liegende Lösung dieses Dilemmas; das sei, so meint er, der schonendste Weg, um Maria nicht bloßzustellen. Das Kind würde nach außen hin als sein Kind angesehen, und Maria wäre dann einfach eine geschiedene Frau.
Patchwork-Familie
Erst der Engel klärt Josef über den wahren Sachverhalt auf, dass das Kind vom Heiligen Geist stammt und Josef sich nicht scheuen möge, Maria als seine Frau zu sich zu nehmen (Mt 1,18-20). Sie sind also ein Ehepaar geworden, und es ist ungenau, wenn Josef auch nach der Eheschließung mit Maria immer noch als ihr Bräutigam bezeichnet wird. - Die Heilige Familie ist aber, wenn man es genau unter die Lupe nimmt, das, was man heute als "Patchwork-Familie" bezeichnet, denn Maria ist zwar die Mutter, Josef aber nicht der Vater des Kindes, das aber rechtlich als das seine gilt und bezüglich dessen er auch Vaterrechte und -pflichten ausübt, ja ausüben muss. Gerade das hat ihm, der vielleicht ganz andere Pläne für sein Leben hatte, so manches an Schwerem abverlangt. Sein eigenes Leben ist mit dem von Jesus und Maria aufs engste verknüpft, und immer wieder sind es Engel, die ihm Weisungen von Gott erteilen. Vielleicht mag er sich gedacht haben, Träume seien keine ausreichende Grundlage für schwerwiegende Entscheidungen in Bezug auf ihn und die ganze Familie, und es müssten ihm eigentlich deutlichere Zeichen gegeben werden. Aber er weiß und glaubt, dass Gott auch im Traum zu Menschen reden kann - und er gehorcht.
Ausharren bei zunächst Unverständlichem
Das Verhalten des zwölfjährigen Jesus ist, sagen wir einmal "ruppig" und erinnert an die Sorge und den Schmerz vieler Eltern, die bisweilen mit der Aufmüpfigkeit und Widerspenstigkeit ihrer heranwachsenden Kinder schwer zurechtkommen. Anlässlich der Wallfahrt nach Jerusalem bleibt Jesus, ohne ein Wort zu sagen, einfach in der Stadt zurück. Als Maria und Josef ihn nach drei Tagen mühsamen Suchens finden und Maria ihm Vorhaltungen macht "Kind, warum hast du uns das angetan", entschuldigt er sich keineswegs, sondern schützt den Willen des Vaters im Himmel vor, dem er folgen müsse. - Die Schrift sagt ausdrücklich, dass Maria und Josef das nicht verstanden haben; dennoch bewahrte Maria dies alles in ihrem Herzen (Lk 2, 48-51).
Mut zu Heiligkeit
Heiligkeit war nicht etwas, das der Heiligen Familie als unverdientes Geschenk von allem Anfang an als selbstverständlicher Bestandteil des Familienlebens mitgegeben wurde. Wenn dem so wäre, dann könnten wir nur schauen und staunen. Aber so war es in Wirklichkeit nicht: Es hat vielmehr auch mannigfache Dunkelheiten, Missverständnisse, ja Unbegreiflichkeiten gegeben, die einer bisweilen mühsamen Aufarbeitung bedurften. Das Unterwegssein im Glauben blieb auch Maria und Josef nicht erspart. Aber dieses gläubige Vertrauen, das Ringen nach Erkenntnis dessen, was Gottes Wille war, das hat die Heilige Familie ausgezeichnet, und sie haben sich gegenseitig in diesem Glauben gestützt und aneinander Halt gefunden. Der Glaube des einen wurde zum Obdach für die Seele des anderen.
Als gemeinsam zum Glauben in die Kirche Gerufene sollen wir einander Stütze und Halt geben, sollen Hoffnung wecken, gerade wenn Hilfe fern zu sein scheint. Das wäre der Weg, auf dem Kirche zu einer heiligen Familie werden kann.