„Er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat“
Heute begeben wir uns gewissermaßen in die „Werkstatt“ der Verkündigung Jesu. Markus verortet den Beginn der Lehre ganz bewusst zeitlich und örtlich. Gleich mit dem ersten Satz sind wir mitten drin: in Kafarnaum, an einem Sabbat, in einer Synagoge. Die Verkündigung Jesu beginnt daheim – an der gewohnten Stelle; dort, wo er sicherlich schon sein Leben lang inmitten seiner Glaubensbrüder und Schwestern gesessen hat, gebetet hat – und auch das Wort der Schrift gelesen und gehört hat.
Daher ist es auch nichts Außergewöhnliches, dass er das Wort ergreifen darf – er wird das schon davor vielfach getan haben. Und dennoch – an diesem Tag ist etwas anders. Seine Schriftauslegung ist anders, als gewohnt: Sein Wort trifft die Menschen im Herzen; sie merken: er redet nicht über irgend etwas, sondern er selbst steht dahinter – ja, er selbst ist die Botschaft.
Und hier kommt die Erklärung durch den Evangelisten Markus: „Er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat.“ Die Rede von der „göttlichen Vollmacht“ kommt nur noch beim Evangelisten Matthäus vor: Dort steht sie am Ende der Bergpredigt, als Reaktion der Menschen auf Jesu Worte. Markus hingegen spricht von der Vollmacht Jesu mehrfach im Zusammenhang mit Heilungen und Dämonenaustreibungen. Es ist die Kraft, die nicht von ihm allein kommt, sondern von Gott. Der unreine Geist im Mann in der Synagoge erkennt seinen Gegner und sagt: „Ich weiß, wer du bist, der Heilige Gottes!“ - Der unreine Geist wird unruhig, weil er die Macht Gottes spürt - eine Macht, vor der das Unreine weichen muss.
Nun kann ich heute sagen: Schön, wir wissen, dass Jesus der Sohn Gottes ist; dass er Wunder gewirkt hat. - Was aber sagt mir dieses Evangelium heute? Was sagt es mir als Christin oder als Christ? Ich möchte drei Botschaften nennen, die ich aus diesem Evangelium für mich herauslese.
Wer sich von der Botschaft Jesu betreffen lässt, wird verändert
Die erste Botschaft lautet: In der Begegnung mit Jesus erfolgt Veränderung. Die Menschen waren von Jesu Lehre betroffen. Einige jubeln ihm zu, andere sind erschrocken - doch Markus weiß auch: viele dieser Menschen sind später jene, die seinen Tod fordern. Sich von Jesu Lehre betreffen lassen heißt: Es geht um mein Leben; es geht darum, mein Leben an seiner Lehre zu messen und auszurichten: „Kehr um und glaube an das Evangelium!“
Die Botschaft Jesu verändert jene, die sich von ihr betreffen lassen: das erzählen die Heilungen, die Wunderberichte. Das erzählten aber auch viele Begegnungen mit Jesus, Begegnungen, die zur Nachfolge führen; Begegnungen, die einen radikalen Wechsel des Lebenswandels mit sich bringen.
Sich zu ändern - das ist wahrlich nicht immer leicht. Wir kennen es vielleicht von einzelnen Fasten- oder Neujahrsvorsätzen, wie schwer es ist, sein Leben zu ändern; sein Leben immer neu nach Jesus auszurichten. Dabei ist seine Lehre eigentlich ganz einfach. Er selbst fasst sie zusammen: Liebe Gott - und liebe den Nächsten wie dich selbst. Gott zu lieben ist ja noch einfach; den Nächsten in Afrika oder auch in einer anderen Stadt zu lieben auch; aber die Nächsten, mit denen ich den Alltag verbringe; an denen ich mich reibe? Die Nächsten, deren Stärken und Schwächen ich kenne - sie zu lieben ist der große und schwere Auftrag. „Sich von Jesu Lehre betreffen lassen“ heißt: Immer neu den Versuch starten, mehr zu lieben.
Mit dem Geist Jesu gegen Ungeist und „Zeitgeist“
Die zweite Botschaft hat mit dem Geist zu tun – mit dem Geist Jesu, der Menschen begeistert; aber auch mit dem Geist, der die Menschen antreibt – nennen wir ihn den Zeitgeist. Und auch mit den Geistern, die unser Leben ängstigen, einengen und vergiften. Die Bibel nennt sie „Dämonen“ – also etwas, was uns nicht loslässt; etwas, was das Leben beeinträchtigt und unsere guten Möglichkeiten niederhält.
In der Lesung ist die Rede vom Propheten – also von einem, der die Zeichen seiner Zeit (und somit auch den Zeitgeist) deutet; der auf das achtet, was um ihn herum vorgeht – und der den Menschen Wegweisung geben kann. Daher ist hier auch die Rede vom „Prophet Mose“. Denn er hat den Menschen seiner Zeit Weg-Weisung gegeben auf dem Weg durch die Wüste – aber auch auf dem Weg durch ihr Leben.
Die Vollmacht Jesu ist es, falsche Zeit-Geister und Un-Geister zu entlarven. Und indem er sie benennt, können Menschen aufatmen. Man könnte sagen: An Jesus scheiden sich die Geister – die guten und bösen. Kein harmloser, netter Jesus begegnet uns hier – sondern einer, der Klartext redet; der Sünde und Schuld ebenso benennt wie Ungerechtigkeiten innerhalb und außerhalb der Glaubensgemeinschaft. Jesu Botschaft ist eine, die die Lebens-Geister der Menschen neu weckt.
Indem wir für andere beten, setzen wir dem Ungeist des Egoismus den Geist Jesu entgegen; indem wir seinen Willen über unseren eigenen stellen, stellen wir dem Ungeist der Macht den Geist der Vollmacht Jesu gegenüber. Nicht umsonst gehört die Unterscheidung der Geister zu den wichtigsten Fähigkeiten für ein christliches, für ein geistliches Leben: Die Unterscheidung, welche Worte und welche Handlungen dem Leben dienen und welche dem Tod; welche
Jesu Botschaft bringt Heil
Und schließlich ist gleich zu Beginn des Markusevangeliums auch deutlich: Jesus ist einer, der Heilung bringt. Dies ist vielleicht die Botschaft, die am meisten Mut machen kann: Jesu Lehre und sein Wirken dienen dem Heil der Menschen. Das heutige Evangelium zeigt, dass es Jesus um Heil geht - und zwar zuerst um das Seelenheil. Man kann körperlich noch so gesund sein - wenn die Seele krank ist, wenn man mit sich selbst und mit Gott im Unreinen ist, dann ist man schlechter dran als jemand im Krankenbett, der sich dennoch von Gott getragen weiß. Jesus möchte aber das ganzheitliche Heil des Menschen: An Seele, Geist und Körper soll der Mensch gesunden.
Und die Evangelien zeigen, dass Jesus bereit ist, alles für das Heil der Menschen zu geben; für die Befreiung aus den Zwängen von Sünde und Tod. Denn der Beginn des Evangeliums und das Ende des Evangeliums müssen zusammengedacht werden. Der Geist Gottes, der auf Jesus bei der Taufe herabkommt (Mk 1,10), zeigt die Vollmacht Jesu an: Er ist eins mit dem Vater. Es ist zugleich der Geist, den Jesus am Kreuz aushaucht (Mk 15,37).
Diesen Geist erkennen die Dämonen – und sie bezeugen, wer Jesus ist: Du bist der Heilige Gottes. Jesus, der Heilige Gottes – er ist der, der Heil bringt; der die Geister unterscheidet; der die Menschen herausfordert, das Leben zu ändern.