Was bringt uns Ostern?
In der Liturgie der Kar- und Ostertage steht das Schicksal Jesu, sein Kreuz und seine Auferstehung im Vordergrund. Aber was bedeuten diese Ereignisse für uns Menschen? Was bringt uns Ostern? Welche Konsequenzen ergeben sich für unser Schicksal?
Diese Frage ist verwandt mit der Frage, die Karl Rahner in seinem letzten großen Vortrag aufgeworfen hat. Es ist die Frage: Was ist die "eigentliche Mitte des christlichen Glaubens"?
Karl Rahner beklagt, dass diese zentrale Frage von den Theologen "faktisch oft oder fast immer vergessen wird". Dies trifft nicht nur für Theologen zu, sondern auch für viele Christen. Auch sie haben die "eigentliche Mitte des christlichen Glaubens" oft nicht in den Blick bekommen oder sie vergessen
Was ist nun auf dem Hintergrund der Ostererfahrung "die eigentliche Mitte des christlichen Glaubens"? Was bewirkt Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene für uns? Was sagt uns zu dieser Frage der 1. Petrusbrief? Welche Antwort gibt Karl Rahner in seiner letzten großen Rede anlässlich seines achtzigsten Geburtstages?
Was ist die eigentliche Mitte des Christentums?
Was sagt der 1. Petrusbrief in der heutigen Lesung? Die Aussagen sind gewichtig: Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus hat uns in seinem großen Erbarmen neu geboren. Durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten haben wir eine lebendige Hoffnung. Wir empfangen das unzerstörbare, makellose und unvergängliche Erbe. Wir erlangen das Heil. Es wird uns Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil.
Nach diesen Worten werden wir durch Jesus Christus reich beschenkt:
Durch eine neue Geburt, eine lebendige Hoffnung, ein unzerstörbares und unvergängliches Erbe, durch den Anteil an Gottes Ehre und Herrlichkeit.
All diese Begriffe haben mit Gott zu tun. Gott ist uns in besonderer Weise nahe. Er wirkt in uns, er verwandelt uns. Er gibt uns Anteil an der göttlichen Natur (2 Petr 1,4)
Bei all diesen Begriffen geht es auch um die Mitte des christlichen Glaubens. Worin besteht die Mitte des Christentums nach Karl Rahner? "Die eigentliche und einzige Mitte des Christentums und seiner Botschaft ist darum für mich die wirkliche Selbstmitteilung Gottes in seiner eigensten Wirklichkeit und Herrlichkeit an die Kreatur, ist das Bekenntnis zu der unwahrscheinlichsten Wahrheit, dass Gott selbst mit seiner unendlichen Wirklichkeit und Herrlichkeit, Heiligkeit, Freiheit und Liebe wirklich ohne Abstrich bei uns selbst in der Kreatürlichkeit unserer Existenz ankommen kann und alles andere, was das Christentum anbietet oder von uns fordert dem gegenüber nur Vorläufigkeit oder sekundäre Konsequenz ist". (K. Rahner, Von der Unbegreiflichkeit Gottes. Erfahrungen eines katholischen Theologen, 4. Aufl., Freiburg: Verlag Herder 2006, S. 36).
Eine neue Qualität der Beziehung zwischen Gott und Mensch
Die Mitte des Christentums ist nicht das Engagement für Liebe und Gerechtigkeit in der Welt, nicht ein "Humanismus, der Gott für den Menschen verbrauchen will". Diese Mitte des Christentums ist eine neue Qualität der Beziehung zwischen Gott und Mensch, die Rahner als "Selbstmitteilung Gottes" beschreibt, eine Beziehung, wo der Geber und die Gabe identisch sind. Gott teilt sich uns mit und ist in uns. Der dreifaltige Gott wohnt in uns und wir in ihm.
Das ewige Leben - die Anschauung Gottes- ist sozusagen die organische Entfaltung dessen, was in der Selbstmitteilung Gottes schon gegenwärtig ist.
So gesehen geht es in der Osterliturgie um die eigentliche und letzte Bestimmung - Berufung - des Menschen. Jesus Christus , der Gekreuzigte und Auferstandene räumt die Hindernisse aus, die dieser Berufung entgegenstehen, und öffnet die Tore, damit sie sich verwirklichen kann.