Der Glaube gibt Lebenskraft
"Nur der Glaube hat mir geholfen..." So konnte ich es wieder einmal lesen, als ich bei einem Besinnungstag die Frauen und Männer gebeten hatte, ihre Gedanken zu einem Text zu schreiben. Oft habe ich diesen Satz schon gehört. Wenn dieser Satz gesprochen wurde, dann merkte ich immer eine gewisse Ehrlichkeit bei den Menschen. Nicht, dass der Glaube auf das Jenseits vertröstet hätte. Im Gegenteil: er hat Menschen immer wieder neu die Kraft gegeben, auch in den schlimmsten Situationen nicht aufzugeben. Christ sein - nein, das ist nichts für Träumer, nichts für Menschen, die der Welt fliehen wollen. Der Glaube befähigt zum Leben.
Wie richtig diese Gedanken sind, das zeigen die Worte Jesu im Evangelium. Er hat seinen Nachfolgern, den Aposteln, seinen Anhänger, das sind wir heute, nicht einfach ein angenehmes Leben versprochen. Jesus hat uns ein realistisches Bild gezeichnet. Verfolgung, Kriege, Auseinandersetzungen, erfahrener Hass, Verfolgungen auch durch die engsten Verwandten begleiten das Leben eines Glaubenden. Das haben die Auseinandersetzungen mit den vielen Missbrauchsfällen gezeigt. In den vielen bedrängten Situationen suchen wir nach etwas, woran wir uns festhalten können.
Man könnte aus der Geschichte des christlichen Glaubens doch sehr viele Beispiele nennen. Ist diese Welt wirklich besser geworden oder waren die Menschen, die sich einsetzten nur zu sehr ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn Jesus im Evangelium von Seuchen und Hungersnöten spricht, von Naturkatastrophen, dann frage ich mich: haben wir Christinnen und Christen nicht erst zu spät entdeckt, dass wir mit unserer Umwelt sorgsam umgehen müssen, weil sie eben doch Gottes Schöpfung ist, weil wir die Welt nicht erben von unseren Eltern, sondern sie eher von unseren Kindern leihen?
Geborgenheit in dunklen Zeiten
Auch in meinem Arbeitsbereich als Priester gibt es vieles, was mich eher traurig stimmen könnte. Kinder besuchen kaum noch die Sonntagsmesse, weil sie nicht von ihren Eltern, die ja selbst nicht mehr den Sonntagsgottesdienst besuchen, angeleitet werden. Vielen Menschen scheint der Glaube keine Lebenshilfe mehr zu sein, eher suchen sie ihr Glück und ihre Orientierung woanders, vom Ansehen der Kirche einmal ganz zu schweigen. Ich stelle fest, so düster wie jetzt, habe ich selten geschrieben (gepredigt!). Jeder hätte genug Grund, das Leben, die Kirche, Gott und die Welt eher negativ zu sehen.
Und doch: nur der Glaube hat mir geholfen. Auch ich kann das sagen aus meiner eigenen Erfahrung. Darum bin ich Priester geworden. Wir dürfen auch die Verheißungen Jesu im Evangelium lesen, wie auch die in der Lesung aus dem Buch Maleàchi. Die Menschen nahmen Gott nicht ernst. Schon damals nicht. Der Prophet muss schelten und schimpfen. Maleachi verstand seine Zeit als die Zeit des endgültigen Eingreifen Gottes. Und er prophezeit: "Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und ihre Flügel bringen Heilung." Wer an Gott glaubt, wird nicht untergehen. Wie sagt es doch Jesus: "Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen!"
Glaube ich an Gott oder glaube ich nicht? Baue ich auf ihn und auf seine Botschaft? Wie ich mir in meinem Leben diese Frage beantworte, davon hängt meine Lebensgestaltung ab. Vor allem, wie ich mich dem stelle, was mein und das Leben in der Welt schwer macht. Jesus hat uns immer wieder eingeladen, zu Gott eine tiefe Beziehung aufzubauen. Jesus hat uns gelehrt, Gott unseren Vater zu nennen. Von ihm dürfen wir uns abhängig wissen. Aber es ist eben keine Abhängigkeit, die uns unfrei macht, sondern die uns Mut schenken kann, zu unserem Leben, mit allem, was wir erleben an Gutem, Erfreulichem, aber auch am Schweren Ja zu sagen. Vor allem ist uns garantiert, in allen Unwägbarkeiten nicht unter zu gehen.
So leben wir in dieser Welt, in dieser Zeit mit allen Schwierigkeiten wie alle Menschen auch. Doch bejahen wir dieses unser Leben mit allem Auf und allem Ab, mit allen Schwierigkeiten. Der Glaube sagt uns, dass wir nicht allein verwiesen sind auf diese vergängliche Welt, auf das, was uns das irdische Leben allein bieten kann. Wir sind ausgerichtet auf das ewige Leben hin. Wir dürfen uns in aller Ungeborgenheit, in allen Unsicherheiten unseres Daseins geborgen wissen in der Hand Gottes. Zu diesem Glauben lädt uns Jesus ein.
Gelingendes Leben
Wer an Gott glaubt, dessen Leben wird gelingen. Gelingendes Leben zeigt sich eben nicht nur in viel Besitz und Erfolg, es muss und kann mir auch nicht alles gelingen, was ich anpacke. Der Glaubende hat andere Punkte für ein gelingendes Leben. Wer auch noch so schuldig geworden ist, dem wird verziehen, auch in der letzten Minute seines Lebens wie dem Schächer am Kreuz rechts neben Jesus. Wer am Rande der Gesellschaft steht, der hat bei Jesus das Ansehen. Sind nicht Reichtum und Erfolg von so vielen äußeren Faktoren abhängig? Doch es gibt Punkte, die kann jeder Mann und jede Frau. Nämlich Gott und den Nächsten zu lieben. In allem, was ich tue, kann ich mich von der Liebe Gottes und von der Liebe zu dem Nächsten leiten lassen. Ich kann versuchen, in meinem kleinen Bereich Frieden zu stiften, ich kann mich um Gerechtigkeit mühen. Gerechtigkeit sozial verstanden wie auch in der Beurteilung.
Das sind einige Möglichkeiten, als Glaubender meinen Weg zu gehen. Der Glaubende versucht die Welt wahrzunehmen, wie sie ist, er bildet sich ein Urteil und zu guter Letzt versucht er zu handeln. Sehen - urteilen - handeln, aus dem Glauben heraus. Dabei bleibt der Christ nicht beim Negativen allein stehen, sondern in jeder Situation ist vielleicht ein Anruf Gottes zu erkennen.
Standhaftigkeit im Glauben
Auch das ist Standhaftigkeit. Standhaft im Glauben bin ich dann, wenn ich ihn in Bedrängnissen tapfer verteidige, wie es so viele tun. Standhaft bin ich dann, wenn ich bereitwillig Zeugnis gebe, wenn mich meine Mitmenschen anfragen. Standhaft bin ich auch dann, wenn ich Werte des Glaubens lebe, auch dann, wenn die Umwelt andere Werte hat und ich wegen dieser Werte oft abseits stehe oder zu den Verlierern gehöre. Der Grund für meine innere Einstellung ist eben meine Hoffnung, die mir der Glaube schenkt.
Dieser Glaube macht mich nicht lebensuntüchtig, weltfremd oder gar unrealistisch. Vor allem verführt mich der Glaube nicht zu einem Verhalten, meine Pflichten nicht mehr ernst zu nehmen. So geschehen in Thessaloniki. Einige Christinnen und Christen hatten gemeint: das Reich Gottes kommt bald, da brauche ich mich nicht mehr mühen. Diese Haltung kann auch heute noch vorkommen. Gerade aus dem Glauben heraus, aus dem Willen, Gottes Reich mitzugestalten, nehme ich meine Aufgaben in der Welt ernst. Paulus gibt dafür ein beredtes Beispiel. Er arbeitet mit seinen eigenen Händen, um niemanden zur Last zu fallen. Damit zeigt er: So lange diese Welt besteht, ist es wichtig, die Aufgaben ernst zu nehmen. Auch das ist ein Zeugnis. In Ruhe und Gelassenheit kann ich dann das Ende Gott zu überlassen.
Dieses Ende wird für mich als glaubender Mensch gut werden, nicht nach dem Motto "Ende gut alles gut!", nicht wie im Märchen. Ich glaube fest daran, dass Gott diese Welt zum Guten führen will. Ich glaube auch, dass ich in meinen Bedrängnissen, in allen Schwerem nicht alleine bin. Gott hält mich, Gott hält mein Leben. "Nur der Glaube hat mir geholfen ..." Wie oft habe ich das schon gehört und selber gesagt. Eben weil es diese Verheißungen des Maleáchi und von Jesus gibt.