Wenn du den Herrn, deinen Gott, fürchtest, indem du auf alle seine Gesetze und Gebote, auf die ich dich verpflichte, dein ganzes Leben lang achtest, du, dein Sohn und dein Enkel, wirst du lange leben. Deshalb sollst du hören, Israel, und sollst darauf achten, sie zu halten, damit es dir gut geht und ihr so unermesslich zahlreich werdet, wie es der Herr, der Gott deiner Väter, dir zugesagt hat: ein Land, wo Milch und Honig fließen! Höre, Israel! Der Herr, unser Gott, der Herr ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.
Lesungskommentar Johann Pock (2000)
Dieser Abschnitt schließt an den Dekalog (Dtn 5) an und leitet zu den Unterweisungen des Volkes über (Dtn 7-11).
Dtn 6,4-5 (bzw. 4-9) wurde später einer der wichtigsten liturgischen Texte des Judentums: Zusammen mit Dtn 11,13-21 und Num 15,37-41 ist es das "Schemac"-Gebet.
Wenn sich Israel an die Gesetze hält, wird ihm Wohlstand verheißen. Mit dem "Höre, Israel" (vgl. auch Dtn 5,1; 9,1; 20,3; 27,9) wird eine Grundsatzaussage, gleichsam ein Glaubensbekenntnis eingeleitet.
Das Bekenntnis zum einen Gott hängt zusammen mit dem Liebesgebot; es geht nicht mehr nur um ein juristisches Verhältnis anhand der Gesetze, sondern um ein Liebesverhältnis zu Gott, um "Vater-Kind".
"Diese Worte" (also eigentlich das gesamte Gesetzeswerk) müssen gelernt und weitergegeben werden.
Das Besondere dieser Stelle ist die eindringliche Aufforderung zur Gottesliebe (vgl. Hosea). Dieses ist das erste und wichtigste aller Gebote.
Schwestern und Brüder! Im Ersten Bund folgten viele Priester aufeinander, weil der Tod sie hinderte zu bleiben; Jesus aber hat, weil er in Ewigkeit bleibt, ein unvergängliches Priestertum. Darum kann er auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten. Ein solcher Hohepriester ziemte sich in der Tat für uns: einer, der heilig ist, frei vom Bösen, makellos, abgesondert von den Sündern und erhöht über die Himmel; einer, der es nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohepriester zuerst für die eigenen Sünden Opfer darzubringen und dann für die des Volkes; denn das hat er ein für alle Mal getan, als er sich selbst dargebracht hat. Das Gesetz nämlich macht Menschen zu Hohepriestern, die der Schwachheit unterworfen sind; das Wort des Eides aber, der später als das Gesetz kam, setzt den Sohn ein, der auf ewig vollendet ist.
Lesungskommentar Johann Pock (2000)
Der Hebräerbrief benennt Jesus als den "Hohenpriester". Hier wird von 2 Arten von Hohenpriestern gesprochen: den sterblichen (schwach, unvollendet) - also den jüdischen Hohenpriestern, und dem erhöhten ("heilig, makellos, unschuldig"), nämlich Jesus. Was jene wiederholt machen müssen für die eigenen Sünden, das hat Jesus ein für allemal für alle gemacht: Sündevergebung.
Gott liebt alle Menschen. Es ist aber ein Unterschied, wie Menschen drauf reagieren. Erst wenn wir seine Liebe mit Gegenliebe beantworten, kann sich die Liebesbeziehung zu Gott entfalten.
Sind nicht alle Menschen Gottes geliebte Kinder?
Vor einiger Zeit habe ich gute Freunde mit meiner Sichtweise der Taufe vor den Kopf gestoßen. Ich betonte dabei, es gehe nicht in erster Linie um eine "Aufnahme in die Kirche", sondern stellte in den Vordergrund, dass wir in der Taufe Kinder Gottes werden. In Erinnerung an die Taufe Jesu, bei der eine Stimme aus dem Himmel bezeugte: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden." (Mk 1,11) und an den Johannesprolog, in dem es heißt: "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden." (Joh 1,12). Meine Freunde erklärten sich mit meiner Sichtweise nicht einverstanden, denn einige ihrer Enkelkinder wurden mit unterschiedlichen Begründungen der Eltern nicht getauft. Sie fragten mich nun: Sind diese Kinder nun von Gott weniger geliebt? Liebt Gott nicht alle Menschen gleich? Müssen wir Christen uns nicht von dem Gedanken verabschieden, dass wir durch die Taufe irgendwie vor Gott privilegiert sind? Ist eine solche Vorstellung nicht eine arrogante Anmaßung gegenüber Menschen anderer Religionen? Worin liegt der Unterschied?
Ich weiß nicht mehr, wie ich damals meinen Freunden gegenüber argumentiert habe. Beim Lesen des Sonntagsevangeliums fiel mir unser damaliges Gespräch wieder ein. Auch ich bin überzeugt, dass Gott alle Menschen und alle seine Geschöpfe gleichermaßen liebt. Aus Liebe hat er alle und alles erschaffen. Es besteht aber ein Unterschied darin, wie Menschen auf die Liebe Gottes antworten.
Wenn sich jemand in einen anderen Menschen verliebt, hängt es davon ab, wie diese Person darauf reagiert. Manch einer merkt es gar nicht, dass da jemand bis über beide Ohren in sie oder ihn verliebt ist. Andere sehen sich aus welchen Gründen auch immer nicht in der Lage, die wahrgenommene Zuneigung zu erwidern. Wieder andere gehen darauf ein und empfinden Gegenliebe... Wenn alles passt, kann daraus für beide die Liebe ihres Lebens werden.
Israels grundlegendes Glaubensbekenntnis
Im Evangelium fragt ein Schriftgelehrter Jesus, was für ihn das wichtigste Gebot sei. Jesus verweist auf die jüdische Tradition, in der jedes Kind als Grundformel im Schlaf auswendig zu sagen lernte: "Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden. Sie sollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden. Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Stadttore schreiben." (Dtn 6,4-9).
Jesus stellt sich selbst fest auf den Boden der jüdischen Glaubenstradition. Dem Schriftgelehrten bestätigt er: "Du bist nicht fern vom Reich Gottes." (Mk 12,34). Die Art und Weise wie die Schriftgelehrten, Pharisäer und viele strenggläubige Juden auf der einen Seite und Jesus mit seinen Anhängern auf der anderen Seite auf die Liebe Gottes geantwortet haben, war jedoch unterschiedlich. Für die weitere Geschichte war folgenreich, dass sich die religiöse Praxis beider Gruppen so sehr auseinander entwickelt hat, dass sie sich von Zeit zu Zeit in beschämender Weise gegenseitig bekämpften.
Wer Nächstenliebe übt, ist nicht fern vom Reich Gottes
Es gibt heute viele Menschen, die sich nicht zum Christentum bekennen, jedoch auf dem Boden der jüdisch-christlichen Tradition stehen. Sie antworten auf ihre Weise auf das Geschenk des Lebens, auch wenn dahinter manche von ihnen nicht einen liebenden Schöpfergott zu sehen vermögen. Was wäre unsere gegenwärtige Welt ohne das Engagement so vieler, die sich für Gerechtigkeit, Frieden, Menschenrechte und Menschenwürde einsetzen. Viele von ihnen praktizieren die von Jesus und der jüdischen Tradition geforderte Nächstenliebe engagierter als viele Christen. Viele von ihnen gehören anderen Religionen an oder leben ohne Religionsbekenntnis. Wer Nächstenliebe übt, ist nicht fern vom Reich Gottes.
Trotzdem ist für mich der gegenwärtige Trend, Kinder nicht mehr religiös zu erziehen und nicht mehr taufen zu lassen, problematisch. Wer wird ihnen von der Liebe Gottes erzählen? Diese kann man nicht in Büchern nachlesen, nicht "googeln". Dazu braucht es lebendige und lebensnahe Beispiele. Nicht selten ist die Entscheidung, die Kinder nicht taufen zu lassen, Ausdruck der eigenen Gleichgültigkeit gegenüber Gott.
"Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat."
Gott "mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben", ist die Grundlage des Gebotes der Nächstenliebe und der Selbstliebe. Gerade wenn es schwierig wird, sich selbst zu lieben, etwa wenn ich mir eines "unverzeihlichen Fehlers" bewusst werde, kann ich mir selbst verzeihen, weil ich weiß, dass Gott mich liebt und seiner bei der Taufe gegebenen Zusage treu bleibt. Wenn es schwierig wird, den Nächsten zu lieben, etwa wenn dieser Nächste nicht meine Vorstellungen vom guten Nachbarn oder liebenswerten Zeitgenossen erfüllt, hilft mir das Wissen, dass Gott ihn liebt, wie er auch mich liebt. Wer sich dem Liebesgebot Jesu verpflichtet weiß, kann diese drei nicht trennen: Die Gottes-, die Nächsten- und die Selbstliebe, denn sie baut darauf auf, dass Gott uns zuerst geliebt hat. "Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat." (Joh 4,19) und "Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es." (Joh 3,1).
Das größte Gebot
Dr. Max Angermann (2018)
Ein Schriftgelehrter fragt Jesus nach dem größten Gebot. Jesus lässt ihn die Frage selbst mit einer Formel beantworten, die jeder Jude von Kindheit an auswendig wusste.
Fangfragen
Wieder einmal sind die Fallensteller unterwegs. Bekanntermaßen gibt es Gegensätze zwischen den Schriftgelehrten, den Sadduzäern und Jesus. Einer der Schriftgelehrten hat offenbar einen Zugang zu Jesus gefunden, er sympathisiert sogar mit ihm, ist aber dabei sehr vorsichtig. Dazu sollte ein Blick, ebenfalls im Markusevangelium, wenige Verse davor, geworfen werden. Dort gibt es einen Disput zwischen Jesus und den Sadduzäern über die Auferstehung der Toten. Die Sadduzäer leugnen ja bekanntlich die Auferstehung, und so fragten einige Jesus, wie das denn wäre, wenn ein Ehepartner stirbt und der überlebende Teil wieder eine Ehe eingeht, vielleicht sogar noch eine weitere, beim Hinscheiden des nächsten Partners. Jesus wirft den Sadduzäern Unkenntnis der Schrift vor und erklärt ihnen: „Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sie sind wie Engel im Himmel...“ Und Jesus fragt: „Habt ihr das nicht im Buch des Mose schon gelesen?...Gott ist kein Gott der Toten, sondern von Lebenden.“
Diese Antwort beeindruckt offenbar diesen namenlosen Schriftgelehrten im heutigen Evangelium sehr. Deshalb stellt er die Frage nach dem wichtigsten Gebot. Kein Wunder bei 613 Geboten und Verboten. Das kann auch gute Kenner der Schrift und raffinierte Fallensteller durcheinanderbringen. In diesem Zusammenhang sind drei große Themen wichtig, die den Menschen bis heute immer wieder bewegen: Leid, Tod und Liebe auch über den Tod hinaus.
Gottesliebe aufs Herz geschrieben
Wieder antwortet Jesus sehr souverän. In seiner Antwort zitiert Jesus das Schema Israel: „Höre Israel…“, also jene Stelle, die wir in der 1. Lesung gehört haben. Es geht dabei um Glaubensweitergabe stündlich, täglich, an kommende Generationen und damit verbunden um Gottesliebe. Das finden wir auch schon im Buch Levitikus (Kapitel 19) vor, wo die zehn Gebote wieder zur Sprache kommen, gleichzeitig damit verbunden auch Selbst-, Nächsten- und Feindesliebe. Diese Forderung ist durchgängig auch in den Schriften des Neuen Testaments zu finden. Wer seine Mitmenschen liebt, wird auf die Frage nach Gott stoßen. Wer sich mit Gott beschäftigt, wird das Menschliche nicht außer Acht lassen können.
Wie oft haben Menschen das Gefühl, dass Gott nicht für sie da ist, besonders in schwierigen Situationen, die auch existenzbedrohend sein können? Arbeitsplatzverlust, Mobbing, Krankheit. Man hat das Gefühl vor einem undurchdringlichen Felsgebirge zu stehen. Liebe kann deshalb auch hadern, Liebe will sprechen im Gebet, in der Kontaktaufnahme zum Nächsten. Gottes- und Nächstenliebe sind untrennbar miteinander verbunden.
Liebe als Geisteshaltung
Was heißt Liebe? Sie ist nicht beliebig. Liebe heißt, sich konkreten Situationen zu stellen, ohne berechnende Absicht. Es gehören Einfühlungsvermögen und Überwindung dazu. Wir brauchen aber auch sichtbare Zeichen. Liebe gibt und ist bereit zum Opfer. Sie kostet etwas. „Was nichts kostet“, sagt man und hört man oft, ist nichts wert.“ Wenn wir uns die Liebe zu Gott etwas kosten lassen, wird sie kostbar bleiben.
Das Evangelium lehrt, dass menschliches Denken und Ringen, sowie es der namenlose Schriftgelehrte tut, uns der Wirklichkeit Gottes näher bringen, denn darin liegt auch die Sinnfrage: Wozu leben wir? Wozu das Ganze? Gottes- und Nächstenliebe sind der Halt für unsere Füße. Wer diese pflegt, hat Haltung und den aufrechten Gang. So wird Liebe auch zur Geisteshaltung.
Das erste Gebot
Pater Klemens Nodewald (2012)
Wohltuende Gespräche
Das heutige Evangelium gibt uns Einblick in das religiöse Leben der gläubigen Juden zur Zeit Jesu. Es gehörte offensichtlich mit zum Alltag gläubiger Juden, sich gemeinsam über den Glauben Gedanken zu machen und darüber auszutauschen, worauf es im Glauben ankommt. Die Rabbiner und Pharisäer hatten bis zur Zeit Jesu auf dem Hintergrund der hl. Schrift 613 Gebote aufgestellt, die helfen sollten, den Willen Gottes möglichst genau zu befolgen. Wie zu allen Zeiten gab es damals Scharfmacher, die so weit gingen zu behaupten: Wer auch nur das kleinste Gebot nicht einhält, hat sich grundsätzlich gegen das ganze Gesetz vergangen. Aber neben den Scharfmachern fanden sich auch die Vernünftigen, die Geboten und Vorschriften in ihrer Bedeutung unterschiedliches Gewicht beimaßen. So war die Frage nach der Wichtigkeit eines Gebotes nicht nur eine von Theologen diskutierte Frage. Sie beschäftigte im täglichen Leben in gleicher Weise jeden, dem der Glaube etwas bedeutete.
Jesus hatte sich mit den Sadduzäern auseinandergesetzt. Diese lehnten im Gegensatz zu den Pharisäern eine Auferstehung und ein Weiterleben nach dem Tode ab. Jesus versucht, die Sadduzäer von einem Leben nach dem Tode zu überzeugen, indem er seine Argumente der hl. Schrift entnimmt. Der Schriftgelehrte, der im Evangelium an Jesus herantritt, um ihn nach dem ersten und wichtigsten Gebot zu befragen, hatte - wie von Markus berichtet wird - dem Streitgespräch Jesu mit den Sadduzäern zugehört. Und da er bemerkte, wie treffend Jesus ihnen geantwortet hatte, ging er zu Jesus und stellte ihm seine Frage. Es ist keine Fangfrage, keine hinterhältige Falle, die der Schriftgelehrte Jesus stellt. Da der Schriftgelehrte erlebt hat, wie Jesus sich auf die hl. Schrift bezieht und von Gott her argumentiert und Antwort gibt, sieht er in Jesus einen idealen Gesprächspartner für sich.
Das Grundgesetz
Wie schon bei den Sadduzäern so formuliert Jesus auch dem Schriftgelehrten gegenüber seine Antwort auf der Grundlage der hl. Schrift, indem er aus dem Buch Deuteronomium (6,4) zitiert. Wichtig ist Jesus bei seiner Antwort die Gleichstellung von Gottes- und Nächstenliebe. Die von Jesus hier gegebene Antwort "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft und den Nächsten wie dich selbst" wird zum Grundgesetz des Christentums. Alle weiteren religiösen Regeln und Gebote sind nur ausschmückendes Beiwerk.
Der Schriftgelehrte des Evangeliums ist ein zweites Mal freudig erstaunt über Jesu Einstellung. Sie stimmt so ganz mit seinem eigenen Denken und seiner eigenen Überzeugung überein. Gedanklich und glaubensmäßig stehen sich Jesus und der Schriftgelehrte sehr nahe. Jesus spricht dies aus, wenn er dem Schriftgelehrten sagt: "Du bist nicht mehr fern vom Reiche Gottes". Würde der Schriftgelehrte mit seiner Gesinnung Jesus als Messias anerkennen, könnte er sich auf der Stelle in die Riege der Apostel und Jünger einreihen, sollte ihn Jesus dazu berufen.
Juden und Christen sind sich nahe
Markus wird aus zwei Gründen das Gespräch Jesu mit dem Schriftgelehrten aufgezeichnet haben. Einmal gab es die vielen Juden, die in den Gemeinden mit den Christen zusammenlebten. Viele der gläubigen Juden dachten und glaubten wie Jesus und der Schriftgelehrte des Evangeliums. Von dem berühmten Rabbi Hillel, einem Zeitgenossen Jesu, wird berichtet: Ein Fragesteller soll den Rabbi gebeten haben, er möge ihm den gesamten Inhalt des Gesetzes erklären. Hillel gab ihm zur Antwort: Das vermag ich in kürzester Zeit. Ich brauche nicht länger, als ich auf einem Fuß stehen kann. Und dann kamen zur Verblüffung des Fragestellers lediglich zwei Sätze aus Hilles Mund - in der Negativform der goldenen Regel: Was dir verhasst ist, das füge auch deinem Nächsten nicht zu. Das ist das ganze Gesetz.Alles Übrige ist Erläuterung. Vom Denken her und in der Gesinnung standen viele Juden der neuen Glaubensbewegung der Christen sehr nahe. Was ihnen fehlte, war die Anerkennung Jesu als Gottes Sohn, Messias und Erlöser. Sich der Nähe zum Christentum, ja der weithin übereinstimmenden Denkweise bewusst zu werden, war sicher ein angestrebtes Ziel des Evangelisten.
Das zweite Anliegen betraf die Gemeindemitglieder selbst. Es ist nicht erst heute in unserer Zeit schwierig festzustellen, ob oder wie sehr man Gott wirklich liebt. Für Markus hatte Jesus in der Verknüpfung von Gottes- und Nächstenliebe eine wunderbare Faustregel aufgestellt, um die Echtheit der Gottesliebe überprüfen zu können. Schon die Propheten hatten ja immer wieder das Verhalten getadelt "Gott Stiere und Speiseopfer darbringen - aber hartherzig und lieblos gegen Nächste sein". Mit der Faustregel Jesu, die Gottes- und Nächstenliebe verband, konnte jedes Gemeindemitglied leicht und konkret sein Verhältnis zu Gott überprüfen.
Die Liebe zu Gott bewährt sich am Nächsten
Gottesliebe zeigt sich darin, dass wir in Kontakt treten mit Gott: Ihn loben, preisen, verehren und ihm danken; uns mit ihm besprechen, was in seinem Sinne gut und richtig ist; seine Hilfe erbitten und unser Vertrauen in ihn setzen. Der Kontakt zu Gott ist die Basis der Liebe zu ihm. Wer diesen Kontakt nicht pflegt, wird Gott vergessen, ihn mehr und mehr ins Abseits stellen. Vergessene und Beiseitegeschobene aber werden nicht geliebt, höchstens geduldet. Wie innig, mit wie viel Herz wir also Gott lieben, können wir schon einmal daran ablesen, welchen Kontakt und welche Verbindung wir zu ihm unterhalten.
Der Liebe ist jedoch noch ein Zweites eigen. Sie sucht tiefe Verbindung miteinander. Liebende liegen bei aller individuellen Verschiedenheit in den Grundsätzen, Kernpunkten und wesentlichen Lebensfragen oft sehr dicht beieinander in dem, was sie gemeinsam wollen, anstreben oder ablehnen. Echte Liebe zu Gott sucht den Gleichklang mit ihm, die Übereinstimmung mit ihm im Denken, Streben, Wollen. Und da Gott in seiner Liebe nichts wichtiger ist als das Wohl aller Menschen, führt uns die Liebe zu Gott immer zur Nächstenliebe. Wo ich sie unterlasse oder begrenze, klinke ich mich aus der Mühe um den Gleichklang mit Gott aus. Darum kann die Nächstenliebe als Gradmesser für die Gottesliebe benutzt werden.
Nach dem Zeugnis der Bibel hat Jesus seinen Zuhörern nichts so markant eingeschärft wie die Nächstenliebe. Denn die Liebe kann heilen und verwandeln, aufrichten und trösten, zur Seite stehen und erlösen. Die Liebe schenkt Wärme und Geborgenheit, fördert Wachsen und Gedeihen, sucht Frieden und herzliche Gemeinschaft. Durch die Liebe können wir um uns her dazu beitragen, dass Reich Gottes entsteht und sich eine Atmosphäre entwickelt, nach der sich jeder Mensch sehnt. Mit dem Gebot der Nächstenliebe will Jesus uns nicht ein Kreuz oder eine schwere Last auf die Schultern legen. Natürlich kostet Liebe immer auch ein Stück Mühe, Einsatz, Verzicht. Aber wie glücklich macht sie uns im Nachhinein, wenn wir sie gelebt haben. Bringt Glück, Freude und Segen in die Welt, ist Jesu Bitte an uns, wenn er uns die Nächstenliebe so eindringlich ans Herz legt. Lassen wir uns von Jesus ansprechen.
Liebe verändert
Pater, Dr. phil. Hans Schalk (2012)
Zum Lieben geboren
Vom englischen Schriftsteller und Staatsmann Benjamin Disraeli (1804-1881) ist der Satz überliefert: "Wir sind alle zum Lieben geboren. Es ist der Sinn unseres Seins und sein einziger Zweck". Vom heiligen Franz von Sales (1567-1622) kennen wir das Wort: "Ich liebe und werde geliebt, also bin ich."
Der Schriftgelehrte des heutigen Evangeliums sagt, Gott lieben und den Nächsten sei "weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer". Der Evangelist Markus merkt an: "Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte". War für die Juden nicht der Tempel mit seiner Opferpraxis ganz, ganz wichtig? Doch Gott lieben und den Nächsten ist "weit" wichtiger! Darin sind sich dieser Schriftgelehrte und Jesus einig!
Karl Matthias Schmidt (*1970), katholischer Bibelwissenschaftler in Gießen, kommentiert unseren Text so: "Anstelle eines opferzentrierten Ethos rückt der Text die menschliche Identität in den Mittelpunk; er fragt nach dem gelungenen Sein des Menschen, der in Gottes-und Nächstenliebe seine Bestimmung entfaltet" (nach: www.perikopen.de, 31. Sonntag im Jahreskreis B).
Welche Liebe?
Ja: Lieben macht unser Leben aus! Liebe macht uns zu Menschen. Aber welche Liebe?
Es geht um die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten, in dieser Reihenfolge, auch wenn sie zusammengehören, auch wenn die eine Liebe nicht ohne die andere sein kann. Die Nächstenliebe wird "als zweites" gesehen, d.h. im Blick auf die Gottesliebe und als Konsequenz aus der Gottesliebe.
Wie geht das: Gott lieben? "Das erste ist: Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr". "Höre Israel": Das "Schema Israel" ist der Text, "den der gläubige Jude täglich rezitierte, der als Tefillin auf Stirn und Arm gebunden und in der Mesusa an die Türpfosten geheftet wurde" (K. M. Schmidt, a.a.O.).
Die Gottesliebe setzt voraus, dass ich von Gott gehört habe, von seinem Handeln an Israel, von seiner Liebe und seiner immer neuen Zuwendung zu den Menschen. Gott lieben beginnt damit, dass ich auf Gott höre! Die Bibel wird nicht müde, von den Menschen zu berichten, die auf Gott gehört haben, freilich auch von denen, die nicht auf Gott gehört haben. Bei Menschen, die auf Gott gehört haben, denke ich an Noah, Abraham, Mose, Josua, die Prophetin Debora, Jesaja, den Gottesknecht vom Zweiten Jesaja-Buch, Jeremia, Ijob, Maria, Josef. Und die Kirche stellt uns unentwegt Heilige und Selige vor: Menschen, die auf Gott gehört haben, die bezeugen, dass sie Gottes Liebe erfahren haben. Wir kennen sicher auch ganz persönlich Menschen, in denen wir etwas vom Durchscheinen Gottes entdecken konnten. Vielleicht nehme ich sein Wirken auch in der Stille wahr, in mir, im Miteinander von gläubigen Menschen.
Auf Gott hören - und ihn als einzigen Gott anerkennen! Wie sagte Teresa von Avila? "Solo Dios basta", Gott allein genügt! Wenn ich Gott als Gott in den Blick nehme, wenn ich ihn als den in den Blick nehme, durch dessen Zuwendung die Welt und ich im Sein bin, ist klar, dass ich ihm nicht nur etwas von mir geben kann: Alles in mir, mein Selbst, mein Sein ist Antwort auf ihn hin, die Selbstauslieferung an ihn.
In der Antwort Jesu und der Bestätigung durch den Schriftgelehrten werden die Möglichkeiten des Liebens genannt: mit ganzem Herzen, mit ganzem Verstand, mit ganzer Kraft. Von innen her also, von der Seele her und allem, was sie beseelt, nichts ausgenommen!
Liebe ist Wertantwort! Im Lieben antworte ich auf einen Wert. Gott ist das, nein: der Wertvollste. Er ist meiner Liebe würdig. Das Unterscheiden zwischen Ihm und allem anderen gehört zur Gottesliebe: das Bewusstsein davon, worum es geht, wenn es um Gott geht. Lieben mit vollem Verstand, mit meinem 'Denken'! Unser Schriftgelehrter ist auf der Spur: Er kann unterscheiden. Er denkt richtig!
Aber auch das Empfinden, das 'Herz', gehört zur Liebe. Wenn ich zu Gott sage "Ich liebe dich", habe ich mich selbst auf der Zunge. Augustinus schreibt: "Der Preis deiner Liebe bist du selbst". Liebe ist Beziehung!
Und: Liebe ist Tun! Ein Tun "mit ganzer Kraft". Und da schließt das Wort an: den Nächsten lieben wie sich selbst. Gott lieben zeigt sich in der Liebe zum Nächsten. Ich kann nicht Gott lieben und den aus meiner Zuwendung ausklammern, den Gott wie mich liebt. Es gehört zur Gottesliebe, mit Gott mitzulieben.
Die Liebe zum Nächsten wird durch den Zusatz "wie sich selbst" gekennzeichnet. Wenn ich wissen will, wie Nächstenliebe geht, kann ich mich fragen: Was täte mir gut, wenn ich an der Stelle des anderen wäre, in seinen Schuhen, in seiner Haut? Was tut denen gut, die ich heute treffe?
Liebe verändert
Wenn ich mich auf solches Lieben einlasse, verändert sich mein Leben. Der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662), der versucht hat, das Christsein voll auszutesten, schrieb: "Wenn wir lieben, erscheinen wir uns selbst anders als wir früher gewesen." Und wenn wir jetzt das Gedächtnis Jesu feiern, uns dabei Ihm öffnen, auf Ihn hören, Ihm antworten, Ihn in uns wirken lassen, sind wir "nicht fern vom Reich Gottes" (Mk 12,34).
Das Doppelgebot leben
Pater Bernhard Bossert (2012)
Mehr als eine Floskel?
Das Haupt- und Doppelgebot klingt gut. Es ist klassisch formuliert; Gott lieben aus ganzem Herzen, aus der ganzen Seele, mit all seinen Gedanken und all seiner Kraft. Und den Nächsten genauso. Doch es kann leicht eine Floskel sein in unserem Christenleben, eine hochtrabende Worthülse. Wie geht das im Alltag wirklich mit dem größten aller Gebote, wie und warum soll ich das umsetzen? Oder wie es Jesus formulierte: Wie können wir leben, um "nicht fern vom Reich Gottes sein"
Die Pharisäer hatten ihre eigene Lösung. Sie versuchten die 248 Gebote und 365 Verbote formal einzuhalten. Sie kamen sich dabei gut vor und sprachen sich selber heilig. So wollen wir das nicht. Wie können wir das Doppelgebot leben, Gott und den Nächsten intensiv lieben? Ich schlage einige Möglichkeiten vor. Wir können
Betend Gott lieben
Wenn ich das Herrengebet langsam und bewusst spreche, nenne ich Gott meinen Vater, dessen Kind ich sein darf. Jesus lädt mich in seine Nachfolge ein. Er fordert mich auf, so schlicht und tief zu beten, wie er es tut. Er will, dass ich ihm in seiner Beziehung zum Vater folge und so den Vater liebe wie er. Ich darf mit ihm den Vater richtig lieben, ihn wie Jesus umarmen als sein Kind! Wenn ich so Jesus nachfolge, kann etwas Neues für mich aufbrechen. Ich erfahre geschenkhaft etwas von der Größe des Gebotes: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen.
In der Gemeinschaft der Glaubenden Gott lieben
Als einzelne können wir das größte Gebot, das der Gottes- und Nächstenliebe leben, besonders intensiv können wir Gottes Liebe zum Menschen in der Gemeinschaft Gleichgesinnter erfahren. Die Emmaus-Jünger bekennen, dass ihnen in der Gemeinschaft mit Christus unterwegs das Herz in der Brust brannte und Ihnen beim Brotbrechen im Hause die Augen aufgingen. Ihr Herz glühte und die Liebe zu Christus trieb sie, für andere Zeugen der Auferstehung zu werden.
Vielleicht erinnern sich auch manche von uns, wie sie in einem begnadeten Gottesdienst mit der Gemeinde oder im Gebets- und Bibelkreis Gottes Zuwendung spürten und die Liebe zum Herrn sie zuinnerst ergriff.
Ein Jugendlicher erzählte: Es war am Anfang für mich alles nicht leicht. Ich befand mich in einer tiefen Lebens- und Glaubenskrise. Ich hatte das Gefühl mich auf einer endlosen grauen Ebene zu befinden. Eine Ebene der Mittelmäßigkeit, auf der man geht und alles stagniert. Nichts geht weiter, alles ist tödlich langweilig. Und dann, an einem Punkt hatte ich das Gefühl, irgendwie gefangen zu sein in einer unbegreiflichen Unfähigkeit, die anderen zu lieben. Das klingt absurd, aber das war mein Gefühl: Ich konnte nicht lieben!
Das war ein Schock für mich und ich sah, dass das nicht sein durfte. Also beschloss ich, es trotzdem konkret zu versuchen. Ganz simpel, immer für die anderen da zu sein, den Nächsten zu lieben wie mich selbst. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, ist es geradezu einfach, aber ich hatte mich da irgendwie verrannt.
In den folgenden Tagen wurde es besser. Die Dinge vereinfachten sich, ohne dass ich es groß in Worte fassen könnte. Ich begann, meine vermeintliche Unfähigkeit, die anderen zu lieben, als mein Kreuz anzunehmen und machte trotzdem den Versuch, die anderen zu lieben. Das hat's getan.
Die gemeinsame Messfeier war einer der stärksten und schönsten Messen meines Lebens. Ich hätte beinahe geheult vor Glück. Es war das Hundertfache von dem Wenigen, das ich gegeben habe in meinem Versuch, das Doppelgebot zu leben. Jetzt gehe ich mit Ruhe und Gelassenheit weiter. Wenn es mir nicht gelingt, Gott und dem Nächsten die gebührende Antwort zu geben, halte ich kurz inne und beginne sofort wieder neu, das Doppelgebot zu leben. Durch gleichgesinnte Freunde, kann ich leichter in dieser Haltung leben und hänge der Vergangenheit nicht nach. So ist Zuversicht und Licht, das Reich Gottes, in mein Leben gekommen.
Lieder: GL 148: Komm her, freu dich mit uns (2. Str.) GL 210: Das Weizenkorn muß sterben, sonst bleibt es ja allein GL 215: Gott sei gelobet und gebenedeiet (3. Str.) GL 273: O Herr, nimm unsre Schuld (3. und 4. Str.) GL 357: Wie schön leuchtet der Morgenstern GL 358: Ich will dich lieben, meine Stärke GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt GL 442: Wo die Güte und die Liebe wohnt GL 464: Gott liebt diese Welt, und wir sind sein Eigen GL 489: Lasst uns loben, freudig loben (2. und 3. Str.) GL 543: Wohl denen, die da wandeln GL Ö854: Liebe ist nicht nur ein Wort GL Ö857: Den meine Seele liebt, der ist das Licht
Psalmen und Kehrverse: 285 GL 305,4: Dies ist mein Gebot: Liebet einander, wie ich euch geliebt - Mit Psalm 112 (GL 61,2) oder mit Psalm 116 (GL 629,4) oder mit Psalm 133 (GL 73,2) - VI. GL 305,5: Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr. - Mit Psalm 112 (GL 61,2) oder mit Psalm 116 (GL 629,4) oder mit Psalm 133 (GL 73,2) - VI. GL 312,7: Herr, du hast Worte ewigen Lebens - Mit Psalm 115 (GL 64,2) - II. GL 584,4: Herr, du hast Worte ewigen Lebens - Mit Psalm 115 (GL 64,2) - II.
Einleitung3
Hans Hütter (2018)
Es tut gut zu wissen, dass Gott alle seine Geschöpfe liebt. Was machen wir aus diesem Wissen? Wie reagieren wir auf diese Zusage: Mit Gegenliebe? Lassen wir uns von der Liebe Gottes herausfordern und geben wir sie weiter? als Frohe Botschaft? als tätige Nächstenliebe? Am Beginn des Gottesdienstes stellen wir uns bewusst unter die Liebe Gottes. Wir preisen ihn dafür und bitten ihn um sein Erbarmen über unsere beschränkte Fähigkeit zu lieben.
Hans Hütter (2012)
Mit Pflicht allein lässt sich kaum Großes bewegen. Es braucht immer auch ein gewisses Maß an Liebe zur Sache, zur Aufgabe. Mit dem Appell an das Pflichtbewusstsein lässt sich auch eine Gemeinde nicht zusammenhalten. Unsere Gemeinschaft wird einerseits getragen von der Liebe, die wir für einander aufbringen, andererseits von der Liebe des Herrn, der uns zusammenhält. Am Beginn unserer Feier bitten wir um Vergebung für alles, was an Liebe wir haben fehlen lassen.
Klemens Nodewald (2012)
Jesus hat sich mit Pharisäern und Schriftgelehrten nicht nur gestritten. Es gab auch sachliche und einander sehr zugewandte Gespräche, wie wir es im heutigen Evangelium miterleben können. Ruhig und gelassen wendet sich ein Schriftgelehrter mit einer Frage an Jesus, um sie für sich zu klären. Uns mit unseren Fragen und Problemen an Jesus wenden und seine Antwort bedenken, hilft uns, die richtigen und letztlich beglückenden Wege einzuschlagen. Mag Jesu Vorschlag an uns auch mit Mühe verbunden sein, es ist immer ein Weg, der die Mühe lohnt, auch wenn dies für uns oft erst im Nachhinein voll und ganz sichtbar wird.
Bußakt1
Klemens Nodewald (2012)
Herr Jesus Christus, deine Meinung wollen wir für uns immer neu erfragen. Herr, erbarme dich.
Deine Weisungen an uns wollen wir hören und achten. Christus, erbarme dich.
Deine Barmherzigkeit erbitten wir für uns in den Situationen des Versagens. Herr, erbarme dich.
Es erbarme sich unser der Herr. Er begleitet uns auf unseren Wegen durch das Leben und richte uns auf, wenn wir im Guten erlahmen. Er führe uns durch diese Zeit und schenke uns einst Anteil an seiner Herrlichkeit. Amen.
Kyrie1
Hans Hütter (2018)
Herr, Jesus Christus, dein Leben war von inniger Liebe zum Vater getragen. Herr, erbarme dich.
Du hast aus Liebe zu uns dein Leben hingegeben. Christus, erbarme dich.
Du hast uns gezeigt, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat. Herr, erbarme dich.
Tagesgebet1
Messbuch - TG 31. Sonntag: ungehindert der Freude entgegeneilen
Allmächtiger, barmherziger Gott, es ist deine Gabe und dein Werk, wenn das gläubige Volk dir würdig und aufrichtig dient. Nimm alles von uns, was uns auf dem Weg zu dir aufhält, damit wir ungehindert der Freude entgegeneilen, die du uns verheißen hast. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 31. Sonntag im Jahreskreis
Eröffnungsgebet1
Sonntagsbibel
Gott des Lebens und der Liebe, du läßt dich finden in den Menschen, die mit uns leben. Hilf uns, deine Liebe an alle weiterzuschenken, die uns begegnen. Durch Christus, unseren Herrn.
Fürbitten4
Hans Hütter (2018)
Gott ist Liebe und der Ursprung allen Lebens. Ihn bitten wir:
Für alle Menschen, die ohne Erfahrung von Liebe und Geborgenheit aufwachsen mussten. Lass sie deine liebende Gegenwart spüren.
Für alle Menschen, die mit Krieg und Hass konfrontiert sind. Lass sie erfahren, dass nur Liebe und Versöhnung dauerhaften Frieden ermöglichen.
Für alle Getauften. Lass sie das Leben in Fülle, das sie von dir geschenkt bekommen haben, zur Entfaltung bringen.
Für alle Eltern, die sich nicht zur Taufe ihrer Kinder entschließen können. Lass sie erkennen, wie wichtig es ist, dass ihre Kinder von Klein an die Liebe Gottes entdecken können.
Für unsere Verstorbenen. Lass sie erfahren, dass deine Liebe nie endet.
Du, Herr, kommst unserer Schwachheit mit deiner Liebe Entgegen. Vollende, was wir nur unzureichend bewirken können. – Amen.
Renate Witzani (2018)
Lieben heißt in Beziehung leben; in Beziehung zu Gott und untereinander. Beides lässt sich nicht voneinander trennen. So lasst uns nun mit unseren Bitten füreinander zu Gott kommen:
Für Christentum, Judentum und Islam. Lass die drei Religionen die an dich, den einen und einzigen Gott glauben, einander in Achtung und gegenseitiger Wertschätzung begegnen.
Für alle Menschen, denen Religions- und Gedankenfreiheit verwehrt sind. Steh ihnen im Ringen um ihre Grundfreiheiten bei.
Für alle Menschen, die den Wert ehrlicher Gespräche und Diskussionen schätzen. Hilf, einander zuzuhören und auf Augenhöhe miteinander zu reden.
Für uns selbst. Ermögliche uns das Maß an Selbstliebe, das uns erst befähigt, uns anderen zu öffnen und auf ihre Person einzugehen.
Für alle Menschen, die sich in der Trauer um ihre Verstorbenen dir zuwenden und von dir Trost erwarten.
Gott der Liebe! In dir leben wir, bewegen wir uns und sind wir. Dafür danken wir dir jetzt und allezeit. - Amen.
Hans Hütter (2012)
Gott und Vater, im Bund, den du mit deinem Volk geschlossen hast, hast du zugesagt, dass du uns in aller Not beistehst. Wir bitten dich:
Für alle, die dich mit aufrichtigem Herzen suchen. Lass sie deine Nähe erfahren.
Für alle, die glauben, dein Reich mit Gewalt herbeiführen zu müssen. Zeige ihnen, dass du den Frieden liebst.
Für alle, die nicht an einen liebenden Gott glauben können. Offenbare dich ihnen als Gott, der ihr Wohl sucht.
Für alle Menschen, die für Recht und Ordnung sorgen. Schenke ihnen ein Gespür für das, was Menschen gut tut.
Für alle unsere Verstorbenen. Lass sie in deiner Liebe geborgen sein.
Dir, guter Gott, vertrauen wir uns an. Amen.
Klemens Nodewald (2012)
Herr Jesus Christus, du hast als Mensch in deinem Leben Gottes- und Nächstenliebe nicht voneinander getrennt. Deinem Beispiel sollen auch wir folgen. Wir bitten dich:
Segne alle, die in unserer Kirche oder in der Gesellschaft ihre Zeit und Kraft in den Liebesdienst am Nächsten stellen. Christus, höre uns.
Lass deine Nähe und deinen Beistand besonders jene erfahren, die immer wieder der Gehässigkeit, Schikanen und der Verachtung ausgesetzt sind. Christus, höre uns.
Fördere in allen Menschen die Bereitschaft, liebevolle, hilfsbereite und versöhnliche Menschen zu sein. Christus, höre uns.
Hilf uns, nicht gedankenlos und oberflächlich zu leben, sondern immer neu nach deinem Willen zu fragen. Christus, höre uns.
Öffne uns die Augen für Situationen, wo gerade unsere Liebe einem Nächsten Hilfe wäre. Christus, höre uns.
Sei an der Seite der Sterbenden und nimm die Heimgegangenen auf in dein Reich. Christus, höre uns.
Herr Jesus Christus, komm unseren Bitten und unserem Beten zu Hilfe. Deine Liebe verschenkst du Tag für Tag neu an uns. Dafür wollen wir dir ein Leben lang danken mit Worten und durch Taten, bis wir ganz eins sind mit dir in der Ewigkeit. Amen.
Gabengebet1
Messbuch - GG 31. Sonntag: die Fülle deines Erbarmens
Heiliger Gott, diese Gabe werde zum reinen Opfer, das deinen Namen groß macht unter den Völkern. Für uns aber werde sie zum Sakrament, das uns die Fülle deines Erbarmens schenkt. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 31. Sonntag im Jahreskreis
Lobpreis1
Hans Hütter (2021) - gezeigt, wie auch wir einander lieben können
Kehrvers: Wir loben dich, wir danken dir.
Guter Gott, wir haben allen Grund dir zu danken und dich zu preisen. Nimm an unseren Lobpreis und unseren Dank.
Kehrvers
Wir danken dir für die Liebe, die du deinem Volk durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch erwiesen hast. Wir danken dir für alle Frauen und Männer, die uns immer wieder zu deinem Bund zurückgeführt haben. Kehrvers
Vor allem danken wir dir für Jesus von Nazareth, deinen Sohn. Er ist unser Bruder geworden und hat uns gezeigt, wie wir dich und den Nächsten lieben können. Er hat uns mit einer Liebe geliebt, wie sie nicht größer sein kann. Er hat sein Leben nicht geschont, um uns mit dir zu versöhnen. Kehrvers
Er hat den Bund mit dir erneuert und für alle Menschen geöffnet. Er hat uns gezeigt, wie auch wir einander lieben und für einander da sein können.
Kehrvers
Für all das danken wir dir und singen wir dir unser Loblieb,
Danklied: z. B. Danket, danket dem Herrn… GL 406
Präfation1
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater, für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder. Seine Liebe galt den Armen und Kranken, den Ausgestoßenen und Sündern. An keiner Not ging er vorüber. Sein Leben und seine Botschaft lehren uns, daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt. Darum loben und preisen wir dich, wir rühmen deine Güte und Treue und verkünden mit allen Engeln und Heiligen das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Mahlspruch1
Bibel
Niemand hat eine größere Liebe, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde, spricht der Herr. (Joh 15,13)
Oder:
Liebt einander, wie ich euch geliebt habe, spricht der Herr. (Joh 15,13)
Oder:
So spricht der Herr: Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. (Joh 6,57)
Schlussgebet1
Messbuch - SG 31. Sonntag: Lass deine Kraft in uns wirken
Gütiger Gott, du hast uns mit dem Brot des Himmels gestärkt. Lass deine Kraft in uns wirken, damit wir fähig werden, die ewigen Güter zu empfangen, die uns in diesen Gaben verheißen sind. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Schma Jisrael - das Glaubensbekenntnis im Judentum
Internet
"Sch'ma Jisrael" bedeutet "Höre, Israel!". So heißt das Glaubensbekenntnis der Juden. Es steht in der Tora im 5. Buch Mose Kapitel 6. und ist das wichtigste Gebet im Judentum. Wenn sie es sprechen, legen viele Juden die Hand über die Augen. Damit schützen sie sich vor Ablenkungen, denn auf dieses Gebet wollen sie sich ganz konzentrieren.
Das Sch'ma Jisrael ist in hebräischer Sprache geschrieben. So lautet eine Übersetzung:
Höre Israel! Gott ist einzig, darum sollst du ihn lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft! Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen geschrieben stehen und du sollst sie deinen Kindern erzählen und davon, wenn du zuhause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. Du sollst sie als Zeichen um dein Handgelenk binden und sie sollen ein Merkzeichen auf deiner Stirn sein. Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.
Liebe ist mehr als ein Wort, das einer dem anderen sagt. Liebe geht von uns fort, wenn sie keiner mehr wagt.
Liebe ist mehr als ein Traum, der die Schönheit des anderen sieht. Liebe gibt allem Raum, auch der Nacht, der das Glück entflieht.
Liebe ist mehr als ein Ja, das einer dem andern verspricht. Liebe ist einfach da, sie schenkt sich und fordert nicht.
Liebe ist mehr als ein Spiel, das einer, der Glück hat, gewinnt. Liebe ist immer zuviel Für den, der zu lieben beginnt.
Liebe ist mehr als ein Lied, das einer dem anderen singt. Liebe bringt Schmerzen mit, auch wenn sie heute gelingt.
Liebe lässt einsam sein, wer liebt, der leidet mit Gott, die Liebe schließt alles ein, auch den Tod.
Gerhard Kiefel
Den ich lieb wie keinen
Klaus Berger
Das Mädchen von Piräus sagt nicht: „Ich werde ihn lieben“. Sondern sie singt von der Gegenwart: „Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den einen, den ich so heb wie keinen und der mich glücklich macht“. Und auch: „... meinen Traum erfüllen und meine Sehnsucht stillen“. Das Mädchen, das am Hafen wartet, steht für uns alle. Wir haben alle nahe am Wasser gebaut. Denn ziemlich nahe unter der klugen, vernünftigen Oberfläche stoßen wir bei allen auf das, was sie unter allen Umständen und um jeden Preis lieben. Wie in einer Vulkanlandschaft ist die Humusschicht nur dünn, so dass wir sehr bald auf heiße, glühende Lava stoßen. Man kann diese Lava Traum nennen oder Sehnsucht. Ich nenne sie die verdeckte, aber doch eben kompromisslose, reine und absolute Liebe. Und es kommt wohl nur darauf an, diese sehr nahe liegende Schicht unter dem richtigen Winkel anzubohren und so gut wie möglich freizulegen. Denn da und in dieser Hinsicht sind wir schon die radikal Verliebten. Wir sind es schon, und nicht: Wir könnten oder wollen es werden. Es gilt jetzt: „Ich bin verliebt in die Liebe“, wie Chris Roberts gesungen hat (1969).
Der heilige Augustinus (354-430), der größte christliche Theologe, hilft uns, die nächsten, jetzt fälligen Sätze zu formulieren. Denn nach einer stürmisch und mit allen Sinnen durchlebten Jugend entdeckt er sein Herz und ist so ehrlich zu sagen, dass es nie zufrieden sein wird. Er hat immer geliebt, und in jeder Liebschaft war ein Stückchen davon, ein Brocken Lava. In der augustinischen Theologie des Herzens bildet sich ab, wie Augustinus allmählich gelernt hat, darüber zu sprechen.
Obwohl Theologe bin ich nicht so unvorsichtig, einfach zu sagen, selbstverständlich sei Gott das Ziel dieser Liebe, von Anfang an und auch jetzt. Wir Theologen fallen den Mitmenschen immer viel zu schnell mit der Tür ins Haus, mit perfekten Lösungen. Lind wir wundern uns dann, wenn diese Lösungen als zu aufdringlich und auch als zu kurz geschossen erscheinen. Selbst der heilige Augustinus hat ein halbes Leben für eine ihn selbst zufriedenstellende Antwort gebraucht. Denn das unruhige Herz gilt immer, aber Augustinus kann trotzdem sagen: „Spät habe ich dich geliebt.“ Neu ist hier die eindeutige Ausrichtung auf das „Dich“. Und er erzählt dann nicht irgendwelche frommen Geschichten, sondern spricht von der „ewigen Schönheit“. Denn unser Glaube ist schön.
Und mit unserem Perfektionismus könnte sich der Satz bewahrheiten: Nachchristlich wird der Glaube viel schwieriger, als er vorchristlich war. Aber auch das ist in jeder Liebe ähnlich.
Denken wir uns also mit dem heiligen Augustinus und dem Mädchen aus Piräus etwas wie ein Gespräch zu dritt. Augustinus: Man sollte schon hingehen an den Strand. Ich treffe da oft interessante Leute wie neulich den kleinen Jungen, der sich vergeblich bemühte, das weite Meer in ein Sandloch zu schaufeln. Wie wollen wir da Gott begreifen? - Das Mädchen aus Piräus würde fragen: Und wenn kein Bräutigam kommt? Meine biologische Uhr tickt unaufhaltsam. - Und ich würde ergänzen: In der mittelalterlichen Variante des Motivs vom ankommenden Schiff („Es kommt ein Schiff ...“) heißt es: „Der Anker haft’ auf Erden, da ist das Schiff an Land. Das Wort tut Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt!“ Denn Sehnsucht ist der Stoff, aus dem unsere Seele gemacht ist, aber das Schiff braucht einen Anker. Sonst bleibt alles nur Traum. Maria ist der Landeplatz, an dem das Schiff vor Anker ging.
Aber dann beginnen die Fragen erst. Denn zum Beispiel zum Stichwort „biologische Uhr“ erwarten viele Menschen eine Antwort auf die Frage, was denn nach dem Tod kommt. Denn das ist außer dem vulkanischen Herzen dasjenige, das allen Menschen gemeinsam ist. Ich fand am witzigsten und am schönsten die treuherzige Antwort Martin Luthers: „Wir sollen schlafen, bis er kommt und klopft an das Gräblein und spricht: Doktor Martinus, steh auf! Da werde ich in einem Augenblick auferstehen und werde ihm ewiglich glücklich sein“ (Weimarer Ausgabe 37,151).
Klaus Berger in: Gott? Die religiöse Frage heute. H. von Johannes Röser
Klaus Berger in: Gott? Die religiöse Frage heute. H. von Johannes Röser. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2018.
Lebensregeln aus Jesus Sirach
Jesus Sirach
Tu nichts Böses. Dann widerfährt dir auch nichts Böses. Steh ab vom Unrecht! Alsdann verschont es dich. Streu nicht Samen in des Unrechts Furchen, Sohn. Such nicht vom Herrn dir eine Herrscherstellung zu erlangen, noch einen Ehrensitz vom König. Behandle deinen Knecht nicht schlecht, der treulich arbeitet, und nicht den Tagelöhner, der sich dir widmet. Und hast du Vieh, so sorg auch dafür! Hast du Kinder, erziehe sie. Aus deiner ganzen Seele fürchte den Herrn! Halte seine Priester in Ehren. Mit aller Stärke liebe deinen Schöpfer. Streck deine Hand dem Armen hin, damit vollkommen sei dein Segen! Für jeden Lebenden hab eine liebe Gabe, und dem Verstorbenen verweigere nicht die Liebe. Halte dich nicht fern von Weinenden, und traure mit den Trauernden! Laß niemals dich's verdrießen, Kranke zu besuchen; um solcher Dinge willen wirst du ja geliebt! Bei allen deinen Dingen denk an dein Ende! Dann sündigst du in alle Zukunft nicht.
Aus: Breite deinen Frieden in mir aus. Gebete der Religionen. Zusammengestellt und kommentiert von Walter Kühnelt. Verlag St. Gabriel, Mödling - Wien 1989.
Aus dem Koran
Koran
Nicht besteht die Frömmigkeit darin, daß ihr eure Angesichter gen Westen oder Osten kehret; vielmehr ist der fromm, wer da glaubt an Allah und den jüngsten Tag und die Engel und die Schrift und die Propheten, und wer sein Geld aus Liebe zu ihm ausgibt für seine Angehörigen und die Waisen und die Armen und den Sohn des Weges und die Bettler und die Gefangenen; und wer das Gebet verrichtet und die Armensteuer zahlt; und die, welche ihre Verpflichtungen halten, wenn sie sich verpflichtet haben, und standhaft sind In Unglück, Not und Drangsalzeit; sie sind's, die da lauter sind und sie, sie sind die Gottesfürchtigen.
Aus: Breite deinen Frieden in mir aus. Gebete der Religionen. Zusammengestellt und kommentiert von Walter Kühnelt. Verlag St. Gabriel, Mödling - Wien 1989.
ohne Phrasen, praktisch
Albino Luciani
Helfen, wie man kann; sich nicht aufregen; voller Verständnis sein; still bleiben und soweit möglich bei solchen Gelegenheiten lächeln - das heißt den Nächsten lieben, ohne Phrasen, praktisch.
Albino Luciani in: Breite deinen Frieden in mir aus. Gebete der Religionen. Zusammengestellt und kommentiert von Walter Kühnelt. Verlag St. Gabriel, Mödling - Wien 1989.
Erfolgsfaktor Liebe
Daniel Langhans
Etwas bereits Verwirklichtes bestätigen und bejahen -eben das heißt Lieben. Josef Pieper
Jemand sagt: "Lieben kann ich nur meinen Ehepartner, meine Mitmenschen achte ich." Nun gut. Dem wird man zunächst nicht widersprechen. Den Ehepartner liebe ich auf einzigartige Weise. Bei der Liebe scheint es tatsächlich eine Grenze für das rein ökonomische Denken zu geben. Bedenken wir aber das Wort von Josef Pieper, so müssen wir anerkennen: Ein Unternehmen führen trägt in sich auch die Verpflichtung, den anderen zu bejahen - sei er Kunde, Lieferant oder Mitarbeiter. Nicht alle "funktionieren" so, wie es mir in den Kram passt. Deshalb bin ich angehalten, erst einmal Ja zu sagen zum anderen und seinem Anderssein - auch und insbesondere in ökonomischen Beziehungen. Indem ich aber einen Menschen bejahe, habe ich bereits einen Akt der Liebe vollzogen - auch wenn es sich vielleicht ein wenig hochtrabend anhört. Der Schöpfer hat im Akt der Erschaffung des einzelnen Menschen gesagt: "Ich will, dass du seist. Es ist gut, dass es dich gibt." So ist alle menschliche Liebe im Grunde, wie der Philosoph sagt, "ein Nachvollzug und eine Art Wiederholung dieser kreatorischen Liebe Gottes".
Daniel Langhans in: Manager-Gebetbuch. Besinnung für Führungskräfte. Hrsg. Michael Bommers, Mechthild Löhr und Lothar Roos. Verlag Butzon & Berker Kevelaer 2001.
Sich liebend begegnen
Pierre Stutz
EINANDER ZÄRTLICH BEGEGNEN von Herz zu Herz die erotische Kraft der Liebenden tief ein- und ausatmen
Einander respektvoll begegnen im gegenseitigen Angerührtsein im Wahrnehmen der Verschiedenheit Nähe und Distanz wagen
Einander beglückt begegnen im Staunen über die Liebe im Mitfühlen im Schmerz immer einen Leer-raum lassen
LEER-RAUM IN MEINEN BEZIEHUNGEN niemanden haben wollen einander zum Werden bestärken Tag für Tag
Zwischen-raum in meinen Begegnungen offen sein für das Geheimnis der Liebe im dankbaren Staunen im fairen Austragen von Konflikten
Atem-zeit in meinen Beziehungen einander Verwandlung zugestehen in der Bestärkung zur Selbstannahme in der Ermutigung zum Engagement
MEIN LEIBSEIN GENIESSEN meine Gesundheit schätzen achtsam mit ihr umgehen im Gestalten von Atemzeiten
Mein Leibsein annehmen mit seinen Begrenzungen mit seinen Behinderungen in gesunden und kranken Tagen
Mein Leibsein spüren in Spiel und Sport in handwerklichem Arbeiten in zärtlichen Begegnungen
SICH BERÜHREN LASSEN im Annehmen der schöpferischen Kraft der Geschlechtlichkeit die Menschen zusammenführt
Sich bewegen lassen im Verinnerlichen der erotischen Kraft der hoffnungsstiftenden Liebe die Menschen aufblühen lässt
Sich entfalten lassen im Wagen von Nähe und Distanz jenen Leerraum fördern der tragfähige Beziehungen stärkt
Aus: Pierre Stutz, Atempause für die Seele. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2004.
Johann Pock (2000)