2. Lesung vom Dreifaltigkeitssonntag, Lesejahr B:
Röm 8,14-17
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:
Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen,
sind Söhne Gottes.
Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen,
der euch zu Sklaven macht,
so daß ihr euch immer noch fürchten müßtet,
sondern ihr habt den Geist empfangen,
der euch zu Söhnen macht,
den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!
So bezeugt der Geist selber unserem Geist,
daß wir Kinder Gottes sind.
Sind wir aber Kinder, dann auch Erben;
wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi,
wenn wir mit ihm leiden,
um mit ihm auch verherrlicht zu werden.
Das achte Kapitel des Römerbriefes variiert das Thema "Gewissheit". Gewiss ist, dass der Geist Christen zu Kindern Gottes und zu Miterben Christi macht. In der Taufe empfangen - man schaue zurück auf Röm 6 - gibt der Geist die Freiheit, Gott als Vater anzusprechen.
Gegenübergestellt ist der Geist, der klein und unterwürfig macht, der niederhält oder einen Menschen "unten" sein lässt. Paulus spricht von einem Geist, der Sklaven macht. Die Erfahrung, dass es einen Geist gibt, der genau das macht und will, wird auch von Menschen heute gemacht - trotz veränderter sozialer Strukturen und Schichtungen. Wesentliches Kriterium des Geistes, der Sklaven macht, ist: Angst.
Paulus erinnert die Gemeinde in Rom daran, dass die Christen den Geist empfangen haben, der sie zu Kindern macht. Wesentliches Geschenk des Geistes, der Kinder macht, ist: Freimut. Paulus spricht vom Geschenk der Freiheit, die ihre Vollendung darin findet, dass "wir" mit Christus verherrlicht werden.
Aus der Erfahrung der Gemeinde in Rom: Es gibt Sklaven, die frei sind. Es gibt Freie, die Sklaven sind. Pfingsten, mit Paulus gesehen, hilft die Geister zu unterscheiden - und den Geist, der Sklaven macht, zu bannen. Pfingsten ist vor allem eine große Tauferinnerung.
Paulus setzt hier zwar "Fleisch" und "Geist" gegenüber, nicht aber im Sinne einer Leibfeindlichkeit, sondern wohl im semitischen Sinne: Fleisch meint dann den ganzen Menschen (mit Leib und Seele...) in seiner Hinfälligkeit.
Der Geist Gottes gibt diesem Menschen nun Leben, Freiheit, Sohnschaft statt Knechtschaft.
Der Geist gibt uns auch eine neue Lebensweise: nicht mehr nur auf "Irdisches" bedacht, sondern im Blick auf die Gemeinschaft mit Gott, mit Christus.
In diesem Geist ist es nun auch möglich, Leid zu ertragen (Vers 17).
Die Lesung aus dem Römerbrief ist gewählt im Hinblick auf Gott, den Heiligen Geist.
Paulus schreibt zum ersten Mal an die Gemeinde in Rom, die er nicht selbst begründet hat, sie aber sehr wohl unterstützen will. In seiner Darstellung geht es Paulus um die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes, die zu einem neuen Leben führt.
Das neue Leben ist ein Leben im Geist, der frei macht (Vers 15) und der uns bezeugt, daß wir in die Vater-Kind-Beziehung mit Gott hineingenommen sind - damit aber auch in den Tod und die Auferstehung Christi. Das hat Konsequenzen: auch wir werden leiden müssen. Die Aussicht auf die Herrlichkeit, die auch uns zuteil werden wird, läßt aufblicken und hoffen (vgl. 8,18-30).
Manfred Wussow (2004)
Johann Pock (2000)
Gabi Ceric (1997)