Das letzte Wort bleibt
"Du musst immer das letzte Wort haben!" - Vielleicht kennen Sie diesen Ausspruch oder auch Menschen, auf die er zutrifft. Er klingt in unseren Ohren wie ein Vorwurf. Er zeigt an, dass jemand das Wort des anderen nicht als letztes stehen lassen kann, sich nicht zufrieden geben kann mit dem Wort des anderen, das nicht das seine ist. Auf den Inhalt und die Bedeutung des Wortes kommt es meistens gar nicht so sehr an.
Das letzte Wort ist oftmals ein gewichtiges Wort. Es steht am Ende einer vielleicht langen Kette aneinander gereihter verschiedener Worte. Die letzten Worte, die letzten Sätze, das ist das, was in Erinnerung bleibt.
(Ehe-)Paare haben erzählt, wie sie versuchen, am Ende des Tages besonders achtsam mit ihren letzten Worten des Tages umzugehen. "Egal, was am Tag war, wir versuchen abends beim Gute-Nacht-sagen ein Wort der Liebe und wenn es notwendig ist ein Wort der Vergebung füreinander zu finden." Das letzte Wort bleibt.
Nicht allein am Ende des Tages, sondern auch am Ende des irdischen Lebens. In persönlichen Radio-Interviews werden Prominente regelmässig befragt, was denn ihr letztes Wort sein soll. Es spiegelt die Einstellung zum Leben wider und drückt aus, was einem Menschen wichtig ist, was man der "Nachwelt" hinterlassen möchte, eine Art Testament. Und wir selbst können uns fragen: was soll eigentlich mein letztes Wort in dieser irdischen, sichtbaren Welt sein? Welche Worte sollen andere aus meinem Munde vernehmen zum Schluss meines Lebens, der nicht das Ende sondern Anfang ist?
Das letzte Wort Jesu
Heute, am Dreifaltigkeitssonntag, haben wir den Schluss des Matthäus-Evangeliums gehört. Der Evangelist beschliesst seine Frohe Botschaft mit diesem letzten, endgültigen Wort aus dem Munde Jesu. Wir erinnern uns an die vielen Reden Jesu, auch an seine deutlichen Worte wie die Weherufe über die Stadt Jerusalem. Nicht zu vergessen die Geschichten, die er erzählt hat, die Gleichnisse, mit denen er das Reich Gottes den Menschen ans Herz gelegt hat. Und wir erinnern uns an Stationen seiner Lebensgeschichte, in denen er kein Wort gesprochen hat, wo er stumm geblieben ist, zunächst, um wenigen Worten Gewicht zu verleihen. Die Begegnung mit der Ehebrecherin, die zur Steinigung verurteilt ist, beispielsweise. Und nicht zuletzt sein Sterben am Kreuz. "Es ist vollbracht".
Das letzte Wort aus dem Mund des auferstandenen Christus haben wir heute gehört. Es ist wie der Brennpunkt einer Parabel. Hier fokussiert sich das Grundanliegen des Evangelisten.
Ein klarer Auftrag
Jesus spricht Worte, die niemanden am Rand stehen lassen, die für alle gelten, die niemanden ausschliessen: Das Reich Gottes ist für alle Menschen bestimmt. Alle sind gerufen, in die Nachfolge Christi zu treten, in seine Schule des Reiches Gottes zu gehen, sich taufen zu lassen. Der Weg des Heiles ist also für alle Menschen offen. Alle haben die Möglichkeit, Jünger und Jüngerinnen Christi zu werden. Jesus gibt dabei keinen Kriterienkatalog an. Er gibt vielmehr einen klaren Auftrag: Macht ihr sie zu meinen Jüngern!
Und wir? Was machen wir tatsächlich? Wie viele haben wir schon zu Christi Jüngern gemacht? Wir kreisen oftmals um uns selbst, statt im Geist von Pfingsten die Türen zu öffnen und "in alle Welt" hinauszugehen. Der Glaube ist mitunter wie ein Bier, das abgestanden und warm geworden ist. Ab und zu nimmt man einen Schluck, schadet ja nicht, hat Gutes in sich, aber: es schmeckt nicht mehr. Es scheint so zu sein, dass der Geist Christi einer Mittelmässigkeit gewichen ist. Der Glaube ist nicht mehr glühend und begeisternd, sondern vielmehr lauwarm geworden. Kein Wunder, dass Menschen aufgehört haben, danach zu dürsten. Doch das soll nicht das letzte Wort sein.
"Ich bin bei euch"
Das letzte, entscheidende Wort - auch im Matthäus-Evangelium - lautet: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt." Den Willen Jesu in der Welt zu tun, das geht nur mit dieser grossen Zusage, dass er uns nicht alleine lässt, dass Gott mit den Menschen ist, dass Gott unter den Menschen weilt, dass Gott mit den Menschen auf dem Weg ist und bleibt.
Wir feiern Gottesdienst. Wir feiern die Gegenwart Gottes in seinem Wort und im Sakrament. Er ist tatsächlich mit uns. In dieser Stunde.
Und er möchte es auch sein in unserem Leben. In unserem Handeln. In unseren Worten. Trauen wir darum Jesu letztem Wort "Ich bin bei euch" und lassen wir uns von seinem Geist erfüllen, dem Geist der Liebe und der Zivilcourage, dem Geist der Hoffnung und der neuen Möglichkeiten, dem Geist, der antreibt und unsere Herzen erfüllt. Denn Gott hat das erste und das letzte Wort. Ein Wort, das Mut macht und das immer ins Leben ruft. Amen.