Jesus offenbart sich als Heiland der Welt
Die Bibel stellt uns die Offenbarung "Jesus ist der Heiland der Welt" in drei umfangreichen Szenen dar.
Als Erste erfahren es die Hirten durch die am Himmel erscheinenden Engel mit der Botschaft: "Euch ist der Retter, der Heiland, geboren". Mit dieser Eröffnung wird bereits ein starker Akzent gesetzt. Nicht die Frommen, nicht die Hohen erfahren es als Erste, sondern die Kleinen, Vergessenen, Abgeschobenen. Dass sie wie alle anderen in das Heilshandeln Gottes hineingenommen werden, ist eine so wahrhaft frohe und beglückende Botschaft, dass sie ihnen, den Betroffenen, wohl als erste verkündet werden muss.
Der Evangelist Matthäus weist dann auf eine zweite Gruppe hin, denen Jesus als Heiland kundgetan wird. Es sind die Suchenden, die Aufmerksamen, die Weisen aus dem Morgenland. Weil sie von einem tiefen Verlangen beseelt sind, dem Ehre zu erweisen, dem wahrhaft Ehre gebührt, werden sie durch den neu aufgegangenen Stern auf das Himmlische Ereignis aufmerksam. Der Neugeborene muss alle bisherigen Herrscher bei weitem übertreffen. Das ist den Weisen klar. Weil sie nicht ruhen wollen, bis sie sich vor diesem Herrn verneigt haben, gelangen sie zum Stall in Betlehem. Nebenan in Jerusalem sitzen Weise und Gelehrte in großer Zahl. Sie können sogar Auskunft geben über den Geburtsort des großen Königs. Aber sie suchen nicht, sind nicht elektrisiert, um Heilsgeschichte der Gegenwart wahrzunehmen. So brechen sie auch nicht auf zum Heiland der Welt.
Ein Gott Suchender sein, ein aufmerksames Auge für Gottes Handeln haben oder entwickeln, gehört zum Glauben, will uns Matthäus sagen.
Eine dritte Szene berichtet uns das heutige Evangelium. Jesus, noch ein Baby, erlebt sozusagen sein erstes öffentliches Auftreten inmitten seines Volkes.
Es war in Israel Brauch, jede männliche Erstgeburt in besonderer Weise Gott, dem Schöpfer und Herrn des Lebens, zu weihen. So kommen Maria und Josef mit ihrem Jesus in den Tempel. Und hier im Tempel, dem zentralen Mittelpunkt des gläubigen Volkes, verkündet Simeon allen Anwesenden, Jesus auf den Armen haltend: Dieser ist das Heil der Welt, ein Licht, das sogar die Heiden erleuchten wird.
Auf Gott Hörende, Vertrauende und Handelnde empfangen die Offenbarung
Wer Jesus ist, wird nach diesen drei Szenen hinreichend kundgetan. So kommt Lukas als Seelsorger zu seinem zweiten Anliegen. Er möchte uns die Augen dafür öffnen, welchen Menschen der Zugang zum Heiland der Welt am ehesten offen steht und ziemlich leicht zugänglich ist. Er zeigt es uns an den Personen, die in die Darstellung Jesu in besonderer Weise eingebunden sind.
Da ist Simeon. Sein Name bedeutet "Hörender". Name und Charakter stimmen bei ihm überein. Als Hörender hat er bis ins Greisenalter die Verheißungen Gottes immer neu verinnerlicht und ihnen vertraut. Auch wenn er Jesu nicht auf seine Arme hätte nehmen können, wäre er mit seiner inneren Einstellung Gott verbunden geblieben, als ein wach und aufmerksam auf Gott Hörender.
Hanna, die langjährige Witwe, hat ihre schwierige Lebenssituation angenommen. Ihr Name bedeutet: "Gott ist gnädig". In diesem Glauben und Vertrauen hat ihr Lebensschicksal sie nicht in eine innere Verkümmerung geführt. Auf vieles, ja auf sehr vieles hat sie als Witwe in damaliger Zeit verzichten müssen. Aus ihrem Glauben und einer tiefen und innigen Beziehung zu Gott schöpft sie Kraft, bewertet und gestaltet sie ihr schicksalhaftes Leben dennoch positiv.
Maria und Josef zählen zu den Kleinen und Unbeachteten. Aber sie überlassen sich Gott. Sobald sie seinen Willen kennen, handeln sie. Langes Zögern oder Herumdiskutieren gibt es für sie nicht.
Menschen mit diesen Charaktereigenschaften, so will uns Lukas ans Herz legen, kann sich Gott leicht kundtun.
Gott spürend und vertrauend sich ihm überlassen
Was könnte das für uns bedeuten? - Schicksalsschläge verschiedenster Art gehören wohl zu jedem Menschenleben. Und ich bin sicher, auch Hanna hat sich des Öfteren gefragt: Womit habe ich das verdient? Gott, wo bist du? In ihrem Ringen mit Gott bewahrt sie sich jedoch davor, von Gott abzulassen. Wie wir wird sie an bestimmten Tagen erkannt haben: Mein Leben ist hart; aber ich bin Gott nicht aus den Augen. Hier und da und dort konnte ich es spüren. Dies bewegt sie, Gott zu preisen, ihm zu danken, innerlich nicht in die Verkümmerung abzudriften, obwohl sich an ihrem Lebensschicksal nach außen kaum etwas änderte.
Simeon, der Wache, wird als der aufmerksam Hörende in die Begegnung mit dem Herrn geführt. Hell wach auf Gott Hörender sein, wird auch uns befähigen, für das Heilswirken Gottes Empfinden zu entwickeln. Spüren und ahnen, dass und wo Gott am Wirken ist, stärkt unseren Glauben bei weitem mehr als alles Wissen über ihn. Gott spüren, das ist die treibende Kraft in uns, die uns zum Handeln bewegt und Zuversicht verleiht. Sie legt Lob und Dank auf unsere Zunge, Kraft und Ausdauer in unser Herz.
Bei Maria und Josef dürfen wir erkennen, dass es nicht auf unser Ansehen in der Gesellschaft ankommt, um von Gott in einen Dienst für ihn genommen zu werden. Gott fängt mit dem Kleinsten und Geringsten etwas an, sofern dieser bereit ist, Hand anzulegen. Gott wird uns segnen, auch wenn im Dienst für Gott unser Herz manchen Schmerz durchleiden wird, wie es Maria von Simeon für ihr Leben vorausgesagt wurde.
Mit seinem Bericht der Darstellung Jesu im Tempel hat uns Lukas verschiedene Vorbilder für ein Leben aus dem Glauben geliefert. Es ist an uns, im Blick auf sie zu reagieren. Maria und Josef kehren mit dem Segen Gottes nach Hause zurück, um sich neu dem Alltag und Leben zu stellen. Wie sie werden auch wir besonders in jedem Gottesdienst und auch sonst mit dem Segen Gottes beschenkt. Er soll uns die Kraft verleihen, wach für Gottes Weisungen an uns zu bleiben und unseren Alltag und unser Leben nach seinem Willen mit Hingabe und Gottvertrauen zu gestalten.