Radikale Jesus-Nachfolger imponieren
Dieses Evangelium klingt nicht gerade familienfreundlich. Es stellt uns auch keinen halbwegs gerechten Lohn in Aussicht, von dem man/frau auch leben kann, so wie wir es uns vorstellen. Von Sicherheiten, die heutzutage einfach dazu gehören, ist nicht die Rede. Die Worte sitzen, gehen zur „Wurzel“, sind radikale Eingriffe in das Leben jenes Menschen, der in die Nachfolge Jesu tritt.
Und wie ein Kontrast dazu ist die Einleitung zu den Versen. Es beginnt fast wie bei einem Märchen, bei dem man sich gemütlich hinsetzen möchte und einfach nur zu hören will: „In jener Zeit sprach Jesus zu den Aposteln…“ (kurze Stille) ... und dann beginnen die radikalen Anweisungen, Vorstellungen gelebter Jesus-Nachfolge.
Es wird von der historisch-kritischen Textauslegung angenommen, dass es sich hier um die Nachfolgeerfahrungen, wie sie die ersten Wanderprediger oder Wandermissionare gemacht haben, handelt. Von ziemlich radikalen Typen in der Jesusnachfolge hören wir in diesen Versen. So könnten wir es auffassen und meinen, ohne diese Radikalität in der Nachfolge unter so manchen Jesusjüngern gäbe es diese Verse nicht. Doch diese radikale Jesus-Nachfolge konnte sich nicht als „die“ allgemeine Form der gelebten Verkündigung unter den Jesusjüngern nicht durchsetzen. Jedoch zu denken geben könnte es uns, dass diese radikale Nachfolge weiterhin praktiziert wurde und noch immer wird, wie uns Beispiele aus der Geschichte zeigen: Franz von Assisi oder Klaus von Flüe, Elisabeth von Thüringen oder Theresa von Avila, Oskar Romero, Franz Jägerstätter, Sr. Maria Restituta Kafka, Maximilian Kolbe...
In einer dialogischen Auseinandersetzung über die Nachfolge, kristallisierte sich zum heutigen Evangelium folgende Frage heraus: „Aber sollen wir uns damit begnügen, dass uns einige wenige immer wieder zeigen wie Nachfolge in der Radikalität gelebt werden könnte?“
Eine Antwort auf diese Frage gibt das Evangelium selbst: die Worte Jesu, so radikal sie sind, könnten mehr für uns bedeuten, wenn wir sie nicht wie Zuschauer am Rande des Geschehens, so zu sagen von einem „sicheren“ Platz aus, betrachten. Unser Platz ist im Geschehen des Evangeliums. So können wir in die Intimität, die zwischen Jesus und Gott, den er Vater nennt, eintauchen und hineinwachsen in das göttliche Geschehen (in die Offenbarung). Von diesem Wachstum aus ist das Evangelium von heute neu zu verstehen.
Ein neues Leben mit Christus durch die Taufe
Wir sind als Getaufte hineingenommen ein neues Leben mit Christus. Dadurch haben wir vollen Zugang zu der Quelle, von der Jesus gelebt hat. Das Evangelium von heute zeigt, dass Jesus uns mit Gott neu verbinden will in eine Tiefe, in eine Beziehung, die alles bisher „Gekannte“ übersteigt:
„Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“ lauten die Schlussverse im Matthäusevangelium. Jesu richtet seinen Auftrag nicht an ferne Zuschauerinnen sondern an alle, die auf seinen Namen getauft sind und daher eine neue Identität angenommen haben.
Wer diese Dimension des Taufgeschehens erfasst hat, wird das, was das Evangelium heute verlangt, nicht als Last und Überforderung sehen, sondern als Erfahrungen in der Nachfolge. Wir werden immer wieder mit der Frage der Nachfolge als Jünger/Jüngerin Jesu konfrontiert. Die Schritte, die sich konkret im eigenen Leben in der Nachfolge ergeben, manchmal von uns sogar eingefordert werden, gilt es zu erkennen und zu gehen. Jedoch gehen wir den Weg der Nachfolge nicht allein. Wie einst den ersten Wanderpredigern, Wandermissionaren gelten auch für uns die Worte Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Durch das heutige Evangelium erfährt diese Zusage eine verheißungsvolle Ergänzung: „Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist - amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.“
Die Botschaft Jesu ist ein „ewiger Unruhestifter“
Nicht in Angst und Schrecken die Menschen zu versetzen, ist das Wesen der Frohbotschaft, sondern sie will Mut machen, will Vertrauen wecken. Vertrauen, das trägt, wenn es im Leben schwierige Situationen gibt, wie wir es im Evangelium bei der Jesusnachfolge gehört haben. Denn harmlos ist die Sache Jesu nicht, der Anspruch der Botschaft Jesu ist und bleibt eine Herausforderung für jeden von uns. Die Botschaft Jesu ist ein „ewiger Unruhestifter“ und wirkt sehr störend auf unseren Alltagstrott, wie wir heute gehört haben.
Ob nun die Jesus-Nachfolge radikal gelebt wird oder Christen einfach konsequent zu ihrem Glauben in der je persönlichen Lebenssituation stehen, für alle gilt die Zusage: Immanuel - „Ich bin bei euch“!
Seine bleibende Gegenwart macht möglich, dass wir, die getauft sind auf seinen Namen, und erfüllt werden mit dem Geist, in seine Nachfolge – die Schule Jesu – treten können. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Jesu Aufmerksamkeit und Sorge uns gilt, wie die Verse des heutigen Evangeliums es uns verkündet haben: „Wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.“