Ansprache beim 1. Altar:
Thema: Brot und Wein als Zeichen über Zeit und Raum
Zum Evangelium: Mt. 14,13-21
Dieses Fest hat eine etwas andere Dimension als der Gründonnerstag. Leuchten am Gründonnerstag hinter der Eucharistie, also dem "Letzten Abendmahl", Leiden, Tod und Auferstehung schon deutlich durch, so betrachten wir zu Fronleichnam Brot und Wein als reale Geschenke, die über Zeit und Raum hinausreichen, als gemeinschaftsstiftende Grundlage.
Gesellschaft und Umwelt verändern sich rasant. Es ist vieles unüberschaubar geworden. Wir erleben einen Wertewandel und Werteumbruch, der auch vor der Kirche nicht Halt macht. Das karge Brot der Sklaverei, das die Menschen in der Wüste zu essen bekamen, ist auch heute aktuell. Viele Menschen verdienen ihr Brot nur unter großen Mühen oder was noch schlimmer ist: Sie bekommen es überhaupt nicht, weil es aus unterschiedlichsten Gründen keine bezahlte Arbeit für sie gibt.
Diese Welt bietet einerseits Überfluss an Nahrung, an sonstigem Reichtum, andererseits tiefstes Elend, wo Menschen von allem ausgegrenzt sind, was lebensnotwendig ist, was Freude und Annehmlichkeiten unseres irdischen Daseins ausmachen.
Die Frohe Botschaft Jesu, die sich in den dichtesten Zeichen von Brot und Wein realisiert, vertreibt die Sinnleere. Wo Menschen meinen, es gibt nichts mehr zu verteilen, teilt Jesus aus, und es bleibt viel über an Solidarität, Friede, Hoffnung. Die Sinngebung seiner Frohen Botschaft ist in den tröstlichen Worten zusammengefasst: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." "Ich bin das Brot des Lebens." "Wer zu mir kommt, wird niemals hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals Durst haben."
Durch Glaube und Hoffnung bekommt das Leben einen neuen Sinngehalt, auch wenn die Sorgenlast nicht genommen wird. So sind wir eingeladen, Glauben, Vertrauen, Freude und Hoffnung beim Tisch des Herrn in den sichtbaren Zeichen von Brot und Wein immer wieder zu erneuern.
Ansprache beim 2. Altar:
Thema: Masterplan statt Größenwahn
Zum Evangelium: Mt. 5,1-12
Bis vor kurzer Zeit meinten wir, die Wirtschaft hätte alles mit Hilfe von Technik und Naturwissenschaft im Griff. Es sah aus, dass unser Wohlstand in unseren Breiten bis ins Unendliche steigen könnte. Dass wir ein Leben auf Pump und auf Kosten der Menschen außerhalb Europas führen, ihre Bodenschätze ausplündern - und das schon seit Jahrhunderten - ist noch zu wenig in unser Bewusstsein gekommen. "Die Erde hat genug für den Hunger der vielen, doch zu wenig für die Gier einiger." (Mahatma Ghandi).
Seit zwei Jahren setzen Finanz- und Wirtschaftskrise der Gigantomanie ein Ende. Die unangenehmen Seiten des Kapitalismus werden offenbar, sodass manche schon vom KAPUTTALISMUS sprechen, der Menschen um ihr Vermögen, um ihren Arbeitsplatz bringt. Heuschreckenkapitalismus, Profitgier, Unwissenheit und Vertrauen gutgläubiger Menschen, Sorglosigkeit im Umgang mit fremden Geldern, mitunter auch Betrugsabsicht all das begünstigten den Größenwahn.
Unvorstellbare Geldsummen als Schutzschild für den EURO und als Kapitalspritze für Länder, die vor dem Bankrott stehen, sind Zeichen unserer Abhängigkeit voneinander, zeigen aber auch, wie Wirtschaft und Politik die Würde des Menschen in Frage stellen und ihn instrumentalisieren. Die vielen Nullen hinter den Ziffern in Staatsbudgets, in den Zahlen des Internationalen Währungsfonds, in den Schuldverschreibungen sind sicher nur noch Rechenbeispiele, aber auch Hinweis auf manch ethisch miserable Einstellung und Hilflosigkeit mancher RepräsentantInnen in unserer gegenwärtigen Weltgeschichte.
Der Markt regelt sich selbst, der Mensch wird durch Geld frei und unabhängig, so die Ansicht, die nur sehr bedingt ihre Richtigkeit hat. Freiheit darf aber nicht in absoluter Schrankenlosigkeit gesehen werden, wie uns die gegenwärtigen Schwierigkeiten lehren. Den Menschen zu benachteiligen, verdirbt in irgendeiner Weise jedes große Werk, hindert die Ausbreitung des Reiches Gottes.
Im 3. Jahrhundert vor Christus entsteht das Buch Kohelet. Der Verfasser, ein Skeptiker und Pessimist, erlebt in seiner Zeit eine ähnliche Situation wie wir heute: Schnelllebigkeit, die Erfahrung der Kürze des Lebens, jetzt alles zu haben und sofort. "Wenn du beobachtest, dass in der Provinz die Armen ausgebeutet und Gericht und Gerechtigkeit nicht gewährt werden, dann wundere dich nicht über solche Vorgänge: Ein Mächtiger deckt den anderen, hinter beiden stehen noch Mächtigere ... Wer das Geld liebt, bekommt vom Geld nicht genug. Wer den Luxus liebt, hat nie genug Einnahmen - auch das ist Windhauch. Mehrt sich dasVermögen, so mehren sich auch die, die es verzehren."(Koh.5,7.9-10).
Während Regierungschefs und Finanzminister gegenwärtig Steuerpläne schmieden und Belastungen für die Bevölkerung überlegen, hat Jesus eine andere Steuerpädagogik, einen Masterplan: die Seligpreisungen. Sie sind ein Lebensprogramm in der Nachfolge Christi, das nicht auf die Armen, Notleidenden und Schwachen vergisst, das die Wertigkeiten unserer Profitgesellschaft auf den Kopf stellt und den Menschen dadurch ehrt, dass Jesus selber Mensch wird, sich mit uns solidarisiert und Wohnung bei uns nimmt durch den Empfang der Eucharistie.
Ansprache beim 3. Altar:
Thema: Brot / Wein und Sonntag / Feiertag gemeinschaftsstiftend und heilig
Zum Evangelium: Joh. 15,1-8
"Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht... Du schenkst uns den Wein, die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit. Wir bringen diesen Kelch vor dein Angesicht, damit er uns der Kelch des Heiles werde", so lautet das Gebet bei der Gabenbereitung. Brot und Wein als Gedächtnismahl, als Feier der Präsenz Christi.
Jeden Sonntag (und Feiertag), dem ersten Tag der Woche, versammeln wir uns zu diesem Gedächtnismahl. Jeden Sonntag begehen wir ein kleines Osterfest, eine heilige Zeit.
Brot, Wein und Sonntag (Feiertag) sind gemeinschaftsstiftend und heilig. Ist uns das in der Hektik der Zeit, in der Fülle unserer Termine noch bewusst? Sonn- und Feiertage sind wohl im Kalender rot herausgehoben. Die große Frage bleibt aber, wie wir diese "heilige Zeit" und damit verbunden die heiligen Zeichen nützen und verstehen.
Seit einigen Jahren gibt es den Versuch, die Sonn- und Feiertagsruhe zu unterlaufen. Die Befürworter versuchen in Statistiken nachzuweisen, dass ohnehin an Sonn- und Feiertagen etwa eine Million Menschen arbeiten müssten und diese Zeit durch einen arbeitsfreien Wochentag oder durch Überstundenbezahlung ausgeglichen wird. Dabei geht aber viel an Inhalt verloren. Der Sonntag soll sicher ein Tag der Erholung für Körper, Seele und Geist sein. Er ist aber auch ein Tag des Innehaltens, der Neuorientierung, der Erinnerung an Tod und Auferstehung des Herrn. Der Sonntag ist jener Tag, der uns zumindest kurzfristig vom Alltagstrott frei machen und nicht zu noch mehr Leistung anspornen soll. Es ist jener Tag, der die Chance gibt, soziale Schranken, Ungleichheit hintanzustellen und ein klein wenig den Blick ins Paradies gewährt. Es ist jener Tag, an dem wir mit Freude das genießen dürfen, was wir uns erarbeitet haben, was wir in den Gaben von Brot und Wein zum Altar bringen.
Brot, Wein, Sonn- und Feiertag. Sie sind gemeinschaftsstiftend und heilig. Heilig meint, es soll das heil werden, was in der Hitze des Alltags durch Rivalität, Intrigen, Böswilligkeit, Unbeholfenheit oder was immer es an Ärger gibt, zerstört wird.
Dieses Bild vom Weinstock und den Reben im Evangelium ist ein Beziehungsbild. Es deutet die Beziehung zu Gott an. Aus dieser Verbindung mit Gott kann das Leben Frucht bringen. Die Beziehung zu Gott geht über den Nächsten und baut auf Liebe auf. Christus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes mit allen Erbärmlichkeiten. Er ist einer von uns geworden, der die Botschaft des liebenden Vaters verkündet. "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir." Das bestätigt jeden Sonntag die Gemeinde. Was Menschen feiern, soll im Alltag spürbar werden, "bis er kommt in Herrlichkeit."
Feri Schermann (2001)
Hans Hütter (1998)