Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 07. Okt. 2023 - Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
22. Okt. 2023
29. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Okt. 2023
28. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Okt. 2023
27. Sonntag im Jahreskreis (A)
07. Okt. 2023
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Gen 9,8-17
Lesung aus dem Buch Genesis.
Gott sprach zu Noach
und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
Ich bin es.
Siehe, ich richte meinen Bund auf
mit euch und mit euren Nachkommen nach euch
und mit allen Lebewesen bei euch,
mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde bei euch,
mit allen, die aus der Arche gekommen sind,
mit allen Wildtieren der Erde überhaupt.
Ich richte meinen Bund mit euch auf:
Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch
vom Wasser der Flut ausgerottet werden;
nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
Und Gott sprach:
Das ist das Zeichen des Bundes,
den ich stifte zwischen mir und euch
und den lebendigen Wesen bei euch
für alle kommenden Generationen:
Meinen Bogen setze ich in die Wolken;
er soll das Zeichen des Bundes werden
zwischen mir und der Erde.
Balle ich Wolken über der Erde zusammen
und erscheint der Bogen in den Wolken,
dann gedenke ich des Bundes,
der besteht zwischen mir und euch
und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch,
und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden,
die alle Wesen aus Fleisch verdirbt.
Steht der Bogen in den Wolken,
so werde ich auf ihn sehen
und des ewigen Bundes gedenken
zwischen Gott und allen lebenden Wesen,
allen Wesen aus Fleisch auf der Erde.
Und Gott sprach zu Noach:
Dies ist das Zeichen des Bundes,
den ich zwischen mir und allen Wesen aus Fleisch auf der Erde aufgerichtet habe.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Unsere Perikope steht am Ende der Sintfluterzählung, gehört aber zugleich auch zum Finale der Priesterschrift in der Urgeschichte (Gen 1 bis 10).
Die "sehr gute" Schöpfung ist durch die Gewalttat des Menschen verdorben worden (6,11-13). Über die aus der Ordnung geratene Schöpfung ergeht das Gericht Gottes (Sintflut), aber über ihr waltet die Treue Gottes und seine erbarmende Liebe.
Der Text der ersten Lesung läßt zwei Teile erkennen:
Die erste Rede (9, 8 –11) kündigt den Bundesschluß an. Noach und seinen Nachkommen, alle kommenden Geschlechter (d. h. allen Menschen), aber auch die Tiere sind Partner dieses Bundes. Gott garantiert die Beständigkeit dieser Schöpfung und gibt die Zusicherung, daß eine Sintflut sich nicht wiederholen wird.
Die zweite Rede (9,12–16) beschreibt diesen Bundesschluß. Für den Menschen des Altertums bedeuten die Gewitter die Bedrohung, dass das Chaos ausbrechen kann. Der Regenbogen nach dem Unwetter ist das natürliche Zeichen des Aufatmens. Dieses natürliche Zeichen wird aufgegriffen und zum Zeichen dafür gemacht, dass Gott das Chaos ein für allemal überwunden hat. Indem er den Bogen in die Wolken setzt, stiftet Gott zugleich ein dauerhaftes, ewiges Zeichen des Bundes. Jedes neue Erscheinen dieses Bundeszeichens erneuert den "Noachbund" und erinnert die Menschen an die Treue Gottes zur ganzen Schöpfung.
Israel ist ein Volk, das auf seinen Gottesbund setzt. Dieser Bund wird in den 5 Büchern Mose immer wieder thematisiert. Der Noahbund ist ein Mosaikstein der großen Aussage: Gott steht zu uns.
Besonders in der Zeit des Exils war dieser Bund wichtig. Wenn Gott nicht mehr will, dass alles ausgerottet wird, dann muss die aktuelle Not in der Verbannung einen glücklichen Ausgang finden.
Ein Zeichen der Schöpfung, das sich in allen Gegenden finden lässt, wird zum Zeichen des Bundes. Es gibt keinen Ort, an dem Gott sich nicht zu seinem Bund und seiner Treue bekennen kann.
Die Schriftlesungen zum Beginn der österlichen Bußzeit beginnen mit einer Verheißung. Aus der Sintflutgeschichte hören wir die Zusage Gottes, daß Gott weiterhin den Menschen zugewandt bleibt. Und daß er ein Gott des Beistandes ist.
Im Zentrum der priesterlichen Schrift steht der Bundesschluß. Es geht dabei nicht um einen beiderseitigen Abschluß eines Bundes oder Vertrages, sondern Gott selbst gibt hier eine feierliche Bindung und Zusage. Die Menschen sind hingegen die beschenkten Bundespartner. Im Zeichen des Regenbogens wird diese Zusage besiegelt. Gott selbst will sich an die Zusage immer wieder erinnern.
Hintergrund dieser Erzählung ist auch die Erfahrung des babylonischen Exils. Hinter all den negativen und schlimmen Erfahrungen, dürfen sich die Menschen doch immer wieder an den geschenkten Bund und die Treue Gottes halten und auf ihn bauen.
1. Lesung - Gen 1,1 - 2,2
Lesung aus dem Buch Genesis.
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde.
Die Erde war wüst und wirr
und Finsternis lag über der Urflut
und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.
Gott sprach:
Es werde Licht.
Und es wurde Licht.
Gott sah, dass das Licht gut war.
Und Gott schied das Licht von der Finsternis.
Und Gott nannte das Licht Tag
und die Finsternis nannte er Nacht.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
erster Tag.
Dann sprach Gott:
Es werde ein Gewölbe mitten im Wasser
und scheide Wasser von Wasser.
Gott machte das Gewölbe
und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes
vom Wasser oberhalb des Gewölbes.
Und so geschah es.
Und Gott nannte das Gewölbe Himmel.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
zweiter Tag.
Dann sprach Gott:
Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels an einem Ort
und das Trockene werde sichtbar.
Und so geschah es.
Und Gott nannte das Trockene Land
und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer.
Gott sah, dass es gut war.
Dann sprach Gott:
Die Erde lasse junges Grün sprießen,
Gewächs, das Samen bildet,
Fruchtbäume,
die nach ihrer Art Früchte tragen mit Samen darin auf der Erde.
Und so geschah es.
Die Erde brachte junges Grün hervor,
Gewächs, das Samen nach seiner Art bildet,
und Bäume,
die Früchte tragen mit Samen darin nach ihrer Art.
Gott sah, dass es gut war.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
dritter Tag.
Dann sprach Gott:
Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein,
um Tag und Nacht zu scheiden.
Sie sollen als Zeichen
für Festzeiten, für Tage und Jahre dienen.
Sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein,
um über die Erde hin zu leuchten.
Und so geschah es.
Gott machte die beiden großen Lichter,
das große zur Herrschaft über den Tag,
das kleine zur Herrschaft über die Nacht,
und die Sterne.
Gott setzte sie an das Himmelsgewölbe,
damit sie über die Erde leuchten,
über Tag und Nacht herrschen
und das Licht von der Finsternis scheiden.
Gott sah, dass es gut war.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
vierter Tag.
Dann sprach Gott:
Das Wasser wimmle von Schwärmen lebendiger Wesen
und Vögel sollen über der Erde am Himmelsgewölbe fliegen.
Und Gott erschuf die großen Wassertiere und alle Lebewesen,
die sich fortbewegen nach ihrer Art,
von denen das Wasser wimmelt,
und alle gefiederten Vögel nach ihrer Art.
Gott sah, dass es gut war.
Gott segnete sie
und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch!
Füllt das Wasser im Meer
und die Vögel sollen sich auf Erden vermehren.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
fünfter Tag.
Dann sprach Gott:
Die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor,
von Vieh,
von Kriechtieren
und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art.
Und so geschah es.
Gott machte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art,
das Vieh nach seiner Art
und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihrer Art.
Gott sah, dass es gut war.
Dann sprach Gott:
Lasst uns Menschen machen
als unser Bild, uns ähnlich!
Sie sollen walten über die Fische des Meeres,
über die Vögel des Himmels,
über das Vieh,
über die ganze Erde
und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.
Gott erschuf den Menschen als sein Bild,
als Bild Gottes erschuf er ihn.
Männlich und weiblich erschuf er sie.
Gott segnete sie
und Gott sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar und mehrt euch,
füllt die Erde
und unterwerft sie
und waltet über die Fische des Meeres,
über die Vögel des Himmels
und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!
Dann sprach Gott:
Siehe, ich gebe euch alles Gewächs,
das Samen bildet auf der ganzen Erde,
und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin.
Euch sollen sie zur Nahrung dienen.
Allen Tieren der Erde,
allen Vögeln des Himmels
und allem, was auf der Erde kriecht,
das Lebensatem in sich hat,
gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung.
Und so geschah es.
Gott sah alles an, was er gemacht hatte:
Und siehe, es war sehr gut.
Es wurde Abend und es wurde Morgen:
der sechste Tag.
So wurden Himmel und Erde und ihr ganzes Heer vollendet.
Am siebten Tag
vollendete Gott das Werk, das er gemacht hatte,
und er ruhte am siebten Tag,
nachdem er sein ganzes Werk gemacht hatte.
Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn;
denn an ihm ruhte Gott,
nachdem er das ganze Werk erschaffen hatte.
Das ist die Geschichte der Entstehung
von Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden.
Zur Zeit, als Gott, der HERR,
Erde und Himmel machte,
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Martin Leitgöb (2000)
Es handelt sich um den ersten der beiden Schöpfungsberichte aus dem Buch Genesis. Er entstammt in seiner Endgestalt vermutlich der Zeit nach dem Babylonischen Exil, also frühestens der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus. Ein zentrales Anliegen war es damals wohl zu zeigen, daß der Gott des kleinen, machtlosen Israel der Schöpfer des Himmels, der Erde und der Menschen ist.
Von seiner Gattung her ist der erste Schöpfungsbericht der Genesis eine "Kosmogonie", also eine Erzählung von der Entstehung des Kosmos. Allerdings darf er nicht als eine naturwissenschaftliche Darstellung im heutigen Sinn verstanden werden. Es handelt sich nicht um einen Tatsachenbericht, sondern es geht um eine theologische Aussage über Gott und sein Verhältnis zur Welt und zum Menschen. Wichtige Aspekte dieser Aussage seien im folgenden genannt:
1. Der Schöpfungsbericht ist das Bekenntnis, daß die Welt und der Mensch sich Gott verdanken und deshalb in guten Händen geborgen sind.
2. Die Schöpfung ist Gleichnis und Ausdruck Gottes. So wie ein Kunstwerk auf seinen Meister verweist, verweist die Welt auf ihren Schöpfer. Gott gibt der Welt seine Gutheit mit und will sie in ihr zur Geltung gebracht sehen.
3. In besonderer Weise gilt dies vom Menschen. Er wird als das Ebenbild Gottes bezeichnet (Gen 1:27). Im ganzen antiken Denken hat das Ebenbild engste Beziehung mit dem Urbild. Es ist gewissermaßen der Stellvertreter des Urbildes.
4. Zum menschlichen Sein gehört von Anfang an die Dimension der Gemeinschaft. Gerade in der Gemeinschaftlichkeit und im Aufeinander-verwiesen-sein von Mann und Frau ist der Mensch Ebenbild Gottes.
5. Gott als Schöpfer anzuerkennen heißt, auch die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung zu sehen. Der sogenannte Herrschaftsauftrag (Gen 1:28) versetzt den Menschen in die Stellung eines Sachwalters. Er soll die Schöpfung sich aneignen und kreativ weiterführen. Wer den Herrschaftsauftrag des Menschen über die Schöpfung im Sinne von bloßer Selbstherrlichkeit auffaßt, mißversteht ihn. Der Mensch und die übrige Schöpfung bilden eine Solidargemeinschaft, da sie beide von Gott hervorgebracht sind. Außerdem wird der Herrschaftsauftrag in einem Segenswort übertragen. Das heißt: Nur unter den Bedingungen des Segens ist dieser Auftrag erfüllbar.
Für das Volk Israel war die Vorstellung von Gott als Schöpfer gegenüber der Vorstellung von Gott als dem geschichtsmächtigen Befreier aus der Knechtschaft Ägyptens lange Zeit eher zweitrangig, wiewohl freilich nicht unwichtig. Erst die frühe Kirche hat den Schöpfungsglauben zu einer vorrangigen Lehre gemacht: siehe Glaubensbekenntnis. In der Osternacht, die in vielerlei Hinsicht aufs Ganze geht, haben beide Sichtweisen des einen Gottes ihren Platz. Gott als der gute Schöpfer und der in der Geschichte wirkende Gott.
1. Lesung - Gen 1,1. 26-31a
Lesung aus dem Buch Genesis.
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde.
Dann sprach Gott:
Lasst uns Menschen machen
als unser Bild, uns ähnlich!
Sie sollen walten über die Fische des Meeres,
über die Vögel des Himmels,
über das Vieh,
über die ganze Erde
und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.
Gott erschuf den Menschen als sein Bild,
als Bild Gottes erschuf er ihn.
Männlich und weiblich erschuf er sie.
Gott segnete sie
und Gott sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar und mehrt euch,
füllt die Erde
und unterwerft sie
und waltet über die Fische des Meeres,
über die Vögel des Himmels
und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!
Dann sprach Gott:
Siehe, ich gebe euch alles Gewächs,
das Samen bildet auf der ganzen Erde,
und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin.
Euch sollen sie zur Nahrung dienen.
Allen Tieren der Erde,
allen Vögeln des Himmels
und allem, was auf der Erde kriecht,
das Lebensatem in sich hat,
gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung.
Und so geschah es.
Gott sah alles an, was er gemacht hatte:
Und siehe, es war sehr gut.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Lesung - Gen 6,9. 11-14. 17-22
Noach war ein gerechter, untadeliger Mann unter seinen Zeitgenossen;
er ging mit Gott.
Die Erde aber war vor Gott verdorben,
die Erde war voller Gewalttat.
Gott sah sich die Erde an
und siehe, sie war verdorben;
denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben.
Da sprach Gott zu Noach:
Ich sehe, das Ende aller Wesen aus Fleisch ist gekommen;
denn durch sie ist die Erde voller Gewalttat.
Siehe, ich will sie zugleich mit der Erde verderben.
Mach dir eine Arche aus Goferholz!
Statte sie mit Kammern aus
und dichte sie innen und außen mit Pech ab!
Ich bin es.
Siehe, ich will die Flut, das Wasser, über die Erde bringen,
um alle Wesen aus Fleisch unter dem Himmel,
alles, was Lebensgeist in sich hat, zu verderben.
Alles auf Erden soll den Tod finden.
Mit dir aber richte ich meinen Bund auf.
Geh in die Arche, du, deine Söhne,
deine Frau und die Frauen deiner Söhne!
Von allem, was lebt,
von allen Wesen aus Fleisch,
führe je zwei in die Arche,
damit sie mit dir am Leben bleiben;
je ein Männchen und ein Weibchen sollen es sein.
Von allen Arten der Vögel,
von allen Arten des Viehs,
von allen Arten der Kriechtiere auf dem Erdboden
sollen je zwei zu dir kommen,
damit sie am Leben bleiben.
Nimm dir von allem Essbaren mit
und leg dir einen Vorrat an!
Dir und ihnen soll es zur Nahrung dienen.
Noach tat alles genauso,
wie ihm Gott geboten hatte.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
1. Lesung - Gen 41,1-8. 14-16. 25-27. 29-31
Lesung aus dem Buch Genesis
Der Pharao hatte einen Traum:
Siehe, er stand am Nil.
Siehe, aus dem Nil stiegen sieben Kühe
von schönem Aussehen und fett im Fleisch
und weideten im Riedgras.
Nach ihnen stiegen sieben andere Kühe aus dem Nil;
sie waren von hässlichem Aussehen
und mager im Fleisch.
Sie stellten sich neben die Kühe am Ufer des Nils.
Und die hässlichen, mageren Kühe
fraßen die sieben schön aussehenden
und fetten Kühe auf.
Dann erwachte der Pharao.
Er schlief aber wieder ein
und träumte ein zweites Mal:
Siehe, an einem einzigen Halm
wuchsen sieben Ähren,
prall und schön.
Doch siehe:
Nach ihnen wuchsen sieben kümmerliche,
vom Ostwind ausgedörrte Ähren.
Die kümmerlichen Ähren
verschlangen die sieben prallen, vollen Ähren.
Der Pharao wachte auf:
Siehe, es war ein Traum.
Am Morgen fühlte er sich beunruhigt;
er schickte hin
und ließ alle Wahrsager und Weisen Ägyptens rufen.
Der Pharao erzählte ihnen seine Träume,
doch keiner war da, der sie ihm deuten konnte.
Da schickte der Pharao hin und ließ Josef rufen.
Man holte ihn schnell aus der Grube,
schor ihm die Haare,
er wechselte seine Obergewänder
und kam zum Pharao.
Der Pharao sagte zu Josef:
Ich hatte einen Traum,
doch keiner kann ihn deuten.
Von dir habe ich aber gehört,
du brauchst einen Traum nur zu hören,
dann kannst du ihn deuten.
Josef antwortete dem Pharao:
Nicht ich, sondern Gott
wird zum Wohl des Pharao
eine Antwort geben.
Darauf sagte Josef zum Pharao:
Der Traum des Pharao ist ein und derselbe.
Gott hat dem Pharao kundgetan,
was er vorhat:
Die sieben schönen Kühe sind sieben Jahre
und die sieben schönen Ähren sind sieben Jahre.
Es ist ein und derselbe Traum.
Die sieben mageren und hässlichen Kühe,
die nachher heraufkamen,
sind sieben Jahre
und die sieben leeren,
vom Ostwind ausgedörrten Ähren
sind sieben Jahre Hungersnot.
Siehe, sieben Jahre kommen,
da wird großer Überfluss
im ganzen Land Ägypten sein.
Nach ihnen aber
werden sieben Jahre Hungersnot heraufziehen:
Da wird der ganze Überfluss im Land Ägypten
vergessen sein
und Hunger wird das Land auszehren.
Dann wird man nichts mehr
vom Überfluss im Land merken wegen des Hungers,
der danach kommt;
denn er wird sehr drückend sein.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
1. Lesung - Dtn 6,4-12
Lesung aus dem Buch Deuteronomium:
Höre, Israel!
Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig.
Darum sollst du den HERRN, deinen Gott,
lieben mit ganzem Herzen,
mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.
Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte,
sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.
Du sollst sie deinen Kindern wiederholen.
Du sollst sie sprechen, wenn du zu Hause sitzt
und wenn du auf der Straße gehst,
wenn du dich schlafen legst
und wenn du aufstehst.
Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden.
Sie sollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden.
Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses
und in deine Stadttore schreiben.
Und wenn der HERR, dein Gott,
dich in das Land geführt hat, von dem du weißt:
er hat deinen Vätern
Abraham, Isaak und Jakob geschworen,
es dir zu geben
- große und schöne Städte, die du nicht gebaut hast,
mit allen Gütern gefüllte Häuser,
die du nicht gefüllt hast,
ausgehauene Zisternen,
die du nicht ausgehauen hast,
Weinberge und Ölbäume,
die du nicht gepflanzt hast - ,
wenn du dann isst und satt wirst:
nimm dich in Acht,
dass du nicht den HERRN vergisst,
der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus, geführt hat!
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Johann Pock (2000)
Dieser Abschnitt schließt an den Dekalog (Dtn 5) an und leitet zu den Unterweisungen des Volkes über (Dtn 7-11).
Dtn 6,4-5 (bzw. 4-9) wurde später einer der wichtigsten liturgischen Texte des Judentums: Zusammen mit Dtn 11,13-21 und Num 15,37-41 ist es das "Schemac"-Gebet.
Wenn sich Israel an die Gesetze hält, wird ihm Wohlstand verheißen. Mit dem "Höre, Israel" (vgl. auch Dtn 5,1; 9,1; 20,3; 27,9) wird eine Grundsatzaussage, gleichsam ein Glaubensbekenntnis eingeleitet.
Das Bekenntnis zum einen Gott hängt zusammen mit dem Liebesgebot; es geht nicht mehr nur um ein juristisches Verhältnis anhand der Gesetze, sondern um ein Liebesverhältnis zu Gott, um "Vater-Kind".
"Diese Worte" (also eigentlich das gesamte Gesetzeswerk) müssen gelernt und weitergegeben werden.
Das Besondere dieser Stelle ist die eindringliche Aufforderung zur Gottesliebe (vgl. Hosea). Dieses ist das erste und wichtigste aller Gebote.
1. Lesung - Dtn 8,7-18
Lesung aus dem Buch Deuteronomium:
Wenn der HERR, dein Gott,
dich in ein prächtiges Land führt,
ein Land mit Bächen, Quellen und Grundwasser,
das im Tal und am Berg hervorquillt,
ein Land mit Weizen und Gerste,
mit Weinstock, Feigenbaum und Granatbaum,
ein Land mit Ölbaum und Honig,
ein Land, in dem du nicht armselig dein Brot essen musst,
in dem es dir an nichts fehlt,
ein Land, dessen Steine aus Eisen sind,
aus dessen Bergen du Erz gewinnst;
wenn du dort isst und satt wirst
und den HERRN, deinen Gott,
für das prächtige Land, das er dir gegeben hat, preist,
dann nimm dich in Acht und vergiss den HERRN,
deinen Gott, nicht,
missachte nicht seine Gebote,
Rechtsentscheide und Satzungen,
auf die ich dich heute verpflichte!
Und wenn du gegessen hast und satt geworden bist
und prächtige Häuser gebaut hast und sie bewohnst,
wenn deine Rinder, Schafe und Ziegen sich vermehren
und Silber und Gold sich bei dir häuft
und dein gesamter Besitz sich vermehrt,
dann nimm dich in Acht,
dass dein Herz nicht hochmütig wird
und du den HERRN, deinen Gott, nicht vergisst,
der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus, geführt hat;
der dich durch die große und Furcht erregende Wüste
geführt hat,
durch Feuernattern und Skorpione,
durch ausgedörrtes Land, wo es kein Wasser gab;
der für dich Wasser aus dem Felsen der Steilwand
hervorsprudeln ließ;
der dich in der Wüste mit dem Manna speiste,
das deine Väter noch nicht kannten,
um, nachdem er dich gefügig gemacht
und dich geprüft hat, dir zuletzt Gutes zu tun.
Dann nimm dich in Acht
und denk nicht bei dir:
Ich habe mir diesen Reichtum aus eigener Kraft
und mit eigener Hand erworben.
Gedenke vielmehr des HERRN, deines Gottes:
Er ist es, der dir die Kraft gibt, Reichtum zu erwerben,
weil er seinen Bund,
den er deinen Vätern geschworen hatte,
so verwirklichen will, wie er es heute tut.
Gerhard Gruber (2004)
Johann Pock (1998)
Der Text aus dem Buch Deuteronomium stellt sich in eine Reihe anderer Texte des Ersten und Zweiten Testaments, die den richtigen Umgang mit den Gütern der Welt vermitteln wollen. Dem Verfasser steht sicher eine Zeit des Wohlstandes im Volk Israel vor Augen: vermutlich die Zeit König Joschijas (641-609 v. Chr.), in der durch die Schwäche beider vorderasiatischen Hegemonialmächte (Assur und Ägypten – Babylon ist noch nicht zu seiner späteren Stärke gelangt) Juda sich nahezu auf das alte davidische Territorium wieder ausdehnen konnte.
Angesichts des Wohlstandes mahnt der Verfasser, dass die Menschen nicht den Geber dieser Gaben, Jahwe, vergessen sollen. Er warnt vor Gottvergessenheit und Hochmut angesichts des Reichtums. Durch die Erinnerung an die entbehrungsreichen Anfangszeiten des Volkes Israel, wird dem Volk die Größe Gottes, dem sie alles zu verdanken haben, vor Augen geführt.
Nach dem Erhalt der Bundesgebote (5,1-22) und seiner Ausfaltung in Kap. 6 ("Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist einzig.") wird Israel der Lohn für die Treue zu Gottes Gebot verheißen: der Besitz des verheißenen Landes.
Der Weg durch die Wüste wird hier pädagogisch gedeutet als ein Einüben in die Gottesfurcht und in den Gottesdienst.
8,3: "Er wollte dich erkennen lassen, daß der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern daß der Mensch von allem lebt, was der Mund des Herrn spricht."
In 8,7ff wird zuerst das Land mit all seinem Reichtum geschildert - und gleichzeitig die Warnung ausgesprochen: Gerade anhand des Überflusses darf auf Gott nicht vergessen werden (V. 11). Ebenso wird vor dem Hochmut gewarnt (V. 14), der zur Gottvergessenheit führen kann.
Die Versuchung besteht darin zu sagen: all der Reichtum wurde aus eigener Kraft erworben (V. 17). Demgegenüber betont Dtn 8,18: alles verdankt sich Gott.
V. 19f wird die Drohung angefügt für den Fall des Vergessens: Gott wird das Volk vertilgen.
1. Lesung - Ez 47,1-9. 12
Lesung aus dem Buch Ezechiel:
Der Mann, der mich begleitete,
führte er mich zum Eingang des Tempels zurück
und siehe, Wasser strömte unter der Tempelschwelle hervor nach Osten hin;
denn die vordere Seite des Tempels schaute nach Osten.
Das Wasser floss unterhalb der rechten Seite des Tempels herab,
südlich vom Altar.
Dann führte er mich durch das Nordtor hinaus
und ließ mich außen herum zum äußeren Osttor gehen.
Und siehe, das Wasser rieselte an der Südseite hervor.
Der Mann ging nach Osten hinaus, mit der Messschnur in der Hand,
maß tausend Ellen ab
und ließ mich durch das Wasser gehen;
das Wasser reichte mir bis an die Knöchel.
Dann maß er wieder tausend Ellen ab
und ließ mich durch das Wasser gehen;
das Wasser reichte mir bis zu den Knien.
Darauf maß er wieder tausend Ellen ab
und ließ mich hindurchgehen;
das Wasser ging mir bis an die Hüften.
Und er maß noch einmal tausend Ellen ab.
Da war es ein Fluss,
den ich nicht mehr durchschreiten konnte;
denn das Wasser war tief,
ein Wasser, durch das man schwimmen musste,
ein Fluss, den man nicht mehr durchschreiten konnte.
Dann fragte er mich:
Hast du es gesehen, Menschensohn?
Darauf führte er mich zurück, am Ufer des Flusses entlang.
Als ich zurückging,
siehe, da waren an beiden Ufern des Flusses sehr viele Bäume.
Er sagte zu mir:
Diese Wasser fließen hinaus in den östlichen Bezirk,
sie strömen in die Araba hinab und münden in das Meer.
Sobald sie aber in das Meer gelangt sind,
werden die Wasser gesund.
Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen,
alles, was sich regt, leben können
und sehr viele Fische wird es geben.
Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden sie gesund;
wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.
An beiden Ufern des Flusses wachsen alle Arten von Obstbäumen.
Ihr Laub wird nicht welken und sie werden nie ohne Frucht sein.
Jeden Monat tragen sie frische Früchte;
denn ihre Wasser kommen aus dem Heiligtum.
Die Früchte werden als Speise
und die Blätter als Heilmittel dienen.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
1. Lesung - Joël 2,21-24. 26-27
Aus dem Buch des Propheten Joël.
Fürchte dich nicht, Ackerboden!
Freu dich und juble;
denn der HERR hat Großes getan!
Fürchtet euch nicht, ihr Tiere auf dem Feld!
Denn das Gras in der Steppe wird wieder grün,
der Baum trägt seine Frucht,
Feigenbaum und Weinstock bringen ihren Ertrag.
Jubelt, ihr Kinder Zions,
und freut euch über den HERRN, euren Gott!
Denn er gibt euch Nahrung, wie es recht ist.
Er schickt euch den Regen,
Herbstregen und Frühjahrsregen
wie in früherer Zeit.
Die Tennen sind voll von Getreide,
die Keltern fließen über von Wein und Öl.
Ich ersetze euch die Ernten,
die von der Wanderheuschrecke und der Larve,
vom Nager und vom Grashüpfer gefressen wurden,
von meinem großen Heer,
das ich gegen euch sandte.
Ihr werdet essen und satt werden
und den Namen des HERRN, eures Gottes, preisen,
der für euch solche Wunder getan hat.
Mein Volk braucht sich nie mehr zu schämen.
Dann werdet ihr erkennen,
dass ich mitten in Israel bin
und dass ich der HERR, euer Gott, bin,
ich und sonst niemand.
Mein Volk braucht sich nie mehr zu schämen.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Hans Hütter (2007)
Der Lesungstext ist dem ersten Teil des Prophetenbuches Joel entnommen. Die Zeit, in der er entstanden ist, lässt sich nicht mit Sicherheit datieren.
Im ersten Kapitel wird eine Heuschreckenplage und eine darauf folgende Dürre beschrieben und beklagt, die das ganze Land in eine Hungersnot stürzte. Der Prophet sieht sie als Vorzeichen des Tages des Herrn und ruft zu Buße und Umkehr auf.
Der Abschnitt der Lesung enthält bereits die Antwort des Herrn auf Buße und Umkehr und verheißt neue Fruchtbarkeit. Der reiche Ertrag wird ebenso wie die vorangehende Katasprophe als Zeichen Gottes verstanden. Das Volk soll erkennen, dass er in seiner Mitte ist und für es sorgt.
1. Lesung - Apg 2,42-47
Lesung aus der Apostelgeschichte:
Sie hielten an der Lehre der Apostel fest
und an der Gemeinschaft,
am Brechen des Brotes und an den Gebeten.
Alle wurden von Furcht ergriffen;
und durch die Apostel
geschahen viele Wunder und Zeichen.
Und alle, die glaubten,
waren an demselben Ort
und hatten alles gemeinsam.
Sie verkauften Hab und Gut
und teilten davon allen zu,
jedem so viel, wie er nötig hatte.
Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel,
brachen in ihren Häusern das Brot
und hielten miteinander Mahl
in Freude und Lauterkeit des Herzens.
Sie lobten Gott
und fanden Gunst beim ganzen Volk.
Und der Herr
fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu,
die gerettet werden sollten.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Bernhard Zahrl (2011)
Martin Leitgöb (2005)
Gerhard Gruber (1999)
In der ersten Lesung werden Szenen und Situationen geschildert, die einen idealtypischen Charakter besitzen und wichtige Elemente des Lebens in der Gemeinde darstellen:
- Festhalten an der Lehre der Apostel
- Einmütigkeit untereinander
- soziale Verantwortung
- Gemeinschaft in Eucharistie und Gebet
Dreh- und Angelpunkt des Handelns der Gemeinde war der Tempel, "in dem sie Tag für Tag einmütig verharrten".
In diesem kurzen Text zeigen sich auch die Grundpfeiler christlichen Lebens: Martyria (Verkündigung und das Bekenntnis der Frohbotschaft - Zeugnis geben), Liturgia (Gedächtnis von Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi), Diakonia (Dienst am Notleidenden, am Nächsten - soziale Verantwortung) und Koinonia (Gemeinschaft).
In der Schriftstelle aus der Apostelgeschichte werden idealtypische Elemente christlich-gemeindlichen Lebens in wenigen Strichen herausgearbeitet:
das Festhalten an der Lehre der Zeugen des Auferstandenen, also der Apostel, die Einmütigkeit untereinander und die soziale Verantwortung sowie die Gemeinschaft in Eucharistie und Gebet.
Nicht zu übersehen ist, dass der Tempel der Mittelpunkt dieser christlichen Urgemeinde von Jerusalem war. Tag für Tag war man dort. Das entsprach dem Wurzelboden der Urgemeinde wie auch der Jesusbewegung überhaupt.
Die knappen Angaben über die ersten Christen von Jerusalem erweisen einen großen Beziehungsreichtum: Das Leben des einzelnen vollzieht sich in der Beziehung zu Gott (Gebet) und zu den Mitmenschen (Einmütigkeit, soziale Verantwortung). Auch die Christengemeinde als ganze weiß sich in doppelter Beziehung: Sie lebt aus der Gemeinschaft mit dem erhöhten Herrn (Eucharistie) und übt einen guten Einfluß auf sie umgebende andersgläubige Menschengruppen aus. Gottesdienst und Weltverantwortung sind kennzeichnend für die Christengemeinde.
Bei der vorliegenden Textstelle aus der Apostelgeschichte handelt es sich um einen Sammelbericht, wie sie in der Apostelgeschichte noch einige vorkommen. Es geht dabei nicht um eine historische Schilderung, sondern will Lukas vielmehr idealtypisch Elemente christlichen Lebens an der Urgemeinde herausarbeiten.
Richtig verstandenes Beibehalten alter Traditionen, Einmütigkeit (nicht 100% Übereinstimmung in allen Belangen) und soziale Verantwortung, Gemeinschaft der Eucharistie und Gebet sind damals wie heute Grundpfeiler christlichen Gemeindelebens. Wenn Lukas hier das Wort "verharren" verwendet, so bedeutet das auch: Ausharren in Geduld, ständige Bereitschaft zum Neubeginn, auch das Durchhalten so mancher ernüchternder Situationen, die oft gar nichts mehr mit dem Enthusiasmus der ersten Zeit zu tun hat.
Die wenigen Angaben über das Gemeindeleben spiegeln einen großen Beziehungsreichtum: Das Leben des einzelnen Christen vollzieht sich in der Beziehung zu Gott (Gebet) und zu den Mitmenschen (Einmütigkeit, soziale Verantwortung).
Auch die Christengemeinde als ganze weiß sich in doppelter Beziehung: Sie lebt aus der Gemeinschaft mit dem erhöhten Herrn (Eucharistie) und übt einen guten Einfluß auf sie umgebende andersgläubige Menschengruppen aus (beachte auch den Gedanken der Kontrastgesellschaft im Werk der beiden Lohfinks). Gottesdienst und Weltverantwortung sind kennzeichnend für die Christengemeinde.
Antwortpsalm - Ps 104,1-2. 5-6. 10. 12,13-14b. 24 und 1ab
Kv: Preise den HERRN, meine Seele!
Herr, mein Gott, überaus groß bist du! - Kv
(oder GL 58,1)
Preise den HERRN, meine Seele! /
HERR, mein Gott, überaus groß bist du!
Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet.
Du hüllst dich in Licht wie in einen Mantel,
du spannst den Himmel aus gleich einem Zelt. - Kv
Du verankerst die Balken deiner Wohnung im Wasser. /
Du nimmst dir die Wolken zum Wagen,
du fährst einher auf den Flügeln des Windes.
Du machst die Winde zu deinen Boten,
zu deinen Dienern Feuer und Flamme. - Kv
Wie zahlreich sind deine Werke, HERR, /
sie alle hast du mit Weisheit gemacht,
die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.
Da ist das Meer, so groß und weit,
darin ein Gewimmel, nicht zu zählen: kleine und große Tiere. - Kv
Auf dich warten sie alle,
dass du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit.
Gibst du ihnen, dann sammeln sie ein,
öffnest du deine Hand, werden sie gesättigt mit Gutem. - Kv
Verbirgst du dein Angesicht, sind sie verstört, /
nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin
und kehren zurück zum Staub.
Du sendest deinen Geist aus: Sie werden erschaffen
und du erneuerst das Angesicht der Erde. - Kv
Antwortpsalm - Ps 67,2-3. 5. 7-8
Kv - Die Völker sollen dir danken, o Gott,
danken sollen dir die Völker alle. – Kv
(oder GL 55,1)
Gott sei uns gnädig und segne uns.
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten,
damit man auf Erden deinen Weg erkenne,
deine Rettung unter allen Völkern.- Kv
Die Nationen sollen sich freuen und jubeln, /
denn du richtest die Völker nach Recht
und leitest die Nationen auf Erden.
Die Völker sollen dir danken, Gott,
danken sollen dir die Völker alle.- Kv
Die Erde gab ihren Ertrag.
Gott, unser Gott, er segne uns!
Es segne uns Gott!
Fürchten sollen ihn alle Enden der Erde.- Kv
2. Lesung - Röm 8,18-21
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Ich bin überzeugt,
dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten
im Vergleich zu der Herrlichkeit,
die an uns offenbar werden soll.
Denn die Schöpfung
wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes.
Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen,
nicht aus eigenem Willen,
sondern durch den, der sie unterworfen hat,
auf Hoffnung hin:
Denn auch sie, die Schöpfung,
soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden
zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Martin Stewen (2011)
Marita Meister (1996)
Der Römerbrief bringt den Menschen das Geheimnis vom Erlösungsgeschehen nahe. Die Antwort des Menschen auf das verheißene Heil Gottes ist der Glaube. Er überwindet alles und bewirkt Freiheit in Gott. Die vorliegende Perikope beschäftigt sich mit dem menschlichen Unheil als einer Form der genommenen Freiheit.
Der Mensch ist ein Teil der ganzen Schöpfung. Das Leben der Christen in dieser Welt hat als Ziel die Herrlichkeit bei Gott. Der Weg dorthin ist gekennzeichnet durch Solidarität mit der Schöpfung, denn wir stehen wie sie unter dem Gesetz der Vergänglichkeit. Doch als Christen haben wir eine sichere Hoffnung: Gott führt uns und alles Geschaffene den Weg zu Befreiung aus aller Knechtschaft und Verlorenheit hin zur Freiheit und Herrlichkeit, die ihren Grund allein in Gott hat.
2. Lesung - 1 Tim 6,6-11.17-19
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an Timotheus.
Die Frömmigkeit bringt in der Tat reichen Gewinn,
wenn man genügsam ist.
Denn wir haben nichts in die Welt mitgebracht
und wir können auch nichts aus ihr mitnehmen.
Wenn wir Nahrung und Kleidung haben,
soll uns das genügen.
Die aber reich sein wollen,
geraten in Versuchung und Verstrickung
und in viele sinnlose und schädliche Begierden,
welche die Menschen ins Verderben
und in den Untergang stürzen.
Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht.
Nicht wenige, die ihr verfielen,
sind vom Glauben abgeirrt
und haben sich viele Qualen bereitet.
Du aber, ein Mann Gottes,
flieh vor alldem!
Strebe vielmehr nach Gerechtigkeit,
Frömmigkeit, Glauben, Liebe,
Standhaftigkeit und Sanftmut!
Ermahne die, die in dieser Welt reich sind,
nicht überheblich zu werden
und ihre Hoffnung
nicht auf den unsicheren Reichtum zu setzen,
sondern auf Gott,
der uns alles reichlich gibt, was wir brauchen!
Sie sollen wohltätig sein,
reich werden an guten Werken,
freigebig sein
und, was sie haben, mit anderen teilen.
So sammeln sie sich einen Schatz
als sichere Grundlage für die Zukunft,
um das wahre Leben zu erlangen.
Timotheus, bewahre, was dir anvertraut ist!
Halte dich fern von dem gottlosen Geschwätz
und den Widersprüchen
der fälschlich sogenannten Erkenntnis!
Einige, die sich darauf eingelassen haben,
sind vom Weg des Glaubens abgekommen.
Die Gnade sei mit euch!
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Josef Kampleitner (1998)
Der erste und der zweite Brief an Timotheus und der Brief an Titus werden seit dem 18. Jahrhundert "Pastoralbriefe" genannt. Sie geben Anweisungen für die "Pastores", die "Hirten" und Leiter christlicher Gemeinden. Die paulinische Herkunft wird unter Exegeten nicht mehr für sicher gehalten. Die Pastoralbriefe könnte ein späterer, Paulus-begeisterter "Paulusschüler", verfaßt haben, der für eine veränderte Situation in der Kirche das Evangelium des Paulus verkünden wollte und der vielleicht um 100 in Kleinasien lebte.
Timotheus wurde von Paulus in Ikonien bekehrt und war von der zweiten Missionsreise an sein ständiger Begleiter (vgl. Apg 16,1-3). Wegen seiner Hilfe in der schwierigen Missionsarbeit wird er vom Apostel sehr geschätzt. Die Überlieferung kennt ihn als ersten Bischof von Ephesus (vgl. 1 Tim1,3; 2 Tim 1,6).
Zur Lesungsperikope: Angesichts der schweren Einbrüche des Irrglaubens in die Gemeinde, soll sich Timotheus im Glaubenskampf bewähren als Diener Christi an der Gemeinde. Paulus ist erschüttert, ihn trifft das Schicksal derer, die sich selbst und andere in den Untergang mit hineinziehen.
Der Apostel spricht Timotheus als "Mann Gottes" an, weil er, wie die alttestamentlichen Propheten, in einem besonderes engen und nahen Verhältnis zu Gott steht, dem er durch Berufung (Taufe) und Amt (Weihe) sein ganzes Leben geweiht hat. Wie in einem Wettlauf soll er einem anderen Ziel nachjagen, jenen Tugenden, die sein Verhältnis zu Gott und den Menschen regeln. Denn Gott selbst hat Timotheus berufen und dieser hat mit seinem Bekenntnis geantwortet. Welches Bekenntnis hier gemeint ist – jener bei der Taufe oder jenes bei der Weihe - geht nicht eindeutig aus dem Text hervor.
Timotheus soll sich nach Paulus in einem heiligen Lebenswandel das "Gebot", den christlichen Glauben, bewahren, und zwar bis zur Ankunft Christi im Weltgericht. Die Wiederkunft Christi wird als "Epiphanie" - Erscheinung - bezeichnet. Das Wann der Erscheinung kennt der Mensch nicht. Gott allein kennt den Zeitpunkt. Der Christ muß sie erwarten und stets bereit sein.
Die Mahnung des Apostels klingt aus in einem Lobpreis Gottes. Vor Gott kann keine irdische Macht bestehen. Gott allein besitzt Unsterblichkeit und wohnt in unzugänglichem Lichte. Damit ist er jeder menschlichen Erkenntnis unerreichbar, wenn nicht Gottes Gnade den Menschen selbst zu Licht emporhebt. Am Ende steht ein Lobwort, in dem die ewige und unbeschränkte Macht Gottes hervorgehoben wird.
Ruf vor dem Evangelium - Ps 126,5
Halleluja, Halleluja.
Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten.
Halleluja.
Evangelium - Mk 1,12-15
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
trieb der Geist Jesus in die Wüste.
Jesus blieb vierzig Tage in der Wüste
und wurde vom Satan in Versuchung geführt.
Er lebte bei den wilden Tieren
und die Engel dienten ihm.
Nachdem Johannes ausgeliefert worden war,
ging Jesus nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um
und glaubt an das Evangelium!
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Karl Gravogl (2000)
Lorenz Walter Voith (1997)
Norbert Riebartsch (2003)
Die Verse 1-15 im ersten Kapitel bilden den "Prolog" des ältesten der vier Evangelien. Das Stichwort "Evangelium" im Vers 1 und in den Versen 14 und 15 bildet gleichsam den Rahmen dieses Prologs. Die prophetische Rede und Wirksamkeit des Johannes wird von der Verkündigung Jesu und den Ereignissen um seine Person (Taufe, Versuchung) überboten. Jesus, zu dem sich im Bericht von der Taufe der Vater bekennt, soll schon hier als Hauptperson des ganzen Evangeliums herausgestellt werden.
Der knappe und sprachlich markante Bericht vom Wüstenaufenthalt und der Versuchung Jesu steht in engem Zusammenhang mit der Taufe im Jordan. Der Geist, der auf Jesus herabgekommen ist, führt ihn in die Wüste, den Ort der Gottesbegegnung, aber auch den Ort, an dem das Böse mächtig ist.
Jesus ist dem Satan überlegen. Gottes Geist ist unvergleichlich stärker als die Macht des Bösen. Das friedliche Zusammensein mit den wilden Tieren deutet darauf hin, dass mit dem Anbrechen der Gottesherrschaft paradiesische Zustände einkehren. Eine Adam-Christus-Typologie wird angedeutet. Die messianische Zeit bricht an. Boten Gottes bedienen den Gesalbten des Herrn.
Der Hinweis auf die Gefangennahme des Täufers Johannes (Vers 14) will sicher nicht nur einen zeitlichen Zusammenhang herstellen, er hat auch eine theologische Bedeutung. Der unbegreifliche Plan Gottes steht dahinter: Auch Jesus wird ausgeliefert werden. Der Ausdruck "Evangelium Gottes", der nur hier bei Markus steht, hat höchstwahrscheinlich seinen Ursprung im Freudenboten von Jesaia 52,7. Jesus ist der Bringer der Freudenbotschaft Gottes. Seine Verkündigung bedeutet Heil und Frieden.
Der Vers 15 faßt in vier knappen Aussagen, von denen je zwei zusammengehören, die Predigt Jesu zusammen: "Die Zeit ist erfüllt!" und "Das Reich Gottes ist nahe!" – "Kehrt um!" und "Glaubt an das Evangelium!". Jetzt ist der "Kairos", der rechte Augenblick. Jesu Heilsverkündigung steht in der Spannung zwischen dem "Schon jetzt" und "Noch Nicht", zwischen Heilsgegenwart und Heilszukunft (... ist nahe). Wer auf den Ruf Jesu mit der totalen Hinwendung seines Lebens auf Gott antwortet, der wird auch die rettende Macht des Glaubens erfahren.
Die Schriftstelle ist zweigeteilt. Der erste Teil besteht aus der Versuchungsgeschichte, die eigentlich mehr den Abschluß der vorausgehenden Tauferzählung bildet.
Der zweite Teil wird bei den meisten Übersetzungen (so auch in der Einheitsübersetzung) mit einer eigenen Überschrift versehen, also abgehoben.
Der Vers 14 ist das "Summarium der Verkündigung Jesu", eine Zusammenfassung der Predigt Jesu (nämlich "das Evangelium Gottes"), während der Vers 15 konkreter ausformuliert, was Jesus verkündete:
"Die Zeit ist erfüllt": Hinter diesem Ausspruch "steht das Wissen, das Gott die Zeiten festlegt. So hat Gott den Zeitpunkt des Auftretens Jesu im voraus bestimmt." Mit ihm vollzieht sich die Zeitenwende, der Anbruch der Endzeit. Damit ist die Nähe der Gottesherrschaft eindeutig festgemacht.
Die Gottesherrschaft stellt sich aber "nicht als kosmisches Ereignis mit herabstoßenden Engelscharen", sondern "als ein verborgener Anfang, den nicht jedes Auge wahrnahm, sondern nur der Glaube."
Umkehr: Im Gegensatz zum Aufruf zur Umkehr und Buße bei Johannes, ruft Jesus zur Umkehr angesichts der nahendenn Gottesherrschaft auf, und es setzen die Zwölf Apostel diesen Ruf auch fort.
Mit Umkehr ist biblisch gesprochen die "Kehre des Lebens, die den Lebensweg radikal umwenden will und den gedanklichen Bereich selbstverständlich miteinbezieht und die sich im praktischen Leben auswirken muß. Ziel der Wandlung auf dem Weg, der also bis dahin ein falscher war, ist Gott, weil die Gottesherrschaft hier alle Bereiche des menschlichen Lebens des einzelnen, den privaten und öffentlichen, den ethischen und politischen, umgreift."
Die Forderung hinter all dem ist der Glaube an das Evangelium von Jesus Christus.
Nach der Wüste beginnt Jesu Auftritt. Wüste ist Ort der Erinnerung an die Gottesbegegnung im Sinai. Und es ist die Erinnerung an die vielen Erfahrungen beim Exodus. An diese Erinnerungen knüpft der Geist an, der Jesus in die Wüste führt (Mk 1,12).
Aus der "Fülle der Geschichte" verkündet Jesus die Botschaft der Umkehr. Sie ist Botschaft zur Erinnerung an die Fülle der Zuwendungen Gottes.
Evangelium - Mt 5,1-2; 6,25-33
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
Als Jesus die vielen Menschen sah,
stieg er auf den Berg.
Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm.
Und er öffnete seinen Mund,
er lehrte sie und sprach:
Ich sage euch:
Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen oder trinken sollt,
noch um euren Leib,
was ihr anziehen sollt!
Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung
und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht euch die Vögel des Himmels an:
Sie säen nicht,
sie ernten nicht
und sammeln keine Vorräte in Scheunen;
euer himmlischer Vater ernährt sie.
Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
Wer von euch kann mit all seiner Sorge
sein Leben
auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung?
Lernt von den Lilien des Feldes,
wie sie wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen in den Ofen geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Macht euch also keine Sorgen
und fragt nicht: Was sollen wir essen?
Was sollen wir trinken?
Was sollen wir anziehen?
Denn nach alldem streben die Heiden.
Euer himmlischer Vater weiß,
dass ihr das alles braucht.
Sucht aber zuerst sein Reich
und seine Gerechtigkeit;
dann wird euch alles andere dazugegeben.
Evangelium - Mt 6,25-34
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:
In jener Zeit sprach Jesus:
Ich sage euch:
Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen oder trinken sollt,
noch um euren Leib,
was ihr anziehen sollt!
Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung
und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht euch die Vögel des Himmels an:
Sie säen nicht,
sie ernten nicht
und sammeln keine Vorräte in Scheunen;
euer himmlischer Vater ernährt sie.
Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
Wer von euch kann mit all seiner Sorge
sein Leben
auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung?
Lernt von den Lilien des Feldes,
wie sie wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen in den Ofen geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Macht euch also keine Sorgen
und fragt nicht: Was sollen wir essen?
Was sollen wir trinken?
Was sollen wir anziehen?
Denn nach alldem streben die Heiden.
Euer himmlischer Vater weiß,
dass ihr das alles braucht.
Sucht aber zuerst sein Reich
und seine Gerechtigkeit;
dann wird euch alles andere dazugegeben.
Evangelium - Mk 4,26-29
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit sagte Jesus:
Mit dem Reich Gottes ist es so,
wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;
dann schläft er und steht wieder auf,
es wird Nacht und wird Tag,
der Samen keimt und wächst
und der Mann weiß nicht, wie.
Die Erde bringt von selbst ihre Frucht,
zuerst den Halm, dann die Ähre,
dann das volle Korn in der Ähre.
Sobald aber die Frucht reif ist,
legt er die Sichel an;
denn die Zeit der Ernte ist da.
Martin Leitgöb ()
Das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat findet sich im vierten Kapitel des Markusevangeliums zusammen mit anderen Gleichnissen vom Werden und von der Vollendung des Reiches Gottes.
Aufmerksam wird hier ein bekannter Vorgang aus der Realität landwirtschaftlichen Lebens und Arbeitens geschildert, der gleichwohl zum Staunen und zur Dankbarkeit anregen kann. Denn: Kein Tun des Sämanns kann erklären, warum am Ende das Feld zur Ernte reif dasteht. Während die Saat aufgeht und von selbst wächst, wartet der Sämann. Wenn das Getreide reif ist, ist die Zeit zur Ernte gekommen. Es ist Gott, der das Aufgehen und Wachsen der Saat bis zur reifen Frucht fördert und garantiert.
Wie mit der Saat so verhält es sich auch mit dem Reich Gottes. Aus den kleinen Anfängen im unscheinbaren Wort der Verkündigung oder im Leben in der Jesusnachfolge erwächst das Gottesreich durch geheimnisvolle Kraft, bis es in voller Frucht steht und die Zeit der Ernte gekommen ist.
Das Gleichnis führt von der Beschreibung einer natürlichen Wirklichkeit zur Einsicht in eine übernatürliche Wirklichkeit. Es kann aber umgekehrt auch die übernatürliche Wirklichkeit das Geheimnisvolle und Wunderbare in den Vorgängen der Natur erschließen helfen.
Evangelium - Mk 7,31-37
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
verließ Jesus das Gebiet von Tyrus wieder
und kam über Sidon an den See von Galiläa,
mitten in das Gebiet der Dekapolis.
Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte,
und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen.
Er nahm ihn beiseite,
von der Menge weg,
legte ihm die Finger in die Ohren
und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel;
danach blickte er zum Himmel auf,
seufzte
und sagte zu ihm: Effata!,
das heißt: Öffne dich!
Sogleich öffneten sich seine Ohren,
seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit
und er konnte richtig reden.
Jesus verbot ihnen, jemandem davon zu erzählen.
Doch je mehr er es ihnen verbot,
desto mehr verkündeten sie es.
Sie staunten über alle Maßen
und sagten: Er hat alles gut gemacht;
er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Martin Stewen (2003)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)
Die Geschichte von der Heilung des Hör- und Sprachbehinderten steht im Zusammenhang von verschiedenen Heilungs- und auch anderen Wundergeschichten. Diese Wundergeschichten haben zwei Aussageebenen: Zuerst verweisen sie auf die Wirkmächtigkeit des Gottessohnes. Die Taten sollen die Menschen wissen lassen: Das, was er sagt, stimmt wirklich. Und all jene, die keine Ahnung haben von Torah und Propheten, bekommen mit: Da ist einer, mit dem bricht Neues an - da muss man wirklich daran glauben. Darüber hinaus soll der fromme Jude erfahren: Mit diesem Mann erfüllen sich die Schriften der Alten. Im Fall der Heilung des Hör- und Sprachbehinderten sind es die Worte aus Jesaja 35.
Ein kleines Detail in der Geschichte verwundert (und nicht nur in dieser): Immer wieder verbietet Jesus nach seiner Tat den Leuten - den Geheilten wie der Zeugenschaft - zu erzählen, was sie erlebt haben. Eigentlich sollte man annehmen, das Gegenteil müsse Jesu Absicht sein. Vermutlich ist das Schweigegebot ein Hinweis darauf, dass das Handeln Jesu mit der Heilung nicht fertig ist. Darauf verweist auch die Komposition unserer Sonntagsliturgie, wenn dem Evangelium die Jesaja-Lesung vorangeht, die von der Erfüllung des Heilsversprechens erzählt. Diesen Hinweis hatten die Menschen damals aber nicht. Für sie sollte sich der Sinn der Heils- und Wundertaten mit der Erfahrung der Auferstehung Jesu erschließen. Und bis zu diesem Moment sollten sie nicht marktschreierisch und unverständig von dem erzählen, was sie gesehen hatten. In allen Heilungsgeschichten können wir nachlesen: Dieses Schweigegebot ist ungehört verhallt.
Im Gebiet der Dekapolis, der zehn Städte am Ostufer des Sees Genesareth, bringen Unbekannte einen Unbekannten zu Jesus. Der Unbekannte ist taubstumm und wahrscheinlich ein Heide. Das griechische Wort für Stummheit bedeutet in etwa "er konnte nur stammeln".
Ein Kind, das nicht hören kann, stammelt meist nur und lernt (ohne heutige medizinische Standards) auch nie richtig sprechen. Ob er allerdings von Geburt an taubstumm gewesen ist oder erst aufgrund einer Krankheit, kann aus dem Text nicht geschlossen werden. Sicher ist hingegen, daß Taubheit damals oft mit Besessenheit gleichgesetzt worden ist. Dieser Taubstumme wird also zu Jesus gebracht, und seine Heilung, ein Wunder, wird erwartet.
Jesus nimmt den Kranken beiseite, da dieser in der Masse hilflos zu sein scheint, und Jesus möchte ihm den nötigen Raum zur "gesamtmenschlichen" Begegnung mit ihm geben. Die Finger waren oft Sinnbilder einer Kraftübertragung und werden hier auf die "Orte des Schmerzes" gelegt. Speichel kam im Alten Orient eine heilende und exorzistische Bedeutung zu. Der Blick zum Himmel drückt die tiefe Verbundenheit mit Gott aus. Die Heilung kommt nicht von verborgenen Kräften, es werden keine unverständlichen Riten und Rituale praktiziert, sondern die Heilung beruft sich auf die Kraft Gottes. Dadurch lösen sich die (dämonischen?) Blockaden im Körper des Taubstummen und er wird zu einer normalen menschlichen Kommunikation befähigt.
Jesus will aber nicht, daß die Menschen von dieser Heilung berichten. Seine Zeit, die Zeit in der die Menschen sein Tun erst begreifen werden, ist die Zeit des Kreuzes und diese ist noch nicht gekommen. Logisch, daß die Menge dieses Wunder nicht geheim halten konnte. Doch sie läuft gleichsam Gefahr, das Wesentliche zu übersehen und am Wunder "hängen zu bleiben". Das "effata", das "öffne dich" gilt auch für die Menge.
Das Evangelium dieses Sonntags erzählt von einer wunderbaren Heilung eines Tabstummen. Diese Geschichte ist einzigartig. Obwohl sie Matthäus und Lukas vorgelegen hat, haben sie sie nicht übernommen. Sie wird ganz nach dem Muster der Wunder- und Heilungserzählungen, die es im palästinenschischen und hellnistischen Umfeld gegeben hat, erzählt. Die Erzählung beschreibt ungewöhnlich bis ins Detail, was der Heiler mit dem zu Heilenden anstellt. So zu erzählen war damals üblich.
Markus gibt dieser Erzählung jedoch seine eigene Deutung. Diese läßt sich aus dem Kontext und dem Schweigegebot, das Markus an mehreren Stellen einfügt, ablesen. Für Markus ist Jesus der verborgene Gottessohn, der erst am Kreuz offenbar wird. Was man von ihm schon vor diesem Offenbarwerden erzählt und erzählen kann, ist mißverständlich. Deshalb fügt Markus immer wieder das Schweigegebot ein.
"Die Heiden" (Dekapolis und Gliläa, wo sie diese Ereignisse zutragen, gelten als heidnische Gebiete) mißverstehen Jesu Wundertäter, göttlichen Arzt, Wohltäter der Menscheit...
Jesus läßt sich aber auch nicht nach den Forderungen der Pharisäer nach jüdischen Vorstellungen verstehen.
Auch die Jünger verstehen ihn nicht (vgl. Mk 8, 21).
Der Abschluß der Erzählung knüpft jedoch an die alttestamentliche Überlieferung vom Schöpfer, der alles gut macht, und vom Retter, der heilt und die Schöpfung wieder herstellt, an.
Evangelium - Lk 12,13-21
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:
In jener Zeit
bat einer aus der Volksmenge Jesus:
Meister, sag meinem Bruder,
er soll das Erbe mit mir teilen!
Er erwiderte ihm: Mensch,
wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?
Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht,
hütet euch vor jeder Art von Habgier!
Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin,
dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.
Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis:
Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte.
Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun?
Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte.
Schließlich sagte er:
So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen
und größere bauen;
dort werde ich mein ganzes Getreide
und meine Vorräte unterbringen.
Dann werde ich zu meiner Seele sagen:
Seele, nun hast du einen großen Vorrat,
der für viele Jahre reicht.
Ruh dich aus, iss und trink
und freue dich!
Da sprach Gott zu ihm: Du Narr!
Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern.
Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast?
So geht es einem,
der nur für sich selbst Schätze sammelt,
aber bei Gott nicht reich ist.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Marita Meister (2000)
Gerhard Gruber (2001)
Jesus stellt klar, dass er den Sinn des Lebens nicht in materiellen Gütern sieht. Er warnt vor Habgier. Seine Antwort ist die Beispielerzählung vom reichen Kornbauern, der "nur für sich Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist" (V. 21). Das Selbstgespräch, die Gedanken des Bauern, in denen sechsmal das Wort "ich" vorkommt zeigt, dass er nur auf sich selber schaut und sehr egoistisch denkt. Er kreist um seine Vorräte, seine Lebenssattheit und Absicherung.
Doch seine selbstsicheren Zukunftsplanungen werden durch den plötzlichen Tod zunichte gemacht. Der Tod, der uns alle aufeinmal "gleich" macht. Der Gedanke, das Ziel der Lebensabsicherung hat sich als Torheit erwiesen.
Die Frage stellt sich massiv: "Was oder wer gibt wirklichen Sinn über den Tod hinaus?" Sammelt euch Schätze, die vor Gott reich machen! Was damit gemeint ist, mit diesem "reich-sein" vor Gott läßt das Evangelium offen. Vielleicht ist unser Leben, d. h. Geben und Nehmen, das Haben und Loslassen, jetzt schon eine Erfahrung, dass ich Sinn und Zufriedenheit hier und jetzt schon finden kann.
Dem Trachten nach Reichtum und der ängstlichen Sorge um Selbstsicherung (Lk 12,13-21) wird in diesem Text das vom Vertrauen auf Gott getragene Trachten nach seinem Reich gegenübergestellt.
Der kunstvoll gegliederte Abschnitt (rahmende Erzählung, parallel formulierte gleichnisartige und weisheitliche Unterweisung) leitet die Leser an, die Grundlosigkeit ihrer ängstlichen Sorge zu erkennen und frei zu bleiben für die Erwählung. Die Textsorte (eine Art Lehrgedicht) verbietet es, darin eine schwärmerische, naive Ablehnung jeglichen Sorgens ausgesprochen zu finden. Lk hat die Vorlage (aus der Redequelle Q) besonders durch ihre Einordnung nach dem Gleichnis und den erweiterten Abschluss als Trostwort und Mahnung an kleinmütige, verängstigte Jünger in der Urkirche gestaltet. Der schon im Blick auf die Christen erfolgten Zusammenstellung ursprünglich getrennt überlieferter Worte liegen Jesu eigene Warnung vor ängstlichem Sorgen sowie deren gleichnisartige Motivierung zugrunde.
Für die urkirchlichen Leser, besonders für die Wandermissionare, wie auch für heutige Christen ist dieser Text ein Beleg für Jesu meditierendes Gewahrwerden von Zusammenhängen in der Natur. Es ist zugleich eine Aufforderung, alle Sorgen und Ängste jeweils im größeren Zusammenhang des geschenkten Lebens, der ganzen Welt und der Umsorgung durch den Vater zu betrachten, um so für die einem jeden abverlangte Sorge um das Reich Gottes freizubleiben. Die Empfehlung des Schätzesammelns für Gott setzt die Hoffnung auf individuelle Entgeltung durch geschenkhaften Lohn voraus.
Evangelium - Lk 12,15-32
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:
In jener Zeit
sagte Jesus zu den Leuten: Gebt Acht,
hütet euch vor jeder Art von Habgier!
Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin,
dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.
Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis:
Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte.
Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun?
Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte.
Schließlich sagte er:
So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen
und größere bauen;
dort werde ich mein ganzes Getreide
und meine Vorräte unterbringen.
Dann werde ich zu meiner Seele sagen:
Seele, nun hast du einen großen Vorrat,
der für viele Jahre reicht.
Ruh dich aus, iss und trink
und freue dich!
Da sprach Gott zu ihm: Du Narr!
Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern.
Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast?
So geht es einem,
der nur für sich selbst Schätze sammelt,
aber bei Gott nicht reich ist.
Und er sagte zu seinen Jüngern:
Deswegen sage ich euch:
Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen sollt,
noch um euren Leib,
was ihr anziehen sollt!
Denn das Leben ist mehr als die Nahrung
und der Leib mehr als die Kleidung.
Seht auf die Raben:
Sie säen nicht und ernten nicht,
sie haben keine Vorratskammer
und keine Scheune;
und Gott ernährt sie.
Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!
Wer von euch
kann mit all seiner Sorge sein Leben
auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
Wenn ihr nicht einmal etwas so Geringes könnt,
warum macht ihr euch dann Sorgen um das Übrige?
Seht euch die Lilien an, wie sie wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen in den Ofen geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Und darum auch ihr:
Sucht nicht,
was ihr essen und was ihr trinken sollt,
und ängstigt euch nicht!
Denn nach all dem streben die Heiden in der Welt.
Euer Vater weiß, dass ihr das braucht.
Vielmehr sucht sein Reich;
dann wird euch das andere dazugegeben.
Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen,
euch das Reich zu geben.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Hans Hütter (2007)
Gerhard Gruber (2001)
Marita Meister (2002)
Die Evangelienperikope ist ein Lehrgedicht in 3 Strophen über die Sorglosigkeit. Es stammt aus der sog. Redenquelle. Lukas hat es nach dem Gleichnis vom Mann, der sein Leben vergeblich durch Reichtum absichern will, eingeordnet.
Die 1. Strophe streicht die Nutzlosigkeit der Sorge um das Leben, den Leib und die Nahrung hervor. Nach Ansicht der damaligen Medizin kann niemand weder seine Lebensdauer noch seine Körpergröße verlängern. Das Leben liegt in Gottes Hand. Dies wird durch den Vergleich mit den Raben unterstrichen. Den Juden galten diese als unrein. Sie wurden obendrein als die verlassensten Tiere eingestuft, da sie von ihren eigenen Eltern vernachlässigt würden („Rabeneltern“). Und dennoch sorgt Gott für sie…
Die 2. Strophe zieht zum Vergleich die Lilien heran, mit deren Pracht sich nicht einmal der israelit-ische „Sonnenkönig“ Salomon messen kann. Wenn Gott sie so großartig kleidet, wie viel mehr euch, ihr Kleingläubigen…
In der 3. Strophe fordert Jesus seine Jünger auf, für das Reich Gottes Sorge zu tragen. Das ist ihr erster Auftrag. Alles andere werden sie aus der Hand des Vaters empfangen.
Dem Trachten nach Reichtum und der ängstlichen Sorge um Selbstsicherung (Lk 12,13-21) wird in diesem Text das vom Vertrauen auf Gott getragene Trachten nach seinem Reich gegenübergestellt.
Der kunstvoll gegliederte Abschnitt (rahmende Erzählung, parallel formulierte gleichnisartige und weisheitliche Unterweisung) leitet die Leser an, die Grundlosigkeit ihrer ängstlichen Sorge zu erkennen und frei zu bleiben für die Erwählung. Die Textsorte (eine Art Lehrgedicht) verbietet es, darin eine schwärmerische, naive Ablehnung jeglichen Sorgens ausgesprochen zu finden. Lk hat die Vorlage (aus der Redequelle Q) besonders durch ihre Einordnung nach dem Gleichnis und den erweiterten Abschluss als Trostwort und Mahnung an kleinmütige, verängstigte Jünger in der Urkirche gestaltet. Der schon im Blick auf die Christen erfolgten Zusammenstellung ursprünglich getrennt überlieferter Worte liegen Jesu eigene Warnung vor ängstlichem Sorgen sowie deren gleichnisartige Motivierung zugrunde.
Für die urkirchlichen Leser, besonders für die Wandermissionare, wie auch für heutige Christen ist dieser Text ein Beleg für Jesu meditierendes Gewahrwerden von Zusammenhängen in der Natur. Es ist zugleich eine Aufforderung, alle Sorgen und Ängste jeweils im größeren Zusammenhang des geschenkten Lebens, der ganzen Welt und der Umsorgung durch den Vater zu betrachten, um so für die einem jeden abverlangte Sorge um das Reich Gottes freizubleiben. Die Empfehlung des Schätzesammelns für Gott setzt die Hoffnung auf individuelle Entgeltung durch geschenkhaften Lohn voraus.
Jesus stellt klar, dass er den Sinn des Lebens nicht in materiellen Gütern sieht. Er warnt vor Habgier. Seine Antwort ist die Beispielerzählung vom reichen Kornbauern, der "nur für sich Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist" (V. 21).
Das Selbstgespräch, die Gedanken des Bauern, in denen sechsmal das Wort "ich" vorkommt, zeigt, dass er nur auf sich selber schaut und sehr egoistisch denkt. Er kreist um seine Vorräte, seine Lebenssattheit und Absicherung.
Doch seine selbstsicheren Zukunftsplanungen werden durch den plötzlichen Tod zunichte gemacht. Der Tod, der uns alle auf einmal "gleich" macht. Der Gedanke, das Ziel der Lebensabsicherung hat sich als Torheit erwiesen.
Die Frage stellt sich massiv: "Was oder wer gibt wirklichen Sinn über den Tod hinaus?"
Sammelt euch Schätze, die vor Gott reich machen! Was damit gemeint ist, mit diesem "reich-sein" vor Gott läßt das Evangelium offen.
Vielleicht ist unser Leben, d. h. Geben und Nehmen, das Haben und Loslassen, jetzt schon eine Erfahrung, dass ich Sinn und Zufriedenheit hier und jetzt schon finden kann.
Evangelium - Lk 12,22-31
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:
In jener Zeit
sagte zu seinen Jüngern:
Deswegen sage ich euch:
Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen sollt,
noch um euren Leib,
was ihr anziehen sollt!
Denn das Leben ist mehr als die Nahrung
und der Leib mehr als die Kleidung.
Seht auf die Raben:
Sie säen nicht und ernten nicht,
sie haben keine Vorratskammer
und keine Scheune;
und Gott ernährt sie.
Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!
Wer von euch
kann mit all seiner Sorge sein Leben
auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
Wenn ihr nicht einmal etwas so Geringes könnt,
warum macht ihr euch dann Sorgen um das Übrige?
Seht euch die Lilien an, wie sie wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen in den Ofen geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Und darum auch ihr:
Sucht nicht,
was ihr essen und was ihr trinken sollt,
und ängstigt euch nicht!
Denn nach all dem streben die Heiden in der Welt.
Euer Vater weiß, dass ihr das braucht.
Vielmehr sucht sein Reich;
dann wird euch das andere dazugegeben.
Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen,
euch das Reich zu geben.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Hans Hütter (2007)
Gerhard Gruber (2001)
Die Evangelienperikope ist ein Lehrgedicht in 3 Strophen über die Sorglosigkeit. Es stammt aus der sog. Redenquelle. Lukas hat es nach dem Gleichnis vom Mann, der sein Leben vergeblich durch Reichtum absichern will, eingeordnet.
Die 1. Strophe streicht die Nutzlosigkeit der Sorge um das Leben, den Leib und die Nahrung hervor. Nach Ansicht der damaligen Medizin kann niemand weder seine Lebensdauer noch seine Körpergröße verlängern. Das Leben liegt in Gottes Hand. Dies wird durch den Vergleich mit den Raben unterstrichen. Den Juden galten diese als unrein. Sie wurden obendrein als die verlassensten Tiere eingestuft, da sie von ihren eigenen Eltern vernachlässigt würden („Rabeneltern“). Und dennoch sorgt Gott für sie…
Die 2. Strophe zieht zum Vergleich die Lilien heran, mit deren Pracht sich nicht einmal der israelit-ische „Sonnenkönig“ Salomon messen kann. Wenn Gott sie so großartig kleidet, wie viel mehr euch, ihr Kleingläubigen…
In der 3. Strophe fordert Jesus seine Jünger auf, für das Reich Gottes Sorge zu tragen. Das ist ihr erster Auftrag. Alles andere werden sie aus der Hand des Vaters empfangen.
Dem Trachten nach Reichtum und der ängstlichen Sorge um Selbstsicherung (Lk 12,13-21) wird in diesem Text das vom Vertrauen auf Gott getragene Trachten nach seinem Reich gegenübergestellt.
Der kunstvoll gegliederte Abschnitt (rahmende Erzählung, parallel formulierte gleichnisartige und weisheitliche Unterweisung) leitet die Leser an, die Grundlosigkeit ihrer ängstlichen Sorge zu erkennen und frei zu bleiben für die Erwählung. Die Textsorte (eine Art Lehrgedicht) verbietet es, darin eine schwärmerische, naive Ablehnung jeglichen Sorgens ausgesprochen zu finden. Lk hat die Vorlage (aus der Redequelle Q) besonders durch ihre Einordnung nach dem Gleichnis und den erweiterten Abschluss als Trostwort und Mahnung an kleinmütige, verängstigte Jünger in der Urkirche gestaltet. Der schon im Blick auf die Christen erfolgten Zusammenstellung ursprünglich getrennt überlieferter Worte liegen Jesu eigene Warnung vor ängstlichem Sorgen sowie deren gleichnisartige Motivierung zugrunde.
Für die urkirchlichen Leser, besonders für die Wandermissionare, wie auch für heutige Christen ist dieser Text ein Beleg für Jesu meditierendes Gewahrwerden von Zusammenhängen in der Natur. Es ist zugleich eine Aufforderung, alle Sorgen und Ängste jeweils im größeren Zusammenhang des geschenkten Lebens, der ganzen Welt und der Umsorgung durch den Vater zu betrachten, um so für die einem jeden abverlangte Sorge um das Reich Gottes freizubleiben. Die Empfehlung des Schätzesammelns für Gott setzt die Hoffnung auf individuelle Entgeltung durch geschenkhaften Lohn voraus.
Evangelium - Lk 13,1-9
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
Zu jener Zeit kamen einige Leute
und berichteten Jesus von den Galiläern,
deren Blut Pilatus
mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte.
Und er antwortete ihnen:
Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren
als alle anderen Galiläer,
weil das mit ihnen geschehen ist?
Nein, sage ich euch,
vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen,
wenn ihr nicht umkehrt.
Oder jene achtzehn Menschen,
die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden -
meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten
als alle anderen Einwohner von Jerusalem?
Nein, sage ich euch,
vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen,
wenn ihr nicht umkehrt.
Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis:
Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt;
und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug,
fand er keine.
Da sagte er zu seinem Winzer:
Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre
und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt,
und finde nichts.
Hau ihn um!
Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Winzer erwiderte:
Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen;
ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte;
wenn nicht, dann lass ihn umhauen!
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Lorenz Walter Voith (2001)
In einer Abfolge von Gleichnissen unterbricht der Evangelist Lukas die Hörer und Leser mit einer Schreckensmeldung (diese ist nur bei Lukas anzutreffen). Die Aufzeichnungen des Josephus Flavius (Jüdisches Altertum, Rom, Ende des 1. Jhdt.) erzählen von diesen beiden Vorfällen. Darin wird von Samaritern berichtet, die zum Heiligtum zogen und auf Befehl von Pilatus niedergemetzelt wurden. Der Zeitpunkt dieses Vorfalles liegt aber nach diesen Quellen nach dem Tod Jesu. Hingegen wird von einer jüdischen Demonstration in Jerusalem etwa zur Zeit Jesu berichtet, die auch von Pilatus blutig niedergeschlagen wurde.
Der Evangelist Lukas gibt in knapper Form den Inhalt dieser Schreckensmeldungen wieder. Jesus nimmt diese Meldungen und Fragen auf und gibt eine klare Stellung ab. Jesus widerspricht der landläufigen jüdischen Ansicht, dass besondere Schuld der Menschen zu besonderem Unglück führe. Jesus blickt nicht auf den Ursprung des Unglücks, sondern viel eher auf die Zukunft der Lebenden. Die beiden Unglücke zeigen den Lebenden, dass es ihnen auch so ergehen wird, wenn sie nicht umkehren.
Die angeschlossene Parabel macht dies deutlich. Der Weingärtner ist solidarisch mit dem Feigenbaum; die Fürbitte des Winzers für den Feigenbaum erinnert an die Bitte des Abraham für Sodom (vgl. Gen 18,23ff). Die Fürbitte wird erhört. Der Feigenbaum erhält noch eine Chance um Frucht zu bringen. Das Kriterium ist also, dass der Baum Frucht bringe. Das letzte Urteil bleibt dem Besitzer des Weinbergs vorbehalten.
Evangelium - Lk 13,6-9
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit
erzählte Jesus ihnen dieses Gleichnis:
Ein Mann hatte in seinem Weinberg
einen Feigenbaum gepflanzt;
und als er kam und nachsah,
ob er Früchte trug,
fand er keine.
Da sagte er zu seinem Winzer:
Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre
und sehe nach,
ob dieser Feigenbaum Früchte trägt,
und finde nichts.
Hau ihn um!
Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Winzer erwiderte:
Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen;
ich will den Boden um ihn herum aufgraben
und düngen.
Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte;
wenn nicht, dann lass ihn umhauen!
Evangelium - Joh 4,5-42
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit
kam er zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß
und nahe bei dem Grundstück lag,
das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte.
Dort befand sich der Jakobsbrunnen.
Jesus war müde von der Reise
nd setzte sich daher an den Brunnen;
es war um die sechste Stunde.
Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen.
Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!
Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen,
um etwas zum Essen zu kaufen.
Die Samariterin sagte zu ihm:
Wie kannst du als Jude
mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten?
Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern.
Jesus antwortete ihr:
Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht
und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!,
dann hättest du ihn gebeten
und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß
und der Brunnen ist tief;
woher hast du also das lebendige Wasser?
Bist du etwa größer als unser Vater Jakob,
der uns den Brunnen gegeben
und selbst daraus getrunken hat,
wie seine Söhne und seine Herden?
Jesus antwortete ihr:
Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde,
wird niemals mehr Durst haben;
vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe,
in ihm zu einer Quelle werden,
deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser,
damit ich keinen Durst mehr habe
und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen!
Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann
und komm wieder her!
Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann.
Jesus sagte zu ihr:
Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann.
Denn fünf Männer hast du gehabt
und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.
Damit hast du die Wahrheit gesagt.
Die Frau sagte zu ihm:
Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet;
ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte,
wo man anbeten muss.
Jesus sprach zu ihr:
Glaube mir, Frau, die Stunde kommt,
zu der ihr weder auf diesem Berg
noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt,
wir beten an, was wir kennen;
denn das Heil kommt von den Juden.
Aber die Stunde kommt und sie ist schon da,
zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden
im Geist und in der Wahrheit;
denn so will der Vater angebetet werden.
Gott ist Geist
und alle, die ihn anbeten,
müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm:
Ich weiß, dass der Messias kommt,
der Christus heißt.
Wenn er kommt,
wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr:
Ich bin es, der mit dir spricht.
Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen.
Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach,
doch keiner sagte: Was suchst du?
oder: Was redest du mit ihr?
Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen,
kehrte zurück in die Stadt
und sagte zu den Leuten:
Kommt her, seht, da ist ein Mensch,
der mir alles gesagt hat, was ich getan habe:
Ist er vielleicht der Christus?
Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.
Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss!
Er aber sagte zu ihnen:
Ich habe eine Speise zu essen,
die ihr nicht kennt.
Da sagten die Jünger zueinander:
Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
Jesus sprach zu ihnen:
Meine Speise ist es,
den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat,
und sein Werk zu vollenden.
Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte?
Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen
und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte!
Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn
und sammelt Frucht für das ewige Leben,
sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen.
Denn hier hat das Sprichwort recht:
Einer sät und ein anderer erntet.
Ich habe euch gesandt
zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt;
andere haben sich abgemüht
und euch ist ihre Mühe zugutegekommen.
Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus
auf das Wort der Frau hin,
die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.
Als die Samariter zu ihm kamen,
baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben;
und er blieb dort zwei Tage.
Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn
aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie:
Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir,
denn wir haben selbst gehört
und wissen:
Er ist wirklich der Retter der Welt.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Manfred Wussow (2008)
Bernhard Zahrl (2002)
Hans Hütter (1996)
Das Evangelium erzählt eine Begegnung am Brunnen. Sein Ort ist weder zufällig noch unwichtig: Sychar in Samarien. Für Juden ist Samarien unrein, obwohl der Brunnen mit dem Namen Jakob, einem der Väter Israels, eng verbunden ist. Jesus spricht als Jude und Mann - gegen die gute Sitte - eine Samariterin an und erbittet von ihr Wasser. Dass die Frau keinen Namen hat, macht sie "typisch" - ihre Lebensgeschichte allerdings, die Jesus kennt, gibt ihr die Würde, einmalig zu sein.
Der Brunnen wird bei Johannes zu einem Ort der Offenbarung. Das Gespräch, das ohne Jünger geführt wird und Jesus mit der samaritanischen Frau allein zeigt, kreist um das Wasser: Jesus, der von der Frau das Wasser aus dem Brunnen erbittet, offenbart sich ihr als das "lebendige" Wasser, das ewiges Leben schenkt.
Zu dieser Offenbarung - Jesus spricht am Ende sogar davon, der Messias zu sein - gehört, dass die Heiligen Orte, der Berg Garizim für die Samariter, der Berg Zion für die Juden, nicht mehr die Orte der Gegenwart Gottes sind, auch nicht mehr Menschen und Gebete trennen: "Die Stunde kommt - und sie ist schon da (!) -, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden." Dass die Stunde schon da ist, kann nur Jesus sagen. Er selbst ist da. Der, der um Wasser bat, ist die Wahrheit: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Johannes hat die Geschichte kunstvoll aufgebaut. Er legt der samaritanischen Frau in den Mund, was zu einem Bekenntnis wird. Oder: was ihr aufgeht:
Erst ist Jesus ein Jude (V. 9), dann ein Prophet (V. 19b), am Ende formuliert sie die die Hoffnung, dass der Messias kommt (V. 25). Darauf hin offenbart sich ihr Jesus.
Die fast schon intime Begegnung am Brunnen mit vielen zärtlichen Zwischentönen wird von Johannes geöffnet: Viele Samariter kommen zum Glauben und bitten Jesus, bei ihnen zu bleiben. Zwei Tage bleibt er bei ihnen (am dritten ist seine Auferstehung).
Die Geschichte am Jakobsbrunnen endet mit der Begegnung der anderen Samariter mit der Frau. Sie legen vor ihr (!) das Bekenntnis ab: "Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt." Dieses Messiasbekenntnis ist gleich in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Es kommt aus dem Mund der Samariter (nicht der Juden), ist aber von einer Frau mit Vergangenheit bezeugt und vor ihr sogar bekannt. Johannes nimmt in dieser Begegnungsgeschichte das Osterzeugnis der Maria von Magdala vorweg (Joh. 20,11-18).
Betrachtet man die österliche Bußzeit als Vorbereitungszeit auf den Empfang des Taufsakramentes, so steht ab dem dritten Fastensonntag der konkrete Weg zu diesem Sakrament immer mehr im Mittelpunkt. In Sonntagsgottesdiensten und zusätzlichen Bußgottesdiensten soll die gemeinsame Vorbereitung geschehen. Dabei geht es nicht mehr um Glaubenswissen oder Glaubensbelehrung, sondern um die tiefere Erkenntnis Christi, um die Erkenntnis des eigenen Herzens oder die Befreiung vom "Negativen". Also um die intensive Vorbereitung auf die Osternacht und die Feier der Auferstehung.
Das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zeigt, wie der Evangelist Johannes mit dem hintergründigen Sinn von Worten und Begriffen "spielt". Zunächst spricht Jesus von Wasser im wörtlichen Sinn. Mit seinem Angebot, "lebendiges Wasser" zu geben, kommt ein doppeldeutiger Begriff ins Spiel. Er kann, wörtlich verstanden, das fließende Wasser bezeichnen, im Unterschied zum Wasser aus der Zisterne. So fasst ihn die Frau zunächst auch auf. Zwar stellt sie erstmals die Frage nach der Würde Jesu ("Bist du etwa größer als unser Vater Jakob?"); doch ihr bleibt der tiefere Sinn des "lebendigen Wassers" selbst dann noch verborgen, als Jesus es auf das ewige Leben bezieht. Denn die Verheißung, das von Jesus gegebene Wasser werde nie mehr dürsten lassen, versteht sie als Erleichterung der täglichen Mühsal: Sie müsste nicht mehr zum Brunnen gehen, um Wasser zu schöpfen.
Jesus meint dagegen, dass das menschliche Streben nach Sinn und Erfüllung gestillt wird; er spricht von der Gabe einer neuen Existenz, die auch den Tod überdauert - vielleicht mit besonderer Beziehung zum Geist. Dass die Frau dies letztlich versteht, zeigt eine fast unscheinbare Bemerkung: Sie läßt ihr Schöpfgefäß stehen, ehe ihr Zeugnis die Einwohner der Stadt zu Jesus führt.
Das Evangelium ist dem 4. Kapitel des Johannes entnommen. Jesus zieht auf dem Weg von Galiläa nach Jerusalem durch Samarien. Dieses Gebiet war einst Kernland des israelischen Nordreiches. Im 8. Jh. v. Chr. wurde es assyrische Provinz. Da sich in dieser Zeit die Bevölkerung mit der neuen Oberschicht mischte, wurde es von den Juden als kultisch unrein betrachtet. Es entwickelte sich ein eigenständiger samaritischer Kult, der sich trotz mehrfacher Versuche nie gänzlich auslöschen lies. In den Büchern des Neuen Testamentes treten an mehreren Stellen die religiösen Spannungen zwischen Juden und Samaritern zutage. Diese bilden auch den Hintergrund der Erzählung von der Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen.
Die Frau gilt in einem mehrfachen Sinn als vom Heil abgeschnitten: Als Frau, durch ihren Lebenswandel, als Samariterin. Trotzdem nimmt Jesus Kontakt zu ihr auf; nicht nur aus einer persönlichen Notlage heraus. Es kommt zu einer Begegnung, in der die Frau (und später auch die Leute aus ihrem Dorf) zum Glauben an den Messias findet, während Jesus von den eigenen Volksangehörigen als solcher abgelehnt (im folgenden Kapitel 5) wird.
In der Erzählung haben Wasser und die Speisen, welche die Jünger besorgten, eine besondere symbolische Bedeutung. Man kann die Geschichte nicht lesen, ohne an die Wasser- und Speisungswunder des Alten Testamentes zu denken.
Evangelium (Kurzfassung) - Joh 4,5-15. 19b-26. 39a. 40-42
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit
kam er zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß
und nahe bei dem Grundstück lag,
das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte.
Dort befand sich der Jakobsbrunnen.
Jesus war müde von der Reise
nd setzte sich daher an den Brunnen;
es war um die sechste Stunde.
Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen.
Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!
Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen,
um etwas zum Essen zu kaufen.
Die Samariterin sagte zu ihm:
Wie kannst du als Jude
mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten?
Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern.
Jesus antwortete ihr:
Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht
und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!,
dann hättest du ihn gebeten
und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß
und der Brunnen ist tief;
woher hast du also das lebendige Wasser?
Bist du etwa größer als unser Vater Jakob,
der uns den Brunnen gegeben
und selbst daraus getrunken hat,
wie seine Söhne und seine Herden?
Jesus antwortete ihr:
Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde,
wird niemals mehr Durst haben;
vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe,
in ihm zu einer Quelle werden,
deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser,
damit ich keinen Durst mehr habe
und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen!
Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet;
ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte,
wo man anbeten muss.
Jesus sprach zu ihr:
Glaube mir, Frau, die Stunde kommt,
zu der ihr weder auf diesem Berg
noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt,
wir beten an, was wir kennen;
denn das Heil kommt von den Juden.
Aber die Stunde kommt und sie ist schon da,
zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden
im Geist und in der Wahrheit;
denn so will der Vater angebetet werden.
Gott ist Geist
und alle, die ihn anbeten,
müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm:
Ich weiß, dass der Messias kommt,
der Christus heißt.
Wenn er kommt,
wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr:
Ich bin es, der mit dir spricht.
Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus.
Als die Samariter zu ihm kamen,
baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben;
und er blieb dort zwei Tage.
Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn
aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie:
Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir,
denn wir haben selbst gehört
und wissen:
Er ist wirklich der Retter der Welt.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Evangelium - Joh 15,1-8
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ich bin der wahre Weinstock
und mein Vater ist der Winzer.
Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt,
schneidet er ab
und jede Rebe, die Frucht bringt,
reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.
Ihr seid schon rein kraft des Wortes,
das ich zu euch gesagt habe.
Bleibt in mir
und ich bleibe in euch.
Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann,
sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt,
so auch ihr,
wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock,
ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe,
der bringt reiche Frucht;
denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wer nicht in mir bleibt,
wird wie die Rebe weggeworfen
und er verdorrt.
Man sammelt die Reben,
wirft sie ins Feuer
und sie verbrennen.
Wenn ihr in mir bleibt
und meine Worte in euch bleiben,
dann bittet um alles, was ihr wollt:
Ihr werdet es erhalten.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht,
dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Gabi Ceric (1997)
Manfred Wussow ()
Das Evangelium ist ein Teil der Abschiedsrede Jesu (13,31 - 16,33), die Bultmann zu den Offenbarungsreden, der 3. schriftlichen Quelle des Johannesevangeliums, zählt. Der Evangelist lehnt sich hierbei an alttestamentliche Stellen an oder hat diese vor Augen. Das Bild vom Weinstock und den Reben finden wir u. a. bereits in Jes 5,1, in Jer 2,21 und in Ez 15,2-6. Während in diesen Bildern des Ersten Testaments die vergebliche Sorge Gottes um seinen Weinstock/Weinberg Israel in den Blick rückt, legt der Evangelist das Augenmerk auf die Hoffnung, daß alles Mühen des Winzers Frucht bringt.
In der Reihe der „Ich-bin“-Worte, die im Johannesevangelium überliefert werden, begegnet uns heute das Bildwort von dem Weinstock, von der Rebe und von der Frucht. Unschwer ist wahrzunehmen, dass in den vielen Assoziationen nur ein Thema variiert wird: reiche Frucht bringen.
Gerichtszüge trägt das Evangelium auch: Reben, die keine Frucht bringen, werden abgeschnitten. Für die Hörer in ihrer alltäglichen Erfahrung eine vertraute Schlussfolgerung. Jesus will aber seine Zuhörer davon befreien, abgeschnitten zu werden: „reiche Frucht bringen“ ist jedoch nicht nur eine Vorgabe, sondern eine Verheißung. Die Rebe, die am Weinstock bleibt, wird reiche Frucht bringen!
Das Ich-bin-Wort „Ich bin der wahre Weinstock“ umkreist das Geheimnis des „bleibens“. Am Weinstock reift die reiche Frucht, von ihm getrennt bleibt nur der Abfall. Auf Jesus bezogen, stellt der Evangelist vor Augen, in ihm zu bleiben und sein Wort zu verinnerlichen. Es ist Jesu Wort, dass reiche Frucht beschert. Nach Jes 55 kommt Gottes Wort nie leer zurück.
Der letzte Satz bindet Bilder und Assoziationen zusammen: Der Vater Jesu wird dadurch verherrlicht, dass wir Jesu Jünger werden und reiche Frucht bringen. Es gehört zu der johanneischen Sehweise, Jesu Wort und Werk nicht an sich zu betrachten und vorzustellen, sondern als sein „Bleiben“ im Vater zu bezeugen. So kann der Evangelist mit dem Wort „bleiben“ Gott, Jesus und uns verbinden. Statisch ist „bleiben“ nicht. Als Bildwort kann das „Ich-bin-Wort“ Jesu einen Wachstumsprozess beschreiben und gleichzeitig einen großartigen Geschmack hinterlassen. Für die Hörer kann es nur eine Konsequenz geben: „Reiche Frucht bringen“
Erntedank im Wissen um die Zerbrechlichkeit der Schöpfung
Lesungen:
1. Lesung: Gen 9,8-17
2. Lesung: Röm 8,18-21
Evangelium: Mk 1,12-15
Predigtgedanken:
Frust und Verzweiflung
Als die Umweltorganisation Greenpeace im Juli 1985 gegen französische Kernwaffentests auf dem Mururoa-Atoll demonstrieren wollte, weil die Bewohner*innen der Nachbaratolle seit Jahrzehnten an Strahlungsschäden litten, befestigten Taucher des französischen Geheimdienstes mit Wissen des französischen Staatspräsidenten Francois Mitterand im Hafen von Auckland/Neuseeland zwei Sprengsätze an dem Schiff und versenkten es. Ein Greenpeace-Mitarbeiter kam ums Leben.
Sicher können Sie sich den tiefen Frust der Umweltengagierten vorstellen, als sie von diesem Ereignis erfuhren. Denn viel schlimmer als der materielle Schaden war ja die Botschaft Frankreichs: Wir werden mit der Entwicklung von Atomwaffen fortfahren, und ihr werdet uns daran nicht hindern! Frust und Verzweiflung breiten sich aus.
Ganz ähnlich dürfte die Gefühlslage vieler Umweltaktivist*innen heute sein. Da setzen sich die Jugendlichen der Fridays for Future, der Letzten Generation und anderer Gruppierungen uneigennützig und mit leidenschaftlichem Engagement für den Schutz von Klima und Biodiversität ein. Aber auch nach vier Jahren zeigen ihre Proteste kaum Wirkung. Politik und Gesellschaft machen weiter wie bisher und tun so, als ob uns noch Jahrhunderte Zeit blieben, um unsere zerstörerischen Praktiken aufzugeben.
Der Frust ist hoch, und er ist nachvollziehbar. Verzweiflung und die sprichwörtliche „Klima-Angst“ greifen um sich, so dass viele junge Menschen ernsthaft erwägen, keine Kinder in die Welt zu setzen, um sie nicht einer furchtbaren Lebenssituation auszusetzen. Diese Gefühlslage sollten wir sehr ernst nehmen, denn sie ist gut begründet und nimmt die wissenschaftlichen Prognosen ernster als sämtliche Parolen eines naiven „Weiter-so“.
Eine Frage der Religionen
Doch wie können wir mit Angst und Sorge umgehen? Wie können wir verhindern, dass junge Menschen völlig verzweifeln und ihre Hoffnung ganz verlieren? Lässt sich eine trost- und hoffnungsvolle Perspektive finden, die keine billige Vertröstung, sondern echte Stärkung bedeutet? Klassisch ist das eine Frage an die Religionen. Und wenn wir genau hinsehen, hält die christliche Tradition dazu einige Ressourcen bereit, die wir allerdings in den letzten Jahrhunderten wenig beachtet haben.
So haben wir in der Lesung aus dem Buch Genesis gehört, dass Gott nach der großen Flut einen Bund mit der Schöpfung schließt. Als ob die Autoren wüssten, wie widerständig die Menschen sind, hämmert ihr Text den Zuhörenden vielfach ein, dass es um einen Bund mit allen Lebewesen geht, menschlichen und nichtmenschlichen - auf dem Land, denen im Wasser und denen in der Luft. Fast in jedem Satz wird das betont, damit es auch der letzte kapiert. Menschen und Tiere können nur gemeinsam überleben, sie sitzen sprichwörtlich in einem Boot. Und Gott verspricht ihnen, dass, wenn es nach ihm geht, nie wieder eine derart zerstörerische Flut das Leben auf der Erde vernichtet. Der Regenbogen, der den damaligen Menschen als Vorbote von Blitz und Donner Angst und Schrecken einflößte, soll daher zum Zeichen der Treue und Fürsorge Gottes werden - zum Symbol des Friedens.
Abstrakter formuliert Paulus im Römerbrief etwas Ähnliches: Er leugnet nicht, dass die Schöpfung leidet und stöhnt und in vielerlei Weise ernsthaft bedroht ist. Doch in allen Bedrängnissen sieht er Hoffnung - für die gesamte Schöpfung. Auch er macht klar: Das Geschick der Menschheit und das Geschick der nichtmenschlichen Schöpfung hängen untrennbar zusammen. Gott aber will von seiner Seite alles zum Guten führen.
Ganz in diesem Sinne stellt schließlich der Evangelist Markus im Prolog seines Evangeliums Jesus als neuen Adam vor, der anders als der erste Adam mit den nichtmenschlichen Geschöpfen in Frieden lebt. Das „Reich Gottes“, über das Jesus wenig später zu predigen beginnt, ist folglich nach Markus dann und nur dann unter uns gegenwärtig, wenn Menschen und nichtmenschliche Geschöpfe miteinander in Frieden leben.
Erntedank: Entschlossen zu handeln beginnen
Liebe Schwestern und Brüder, es gibt Hoffnung, sagen die biblischen Texte - jedoch nur unter einer Bedingung: Dass wir diese Hoffnung in unserem Handeln ergreifen! Von Gott her soll nie wieder eine Flut kommen, die die Welt zerstört - das ist sein Bundesangebot an uns. Aber an uns liegt es, unseren Teil der Bundesverpflichtung wahrzumachen und mit Rücksicht auf die Zerbrechlichkeit und Sensibilität der Schöpfung, ihrer Lebensräume und Lebewesen zu leben. Das fordert die Bereitschaft, eigene Ansprüche um des größeren Ganzen willen zurückzustellen.
Hoffnung ist keine Beruhigungspille, keine Einladung, uns auf die faule Haut zu legen, nach dem Motto: „Es wird schon irgendwie gut gehen!“ Nein, wenn wir die Hände in den Schoß legen, wird es furchtbar ausgehen - und Hoffnung heißt, das ernst zu nehmen. Hoffnung macht sich aber unabhängig vom Erfolgsdruck, sie ist frei. Frei aus der Dankbarkeit. Frei, weil sie weiß, dass uns alles geschenkt ist, dass wir uns die Gaben der Schöpfung nicht gemacht und nicht verdient haben, wie wir es heute am Erntedanksonntag feiern. Die Schöpfungsgaben kommen uns aus der überfließenden Liebe des Schöpfers zu. Genau diese Dankbarkeit macht frei, umso entschlossener, umso hingebungsvoller, umso selbstloser zu handeln. Es geht nicht um die Frage: Was habe ich davon? Sondern es geht darum, dem Schöpfer und der Schöpfung etwas zurückzugeben, wo wir doch so unendlich viel empfangen haben. Um es mit dem früheren tschechischen Präsidenten Vaclav Havel zu sagen: Hoffnung ist die Gewissheit, dass unser Engagement Sinn macht - völlig unabhängig davon, wie es ausgeht.
Liebe Schwestern und Brüder, von Anfang an nannte Greenpeace seine Schiffe „Rainbow Warrior“, auf Deutsch „Regenbogen-Kämpfer“, und malte auf den Bug den Regenbogen und die Taube mit dem Ölzweig. Eine deutliche Anspielung auf die Noacherzählung der Bibel, die große Kraftquelle der Organisation. Als die „Rainbow Warrior“ 1985 durch den französischen Geheimdienst versenkt worden war, startete Greenpeace eine weltweite Plakatkampagne mit dem Motto: „Einen Regenbogen könnt ihr nicht versenken!“ Das ist eine großartige, zutiefst spirituelle Botschaft der Hoffnung: Unser Schiff, unseren materiellen Besitz könnt ihr zerstören, und vielleicht sogar unser Leben. Aber unsere Leidenschaft für die Schöpfung, unseren unermüdlichen Einsatz, unsere Hingabe und unsere Hoffnung - die könnt ihr nie zerstören! Wie ein Regenbogen können sie nicht untergehen.
Ich wünsche uns, dass wir uns von dieser Leidenschaft anstecken lassen - und so in unserem täglichen Handeln Zeugnis ablegen von der Hoffnung, die uns erfüllt.
Höchste Zeit für die Schöpfung
Predigtgedanken zur Lesung Gen 6,9. 11-14. 17-22 und zum Evangelium Lk 13,1-9:
Erderwärmung
Vor 16 Jahren, am 30. Oktober 2006 legte der Chefvolkswirt der britischen Regierung, Nicholas Stern, seinem Regierungschef Tony Blair einen Bericht über die Folgen der Klimaerwärmung vor. Die Kernbotschaft lautete: Wenn die Treibhausgasemissionen ab sofort kontinuierlich reduziert würden, würde das ungefähr ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts kosten. Wenn hingegen nichts getan würde, koste das auf Grund der Schäden der Erderwärmung langfristig ungefähr 20 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Je länger wir zögerten, umso teurer würde es am Ende.
Heute, 16 Jahre später, müssen wir eingestehen, dass wir seitdem fast nichts getan haben. In Österreich haben sich die Treibhausgasemissionen nahezu überhaupt nicht verringert, europaweit nur um etwa 20 Prozent. Die vorgeschlagenen Reduktionsziele des Stern-Reports werden krachend verfehlt. Noch immer emittiert jeder Europäer und jede Europäerin das Fünffache an Treibhausgasen, das klimaverträglich wäre. Und was ich am Beispiel des Klimas gezeigt habe, lässt sich genauso an dem anderen großen Problem, dem Erhalt der Biodiversität zeigen. Es wird immer teurer, sie zu erhalten - doch wir tun viel zu wenig.
Die Folgeschäden kommen immer näher
Dabei kommen die „Einschläge“ immer näher. Große Schadensereignisse haben unsere direkten Nachbarländer erreicht, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die erste Maxi-Katastrophe in Österreich passiert. In der Schweiz der verheerende Bergsturz am Piz Cengalo 2011; in Deutschland die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021; in Tschechien der Tornado ebenfalls 2021; in Italien der Gletscherabbruch an der Marmolata 2022. Ganz zu schweigen von häufigeren Hitzewellen und Dürren, die unserer Land- und Forstwirtschaft seit Jahren schwer zu schaffen machen. Die Folgen der Klimaerwärmung werden von Jahr zu Jahr schlimmer und treten häufiger auf.
Angesichts dessen ist der Ukraine-Krieg und die damit einhergehende Verknappung und Verteuerung der fossilen Energieträger nur das Tüpfelchen auf das „i“. Wer jetzt noch nicht kapiert hat, was die Stunde schlägt, dem ist nicht zu helfen.
Die Zeit drängt!
Genau von einer solchen Situation erzählt uns die heutige Lesung. Die Flutkatastrophe, die Menschen und Tieren bevorsteht, ist darin ein Symbol für die Bosheit und Gewalttätigkeit „aller Wesen aus Fleisch“. Sie ist kein Willkürakt eines launenhaften Gottes, sondern menschengemacht und eine logische Folge eines falschen, zerstörerischen Verhaltens, so der Bibeltext. Doch die dramatische Bedrohung nehmen nur jene wenigen ernst, die sich verantwortungsbewusst verhalten: Noach und seine Familie. Sie distanzieren sich vom Tun der Masse, bauen ein Rettungsboot und nehmen die gesamte Schöpfung mit ins Boot.
Auf unsere heutige Situation übertragen könnten wir sagen: Das Wasser der Umweltzerstörung steht uns Menschen und allen Geschöpfen bis zum Hals. Ein Überleben in einer lebenswerten Umwelt ist nur möglich, wenn wir sehr schnell sehr durchgreifend reagieren. Also raus aus dem unreflektierten Konsumieren, raus aus dem verschwenderischen Lebensstil, der Lebensstandard mit Lebensqualität verwechselt, und rein in die Arche des einfachen, solidarischen Lebens, rein in ein achtsames Zusammenleben mit allen Lebewesen!
Menschengemachte Katastrophen
Auch das Evangelium geht in eine ähnliche Richtung: Da nimmt Jesus Bezug auf zwei menschengemachte Katastrophen. Eine passierte aus Fahrlässigkeit - der Einsturz des Turmes von Schiloach -, eine aus Brutalität - die Ermordung der Galiläer durch Pilatus. Jesus schiebt die Schuld weder Gott noch den umgekommenen Menschen in die Schuhe, sondern interpretiert beide Ereignisse als dringende Mahnung zur Umkehr an alle: „Ihr werdet alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt!“ (Lk 13,3.5). Zweimal sagt er diesen Satz und betont das „alle“: Unsere Geschicke hängen zusammen - wir sollten nicht meinen, dass wir nach dem Floriani-Prinzip vor Katastrophen geschützt sind, die nur die anderen betreffen. Nein, es wird auch uns treffen - wenn wir nicht umkehren.
Dann erzählt Jesus ein wunderbares Gleichnis. Ein Mann hat in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt, der jedoch keine Früchte trägt. Verständlicherweise will er den Baum umhauen und einen neuen an seiner Stelle pflanzen. Doch der Mitarbeiter, der den Baum jahrelang gepflegt und gehegt hat, bettelt ganz demütig: „Ein Jahr noch!“ (Lk 13,8). Ob der Besitzer ihm die Bitte gewährt, erzählt Jesus nicht. Es bleibt eine offene Frage. -
Auch das können wir auf unsere Situation übertragen: Der göttliche Besitzer des irdischen Gartens erkennt, dass die Spezies homo sapiens keine Früchte bringt, sondern das Klima ungebremst weiter schädigt und die Biodiversität weiter ungehemmt zerstört. Doch einer, der fleischgewordene Gottessohn, bittet um einen kurzen Aufschub. Noch ein Jahr, noch ein Jahrzehnt, um klimaneutral zu werden und die Lebensvielfalt zu respektieren! Ob der Schöpfer der Menschheit diesen Aufschub gewährt? Und ob wir ihn dann nutzen, um tatsächlich Früchte des Klima- und Biodiversitätsschutzes zu bringen?
Erntedank: Geschenke verpflichten!
Erntedank ist ein Tag des Dankes und der Freude. Trotz aller Anstrengung und harten Arbeit der Bäuerinnen und Bauern, vor der wir großen Respekt haben müssen, haben wir unverdient ein riesiges Geschenk des Schöpfers empfangen: Auf unseren Feldern und in unseren Gärten ist so viel gewachsen, dass wir davon leben können. Noch dazu in einer Reichhaltigkeit und Vielfalt, die uns Genuss am Essen und Trinken spüren lässt.
Im Jahr des Ukrainekriegs, in dem viel mehr Menschen hungern müssen als sonst, weil das Getreide aus der Kornkammer Europas nicht exportiert werden kann, wissen wir das umso mehr zu schätzen. Aber jedes Geschenk verpflichtet und mahnt auch zu einem sorgsamen Umgang. Die Landwirtschaft ist in hohem Maße abhängig von einem stabilen Klima und vom Vorhandensein einer reichen Biodiversität. Beides sind wir gegenwärtig im Begriff zu zerstören. Die Zeit läuft uns davon. Es gilt schnell zu handeln. Wir alle müssen unsere Art zu leben und zu konsumieren erheblich verändern. Und zwar heute. Denn schon morgen kann es zu spät sein.
© Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Linz.
Die Kostbarkeit des Wassers schätzen lernen
Das Wasser des Jordan
Jedes Jahr sinkt der Wasserspiegel des Toten Meeres um einen ganzen Meter ab. Schon ist absehbar, wann das Meer vollständig verschwunden sein wird. Dem See Gennesaret und dem Jordan wird zu viel Süßwasser entnommen, als Trink- und Brauchwasser für die Haushalte, besonders aber für die Landwirtschaft. So kommt der Jordan, eigentlich ein kräftiger Fluss, wie ein jämmerliches Rinnsal im Toten Meer an. Würde Johannes der Täufer heute an seinem angestammten Platz taufen wollen, müsste er das Taufwasser tropfenweise verwenden.
Mit der Knappheit des Wassers leben lernen
Was kann getan werden, um die ökologische Katastrophe des Wassermangels im Nahen Osten zu bewältigen? Seit Jahrzehnten wird eine technische Lösung vorangetrieben. 2013 haben Jordanien, Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde ein Abkommen zum Bau einer „Zwei-Meeres-Pipeline“ unterzeichnet, über die aus dem Roten Meer jährlich 80 Millionen Kubikmeter Wasser in eine Entsalzungsanlage und 120 Millionen Kubikmeter Wasser in das Tote Meer geleitet werden sollen. Nebenbei würde eine große Menge Ökostrom produziert, weil das Wasser vom Roten zum Toten Meer 400 Meter in die Tiefe stürzt und eine Turbine antreiben kann.
UmweltschützerInnen warnen allerdings davor, dass das Projekt im Roten Meer ein Korallensterben und im Toten Meer die Bildung von Gipsschichten zur Folge haben könnte. Beides wäre ökologisch fatal. Die Alternative zu einer technischen Lösung kann jedoch nur eine Veränderung des Lebensstils und der Wirtschaftsweise im Nahen Osten sein. Bis 1960 hat das vorhandene Süßwasser, das fast zu 100 Prozent vom Hermon-Gebirge im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Libanon kommt, vollkommen ausgereicht. Erst die Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft sowie der verschwenderische Umgang mit Wasser in den Haushalten haben in Verbindung mit einer massiven Bevölkerungszunahme zur gegenwärtigen Knappheit geführt.
Die Kostbarkeit des Wassers schätzen lernen
An sich wusste Israel stets um die Kostbarkeit des Wassers. Immer wieder litt das Land unter mehrjährigen Dürrekatastrophen, wie die Bibel eindrücklich erzählt. Der Hermon ist ein vergleichsweise kleines Quellgebiet, das nicht so stabile Wassermengen zur Verfügung stellt wie das Quellgebiet des Nils für Ägypten. Doch dessen ungeachtet glaubte Israel an einen Gott, der für Menschen, Tiere und Pflanzen ausreichend Wasser spendet, wenn man damit nur behutsam umgeht.
In der Erzählung von der Tempelquelle im Buch Ezechiel träumt der Prophet von einer Quelle, die so viel Wasser liefert, dass das Tote Meer lebendig wird, dass also aus seinem hochgradig salzigen Wasser Süßwasser wird, in dem Fische und andere Meerestiere leben können und an dessen Ufer Obstbäume wachsen. Ein paradiesischer Traum. Aber Ezechiel macht deutlich, dass nur einer diesen Traum erfüllen kann: Gott selbst. Das Wasser quillt aus dem Tempel hervor und nicht aus einer menschengemachten Pipeline. Gott ist der Geber des Wassers. Die Menschen können nur demütig bitten - und achtsam mit dem geschenkten Wasser umgehen.
Die Abhängigkeit der Ernte vom Wasser ernstnehmen
Liebe Schwestern und Brüder, noch haben wir nördlich der Alpen vergleichsweise viel Wasser. Aber die Dürrejahre 2019 und 2020 waren unübersehbare Warnsignale für das, was uns mit der Zuspitzung der Klimaerwärmung bevorstehen könnte. Monatelang ausbleibende Niederschläge und knochenharte, staubtrockene Böden. Die LandwirtInnen können von den Ernteeinbußen der vergangenen Jahre ein Lied singen. Keine einzige unserer Feldfrüchte kommt ohne Wasser aus. Das Wasser ist ihr Lebenssaft und führt ihnen die nötigen Nährstoffe zu. Daher gilt es, mit dem Wasser sorgsam umzugehen:
- Die Klimaerwärmung mit allen Kräften bremsen, damit das Frühjahr seine Niederschläge behält.
- Die künstliche Bewässerung der Felder und Weinberge auf ein Minimum beschränken, damit es unseren Gewässern nicht auch so ergeht wie dem Jordan.
- Beim Einkauf auf das „virtuelle Wasser“ achten, also auf jenes Wasser, das zur Erzeugung eines Lebensmittels verbraucht wurde und das beispielsweise für Rindfleisch 14000 Liter pro Kilogramm Fleisch betragen kann, wenn das Tierfutter aus dem Ausland importiert wird.
- Im persönlichen Leben achtsam mit Wasser umgehen - jeder Liter ist kostbar.
Als Jesus in Sichem die Samariterin um Wasser bittet, ist ein tiefer Brunnen des Stammvaters Jakob die einzige Wasserquelle weit und breit. Jesus ist ohne Schöpfgefäß unterwegs und damit auf Hilfe angewiesen. Demütig bittet er die Frau um Wasser. Auch wenn unser Wasser unkompliziert aus der Leitung fließt, sind wir eingeladen, die Haltung Jesu nachzuahmen: Eine Haltung der Demut und der Dankbarkeit. Wasser ist ein großartiges Lebens-Mittel!
© Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Linz.
Wir haben gute Gründe zu danken aber auch zu denken
Auf einander angewiesen
Die Coronakrise hat uns gezeigt, dass viele Personen in unserer Gesellschaft an wichtigen Posten tätig sind, die wir im Alltag oft gar nicht wahrnehmen und oft auch nicht ausreichend wertschätzen: Kassierinnen im Supermarkt, Pflegerinnen und Pfleger im Gesundheitsdienst, die Leute von der Müllabfuhr, um nur einige zu nennen. "Systemrelevant" zu sein ist eine Auszeichnung geworden.
Sichtbar geworden sind auch eine Vielzahl von Experten, von denen wir zuvor kaum gehört haben, die sonst in stillen Hinterzimmern Dinge wie z.B. Viren erforschen oder Modellrechnungen anstellen und Notfallspläne entwerfen. In der Krise hat sich der Öffentlichkeit gezeigt, wie wichtig ihre Tätigkeit ist.
Es ist uns bewusst geworden, wie sehr wir auf einander angewiesen und voneinander abhängig sind. Unser tägliches Leben baut auf eine Vielfalt an Kompetenzen auf, die es zu entwickeln und zu erhalten gilt. Meist werden sie nicht bewusst wahrgenommen.
Ähnliches gilt auch für unsere Lebensmittel. Im Supermarkt vergleichen wir die Angebote und Preise, wir nehmen aber nur selten die vielen Menschen wahr, die mit ihrem Können und Wissen dahinterstehen und dafür sorgen, dass wir in den Genuss all dessen kommen. Als Kunden fühlen wir uns als Könige, als die Anschaffer, weil wir das alles ohnehin bezahlen. Da uns die Vielfalt der Angebote ständig zur Verfügung steht, haben wir den Blick dafür verloren, dass dies gar nicht so selbstverständlich ist. Weil wir dafür bezahlen und arbeiten, ist uns entschwunden, dass genaugenommen alles, was wir zum Leben gebrauchen, genauso wie das Leben selbst geschenkt ist, Gabe Gottes.
Produziert aber auch geschenkt
Das Reden von einer Gabe Gottes tragen heute viele Menschen nicht mehr mit. Sie reden lieber von der Natur, die unser Leben trägt und erhält. Die Klimakrise hat uns bewusstgemacht, dass wir durch unkritischen Umgang mit den natürlichen Gegebenheiten wichtige Zusammenhänge in der Natur durcheinanderbringen und sogar das Klima der ganzen Welt in eine lebensbedrohende Richtung verändert haben.
Wir erleben uns als die großen Könner und Macher, die alles produzieren, was wir zum Leben brauchen. Wir haben viele Dinge entwickelt, die das Leben angenehmer machen und lebenswerter erscheinen lassen. Dabei haben wir übersehen, dass wir natürliche Kreisläufe unterbrechen, begrenzte Ressourcen ohne Rücksicht auf die Nachwelt ausbeuten und vergeuden.
Wem verdanken wir unser Leben, die Lebensgrundlagen, die Lebensmittel? Dadurch, dass so viele Menschen an der Herstellung der Lebensmittel beteiligt sind, werden wir verleitet zu glauben, wir hätten sie gemacht. Wir verlieren das Gespür dafür, dass all das uns zuvor geschenkt worden ist.
Fragen der Gerechtigkeit und des sozialen Zusammenhalts
Die Wirtschaftskrise - ausgelöst und verschärft durch die Corona-Pandemie und die Klimaveränderungen - konfrontiert uns noch mit weiteren Fragen, die für unser Überleben wichtig sind, wie die der gerechten Verteilung der Lebensgüter und des wirtschaftlichen Fortschritts der Reichen auf Kosten der Armen.
Erntedank
In jedem Herbst feiern wir ein scheinbar veraltetes Fest: Erntedank. Wir danken Gott für die Früchte der Erde. Hinzu kommt der Dank für die menschliche Arbeit. In agrarisch geprägten Gemeinden wird dieses Fest mit großem Prunk und in großer Festesfreude begangen. Es ist aber ein Fest nicht nur für Bauern und Gärtner. Alle, die die Früchte der Erde genießen, haben Grund zu danken: dem Schöpfer aber auch den vielen, die an der Bereitstellung der Nahrungsmittel mitwirken.
Es ist aber nicht nur ein Fest des Dankens. Es ist auch ein Fest, das uns zu denken gibt. Wir tun gut daran innezuhalten und uns bewusst zu machen, wie abhängig wir von dem sind, was wir der Mutter Erde abringen oder gläubig ausgedrückt, was wir dem Schöpfer verdanken. Mehr als in anderen Jahren machen uns die gegenwärtigen Krisen in diesem Jahr bewusst, wie viel wir einander verdanken durch das Mitwirken eines jeden an unserem Wohlstand. Wir tun gut daran, auch diesen Dank einmal bewusst allen auszusprechen, die sich aufbauend in das Leben der Gesellschaft einbringen; dieses Jahr ganz besonders denen, die infolge der Krisen besonderen Belastungen ausgesetzt sind.
Vergessen wir aber auch nicht, über den sprichwörtlichen Tellerrand hinauszuschauen auf die Teller derer, die nur sehr dürftig gefüllt oder gar leer sind. Es wäre ein scheinheiliger Dank, wenn wir die Fragen nach der gerechten Verteilung der Lebensgüter ausblendeten und wenn wir auf all jene vergäßen, die keinen Zugang zu dem haben, was Gott uns allen geschenkt hat.
SchöpfungsZeit 2020 - 23. Sonntag im Jahreskreis A
"SchöpfungsZeit 2020 - 23. Sonntag im Lesejahr A in der Liturgie der Römisch-katholischen Kirche" - als PDF herunterladen
Mehr Information zur SchöpfungsZeit und zum Verein oeku Kirche und Umwelt finden Sie unter folgendem Link:
https://www.oeku.ch/de/schoepfungszeit.php
SchöpfungsZeit 2020 - 24. Sonntag im Jahreskreis A
"SchöpfungsZeit 2020 - 24. Sonntag im Lesejahr A in der Liturgie der Römisch-katholischen Kirche" - als PDF herunterladen
Mehr Information zur SchöpfungsZeit und zum Verein oeku Kirche und Umwelt finden Sie unter folgendem Link:
https://www.oeku.ch/de/schoepfungszeit.php
SchöpfungsZeit 2020 - 25. Sonntag im Jahreskreis A
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https://www.oeku.ch/de/schoepfungszeit.php
SchöpfungsZeit 2020 - 26. Sonntag im Jahreskreis A
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https://www.oeku.ch/de/schoepfungszeit.php
SchöpfungsZeit 2020 - 27. Sonntag im Jahreskreis A
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Dank als Lebenselixier
Dankbar zurückschauen
Wenn wir auf das Leben zurückschauen, merken wir, dass wir mehr Grund zu danken als zu bitten haben. Mein verstorbener Bruder hat in seinem Testament geschrieben: „Gott ist der Geber aller guten Gaben. Wir haben nichts, was wir nicht empfangen haben.“ Aus diesem Grund ist „Dankbarkeit die Mutter aller Tugenden“ (Cicero).
Einsicht macht dankbar. Wer denkt, der dankt. Nicht das Glück, sondern die Dankbarkeit ist die Quelle wahrer Lebensfreude. Dank ist ein Lebenselixier. Wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass unser Hormonsystem positiv auf die Haltung der Dankbarkeit reagiert. Eine Frau hat mir erzählt, dass für sie die Dankbarkeit ein Anker ist, der ihr hilft über schlechte Zeiten hinwegzukommen. Positives Denken und Dankbarkeit verändern unser Leben. Ich kann mich noch sehr gut an eine Stunde in der Volksschule erinnern. Der Lehrer fragte uns: „Wie viele Personen haben für uns gearbeitet, damit die Mama das Frühstück auf den Tisch stellen konnte?“ Da mussten der Bäcker, der Bauer, der Fleischer, der Händler und viele andere am Werk sein. Da kommt Dankbarkeit auf.
Damit Dankbarkeit wächst, müssen wir unseren Blick für die Realität öffnen: Kein Mensch kann alles und hat alles. „Jeder ist für den anderen geboren“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Es ist auch so, dass kein Mensch für sich stirbt (Röm 14,7). Der dänische Philosoph Kierkegaard sagt daher: „Es lohnt sich erst dann zu leben, wenn man eine Idee hat, für die es sich lohnt zu sterben“. Ich bin reich, wenn ich all die Dinge zähle, die ich für Geld nicht kaufen kann. Zum Beispiel Liebe und Wohlwollen, Hingabe und Eifer, Ausdauer und Fleiß, Gelassenheit und Geduld.
Dank und Liebe hören niemals auf
Das irdische und das ewige Leben kann der Mensch sich nicht selbst geben. Das Wichtigste gibt es nicht um Geld. Wenn wir jeden Tag in unser Tagebuch das Gute aufschreiben, das wir erlebt haben, haben wir immer Grund zum Danken. Dann wird die Geschichte unseres Lebens eine Sammlung schöner Erlebnisse, Eindrücke und Freundschaften sein.
Wenn es einmal im Leben kriselt, Undankbarkeit aufkommt, dann denken wir daran: die besten Ärzte der Welt sind Dr. Ruhe, Dr. Humor und Dr. Fröhlich oder Frau Dr. Musica. Aber der Arzt aller Ärzte ist Gott selbst. Er ist der Geber alles Guten. Er schenkt uns so viele Feste: Weihnachten, Ostern, Pfingsten und viele andere. Der Benediktinermönch David Steidl-Rast sagt. „Wäre das Wort „Danke“, das einzige Gebet, das du je sprichst, so würde es genügen“. Für mich ist Dankbarkeit ein Lebenselixier, lässt Traurigkeit überwinden, bringt Sonne und Wärme in unser Gemüt.
Wer dankt, der denkt. Wer denkt, der dankt
Die gesunde Natur und der gesunde Mensch
„Das Hotel am Stadtpark und der 700 m² große Sport- und Wellnessbereich versprechen Erholung in Reinkultur. Erstmals kommen die Gäste in den Genuss der einzigartigen Produkte des Kräuterparks. So verwöhnen im Bio Sanarium wohltuende Aromen die Sinne. Die Lage könnte besser nicht sein: Von den zahlreichen Balkonen führt der Blick direkt ins Grüne. Ganz in der Nähe liegt ein stiller Teich mit verschiedenen Wasservögeln. Ausflüge in die Umgebung sind ebenso selbstverständlich wie das Vorbereiten des Mittagessens im Rucksack.“
Allein aus diesem Werbetext wird klar, wieviel den Kurhotels und Sanatorien eine intakte Natur bedeutet. Zig-Tausende deutsche Urlauber suchen in fernen Ländern saubere Badestrände und unberührte Landstriche, um wieder neue Kräfte zu tanken. Bei der internationalen Walfisch-Konferenz Mitte September war ein Hauptargument, die Wale zu schützen, weil sie viele Touristen anlocken und lebendige Wale mehr Gewinn bringen als tote.
Es wird immer offensichtlicher: Die Schöpfung, die Natur meint es gut mit uns. Wir schneiden uns ins eigene Fleisch, wenn wir mit unserer Erde schlecht umgehen. Der Mensch muss aufhören, die Erde auszubeuten. Die Erde darf nicht länger ein Opfer des gedankenlosen und gewissenlosen Menschen sein. Mensch und Natur sind kein ungleiches Gegenüber. Auch wenn der Mensch die Krone der Schöpfung ist, ist er mit der Natur schicksalhaft verbunden. Ist die Natur krank, wird auch der Mensch in absehbarer Zeit krank. - Wer dankt, der denkt. Wer denkt, der dankt.
Denken und danken führen zum Umdenken.
Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika LAUDATO SI darauf hingewiesen, es sei unverantwortlich, in die Natur einzugreifen, wenn es nur um finanziellen Gewinn geht, ohne die Folgen zu bedenken. Im ökologischen Gleichgewicht sind Pflanzen und Tiere mit dem Erdreich und dem Klima total vernetzt. Alles ist aufeinander angewiesen und wir sind mittendrin. Diese feinen Zusammenhänge sind wissenschaftlich noch lange nicht erforscht. - Wer dankt, der denkt. Wer denkt, der dankt.
Jahr für Jahr werden wir mehr gedrängt, das gedanken- und bedenkenlose Umgehen mit der Natur zu beenden. Wenn wir an Erntedank auf die Boden-Erträge dieses Jahres zurückschauen, dann sind die Verluste im Norden Deutschlands bedenklicher als im Süden. Unser Erntealtar ist nach wie vor stattlich und zu bestaunen. Aber schon in einigen Jahren könnte es sein, dass er Lücken aufweist, Lücken, die jetzt schon in anderen Ländern große Sorgen bereiten. - Wer dankt, der denkt. Wer denkt, der dankt.
In der Enzyklika LAUDATO SI greift Papst Franziskus ein Anliegen des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus auf, der sagt: Es geht nicht bloß darum, Lösungen allein mit Hilfe der Technik zu suchen, sondern auch der Mensch muss umdenken. Sonst bekämpfen wir nur die Symptome. Die ethischen und spirituellen Wurzeln der Umweltprobleme liegen tiefer. Er schlug vor, vom Konsum zum Opfer, von der Habgier zur Freigebigkeit, von der Verschwendung zur Fähigkeit des Teilens überzugehen.
Menschliche und christliche Verantwortung
Wer dankt, der denkt. Wer denkt, der dankt. - Erntedank weckt unsere Verantwortung gegenüber der Natur. Von den Umweltbelastungen sind am meisten die armen Länder betroffen. Sie haben nicht das Geld, um sich den Klimaeinflüssen anzupassen oder den Katastrophen die Stirn zu bieten. In Afrika treiben neben den politischen Problemen vor allem wachsende Dürregebiete und Hungersnot die Ärmsten aus ihrer Heimat.
Ein Fünftel der Bevölkerung auf Erden verbraucht vier Fünftel an Energie. Zu diesen Großverbrauchern gehören auch wir. Die Anzeichen häufen sich, dass die reichen Länder ihren Lebensstil radikal ändern müssen. Die Wandlung der Welt wird von der Wandlung der Menschenherzen abhängen. Nicht der wachsende Konsum hat Zukunft. Mehr Zukunft hat, nach innen zu wachsen, die schöpferischen Kräfte der Seele zu entdecken und die unendlichen Räume des Inneren auszuloten.
Blick auf den Schöpfer
Genau in diesem Punkt ist und bleibt Christus unbestrittenes Vorbild. Nicht nur die heutige Lesung aus dem Brief an Timotheus (1 Tim 6,6-11) warnt vor der Habsucht, der Wurzel aller Übel. Wir sollen im Umgang mit den irdischen Gütern den Durchblick auf die größeren und ewigen Güter nicht verlieren.
Der dankbare Geheilte im Evangelium (Lk 17,11-19) fand zu Jesus zurück und warf sich vor ihm zu Boden. Er hat sich nicht nur über sein Glück gefreut, sondern hat sich erinnert, wem er diese Wohltat verdankt. Er sah nicht nur sich allein, sondern auch die Zusammenhänge, von denen er lebt. Sein Glaube hat ihm geholfen. So lautet der letzte Satz im heutigen Evangelium.
Möge das Erntedankfest unseren Blick weiten von der Schöpfung zum Schöpfer.
tasten, fühlen, schmecken
Die Lust, Essen zu fühlen
Kleine Kinder essen leidenschaftlich gerne mit den Fingern. Wenn es sich um halbfeste Lebensmittel wie Brot handelt, formen sie daraus Figuren und kneten die weiche Masse intensiv durch. Und wenn es um zähflüssige, klebrige Lebensmittel geht wie Marmelade, Brei oder Kuchenteig, dann verschmieren sie diese mit Freude im ganzen Gesicht. Ist das alles nur kindliches Unverständnis? Tun Kinder das nur, weil sie noch nicht „sachgerecht“ mit Speisen umgehen können? Fehlt ihnen schlichtweg die entsprechende Motorik?
Klar, größere Kinder und Erwachsene haben gelernt, die verschiedenen Esswerkzeuge fachgerecht zu bedienen: Messer, Gabel und Löffel. Das ermöglicht es ihnen, die Speisen sauber zu verzehren. Es verringert die Lebensmittelverluste, weil die Nahrung nicht an Händen und Gesicht kleben bleibt. Und es erlaubt den Verzehr richtig heißer Speisen, bei deren Berührung wir uns die Finger verbrennen würden. Daher betrachten wir das Essen mit Besteck als Zeichen unserer Kultur und als Ausweis einer „guten Kinderstube“. Wir fühlen uns den Menschen im „finsteren Mittelalter“ meilenweit überlegen, die zum Essen bestenfalls einen Löffel hatten, die meisten Speisen aber mit den bloßen Händen griffen. Und nur für wenige Speisen erachten wir es als statthaft, sie beim Verzehr in die Hände zu nehmen: Für bestimmte Sorten Obst zum Beispiel oder für Geflügel.
Wir übersehen aber, dass die Kinder das Formen und Verschmieren von Nahrung mit großer Lust vollziehen. Nicht Langeweile oder Unwissen bewegen sie dazu, sondern die erkennbare Lust, das Essen zu ertasten und seine Berührung auszukosten. Insofern genießen Kinder das Essen mehr als Erwachsene, denn der Tastsinn rückt beim kultivierten Essen mit Besteck fast völlig in den Hintergrund. Nur noch der Mund ertastet die Nahrung und spürt, ob sie weich ist oder hart, zäh oder knackig.
Während die anderen vier Sinne bei einem gepflegten Mahl voll auf ihre Kosten kommen, wird der Tastsinn weitgehend ausgeschaltet. Das ist ein nicht zu unterschätzender Verlust. Und er wiegt umso schwerer, als das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Berührungslosigkeit ist. Sensoren nehmen uns die Berührung von Gegenständen ab, in den alltäglichen Beziehungen herrschen distanzierte Umgangsformen vor, Körperberührungen unterliegen schnell dem Verdacht der Übergriffigkeit. So paradox es klingt, aber bald berühren wir überhaupt nur noch Touch Screens.
Die Lust, das Brot zu brechen
Das Evangelium vermittelt uns von Jesus ein dezidiert anderes Bild. Er berührt alles und alle, und seine Berührungen heilen. Er ergreift eine Hand, umarmt ein Kind, legt die Hand auf den Kopf einer Kranken. Und er lässt sich berühren, auch von Menschen, die nach dem jüdischen Gesetz als unrein gelten. Jesus ist ein „kontaktfreudiger“ Mensch im wörtlichen Sinn, ein „berührungsfreudiger“ Mensch, und das tut den Menschen in seiner Nähe und ihm selber sehr gut.
Auch einen Großteil seiner Nahrung hat Jesus wie alle Menschen seiner Zeit mit den Händen gegriffen und zum Mund geführt. In besonderer Weise hat dies offensichtlich für das Brot gegolten. Das Brechen des Brotes, von dem wir im Evangelium gehört haben, vollzieht Jesus offensichtlich so einmalig, dass ihn die Emmausjünger am Osterabend genau daran erkennen (Lk 24,31). Nicht am Klang seiner Stimme. Nicht an seinem Gang. Sondern an seiner Art, das Brot zu brechen. Das ist Er, unverwechselbar und einzigartig.
Brot brechen ist ein Tun mit den Händen. Wer Brot bricht, spürt seine Oberfläche, seine Struktur, seine Feuchtigkeit, seine Festigkeit. Ein feines Weißbrot fühlt sich anders an als ein grobes Vollkornbrot. Ein hartes Knäckebrot bricht, ein weicher Brotfladen reißt. Die jesuanische Praxis des Brotbrechens ist ein Feuerwerk an Eindrücken für den Tastsinn. Und die gebrochenen Stücke wandern weiter durch die Hände der austeilenden Jünger in die Hände der hungrigen Menschen. Von Hand zu Hand wandert das Brot, als „handgreifliche Speise“, wird berührt und erspürt. Diese Berührung ist sehr lustvoll. Sie weckt Vorfreude auf den Verzehr, denn was gibt es Köstlicheres als ein gutes Brot! Auch hier also, im Umgang mit den Lebensmitteln, ist Jesus kontaktfreudig. Und jene, die Angst vor einer falschen Berührung von Speisen haben, nämlich die Pharisäer, kritisiert er heftig (Mk 7,1-23).
Die „handgreifliche Speise“ Brot
Liebe Schwestern und Brüder, auch in unserer so berührungsarmen Mahlkultur der modernen Industriegesellschaften gehört das Brot zu den Speisen, die mit den Händen angegriffen werden dürfen. Nur in vornehmen Hotels wird es mit einer Zange aus dem Korb genommen. Doch die spirituelle Chance, die uns damit eröffnet wird, nutzen wir viel zu wenig. Heute an Erntedank lade ich Sie ein, das Brot bei Ihrer nächsten Mahlzeit einmal mit geschlossenen Augen zu betasten. Spüren Sie, wie wundervoll diese Berührung ist! Und tun Sie das ruhig immer wieder. Sie werden sehen, es wird Ihren Genuss des Essens und Trinkens intensivieren. Und wer intensiv genießt, wird dankbarer für das, was er genießt. Er ahnt tiefer die Kostbarkeit der Nahrung.
Gerne können Sie das Berühren der Nahrung auch an anderen Lebensmitteln mit geschlossenen Augen ausprobieren. Vor allem aber lade ich Sie ein, jenes Brot so aufmerksam zu empfangen, das wir hier im Gottesdienst brechen und das wir Gott sei Dank seit dem II. Vatikanischen Konzil wieder wie zu Jesu Zeiten in der Hand empfangen. Die Handfläche ist eine der drei tastempfindlichsten Zonen unseres Körpers. Nur die Fußsohlen und die Gesichtshaut sind ähnlich sensibel für Berührungen. Wenn wir die Eucharistie auf unserer Handfläche entgegennehmen, dann berührt uns Jesus an einer der empfindsamsten Stellen unseres Körpers. Er rührt uns an mit seiner überfließenden Zärtlichkeit, mit seiner leidenschaftlichen Fürsorge und mit seiner grenzenlosen Hingabe. Er berührt uns so wie damals die Kranken, die Ausgegrenzten und die Kinder. Schließen Sie die Augen, wenn Ihnen das eucharistische Brot auf die Hand gelegt wird! Nehmen Sie es mit größter Ehrfurcht und Dankbarkeit entgegen! Und genießen Sie lustvoll diese atemberaubende leibhaftige Nähe Gottes!
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, ihr Kinder zeigt uns am unverstelltesten, wie lustvoll es ist, eine Berührung der Lebensmittel zu erleben und zu genießen. Ihr macht uns deutlich, was wir Erwachsenen verlieren, wenn wir uns allzu enge Tischsitten auferlegen. Und dann wundern wir uns, dass wir die Lebensmittel, die der Schöpfer wachsen lässt, nicht mehr wertschätzen. Wer mit allen Sinnen wirklich genussvoll isst und trinkt, kann gar nicht anders als dankbar sein. Er wird innehalten und dem danken, der ihm so Köstliches geschenkt hat.
© Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Linz
Danken, bitten und Vertrauen stärken
Leben im Überfluss
Auch wenn unwetterbedingt Ernteausfälle zu beklagen sind und betroffene Bauern damit in beträchtliche Nöte geraten sind, leben wir insgesamt im Überfluss. Beim Einkaufen werden wir von den Ernteausfällen gar nichts bemerken. Wir haben einen Überfluss an Lebensmitteln, und es steht uns ein Warenangebot zur Verfügung wie noch nie zuvor. Fast könnten wir uns sorglos zurücklehnen wie der Gutsbesitzer im Lukasevangelium (Lk 12, 19) und sagen: "Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens!" und vergessen, dafür Gott zu danken.
Wenn wir genauer hinschauen, haben wir auch einen Überfluss an Problemen, über die wir nicht hinwegschauen dürfen: Nicht alle Menschen haben teil am Überfluss. Viel zu viele leiden noch bittere Armut und Hunger. Sie sind nicht fähig, aus eigener Kraft ihrer Not zu entkommen. Wer wird ihnen helfen? Wie können gerechtere politische und ökonomische Verhältnisse geschaffen werden?
Seit Jahren beobachten wir klimatische Veränderungen, von denen wir nicht genau sagen können, wodurch sie verursacht werden. Es besteht der dringende Verdacht, dass unser unbedachtes Leben im Überfluss diese mitverursacht. Und es ist zu befürchten, dass wir erst am Anfang einer Entwicklung stehen, die wieder vor allem die Ärmsten am härtesten trifft. Millionen von Menschen sind auf der Flucht vor Kriegen wie auch vor Dürre- und Hungerkatastrophen.
Kopfzerbrechen bereiten uns auch der Einsatz chemischer Mittel bei der Produktion von Lebensmitteln und der Ausstoß von Schadstoffen seitens der Industrie, die unsere Umwelt belasten.
Dank
Erntedank ist ein Innehalten am Ende der Erntezeit. Wir danken Gott für die Fülle der Lebensmittel, die uns zur Verfügung stehen. Wir danken bei dieser Gelegenheit auch allen Menschen, die in der Erzeugung von Lebensmitteln mitarbeiten. Darüber hinaus danken wir allen, die sich dafür einsetzen, dass möglichst viele Menschen gut leben können.
Bitte
Unser Dank ist zugleich auch eine Bitte: Eine Bitte an den Schöpfer, dass er auch in Zukunft wachsen lässt, was wir zum Leben brauchen.
Mit unserem Dank bitten wir auch alle, die an der Herstellung und Verteilung von Lebensmitteln mitwirken, dass sie sich ihrer Verantwortung für die Gesundheit und das Wohl aller Menschen bewusst sind.
Mit unserem Dank verbinden wir aber auch Bitten an jeden einzelnen Nutznießer des Überflusses an Gütern: Vergessen wir jene nicht, die vom Reichtum unserer Zivilisation ausgeschlossen sind, auch wenn wir für ihre Nöte keine schnellen Lösungen bereit haben.
Auch wir tragen Mitverantwortung für unsere Umwelt und für die Zukunft unseres Planeten, auch wenn uns unsere Mitverantwortung zeitweise überfordert und wir uns nicht gerne daran erinnern lassen. Erntedank ist auch die gegenseitige Bitte an uns alle, dass wir unsere Augen nicht vor den Problemen verschließen und uns+ am gesellschaftlichen Dialog, der diesbezüglich notwendig ist, teilnehmen.
Vertrauen stärken
Neben der Aufforderung zu Danken und den damit verbundenen Bitten beinhaltet das Erntedankfest noch eine dritte Aufforderung an uns alle: Es gilt das Vertrauen zu stärken, das Vertrauen in Gott wie auch das Vertrauen in unsere Mitmenschen. Dies scheint mir in einer Zeit, da nicht wenige Kräfte Interesse daran haben, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu destabilisieren, erneut wichtig. Wechselseitiges Vertrauen ist ein hohes Gut, das nicht von selbst entsteht sondern wie unsere Erntefrüchte dem Wachstum unterworfen ist. Es fällt nicht vom Himmel. Und es kann auch zugrunde gehen, "verfaulen" oder zerstört werden.
Die biblischen Texte (z.B. Dtn 6,4-12 oder Ez 36,1-12) werden nicht müde in Erinnerung zu rufen, wie Gott uns bisher getragen und ernährt hat. Sie möchten in den Lesern und Hörern das Vertrauen stärken, dass Gott auch in Zukunft für uns sorgen wird, auch wenn wir selbst unseren Teil dazu beitragen müssen.
Das Zusammenwirken der Menschen ist keine Selbstverständlichkeit. Es treten immer wieder Kräfte auf, die Zwietracht, Neid und Hass säen, die Menschen entzweien und daran hindern, an einem gemeinsamen Strang zu ziehen. Ich halte es für wichtig und notwendig, dass sich alle Menschen über die Grenzen von religiösen, ideologischen und nationalen Interessen hinweg vernetzen und jenen entschlossen entgegentreten, die einer friedlichen und gerechten Zukunft für alle Menschen entgegenarbeiten.
Vertrauen kann wachsen, wenn wir uns immer wieder all das Positive vor Augen halten, das durch Zusammenhalt und dauerhaften Frieden möglich geworden ist. Reiche Ernten auch in Zukunft sind am meisten bedroht durch persönliche und nationale Egoismen, die zu Krieg und Terror führen. Hier entgegenzuwirken ist auch unsere Herausforderung.
Ein Ohr für die Schöpfung
Vielfalt der Geräusche…
Der Schriftsteller Frederik Hetmann (1934 - 2006) erzählt folgende Geschichte:
„Eines Tages verließ ein Indianer die Reservation und besuchte einen weißen Mann, mit dem er befreundet war. In einer Stadt zu sein, mit all dem Lärm, den Autos und den vielen Menschen um sich - all dies war ganz neuartig und auch ein wenig verwirrend für den Indianer. Die beiden Männer gingen die Straße entlang, als plötzlich der Indianer seinem Freund auf die Schulter tippte und ruhig sagte: „Bleib einmal stehen. Hörst du auch, was ich höre?" Der weiße Freund des roten Mannes horchte, lächelte und sagte dann: „Alles, was ich höre, ist das Hupen der Autos und das Rattern der Omnibusse. Und dann freilich auch die Stimmen und die Schritte der vielen Menschen. Was hörst du denn?" „Ich höre ganz in der Nähe eine Grille zirpen", antwortete der Indianer. Wieder horchte der weiße Mann. Er schüttelte den Kopf. „Du musst dich täuschen", meinte er dann, „hier gibt es keine Grillen. Und selbst wenn es hier irgendwo eine Grille gäbe, würde man doch ihr Zirpen bei dem Lärm, den die Autos machen, nicht hören." Der Indianer ging ein paar Schritte. Vor einer Hauswand blieb er stehen. Wilder Wein rankte an der Mauer. Er schob die Blätter auseinander, und da - sehr zum Erstaunen des weißen Mannes - saß tatsächlich eine Grille, die laut zirpte. Nun, da der weiße Mann die Grille sehen konnte, fiel auch ihm das Geräusch auf, das sie von sich gab.
Als sie weitergegangen waren, sagte der Weiße nach einer Weile zu seinem Freund, dem Indianer: „Natürlich hast du die Grille hören können. Dein Gehör ist eben besser geschult als meines. Indianer können besser hören als Weiße." Der Indianer lächelte, schüttelte den Kopf und erwiderte: „Da täuschst du dich, mein Freund. Das Gehör eines Indianers ist nicht besser und nicht schlechter als das eines weißen Mannes. Pass auf, ich will es dir beweisen!" Er griff in die Tasche, holte ein 50-Cent-Stück hervor und warf es auf das Pflaster. Es klimperte auf dem Asphalt und die Leute, die mehrere Meter von dem weißen und dem roten Mann entfernt gingen, wurden auf das Geräusch aufmerksam und sahen sich um. Endlich hob einer das Geldstück auf, steckte es ein und ging seines Weges. „Siehst du", sagte der Indianer zu seinem Freund, „das Geräusch, das das 50-Cent-Stück gemacht hat, war nicht lauter als das der Grille, und doch hörten es viele der weißen Männer und drehten sich danach um, während das Geräusch der Grille niemand hörte außer mir. Der Grund dafür liegt nicht darin, dass das Gehör der Indianer besser ist. Der Grund liegt darin, dass wir alle stets das gut hören, worauf wir zu achten gewohnt sind.""
„...dass wir alle stets das gut hören, worauf wir zu achten gewohnt sind." Ja, Hören ist ebenso eine Frage der Schulung und Übung wie Lesen und Schreiben. Die Ohren hören eine Menge - aber viel davon kommt nicht im Gehirn an, weil dieses auf ganz bestimmte Geräusche trainiert ist. Aus den vielen Geräuschen filtert es das aus, worauf es zu achten geschult ist. Fragen wir uns also: Worauf schulen wir unser Gehör? Und fragen wir uns das heute am Erntedanksonntag exakt im Zusammenhang mit der Herstellung, der Verarbeitung und dem Verzehr von Lebensmitteln.
…im Kontext der Ernährung
Was hört der moderne Landwirt, wenn er seinen Acker bestellt? Schalldicht abgeschlossen sitzt er in der Kabine seines Traktors, einen Kopfhörer aufgesetzt, über den er Musik oder Nachrichten hört. Was er oft nicht hört: Das Rauschen des Windes in den Halmen des Getreides und den Blättern des Maises; das vielstimmige Singen der Vögel und das Schreien eines Tieres im Feld; das Heranziehen eines Gewitters, das ein leiser Donner von Ferne andeutet.
Und was hört der Koch oder die Köchin während des Kochens? Dasselbe wie der Landwirt - ein Radioprogramm? Oder vielleicht doch das rhythmische Klopfen und Reiben des Messers auf dem Brettchen beim Schneiden von Gemüse, das trockene Ratschen beim Reiben von Käse, das sanfte Blubbern kochenden Wassers, den lauten Plopp beim Entkorken einer Weinflasche oder das Knirschen der Kaffeebohnen beim Mahlen des Kaffees?
Was schließlich hören Essende während der Mahlzeit? Das laute Krachen einer knackigen Brotrinde oder von Chips? Das Schlürfen eines guten Gläschens Wein und das Klingen beim Anstoßen mit den Gläsern? Das Klappern des Bestecks? Das Knirschen, wenn etwas Hartes von den Zähnen zermahlen wird? Studien zeigen, dass Menschen leichter erkennen, was sie essen, wenn sie dabei die typischen Kaugeräusche hören können.
Im Zusammenhang mit der Ernährung ein Ohr für die Schöpfung haben bedeutet also, sehr vielfältige Geräusche wahrzunehmen. Wir essen und trinken mit den Ohren. Der Genuss steigt ebenso wie die Unterscheidungsfähigkeit, wenn wir bei der Mahlzeit ganz Ohr sind. Aber sind wir im Sinne der Geschichte von dem Indianer und seinem Freund dafür eigentlich geschult? Haben wir die nötige Achtsamkeit für diese Geräusche?
Jesus öffnet unsere Ohren
In den beiden Schrifttexten, die wir gehört haben, werden wir jedenfalls gemahnt, aufmerksam hinzuhören. „Höre, Israel!" So beginnt der berühmte Text aus dem Buch Deuteronomium, den jeder Jude auswendig kann und Tag für Tag bei vielen Gelegenheiten spricht: Beim Aufstehen am Morgen und beim Schlafengehen am Abend, beim Sitzen und Gehen, beim Betreten oder Verlassen eines Hauses. „Höre, Israel!" Das meint ganz besonders: Denk an die Weinberge und Ölbäume, die Äcker und Wiesen, mit denen du reich beschenkt bist, um dich zu ernähren. Höre, Israel, „wenn du isst und satt wirst". Schnell lässt uns die Sattheit unseres Wohlstands das Hören vergessen. Doch für Menschen, die an den Schöpfer glauben, soll das nicht sein. Papst Franziskus schreibt in seiner Enzyklika „Laudato si": „Die Schöpfung zu betrachten bedeutet für den Gläubigen auch, eine Botschaft zu hören, eine paradoxe und lautlose Stimme wahrzunehmen." (LS 85[1])
Und an anderer Stelle fragt der Papst: „Die Natur ist voll von Worten der Liebe. Doch wie können wir sie hören mitten im ständigen Lärm, in der fortdauernden und begierigen Zerstreuung oder im Kult der äußeren Erscheinung?" (LS 225) Die Welt ist so laut, so lärmend geworden, dass wir die entscheidenden Geräusche der Schöpfung nicht mehr hören, die uns von der Liebe des Schöpfers erzählen wollen. Ja, wir gleichen oft dem Taubstummen, dem Jesus im heutigen Evangelium begegnet. Wie ihm muss er auch uns die Finger in die Ohren legen, damit sie sich wieder öffnen und fähig werden zu hören.
Wie zu ihm muss er auch zu uns sagen: Effata!, das heißt: Öffne dich!
Die Nahrung hören lernen
Liebe Schwestern und Brüder, Erntedank feiern heißt auch, ein Ohr für die Schöpfung zu haben. Ein Ohr für ihre unmittelbaren Geräusche. Und ein Ohr für alles, was sie uns durch ihre Geräusche hindurch erzählen möchte: Von der Güte des Schöpfers; von ihrer Zerbrechlichkeit und Schutzbedürftigkeit; von unserer Angewiesenheit und Abhängigkeit; von unserem Beschenktsein. - Worauf sind unsere Ohren trainiert zu hören? Ist es die klingende Münze wie in der Geschichte des Indianers? Oder ist es das Zirpen der Grille im Blattwerk des wilden Weins? Ich wünsche uns, dass wir gerade beim Zubereiten und Verzehr unserer Nahrung „ganz Ohr sind". Es tut uns gut. Und der Schöpfung auch.
© Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Linz
Anmerkung: Das Motto des Erntedanksonntags wurde übernommen von der OeKU, der ökumenischen Arbeitsstelle Kirchen und Umwelt in der Schweiz. Bei dieser Stelle können unter www.oeku.ch auch weitere Materialien zum Thema und für die Schöpfungszeit vom 1.9. bis zum 4.10. bezogen werden.
Erntedank
Danken macht zufriedener
Heute haben wir Erntefrüchte in die Kirche gebracht. Wir danken für das, was gewachsen ist auf dem Feld und im Garten, im Wald und im Stall. Wir danken auch für alle Dinge, die wir im Alltag gebrauchen, das Haus, die Wohnung, das Auto und das Geld. Besonders danken wir für die Mitmenschen. Alles ist uns geschenkt. Auch mein Körper, meine Seele, mein Geist.
Wir können zusammenfassen: Wir stehen im Lebenszusammenhang des Beschenktseins und des Empfangens, gemeinsam mit vielen Menschen und der Schöpfung. Sonst könnten wir nicht leben.
Danken macht zufriedener. Es ist nichts selbstverständlich in unserm Leben. Wir wollen das heute ausdrücklich tun. Besonders dafür, dass wir leben. Dass uns liebe Menschen wie Geschenke zugeführt wurden. Wir konnten sie nicht kaufen, den Ehepartner, die Kinder und Freunde. Sie machen uner Leben reich.
Ja sagen zu Gott
Und wenn momentan scheinbar in meinem Leben nichts zum Danken da ist: wenn Krankheit quält, Schweres drückt, die Freude nimmt und mich depressiv Machen will.
Wenn mir nicht nach Danken zumute ist, dann darf ich den Blick erheben zu Gott, der mich dennoch nicht verlässt. Es gibt auch in schwierigen Zeiten viele kleine und größere Geschenke, Dinge, die weiterhin in meinem Leben da sind, die ich zu übersehen neige. Treue Dienste der Mitmenschen. Auch dafür bin ich eingeladen, dankbar zu bleiben.
Vielleicht können wir heute versuchen – auch wenn es jemand schwer fällt - dem Herrn ein tiefes Ja zu sagen. Der Barmherzigkeits-Jesus der Sr. Faustina von Krakau lädt uns ein, auch in schier aussichtsloser Situation noch zu sagen: „Jesus, ich vertraue auf Dich!“, denn vielleicht dürfen wir noch glauben lernen, dass Gott auch bei schwerem Kreuz und Leid auch seine ganze Treue und Liebe schenkt. Menschen, die diesen Schritt tun, haben eine gewisse Austrahlung. Man kann innere Freiheit spüren und Gelöstheit.
Danken und Teilen
Ein älterer Mann stieg in den Stadtbus. Ihm gegenüber fand eine junge Dame Platz. Sie schaute fasziniert, begeistert auf die Blumen im Schoß des Mannes: ein Strauß roter Rosen. Was mochte in ihr vorgehen? Der Mann hatte seine Haltestation erreicht. Es war der Friedhof. Er sagte: „Meine Frau hat nichts dagegen, ja sie wird sich freuen!“ Und er drückte den Rosenstrauß der jungen Frau, die große Augen machte, in den Arm, stieg aus und verschwand in den Friedhof.
Diese Erfahfung kennen wir: Im Geben werde ich nicht leerer und ärmer, sondern frei und froh. Geben ist die höchste Form der Dankbarkeit.
Heute am Erntesonntag danken wir für das, was Gott zum Leben schenkt. Rechtes Danken hält nicht fest, sondern gibt weiter, stellt sich in den Strom des Empfangens und Verschenkens. Jesus versichert: Wer gibt, dem wird gegeben, 30-fach,60-fach, 100-fach.Wenn wir mit Gottes Hilfe - auch in den kleinsten Dingen - etwas von uns verschenken, entsteht in uns Freiraum, steckt dies andere an und wir werden froh. Vieles, oft das Doppelte, schenkt uns Gott zurück. Wenn wir eifersüchtig - auch in den kleinsten Dingen - etwas für uns festhalten, vermauert es sich, geht es verloren und stirbt. Wir werden nicht froh. In Beziehungen ist Festhalten Gift. Wir dürfen dankbar sein dafür, dass wir den Nächsten haben, und lassen ihm demnach auch den Freiraum, den er braucht, um sich zu entwickeln. In Ehen klagen Partner manchmal über das Festhalten und Überwachtsein durch den Partner. Da kann keine Dankbarkeit füreinander wachsen, es führt zu Ärger und Ablehnung.
Jesus formuliert im Evangelium das Gegenteil von Haben-wollen: Dein Glaube hat dir geholfen!“ Glauben ist Vertrauen, ein Grundpfeiler unseres Lebens.
An Erntedank auch für die Almen danken
Wandern in den Alpen
Vielleicht waren manche von Ihnen schon einmal in den italienischen oder französischen Alpen zum Wandern. Wenn ja, dann ist Ihnen sicher der große Unterschied zu den schweizerischen, österreichischen und deutschen Alpen aufgefallen: In Italien und Frankreich sind die meisten Almen verwaist, die Almhütten eingefallen, die Weiden verbuscht und bewaldet. Die typischen Almlandschaften, die jahrhundertelang fast flächendeckend verbreitet waren, gibt es dort nicht mehr.
Womöglich werden manche spontan sagen: Da holt sich die Natur zurück, was der Mensch ihr mit der Rodung der Bergwälder einst genommen hat. Da wächst wieder eine „natürliche", nicht vom Menschen gestaltete Vegetation heran. Doch ist der Verlust der Almen so leicht abzuhaken? Kann man den Traditionsbruch, den das Verlassen der Almen darstellt, so einfach beiseiteschieben?
Die vielfältige Bedeutung der Almen
Historisch betrachtet ist die heutige Almlandschaft der Alpen im Wesentlichen im Hochmittelalter entstanden. Zwar gab es zum Beispiel auf dem Dachstein-Hochplateau schon von 1700 bis 900 vor Chr. eine bronzezeitliche Almwirtschaft mit 28 Almen, um die Arbeiter des Salzbergbaus in Hallstatt mit ausreichender Nahrung zu versorgen. Ohne die Almwirtschaft wäre der Bergbau dort gar nicht möglich gewesen. Daher fand an allen Bergbaustandorten in den Alpen bereits in dieser frühen Phase Almwirtschaft statt. Doch eine systematische und flächendeckende Erschließung der höheren Lagen zur Sommerbewirtschaftung war erst nötig, als die alpine Bevölkerung ihren Höchststand erreichte - und das war im 12. und 13. Jahrhundert. Seitdem sehen die Alpen unterhalb der Baumgrenze so aus, wie wir sie kennen.
Welche Bedeutung haben die Almen aber in einer modernen Industriegesellschaft? Warum kann man sie nicht einfach aufgeben? Warum setzen die nationalen Regierungen und die Europäische Union Fördermittel für die Almbewirtschaftung ein?
Natürlich ist das wundervolle Landschaftsbildam auffälligsten, das durch die Almen erzeugt wird: Statt eintöniger Berghänge, die flächendeckend bewaldet sind, ist der Wechsel von Wald und Almweide eine Wohltat für die Augen. Hinzu kommen die bunten Blumen auf den Almwiesen, die uns erfreuen. Das ist der schönste, aber zugleich der nebensächlichste Aspekt der Almen.
Ökologisch betrachtet von höchster Bedeutung ist die Funktion der Almen für die Artenvielfalt: Die Alpen gehören mit etwa 30 000 Tier- und 13 000 Pflanzenarten zu den artenreichsten Gebieten Europas. Eine große Zahl von ihnen kann in dieser Höhe nur dann leben, wenn sie nicht vom Wald verdrängt wird. Die Artenvielfalt der Berge ist menschengemacht.
Ursprünglich war die wichtigste Funktion der Almen die Lebensmittelgewinnung: Weil die Felder und Wiesen im Tal als Lebensgrundlage für die Bevölkerung nicht ausreichten, musste man auch die höheren Lagen erschließen und landwirtschaftlich nutzen. Heute haben wir eine so mühsame Erarbeitung von Lebensmitteln nicht mehr nötig, weswegen die Almwirtschaft ohne Fördermittel nicht mehr lebensfähig ist.
Dennoch verdanken wir der Almwirtschaft sehr viel, unter anderem unsere vielfältige und hochentwickelte Käsekultur: Seit einiger Zeit vergibt die Europäische Union für bestimmte Lebensmittel die sogenannte „geschützte Ursprungsbezeichnung". Diese besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem dort traditionell anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. In Österreich sind sechs von acht Lebensmitteln mit geschützter Ursprungsbezeichnung Bergkäsesorten, in Deutschland fünf von zwölf. Mit den Almen ginge ein zentrales Stück unserer Ernährungskultur verloren.
Der Lebensraum Berge in der Bibel
Liebe Schwestern und Brüder, Israel kennt keine Almen, die nur im Sommer bewirtschaftet würden. Das Klima ist so warm, dass man selbst auf den höchsten Bergen ganzjährig Landwirtschaft treiben kann. Deshalb ist Israel ein Volk der Berge. In den fruchtbaren Ebenen am Meer und am Jordan wohnen die Philister und die Kanaanäer. Die haben modernste Waffen, so dass die Israeliten sie nicht besiegen können. Also ziehen sie sich in die Berge zurück, wo sie nur schwer angegriffen werden können und weitgehend in Ruhe gelassen werden (Jdt 7,10). Ihre Gegner trösten sich damit, dass Israel nur in den Bergen stark ist, denn sie sagen: „Ihr Gott ist ein Gott der Berge" (1 Kön 20,23. 28).
Für Israel sind die Berge Lebensraum und Nahrungsquelle zugleich:
- ein Lebensraum der Tiere, denn „die hohen Berge gehören dem Steinbock, dem Klippdachs bieten die Felsen Zuflucht." (Ps 104,18).
- ein lebensnotwendiges Wasserreservoir, denn „du tränkst die Berge aus deinen Kammern, aus deinen Wolken wird die Erde satt." (Ps 104,13).
- die Kornkammer des Landes, denn „im Land gebe es Korn in Fülle. Es rausche auf dem Gipfel der Berge." (Ps 72,16).
Besonders aber ist die Fruchtbarkeit der Berge ein Sinnbild für das Leben des Volkes Israel, wie uns die Lesung aus dem Buch Ezechiel eindrücklich verdeutlicht (Ez 36): „Ihr aber, ihr Berge Israels, sollt wieder grün werden und Früchte hervorbringen für mein Volk Israel; denn es wird bald zurückkommen. Seht, ich wende mich euch wieder zu und dann ackert und sät man wieder auf euch und ich lasse viele Menschen dort leben, das ganze Haus Israel... Ich lasse viele Menschen und Tiere auf euch leben und sie werden sich vermehren und fruchtbar sein."
Mit der Deportation der Jerusalemer Oberschicht ins babylonische Exil waren die Berge verödet und wurden kaum noch landwirtschaftlich genutzt. Vier Jahrzehnte später prophezeit Ezechiel, dass dieser Zustand bald ein Ende hat. Das Bergvolk Israel darf in seine Berge zurückkehren. Aber Ezechiel richtet seine Botschaft nicht an die Menschen, sondern an die Berge: Ihnen verkündet er Heil und erneutes Wohlergehen. An sie denkt Gott ganz unmittelbar, als er sein Volk befreit.
Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, warum Matthäus so viel Wert darauf legt, dass Jesus seine Predigt über die Fülle der Nahrung für Pflanzen und Tiere auf einem Berg verkündet. Wo sonst könnten die Israeliten so augenscheinlich an die Großzügigkeit des Vaters im Himmel erinnert werden wie dort, wo alles voll ist von Lebensmitteln? Wo sonst könnten sie die Sorglosigkeit und das Gottvertrauen besser lernen als dort, wo Gott ihnen Nahrung wachsen lässt?
An Erntedank auch für die Almen danken
Liebe Schwestern und Brüder, am heutigen Erntedanksonntag danken wir für alle Lebensmittel, die der Schöpfer in diesem Jahr hat wachsen lassen. Dazu gehören auch die würzige Bergbauernbutter, die geschmacksintensive Almenmilch und die vielen Käsesorten, die im Alpenraum produziert werden. Es ist großartig, dass es diese Lebensmittel gibt und dass sie anders schmecken als die Produkte aus dem Tal.
Aber danken heißt auch denken. Ohne unsere Unterstützung kann die Almwirtschaft nicht überleben. Wenn wir die Almen wertschätzen, sollten die Bergbauern und -bäuerinnen sie umweltbewusst pflegen, die SteuerzahlerInnen sie mit öffentlichen Mitteln unterstützen und die KonsumentInnen in ihrer Freizeit auf den Almen und im Alltag zuhause das essen und trinken, was dort produziert wird - zu fairen Preisen. Außerdem müssen wir auf der Hut sein, dass nicht immer mehr und größere Skipisten die lebendige Vielfalt der Almen verdrängen. Und schließlich sollte die Kirche in alpinen Gemeinden den Almauf- und abtrieb auch im 21. Jahrhundert selbstbewusst feiern: Als Bitte um und Dank für den gesunden, unfallfreien Aufenthalt von Mensch und Tier in großer Höhe.
In Italien und Frankreich sind die meisten Almen verwaist, die Hütten eingefallen, die Wiesen verbuscht und bewaldet. Die biblischen Texte erinnern uns daran, dass da ein wertvoller Lebensraum verlorengeht. Noch ist das bei uns nur vereinzelt der Fall. An uns allen - auch weit weg vom Gebirge - liegt es, den Lebensraum Berge für die Zukunft zu erhalten.
© Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, KTU Linz
Erntedank
Staunen
Heute haben wir die Kirche schön geschmückt. Es leuchtet und duftet. Schaut euch doch jetzt erst einmal um! Blumen, Kohl und Gemüse, Äpfel, Kartoffeln und Korn - alles, was wir zum Leben brauchen, was gut schmeckt, was unseren Hunger stillt. Zugewachsen ist uns das alles - sagen wir es auch: Wir sind reich beschenkt. "Danke" wollen wir heute sagen. "Danke" wollen wir singen.
1783 erzählt Matthias Claudius im Wandsbecker Boten von einem Erntedankfest auf dem Lande. Titel: "Paul Erdmanns Fest". Hören wir den Vorsänger, Hans Westen:
"Im Anfang war’s auf Erden
Nur finster, wüst, und leer;
Und sollt was sein und werden,
Mußt es woanders her.
So ist es zugegangen im Anfang, als Gott sprach;
und wie es angefangen, so geht’s noch diesen Tag."
Dann singen alle Bauern:
"Alle gute Gabe
Kam oben her, von Gott,
Vom schönen blauen Himmel herab!"
Mit eigener Melodie und sprachlich leicht verändert tritt dieses Bauernlied einen Siegeszug an.
"Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen, Wuchs und Gedeihen drauf."
Den Refrain singen alle:
"Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt
und hofft auf ihn."
Wer Gott dankt, kann auch mit großen Augen staunen. Der kann sich auch nicht satt sehen. Der nimmt nicht Dinge in die Hand, sondern Gaben - Gottes Gaben.
Wir leben, selbst auf dem Land, mit Supermärkten, Einkaufszentren - und ganz vielen Angeboten. Sie flattern uns mit der Zeitung ins Haus. Selbst Bohnen sind nicht davor gefeit, in einen Kampf gezogen zu werden. Wir regeln alles über den Preis. Dass gesät und geerntet wird, bekommen wir kaum mit. Wir zahlen an der Kasse, bar oder mit Karte.
Wer aber einen Garten hat, kann zusehen - wie alles wächst. Es ist schön, in einem Garten zu sitzen. Wenn die Sonne untergeht … wenn der Abend kommt. Was ich alles nicht machen kann! Nicht machen muss! Ich möchte wieder lernen - zu staunen.
Vögel unter dem Himmel und Lilien auf dem Feld
Jesus lenkt unsere Blicke auf die Vögel unter dem Himmel und auf die Lilien auf dem Feld. Jetzt heißt es, die Augen aufzumachen, genau hinzuschauen und sich verzaubern zu lassen. Widersprüche sind nicht möglich, auch nicht angezeigt. Die Vögel unter dem Himmel wie auch die Lilien auf dem Felde sind beschenkt. Sie arbeiten nicht, sie rechnen nicht, sie bilanzieren nicht. Sie kennen kein Soll, sie kennen kein Haben. Sie brauchen auch kein Budget, keine Kostenkontrolle. Die Vögel haben den Himmel für sich - und die Lilien überschütten die Erde mit Farben. Den Vögeln sehe ich nach. Sie sind schnell, zu schnell für meine Fotokunst. Aber den Lilien rücke ich mit meiner Digitalkamera auf den Leib. Wenigstens ein Bild will ich haben. Ein Bild!
Jesus hält übrigens seine große Antrittsrede, die wir als Bergpredigt kennen - vielleicht auch lieben gelernt haben. Er macht Vögel und Lilien zu Kronzeugen seiner Barmherzigkeit. Zu Kronzeugen der Schöpfung. Es ist, als ob Gott sein Geheimnis lüftet. Und unser Leben gut anschaut.
Matthias Claudius lässt uns singen:
"Er sendet Tau und Regen und Sonn und Mondenschein
und wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende in unser Feld und Brot
es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott."
Dann wieder in einem Chor:
"Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt
und hofft auf ihn."
Ich weiß: Selbst Landwirte haben ausgefeilte betriebswirtschaftliche Systeme, um ihre Produkte in den Griff zu bekommen. Ihre Produkte, ihre Produktpalette. Das Wort ist verführerisch. Letztlich entscheiden Produktmengen, Kennzahlen und Subventionen über Erfolg und Misserfolg. Staunen ist keine Kategorie, die bewertet werden könnte.
Als Erzeuger und Verbraucher - so heißen die Menschen wohl, die in diesem Spiel vorkommen - leben wir von etwas, das uns gegeben wird. Es gibt zwar eine Saatgutforschung, aber Saatgut wird nicht gemacht - es gibt hochtechnische Mähdrescher, aber die Ernte wird nicht gemacht. Wir säen und wir ernten - als Beschenkte. Als Beschenkte können wir "danke" sagen. Wer Ansprüche hat, kann klagen. Kann vor Gericht gehen. Kann den Rechtsweg beschreiten. - Es ist dieser kleine Blick hinter die Kulissen, der auch den Verstand schärft.
Dass auch das ein gutes, großes, großartiges Geschenk ist, was uns Arbeit macht oder beschert, wissen die zu gut, die arbeitslos geworden sind und mit ihrer Situation schwer oder gar nicht fertig werden. Geschenkt ist eigentlich alles: unser Leben, unsere Beziehungen, unsere Arbeit, unsere Träume. Es gibt nichts, was selbstverständlich ist, nichts, was wir nur in unserer Hand hätten.
Während wir unsere Möglichkeiten abwägen, Pläne und Karrieren schmieden, Erreichtes und noch nicht Erreichtes bilanzieren, werden uns - heute - mit der größten Selbstverständlichkeit, Vögel und Lilien vor die Augen gemalt. Und die Worte Jesu sind ebenso einfach wie eindrücklich: Seht euch die Vögel des Himmels an! Lernt von den Lilien auf dem Feld! Es könnte sein, dass wir größere Lehrmeister nicht finden - und auch nicht brauchen.
Herr und Frau Sorge
Noch einmal Matthias Claudius:
Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne, das Sandkorn und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter und Korn und Obst von ihm
das schöne Frühlingswetter und Schnee und Ungestüm.
Wieder resümiert der Chor:
"Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt
und hofft auf ihn."
Ein großes Vertrauen liegt in diesen Worten. Jesus erzählt von den Vögeln und von den Lilien, um uns die Sorge zu nehmen - und die Angst, wir könnten unser Leben verlieren, unsere Zukunft. Wenn Herr oder Frau Sorge zu uns kommen, verlieren wir den Kopf. Wir haben es nicht geschafft. Wir haben es wieder einmal mehr nicht geschafft. Wir spüren, wie es eng wird. Immer enger. Ist die Sorge erst einmal im Haus, werden wir sie auch so schnell nicht wieder los. Sie setzt sich ungefragt hin und bleibt einfach sitzen.
Ich weiß, dass für viele Menschen die Sorgen ständige Begleiter sind. Lebensmittel müssen billig sein, die Kleidung auch. Unternehmen, die arme und abhängige Menschen in der sog. Dritten Welt ausbeuten, machen dann doch immer noch Kasse bei uns. Armut ist käuflich - Reichtum nicht. Es gibt Armut unter uns. Zunehmend. In einem reichen Land. Viele merken die Kluft zwischen reich und arm. Ob die Vögel unter dem Himmel und die Lilien auf dem Felde trösten?
Aber Jesus spricht nicht nur von Vögeln und von Lilien: er spricht von der Gerechtigkeit, er spricht von dem Reich Gottes. Wer die Vögel unter dem Himmel sieht, wer die Pracht der Lilien bestaunt: der sieht die Not. Der sieht die Sorge. Der sieht die Angst. Die Vögel und die Lilien sind nicht nur Kronzeugen der Barmherzigkeit Gottes - sie sind auch Kronzeugen unserer Verantwortung. Jesus sagt: Ihr seid viel mehr als sie!
Heute haben wir die Kirche schön geschmückt. Es leuchtet und duftet. Schaut noch einmal umher. Blumen, Kohl und Gemüse, Äpfel, Kartoffeln und Korn - aber es ist mehr in diesem Raum, mitten unter uns: Hunger, Flucht, Vertreibungen - Sorgen und Ängste.
Jesus sagt: Euch aber muss es zuerst um sein - Gottes - Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Gemeinsam daheim. Lebensraum Siedlungen
"Der Marder"
In seinem Lied "Der Marder" erzählt der Liedermacher Reinhard Mey, wie er eines Nachts ein Rumoren auf dem Dachboden hört. Als er hinaufgeht und nachschaut, bemerkt er, dass sich dort eine Marderfamilie für den Winter einquartiert hat. Spontan geht Mey in Abwehrhaltung und will die Marderfamilie in seinem Haus nicht dulden. Er weiß, dass Marder gerne Autos beschädigen, weil sie dort in kalten Nächten die Wärme eben erst abgeschalteter Motoren suchen. Aber dann kommen ihm Zweifel und selbstkritische Fragen: Wer ist denn der größere Lebensraumzerstörer, der schlimmere Klimaschädiger, der rücksichtslosere Luftverpester? Der Marder? Oder vielleicht doch eher der Mensch? Angesichts solcher Fragen wird Mey allmählich immer zurückhaltender und nachdenklicher. Soll er die Marderfamilie vielleicht doch in seinem Haus beherbergen?
Zweifelsohne ist der Marder aus Sicht des Menschen ein Beispiel starker Konkurrenz. Nicht jedes freilebende Tier sucht die Nähe des Menschen, und nicht jedes, das sie sucht, richtet dabei so viel Schaden an. Es gibt harmlosere Gäste in menschlichen Behausungen: Die Schwalbe unterm Dach macht sich nützlich und frisst Insekten weg. Der Regenwurm im Garten lockert den Boden auf. Den Singvogel locken wir an, indem wir Nistkästen aufhängen, weil seine Nähe uns erfreut. Und wie es für Wohnhäuser gilt, so ist es auch in Kirchengebäuden: Mittlerweile ist es vielerorts sehr willkommen, wenn im Kirchturm Falken nisten und im alten Kirchendachstuhl Fledermäuse ihr Quartier aufschlagen. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Kleinlebewesen, deren Zuhause der Friedhof ist. Sie alle akzeptieren wir gerne und teilweise sogar mit Begeisterung.
Nützlinge oder Schädlinge?
Problematisch ist aber immer noch die scharfe Trennlinie, die wir Menschen zwischen "Nützlingen" und "Schädlingen" ziehen. Die einen beherbergen wir gerne, die anderen wollen wir mit Stumpf und Stiel ausrotten. Dabei vergessen wir, dass wir Menschen nicht mehr und nicht weniger Recht haben, auf dieser Erde einen Platz zu finden, als die Tiere - alle Tiere. "Nützlinge" oder "Schädlinge" sind die Tiere allein aus unserer anthropozentrischen Perspektive. Aus der Sicht des Ökosystems gibt es nur Nützlinge, denn kein Lebewesen ist im Laufe der Evolutionsgeschichte entstanden, ohne dass es einen Zweck, eine Funktion, einen Nutzen hätte. Und dieser Nutzen ist bei jedem Tier unersetzlich. Es hat seine ökologische Nische gefunden, in die nur es hineinpasst - keine andere Art sonst (zumindest keine vom selben Kontinent).
Aus der Sicht des Schöpfers - seine Sicht ist die des Ökosystems, also des Ganzen - sind alle Tiere "Nützlinge". Aber mehr noch: Jenseits alles Nutzens liebt er sie - einfach so, aus überfließender Liebe und Fürsorge. Kein Geschöpf muss sich seine Existenzberechtigung durch einen Nutzen verdienen. Es darf einfach da sein. Gott hat einen Platz für es bereitet.
Platz in Gottes Herzen
Genau davon erzählen die heutigen Schriftlesungen. Im Evangelium erzählt Jesus, dass der Schöpfer für die Spatzen sorgt. Aus menschlicher Sicht sind sie ein paar Pfennige wert, für die man sie damals verkaufte. Aus der Sicht Gottes ist ihr Wert unendlich größer, denn er sorgt für sie Tag für Tag. Wenn nun schon die Spatzen für Gott einen so hohen Wert besitzen, um wieviel mehr dann die Menschen, fragt Jesus. Er spricht zu Armen und Geplagten, die ihren eigenen Wert nicht erkennen, die nicht glauben können, dass Gott sie liebt. Der Blick auf die Schöpfung kann ihnen helfen, denkt Jesus. Wer den Wert des Spatzen begreift, wird den Wert des Menschen umso besser verstehen. Damit gilt aber auch umgekehrt: Der Wert und die Würde des Menschen nehmen dem Spatzen nichts weg. Im Gegenteil: Je größer wir von der Würde des Menschen denken, umso mehr müssen wir auch die Würde des Spatzen betonen. Beide wachsen miteinander, nicht eine auf Kosten der anderen.
Der Text aus Psalm 84, den wir als Lesung gehört haben, unterstreicht diese Überlegung mit einer schlichten, aber sehr liebenswürdigen Beobachtung: "Auch der Sperling findet ein Haus und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, Herr der Heerscharen, mein Gott und mein König. Wohl denen, die wohnen in deinem Haus!" Der Psalmist beobachtet ganz offenbar, wie Sperling und Schwalbe im Dachgebälk des Jerusalemer Tempels nisten - und findet das großartig. Wenn die Tiere einen Platz in Gottes Herzen haben, dann auch in seinem Haus. Im Gotteshaus müssen Tiere nicht draußen bleiben. Die Tore stehen ihnen offen - für einen kurzen Besuch ebenso wie für eine dauerhafte Wohnung.
Genug Nahrung und genug Lebensraum
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, am heutigen Erntedankfest staunen wir darüber, dass Gott allen Geschöpfen genug Nahrung gibt - Menschen, Tieren und Pflanzen. Und ebenso staunen wir darüber, dass er allen Lebewesen genug Lebensraum gibt - Menschen, Tieren und Pflanzen. Angesichts dieser Großzügigkeit Gottes sollten wir denken und handeln wie er - und unsererseits Nahrung und Lebensraum teilen, wo immer es möglich ist - mit Menschen, Tieren und Pflanzen.
Fragen wir uns also ganz konkret: Geben wir in unseren Städten und Dörfern, Häusern und Kirchen wildlebenden Tieren einen Platz? Geben wir ihnen Gastrecht in "unserem" Wohn- und Arbeitsbereich? Heißen wir sie willkommen, auch wenn sie uns nichts nützen? Der Liedermacher Reinhard Mey gibt der Marderfamilie schlussendlich Obdach in seinem Haus: "Wir nennen es ein Mensch-Tier-Wohnprojekt, wir begegnen einander mit Respekt," fasst er seine Entscheidung zusammen. Und allmählich kann er den Marder sogar als Schutzengel wahrnehmen. So singt er seiner geliebten Ehefrau zu:
"Und bleibst du über Nacht bei mir,
fühl dich geborgen in meinem Arm, denn das Tier
ist ein Schutzengel und immer unsichtbar da:
Und wenn es über uns rumort und kracht,
küss ich dich zärtlich: Gute Nacht!
Schlaf ruhig ein, denn über allem wacht
der Marder!
Schlaf ruhig ein,
du kannst ganz sicher sein,
wir sind nicht allein,
über uns zwei'n da wacht
mein Marder!"
Ich wünsche uns allen, gerade heute an Erntedank, dass auch wir die tierlichen Schutzengel entdecken, die über uns wachen. Und dass wir in ihnen die überfließende Großzügigkeit Gottes entdecken.
© Dr. Michael Rosenberger, Linz
Dankbarkeit verwandelt
Für eine Kultur der Dankbarkeit
Beim Einkaufen habe ich schon öfter erlebt, dass die Kassierin irritiert war, weil ich als Kunde mich am Ende auch bedankt habe. Das scheint nicht selbstverständlich zu sein. Dass die Dame oder der Herr an der Kasse und die Bedienung in der Feinkostabteilung zu mir als Kunden freundlich sind und sich bedanken, erwarten wir. Ich halte ich es ab es für angebracht, auch "danke" zu sagen, selbst wenn ich mir als Kunde meines königlichen Standes bewusst bin. Die Kassierin ist für mich das letzte Glied in einer langen Kette, die daran mitgewirkt hat, dass ich das Gekaufte nutzen kann. Diese reicht zurück bis zum Produzenten bis zum Geber alles Guten, Gott selbst. "Danke" zu sagen ist eine Art Ritual und bringt zum Ausdruck, dass die Selbstverständlichkeit, mit der wir Waren erwerben, eigentlich keine Selbstverständlichkeit ist. Kindern beizubringen, "danke" zu sagen, ist mehr als Erziehung zu Höflichkeit. Es ist ein wichtiger Schritt religiöser Bewusstseinsbildung.
Einmal im Jahr feiern wir Erntedank, um Gott unsere Dankbarkeit für all das zu zeigen, was wir so selbstverständlich in Anspruch nehmen, ohne uns im Moment bewusst zu sein, dass es letztlich eine Gabe Gottes ist. Von daher versteht es sich von selbst, dass dieses Fest nicht nur eine Bringschuld der Bauern und Gärtner ist.
Erntedank ist auch Anlass, über unsere Kultur der Dankbarkeit nachzudenken. Die religiöse Praxis kann uns dazu wertvolle Denkanstöße geben. Der Höhepunkt kirchlichen Dankens ist die Eucharistiefeier. Das Wort Eucharistie kommt vom griechischen Wort für "danke" sagen. In der hl. Messe feiern wir das große Ritual der Dankbarkeit. Ein Blick darauf kann uns noch weitere Aspekte der Dankbarkeit erschließen.
Genießen als Akt der Dankbarkeit
In jeder Eucharistiefeier bekommen wir nicht nur etwas zu hören und zu sehen, sondern immer auch etwas zu essen und trinken. Auch wenn es symbolisch in einem kleinen Stück Brot und in einem Schluck Wein zusammengefasst ist, liegt darin die Aufforderung, das von Gott Gegebene zu genießen.
Symbole bedeuten immer mehr, als sie physikalisch oder physisch beinhalten. Das Brot und der Wein der Eucharistie repräsentieren alles, was Gott uns zum Leben gibt: das Leben selbst, alles was wir zum Leben brauchen, Essen und Trinken, bis hin zu allen geistigen Gaben wie Sinn und Liebe, die uns in Christus Jesus geschenkt sind. Wir sollen uns all das schenken lassen, einverleiben, verinnerlichen.
Die Gaben Gottes anzunehmen und dankbar zu genießen, ist der schönste Dank, den wir dem Geber abstatten können. Menschen, die ihr Leben wahrhaft und bewusst genießen, befinden sich auf dem Weg des Glaubens. Gott dies zu sagen und im Ritual zu zeigen, sind wesentliche Inhalte der Eucharistie.
Sorgsamer Umgang mit den Gaben Gottes
Ein weiterer Ausdruck der Dankbarkeit ist der sorgsame Umgang mit dem Gegebenen. Wenn ich etwas geschenkt bekomme, gehört es mir und ich kann darüber verfügen. In der Art und Weise, wie ich damit umgehe, zeige ich dem Schenkenden, wie sehr ich das Geschenkte schätze.
Im Hinblick auf Lebensmittel ist vielen Menschen das Gespür dafür abhanden gekommen. Unsere Kühlschränke beherbergen mehr, als wir essen können. Unvermeidlich kommt es zu einer nie dagewesenen Wegwerfkultur. Und das angesichts der Tatsache, dass ein großer Teil der Menschheit keine Chance hat, sich satt zu essen.
Ein sorgsamer Umgang mit den Gaben Gottes bringt über die Dankbarkeit hinaus auch unsere Mitverantwortung für die vorhandenen Ressourcen zum Ausdruck. Dass immer mehr Menschen darauf achten, wie umweltverträglich Lebensmittel hergestellt werden, ist ein gutes Zeichen der Mitverantwortung und der Dankbarkeit.
Miteinander teilen
Ein weiterer wichtiger Aspekt des eucharistischen Rituals ist das miteinander Teilen. Symbolisch wird das Brot gebrochen und an die Mitfeiernden verteilt. Niemand kann alleine Eucharistie feiern. Eucharistie wird immer in Gemeinschaft gefeiert. Essen und Trinken hält nicht nur Leib und Seele zusammen. In Gemeinschaft vollzogen hält es auch die Gemeinschaft zusammen. Was Gott uns gibt, fordert uns zum Teilen heraus. Dies gilt für alle Gaben Gottes: für die stofflichen wie auch für die geistigen Gaben.
Dankbarkeit Gott gegenüber wird uns unruhig machen gegenüber allen, die hungern. Wir können nicht Erntedank feiern, ohne dass wir auch an jene denken, die an unsere Türen klopfen, weil sie alles verloren haben, was sie zum Leben hatten, die sich aus politischer oder wirtschaftlicher Not gezwungen sahen, ihre Heimat zu verlassen, um anderswo eine neue Lebensgrundlage zu finden.
Eucharistie – eine Schule der Dankbarkeit, die verwandelt
Eucharistie feiern ist eine Schule der Dankbarkeit. Sie zeigt uns, dass es dabei um mehr geht als um eine Schuldigkeit. Echte Dankbarkeit ist eine Haltung, in die wir hineinwachsen müssen und die unser ganzes Leben verwandelt.
Dankbarkeit ausdrücken lernen
Erntedank - ein Fest des Dankes ist heute vorgesehen. Vielleicht geht es Ihnen auch so: Ich kann mich nicht dankbar fühlen, nur weil es heute im Kalender steht. Das Gefühl echter, aufrichtiger Dankbarkeit kommt von innen heraus, spontan, das kann ich nicht machen.
Spontaner Ausdruck der Dankbarkeit eines Kindes
Kinder sind da oft authentischer: Wenn ein Kind für etwas dankbar ist, kann es spontan auf die Idee kommen, dafür ein Dankfest zu feiern. So geschah es: ein Junge, etwa 6 Jahre alt, hatte sich den Arm gebrochen. Durch den Gips war er wochenlang eingeschränkt: er durfte nicht herumtoben und keinen Sport machen. Er konnte nicht basteln und nicht mit seinen Legos spielen. Bei vielem brauchte das Kind nun Hilfe und musste manchmal warten, bis jemand Zeit dafür hatte. Als der Gips dann endlich entfernt wurde: welche Befreiung! Endlich war wieder viel mehr möglich. Und der Junge war von Herzen dankbar dafür. Wohlgemerkt: er war nun dankbar für Dinge, die vor seinem Unfall alltäglich und selbstverständlich für ihn gewesen waren. Und an dem Tag, als das Kind endlich von dem Gipsarm befreit war, hatte es eine tolle Idee: Es lud seine Eltern und seinen Bruder zu einem „Gips-ab-Fest“ in sein Zimmer ein. Hinter verschlossener Tür bereitete der Junge alles dafür vor: Sitzgelegenheiten, Teller und Becher, Getränke und Knabbereien. So konnte die ganze Familie an seiner Freude und Dankbarkeit teilhaben.
Von diesem Jungen können wir Erwachsene einiges lernen: z. B. eben nach einer Krankheit die Genesung nicht als selbstverständlich abzuhaken, sondern die neuen Möglichkeiten bewusst zu genießen und die Dankbarkeit dafür auch zu zeigen.
Beispielhaft gezeigte Dankbarkeit eines geheilten Aussätzigen
Von einer ähnlichen Erfahrung erzählt auch das heutige Evangelium von der Heilung der zehn Aussätzigen. Zur Zeit Jesu litten Aussätzige nicht nur unter der Krankheit selbst, sondern sie waren auch vom Kontakt und Gemeinschaft mit den Gesunden ausgeschlossen. Sie mussten sogar andere von weitem laut warnen, damit diese dann einen großen Bogen um sie machen konnten. Und das nicht nur wegen der Ansteckungsgefahr, sondern auch, weil diese Kranken als Sünder galten. So ausgestoßen und kaum geduldet, erlebten sich die Aussätzigen von fast allen Lebensmöglichkeiten abgeschnitten.
Und dann diese Begegnung mit Jesus, der sie ansieht und ihnen damit Ansehen schenkt, der mit ihnen spricht und dabei Zukunft zuspricht. Das wirkt durch und durch heilsam. Geheilt werden alle zehn, und wie ist es mit der Dankbarkeit? Neun von ihnen sind beispielhaft gehorsam und gesetzestreu: Als allererstes gingen sie zu den Priestern, um von diesen ihre Heilung und Wiederaufnahme in die Gesellschaft offiziell bestätigen zu lassen. Das ist gut und richtig – genauso wie es gut und richtig ist, heute dass wir heute Erntedank feiern wie es im Kalender vorgesehen ist. Denn solch ein Ritus erinnert uns ja immer wieder daran, darüber nachzudenken, wofür wir dankbar sein können.
Aber der zehnte Geheilte handelt spontan anders: aus tiefstem Herzen spricht er sein „Gott sei Dank!“ laut aus. Und zeigt dann seine tief empfundene Dankbarkeit demjenigen, durch den er seine Befreiung erleben durfte: er wirft sich vor den Füßen Jesu zu Boden. Diesen herzlich gezeigten Dank lobt Jesus vor allen Anwesenden.
Anlässe, im eigenen Leben Dankbarkeit zu zeigen
Ähnliche Anlässe für tiefe Dankbarkeit gibt es auch in unserem Leben: etwa wenn eine ernste Krankheit oder eine schwere Krise überstanden ist.
Und darüber hinaus aber auch
- wenn ein mit Bangen erwartetes Untersuchungsergebnis gut ausfällt… (Pause)
- wenn auf der Arbeit ein großes Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde… (Pause)
- wenn nach langen Jahren der Verantwortung für die Kinder und deren Erziehung die nun erwachsenen Kinder gute eigene Wege gehen… (Pause)
- wenn man nach einem Wohnortwechsel in der neuen Umgebung Fuß gefasst und Anschluss gefunden hat… (Pause)
- und vieles mehr… (Pause)
Manchmal kommt uns dann ein spontanes „Gott sei Dank“ in den Sinn oder über die Lippen – so wie dem Aussätzigen nach seiner Heilung. Wie wir unsere Freude und Dankbarkeit darüber hinaus ausdrücken, das wird bei jedem anders aussehen: der eine wird sich selbst etwas Gutes gönnen. Eine andere feiert wirklich ein kleines „Dankfest“: bei einem leckeren Essen kann sie ihre Freude mit anderen teilen und ihnen vielleicht dafür danken, dass diese ihr in schwierigen Zeiten beigestanden und geholfen haben.
Dankbarkeit – wenn wir aufmerksam sind, können wir tagtäglich Gelegenheiten dafür entdecken: etwa beim Einkaufen, wenn eine Verkäuferin sich Zeit nimmt, uns ausführlich zu beraten, ohne uns zu einem Kauf überreden zu wollen. Und uns vielleicht sogar für das Gesuchte ein anderes Geschäft empfiehlt. Mit einem herzlichen „Danke“ und einem Blick in die Augen können wir dann unsere Dankbarkeit zeigen.
Üben, von Herzen dankbar zu sein – dazu möchte ich Sie ermutigen: Achten Sie doch in der nächsten Zeit einmal darauf, bei welcher Gelegenheit sich in Ihnen Dankbarkeit regt. Und versuchen Sie dann, diese auf Ihre ganz persönliche Weise auszudrücken – auch wenn das Danken gerade nicht im Kalender steht.
Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr A/2014. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2014, S. 112-119
Tropfen, Pfützen, Gurgelbäche. - Lebensraum Gewässer
Ökologie und Ökonomie
Bei den „Zusammenlegungen“ (österreichischer Begriff) bzw. „Flurbereinigungen“ (deutscher Begriff) der 50er bis 70er Jahre war es selbstverständlich, dass man Bäche begradigte, Tümpel zuschüttete und Feuchtareale trockenlegte. Möglichst viel von dem Gebiet, das der Neugestaltung unterlag, sollte landwirtschaftlich genutzt werden. Möglichst wenig Fläche sollte „nutzlos“ bleiben und „verschwendet“ werden. Alles wurde unter der Perspektive des Nutzens betrachtet, und zwar des direkten landwirtschaftlichen Nutzens für den Menschen. Den ökologischen Nutzen oder den Nutzen für andere Geschöpfe hatte man damals nicht im Blick.
Historisch hat diese starke Konzentration auf den menschlichen Nutzen sicher mit den Erfahrungen von Hunger und Lebensmittelknappheit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun. Die meisten Menschen hatten diese Notzeiten selbst miterlebt und wollten auf keinen Fall, dass diese sich nochmals wiederholten. Und so war man bemüht, alles zu tun, um den Ertrag der Äcker auf ein Maximum zu steigern. Außerdem gab es damals in puncto Ökologie noch ein großes Unwissen. Als eigenständige Disziplin der Biologie war diese noch gar nicht richtig etabliert. Der ästhetische Wert eines Tümpels oder einer Feuchtwiese wurde von NaturschützerInnen zwar bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts wahrgenommen, der ökologische Wert hingegen erst gegen Ende dieses Jahrhunderts. Heute wissen wir um die vielfältigen Funktionen, die ein unscheinbarer Tümpel haben kann.
Den Schöpfungsbericht neu lesen
Auf diesem Hintergrund haben wir ChristInnen seit den 80er Jahren auch gelernt, die Schöpfungserzählungen neu und anders zu lesen: Nicht mehr als Freibrief für menschliche Herrschaft über die Natur, wie wir das seit dem 17. Jahrhundert taten, sondern so, wie sie ursprünglich gemeint waren: Als Auftrag zur Hege und Pflege und zur gütigen Sorge um das wunderbare Lebenshaus der Schöpfung. Im Sieben-Tage-Werk wird uns auf kunstvolle Weise erzählt, wie alle Geschöpfe in diesem Haus einen Platz finden. Die Tiere, die Gott am fünften Tag erschafft, erhalten ihren Platz in den Lebensräumen des zweiten Tages, nämlich Wasser und Luft. Und die Tiere, die Gott am sechsten Tag erschafft, erhalten ihren Platz in den Lebensräumen des dritten Tages, also auf dem festen Land. Alle sollen leben können, alle sollen Nahrung haben, alle sollen fruchtbar sein und sich vermehren. Alle sind von ihrem Schöpfer gesegnet.
Aber gerade für die Wassertiere findet das Buch Genesis eine besonders schöne Formulierung: Gott spricht: „Das Wasser wimmle von lebendigen Wesen!“ (Gen 1,20) Man kann es förmlich wimmeln sehen, wenn man den Satz liest: Ob man dabei an eine Schar Delfine denkt oder an einen Schwarm Fische oder an die unermessliche Zahl vieler winziger Kaulquappen, die soeben erst aus dem Laich geschlüpft sind. Im Wasser wimmelt es – ein Bild für den Überfluss an Leben, der hier entsteht. Und wir wissen ja: Auch unserer Vorfahren in der Evolutionsgeschichte haben – wenn wir nur weit genug zurückgehen – im Wasser gelebt. Das Leben des Planeten Erde entstand im Wasser.
Lebensraum Gewässer
„Lebensraum Gewässer“ heißt das Motto der diesjährigen Schöpfungszeit. Nach dem Lebensraum Wald 2011 und dem Lebensraum Kulturland 2012 schauen wir heuer auf einen dritten, ebenso wichtigen Lebensraum. Es ist ein Lebensraum, dem der Mensch vergleichsweise wenig Nahrung entnimmt – abgesehen vom Meer und künstlich angelegten Zuchtteichen. Das Fischen und Angeln in Bächen, Flüssen und Seen ist heute mehr Freizeitbeschäftigung als Broterwerb. Und dennoch – oder gerade deswegen – haben die Gewässer viel mit Erntedank zu tun: Denn das heutige Fest erinnert uns daran, dass wir derzeit in der glücklichen Lage sind, mehr als genug für unsere Ernährung zu ernten. Und weil das so ist, dürfen wir unseren Mitgeschöpfen – zu Land, in der Luft und eben auch im Wasser – etwas übrig lassen. Der Schöpfer hat uns reich beschenkt, hat uns mit vollen Händen gegeben, da sollten auch wir die Hände öffnen und das ein oder andere weiterschenken. Es wäre in höchstem Maße undankbar, wenn wir in unserer Überflussgesellschaft noch genauso auf den ökonomischen Nutzen jedes Quadratmeters fixiert wären wie in Notzeiten.
Seit den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts laufen die „Zusammenlegungen“ (österreichischer Begriff) bzw. „Flurbereinigungen“ (deutscher Begriff) deutlich anders ab als vorher: Bäche dürfen freier fließen und werden ggf. sogar renaturiert, Tümpel und Feuchtareale werden erhalten, soweit sie noch vorhanden sind, und neu angelegt, wo es sich von den Geländeformen und Bodenverhältnissen her anbietet. Wir wissen vom Nutzen solcher Kleingewässer für die Ökologie. Und von intakten Ökosystemen profitieren nicht nur die dort lebenden Lebewesen, sondern letztlich auch wir Menschen. Denn auch wir sind angewiesen auf ein einträgliches Miteinander im großen Lebenshaus der Schöpfung.
© Prof. Michael Rosenberger, Linz
Anmerkung: Das Motto des Erntedanksonntags wurde übernommen von der OeKU, der ökumenischen Arbeitsstelle Kirchen und Umwelt in der Schweiz. Bei dieser Stelle können unter www.oeku.ch auch weitere Materialien zum Thema und für die Schöpfungszeit vom 1.9. bis zum 4.10. bezogen werden.
Grund zu danken
Milch von der Kuh
In den 1960er-Jahren wurden in den Ferienmonaten hunderte von Kindern aus Berlin zur Erholung in die Steiermark eingeladen. Mehrere Jahre hindurch kam Ricardo auf den Hof meiner Eltern. Bei seinem ersten Aufenthalt war er erst fünf Jahre alt. Das anfängliche Heimweh war bald verfolgen, denn bald hatte er gleich mehrere "Geschwister" und auf dem Bauernhof gab es für das Großstadtkind viel zu entdecken.
Meine Eltern hielten damals keine Kühe mehr. Die Milch holten wir bei den Nachbarn. Dort konnte Ricardo auch zusehen, wie die Nachbarin ihre Kühe mit den Händen melkte. Ihm war das nicht geheuer, denn daheim kam die Milch aus dem Kühlschrank. Und wenn keine mehr da war, kaufte man sie im Laden. Anfangs weigerte er sich daher, Milch von der Kuh zu trinken...
Lebensmittelindustrie
Weit entfernt von landwirtschaftlichen Produktionsverhältnissen sind heute nicht nur Großstadtkinder. Die meisten Menschen erleben keinen direkten Kontakt mehr zur Erzeugung von Lebensmitteln. Viele haben auch kaum eine Vorstellung davon, wie viel Arbeit, Mühe, Fachwissen und Sachkenntnis dazu notwendig ist. Die Lebensmittelproduktion ist eine unüberschaubare Technologie geworden. Wer darin mitarbeiten will, braucht eine gediegene und umfassende Ausbildung. Wir aber bezahlen im Supermarkt den uns vorgegebenen Preis und erhalten dafür, was wir haben wollen.
Erst in der Krise beginnen wir darüber nachzudenken, wo alles herkommt und dass nicht alles so selbstverständlich ist, wie es im Alltag erlebt wird. In der Krise müssen wir erst lernen, wie wir mit mageren Jahren zurechtkommen, denn in den fetten leben die meisten Menschen gedankenlos dahin.
Hochkomplexe wirtschaftliche Zusammenhänge
Auch in anderen Bereichen haben wir grundlegende Zusammenhänge aus dem Blick verloren. Geld holt man sich vom Bankomaten. Wie es dort hineinkommt, weiß man bestenfalls vom Fernsehen. Dass es nicht immer fließt, sondern dass der Lohn manchmal nur langsam tröpfelt, und vor allem dass er meist hart erarbeitet werden muss, begreifen Kinder und Jugendliche oft erst sehr spät, manches Mal sogar zu spät...
Die Geldwirtschaft ist zu einer undurchschaubaren Technologie geworden. Der Zusammenhang mit der Wertschöpfung ist vielen aus dem Bewusstsein geraten. In der Krise versuchen vife Politiker an den Stellschrauben dieser Maschine ein wenig herumzuschrauben. Dies wird nicht viel bringen, solange wir nicht zugleich ein Gespür für Geldwert, Leistung und Warenwerte zurückgewinnen.
Erntedank
Im Herbst - so ist es vielerorts Brauch - feiern wir Erntedank. Dieses Fest erinnert uns daran, dass nicht alles so selbstverständlich ist, wie wir es im Alltag wahrnehmen. Die Milch kommt eben nicht nur aus dem Kühlregal und das Brot nicht nur vom Bäcker. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir ausreichend zu essen haben, unverdorbenes Wasser, gesunde Lebensmittel. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Wirtschaftskreislauf funktioniert, dass aus den Bankomaten Geld kommt, dass Menschen sich anstrengen, forschen und ihr Wissen unmanipuliert weitergeben.
Wir haben Grund, allen dankbar zu sein, die ihre Kräfte und Begabungen in diesen großen Kreislauf einbringen. Und wir ahnen, dass hinter all dem ein geheimnisvoller Geber steht, dem es vor allen anderen zu danken gilt.
Menschen, die näher an der Natur leben oder gar von ihr abhängig sind, werden sich leichter tun, in diesen Dank einzustimmen. Denn sie wissen, dass alles miteinander verknüpft und verflochten ist und dass es letztlich einem Wunder gleichkommt, dass die Natur so Vielfältiges so reichlich hervorbringt.
Solidarität
Erntedank ist darüber hinaus Anlass, an all jene zu denken, die aus irgendeinem Grund an diesen Kreisläufen nicht teilhaben können. Etwa weil sie in einem Land oder in einer Gesellschaftsschicht leben, die von unserer modernen Zivilisation abgeschnitten sind, und sie deswegen hungern oder gar verhungern müssen. Die Spielregeln, nach denen Lebensmittel produziert und verteilt werden, sind von Menschen gemacht und sind oft sehr ungerecht. Das darf uns nicht ruhig schlafen lassen.
Erntedank ist auch Anlass, an jene Menschen zu denken, die aus irgendeinem Grund an den Arbeitsprozessen nicht teilnehmen können. Die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht einfach zu lösen. Ohne Solidarität werden die Schattenseiten der Erfolgsgeschichte der modernen Weltwirtschaft nicht zu beseitigen sein.
Eucharistie und Tischgebet
Der schönste Dank ist das dankbare Genießen all dessen, was der Schöpfer uns geschenkt hat, und das Miteinander-Teilen. Beides kommt im Brotbrechen zum Ausdruck. Es ist kein Zufall, dass dieses Brotbrechen ein zentraler Ritus unseres Glaubens geworden ist und dass unsere Dankbarkeit dem Schöpfer und den Mitmenschen gegenüber in der Eucharistiefeier den innigsten Ausdruck findet.
Viele gläubige Menschen - nicht nur Christen - bringen ihre Haltung der Dankbarkeit auch im Tischgebet zum Ausdruck. Dieses macht uns die größeren Zusammenhänge, die in der Hektik des Alltag leicht untergehen, immer neu bewusst. Wir tun gut daran, diesen Brauch nicht verkümmern zu lassen.
Sorgt euch nicht um morgen
Staunen
Schaut euch doch jetzt erst einmal um! Die Kirche ist mit Gaben geschmückt, die wir zwar hier hin gebracht, die wir aber nicht gemacht haben. Blumen, Kohl und Gemüse, Kartoffeln und Korn - ich kann jetzt gar nicht alles aufzählen. Selbst die Gaben, die schön verpackt sind, sind uns zugewachsen. Sie werden bearbeitet, in eine Form gebracht, wir haben sie aber auch nur - empfangen. Ich stelle das staunend fest. Mit großen Augen.
Erntedankfest. Das Totenglöckchen ist diesem Tag schon oft geläutet worden. Schließlich leben wir, selbst auf dem Land, mit Supermärkten, Einkaufszentren - und ganz vielen Angeboten. Sie flattern uns mit der Zeitung ins Haus. Selbst Bohnen sind nicht davor gefeit, in einen Kampf gezogen zu werden. Wir regeln alles über den Preis. Das muss nicht immer gut sein - wir tun es trotzdem. Dass gesät und geerntet wird, bekommen wir kaum mit. Selbst, wenn nicht weit von uns ein Acker ist. Wir rümpfen dann nur die Nase, wenn gejaucht wird. Ansonsten: Wir zahlen an der Kasse, bar oder mit Karte. Engpässe sind in unserem Weltbild nicht vorgesehen - gehungert wird anderswo. Auch das stelle ich staunend fest. Mit großem Entsetzen.
Das ist wohl das größte Geschenk dieses Tages, auch die größte Aufgabe, die er stellt,
das Staunen wieder zu lernen - und achtsam mit den Dingen umzugehen, die selbstverständlich geworden sind. Schaut euch doch jetzt erst einmal um!
Vögel unter dem Himmel und Lilien auf dem Feld
Ich weiß, dass jetzt bei vielen ein müdes Lächeln übers Gesicht huscht. Selbst Landwirte haben ausgefeilte betriebswirtschaftliche Systeme, um ihre Produkte in den Griff zu bekommen. Ihre Produkte, ihre Produktpalette. Das Wort ist verführerisch. Letztlich entscheiden Produktmengen, Kennzahlen und Subventionen über Erfolg und Misserfolg.
Staunen ist keine Kategorie, die bewertet werden könnte.
Aber Erzeuger und Verbraucher - so heißen die Menschen wohl, die in diesem Spiel vorkommen - leben von etwas, das ihnen gegeben wird. Es gibt zwar eine Saatgutforschung, aber Saatgut wird nicht gemacht - es gibt hochtechnische Mähdrescher, aber die Ernte wird nicht gemacht. Wir säen und wir ernten - als Beschenkte. Dieser Blick ist zwar ungewöhnlich, weil für alles gezahlt wird, aber wie wollen wir denn nennen, was wir einsetzen, aber nicht in der Hand haben? Als Beschenkte, nur als Beschenkte, können wir "danke" sagen. Wer Ansprüche hat, kann allenfalls klagen. Es ist dieser kleine Blick hinter die Kulissen, der auch den Verstand schärft.
Jesus zumindest lenkt unsere Blicke auf die Vögel unter dem Himmel und auf die Lilien auf dem Feld. Jetzt heißt es, die Augen aufzumachen, genau hinzuschauen und sich verzaubern zu lassen. Widersprüche sind nicht möglich, auch nicht angezeigt. Die Vögel unter dem Himmel wie auch die Lilien auf dem Felde sind beschenkt. Sie arbeiten nicht, sie rechnen nicht, sie bilanzieren nicht. Sie kennen kein Soll, sie kennen kein Haben. Sie brauchen auch kein Budget, keine Kostenkontrolle. Die Vögel haben den Himmel für sich - und die Lilien überschütten die Erde mit Farben. Rechnungen schreiben sie auch nicht. Sie sind einfach da. Ich kann sie nicht bezahlen. Den Vögeln sehe ich nach. Sie sind schnell, zu schnell für meine Fotokunst. Aber den Lilien rücke ich mit meiner Digitalkamera auf den Leib. Wenigstens ein Bild will ich haben. Ein Bild! Ein Bild davon, was es heißt, beschenkt zu sein.
Warum erzählt Jesus eigentlich von Vögeln und Lilien? Schließlich ist es seine große Antrittsrede, die er gerade hält. Hat es nichts Programmatisches zu sagen? Was Großes, Weltbewegendes? Mit Vögeln unter dem Himmel und Lilien auf dem Feld ist doch kein Staat zu machen, oder?
Ich kann jetzt sagen: Typisch Jesus. Ich wusste immer schon, dass weltfremd ist, was aus seinem Munde kommt. Ich kann aber auch sagen: Typisch Jesus. Endlich bringt einer mal auf den Punkt, was unter uns Menschen zu sagen ist.
Beschenkt
Jesus erzählt doch von Vögeln unter dem Himmel und von den Lilien auf dem Felde, weil er uns - beschenken will. Oder: uns die Augen öffnen möchte, alles das zu sehen und wahrzunehmen, was uns geschenkt ist. Dass auch das ein gutes, großes, großartiges Geschenk ist, was uns Arbeit macht oder beschert, wissen die zu gut, die arbeitslos geworden sind und mit ihrer Situation schwer oder gar nicht fertig werden. Geschenkt ist eigentlich alles: unser Leben, unsere Beziehungen, unsere Arbeit, unsere Träume. Es gibt nichts, was selbstverständlich ist, nichts, was wir nur in unserer Hand hätten.
Während wir unsere Möglichkeiten abwägen, Pläne und Karrieren schmieden, Erreichtes und noch nicht Erreichtes bilanzieren, werden uns - heute - mit der größten Selbstverständlichkeit, Vögel und Lilien vor die Augen gemalt. Und die Worte Jesu sind ebenso einfach wie eindrücklich: Seht euch die Vögel des Himmels an! Lernt von den Lilien auf dem Feld! Es könnte sein, dass wir größere Lehrmeister nicht finden - und auch nicht brauchen.
Herr und Frau Sorge
Nun zeigt uns Jesus allerdings Vögel und Lilien nicht nur, um uns als Beschenkte zu entdecken - was ja schon viel ist -, sondern uns die Sorge zu nehmen, unser Leben selbst abzusichern. Sorgt nicht, sagt er. Sorgt euch nicht um morgen, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.
Wenn Herr oder Frau Sorge zu uns kommen, verlieren wir den Kopf. Wetten, dass wir uns am Ende immer als Verlierer, ja, als Versager fühlen? Wir haben es nicht geschafft. Wir haben es wieder einmal mehr nicht geschafft. Hinzu kommt: Wir müssten es doch eigentlich können. Herr oder Frau Sorge bringen immer ihre Kinder mit, den Zweifel und die Angst. Wir spüren, wie es eng wird. Immer enger. Sind diese Besucher erst einmal im Haus, werden wir sie auch so schnell nicht wieder los. Sie setzen sich ungefragt hin und bleiben einfach sitzen.
Ich weiß, dass für viele Menschen die Sorgen ständige Begleiter sind. Wer nur wenig Geld zur Verfügung hat, kann schon an der Frage verzweifeln, was er seinen Kindern zum Anziehen kaufen kann. Zu schweigen davon, was sich selbst. Selbst die preiswertesten Lebensmittel werden in der Hand abgewogen. Oft wieder zurückgelegt. Es gibt Armut unter uns. Bei Kindern - und auch bei alten Menschen. Zunehmend. In einem reichen Land. Lobbys haben Arme nicht. Ob die Vögel unter dem Himmel und die Lilien auf dem Felde trösten? -
Oh Gott, sage ich.
Seine Gerechtigkeit
Jesus spricht nicht nur von Vögeln und von Lilien: er spricht von der Gerechtigkeit, er spricht von dem Reich Gottes.
Wer die Vögel unter dem Himmel sieht, wer die Pracht der Lilien bestaunt: muss der nicht auch die Not sehen? Sich ihr stellen? Die Vögel und die Lilien: sie geben kein gutes Gewissen. Sie sind eher Ansporn und - manchmal - auch ein Stachel im Fleisch: Menschen sind mehr als sie. Sagt Jesus.
In der so berühmten Bergpredigt hat Jesus seine Antrittsrede gehalten. Sie taugt nicht für romantische Verklärung. Der, der den Vögeln den Himmel und den Lilien die Farbpracht gab, hat uns Menschen alles gegeben - und anvertraut (!) -, was wir zum Leben brauchen. Genug zum Leben. Genug für das kleine, manchmal auch für das große Glück.
Schaut euch doch jetzt erst einmal um: Die Kirche ist mit Gaben geschmückt, die wir zwar hier hin gebracht, die wir aber nicht gemacht haben. Blumen, Kohl und Gemüse, Kartoffeln und Korn - ich kann jetzt gar nicht alles aufzählen. Aber seht ihr, was ich sehe? Es ist genug für alle da!
Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Früchte genießen und Frucht bringen
Mit vollen Händen
"Ich steh' vor dir mit leeren Händen, Herr..." singen wir manchmal in einem Kirchenlied des 20. Jahrhunderts. In einem gewissen Sinn stimmt das auch. Trotzdem ertappe ich mich immer wieder bei einem Gefühl der inneren Abwehr. Sind meine Hände wirklich so leer, wie es das Lied behauptet? Bringt mein Leben nichts hervor, mit dem ich selbstbewusst vor Gott hintreten kann?
Am Erntedankfest treten wir mit vollen Händen vor Gott. Wir bringen etwas von den Früchten der Erde, um ihm dafür zu danken. Dabei sind wir uns bewusst, dass die Ernte nicht immer gleich gut ausfällt. Manchmal sind unsere Hände übervoll. Es kommt aber auch vor, dass die Ernte schlecht ausfällt. Unwetter haben sie unter Umständen auf einem ganzen Landstrich vernichtet. Die Betroffenen würden wohl lieber mit ihren leeren Händen vor den Schöpfer hintreten und ihm sagen: Sieh her, was da geschehen ist.
Weltweit unternehmen die Menschen große Anstrengungen, um einen Ausgleich zu schaffen, der die Not der Betroffenen wenigstens abmildert und ein Weiterleben ermöglicht. Es ist nicht nur gerecht, darauf zu achten, dass andere Mitproduzenten und auch Mitwettbewerber auf dem Weltmarkt nicht untergehen, sondern auch klug. Denn auch wir sind von Zeit zu Zeit auf die Hilfe durch andere angewiesen sein.
Es kann aber auch passieren, dass die Ernte so überreich ausfällt, dass die Marktpreise verfallen und jene, die ein ganzes Jahr dafür hart gearbeitet haben, mit langen Gesichtern auf ihre Endabrechnung schauen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet sind unsere Hände manches Mal voll, manches Mal halbleer und hoffentlich nie ganz leer.
Geben und nehmen
Im Markusevangelium behauptet Jesus in einem Gleichnis: "Die Erde bringt von selbst ihre Frucht..." Auch diese Aussage ist kritisch zu hinterfragen. Wer jemals in der Landwirtschaft gearbeitet hat, weiß, wie mühevoll es ist, und was der Mensch dazu beitragen muss, und wie viel Wissen und Können es braucht, um eine gute Ernte zu erzielen.
Darüber hinaus wissen wir, dass wir der Erde auch etwas zurückgeben müssen, damit sie Früchte bringen kann. Genau genommen ist es ein Geben und Nehmen. Wer auf Dauer dieses Gleichgewicht einseitig belastet, wer immer nur nimmt und nicht gibt, wird nachhaltige Schäden anrichten.
Dennoch bringt das Schriftwort etwas Richtiges zum Ausdruck. Bei allem Wissen und Können bleibt etwas Unverfügbares, Geschenkhaftes. Dessen machen wir uns beim Erntedank bewusst, wenn wir mit vollen Händen vor Gott hintreten und ihm für die Früchte der Erde und unserer Arbeit danken.
Frucht bringen
Mittlerweile ist nur mehr ein kleiner Prozentsatz der Menschen in der Landwirtschaft damit beschäftigt, Lebensmittel zu produzieren. Weit mehr Menschen arbeiten in der Weiterverarbeitung der Agrarprodukte und in der Vermarktung. Durch Arbeitsteilung ist unser Wirtschaftssystem viel leistungsfähiger geworden. Viele Menschen tragen zum Lebensunterhalt bei, indem sie in Aufgabenbereichen, die mit der Produktion von Nahrungsmitteln gar nichts mehr zu tun haben, geben, was sie geben können und so ein Recht haben zu nehmen, was sie zum Leben nötig haben. Diese Entwicklung hat zu einem viel umfassenderes Geben und Nehmen geführt. Meist sind wir uns gar nicht mehr bewusst, wie sehr wir auf das wechselseitige Geben und Nehmen angewiesen sind.
Arbeitslosigkeit ist für viele vor allem deshalb schwer auszuhalten, weil sie sich aus diesem wechselseitigen Geben und Nehmen ausgeschlossen fühlen.
Durch unsere Teilnahme an diesem weltweiten Austausch am Nehmen, Zurückgeben und Weitergeben bringen wir selbst Früchte hervor. Wir werden selbst Teil dieses großen Kreislaufes. Dies vermittelt uns Wertschätzung, Sinngehalt und Zufriedenheit.
Dankbares Genießen
Am Erntedankfest bringen wir zunächst unseren Dank Gott gegenüber zum Ausdruck, der uns zum Leben gibt, was wir dazu nötig haben. Er gibt uns weit mehr, als wir zum Überleben brauchen. Wir freuen uns nicht nur an der Menge des Geernteten sondern auch an der Qualität, der Schönheit und am Geschmack. Auch dafür sind wir Dank schuldig.
Unser Dank gilt aber auch jenen, die an diesem weltweiten Geben und Nehmen teilhaben. "Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt..." heißt es in einem anderen Lied. Nicht allen ist bewusst, wie sehr wir aufeinander angewiesen sind. Das Geld und das Finanzwesen sind ein Mittel, das einen so umfassenden Austausch ermöglicht. Sie erwecken aber allzu leicht den Anschein, dass man alles mit Geld bewerten, kaufen oder machen kann und verdecken die Tatsache, dass auch in einer Geldwirtschaft die Bereitschaft zum Geben vorausgesetzt werden muss, um auch nehmen zu können. Nur so kommen wir zu einem einigermaßen gerechten Ausgleich.
Das Erntedankfest will uns auch bewusst machen, dass bei allem Rechnen und Handeln unsere Lebensmittel und unser Lebensunterhalt auch etwas Geschenkhaftes an sich haben und dass diese Gaben auch jenen zustehen, die aus welchen Gründen auch immer nicht in der Lage sind, dafür eine Leistung anzubieten. Sei es, dass sie infolge einer Behinderung nichts dazu beitragen können, oder durch eine Krankheit oder durch Arbeitslosigkeit.
Unseren Dank an den Schöpfer vollziehen wir im Miteinanderteilen und im dankbaren Genießen seiner Gaben. Und es ist kein Zufall, dass dieses Teilen und Genießen auch wesentliche Elemente des Eucharistiefeierns sind. Hier lernen wir, die Früchte des Lebens zu genießen und selbst Frucht zu werden.
Familiengottesdienst zum Erntedank
Gaben – Begabungen
Liturgische Eröffnung und Begrüssung:
Eingangslied:
Danke für diesen guten Morgen, S. 7, 1-4
1. Teil: Einführung:
Am Erntedankfest denken wir daran, dass Gott alles gemacht hat, die Natur, die Pflanzen, die Tiere, den Menschen. Wir feiern, dass sich Gott um uns sorgt und uns durch seine Schöpfung Tag für Tag das gibt, was wir zum Leben brauchen. Dank unserer Arbeit können wir zwar vieles leisten, aber nicht alles vollbringen.
An Erntedank halten wir auch inne: unser ganzes Leben ist nämlich und letztlich ein verdanktes. Heute wollen wir neben den Gaben der Erde und des Feldes Gott besonders danken für die Begabungen, die uns geschenkt sind. Im Römerbrief schreibt der Apostel Paulus:"Gott hat jedem von uns durch seinen Heiligen Geist unterschiedliche Gaben geschenkt." (Röm. 12, 6) Gott hat jeden von uns unterschiedliche Begabungen gegeben. Diese Begabungen finden ihren Ausdruck v.a. im Handwerk. Darum wollen wir heute auch die Früchte des Handwerkes vor Gott hintragen. Dazu setzen wir uns.
1. Gruppe: "Haus bauen"
1. Kind: Ich bringe einen grossen Ziegelstein. Er ist Zeichen des Dankes für das Handwerk der Maurer. So viele Häuser wurden im vergangenen Jahr in unserem Dorf gebaut. Es braucht den Maurer, der Ziegelstein für Ziegelstein aufeinander legt und das Haus gut baut, damit kein Wind es umstossen kann. Gott-sei-Dank für die Maurer in unserem Dorf.
2. Kind: Dieses Stück Dachrinne erinnert uns an die Arbeit der Spengler. Sie sorgen dafür, dass von unseren Dächern das Regenwasser gut abrinnen kann und unsere Wohnungen vom Eindringen des Wassers verschont bleiben. Gott-sei-Dank für die Spengler.
3. Kind: Der Plattenleger fügt mit Sorgfalt Fliese an Fliese. Wir danken Gott, dass wir auf gutem, schönen Boden wohnen können, und für die Arbeit der Plattenleger.
4. Kind: Bei jedem Stromausfall merken wir, wie wichtig Elektrizität für uns geworden ist. Damit wir mit Strom versorgt sind, damit unsere Geräte funktionieren, die Lampen in den Häusern brennen, braucht es den "Stromer". Dieses Kabel (oder Steckdose?) soll Zeichen des Dankes sein, dass wir unsere Elektriker haben.
Überleitung zum Gloria:
Ja, wir haben allen Grund Gott zu danken und Gott zu loben. Wir wollen dies miteinander tun im Lied …
Gloria:
nach Ansage: Laudato si, S. 47, 1-7
Tagesgebet: (aus dem MB)
Gott, unser Vater, du sorgst für deine Geschöpfe. Du hast dem Menschen die Erde anvertraut. Wir danken dir für die Ernte dieses Jahres. Nähre damit unser irdisches Leben und gib uns immer das tägliche Brot, damit wir dich für deine Güte preisen und mit deinen Gaben den Notleidenden helfen können. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Geschichte:
(gekürzt und angepasst, aus Hoffsümmer, Willi, Kurzgeschichten 6, S. 137) -
In verteilten Rollen (Lektor = Erzähler; Maria = A; Resli = H)
Ein Amerikaner stiess auf einen Indiostamm, der weit und breit für die Flechtkunst von Körben bekannt war. Der Amerikaner war entzückt von den Körben und kaufte ein, was immer man ihm überliess. Doch die Indios wollten ihm nicht alles überlassen. Schliesslich verhandelte der Amerikaner mit dem Häuptling:
A: "Wie hoch ist der Preis für 50 Körbe?"
H: "Ich bitte dich um Geduld. Ich möchte mein Volk befragen."
Am nächsten Tag präsentierte der Häuptling folgende Antwort:
H: "Meine Leute sind bereit, dir 50 Körbe zu flechten. Der Preis pro Stück beträgt 5 Pesos."
A: "Das ist viel, mein guter Häuptling. Doch ich möchte nicht 50, sondern 200 Stück haben. Bis wann kann ich sie haben?"
Wiederum verschob der Häuptling die Antwort auf den nächsten Tag. Der Häuptling holte sich Rat bei den Ältesten des Dorfes. Bis in die Nacht hinein hörte man sie in der grossen Hütte des Dorfes reden. Anderen Tags kam der alte Mann wieder zum Amerikaner:
H: "Du bist in einem guten Mond zu uns gekommen. Das Dorf ist bereit, dir auch 200 Körbe zu flechten. Der Preis für jeden beträgt 7 Pesos."
Der Amerikaner konnte das nicht verstehen: bei der Abnahme von vielen Körben müsse der Preis doch selbstverständlich niedriger werden, als bei einzelnen Stcken.
H: "So denken die Weissen. Wir aber nicht. Würden wir so viele Körbe flechten, dann hätten wir keine Zeit mehr, an der Sonne zu sitzen. Und wer wird die Blumen am alten Tempel pflegen? Wir können dann nicht mehr bei Sonnenuntergang am Ufer des Flusses spazieren gehen. Und auch die Geschichten, die wir uns am Abend in den Hütten erzählen, müssten viel kürzer werden. Wenn wir schon auf so viel Schönes in unserem Tal verzichten wollen, bloss um zu arbeiten, dann muss die Entschädigung dafür auch entsprechend hoch sein."
Da verzichtete der Amerikaner auf den Handel und ging nachdenklich weg.
Evangelium: Mt 25,14-30 - Gleichnis vom anvertrauten Geld
Kurzer Impuls und Überleitung:
- Es wurden Talente an Geld gegeben. Was haben sie im Evangelium daraus gemacht.
- Wenn wir das Wort Talent hören, denken wir an besondere Fähigkeiten, die ein Mensch hat, an Begabungen. Im Wort "Begabung" steckt das Wort "Gabe".
- Diese besonderen Fähigkeiten wurden uns also gegeben, geschenkt. Nicht einfach so, sondern dass wir etwas daraus machen. Nicht nur für uns allein, sondern auch dazu, anderen Gutes zu tun.
- Welche Talente habe ich? Welchen Schatz an Begabungen trage ich in mir? Was davon konnte ich schon entdecken und zur Entfaltung bringen? Wo habe ich Möglichkeiten, Gutes zu tun?
- Heute sagen wir auch Dank, dass Menschen ihre Talente zum Beruf gemacht haben und sie anderen gegen Bezahlung oder vielleicht auch unentgeltlich zur Verfügung stellen. Es tut gut, gebraucht zu werden. Ich trage etwas dazu bei, dass es andere gut, besser, schöner haben. Die Handwerker in unserem Dorf sind ein Beispiel dafür …
- Unsere Arbeit soll unser Leben bereichern - und uns nicht das Leben nehmen. Das hat uns die gehörte Geschichte deutlich gemacht. Auch nach der Arbeit soll Zeit für die anderen Geschenke Gottes in der Schöpfung und in unseren Familien bleiben.
2. Teil: 2. Gruppe: "Kunstfertigkeit"
5. Kind: (bringt einen kleinen Stuhl oder einen Schemel …)
Ob es ein grosses Möbel ist oder dieses kleines. Der Schreiner sorgt sich um eine gute Inneneinrichtung in unseren 4-Wänden. Wir danken ihnen für jedes gute Bett, jeden grossen Schrank, jeden Stuhl und Tisch, den sie uns mit ihrer Handarbeit herstellten.
6. Kind: Dieses Kunststoff-Rohr erinnert uns an einen wichtigen Arbeitgeber in unserem Dorf. Viele Bewohner können dort ihr Fachwissen und ihr Können einbringen, Lehrlinge eine gute Ausbildung machen. Wir danken Gott, dass viele Eltern hier arbeiten und den Lebensunterhalt verdienen können.
7. Kind: Ich bringe dieses Schulbuch. Auch der Lehrer muss sein Handwerk verstehen, uns Schülern Wissen und Können beizubringen. Er schult unseren Verstand und hilft uns, eigenständig zu denken. Guter Gott, auch dafür wollen wir dir heute Dank sagen.
8. Kind: (bringt einen Verbandskasten)
Es gibt einige "Handwerker" in unserem Dorf, die für alte, kranke oder sterbende Menschen viele wichtige Handgriffe tun. Ob der Arzt die Spritze setzt, die Pflegerin die Medikamente reicht oder die Spitex-Mitarbeiterin den Wundverband wechselt: wir sind dankbar für jene Menschen im Dorf, die für uns da sind, wenn wir medizinische Versorgung benötigen.
Glaubenslied:
KG 98 Wir glauben Gott, dass du es bist
3. Teil: Fürbitten:
Einleitung:
Gütiger Gott, jeden von uns beschenkst du mit Gaben und Begabungen. Wir haben allen Grund, dankbar zu sein. Und doch haben wir auch Grund, mit unseren Bitten zu dir zu kommen:
- 1. Lehrling: Guter Gott, wir sind dankbar, eine Lehrstelle gefunden zu haben. Wir bitten dich für alle Jugendlichen, die noch nicht wissen, wo sie eine Berufsausbildung machen können: schenke ihnen Zuversicht und eröffne ihnen Wege, die Zeit der Lehrstellensuche sinnvoll zu nützen.
- 2. Kind: Grosser Gott, du sorgst dich um alle Menschen auf der Welt. Wir denken an alle, die in Armut leben und unter Hunger leiden: Dass ihnen geholfen wird, und auch wir tätig werden, uns für eine gerechte Verteilung der Güter auf der Welt einsetzen.
- 3. Kind: Barmherziger Gott, auch in der Ostschweiz gibt es Menschen, die darauf angewiesen sind, dass es Orte gibt, wo sie sich in Not hinwenden können: Wir bitten für alle, die froh sind, dass es in St. Gallen die Gassenküche gibt. Lass sie dort Menschen finden, die ihnen geben, was sie brauchen: Essen und ein offenes Ohr.
- 4. Kind: Liebender Gott, wir alle sind aufeinander angewiesen und brauchen einander. Wir bitten dich um die Gabe der Dankbarkeit, dass wir die Arbeit des anderen schätzen und immer wieder auch sagen können: wie gut, dass es dich gibt.
- 5. Kind: Gütiger Gott, wir bitten dich für alle Menschen, die sich um uns sorgen, für die Eltern, Geschwister, Grosseltern, Lehrer, Freunde und Nachbarn: Vergilt' ihnen, was sie im Grossen und Kleinen immer wieder Gutes tun.
Denn in dir, o Gott, leben, bewegen wir uns und sind wir. Dir sei Lob und Dank. Durch Jesus Christus, deinen Sohn. Amen.
4. Teil: Gabenbereitung
3. Gruppe: "Zum Essen/Trinken"
9. Kind:
Diese Milchkanne steht für die Bauern. Sie bewirtschaften das Land und sorgen sich um das Vieh. Dank ihrer Arbeit haben wir nahrhafte Milch, Käse, Eier, Fleisch. Wir danken Gott für ihre Mühen und für alles, was wir täglich zu essen haben.
10. Kind:
Wir Kinder essen gerne eine gute Wurst. Sie erinnert uns an das Handwerk der Metzger. Sie zerlegen das Fleisch und bereiten es würzig vor. Gott-sei-Dank für unsere Metzger im Dorf.
11. Kind:
Menschen, die wir gerne haben, beschenken wir mit Blumen. Nicht nur am Valentinstag oder am Muttertag sind wir froh um den Gärtner. Beim Gärtner erhalten wir Pflanzen für den Garten und die Gräber. Heute bringen wir auch Blumen zum Altar, um Gott zu danken - auch für das Handwerk des Gärtnermeisters.
12. Kind:
"Unser tägliches Brot gib uns heute", beten wir. Die Bäcker bereiten es Tag für Tag vor, wenn wir noch schlafen, damit wir uns am frischen Brot freuen können. Danke Gott für die Bäcker.
13. Kind:
In unserem Dorf gibt es Weinstöcke. Der Weinbauer hat viel Arbeit damit, bis die Trauben gelesen werden können. Mit diesen Trauben sagen wir Danke für unsere Weinbauern.
Anschliessend: Gabenbereitung
Gabengebet:
von einem Kindergärtner auswendig gesprochen?
Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir.
Wir danken dir dafür. Amen.
Hochgebet:
z.B. 3. Hochgebet für Messfeiern mit Kindern - P. Othmar
Denn wunderbar sind deine Werke. Die ganze Welt hast du erschaffen: De Sonne gibt uns Licht und Wärme, sie lässt das Korn und die Früchte reifen. Blumen und Tiere, Wälder und Wiesen - alles ist für uns da.
Du gibst uns Menschen Verstand und Phantasie. Wir bauen Häuser und Strassen. Wir können vieles erfinden, was uns das Leben leichter macht.
Darüber freuen wir uns, dafür danken wir dir, Vater. Zusammen mit allen, die an dich glauben, zusammen mit den Heiligen und den Engeln preisen wir dich und rufen:
Sanktus:
KG 175, 2. + 3. Strophe
Ja, du bist heilig, grosser Gott, und du bist gut zu allen. Wir danken dir.
Besonders danken wir dir für Jesus Christus. An ihn hast du zuerst gedacht, als du die Welt erschufst. Er hat uns durch seine Taten gezeigt, was du mit der Welt vorhast: Du willst einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Er hat uns jetzt zusammengeführt an einen Tisch, damit wir tun, was er getan hat. Deshalb haben wir Brot und Wein bereitet. Wir bitten dich, Vater: Heilige diese Gaben …
Vor der Kommunion:
KG 546 Mein Herr und mein Gott
Kommunion:
Instrumental/anschl. Orgel
Schlussgebet: (aus dem MB)
Herr, in dieser heiligen Feier haben wir dir für die Ernte des Jahres gedankt. Schenke uns als Frucht dieses Opfers die ewigen Güter, welche die Erde nicht geben kann. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Danklied:
KG 524,1-4 Lobet den Herren
Segnung der Erntegaben und allgemeiner Segen: (aus dem MB)
Gepriesen bist du, Herr, unser Gott. Du hast das Land gesegnet und es reich gemacht. Wir loben dich. Wir preisen dich. Du lässt uns in der Sorge um das tägliche Brot nicht allein. Wir loben dich. Wir preisen dich. Dein Sohn hat Brot und Fische gesegnet und sie den hungernden Menschen ausgeteilt. Wir loben dich. Wir preisen dich. Ehre sei dem Vater …
Lasset uns beten. Allmächtiger Gott, du hast Himmel und Erde erschaffen. Du hast dem Weltall eine Ordnung gegeben, die wir erkennen und bewundern. Du hast den Menschen dazu bestimmt, sich die Erde untertan zu machen, sie zu bebauen und ihren Reichtum recht zu nutzen. Wir freuen uns heute über die Ernte unseres Jahres.
Segne + diese Feldfrüchte, die wir dankbar aus deiner Hand empfangen haben. Lass auch die Armen und Hungernden den Reichtum deiner Güte erfahren und teilhaben an der Fülle deiner Gabe.
Segne + uns alle. Du hast uns vielfältig mit Talenten und Begabungen beschenkt. Lass uns Freude daran haben und sie einsetzen zum Wohle vieler.
So segne alle unsere Gaben und uns selbst, der allmächtige und gütige Gott …
Asperges über Erntegaben und Gottesdienstgemeinde
- Liedvorschläge1
Ludwig Götz
Lieder
GL 81: Lobet den Herren alle, die ihn ehren
GL 86: Aus meines Herzens Grunde
GL 184: Herr, wir bringen in Brot und Wein
GL 187: Wir weihn der Erde Gaben
GL 382/Ö866: Ein Danklied sei dem Herrn
GL 385: Nun saget Dank und lobt den Herren (1. und 2. Str.)
GL 386: Laudate omnes gentes
GL 390: Magnificat
GL 392: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
GL 402: Danket Gott, denn er ist gut
GL 403: Nun danket all und bringet Ehr
GL 405: Nun danket alle Gott
GL 406: Danket, danket dem Herrn (Kanon)
GL 409: Singt dem Herrn ein neues Lied
GL 411: Erde singe, dass es klinge
GL 412: Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich (Kanon)
GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr
GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden
GL 433,2 Schweige und höre
GL 462: Tanzen, ja tanzen wollen wir
GL 463: Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht
GL 466: Herr, dich loben die Geschöpfe
GL 467: Erfreue dich, Himmel, erfreue dich, Erde
GL 468 Gott gab uns Atem
GL 469: Der Erde Schöpfer und ihr Herr
GL 484: Dank sei dir, Vater, für das ewge Leben
Psalmen und Kehrverse
GL 19,2/559: Sonnengesang des Franz von Assisi
GL 37: Der Herr ist mein Hirt - Mit Psalm 23 - VI.
GL 45: Der Herr krönt das Jahr mit seinem Segen - Mit Psalm 65 - VI.
GL 51: Wie groß sind deine Werke, o Herr, wie tief deine Gedanken - Mit Psalm 92 - I.
GL 58: Lobe den Herrn meine Seele. - Mit Psalm 104 - VIII.
GL Ö877: Wie schön ist es, dem Herrn zu danken - Mit Psalm 65 (GL 45,2) - VI.
- Einleitung5
Ludwig Götz (2018)
Wer heute unsere Kirche betritt, erkennt, wir feiern ein besonderes Fest. Der Erntealtar lenkt unsere Aufmerksamkeit auf sich. Vielerlei Blumen, Früchte und Nahrungsmittel sagen uns, dass für unser leibliches Wohl reichlich gesorgt ist.
Der trockene Sommer macht uns bewusst, wir sind nicht die Alleskönner, unser Wohlstand ist alles andere als selbstverständlich.
Hans Hütter (2017)
In jeder Messfeier danken wir Gott für Brot und Wein; gleichsam stellvertretend für alles, was wir zum Lebensunterhalt brauchen und von Gott geschenkt bekommen. Einmal im Jahr - meist, wenn die Erntezeit auf ihrem Hohepunkt angelangt oder bereits abgeschlossen ist - stellen wir den Dank für die Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit besonders in die Mitte. Wir tun dies, weil uns angesichts der Früchte unserer Felder und Gärten bewusst wird, dass diese Gaben der Natur trotz der vielen Arbeit, die Menschen dafür leisten müssen, etwas Geschenkhaftes beinhalten.
Das Erntedankfeiern erinnert uns aber auch an unsere Verantwortung, die wir für die Natur und für die Umwelt tragen. Allzu leicht geraten wir in die Gefahr, dass wir sie ausbeuten oder mit Schadstoffen belasten.
Am Beginn dieser Feier treten wir vor Gott hin und bitten ihn um Erbarmen.
Claudia Simonis-Hippel (2014)
Herzlich begrüße ich Sie zu unserem Gottesdienst am Erntedankfest. Das Eröffnungslied hat uns schon auf Freude und Dankbarkeit eingestimmt. Aber nicht jeder oder jede von uns wird heute solche Freude und Dankbarkeit empfinden können. Und das darf auch so sein, denn das ist ehrlich sich selbst und Gott gegenüber. Das heutige Dankfest kann uns alle dazu anregen, Erfahrungen nachzugehen, in denen spontan Dankbarkeit in uns aufsteigen will.
So beginnen wir unseren Gottesdienst nun im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr A/2014. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2014, S. 112-119.
Hans Hütter (2009)
Nur mehr wenige Menschen haben einen unmittelbaren Kontakt zum Wachsen und Gedeihen unserer Nahrungsmittel und bangen jedes Jahr um ausreichenden Ertrag.
Immer mehr Menschen beginnen zu schätzen, unverdorbene und gesunde Lebensmittel auftischen zu können.
Eine gute Ernte kostet Anstrengung und oft mühevolle Arbeit. Bei allem Aufwand, der dafür nötig ist, müssen wir uns bewusst bleiben, dass unsere Nahrungsmittel ein Geschenk sind, das uns der Schöpfer durch die Kräfte der Natur zukommen lässt.
Wenigstens einmal im Jahr wollen wir unsere Dankbarkeit für die Lebens-, Nahrungs- und Genussmittel, sowie für alle anderen Lebensgrundlagen, die wir aus der Natur beziehen, in besonderer Weise zum Ausdruck bringen.
Ludwig Götz (2008)
Aus der Hetze der letzten Arbeitswochen, aus dem lähmenden Einerlei unseres Alltags kommen wir hier zusammen, um Gott ausdrücklich und nachdrücklich unseren Dank zu sagen.
Dank für die heurige Ernte.
Dank für unser tägliches Essen.
Dank für den technischen Fortschritt.
Ernte-Dank ist aber nicht nur der Dank des Landwirts für die ertragreiche Ernte auf seinen Feldern.
Ernte-Dank, das kann auch der Dank sein für die bereichernde Begegnung mit einem lieben Menschen, der Dank für die Ehe, die man lebt, für die Kinder, der Dank für die wiederhergestellte Gesundheit, der Dank für ein klärendes Gespräch,
der Dank für einen erholsamen Urlaub,
der Dank für die langersehnte Beförderung im Beruf, der Dank für den Abschluss der Lehrzeit, der Dank für eine bestandene Prüfung, der Dank für ein reiches und reifes Leben.
Wir wollen diesen Dank heute so ausdrücklich vor Gott bringen, weil wir bei der Mühe und Anstrengung der "Ernte"-Arbeit oft nicht zum Denken und Danken kommen.
- Bußakt4
Ludwig Götz (2018)
Im Kyrie wenden wir uns an unseren Herrn und Schöpfer,
der die ganze Welt in seinen Händen hält:
Wir glauben an dich,
doch im Alltag sind wir in Gefahr, dich zu vergessen.
Kyrie eleison.
Wir leben im Wohlstand und meinen,
dies sei selbstverständlich.
Christe eleison.
Wir wissen um deine Güte
und hoffen, dass du uns bei Durststrecken weiterhilfst.
Kyrie eleison.
Hans Hütter (2009)
Der oft fahrlässige Umgang mit den Gaben der Natur ist zunächst Anlass, den Schöpfer und einander um Vergebung unserer Schuld zu bitten:
Herr, wir bitten um Vergebung für alle Gedankenlosigkeit;
mit der wir die Gaben der Natur gebrauchen oder gar missbrauchen.
Herr, erbarme dich unser.
Wir bitten um Vergebung für alle Rücksichtslosigkeit,
mit der wir die Ressourcen der Erde ausbeuten.
Christus, erbarme dich unser.
Wir bitten um Vergebung für die ungerechte Verteilung
der Erträge der Natur und der menschlichen Arbeit.
Herr, erbarme dich unser.
Wir bitten um Vergebung für alle Verschwendung und Vergeudung
von Nahrungsmitteln und Energie.
Christus, erbarme dich unser.
Wir bitten um Vergebung für alle Undankbarkeit
gegenüber dem Schöpfer und gegenüber den Menschen,
die unsere Lebensmittel herstellen.
Herr, erbarme dich unser.
Ludwig Götz (2008)
Priester:
Zuvor aber wollen wir bekennen, wo wir schuldig geworden sind.
Spr. I:
Manchmal sind es Müdigkeit und Resignation,
die unseren Arbeitseifer lähmen, die unsere Leistung beeinträchtigen.
Spr. II:
Manchmal sind es Überarbeitung und Gereiztheit,
die verletzende Worte und harte Anklagen über unsere Lippen kommen lassen.
Spr. I:
Manchmal versagen wir unsere Hilfe,
weil wir die Mühe, die Last der Verantwortung scheuen.
Spr. II:
Manchmal sind wir ungerecht
und versagen den anderen den gerechten Lohn,
der auch Anerkennung heißen kann.
Spr. I:
Manchmal denken wir nur an uns, an unser Ziel
und drücken, die uns im Weg stehen, zur Seite.
Spr. II:
Manchmal scheuen wir zurück vor dem Einsatz, der mehr von uns fordert,
der uns ganz in Anspruch nehmen würde,
um unserer Bequemlichkeit willen.
Spr. I:
Manchmal murren wir,
weil sich der Erfolg unserer Arbeit, die Ernte, nicht zeigen will.
Priester:
Herr erbarme dich . - Christus erbarme dich. - Herr erbarme dich.
Manfred Wussow (2011)
Auf dem Altar - oder auf einem kleinen Tisch davor - liegen Brot, Medikamente und eine Zeitung. Sie stehen für die Gaben, die aus Gottes Hand in Empfang genommen werden - Symbole für den alltäglichen Lebensunterhalt, die Gesundheit und der "Lebens"gemeinschaft. Dem Dank folgen die Bitten um Erbarmen.
Wir loben dich, Gott, für das Leben, das du erhältst.
Jeden Tag werden wir satt.
Was wir zum Leben brauchen, bekommen wir.
Dir danken wir.
Für das Brot.
(Der/die Liturge/Liturgin nimmt das Brot in die Hand)
Vieles ist für uns selbstverständlich geworden.
Oft gehen wir gedankenlos mit dem um, was unser Leben erhält.
Es fällt uns schwer, dankbar zu sein und mit anderen zu teilen, was wir haben.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Wir loben dich, Gott, für das Leben, das du erhältst.
Wenn wir krank sind, helfen uns Menschen.
Wir werden mit Medikamenten versorgt, behandelt und gepflegt.
Dir danken wir.
Für die Gesundheit.
(Der/die Liturge/Liturgin nimmt ein Medikament in die Hand)
Krankheiten verführen uns zum Klagen.
Wir sehen dann nur noch uns selbst.
Es fällt uns schwer, dankbar zu sein und an andere zu denken.
Wir rufen zu dir: Christus, erbarme dich.
Wir loben dich, Gott, für das Leben, das du erhältst.
Fernsehen, Bücher und Zeitungen lassen uns an der Welt Anteil nehmen
und fremde Menschen zu uns kommen.
Wir werden unterhalten, aber auch zu Zeugen von Angst und Unheil.
Dir danken wir.
Für die Gemeinschaft.
(Der/die Liturge/Liturgin nimmt die Zeitung in die Hand)
Unsere Herzen sind zu klein für die vielen Nachrichten und Geschichten.
Wir können oft nur aufnehmen, was in unser Leben passt.
Es fällt uns schwer, dankbar zu sein und ohne Vorurteile zu leben.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
- Kyrie1
Hans Hütter (2010)
Herr Jesus Christus,
du bist Mensch geworden
und hast dich den Gesetzen des Lebens und der Natur unterworfen.
Herr, erbarme dich.
Du mahnst, uns nicht ängstlich zu sorgen,
sondern uns ganz der Fürsorge Gottes zu überlassen.
Christus, erbarme dich.
Du willst, dass auch wir selbst Früchte bringen, die bleiben
und vor Gott Wert haben.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet2
Messbuch - TG Erntedank: Wir danken dir für die Ernte dieses Jahres
Gott, unser Vater,
du sorgst für deine Geschöpfe.
Du hast dem Menschen die Erde anvertraut.
Wir danken dir für die Ernte dieses Jahres.
Nähre damit unser irdisches Leben
und gib uns immer das tägliche Brot,
damit wir dich für deine Güte preisen.
und mit deinen Gaben den Notleidenden helfen können.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB: Zum Erntedank
Messbuch - TG Erntedank: Wir danken für die Früchte der Erde
Wir danken dir, Herr, für die Früchte der Erde
und für das Walten deiner Vorsehung.
Lass auch die Früchte deiner Gnade in uns reifen:
die Gerechtigkeit und die Liebe.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB: Zum Erntedank
- Eröffnungsgebet4
Sozialreferat der Diözese Linz (2023) - Gebet zur Segnung der Erntegaben
Gott, unser Vater,
du sorgst für deine Geschöpfe.
Menschen, Tieren und Pflanzen schenkst du Wasser, Nahrung und Lebensraum im Überfluss.
Darin erkennen wir einen guten Grund zur Hoffnung.
Wir danken dir für die Ernte des Jahres
in ihrer unendlichen Vielfalt und ihrem unerschöpflichen Reichtum.
Nähre und stärke alle Geschöpfe mit dem,
was auf Wiesen und Feldern, auf Almen und Bergen, in Gärten und Weinbergen gewachsen ist.
Lass uns allezeit dankbar sein vor dir, unserem Schöpfer.
Gib uns Mut zur ökologischen Verantwortung
und nähre in unseren Herzen die feste Gewissheit, dass unser Engagement sinnvoll ist.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Sozialreferat der Diözese Linz (2022)
Gebet zur Segnung der Erntegaben
oder auch an einer anderen Stelle des Gottesdienstes:
Gott, unser Vater,
du sorgst für deine Geschöpfe.
Menschen, Tieren und Pflanzen schenkst du Wasser, Nahrung und Lebensraum im Überfluss.
Wir danken dir für die Ernte des Jahres in ihrer unendlichen Vielfalt und ihrem unerschöpflichen Reichtum.
Nähre und stärke uns mit dem, was auf Wiesen und Feldern, Almen und Bergen und in Gärten und Weinbergen gewachsen ist.
Lass uns allezeit dankbar sein vor dir, unserem Schöpfer,
und gib uns heute den Mut zur ökologischen Umkehr.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2011)
Dir, Gott, danken wir heute für die Früchte der Erde,
für Korn und Brot,
für Obst und Wein.
Wir danken dir für Sonnenschein und Regen,
für deinen Segen!
Wir danken dir heute für unsere Zungen.
Auf ihnen zergeht,
was auf den Feldern wächst
und an den Bäumen reift,
was uns gut schmeckt und mundet.
Wir danken dir heute für die Menschen,
die düngen und jäten, säen und ernten,
die alles so schön zurichten und bereiten,
wir danken dir für alles,
was in unseren Geschäften zu kaufen ist.
Wir danken dir heute für unsere Fähigkeiten und Gaben,
für unsere Neugier und den Wissensdurst,
für unsere Entdeckungen und Forschungsergebnisse.
Du, guter Gott,
beschenkst uns reich.
Schenke uns auch ein offenes Herz -
Augen, die Not sehen
und Hände, die helfen.
Das erbitten wir im Namen Jesu,
der sich in seiner Liebe an uns verschenkte.
Dir sei Lob und Ehre
in Ewigkeit.
Ludwig Götz (2008)
Herr, unser Gott,
in diesem Gottesdienst wollen wir dir Danke sagen.
Wir danken dir, dass du jetzt bei uns bist
und dass du uns dein gutes Wort schenkst,
ein Wort, das verstehen hilft und danken lehrt.
Wir bitten dich, lass uns in Dankbarkeit an das Gute erinnern,
das du und Menschen immer wieder für uns tun.
Das bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder.
- Fürbitten7
Hans Hütter (2020)
Guter Gott,
dir verdanken wir unser Leben und alles, was wir zum Leben brauchen.
Wir tragen dir unsere Bitten für alle, die mit uns diese Erde bewohnen, vor:
Wir bitten dich für alle,
die durch die gegenwärtigen Krisen besonderen Belastungen ausgesetzt sind.
Gib ihnen Kraft für ihren Einsatz zum Wohl aller.
Wir bitten dich für alle,
die vor Krieg, Verfolgung und Hungersnot geflohen sind und noch keine neue Heimat gefunden haben.
Lass sie wirksame und dauerhafte Hilfe erfahren.
Wir bitten dich für alle,
die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder um ihre Arbeitsmöglichkeit bangen müssen.
Lass sie sozialen Rückhalt und Solidarität erleben.
Wir bitten dich für alle,
denen ein gerechter Lohn für ihre Arbeit vorenthalten wird.
Stärke in ihren Arbeitgebern das Bewusstsein für Gerechtigkeit.
Wir bitten dich für alle,
die an der Erzeugung von Lebensmitteln beteiligt sind.
Mache ihnen ihre Verantwortung für gesunde Nahrungsmittel und für eine heile Umwelt bewusst.
Wir bitten dich für unsere Verstorbenen.
Vergilt ihnen, was sie in ihrem Leben zum Gemeinwohl beitgetragen haben.
Dir, guter Gott,
gebührt unser Dank für das Leben, die Lebensfreude und die Lebensmittel.
Dir vertrauen wir uns und alle Geschöpfe an. - Amen.
Ludwig Götz (2018)
Du Gott mit uns,
Erntedank, das heißt Danke sagen für alles, was wir zum Leben brauchen. Es heißt aber auch bitten für die, die uns tagtäglich das Leben leichter machen.
Deswegen wenden wir uns an dich:
Wir bitten für die, die Umweltschäden verursachen
und jene, die dagegen Maßnahmen ergreifen.
Gott, unser Vater...
A: Wir bitten dich, erhöre uns!
Wir bitten für die, die um ihr Recht auf Wasser kämpfen müssen.
Wir bitten für die Kinder und jungen Erwachsenen,
die keine Bildung bekommen, weil sie arbeiten müssen.
Wir bitten für die, die für unsere Lebensmittel sorgen,
besonders für die, die auf Kaffee-, Kakao-, oder Bananenplantagen arbeiten.
Wir bitten für die, die in Billiglohnländern oft unter menschenunwürdigen Bedingungen ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.
Wir bitten für uns, dass wir verantwortlich umgehen mit Nahrungsmitteln, Kleidung und technischen Geräten
Gott-mit-uns,
wir spüren immer wieder, wie sehr wir voneinander abhängig sind.
Hilf uns, dass wir mit allen einen gerechten Ausgleich finden.
Gib uns Phantasie und Mut,
miteinander für eine lebenswerte Welt zu arbeiten.
Danke, dass du an unserer Seite bist. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Wer Gott dankt, kann mit großen Augen staunen.
Der kann sich auch nicht satt sehen.
Der nimmt nicht Dinge in die Hand, sondern Gaben - Gottes Gaben.
Heute beten wir:
Für die Menschen, die leere Hände haben.
Sie mühen sich jeden Tag, ihre Familien zu ernähren,
aus wenigem viel zu machen,
den Alltag zu bestehen.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Gaben
Für die Menschen, die um ihr Leben laufen.
Mit Habseligkeiten sind sie auf der Flucht.
Sie wissen nicht, ob sie zurück können.
In Lagern fristen sie ihr Leben.
Für die Menschen, die andere versorgen.
In vielen Ländern laugen die Böden aus,
fallen Ernten aus.
Viele Produkte werden unter unmenschlichen
Bedingungen hergestellt.
Für die Menschen, die sich um Frieden mühen.
Viele Vorurteile wachsen und hinterlassen ein Klima der Angst.
Stimmungen heizen sich auf.
Waffengewalt wird wieder hoffähig.
Für die Menschen, die die Hoffnung nicht aufgeben.
Junge Menschen lassen sich in ihrem Lebensmut nicht zurückhalten,
kritische Fragen werden gestellt und ausgehalten,
die Mächtigen müssen sich rechtfertigen.
Manchmal werden sie sogar zur Rechenschaft gezogen.
Dir danken wir, Herr,
für die Vögel unter dem Himmel und die Lilien auf dem Felde.
Sie sind deine Boten und Kronzeugen:
Dass du deine Schöpfung nicht aufgibst
und allen Menschen einen Lebensraum schenkst.
Lass uns dein Reich suchen und finden.
In Christus, unserem Herrn. – Amen.
Claudia Simonis-Hippel (2014)
Lebendiger Gott,
nicht immer haben wir Grund zum Danken. Vielen Menschen auf der Welt fehlt es sogar am Allernötigsten zum Leben.
Für sie bitten wir:
Für die Hungernden und die Menschen in Kriegsgebieten.
Für die Flüchtlinge, die ihre Heimat und oft auch ihre Familie verloren haben.
Für die Menschen, die in unserem Land, in unserer Umgebung, unter dem Existenzminimum leben.
Für die Kranken und die Trauernden.
Für die Einsamen, denen liebevolle menschliche Zuwendung fehlt.
Für diejenigen, die Einfluss auf arm und krank machende Strukturen haben: dass sie ihre Möglichkeiten sinnvoll nutzen.
Für die Kirche und alle Christen: dass sie dem Beispiel Jesu folgen und sich vor allem den Menschen zuwenden, denen es an vielem fehlt.
Für diejenigen, die blind sind für des Reichtum ihres Lebens.
Guter Gott, hilf uns zu erkennen, wo es anderen an etwas mangelt. Lass uns neue Möglichkeiten finden, wie wir mit dem, was wir haben, helfen können. Darum bitten wir dich durch Jesus, den Freund der Armen und Kranken. - Amen.
Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr A/2014. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2014, S. 112-119.
Manfred Wussow (2011)
Wir danken dir, Herr, für das schöne Gefühl, satt zu sein,
für den Augenschmaus, an einem reich gedeckten Tisch zu sitzen,
für die Gemeinschaft, die wir bei einem gemeinsamen Essen haben.
Dich bitten wir:
Für unsere Landwirte, Agrarbetriebe und Erzeugergenossenschaften.
Hilf ihnen, gute Produkte auf den Markt zu bringen,
Felder schonend zu bebauen
und die Schöpfung zu bewahren.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deinen Segen
Für alle Menschen, die nicht genug haben,
die hungern und ihren Kindern keine Mahlzeiten bereiten können.
Hilf uns, aufmerksam an ihrem Geschick teilzuhaben,
von unserem Reichtum abzugeben
und ihre Interessen öffentlich zu vertreten.
Für die Politiker in unseren Parlamenten und Regierungen,
die die Verantwortung übernommen haben,
für das Gemeinwesen zu sorgen.
Hilf ihnen, sich für die Schwachen und Armen einzusetzen,
der weltweiten Ungerechtigkeit zu wehren
und nachhaltige Entwicklungen anzustoßen.
Für unsere Geschäftsleute,
die Lebensmittel im Kampf um Marktanteile einsetzen.
Hilf uns, kritische Käufer zu sein,
uns nichts vormachen zu lassen
und mit Lebensmitteln achtsam umzugehen.
Für die Kleinbauern in unterentwickelten Ländern,
die von ihrem Land vertrieben werden,
weil mächtige Konzerne Bodenschätze für sich beanspruchen.
Hilf ihnen, weltweit Verbündete zu finden,
Gehör im eigenen Land
und Menschen, die sich schützend vor sie stellen.
Als du, Gott, die Welt und die Menschen geschaffen hattest,
gabst du uns einen Garten, ihn zu bebauen und zu pflegen.
Dir danken wir für das Vertrauen
und für die Schönheit, die uns umgibt.
Lass uns verantwortlich mit allem umgehen,
was aus deiner Hand kommt,
schenke uns, großzügig zu sein
und bewahre uns dein größtes Geschenk: die Liebe.
Durch Christus, unserem Herrn.
Hans Hütter (2010)
Guter Schöpfer und Geber aller Gaben,
wir feiern dieses Fest, um dir für die Früchte der Erde und unserer Arbeit zu danken.
Die Erntegaben erinnern uns aber auch an Menschen, die bittere Not leiden.
Wir bitten dich:
Wir beten für alle Menschen, die trotz des Überflusses in vielen Ländern Hunger leiden oder sogar vor Hunger umkommen.
Lass die Verantwortlichen nicht müde werden, für gerechte Verteilung der Güter zu sorgen.
Wir beten für alle, deren Lebensmittel und Lebensgrundlagen durch Naturkatastrophen zerstört worden sind.
Lass sie nicht verzweifeln und schenke ihnen die Kraft zu einem Neuanfang.
Wir beten für alle, die keine Arbeit finden oder deren Arbeit nicht ausreichend und gerecht entlohnt wird.
Lass sie nicht mutlos werden und lass sie Gerechtigkeit erfahren.
Wir beten für alle, die in Wohlstand und Überfluss leben.
Lass sie jene nicht übersehen, die zu wenig zum Leben haben,
und mache ihnen bewusst, dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt.
Wir beten für alle Menschen, die an der Produktion, Verarbeitung und an der Vermarktung der Nahrungsmittel mitwirken.
Lass sie Genugtuung und Freude an ihrem Beruf erfahren.
Wir beten für alle Menschen, die durch ihre Arbeit und ihren Einsatz zum Wohl der Menschen beitragen.
Lass sie Anerkennung und gerechten Lohn für ihre Arbeit erhalten.
Du, Herr, sorgst für deine Geschöpfe.
Dir sei Lob und Dank in Ewigkeit.
Hans Hütter (2009)
Guter Gott und Schöpfer der Welt,
jeder Dank enthält auch eine Bitte.
Wir legen dir unsere Sorgen und Nöte ans Herz.
Wir bitten um ausreichend Nahrung
für alle Menschen auf der Erde.
Wir bitten dich um die Fähigkeit,
die lebensnotwendigen Ressourcen nach gerechten Regeln zu verteilen.
Wir bitten dich um gerechten Lohn für alle,
die an der Produktion und Verteilung unserer Lebensmittel beteiligt sind.
Wir bitten dich um Entdeckungs- und Erfindungsgeist,
durch den wir die Probleme der Menschheit lösen können.
Wir bitten dich um Frieden,
in dem sich das Leben aller entfalten kann.
Wir bitten dich um die Fähigkeit, dankbar zu genießen,
was du uns schenkst.
Dich erhabener Schöpfer, preisen wir
und dir danken wir. Amen.
- Gabengebet1
Messbuch - GG Erntedank: Frucht bringen für das unvergängliche Leben
Herr, unser Gott,
segne die Früchte der Erde,
die wir in Dankbarkeit darbringen.
Heilige Brot und Wein für das Opfer
und lass uns durch den Empfang deines Sakramentes
Frucht bringen,
die bleibt für das unvergängliche Leben.
Darum bitten wird durch Christus, unseren Herrn.
MB Zum Erntedank
- Gebet zur Gabenbereitung4
Sozialreferat der Diözese Linz (2023)
Jetzt, Gott, willst du uns begegnen.
Jetzt willst du unser Herz berühren.
Jetzt willst du uns verwandeln wie Brot und Wein.
Rühre uns an, rüttle uns auf, verwandle uns,
damit unsere Angst zur Quelle des Handelns und der Hoffnung wird.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Sozialreferat der Diözese Linz (2022) - Rühre uns an, rüttle uns auf, verwandle uns
Jetzt, Gott, willst du uns begegnen.
Jetzt willst du unser Herz berühren.
Jetzt willst du uns verwandeln wie Brot und Wein.
Rühre uns an,
rüttle uns auf,
verwandle uns,
damit wir deinem Ruf zur ökologischen Umkehr folgen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen.
Herkunft unbekannt (2021)
Lehre uns einen weiten Blick,
Gott,
auf die Herkunft unserer Nahrung.
Lass uns das Wasser erkennen,
das in den Lebensmitteln verborgen ist.
Lass uns in ihm die Gutheit deiner Schöpfung erspüren
und dafür sorgen, dass sie erhalten bleibt.
In Brot und Wein und allem,
was die Schöpfung bietet,
lass uns dir begegnen
so wie jetzt in Jesu Mahl.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2011)
Gott, du Schöpfer unserer Welt,
wir danken dir!
Dass unser Hunger gestillt wird,
dass wir reich beschenkt sind,
dass wir zu dir gehören.
Schau mit Liebe auf die Gaben,
die wir auf den Altar gelegt haben,
Brot und Wein.
Sprich du dein Wort,
dann werden sie uns zum Brot des Lebens
und zum Kelch des Heils.
Wir empfangen den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus.
Wir danken dir für die Gemeinschaft mit ihm,
für die Verheißung der neuen Welt
und für deine unverbrüchliche Treue.
Heute und in Ewigkeit.
- Lobpreis1
Zitat (2019)
(für Wortgottesfeiern)
Kehrvers:
Lobet den Herrn, preist seine Huld und Treue.
(GL 401)
Gepriesen bist du, Herr, unser Gott.
Alles, was du geschaffen hast, ist gut.
Kehrvers
Die Welt kündet deine Weisheit und Größe.
Der Mensch kann dich erkennen und dir dienen.
Kehrvers
Du lässt uns in der Sorge um die Welt nicht allein.
In Jesus Christus ist uns deine Liebe erschienen.
Kehrvers
Auf ihn hin ist alles geschaffen;
er schenkt uns die Fülle des Lebens.
Kehrvers
Er heilt die Wunden der Schöpfung
und gibt uns unzerstörbare Hoffnung.
Kehrvers
Er ist der Anfang einer neuen Schöpfung;
durch ihn willst du die Welt vollenden.
Kehrvers
Gepriesen bist du, Herr unser Gott,
durch ihn, Jesus Christus, deinen Sohn.
Im Heiligen Geist versammelt, stimmen wir ein
in den Lobgesang der himmlischen Chöre:
Danklied, z.B.: Dein Lob, Herr, ruft der Himmel aus... (GL 381)
(Nach: Wort-Gottes-Feier; Werkbuch für die Sonn- und Festtage; Hrsg. Liturg. Institute Deutschlands und Österreichs, Trier 2004, S. 180f)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Sonntage 5: Die Schöpfung
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, allmächtiger Vater, zu danken
und dich mit der ganzen Schöpfung zu loben.
Denn du hast die Welt mit all ihren Kräften ins Dasein gerufen
und sie dem Wechsel der Zeit unterworfen.
Den Menschen aber hast du
auf dein Bild hin geschaffen und
ihm das Werk deiner Allmacht übergeben.
Du hast ihn bestimmt,
über die Erde zu herrschen,
dir, seinem Herrn und Schöpfer, zu dienen
und das Lob deiner großen Taten zu verkünden
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Darum singen wir mit den Engeln und Erzengeln,
den Thronen und Mächten und
mit all den Scharen des himmlischen Heeres
den Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 5
Ludwig Götz (2008) - Studientext: Erntedank
Wir danken dir, heiliger, starker Gott.
Denn wunderbar sind deine Werke.
Die ganze Welt hast du erschaffen:
Die Sonne gibt uns Licht und Wärme.
Sie lässt das Korn und die Früchte reifen.
Blumen und Tiere, Wälder und Wiesen - alles ist für uns da.
Du gibst uns Menschen Verstand und Phantasie.
Wir bauen Häuser und Straßen.
Wir können Vieles erfinden, was uns das Leben leichter macht.
Darüber freuen wir uns, dafür danken wir dir, Vater.
Zusammen mit allen, die an dich glauben,
zusammen mit den Heiligen und den Engeln preisen wir dich und rufen:
Heilig…
- Mahlspruch1
Messbuch - Mahlspruch Erntedank
Herr, von den Früchten deiner Schöpfung werden alle satt.
Du schenkst dem Menschen Brot von der Erde
und Wein, der sein Herz erfreut.
(vgl. Ps. 104,13-15)
Oder:
Aller Augen warten auf dich
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Du tust deine Hand auf
und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.
(Ps 145,15f)
- Meditation3
Helene Renner (2020)
Guter Gott
Wir danken Dir heute
für alle guten Gaben
für den Weg, den wir gemeinsam gehen
für alle Erfahrungen, die uns Zusammenhalten
für jedes Wort, das trägt, Mut macht und tröstet
für offene Augen und Ohren
für alle Herzen, die sich öffnen
und die Hände, die uns halten.
Wir danken dir
für den Tisch, um den wir versammelt sind
für Brot und Wein
für die köstlichen Gaben der Schöpfung
für alles, was uns am Leben erhält.
Wir verbinden uns mit allen Menschen
auf der weiten Welt
mit jedem Tier auf der Erde
mit dem Fisch im Wasser und dem Vogel in der Luft
mit jeder Blume die blüht
und jedem Samen der keimt
mit jedem Stein und jedem Berg
mit allem was du geschaffen hast
und was von deiner Gegenwart kündet.
Wir wissen uns in deiner Hand
denn du bist wie ein Vater, der Leben schenkt
und wie eine Mutter, die alles trägt und umfängt
in dir wissen wir uns geborgen
heute danken wir dir dafür.
Helene Renner (2020)
Alles, unser Gott, kommt von dir
nichts geschieht von selbst
du hältst deine Hand über uns.
Wir danken dir heute dafür.
Dass es Tag wird durch den Lauf der Sonne
verdanken wir dir
und dass es Nacht wird
und die Mühen des Tages ein Ende finden.
Wir wissen
nichts ist selbstverständlich
was bei Tag oder Nacht geschieht.
Millionen Jahre waren ehe es uns gab
Jahrmillionen werden vielleicht nach uns sein.
Irgendwo in der Mitte
ein paar Sommer lang
leben wir.
Für diese Spanne Zeit danken wir dir.
Alles ist Geschenk für uns
alle Liebe, die wir geben oder empfangen dürfen
alle Lebenskraft, die uns erfüllt.
Alles, was uns an Gutem zufällt
ist deine Gabe.
Wir danken dir dafür
aus ganzen Herzen.
Helene Renner (2020) - In Freude werdet ihr schöpfen...
Guter Gott
du hast uns verheißen:
In Freude werdet ihr schöpfen
aus den Quellen des Heils.
Mit leeren Gefäßen sind wir gekommen
du hast sie gefüllt
mit Wasser für Wiesen und Felder
mit Wasser für Menschen und Tiere
mit dem Wasser, das uns ewiges Leben schenkt.
Mit leeren Händen sind wir gekommen
du hast sie gefüllt
mit Früchten von Wiesen und Feldern
mit Blumen aus Gärten und Wäldern
mit dem Brot, das uns ewiges Leben schenkt.
Mit leeren Herzen sind wir gekommen
du hast sie gefüllt
mit deinem Wort, das unsere Gemeinschaft stärkt
mit deinem Wort, das uns zur Liebe befähigt
mit dem Wort, das uns ewiges Leben schenkt.
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Erntedank: Schenke uns als Frucht dieses Opfers die ewigen Güter
Herr,
in dieser heiligen Feier
haben wir dir für die Ernte des Jahres gedankt.
Schenke uns als Frucht dieses Opfers die ewigen Güter,
welche die Erde nicht geben kann.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Zum Erntedank
- Gebet zum Abschluss1
Manfred Wussow (2011)
Treuer, barmherziger Gott,
wenn wir nach Hause gehen und dann auch in unseren Alltag:
begleite uns auf unseren Wegen.
Wenn wir unzufrieden sind und klagen:
schenke uns einen liebevollen Blick auf unser Leben.
Wenn wir übermütig werden:
bewahre uns das Staunen über alles, was nicht selbstverständlich ist.
Du weißt, auf welche Abwege wir geraten können,
wie wir Wegetappen mit Angst besetzen
und Weggefährten abhängen:
Halte zusammen, was zusammen gehört,
schenke uns eine große Hoffnung und
lass uns in der Dankbarkeit Orientierung, Halt und Maß finden.
Bis du vollendest, was wir nicht vollenden können.
Das erbitten wir im Namen unseres Herrn und Bruders Jesus Christus,
der mit uns auf dem Wege ist in der Kraft deines Geistes
heute und in Ewigkeit.
- Segen1
Zitat (2009)
Herr, segne uns, lass uns dir dankbar sein
lass uns dich loben, solange wir leben
und mit den Gaben, die du uns gegeben
wollen wir tätig sein
Herr, geh mit uns und lass uns nicht allein
lass uns dein Wort und dein Beispiel bewahren
in der Gemeinde deine Kraft erfahren
Brüder und Schwestern sein
Herr, sende uns, lass uns dein Segen sein
lass uns versuchen, zu helfen, zu heilen
und unser Leben wie das Brot zu teilen
lass uns ein Segen sein
Aus Lothar Zenetti, Sieben Farben hat das Licht. Worte der Zuversicht. Matthias-Grünewald-Verlag 2006.
- Sonstiges1
Zitat (2015) - Gebet zur Segnung der Erntegaben:
Gebet zur Segnung der Erntegaben:
Gott, unser Vater,
du sorgst für deine Geschöpfe.
Menschen, Tieren und Pflanzen schenkst du Nahrung und Lebensraum im Überfluss.
Wir danken dir für die Ernte des Jahres
in ihrer unendlichen Vielfalt und ihrem unerschöpflichen Reichtum.
Nähre und stärke uns mit dem, was auf Wiesen und Feldern, Almen und Bergen und in Gärten und Weinbergen gewachsen ist.
Lass uns allezeit dankbar sein vor dir, unserem Schöpfer,
und gib, dass wir die Vielfalt der Lebensräume erhalten und mit allen Geschöpfen teilen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
«Für das Klima hoffen, heisst handeln»
Das Motto des Erntedanksonntags ist übernommen von der OeKU, der ökumenischen Arbeitsstelle Kirchen und Umwelt in der Schweiz. Bei dieser Stelle können unter www.oeku.ch auch weitere Materialien zum Thema und für die Schöpfungszeit vom 1.9. bis zum 4.10. bezogen werden.
Die OeKU schreibt zum diesjährigen Motto: Die Hoffnung ist in der Krise. Klimaangst macht sich unter Jugendlichen weltweit breit. «Hoffnung ist nicht etwas, was geschenkt wird. Es ist etwas, was man sich erarbeiten und verdienen muss,» haben Aktivist:innen von Fridays for Future getwittert. Was können die Kirchen beitragen, damit unsere Gesellschaft die Hoffnung nicht verliert und sich an der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft beteiligt?
Am Ende bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe (1 Kor 13), schreibt der Apostel Paulus. Die Liebe aber ist die Größte. Christinnen und Christen setzen sich aus Liebe für die Schöpfung und die Menschen ein. «Die Liebe Gottes ist der fundamentale Beweggrund der gesamten Schöpfung», meint Papst Franziskus (Laudato Si‘ 77). Christinnen und Christen wissen, dass sie von Gott geliebt sind, und dass Gott alles Geschaffene liebt (Weish 11,24). Die Liebe weigert sich, die Welt - unser gemeinsames Haus - verloren zu geben und treibt zum Engagement für die Bewahrung der Schöpfung.
Nicht nur als Einzelne sind wir gefordert. Die ganze Gesellschaft muss Verantwortung übernehmen. Pfarreien und Kirchgemeinden können ihre Zukunftshoffnung mit konkreten Zeichen zum Ausdruck zu bringen, indem sie ihre Treibhausemissionen vermindern, ein Umweltmanagement einführen und die Sorge für die Schöpfung in Gottesdienst und Unterricht zum Ausdruck bringen - durch das ganze Kirchenjahr und ganz besonders während der SchöpfungsZeit. Möglich ist auch, sich klimapolitisch zu engagieren, beispielsweise mit einem Statement bei www.christinnenfuerklimaschutz.ch.
wsww. oeku.ch
Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde
Ref.: Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde.
Heute wird getan oder auch vertan,
worauf es ankommt, wenn er kommt
1) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast du gespart,
was hast du alles besessen?
Seine Frage wird lauten:
Was hast du geschenkt,
wen hast du geschätzt um meinetwillen?
2) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast du gewusst,
was hast du Gescheites gelernt?
Seine Frage wird lauten:
was hast du bedacht,
wem hast du genützt um meinetwillen?
3) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du beherrscht,
was hast Du Dir unterworfen?
Seine Frage wird lauten:
Wem hast Du gedient,
wen hast du umarmt, um meinetwillen?
4) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du bereist,
was hast Du Dir leisten können?
Seine Frage wird lauten:
Was hast Du gewagt,
wen hast Du befreit um meinetwillen?
5) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du gespeist,
was hast Du Gutes getrunken?
Seine Frage wird lauten:
Was hast Du geteilt,
wen hast du genährt um meinetwillen?
6) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du geglänzt,
was hast Du Schönes getragen?
Seine Frage wird lauten:
Was hast Du bewirkt,
wen hast Du gewärmt um meinetwillen?
7) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du gesagt?
Was hast Du alles versprochen?
Seine Frage wird lauten:
Was hast Du getan,
wen hast Du geliebt um meinetwillen?
8) Der Herr wird nicht fragen:
Was hast Du erreicht,
was hast Du Großes gegolten?
Seine Frage wird lauten:
Hast du mich erkannt?
Ich war dein Bruder um deinetwillen!
Liedtext als PDF herunterladen,
Lied auf Youtube anhören.
Text: Alois Albrecht, Melodie: Ludger Edelkötter
https://www.evangeliums.net/lieder/lied_jetzt_ist_die_zeit_jetzt_ist_die_stunde.html
Aktuelle SchöpfungsZeit
«Höchste Zeit für die Schöpfung» lautet der Slogan der SchöpfungsZeit 2022. Zum einen wird damit auf die Empfehlung der Charta Oecumenica an die Kirchen Europas aus dem Jahr 2001 Bezug genommen, sich im September «Zeit für die Schöpfung» zu nehmen. Zum andern erinnern die Klima- und die Biodiversitätskrise an die Dringlichkeit, das Engagement für den Schutz der Schöpfung zu verstärken.
Über diese Adresse können Sie diverse Materialien zur Gestaltung des Erntedankfestes beziehen.
oeku Kirchen für die Umwelt
Der Name «oeku Kirchen für die Umwelt» ist Programm: Wir setzen uns für Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln in Kirchgemeinden, Pfarreien und kirchlichen Institutionen in der Schweiz ein.
Kirche feiert Schöpfungszeit vom 1. September bis 4. Oktober
Ab 1. September machen die christlichen Kirchen in Österreich wieder auf die Dringlichkeit der Bewahrung der Schöpfung aufmerksam. Bis zum 4. Oktober, dem Fest des Heiligen Franziskus und offiziellen Ende der fünfwöchigen "Schöpfungszeit", finden österreichweit themenbezogene Veranstaltungen und Gottesdienste statt.
Seit 2015 ist der bereits davor ökumenisch begangene "Schöpfungstag" am 1. September offiziell als "Weltgebetstag für die Schöpfung" im katholischen Kirchenkalender eingetragen. Der Tag sollte in allen Ortskirchen angemessen begangen werden und einen nachhaltigen Lebensstil fördern, betonte Papst Franziskus. Damit griff er einen Impuls aus der orthodoxen Kirche auf, den der damalige Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios, bereits 1989 gesetzt hatte.
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Späte Ernte
Karg ist die Frucht
der Liebe,
die Ernte mager,
kein Überfluß,
kein Überquellen.
Doch habe ich
viel gesät,
viel gehegt,
viel gepflegt.
Aber
wenn Du, Herr,
austeilen wirst,
werden noch
zwölf Körbe
übrigbleiben.
Aus: Ilse Pauls, Lebensbilder. Wolfgang Hager Verlag 2020.
Ich habe den Schafen noch nicht gedankt
Ich habe den Schafen noch nicht gedankt,
die mich mit ihrer Wolle wärmten,
nicht den Strickerinnen, den blassen,
und denen, die ärmer als ich, mir nicht fluchten.
Ich habe die Maurer nicht eingeladen,
die Zimmerleute und all die andern,
die mir das Dach und die Wände fügten,
wo ich mich und das Meine berge.
Ich bin nie zum Lokführer vorgelaufen,
ihn zu loben, weil er mich wachsam,
während ich schlief, durch die Nächte brachte
strahlenden Urlaubssonnen entgegen.
Auch den Setzern und Druckern hab ich
nie gestanden, wie viele Schätze
sie mit vergehendem Aug und Atem
mir in Büchern gehortet haben.
Unbedankt blieb der Bergmann drunten
für Kohle und Salz, der Brückenbauer,
waghalsig überm trennenden Abgrund,
und der Fischer auf wilder See.
Wollt ich den kargen Ertrag meines Lebens
unter alle, die je mir geholfen,
es zu fristen, gerecht verteilen,
käme auf jeden kaum ein Groschen.
Auch der Anteil an meinem geringen Herzen
wird nicht reichen für so viel Gnade,
die ich empfangen durfte.
Also werde ich als Schuldner aller sterben.
Ich bitte euch alle: vergebt mir!
Christine Busta
Ertragen
Was reifen soll, muss er-tragen werden;
jede Frucht ist ein „Erträgnis“.
Woher nehme ich die Kraft zum Tragen,
wenn mich die Frucht belastet,
wenn mir das zu schwer wird,
was mir das Leben bringt?
Ich bin ja auch nur Frucht,
die immer noch getragen wird,
weil sie am Reifen ist.
Es ist ein anderer, der alles trägt,
den Baum samt seiner Frucht,
- mich samt meiner Last.
So kann ich das ertragen,
was für meine Kräfte
un–erträglich wäre.
Ute Latendorf
Sozusagen grundlos vergnügt
Ich freu mich, daß am Himmel Wolken ziehen
Und daß es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
- Daß Amseln flöten und daß Immen summen,
Daß Mücken stechen und daß Brummer brummen.
Daß rote Luftballons ins Blaue steigen.
Daß Spatzen schwatzen. Und daß Fische schweigen.
Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
Und daß die Sonne täglich neu aufgeht.
Daß Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, daß ich bin.
In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
- Weil er sich selber liebt - den Nächsten lieben.
Ich freue mich, daß ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Daß alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freue mich, daß ich ... Daß ich mich freu.
Aus: Mascha Kaléko, Mein Lied geht weiter, Hundert Gedichte, DTV München, 7. Aufl. 2008.
Gott will ich danken
Ich freu mich, daß am Himmel Wolken ziehen
Und daß es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
- Daß Amseln flöten und daß Immen summen,
Daß Mücken stechen und daß Brummer brummen.
Daß rote Luftballons ins Blaue steigen.
Daß Spatzen schwatzen. Und daß Fische schweigen.
Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
Und daß die Sonne täglich neu aufgeht.
Daß Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, daß ich bin.
In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
- Weil er sich selber liebt - den Nächsten lieben.
Ich freue mich, daß ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Daß alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freue mich, daß ich ... Daß ich mich freu.
Ute Latendorf
Dank
Einen Dank an alle Leute, die immer für mich sind,
einen Dank an alle, die mir ein nettes Wort schenken,
einen Dank an alle, dir mir ein Lächeln schenken,
einen Dank an alle, die mir zuhören,
einen Dank an alle, die mit mir lachen,
einen Dank an alle, die mich kritisierten,
einen Dank an alle, die meine schlechten Eigenschaften kennen
und by Browse to Save">trotzdem meine Freunde sind.
Einen ganz großen Dank an all meine by Browse to Save">lieben Freunde!
Aus: Mascha Kaléko, Mein Lied geht weiter, Hundert Gedichte, DTV München, 7. Aufl. 2008.
Gedanken
Es tut sehr gut, by Browse to Save">öfter mal einen Dankzettel verpasst zu bekommen.
Ernst Ferstl: »Gedankenwege«, Brockmeyer Verlag, 2009
Denen, die wir by Browse to Save">lieben und die uns lieben,
sollten wir viel öfter einen Dankzettel verpassen.
Ernst Ferstl: »365 Liebesgedanken«, Coppenrath Verlag, 2008
Ernst Ferstl
Wieder aufatmen
Ich kann wieder aufatmen,
denn Gott hat mich Gutes erfahren lassen.
Ich war ganz daneben, aus dem Gleichgewicht,
und habe mich wieder fangen können.
Im Vertrauen auf Gott werde ich leben.
Mein Leben ist hart und wird es bleiben,
aber ich glaube.
In meiner Verzweiflung meinte ich:
Die Menschen sind schlecht.
Aber sie haben mir geholfen.
Wie meinen Dank ausdrücken?
Es sollen nicht nur Worte sein.
Aus den Erfahrungen, die ich gewonnen habe,
will ich nun leben.
F. K. Barth / G. Grenz / P. Horst
In: Gottesdienst menschlich 2, Jugendgottesdienst Verlag, Wuppertal 1980.
SchöpfungsZeit
Der Hörsinn und damit das Hören spielt in den abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam eine zentrale Rolle. Denn diese Religionen haben ihren Ursprung im Wort Gottes, das den Menschen offenbart worden ist. Sogar die Schöpfung selbst geschieht durch das Wort (Gen 1; Joh 1,1). In der ersten Schöpfungsgeschichte gestaltet Gott die Welt durch sein Wort - Gott spricht und die Erde gehorcht, bringt Pflanzen, Wasserlebewesen, Vögel, Landtiere und den Menschen hervor. Hören und Gehorsam werden im Einklang gesehen - doch der Mensch ist eigenwillig. Er hört und gehorcht doch nicht (Jes 6,8). Er nimmt die Klage der Armen und das Seufzen der Schöpfung (Röm 8,22) oft nicht wahr.
Die SchöpfungsZeit bietet Kirchgemeinden und Pfarreien die Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf die Klänge der Schöpfung zu richten: Vogel- und Froschkonzert, Wind und Wetter, Worte und Musik. Es gilt aber auch, den Lärm wahrzunehmen, der die Schöpfung beeinträchtigt, oder den Wert der Stille zu entdecken - in der Meditation und in der Natur. Auch Sinneswahrnehmungen, die uns Menschen nicht zugänglich sind, werden thematisiert. Fledermäuse, Katzen und Hunde beispielsweise nehmen mit ihren Ohren mehr wahr als wir Menschen.
Segnend mitfühlend da sein
Segnend mitfühlend da sein
den Tieren mit Respekt begegnen
weil sie beseelt sind
Ausdruck des Ursegens Gottes
Segnend-mitleidend dasein
den Fremden mit Achtung begegnen
weil die Schöpfung keine Ausländer kennt
sondern nur Mitmenschen wie dich und mich
Segnend-Iebensfroh dasein
mit allen Sinnen
sich zum Lebenstanz anstiften lassen
in staunender Dankbarkeit
Aus: Pierre Stutz, Atempause für die Seele. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2004.
Die Erde schützen, beaufsichtigen, bewahren, erhalten, bewachen
67.
Wir sind nicht Gott. Die Erde war schon vor uns da und ist uns gegeben worden. Das gestattet, auf eine Beschuldigung gegenüber dem jüdisch-christlichen Denken zu antworten: Man hat gesagt, seit dem Bericht der Genesis, der einlädt, sich die Erde zu »unterwerfen« (vgl. Gen 1,28), werde die wilde Ausbeutung der Natur begünstigt durch die Darstellung des Menschen als herrschend und destruktiv. Das ist keine korrekte Interpretation der Bibel, wie die Kirche sie versteht. Wenn es stimmt, dass wir Christen die Schriften manchmal falsch interpretiert haben, müssen wir heute mit Nachdruck zurückweisen, dass aus der Tatsache, als Abbild Gottes erschaffen zu sein, und dem Auftrag, die Erde zu beherrschen, eine absolute Herrschaft über die anderen Geschöpfe gefolgert wird. Es ist wichtig, die biblischen Texte in ihrem Zusammenhang zu lesen, mit einer geeigneten Hermeneutik, und daran zu erinnern, dass sie uns einladen, den Garten der Welt zu »bebauen« und zu »hüten« (vgl. Gen 2,15). Während »bebauen« kultivieren, pflügen oder bewirtschaften bedeutet, ist mit »hüten« schützen, beaufsichtigen, bewahren, erhalten, bewachen gemeint. Das schließt eine Beziehung verantwortlicher Wechselseitigkeit zwischen dem Menschen und der Natur ein. Jede Gemeinschaft darf von der Erde das nehmen, was sie zu ihrem Überleben braucht, hat aber auch die Pflicht, sie zu schützen und das Fortbestehen ihrer Fruchtbarkeit für die kommenden Generationen zu gewährleisten. Denn »dem Herrn gehört die Erde« (Ps 24,1), ihm gehört letztlich »die Erde und alles, was auf ihr lebt« (Dtn 10,14). Darum lehnt Gott jeden Anspruch auf absolutes Eigentum ab: »Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir, und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir« (Lev 25,23)
Aus: Papst Franziskus, Laudato si'. Über die Sorge für das gemeinsame Haus. Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2015.
Der Marder
Es ist mitten in der Nacht, ich werde plötzlich wach,
Hey, was ist das für ein nächtlicher Krach im Dach?
Was ist das für ein Gekratze, was ist das für ein Gescharr‘ da?
Ich nehm die Taschenlampe und das Nudelholz,
Robbe durch das Dachgebälk bis ran an das Gebolz,
Da steht er vor mir und ich lieg vor Schrecken starr da:
Er bäumt sich auf im grellen Taschenlampenschein,
Zeigt mir die Krallen und zwei blanke Äugelein.
Ey Alter, bleib ganz cool, sagt er, ich bin ein Marder
Und grad dabei, in deinen Dachstuhl einzuzieh‘n
Mit meinen Kindern Kevin, Sandro und Jacqueline,
Malte, Melanie und meiner lieben Frau Ricarda.
Du hast so‘n schönes warmes Dach auf deinem Haus
Und überall hängst du den großen Tierfreund raus.
Jetzt kannst du allen zeigen: Du bist wirklich einer!
Und die Statistik hat es messerscharf erkannt:
Es kommt auf 1000 Einwohner in diesem Land
Ein Marder, tja, und ich bin nun mal deiner.
Wir haben uns dich extra ausgesucht,
Bewußt Winterquartier bei dir gebucht,
Wir sind ab heut bis Ende Februar da.
Und denk daran, wir sind dir schutzbefohl‘n -
Und nicht den Kammerjäger hol‘n!
Du bist mein Mensch und ich ab jetzt dein Marder!
Paß auf mich auf, Mensch, als Marder hab ich‘s tierisch schwer:
So ziemlich die ganze Menschheit ist hinter mir her,
Und alle Autofahrer, weil ich mich an ihre Heiligtümer wage. Ich sage:
Mal ein Benzinschlauch, auch schon mal ein Kabelbaum, ein Traum
Von einem Draht in einem schönen, warmen Motorraum,
Aber ich frage dich, was ist denn schon ein Keilriemen, den ich durchnage
Gegen Euch mit eurem CO2-Ausstoß?
Hör mal, wer von uns macht denn hier das Ozonloch groß?
Wer ist der wahre Schädling von uns, wer stellt hier die wirkliche Gefahr dar?
Wer verpestet hier die Luft und welcher Schuft verteert den Strand?
Wer schickt denn hier die Castortransporte durch das Land?
Und wer ist wiedermal an allem Schuld? Na klar, der Marder!
Wem gehört das ganze hier, dir oder mir?
Wer von uns war überhaupt als erster hier?
Nur, daß du aufrecht gehst hat noch gar nichts zu bedeuten.
Ich will auch gar nicht lange mit dir diskutier‘n,
Nur so viel: Du kannst dir wirklich gratulier‘n,
Wir Marder kommen nämlich nur zu netten Leuten!
Und du könntest tatsächlich einer von uns sein,
Mit deinen blanken, schwarzen Knopfäuglein,
Mit deinen flinken Fingerchen hast du echt was vom Marder.
Mit deinem vorwitzigen Schneidezahn,
Dem kurzen Fell, dem spitzen Riechorgan
Bist du wie einer von uns, nur eben einen kleinen Tuck reinharder!
Rausekeln kann ich ihn nach diesen Worten ja wohl schlecht
Und wo er recht hat, tja, da hat er recht
Und so wohnt er bei mir mit seiner Frau und seinen Kindern
Wir nennen es ein Mensch-Tier-Wohnprojekt,
Wir begegnen einander mit Respekt
Zwischen Dach und Haus, Bremsschläuchen und Zylindern.
Und wenn du mich demnächst einmal besuchst
Und beim festlichen Candelight-Dinner fluchst:
Was ist das auf dem Teller für ein Haar da?
Dann denk, daß du eine Glückspilzin bist:
Der Teller, von dem du grade ißt
Gehört nämlich eigentlich meinem Marder!
Und bleibst du über Nacht bei mir
Fühl dich geborgen in meinem Arm, denn das Tier
Ist ein Schutzengel und immer unsichtbar da:
Und wenn es über uns rumort und kracht,
Küss ich dich zärtlich: Gute Nacht!
Schlaf ruhig ein, denn über allem wacht der Marder!
Schlaf ruhig ein,
Du kannst ganz sicher sein,
Wir sind nicht allein,
Über uns zwein
Da wacht mein
Marder!
Dieses Lied ist erschienen auf: Einhandsegler.
Solo - Die Einhandsegler Tour.
"Frei!"
Die Schöpfung bewahren
Manchmal fehlen mir die Worte,
um die Sorgen und Ängste,
die katastrophalen und apokalyptischen Stimmungen,
den Groll und die Wut,
die Ohnmacht und das Verzagen
aus meinem Herzen zu schütten,
einfach vor Dich hin, Gott.
Dann bin ich einfach nur da,
stumm, gleichzeitig Dir nah und fern,
ungewiss, ob wir einander
Gehör verschaffen können,
weil ich nicht fertig bin und werde
mit dem Widerspruch
zwischen Dir und dem,
was wir Menschen aus Deiner Schöpfung,
aus uns selbst
und aus Dir gemacht haben.
Norbert Copray in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. HOHE Verlag, Erfstadt. 2007.
Gebet
Maria,
Du Vorgeschmack,
Du zärtlicher Schein,
Du Morgenlied,
Du Heimatduft,
Du wärmende Hand,
Du Schwester,
Du Freundin,
Du Lächeln des Himmels.
Bernhard Meuser in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. HOHE Verlag, Erfstadt. 2007.
Tier und Mensch
Du hilfst Menschen und Tieren
eröffnest uns einen anderen Umgang miteinander
denn die Tiere zählen auch auf Dich
in ihren eingeengten Gefängnissen
sie schreien zu Dir
in den brutalen Schlachthöfen
sie hoffen auf Dich
Du hilft Menschen und Tieren
wenn Du uns zum Umdenken bewegst
und uns erinnerst
wie die Tiere beseelt sind
und wir alle durch Deinen Schöpfungsatem leben
Du hilfit Menschen und Tieren
denn wir können lernen von den Tieren
von den Lilien auf dem Felde
vom Rauschen des Wassers
vom Wind in den Bäumen
darin begegnen wir Deinem Lebensatem
Pierre Stutz nach Psalm 36,7 in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. HOHE Verlag, Erfstadt. 2007.
Stabiles Wertefundament
Wien, 22.08.14 (KAP) Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind nicht allein politische Ziele, sondern letztlich im Glauben begründet: Das hat Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift "miteinander" des Canisiuswerkes betont. Der Einsatz für eine intakte Umwelt im Interesse auch der "nachkommenden Generationen" brauche ein "stabiles Wertefundament, an dem sich unsere Gesellschaft als Einheit und als Individuum orientieren kann".
Ein solches Fundament biete etwa der Glauben, so Rupprechter unter Verweis auf Papst Franziskus. Dieser mache in "beeindruckender Weise" deutlich, dass der Mensch gerufen sei, verantwortlich zu handeln, und zugleich selbst als Teil der Schöpfung Schutz brauche.
Dieser Gedanke der Solidarität sei letztlich in der "christlichen Soziallehre" verankert, so Rupprechter, die eine weiterhin "starke und positive Kraft in unserer Gesellschaft" darstelle: "Solidarität und Nächstenliebe haben im Zusammenhang mit der Schöpfung eine enorme Bedeutung und zeigen die Verantwortung jedes Einzelnen auf."
Auf dieser Basis christlicher Soziallehre verstehe er auch sein politisches Amt, so Rupprechter, wenn er Nächstenliebe und Solidarität politisch auslege: "In meinem politischen Tun sind Sie mein Nächster (...). Lassen Sie mich aber bitte auch Ihr Nächster sein, indem Sie aktiv beim Schutz unserer Natur und Umwelt mittun".
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift "miteinander" widmet sich unter dem Titel "Erschöpfung" den Fragen des Umweltschutzes und des nachhaltigen Lebensstils. (Infos: www.miteinander.at)
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Geliebte Erde
Ich liebe dich, Erde,
mit allem, was auf ihr lebt.
Gott hat dich geschaffen.
Ich liebe dich, Erde,
denn Gott hat dich sehr schön gemacht
mit deinen Bäumen, Blumen und Tieren,
mit deinen Menschen.
Ich liebe dich, Erde,
Gott erhält dich noch immer in seiner Treue.
Trotz aller Zerstörung,
die wir angerichtet haben auf dir,
trotz Krieg, Gewalt und rücksichtslosem Ausrauben
wird es noch immer Frühling und Sommer,
Herbst und Winter,
kommt immer ein neuer Tag
nach dem Dunkel der Nacht.
Ich liebe dich, Erde.
Darum will ich liebevoll leben lernen
und Verantwortung übernehmen für Gottes Schöpfung.
(Graffito an der ehem. Berliner Mauer)
Quelle: Dein Wort. Mein Weg. Alltägliche Begegnungen mit der Bibel 3/14.
Lobgesang der Schöpfung
Mein Gott,
wie schön ist deine Welt,
wie großartig ist deine Schöpfung,
wie wunderbar sind alle deine Werke.
Mein Gott,
wie überraschend bunt sind all die vielen Seiten
im großen Bilderbuch deiner Schöpfung.
Mein Gott,
wie geheimnisvoll ist das Wechselspiel
der von dir immer neu geschenkten Zeit
von Morgen und Abend, von Tag und Nacht.
Mein Gott,
wie zahlreich sind deine Fingerabdrücke
in den unterschiedlichsten Kunstwerken,
die du in der Natur geschaffen hast.
Mein Gott,
wie gewaltig und sanft sind die Kräfte
in den Schauspielen der Elemente von
Feuer und Wasser, Luft und Erde.
Mein Gott,
wie vielfältig und geistreich hast du
Farben und Formen
verteilt in Bäumen und Blumen,
Pflanzen und Tieren.
Mein Gott,
wie einzigartig und schön
hast du Gesicht und Wesen eines
jeden Menschen auf dieser Erde ersonnen.
Mein Gott,
ich stimme ein in die Sonnengesänge
und Loblieder aller deiner
Kreaturen in deiner schönen Welt.
Paul Weismantel in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. HOHE Verlag, Erfstadt. 2007.
Lebensraum Gewässer
Die OeKU schreibt zum diesjährigen Motto: «Es wimmle von lebendigen Wesen» gebietet Gott im ersten Schöpfungsbericht (Gen 1,22) und erschafft die Wasserlebewesen. Es ist sein Wille, das Wasser zum Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten zu machen. Unterschiedlichste Gewässer bieten heute den Lebensraum für das gottgewollte Gewimmel – von der Quelle bis in den Ozean (Ps 104). Den Gewässern als Lebensraum gilt während der SchöpfungsZeit dieses Jahres die Aufmerksamkeit. Die Vielfalt des Lebens in den Schweizer Gewässern ist noch immer hoch. Die Qualität der Oberflächengewässer ist besser geworden. Die Kanalisierung und die intensive Nutzung von Flüssen, Bächen, Seen und deren Uferzonen sowie die Grundwasserbelastungen haben die Vielfalt des Lebens aber schrumpfen lassen. Viele Tier- und Pflanzenarten im und am Wasser sind heute bedroht. Laut dem Umweltbericht des BAFU aus dem Jahr 2011 sollten darum in der Schweiz rund 10800 Kilometer Fließgewässer renaturiert werden. In jedem Dorf, in jeder Stadt gibt es Pfützen, Tümpel, Teiche, Bäche, Flüsse und Seen, die entdeckt werden wollen. Indem Kirchgemeinden und Pfarreien sich mit Umwelt- und Fischereiorganisationen sowie Wasserversorgern vernetzen, können sie einen Beitrag leisten für lebendige Wasser, wie Gott sie sich am Anfang und Ende der Bibel vorstellt.
Religionen wichtige Partner in Ökologie
Linzer Moraltheologe in Zeitschrift "miteinander": "Lebensstilfragen sind Urfragen der Religion" - "Schöpfungsverantwortung" auch für nicht-religiöse Menschen ein zumutbarer Begriff =
Wien, 26.08.13 (KAP) Im modernen Ökologie-Diskurs zu Fragen der Nachhaltigkeit sollten auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften durchaus selbstbewusst mitmischen - das fordert der Linzer Moraltheologe Prof. Michael Rosenberger. Schließlich seien "Lebensstilfragen Urfragen der Religion", so Rosenberger in einem Interview mit der Zeitschrift "miteinander" (September-Ausgabe) des Canisiuswerkes. Voraussetzung dafür, dass religiöse Stimmen in einem ansonsten säkularen Diskurs gehört werden, sei jedoch, dass man sich auch kirchlicherseits als "Hörende und Lernende positioniert". Dann gebe es auch bei ökologisch aktiven NGOs "durchaus ein Gespür für den Wert theologischer Argumentation".
Einen möglichen Beitrag der Kirchen und Religionen sieht der an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz (KTU) lehrende Rosenberger etwa in der Sensibilisierung für den "Wert des unverdienten Geschenks der Schöpfung". Auch "religiös unmusikalischen" Menschen könne der religiöse Begriff der "Schöpfungsverantwortung" schließlich etwas sagen, wenn man ihn so liest, dass er auf einen nachhaltigen Lebensstil verweist: Er meine so gesehen nichts anderes, als sich für ein auch von nachfolgenden Generationen bewohnbares "Lebenshaus Erde" einzusetzen.
Kirchen und Religionsgemeinschaften könnten darüber hinaus die Bedeutung der Schöpfung als "unverdientes Geschenk" betonen: "Für nichtreligiöse Menschen könnte es zumindest eine Verbindung mit der Schöpfung an sich bedeuten, denn diese ist ja ein Geschenk, das uns unverdient gegeben worden ist". Aus Sicht der christlichen Theologie sieht Rosenberger aber auch eine spezifisch "kritische Funktion": So habe die Theologie die kritische Kraft, aufzudecken, "dass manches heutige Konzept von Nachhaltigkeit bei genauer Betrachtung windelweich ist." Das heute beliebte Schlagwort der "Corporate Social Responsibility" (CSR) sei schließlich nur dann keine bloße PR-Strategie, wenn sie die Frage der Generationengerechtigkeit ernst nehme.
Ein uneingeschränkt positives "Zeugnis" in Sachen Nachhaltigkeit möchte Rosenberger den Pfarren schließlich nicht ausstellen: Es gebe in vielen Pfarren "sehr gute Ansätze", etwa bei der Energieversorgung in kirchlichen Einrichtungen, dennoch dürfe man sich kirchlicherseits "nicht übermäßig loben": "Wir sind nicht besser oder schlechter als andere große Organisationen - aber wir haben einen besonderen Auftrag und ein Potenzial."
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Ökumenischer Patriarch warnt vor Ausbeutung der Natur
Bartholomaios I. zum "Tag der Schöpfung" am 1. September: "Demut vor dem Schöpfer" und "Respekt vor den Naturgesetzen"
Istanbul, 01.09.13 (KAP) Patriarch Bartholomaios I. warnt vor den Folgen der fortschreitenden Ausbeutung der Natur und ruft zu "Demut vor dem Schöpfer" und "Respekt vor den Naturgesetzen" auf. Das schreibt der Ökumenische Patriarch in einer Enzyklika zum Beginn des orthodoxen Kirchenjahres und "Tag der Schöpfung" am 1. September.
Bartholomaios wird wegen seines ökologischen Engagements auch als "grüner Patriarch" bezeichnet.
In der Enzyklika, aus der die Stiftung "Pro Oriente" am Sonntag zitierte, heißt es wörtlich: "Wir sind heute gezwungen, unsere Aufmerksamkeit auf jene unsichtbaren menschlichen Eingriffe zu lenken, die das ökologische Gleichgewicht betreffen. Denn dieses Gleichgewicht wird nicht nur von sichtbaren destruktiven Aktionen wie Entwaldung, Raubbau an den Wasser-Vorräten, übermäßiger Abbau der natürlichen und Energie-Ressourcen, Vergiftung großer Regionen zu Wasser und zu Land durch schädliche chemische Abfälle bedroht, sondern auch durch Aktivitäten, die unseren Augen verborgen sind".
Bartholomaios I. bezieht sich dabei vor allem auf Eingriffe in die Keimbahn von Lebewesen, auf die Schaffung von Mutationen mit unvorhersehbaren ökologischen Auswirkungen, aber auch auf neue Modalitäten zur Nutzung der Atomkraft, deren Missbrauch alle Spuren von Leben und Kultur auf Erden auslöschen könnten. Dahinter stünden nicht nur Gier und Liebe zur Macht, sondern auch der Hochmut mancher, "die sich gegen die Weisheit Gottes stellen wollen und sich für fähig halten, sein Werk zu verbessern".
Seine Mahnung bedeute nicht, dass er gegen wissenschaftliche Forschung an sich sei, versicherte der Patriarch, solange diese positive Auswirkungen für Menschheit und Umwelt habe. Aber die aktuelle kommerzielle Ausbeutung von Ressourcen müsse angeprangert werden, weil sie schon oft zu tragischen Konsequenzen für Menschheit und Umwelt geführt habe.
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Gott in den Früchten
Mit den Früchten gehe ich um
wie mit Gott.
Ich esse und verdaue sie,
ich verwandle sie in Worte und Bewegungen
und beobachte, wie ich blühe.
Saftig ist das Fleisch des Pfirsichs
und das der Eierpflaume,
fremd und wild der Geruch der Mango.
Die aufgeschnittene Kiwifrucht
trägt einen Domenkranz in sich.
In jeder Frucht
spielt Gott anders.
Aus: Ulrich Schaffer, Gott in der Welt meiner Fantasie. Kreuz Verlag Stuttgart 2008.
Danke
Mit Freude hab ich das Essen gewürzt,
meine Liebe in den Kuchen gerührt
und die ändern schmeckten es.
Danke
Beim Wäschefalten roch ich den Duft des Windes,
sah die runden Körper der Kinder
in frischen Hemden und meinen Mann
neben mir auf dem Laken.
Danke
Die Fliesen im Badezimmer gewannen
Farbkraft durch meine Hände zurück,
der Spiegel lächelte mir zu:
»Erhitzt bist Du genauso schön
wie morgens nach dem Duschen.
Dein Haar glänzt frisch gewaschen.«
Danke
Als ich im Garten Blumen schnitt
für unsern Tisch, da spürte ich,
wie schön es ist, zu blühen,
für andere und sich
und auch, wie das Lebendige
verletzlich ist und wie es sich
verwandelt.
Danke
Christa Peikert-Flaspöhler in: Du bist der Atem meines lebens. Das Frauengebetbuch. Schwabenverlag / KlensVerlag, Ostfildern 2010.
Uraltes Brot
Ein Professor der Medizin stirbt, und seine drei Söhne lösen seinen Haushalt auf. Die Mutter war schon lange vorher gestorben, und der Vater hatte mit einer langjährigen Haushälterin allein gelebt. Im Arbeitszimmer des Vaters fanden die Söhne neben vielen wertvollen Dingen in einem Schrank ein steinhartes, vertrocknetes, halbes Brot. Die Haushälterin wusste, was es damit auf sich hatte. In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Professor todkrank. Da schickte ihm ein guter Freund ein halbes Brot, damit der Professor etwas zu essen hatte. Der aber dachte an die viel jüngere Tochter eines Nachbarn und ließ dem Mädchen das Brot schicken. Die Nachbarsfamilie aber mochte das wertvolle Brot nicht für sich behalten und gab es weiter an eine arme alte Witwe, die oben im Haus in einer kleinen Dachkammer hauste. Die alte Frau aber brachte das Brot ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern ein paar Häuser weiter wohnte und nichts zu essen hatte für die Kinder. Die Mutter dachte, als sie das Brot bekam, an den Medizinprofessor, der todkrank lag. Sie sagte sich, dass er ihrem Jungen das Leben gerettet und kein Geld dafür genommen hatte. Nun hatte sie eine gute Gelegenheit, es ihm zu danken, und ließ das Brot zum Professor bringen.
"Wir haben das Brot sofort wiedererkannt", sagte die Haushälterin, "unter dem Brot klebte immer noch das kleine Papierstückchen." Als der Professor sein Brot wieder in der Hand hielt, sagte er: "Solange, noch Menschen unter uns leben, die so handeln, braucht uns um unsere Zukunft nicht bange zu sein. Dies Brot hat viele satt gemacht, obwohl keiner davon gegessen hat. Dies Brot ist heilig. Es gehört Gott!" So legte er es in den Schrank.
Ökumenischer Tag der Schöpfung
Berlin, 4.9.2011 - selk - Zum ökumenischen Tag der Schöpfung beging die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zum zweiten Mal einen Gottesdienst. Die gottesdienstliche Veranstaltung und der anschließende Empfang am Freitag in Berlin standen unter dem Leitgedanken aus Psalm 36,10: "Bei Dir, Gott, ist die Quelle des Lebens." Der ACK-Vorsitzende, Landesbischof Dr. Friedrich Weber (Braunschweig), sagte im Rahmen seiner Begrüßung, dass mit den Gottesdiensten zum Schöpfungstag eine neue gottesdienstliche Tradition von hoher Relevanz für die Gegenwart begründet worden sei. Die Festpredigt hielt Prof. Dr. Fernando Enns (Hamburg) von der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden.
In seinem anschließenden Festvortrag thematisierte Prof. Dr. Klaus Töpfer (Höxter) im Beisein von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (Berlin) Zusammenhänge des Schöpfungsglaubens und aktueller Umweltpolitik. Gott habe den Menschen in einen Garten gesetzt, ihn zu bebauen und zu bewahren. Der Mensch als Gärtner: Damit komme neben dem Erhalt des Lebens auch der Gedanke des Schönen und der Nachhaltigkeit in den Blick.
(...)
Der ökumenische Schöpfungstag wurde auf eine vorausgehende Initiative orthodoxer Kirchen in Deutschland erstmals auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München proklamiert. Am 3. September 2010 fand der erste ökumenische Gottesdienst der ACK zum Tag der Schöpfung in Brühl bei Bonn statt.
SELK-News 5.9.2011
Die Ernt ist nun zu Ende
1. Die Ernt ist nun zu Ende,
der Segen ein gebracht,
woraus Gott alle Stände
satt, reich und fröhlich macht.
Der treue Gott lebt noch,
man kann es deutlich merken
an so viel Liebeswerken,
drum preisen wir ihn hoch,
2. Wir rühmen seine Güte,
die uns das Feld bestellt
und oft ohn unsre Bitte
getan, was uns gefällt;
die immer noch geschont;
ob wir gleich gottlos leben,
die Fried und Ruh gegeben,
daß jeder sicher wohnt.
3. Zwar manchen schönen Segen
hat böses Tun verderbt,
den wir auf guten Wegen
sonst hätten noch ererbt;
doch hat Gott mehr getan
aus unverdienter Güte,
als Mund, Herz und Gemüte
nach Würden rühmen kann.
4. O allerliebster Vater,
du hast viel Dank verdient;
du mildester Berater
machst, dass uns Segen grünt.
Wohlan, dich loben wir
für abgewandten Schaden,
für viel und große Gnaden;
Herr Gott, wir danken dir.
5. Zum Danken kommt das Bitten:
Du wollest, treuer Gott,
vor Feuer uns behüten
und aller andern Not.
Regier die Obrigkeit,
erhalte deine Gaben,
dass wir uns damit laben,
gib friedevolle Zeit.
6. Kommt unser Lebensende,
so nimm du unsern Geist
in deine Vaterhände,
da er der Ruh genießt,
da ihm kein Leid bewußt;
so ernten wir mit Freuden
nach ausgestandnem Leiden
die Garben voller Lust.
7. Gib, dass zu dir uns lenket,
was du zum Unterhalt
des Leibes hast geschenket,
dass wir dich mannigfalt
in deinen Gaben sehn,
mit Herzen, Mund und Leben
dir Dank und Ehre geben.
O lass es doch geschehn!
Gottfried Tollmann (1680-1766)
Wir pflügen und wir streuen
1. Wir pflügen und wir streuen
den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen
steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen
sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen,
Wuchs und Gedeihen drauf.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt
und hofft auf ihn!
2. Er sendet Tau und Regen
und Sonn- und Mondenschein,
er wickelt seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende
in unser Feld und Brot:
es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm,
dankt und hofft auf ihn!
3. Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
der Sperling und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter
und Korn und Obst von ihm,
das schöne Frühlingswetter
und Schnee und Ungestüm.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm,
dankt und hofft auf ihn!
4. Er läßt die Sonn aufgehen,
er stellt des Mondes Lauf;
er läßt die Winde wehen
und tut den Himmel auf.
Er schenkt uns so viel Freude,
er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und unsern Kindern Brot.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm,
dankt und hofft auf ihn!
Matthias Claudius, 1782
Erntedankfest
Zunehmend versteckt
Ist es Ihnen schon aufgefallen? Das Erntedankfest spielt sich heute im Wesentlichen hinter Kirchen- und Gemeindentüren ab. In der Allgemeinheit hat es stark an Bedeutung verloren. Kein Vergleich mit Ostern oder gar Weihnachten. Zwar ist der Anlass zu diesem Fest sehr handgreiflich. Nur wird die Tragweite des Themas 'Ernte' neuerdings kaum noch wahrgenommen.
Pro Erntedank
Deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie die Kinder (immer) wieder mit der Bedeutung und Vielfalt des Erntedankfestes vertraut machen.
Historie
Ägypter, Chinesen, Griechen oder Römer taten es schon vor langer Zeit: Sie verehrten aus Anlass der Ernte die jeweilige Gottheit. So war beispielsweise die Cerealia das Fest der altrömischen Göttin Ceres. Die Römer verehrten sie - als (vermeintliche) Herrscherin über Reifung und Wachstum der Ackerfrüchte. Da erklärt sich auch, woher der Name kommt, wenn wir heute von Zerealien (Getreide, Feldfrüchte) sprechen.
Bedeutender Zyklus
In der Vergangenheit haben die Menschen ihn intensiver wahrgenommen: den Zyklus von Saat und Ernte, Hitze und Kälte, Hunger und Überfluss. Eine gute Ernte bedeutete Sicherheit, eine schlechte nicht selten Leid oder Tod.
Kein biblischer Hintergrund
Als Noah die Arche verlassen hatte, gab Gott ein Versprechen, Gen. 8,22: 'Solange die Erde besteht, soll es immer Saat und Ernte ... geben'. Und dem Volk Israel trägt er in Ex. 23,16 zwei Erntefeste auf - lesen Sie es nach.
Doch unser Erntedankfest gründet sich nicht auf diese Wurzeln. Es ist die "christianisierte" Fortsetzung bäuerlicher Erntefeste, um etwa 1770 von der Kirche aufgegriffen.
Gottes Fürsorge
Übrigens: Erzählen Sie den Kindern ruhig, wie fürsorglich Gott mit den Armen in Bezug auf die Ernte umging. Hätten Sie's gewusst? Dt. 24,19-21 und Ex. 23,10-11.
Fülle an einem einzigen Tag
Welche Fülle an einem einzigen Tag! In Stadt und Land sind die Altäre für das Erntedankfest geschmückt. In Land und Stadt feiern wir den Tag der deutschen Einheit. Dankbarkeit bestimmt diesen Tag.
Eine uralte Geste geht mir an diesem Tag durch den Sinn. Sie führt uns hinaus aus der Großstadt Berlin in ländliche Gegenden unseres Landes. Sie erinnert uns an unsere Zukunft. In Gedanken atme ich die Weite der Landschaft. Die goldgelben Felder sind abgemäht. Feuchter Staub liegt auf den Sensen, die ihren Zweck erfüllt haben und nun an die Scheune gelehnt stehen. Die Ernte ist eingebracht. Das Wetter hat - Gott sei Dank - gehalten. Die Hofgemeinschaft sitzt erschöpft und doch erleichtert um den Küchentisch. Gemeinsam wollen Sie das Vesperbrot verzehren. Der Bauer spricht ein Dankgebet. Von den Kindern bis zu den Großeltern, sie alle stimmen in das Amen ein. Ehe die Mutter für die um den Küchentisch versammelte Runde das Brot aufschneidet, ritzt sie ein Kreuz in den Brotlaib. Dann verteilt sie die Scheiben von dem frisch angeschnittenen Laib. Mit dem Brot gibt sie die uralte menschliche Erfahrung weiter, dass wir von den Segensgaben leben, die Gottes gute Schöpfung für uns bereithält. Diese Gaben werden geteilt, wie Christus sich selbst dahingab. Diese Gaben werden uns in die leeren Hände gelegt. Sie sind uns anvertraut.
Wolfgang Huber, 1. Teil seiner Predigt am 3.10.2004 im Berliner Dom
www.ekd.de/predigten/huber/huber_erntedank_berliner_dom.html
Alles spricht uns von dir
Mein Gott, du bist groß!
Wohin ich die Augen wende,
alles spricht von dir!
Du heißt die Sonne aufgehen,
und da stehn schon die Menschen auf,
und da wird allen warm, wird alles schön.
Drum sag ich dir heute Dank!
Mein Gott, du bist groß!
Wohin ich die Augen wende,
alles spricht von dir!
Du gibst uns das kleine Wasser,
um in der Kirche zu segnen.
Du gibst uns das kleine Wasser,
uns inwendig zu kühlen,
wenn die Sonne zu stark ist.
Und wenn du uns das große Wasser schickst,
ist es zum Waschen der Blumen,
der Bäume, selbst der Häuser.
Drum sag ich dir heute Dank!
Mein Gott, du bist groß!
Wohin ich die Augen wende,
alles spricht von dir!
Das Leben singt, das Leben rennt!
Ist wo ein Mensch, das hört man gleich!
Die Musik von Autos und aus den Discos,
das Lachen der Großen und
die ersten Worte der Kleinen,
all das singt das Leben. Und gut ist das!
Drum sag ich dir heute Dank!
Mein Gott, du bist groß!
Wohin man die Augen wendet,
alles spricht von dir!
Du hast schwarze Menschen
und weiße Menschen geschaffen.
Aber du hast nicht gewollt,
dass das Leben nur schwarz und weiß ist.
Du hast die Blumen rot und gelb bemalt,
und die grünen Blätter glänzen am Tage.
Drum sag ich dir heute Dank!
Dominik ist ein junger Afrikaner von der Elfenbeinküste.
Er fängt gerade an, Lesen und Schreiben zu lernen, und ist
noch nicht getauft. Eines Tages hörte er dem Missionspriester
zu, wie er die Psalmen des Breviers betete. Darauf verfasste
und diktierte Dominik Satz für Satz dieses Dankgebet, das
mit eigenen Worten und Erfahrungen in das Vernommene
einstimmt.
Aus: Das Lächeln Gottes, Gebete unserer Zeit, hrsg. Von Maria Otto und Ludger Hohn-Morisch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Für die Tiere
Gott, Herr des Lebens,
du hast den Himmel erschaffen,
die Erde, die Gewässer,
mit all den Tieren,
die sich darin tummeln,
die Wald und Feld bewohnen.
Nicht umsonst hat dein Sohn
so viel von den Schafen geredet
und vom Hirten, der sie kennt
und jedes beim Namen ruft
und den die Schafe kennen,
dem sie furchtlos folgen.
Und zum Vorbild gab er uns
die Vögel am Himmel, gewiegt von der Luft,
ohne Sorge um Ernte und Kursverfall.
Und hielt nicht dein Sohn glorreichen Einzug
in Jerusalem, reitend auf dem jungen Esel?
Dein Diener Franziskus, dein guter Freund,
predigte den Fischen und den Vögeln
und bekehrte den Wolf.
Wir bitten dich für alle Tiere,
unsere Gefährten auf der Pilgerfahrt,
dass sie vergnügt leben können.
Gott, von dem die Schöpfung
manchmal singt
und manchmal schweigt,
mit ihren Tieren, diesen unzählbaren
und erstaunlichen Versuchen des Lebens,
das von dir kommt, hilf uns,
gut zu sein zu den Tieren
und nicht achtlos, nicht grausam.
Lass uns hoffen auf dein Reich,
wo wir in ewiger Lust
dein Lob singen mit den tausend
Stimmen deiner Schöpfung.
Aus: Das Lächeln Gottes, Gebete unserer Zeit, hrsg. Von Maria Otto und Ludger Hohn-Morisch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Meine Exerzitien
Ich habe mich in die Stille eines kleinen Dorfes zurückgezogen. Dreimal täglich ertönt das Angelusläuten. Weil die Hausmauern so dick sind, kann ich es nur hören, wenn ich draußen bin. Mittags richte ich es so ein, dass ich im Garten Kräuter pflücke, und wenn das Glöckchen zu bimmeln anfängt, murmle ich den )Engel des Herrn«. Danach lasse ich die Gedanken und Bitten aus meinem Herzen kommen.
Ich sage Dank für den Hund vom benachbarten Bauernhof, der herbeiläuft und getätschelt sein will, und bitte für all jene, die niemand haben, der zärtlich zu ihnen ist.
Ich sage Dank für die Steine: Die kleinen, die ich aus den Furchen lesen muss, sind die Schwestern der anderen, aus denen die Kirche und mein Haus gefügt sind, und ich bitte für die Menschen, die sie nur als Mittel. der Gewalt brauchen.
Ich sage Dank für die Vögel und bitte, dass alle ihren Gesang hören können, der die Musik der Schöpfung ist.
Ich sage Dank für das Wasser, das der Erde rein entquillt, und bitte, es möge uns niemals fehlen.
Ich sage Dank für alles, was wächst, für das Kraut und für das Unkraut, das mir nicht zu nützen braucht, und ich bitte, dass die Hungernden satt werden.
Ich sage Dank für Sonne und Regen, und ich bitte für jene, die nur das eine von beidem haben.
Ich sage Dank für den Wind, der mich fächelt, und bitte, dass er allen Wesen Atem des Lebens sei.
Aus: Das Lächeln Gottes, Gebete unserer Zeit, hrsg. Von Maria Otto und Ludger Hohn-Morisch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Das Lied vom Geben und Nehmen
Zum Geben und Nehmen will Gott uns befrein,
wir sterben und leben, wir sind nicht allein.
Wenn einer voller Leben ist,
dann helfe er den Schwachen,
so mancher Mensch kann fröhlich sein,
so mancher kann nicht lachen.
Wenn einer viel sein Eigen nennt,
dann teil er's mit den Armen,
so mancher lebt für sich allein,
so mancher braucht Erbarmen.
Aus Körnern und Reben wird Brot und wird Wein,
wir essen und trinken, der Herr lädt uns ein.
Kann sein, dass du heut Tränen weinst,
nicht jeder kann das: weinen.
Kann sein, dass du den Glauben hast,
so viele haben keinen.
Kann sein, dass du heut glücklich bist,
versuch das Glück zu teilen.
Sieh doch den Menschen neben dir,
vielleicht kannst du ihn heilen.
Zum Geben und Nehmen will Gott uns befrein,
wir sterben und leben, wir sind nicht allein.
Aus Lothar Zenetti, Sieben Farben hat das Licht. Worte der Zuversicht. Matthias-Grünewald-Verlag 2006.
Globale Tischgemeinschaft
Die derzeitige Organisationsform von Wirtschaft und Gesellschaft weltweit und der Individualismus, der flächendeckend propagiert wird, fördern das Ideal der Tischgemeinschaft nicht. Der Großteil der Menschen ist der wirklichen Situation der Erde entfremdet. Die gemeinsamen Fragen um die Zukunft der Menschheit, der knappen natürlichen Ressourcen und des tragischen Schicksals, das Abermillionen Menschen droht, werden kaum diskutiert. Die Menschen leben in der süßen Illusion, dass die Erde in ihrer grenzenlosen Großzügigkeit fortfahren wird und dass wir ohne Ende auf dem bisherigen Weg weitermachen und von Jahr zu Jahr größere Wachstumsraten für Güter und Dienstleistungen erzielen können.
Die Analytiker der globalen Situation führen uns jedoch ein dramatisches Bild vor Augen. Wir befinden uns vor einem kritischen Wendepunkt der Erdgeschichte, in einer Phase, in der die Menschheit über ihre Zukunft entscheiden muss. Die Grundlagen der globalen Sicherheit sind in Gefahr; diese Tendenzen sind gefährlich, aber nicht unausweichlich. Entweder bilden wir eine weltweite Partnerschaft, um für die Erde und füreinander zu sorgen, oder wir riskieren unsere eigene Vernichtung und die der gesamten Vielfalt des Lebens. Unsere ökologischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen und spirituellen Herausforderungen sind eng miteinander verbunden, und gemeinsam können wir umfassende Lösungen finden.
Um ein solches Bündnis der universalen Fürsorge zu schaffen, ist ein anderes Paradigma dringend erforderlich, das der aktuellen Krisensituation und der planetarischen Phase der Menschheit und der Geschichte Gaias selbst besser entspricht.
Die Probleme sind so tiefgreifend und umfassend, dass wir nicht davon ausgehen, dass eine Lösung bloß technischer, politischer oder sozialer Natur möglich ist. Es bedarf eines Zusammenschlusses von Menschen, Gruppen und Gesellschaften, in deren Zentrum einige Werte und Handlungsprinzipien stehen, die unabdingbar notwendig für den Aufbau einer neuen Weltordnung sind. Wir wollen einige davon benennen:
An erster Stelle von allen steht die Fürsorge für das Erbe, das wir vom immensen Prozess der Evolution des Universums, des Lebens und der Gattung Mensch erhalten haben.
An zweiter Stelle stehen der Respekt und die Ehrfurcht vor jeder Art von Andersheit, angefangen von der Erde über die Ökosysteme bis hin zu jedem Wesen der Natur.
Drittens ist die unbedingte Zusammenarbeit aller mit allen zu nennen, denn wir sind voneinander abhängig und haben ein gemeinsames Schicksal.
Das vierte Prinzip ist die gesellschaftliche Gerechtigkeit, die die Unterschiede ausgleicht, die Hierarchien abflacht und dafür sorgt, dass sie nicht in Ungleichheit ausarten.
Das fünfte ist die Solidarität und das Mitleid ohne Grenzen mit allen Lebewesen, die leiden, vor allem mit den am meisten bedrohten und schwächsten.
Das sechste Prinzip ist das der universalen Verantwortung für die Zukunft des Lebens, der Ökosysteme, die das Überleben des Menschen sichern, und schließlich des Planeten Erde.
An siebter Stelle steht das rechte Maß bei allem Tun. das alle betrifft, auch wenn wir einen kulturellen Hintergrund haben, der von exzessiver Übertreibung und von der Schaffung vermeidbarer Ungleichheiten geprägt ist.
Schließlich geht es um die Selbstbeherrschung unseres Drangs zu erobern, zu beherrschen und materielle Güter anzuhäufen, damit alle das zum Leben Ausreichende haben können und sich als Söhne und Töchter der Erde und Mitglieder der einen Menschheitsfamilie empfinden können.
Die Wirtschaft kann sich nicht völlig von der Gesellschaft ablösen und sich den gesellschaftlichen und politi schen Kontrollinstanzen entziehen, denn das zieht als Konsequenz die Zerstörung der Idee der Gesellschaft und des Gemeinwohls selbst nach sich. In der Tat hat sich die Wirtschaft polarisiert: Einerseits produziert sie Reichtum für einige wenige, auf der anderen Seite erzeugt sie Vera' mung und Ausgrenzung vieler. Das anzustrebende Ideal ist eine Wirtschaft, die das produziert, was für alle Menschen und die übrigen Lebewesen aus der gesamten Kette des Lebens reicht und angemessen ist.
Die Politik darf sich nicht darauf beschränken, die nationalen Interessen zu organisieren, sie ist vielmehr dazu verpflichtet, ein Regierungshandeln für die Menschheit anzustreben, damit die weltweiten Interessen gemeinsam verfolgt werden. Die Ethik muss von Fürsorge, Verantwortlichkeit, Mitleid und Engagement für das Leben ge prägt sein.
Die Spiritualität muss kosmisch geprägt sein und uns in die Lage versetzen, dass wir "in Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Seins, in Dankbarkeit für das Geschenk der Lebens und in Bescheidenheit hinsichtlich des Platzes der Menschen in der Natur leben" (Erdcharta 2001, 8).
Die Herausforderung, vor der wir stehen, scheint folgende zu sein: den Übergang von einer Industriegesellschaft zu einer Gesellschaft der Förderung allen Lebens zu schaffen.
Letztlich geht es darum, den Frieden zu finden, den die Erdcharta treffend folgendermaßen definiert: "... die Gesamtheit dessen, das geschaffen wird durch rechte Beziehungen zu sich selbst, zu anderen Personen, anderen Kulturen, anderen Lebewesen, der Erde und dem größeren Ganzen, zu dem alles gehört" (Erdcharta 2001, 15).
Dies sind die ethischen und praktischen Voraussetzungen dafür, einerseits das herrschende Paradigma zu kritisieren und andererseits ein neues Paradigma zu schaffen. Natürlich bedarf es technischer, politischer und kultureller Vermittlungen, die das ermöglichen. Doch diese werden schwerlich Gutes bewirken, wenn sie nicht im Lichte dieser Leitideen entworfen werden.
Eine unmittelbare und kurzfristig in die Praxis umzusetzende Voraussetzung ist ein neues Konsummuster. Die herrschende Gesellschaft ist vom Konsumismus geprägt. Sie stellt den möglichst unbegrenzten Konsum in den Mittelpunkt. Er ist das Ziel der Gesellschaft selbst und des Einzelnen. Man konsumiert nicht nur das Nötige, das, was gerechtfertigt ist, sondern das Überflüssige, das, was fragwürdig ist. Dieser Konsum ist nur deshalb möglich, weil die Wirtschaftspolitik, die für die Produktion der überflüssigen Güter sorgt, ständig unterstützt, gefördert und gerechtfertigt wird.
Da es sich um Überflüssiges handelt, greift man auf die Propagandatechniken, auf das Marketing und auf die Überredung zurück, um die Menschen dazu zu bringen, zu konsumieren und ihnen einzureden, das Überflüssige sei notwendig.
Grundlegend für diese Art von Marketing ist es, bei den Konsumenten eine entsprechende Grundhaltung zu erzeugen. Das geht so weit, dass in ihnen eine konsumistisehe Ethik und das zwingende Bedürfnis zu konsumieren ausgebildet wird. Immer mehr falsche Bedürfnisse werden geweckt, und für deren Befriedigung wird das Räderwerk der Produktion und Verteilung in Gang gesetzt. Da die Bedürfnisse grenzenlos sind, tendiert auch die Produktion dazu, grenzenlos zu werden. So entsteht eine Gesellschaft, wie sie schon Karl Marx entlarvt hat: vom Warenfetischismus geprägt, vollgestopft mit Überflüssigem, voller Shoppings, die wahre Heiligtümer des Konsums darstellen, mit Altären voller attraktiver Götzenbilder, aber eben Götzenbilder, eine unbefriedigte Gesellschaft, weil nichts sie satt machen kann. Deshalb wächst der Konsum immer mehr und immer nervöser, ohne dass wir wissen, wie lange die Erde diese Ausbeutung ihrer Ressourcen noch aushält.
Diese perverse Logik bedeutet Stress für die Natur, deren knappe Ressourcen sich erschöpfen, sie entfremdet die Menschen, die glauben, das Glück und den Lebenssinn im ständigen Konsum materieller Güter zu finden und nicht in anderen Dimensionen des Lebens, die eher mit spirituellen Gütern wie Solidarität, Freundschaft, selbstloser Liebe, Kunst, Musik, Fähigkeit zum Zusammenleben, Toleranz und Vergebung, kontemplativer Betrachtung des Universums und des Mysteriums in allen Dingen zu tun haben. Diese Dimensionen wären imstande, die Frustration zu überwinden und ein Gefühl der Fülle des Lebens zu schaffen.
Aus: Leonardo Boff, Tugenden für eine bessere Welt. Publik-Forum Edition, Butzon & Berker Verlag Kevelaer 2009.
Drei christliche ökologisch-ethische »Grundwerte«
Vielleicht wird der eine oder andere einwenden: Kann die Bibel tatsächlich für das Verständnis der modernen ökologischen Spannungen etwas Hilfreiches beitragen? »Naturbeobachtungen« innerhalb der Hl. Schrift sind, »wenn wir die entsprechenden Texte überhaupt so einstufen können, die Ausnahme: eine göttliche Instruktion für den Bauern (Jes 28,23-26), ein kalendarischer Hinweis auf >das Erdbeben< (Am 1,1), sensible Schilderungen der leidenden Kreatur in Dürrezeiten (Hos 4,3; Jer 14,5f; Joel 1,17-20), Gleichnisse von Zeder und Dornbusch (Ez 17; Ri 9,8-15).« Und wenn das Verhältnis von Mensch und Natur »thematisiert wird, dann ist oft von Kampf und Krieg mit der Umwelt die Rede«.
Aber die biblische Deutung versteht Mensch und Natur - das ist das entscheidende der biblischen Sichtweise überhaupt - in einem umfassenden theozentrischen Kontext. Das heißt: Die Grundkategorie des Wirklichkeitsverständnisses ist der Begriff des Geschaffenseins durch Gott. Alles ist deshalb wertvoll, weil es sich der Lebensgewährung durch Transzendenz verdankt.
Vielleicht ist das der Grund, warum der biblische Begriff der Schöpfung auch in der heutigen Zeit eine so große Faszination ausübt. Er ist einer der wenigen theologischen Begriffe, die trotz der unerbittlichen Säkularisierung des modernen Lebensgefühls für viele bleibend wichtig ist. Sie sprechen von der »Bewahrung der Schöpfung«, wenn sie die Würde und die eigene Bedeutungstiefe der Natur im gegenüber zu den Wünschen des Menschen und gerade wenn sie die zentrale Aufgabe der Umweltethik, die Sicherung der nachhaltigen Entwicklung, ausdrücken wollen. Sie wählen den Begriff »Schöpfung«, obwohl sie an einen Schöpfer, an Gott, nicht mehr glauben. Vielleicht unbewusst wird darin dennoch die »Welt« nicht als ein »abgeschlossener Bereich mit inhärenten Gesetzmäßigkeiten, sondern als Geschehen von Schöpfung aufgefaßt«. D. h., die zentrale Grunderfahrung, die diesem biblischen Begriff eigentlich zugrunde liegt, wird damit doch intuitiv nachvollzogen: »das Gewährtsein des Lebens und der Lebenswelt, die Erstellung eines Lebenshauses« - eine Erstellung, »die sich mit verschiedenen Sinn- und Wertsetzungen verbindet«. ln diesem Gewährtsein kommen die Bedürfnisse des Menschen und der Natur zu ihrem spannungsreichen Recht. Und in diesem Geschenk Gottes haben sie nach christlichem Verständnis ihre Zukunft.
Und so formuliert die christliche ökologische Ethik ihre drei grundlegenden Werte der »Achtung der Würde des Menschen«, der »Bewahrung der Ordnung der Natur« und der »Hoffnung auf die eschatologische Befreiung durch Gott« als Grundlage, welche den Weg der (nachhaltigen) Entwicklung in ökologischer Gerechtigkeit näher beschreiben und ihm schärfere Konturen geben können.
Aus: Josef Römelt, Christliche Ethik in moderner Gesellschaft. Band 2 Lebensbereiche. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2009.
Der Tisch der Armen
Was in Stille blüht, in dem Schatten von Gärten,
unter der Sonne heiß, auf dem Acker,
hat Er bestimmt für die Tische der Armen.
Sonnenkraft, Erdkraft ist Er, Licht in Menschen,
dass wir einander stärken und beleben,
Brot von Gnade werden, Wein von ewigem Leben.
Doch die nichts haben, wer wird sie lassen teilhaben?
Und die in Reichtum schwelgen und von nichts wissen,
wer lässt sie nach Gerechtigkeit sich sehnen?
Antlitz der Erde, wer wird dich erneuern?
Er, der alles wird sein in allen, hat uns bestimmt,
dich, Erde, dein Antlitz zu erneuern.
Aus Huub Oosterhuis, Ich steh vor dir. Meditationen, Gebete und Lieder. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2004.
Wem sonst könnte ich danken?
Den Ungläubigen frage ich: Von wem bist du geschaffen? Welchen Anfang hat dein Leben und welches Ende? Und wohin geht es? Ohne meinen Glauben wüsste ich keinen Sinn und kein Ziel, keinen Wert und keine Hoffnung - wozu dann leben? Und nochmals frage ich ihn: Wem willst du danken? Könnte ich nicht danken, wäre mein Leben arm und leer.
Bin ich jedoch - so fragend - naiv oder idealistisch? Oder nicht vielmehr der letzte Realist? Also einer, der die Wirklichkeit und das Leben ernstnimmt? Vor dem Ungläubigen habe ich Respekt, aber ich verstehe ihn nicht - im Fühlen noch weniger als im Denken.
Was heißt Glauben für mich?
Glauben heißt annehmen: das Dasein und Leben, das Glück und den Schmerz, die Freude und das Leid und die Trauer. Annehmen kann ich alles, weil es geborgen ist in Gott, umfangen von seiner Größe und Gewalt und Gnade. Annehmen heißt nicht immer verstehen und erst recht nicht immer mögen, jedoch meint es ein aushaltendes und ausharrendes, bisweilen wenig vernünftiges oder besser: die Vernunft übersteigendes und von Herzen zustimmendes Ja.
Glauben heißt vertrauen: Ich werfe mich in den göttlichen Abgrund, suchend und ringend, oftmals klagend und hadernd und trauernd, aber wohl wissend, es wird keinen anderen Halt geben als diesen, und er trägt. Dieser Gott muss ein Du sein, ein Angesicht, denn sonst könnte ich nicht nur nicht danken, sondern auch nicht klagen - ein apersonaler Gott bliebe unter unserem Menschsein.
Glauben heißt danken: dass er uns bis hierher getragen hat, dass wir ihn noch haben, dass es noch geht und weitergeht. Danken für alle Freude und allen Trost. Danken für den Tod und für die Aussicht, dass es danach nur besser sein wird.
Glauben heißt leben, denn ein Leben, das mit dem Tod aus ist, wäre kein Leben. Wäre Leben nur Leisten oder Besitzen oder Konsumieren, lohnte es sich nie und nimmer, denn im Sterben wäre alles aus. Leben meint Genießen und also im armseligen Fragment -arm und selig ist es - staunend das große Ganze erahnen, ja feiern.
Was wünsche ich mir mehr? Dass ich mutiger in die Leere gehe und sie aushalte und darin zum Ja finde. Dass vor Gott mein Du-Sagen leichter fließe, dass die Seele erfüllt sei von ihm -warum zeigst du dich so wenig? Dass mein Unglaube und Undank dahinschmelzen. Dass Gott gegen das Unrecht einschreite und das Böse verbrenne - warum lässt du uns leiden? Dass ich wirksamer von Gott reden könnte, ihn freudiger den Leuten vorschlagen und mit meinem Leben von ihm erzählen und Worte finden könnte, die treffen und fordern und trösten. Dass die Kirche ihn besser enthülle. Dass wir ihn schöner feiern, in Ritualen, die locken und leuchten und begeistern. Dass wir schmerzfrei sterben und gläubig und gelassen.
Entbehrend brauchen wir ihn, sehnend ahnen wir ihn, suchend finden wir ihn nicht und finden ihn doch. Wo sonst finden wir Zuflucht? Wem sonst könnten wir danken?
Stefan Kiechle, Jesuit, City-Seelsorger, Exerzitienbegleiter und Autor, Mannheim, in: Johannes Röser (HG.) Mein Glaube in Bewegung. Stellungnahmen aus Religion, Kultur und Politik. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2008.
Parabel
Es war eine Zeit, wo die Menschen sich mit dem, was die Natur brachte, behalfen, und von Eicheln und anderer harter und schlechter Kost leben mussten. Da kam ein Mann mit Namen Osiris von ferne her und sprach zu ihnen: Es gibt eine bessere Kost für den Menschen, und eine Kunst, sie immer reichlich zu schaffen; und ich komme, euch das Geheimnis zu lehren. Und er lehrte sie das Geheimnis, und richtete einen Acker vor ihren Augen zu, und sagte: "Seht, das müsst ihr tun! Und das übrige tun die Einflüsse des Himmels!" Die Saat ging auf und wuchs und brachte Frucht, und die Menschen waren darüber sehr verwundert und erfreut und bebauten den Acker fleißig und mit großem Nutzen.
In der Folge fanden einige von ihnen den Bau zu simpel, und sie mochten die Beschwerlichkeiten der freien Luft und Jahreszeiten nicht ertragen. Kommt, sprachen sie, lasst uns den Acker regelrecht und kunstvoll mit Wand und Mauern einfassen und ein Gewölbe darüber machen, und dann darunter mit Anstand und mit aller Bequemlichkeit den Ackerbau treiben; die Einflüsse des Himmels werden so nötig nicht sein, und außerdem sieht sie kein Mensch. Aber, sagten andere, Osiris ließ den Himmel offen, und sagte: "Das müsst ihr tun! Und das übrige tun die Einflüsse des Himmels!" Das tat er nur, antworteten sie, um den Ackerbau in Gang zu bringen; auch kann man noch den Himmel an das Gewölbe malen. Sie fassten darauf ihren Acker regelrecht und kunstvoll mit Wand und Mauern ein, machten ein Gewölbe darüber und malten den Himmel daran. -Und die Saat wollte nicht wachsen!
Und sie bauten, und pflügten, und düngten und ackerten hin und her. - Und die Saat wollte nicht wachsen! Und sie ackerten hin und her. Und viele spotteten über sie! Und am Ende auch über den Osiris und sein Geheimnis.
Matthias Claudius
Karl Gravogl (2000)
Norbert Riebartsch (2003)
Lorenz Walter Voith (1997)