Saubermänner und -frauen gesucht
Eine österreichische Tageszeitung veröffentlichte in diesen Tagen einen internationalen Korruptionsindex. Im Vergleich zu anderen Staaten stehen wir nicht gut da. Eine Reihe von Schmiergeldprozessen, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss brachten viel Unangenehmes zutage…
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis politische Saubermänner auftreten und die Trockenlegung dieser Sümpfe verlangen. Leider hatten die Saubermänner der Vergangenheit nicht immer eine saubere Weste. Manche entpuppten sich als Populisten, die das Land noch weiter in den Sumpf hineinführten.
Auf den Ruf nach Transparenz folgten Reformen, die noch genügend Schlupflöcher für unsaubere Machenschaften offen ließen.
Ohne Ethik und Moral funktioniert menschliches Zusammenleben nicht. Ist es Zufall, dass die Parteien sich über einen verbindlichen Ethikunterricht nicht einigen können?
Antike Saubermänner
Unter den antiken Götter- und Heldensagen gibt es eine Erzählung von Herkules, der sich bereit erklärte, den Stall des Augias auszumisten. Dort hatte sich so viel Dreck angesammelt, dass er zum Himmel stank. Herkules hat zwei Flüsse umgeleitet, die den Stall zur Überraschung seines Auftraggebers an nur 1 Tage reinigten.
Eine Geschichte, über die sich gut sinnieren lässt, wie wir Menschen mit unserem Mist umgehen und dass es manchmal der Urkräfte der Natur bedarf, um dieser Not Herr zu werden.
Wir verfügen heute in den zivilisierten Ländern über ausgeklügelte Strategien, wie wir den Müll, den wir produzieren, umweltgerecht loswerden können. Verfügen wir auch über Strategien, wie wir unseren geistigen und seelischen Müll menschengerecht entsorgen können?
Auch da braucht es zunächst eine Mülltrennung. Nicht alles ist Müll, was wir nicht mehr brauchen. Nicht alles ist wertvoll, was der menschliche Geist produziert. Was wollen wir wie lange und wo aufbewahren?
In unserem Zusammenleben entsteht auch seelischer Müll. "Wo gehobelt wird, da fliegen Späne", heißt es. Wie entsorgen wir unseren seelischen Müll? Warten wir einfach, bis er verrottet und machen einen großen Bogen herum, weil er zum Himmel stinkt?
Ein biblischer Saubermann
Im Evangelium hörten wir vom Auftreten des Johannes des Täufers in der Gegend am Jordan. Er predigte Umkehr und unterstrich seine Forderung mit dem symbolischen Akt der Taufe. Er ließ alle, die seinem Aufruf Gehör schenkten, im Wasser untertauchen und so den seelischen Schmutz symbolisch abwaschen und ein neues Leben beginnen.
Johannes steht ganz in der Tradition der Propheten, die immer wieder die Umkehr des Volkes und ihrer Anführer gefordert haben. Wir hörten davon in der ersten Lesung. Die Umkehr soll dem herbeigesehnten Messias den Weg bereiten.
Säuberungszeiten
In der kirchlichen Tradition sind Advent und Fastenzeit, aber auch Wallfahrten Zeiten der Umkehr und Reinigung; Zeiten, in denen wir uns für das Müllproblem unseres geistigen und seelischen Lebens Zeit nehmen.
Nicht alles ist Müll, was sich in unserem Leben angesammelt hat. Manches braucht vielleicht nur abgestaubt, poliert und neu aufgestellt zu werden. Anderes ist zu entsorgen. Manch einer ist versucht, seinen Müll unter den Teppich zu kehren oder anderen unterzujubeln; vielleicht gar in Nachbars Garten. Das Hin- und herschieben unseres seelischen Mülls nach dem Motto "du bist schuld", ist keine dauerhafte Lösung. Von einer Studenten-WG wurde mir einmal erzählt, dass sie sich nicht einigen konnten, wer die Wohnung aufräumen und reinigen sollte. Als ihnen der Dreck zu viel wurde, seien sie alle zusammen ausgezogen…
Es ist ein gutes Gefühl, wenn die Wohnung frisch gereinigt ist. Gemeinsames Großreinemachen kann in einer Paarbeziehung oder in der Familie sogar zu einem Erlebnis werden, das verbindet. Auch einer Pfarr- oder Kirchengemeinde tut von Zeit zu Zeit ein gemeinsames Saubermachen gut. Wenn so etwas gar in einem Staatswesen gelänge, wäre dies ein gewaltiger Schub für ein sich darin Wohlfühlen und vermutlich auch ein wirksames Mittel gegen Politikverdrossenheit.
Das Mittel, das Herkules angewandt hat, sehe ich eher als eine Warnung. Wo wir nichts unternehmen, um unseren Mist loszuwerden, wird einmal der Strom des Lebens alles mitreißen, auch das Wertvolle und Gute. In der Politik besorgen das die Wählerströme, die das gewohnte Flussbett verlassen. Und auch in der Kirche sind manche überrascht, dass die Menschen wo anders hin strömen...
Eine Chance der Gottesbegegnung
Und was hat das alles mit Gott zu tun? Mit dem Kommen des Messias?
Wo wir unser eigenes Leben ordnen, bereiten wir zu einander Wege, auf denen wir uns begegnen können. Wo immer aufrichtige Begegnung unter Menschen zustande kommt, ist auch Gott gegenwärtig. In diesem Sinne gilt die Predigt des Johannes und der Propheten auch uns heute.