Armut und Elend
Die Politik versucht durch Geld zu messen, wer arm, wer reich ist, um auf diese Weise festzustellen, wem man mehr Steuern abverlangen kann. Damit Leben in die Diskussion kommt, heißt es: Die Reichen sollen zahlen! Dabei werden Neidkomplexe geschürt, der Populismus feiert fröhliche Urstände.
Wer ist arm, wer ist reich? Das ist eine Frage, die sehr schwer zu definieren und sicher nicht am Biertisch zu lösen ist. Den Versuch einer Antwort gebe ich Ihnen am Ende der Predigt.
Viel zu wenig wird unterschieden zwischen Armut und Elend. Im Elend lebt, wer an die täglichen Bedürfnisse des Alltags wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung nicht mehr herankommt, wer den sozialen Anschluss verliert und auch geistig verkümmert. Dieses Elend betrifft weltweit und auch bei uns in Österreich viele Menschen und wird verschärft durch Finanz- und Wirtschaftskrise, durch Neid, Gier und Betrug.
Schnelles Geld
Was wir in der ersten Lesung aus dem Buch Amos gehört haben, dessen historische Wurzeln bis ins 8. Jhdt. vor Christus reichen, könnte aktueller nicht sein: den Sabbat abzuschaffen, das heißt für heute: den arbeitsfreien Sonntag und die Feiertagsruhe aufzugeben mit der Folge, dass familiäres Leben, Vereinsleben empfindlich gestört würde, schöne Feste und Feiern nur noch schwer zu gestalten sind, dem ersten Tag der Woche seine Bedeutung nehmen und auch das Leben der Pfarrgemeinden eucharistisch noch mehr zugrunde zu richten. Bedenken wir, dass schon jetzt wegen des Priestermangels auch in Österreich die Messfeiern zusehends schwieriger sicher gestellt sind. Die weitere Regulierung auf flexiblere Arbeitszeiten, wie von Teilen der Wirtschaft angestrebt, würde sich somit auch kirchlich auswirken.
Auch heute besteht der Trend so rasch als möglich das große Geld zu machen, Menschen geraten oft in die Schuldenfalle, nicht immer aus Leichtsinn, sondern auch, weil sie mehrere Beschäftigungen annehmen müssen, um halbwegs ihr Auskommen zu finden oder verpflichtende Zahlungen wegen des geringen Einkommens kaum zu leisten sind.
Wir können sicher sein, die im Elend leben - so zeigt es die Geschichte - haben sich immer noch geholt, was sie brauchen, leider mit Gewalt und unter Blut und Tränen, auch für die Wohlhabenden.
Gott brüllt also auf durch seinen Propheten Amos, es tut weh, wie Menschen untereinander die königliche Würde verletzen, wie sie einander Leid zufügen, damals und heute. Wir sind doch alle Abbilder Gottes.
Klugheit oder Schlauheit?
Das Evangelium führt diesen Gedanken im Gleichnis vom klugen Verwalter weiter. In Theresa v. Avilas Werk aus dem 16. Jhdt: "Wege der Vollkommenheit" findet sich folgender Satz: "Geld ist der Kot des Teufels, aber es ist ein wunderbarer Dünger." Das ist bereits Teil der Aussageabsicht des Gleichnisses vom klugen Verwalter (Lk.16,1-8). Der Verwalter bekommt keineswegs Lob für seine Unehrlichkeit, vielmehr wird uns gezeigt, dass Betrug, Bestechung gerade mit materiellen Dingen im kleinen Kreis beginnt und sich in Völkern und Staaten ausbreitet (siehe Buch Amos).
Deshalb legt Jesus seinen Jüngern auch Klugheit ans Herz und stellt fest: "Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts." (Lk. 16,8). Die Kinder des Lichts brauchen einen lebendigen Geist, sollen in entscheidenden Momenten nicht so abgehoben und realitätsfremd reagieren. Könnte da nicht manches davon auch für unsere heutige Kirchensituation gelten?
Der Verwalter ist klug, er zeigt sich geistig flexibel. Das bedeutet nach Konfuzius (um 551 v. Chr. - 479 v. Chr.), einem chinesischen Philosophen: "Der Mensch hat drei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken: das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmen: das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung: das ist der bitterste." - Welchen Weg wird wohl der Verwalter gegangen sein?
Gnade und Geld
Der Umgang mit Geld und Besitz ist für uns Menschen immer eine zwiespältige Angelegenheit. Nicht umsonst meint Theresa v. Avila, das Geld sei der Kot des Teufels, zunächst etwas Miserables, wenn aber daraus Dünger wird, geschieht viel Gutes. Es lassen sich dazu auch heute jede Menge Beispiele finden.
Wer ist also nun wirklich arm oder reich? Immanuel Kant (1724-1804, deutscher Philosoph) sagt: "Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr noch durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß. Es könnte sein, dass die Menschheit reicher wird, indem sie ärmer wird, dass sie gewinnt, indem sie verliert."
Gnade und Geld als Heilszeichen der Kirche. Ohne Gnade nützt das Geld nichts, die Gnade kann der Mensch durch Geld sichtbar machen.