Mehr als ein Frühlingsfest
Vor wenigen Tagen wurde bei einer Podiumsdiskussion ein Präsidentschaftskandidat in Österreich zu seinem Glauben befragt. Er antwortete: „An das Neue Testament glaube ich schon, aber nicht an Gott“. Eine interessante Feststellung. Was der ältere Herr aber vielleicht nicht erkannt hat: Das Neue Testament handelt von der ersten bis zur letzten Zeile von Gott, von seinem Handeln an den Menschen, von Jesus Christus, seinem Sohn, der in diese Welt geboren wurde, der getötet wurde und am dritte Tage auferstand. Man mag in der christlichen Lehre auch ethische Leitlinien erkennen, aber da würde man das Wesentliche am Christentum übersehen.
Der bekannte Psychiater, Theologe und Buchautor Manfred Lütz, meinte dazu in einem Interview in der Zeitschrift „Herder Korrespondenz“ (Nr.3/2016): „Die Kirche ist keine Moralanstalt“. Das Problem der Kirche, beider Kirchen ist: Die Leute glauben nicht mehr an Gott! Und wenn Gott nicht existiert, dann ist die Kirche natürlich ein gigantisches Kasperltheater.“ Ich füge hinzu: Wenn Gott nicht existiert, wenn er nicht an Jesus Christus dieses einmalige Zeichen der Auferstehung vollzogen hätte, wäre unser heutiges Feiern hier „sinn-leer“, ja letztlich sinnlos. Dann wäre Ostern ein schönes „rituelles Miteinander“, eine Art „Frühlingsfest“, ein schönes „Musik-Event“ (z.B.: „Mozartmesse“), Eier, Schinken, Kren, Osterbrot und einige arbeitsfreie Tage...
Ostern: Ein Fest des Glaubens
Für die Christen der ersten Jahrhunderte bildete das Fest zu Ostern wirklich den Höhepunkt des Jahres. Diese ersten Gläubigen waren bedroht, diskriminiert, verfolgt. Aber sie wussten sich gehalten und mit dem verbunden, der durch Leiden und Tod in ein unzerstörbares Leben eingegangen war. Die frühesten Osterbilder der christlich geprägten Kunst finden sich nicht von ungefähr an Sarkophagen, auf Särgen und in Begräbnisstätten. Menschen, die trauerten, haben sich den Ostersieg Jesu vor Augen gestellt. Es waren ganz einfache Darstellungen: zum Beispiel ein Kreuz mit einem Lorbeerkranz als Lebens- und Siegeszeichen. Für diese Christen war Ostern ein Fest des Glaubens, des Lebens und der Hoffnung.
Was für ein Gegenmodell sind da muslimische „Selbstmordattentäter“, welche in letzten Jahren und Wochen in vielen Teilen der Welt sich und viele Menschen in den Tod reißen? Wo findet sich da Leben, Hoffnung und Glauben an den einen Gott?
Hunderte Millionen Menschen sind heute weltweit feierlich versammelt, um das Auferstehungsfest, Ostern, zu begehen. Wie wir hier in dieser Kirche. Ich denke, es geht in unserem Feiern nicht so sehr darum, dass wir die letzten Antworten zu Gott, oder über dem Vorgang der Auferstehung und seiner letzten Sinnspitze, erfahren können. Nein, das wäre wahrscheinlich vermessen. Viele tausende Theologen haben sich durch Jahrtausende schon darüber Gedanken gemacht und tiefsinnige Zugänge zu diesen Geheimnissen versucht aufzutun. Letztlich bleibt vieles unserer Vernunft, unseren noch so wissenschaftlichen Zugängen, verborgen. Es braucht den Glauben. Und aus diesem Glauben heraus haben sich immer schon großartige Türen öffnen lassen. Das bezeugen uns wohl Millionen von Menschen vor uns und mitten unter uns,…
Ostern ist für uns ein Fest des Glaubens. Es bedeutet für uns ein Fest des Lebens: Denn er war tot und ist nun wieder am Leben. Ostern bedeutet für uns ein Fest der Zusage: Gott geht mit uns – in guten und dunklen Tagen!
Ostern: Ein Wegweiser für jeden
Ostern will uns „Wegweiser“ sein. Die Texte des Neuen Testamentes sind durchzogen von diesen Wegweisern. Am Grabe Jesu heißt es: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Ostern hat mit jedem Einzelnen zu tun. Ich bin als Einzelner angefragt. Ich bin als Einzelner gemeint!
Noch etwas Auffallendes: Jesus, der Auferstandene, will nicht ein Volk, eine Nation, eine Sprachgruppe, eine Elite, eine fromme Schar von edlen Menschen, ansprechen. Nein: Dieser Auferstandene will jeden, auch in seiner Erbärmlichkeit, in seiner Schuld, in seiner Armseligkeit, Endlichkeit und seinen Sehnsüchten und Fragen ansprechen; auch die, die nicht glauben wollen oder können.
Ostern heute
Eine abschließende Frage an uns alle: Wie würden (oder müssten?) heute österliche Menschen aus ihrem Glauben, ihre Freude und ihrer Hoffnung heraus handeln? Z.B. im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden, für Menschen auf der Flucht vor Tod und Zerstörung und Hunger, im Einsatz gegen einen menschenverachtenden globalen Kapitalismus, gegen extreme Ideologien, oder religiöse und politische Gruppen, die Hass, Ängste und Gewalt predigen und säen?
Vielleicht will Gott mir und ihnen dazu heute etwas ganz persönliches sagen oder mitgeben: In einem Wort aus der Heiligen Schrift, in dem einen oder anderen Gebet, in dem einen oder anderen Lied oder Zeichen.
Gesegnete und frohe Ostern!