Bergerlebnisse
Das Evangelium dieses Sonntags berichtet von einer Bergwanderung Jesu mit dreien seiner Jünger (Petrus, Jakobus und Johannes). Zunächst erfreuen sich die Wanderer der wunderbaren Aussicht. Nichts scheint auf Außergewöhnliches hinzudeuten; es wird auch nichts über die Gespräche Jesu mit den Jüngern berichtet. Der Umgang Jesu mit den Jüngern zeigt offenbar Zeichen gegenseitiger Vertrautheit; alles scheint sich somit in klaren Grenzen zu bewegen.
Aber da tritt auf einmal eine Veränderung ein, die für die Jünger ganz offensichtlich unerwartet kam. Das Erscheinungsbild Jesu wird von einer Facette geprägt, die Erstaunen, Verwunderung, Begeisterung hervorruft. Jesus ist zwar derselbe, den Jüngern Vertraute geblieben, aber in dieser Weise ist er bisher nicht in Erscheinung getreten. Auf einmal treten auch neue Personen auf: Mose und Elia, die mit Jesus reden; die drei Jünger in Jesu Begleitung fühlen sich in dieser Gesprächsatmosphäre durchaus wohl und beheimatet. Sie möchten gar nicht mehr zurück in ihre bisherige (kleine?) Welt mit ihren Begrenzungen und den manchmal bedrückenden Alltäglichkeiten. Die mit dem Sprichwort "l'orribile quotidiano" (der schreckliche Alltag) verbundenen Zwänge sind auf einmal wie weggewischt.
Petrus - Mann der Tat
Petrus will zur Tat schreiten: Diese Verklärung muss unbedingt festgehalten werden, sie darf nicht mehr entschwinden, man muss sie gleichsam in eine Behausung einfangen. Demzufolge bietet Petrus sich an, drei Hütten zu bauen, nämlich eine für Jesus, eine für Mose und eine dritte für Elia. In seinem auch sonst bei manchen Gelegenheiten zutage tretenden Übereifer vergisst Petrus ganz, dass er ja auch für sich und seine Begleiter eine Behausung errichten müsste. In diesem Moment ist nur Glückseligkeit gefragt; (nüchterne) Klarheit tritt zurück.
Baumeister Petrus wird in seinen Plänen aber von der Stimme aus dem Himmel unterbrochen: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollte ihr hören." Nun mischt sich aber in die Begeisterung der Jünger Angst und sie werfen sich mit dem Gesicht zu Boden. - Verklärung kann auch eine bisweilen nicht unbedenkliche Grenzerfahrung für den Menschen bedeuten.
Zeichenhaftigkeit von Verklärung
Verklärung ist kein Dauerzustand; ständig Verklärten entgleitet die (auch) erforderliche Klarheit in der Beurteilung der Wirklichkeit. Von den Bergen der Verklärung muss es auch wieder einen Abstieg geben.
Wem Verklärung von Gott, in welcher Form auch immer, einmal zuteil geworden ist, der muss sich auch der schmerzvollen Erfahrung stellen, dass es keinen Hüttenbau auf dem Berg der Verklärung gibt. Auch Petrus wird in seinem Leben von sich selbst bitter enttäuscht sein, wenn er die Gemeinschaft mit Jesus verleugnet, sobald das gefährlich zu werden beginnt. "Ich kenne den Menschen nicht", wird er zur Magd sagen, die ihm die Gefolgschaft mit dem vor Gericht stehenden Jesus vorhält. (Mt 26,69-75). Er weint Tränen der Scham und der Reue, weil er über die Realität seiner eigenen Feigheit gestolpert ist. Aber das Berührtsein von Jesus dem Verklärten auf dem Berg und die eigene Ergriffenheit des Petrus davon wird ihn später die dreimalige Frage des Auferstandenen an ihn "Petrus, liebst du mich" (Jo 21,15-17) mit Klarheit bejahen lassen.
Gefahren von Verklärung
Verklärung ist auch der Gefahr von Schwärmerei ausgesetzt. Sie muss sich auch immer wieder der ernüchternden und von Ballast befreienden Klarheit stellen. Eins wie das andere ist notwendig, und wir sind ihnen Dank schuldig.