Geisterfüllte Hinwendung Gottes zum Menschen
„Wer meint, Jesus sei freiwillig zu den Menschen gekommen, kennt seinen Vater schlecht.“
G. K. Chesterton.
Dieser pointierten Aussage von G. K. Chesterton (dem Erfinder der Figur „Pater Brown“) möchte ich das heutige Evangelium gegenüberstellen: Jesus und seine Gottesbeziehung ist geprägt von der freien „geisterfüllten“ Hinwendung Gottes zum Menschen und umgekehrt, wie es im Bild der Taufe Jesu zum Ausdruck kommt. Die Evangelien beschreiben diese als eine geisterfüllte Erfahrung. Johannes der Täufer verkündigt Jesus seinem eigenen Jüngerkreis dieses Beziehungsereignis „der Taufe Jesu“!
Johannes der Täufer macht mit biblischen Worten seine Wertschätzung Jesu gegenüber publik. Er, der letzte Prophet des alten Bundes, sieht wie die Ruach, die „Geistin Gottes“, Jesus erfüllt, bei ihm einkehrt. Jünger aus dem Johanneskreis beginnen sich Jesus anzuschließen, aber Johannes selber tut dies nicht. „Lamm Gottes“ und „Er ist der Sohn Gottes“ lässt der Evangelist in der heutigen Perikope Johannes den Täufer über Jesus als Zeugnis ausrufen. Und doch geht er mit Jesus nicht mit, der doch aus seinem Jüngerkreis kommt und den er taufte. Johannes bleibt der Asket, aus religiöser Motivation, nach dem Leben der alten Propheten.
Jesus sondert sich nicht ab, sondern setzt auf ein Leben mitten unter den Menschen, auf jene Gemeinschaftsmahle, für die er bekannt geworden ist und auch kritisiert wurde. Er isst und trinkt mit ihnen, den Zöllnern, den Fischern, den Suchenden, kehrt bei Freunden ein wie bei Lazarus und seinen Schwestern. „Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder!“ (Mt 11,19), wirft man ihm vor. Jesus weiß um die gemeinschaftsstiftende Wirkung eines Mahles. Im „letzten“ gemeinsamen Mahl erreicht diese Beziehung zu seinem Jüngerkreis eine nie gekannte Tiefe, bringt die Verbundenheit mit ihnen zum Ausdruck.
Beginn einer neuen Zeit
Buchstäblich hat mit Jesus und seiner Verkündigung eine „neue Zeit“ begonnen. Diese unterschiedlichen Wege von Verkündigung zeigen auf, welche Differenzen es zwischen Johannes und Jesus gegeben hat. Auch Jesus hat gegenüber Johannes eine große Wertschätzung. Diese kommt in seiner Verkündigung immer wieder zum Vorschein.
So ist auch die Fußwaschung im Johannesevangelium in Verbindung mit Johannes dem Täufer zu sehen: „Und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.“ (Joh 1,27). Oder auch der Sendungsauftrag Jesu an seine Jünger: „Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Immer wieder greift Jesus auf Johannes den Täufer zurück.
Diese Überschneidungen zwischen Johannes und Jesus, von denen man in den Evangelien lesen kann, zeigen auf, welche Hochachtung und Anerkennung Jesus gegenüber Johannes dem Täufer ein Leben lang hatte. Jedoch: der, der ihn einst taufte und ihn als „Lamm Gottes“ bezeichnete, wird sich seinem Jüngerkreis nicht anschließen. Warum? Diese Frage bleibt bis auf den heutigen Tag offen!
In der christlichen Ikonographie gibt es eine Vielzahl der Darstellung der „Taufe Jesu“. Welche Aussage dieses Geschehens in den Bildern zum Tragen kommt, ist der Freiheit in der Kunst überlassen. Ein sehr ausdrucksstarkes Bild „der Taufe Jesu“ ist das Mosaik im Baptisterium von Ravenna. Es legt einen Schwerpunkt auf das Lebensalter und damit auf die Lebenserfahrung der handelnden Personen: Jesus als Jüngling (nach paganer Tradition wird er nackt dargestellt, in der griechischen und römischen Kunst nicht ungewöhnlich) im Jordan, Johannes den Täufer als Mann im Erwachsenenalter mit Stab und Kamelhaarbekleidung, den Fluss Jordan als alter Mann mit einem Sumpfrohr in der Hand.