Wo war Jesus zu Hause?
Im heutigen Evangelium ist von der Flucht nach Ägypten die Rede. Jesus hatte zu Beginn seines Lebens kein Zuhause. Aber dann - nach dem Tod des Herodes - wird Josef angewiesen, nach Israel zu ziehen. Dort lässt er sich mit Maria und Jesus in einer Stadt namens Nazareth nieder. Jesus ist nun in Nazareth zu Hause.
Als ich vor etlichen Jahren mit Religionslehrerinnen und Religionslehrern im Heiligen Land war, besuchten wir auch Nazareth. Der Ort war für viele mit großen Erwartungen aufgeladen. Von Kindesbeinen an hatten sie von Nazareth gehört. Aber Nazareth ist kein Idyll. Die Kollegen und Kolleginnen waren von der Stadt enttäuscht. Ich sagte ihnen: "Ja, das ist Nazareth: eine enttäuschende Stadt! Zur Zeit Jesu noch mehr als heute war Nazareth ein Provinznest." Aber dort war er zu Hause.
Wo ist Jesus heute zu Hause?
Jemand kann sagen: Er ist nun im Himmel, also nicht mehr auf dieser Erde zu Hause. Wirklich? Er ist auch hier zu Hause. auf dieser unserer Erde!
In der Lesung aus dem Brief an die Christengemeinde von Kolossä heißt es heute: "Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch!" Das Wort Christi kann bei uns wohnen! Und in seinem Wort ist er selber anwesend! "In euren Herzen wohne der Friede Christi!" Er ist es, der uns seinen Frieden erfahren lässt. Er selber ist in uns da! In uns und bei uns! "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!" Er kann bei uns zu Hause sein, wenn wir in seinem Sinne leben.
Jesus lebte mit Josef und Maria in Nazareth. Nun, da er beim Vater lebt, ist er nicht mehr an Raum und Zeit gebunden. Doch kann und möchte er bei uns wohnen, in uns und unter uns. Wir können ein Haus für ihn bauen, eine Wohnung für ihn herrichten, wenn wir so leben, wie es uns die Lesung sagt. Dann kann sein Nazareth auch … (München, Wien …) sein!
Die Wohnung im Sinne Jesu einrichten
Einige Erinnerungen an die gehörte Lesung aus dem Kolosserbrief für unseren Hausbau, für das Einrichten unserer Wohnung für ihn:
„Ihr seid von Gott geliebt“: Wo immer wir sind, in einer Familie, allein in einer Wohnung, in einem Hochhaus oder Bauernhaus, dürfen wir uns immer wieder sagen: Ich bin von Gott geliebt, und zwar nach der Art Gottes, also unendlich geliebt. Und die anderen, mit denen wir leben, denen wir begegnen, sind von Gott geliebt, ob sie daran denken oder nicht. Jesus war der Geliebte des Vaters, Maria und Josef waren von Gott begnadet und geliebt. Die drei bildeten die Heilige Familie, die wir heute feiern. Auch wir, jede und jeder von uns, sind von Gott geliebt!
„Bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen“, heißt weiter. Dann wird näherhin aufgezählt:
"Ertragt euch gegenseitig". Manchmal bleibt im Zusammenleben - auch im Zusammenleben einer christlichen Gemeinde, Gemeinschaft, Familie oder Verwandtschaft - nur das Ertragen als Möglichkeit der Liebe.
„Vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat.“ Es wird auf den Herrn verwiesen: „Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt einander!" Es ist gar nicht so leicht, den Anderen immer wieder neu zu sehen und nicht auf Vergangenes festzulegen. Manch alte Verletzung oder Enttäuschung ruft nach Versöhnung. Die Erfahrung, dass mir vergeben wird, tut gut, aber auch die Erfahrung, vergeben zu können.
„Vor allem liebt einander“. Die Liebe „hält alles zusammen“, in der Familie, aber auch in jeder Gemeinde und Gemeinschaft. Die Liebe möchte das Beste für den anderen, ist erfinderisch, hat Geduld. Liebe macht frei. In der gegenseitigen Liebe kann Friede gedeihen.
Und noch ein wichtiger Hinweis: „Seid dankbar!“ Dankbarkeit tut den anderen gut und tut uns selber gut. Wer dankbar ist für das Zurückliegende, kann offen in die Zukunft gehen. Ich zitiere Goethe: „Ein Werdender wird immer dankbar sein“. Von Ignatius von Loyola kommt die Anregung, jede Gewissenserforschung mit der Frage zu beginnen: „Wofür kann ich danken?“
Jetzt feiern wir Eucharistie, die große Danksagung: Wir danken dem Vater, dass er uns in Jesus sein Wort schenkt. Wir danken Jesus, dass er uns zu seinen Freunden macht und zu seiner Familie. Wir danken dem Geist Gottes, dass er uns die Art lehrt, wie wir bei Gott zu Hause sein können.