Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 08. Sep. 2024 - 23. Sonntag im Jahreskreis (B)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Jes 35,4-7a
Lesung aus dem Buch Jesája.
Sagt den Verzagten: Seid stark,
fürchtet euch nicht!
Seht, euer Gott!
Die Rache kommt, die Vergeltung Gottes!
Er selbst kommt und wird euch retten.
Dann werden die Augen der Blinden aufgetan
und die Ohren der Tauben werden geöffnet.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch
und die Zunge des Stummen frohlockt,
denn in der Wüste sind Wasser hervorgebrochen
und Flüsse in der Steppe.
Der glühende Sand wird zum Teich
und das durstige Land zu sprudelnden Wassern.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Wohlvertraute Worte aus der Adventszeit! Die Lesungen in der Liturgie bereiten uns dann vor auf die Ankunft des Herrn in der Krippe. Wenn Jesaja aber von Rettung durch den Herrn spricht ist, da nicht zuerst von der Ankunft eines Kindes die Rede, sondern von Gottes machtvollem Tun in einer desaströsen Lage des Volkes Israel: Fremde Völker setzten zunächst das Nordreich Israel und später das Südreich mit Jerusalem unter Druck und überfallen beide Teile. Diese historische Darstellung lässt uns wissen: Gottes Rettung ist kein lineares Geschehen. Nach der Errettung aus Ägypten ging es eben nicht immer nur erfolgreich und gut nach vorn. Dem Volk ist Vieles widerfahren, was nichts mit versprochenem Heil zu tun hat. Den Glauben an diesen Gott, der immer wieder rettet, aufrechtzuerhalten, war Aufgabe der Propheten. Das Versprechen, dass Gott da ist (»Jahwe«), stand aber zu allen Zeiten unverbrüchlich im Raum.
Der Text dieser Lesung ist ein kurzer Abschnitt aus der sogenannten "Jesja-Apokalypse" (das 34. Kapitel des Jesajabuches handelt vom Weltgericht und im 35. Kapitel wird das endzeitliche Heil beschrieben). Obwohl der Prophet zum Volk Gottes während dessen Verbannung in Babylonien spricht, dürfte der Text höchstwahrscheinlich aus der Zeit nach dem Exil stammen.
Das Volk Gottes ist verzagt, da die Hilfe seines Gottes ausbleibt. In diese Situation hinein wird das Gericht über die Feinde Israels und die Rettung Israels - das Kommen seines Gottes - angekündigt. Die Getreuen müssen aber tapfer und mutig sein (vgl. dazu auch: 1Kön 2,2; Dtn 11,8; Ps 46,8; Jes 12,2). Wenn Gott selbst zu seinem Volk kommt, dann bleibt das nicht ohne Folgen: er wird die Folgen der Schuld wegnehmen (Taubheit, Blindheit etc. galten in der damaligen Zeit als "Folgen" sündhaften Verhaltens, wobei die Behinderung auch aufgrund eines Vergehens vorheriger Generationen entstanden sein konnte).
Das Bild der Verwandlung der Wüste in eine fruchtbare Landschaft ist ein in der Bibel öfter vorkommendes Motiv. Es soll die Wandlung des Menschen und das Kommen des Heils auch in der Natur ausdrücken und versinnbildlichen. Dieses fruchtbare Land dient dann wiederum dem Menschen als Grundlage für ein Leben ohne jeglichen Mangel (vgl. dazu auch: Esr 3,8; Dtn 8,7-10; Ps 107,33; Jes 50,2; Jer 2,11).
Die erste Lesung ist dem Buch des Propheten Jesaja entnommen. Die Kapitel 1 bis 34, die unserem Text vorangehen, werden dem 8. Jahrhundert vor Christus zugeordnet, die Kapitel 40 bis 55 der späten Exilszeit (6. Jhdt. v. Chr.). Das Kapitel 35 will eine Art Brücke zwischen beiden Abschnitten schaffen; es hat Bezüge zu beiden Buchteilen. In gewissem Sinn ist es überzeitlich.
Der vorliegende Text (vgl. auch die Gesamtkomposition 35, 1-10) will Zuversicht wecken und Mut zusprechen. Mut zu machen ist zugleich eine Aufgabe. Der Grund der Hoffnung ist das Kommen Gottes, der sein Volk erretten wird. Diese Hoffnung wird in mehreren Kreisen von Bildern zum Ausdruck gebracht:
- Augen und Ohren werden geöffnet, Lahme und Stumme geheilt (Verse 5-6a)
- In der Wüste wecken Quellen, Bäche und Teiche neues Leben (Verse 6b-7)
- Das Ödland wird wegsam (Vers 8)
- Die Erlösten werden nicht mehr von wilden Tieren bedrängt (Vers 9)
- Die Rückkehr der Befreiten (Vers 10)
1. Lesung (erweiterte Fassung) - Jes 35,1-10
Lesung aus dem Buch Jesaja.
Jubeln werden die Wüste und das trockene Land,
jauchzen wird die Steppe und blühen wie die Lilie.
Sie wird prächtig blühen
und sie wird jauchzen, ja jauchzen und frohlocken.
Die Herrlichkeit des Libanon wurde ihr gegeben,
die Pracht des Karmel und der Ebene Scharon.
Sie werden die Herrlichkeit des HERRN sehen,
die Pracht unseres Gottes.
Stärkt die schlaffen Hände
und festigt die wankenden Knie!
Sagt den Verzagten: Seid stark,
fürchtet euch nicht!
Seht, euer Gott!
Die Rache kommt, die Vergeltung Gottes!
Er selbst kommt und wird euch retten.
Dann werden die Augen der Blinden aufgetan
und die Ohren der Tauben werden geöffnet.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch
und die Zunge des Stummen frohlockt,
denn in der Wüste sind Wasser hervorgebrochen
und Flüsse in der Steppe.
Der glühende Sand wird zum Teich
und das durstige Land zu sprudelnden Wassern.
Auf der Aue, wo sich Schakale lagern,
wird das Gras zu Schilfrohr und Papyrus.
Dort wird es eine Straße, den Weg geben;
man nennt ihn den Heiligen Weg.
Kein Unreiner wird auf ihm einherziehen;
er gehört dem, der auf dem Weg geht,
und die Toren werden nicht abirren.
Es wird dort keinen Löwen geben,
kein Raubtier zieht auf ihm hinauf,
kein einziges ist dort zu finden,
sondern Erlöste werden ihn gehen.
Die vom HERRN Befreiten kehren zurück
und kommen zum Zion mit Frohlocken.
Ewige Freude ist auf ihren Häuptern,
Jubel und Freude stellen sich ein,
Kummer und Seufzen entfliehen.
Antwortpsalm - Ps 146,6-10
Kv: Lobe den Herrn, meine Seele! – Kv
Oder GL 58,1
(Oder: Halleluja.)
Der Herr ist es, der Himmel und Erde erschafft, /
das Meer und alles, was in ihm ist. *
Er hält die Treue auf ewig.
Recht schafft er den Unterdrückten, /
Brot gibt er den Hungernden, *
der Herr befreit die Gefangenen. – (Kv)
Der Herr öffnet die Augen der Blinden, *
der Herr richtet auf die Gebeugten,
der Herr liebt die Gerechten. *
Der Herr beschützt die Fremden. – (Kv)
Er hilft auf den Waisen und Witwen, *
doch den Weg der Frevler krümmt er.
Der Herr ist König auf ewig, *
dein Gott, Zion, durch alle Geschlechter. – Kv
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
2. Lesung - Jak 2,1-5
Lesung aus dem Jakobusbrief.
Meine Schwestern und Brüder,
haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus,
den Herrn der Herrlichkeit,
frei von jedem Ansehen der Person!
Wenn in eure Versammlung
ein Mann mit goldenen Ringen
und prächtiger Kleidung kommt
und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung
und ihr blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung
und sagt: Setz du dich hier auf den guten Platz!
und zu dem Armen sagt ihr: Du stell dich
oder setz dich dort zu meinen Füßen! –
macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede
und seid Richter mit bösen Gedanken?
Hört, meine geliebten Brüder und Schwestern!
Hat nicht Gott die Armen in der Welt
zu Reichen im Glauben
und Erben des Reiches erwählt,
das er denen verheißen hat, die ihn lieben?
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Martin Stewen (2024)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)
Der Glaube trifft immer auch auf gesellschaftliche Umstände und es passt oft nicht zusammen, was der Glaube fordert und was Menschen daraus machen. Der Autor des Jakobus-Briefes wendet sich an die Judenchristen in der Diaspora. Damit sind zwei Schwierigkeiten der Gruppe benannt: Die Adressatenschaft befindet sich zum einen im Übergang vom alten Judentum zum neuen Christentum und war zum anderen nicht mehr am religiösen Urgund, in Jerusalem, ansässig. Um trotzdem glaubwürdig bleiben und überleben zu können, brauchte es gute Lebensführung und eiserne Disziplin.
Ein Hauptanliegen des Jakobusbriefes ist, daß die Christen nicht nur Hörer des Wortes Gottes sind, sondern auch danach leben und handeln. Die gehörte Botschaft soll also in die Tat umgesetzt werden.
In der christlichen Gemeinde besteht die Gefahr, daß rein äußerliche Zeichen (goldene Ringe, prächtige Kleidung... ) eine vorrangige Stellung einnehmen. Nach dem Autor des Jakobusbriefes kommt solch ein Verhalten einem Verrat von Glaube und Liebe gleich (vgl. Mt 5,3 und Lk 16,19 ff.). Das Beispiel in Vers 5 hat auch Eingang gefunden in mehrere "Kirchenordnungen". In den äthiopischen Apostelstatuten heißt es dazu etwa: "Wenn ein Mann oder eine Frau in feinen Kleidern eintritt, so sollst du, Ältester, nicht die Person ansehen, noch den Gottesdienst unterbrechen, um ihnen Plätze anzuweisen, sondern dich ruhig verhalten. Denn die Brüder werden sie empfangen, und wenn kein Platz mehr für sie da ist, wird jemand, der seine Brüder und Schwestern lieb hat, aufstehen und ihnen seinen Platz überlassen. Und wenn ein armer Mann oder eine Frau kommen sollte, dann sollst du, Ältester, ihnen von ganzem Herzen Platz machen, auch wenn du selbst am Fußboden sitzen mußt, damit kein Ansehen der Person, sondern Gottes sei."
Der Jakobusbiref, dem die zweite Lesung entnommen ist, will seine Adressaten nach der Art der alttestamentlichen Weisheitsliteratur ermahnen. Im vorliegenden Abschnitt wendet er sich gegen eine falsche Rücksichtnahme auf Reiche.
Die damalige Zeit war stark von sozialen Gegensätzen geprägt: Herkunft, Besitz und Bildung waren maßgeblich für das öffentliche Ansehen. Die Christen gehörten vor allem der unteren Volksschicht an. Deshalb soll es gerade bie ihnen kein besonderes Ansehen auf Grund der Abstammung oder des Besitzes geben.
Ruf vor dem Evangelium - Mt 4,23b
Halleluja. Halleluja.
Jesus verkündete das Evangelium vom Reich
und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.
Halleluja.
Evangelium - Mk 7,31-37
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
verließ Jesus das Gebiet von Tyrus wieder
und kam über Sidon an den See von Galiläa,
mitten in das Gebiet der Dekapolis.
Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte,
und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen.
Er nahm ihn beiseite,
von der Menge weg,
legte ihm die Finger in die Ohren
und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel;
danach blickte er zum Himmel auf,
seufzte
und sagte zu ihm: Effata!,
das heißt: Öffne dich!
Sogleich öffneten sich seine Ohren,
seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit
und er konnte richtig reden.
Jesus verbot ihnen, jemandem davon zu erzählen.
Doch je mehr er es ihnen verbot,
desto mehr verkündeten sie es.
Sie staunten über alle Maßen
und sagten: Er hat alles gut gemacht;
er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
Martin Stewen (2003)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)
Die Geschichte von der Heilung des Hör- und Sprachbehinderten steht im Zusammenhang von verschiedenen Heilungs- und auch anderen Wundergeschichten. Diese Wundergeschichten haben zwei Aussageebenen: Zuerst verweisen sie auf die Wirkmächtigkeit des Gottessohnes. Die Taten sollen die Menschen wissen lassen: Das, was er sagt, stimmt wirklich. Und all jene, die keine Ahnung haben von Torah und Propheten, bekommen mit: Da ist einer, mit dem bricht Neues an - da muss man wirklich daran glauben. Darüber hinaus soll der fromme Jude erfahren: Mit diesem Mann erfüllen sich die Schriften der Alten. Im Fall der Heilung des Hör- und Sprachbehinderten sind es die Worte aus Jesaja 35.
Ein kleines Detail in der Geschichte verwundert (und nicht nur in dieser): Immer wieder verbietet Jesus nach seiner Tat den Leuten - den Geheilten wie der Zeugenschaft - zu erzählen, was sie erlebt haben. Eigentlich sollte man annehmen, das Gegenteil müsse Jesu Absicht sein. Vermutlich ist das Schweigegebot ein Hinweis darauf, dass das Handeln Jesu mit der Heilung nicht fertig ist. Darauf verweist auch die Komposition unserer Sonntagsliturgie, wenn dem Evangelium die Jesaja-Lesung vorangeht, die von der Erfüllung des Heilsversprechens erzählt. Diesen Hinweis hatten die Menschen damals aber nicht. Für sie sollte sich der Sinn der Heils- und Wundertaten mit der Erfahrung der Auferstehung Jesu erschließen. Und bis zu diesem Moment sollten sie nicht marktschreierisch und unverständig von dem erzählen, was sie gesehen hatten. In allen Heilungsgeschichten können wir nachlesen: Dieses Schweigegebot ist ungehört verhallt.
Im Gebiet der Dekapolis, der zehn Städte am Ostufer des Sees Genesareth, bringen Unbekannte einen Unbekannten zu Jesus. Der Unbekannte ist taubstumm und wahrscheinlich ein Heide. Das griechische Wort für Stummheit bedeutet in etwa "er konnte nur stammeln".
Ein Kind, das nicht hören kann, stammelt meist nur und lernt (ohne heutige medizinische Standards) auch nie richtig sprechen. Ob er allerdings von Geburt an taubstumm gewesen ist oder erst aufgrund einer Krankheit, kann aus dem Text nicht geschlossen werden. Sicher ist hingegen, daß Taubheit damals oft mit Besessenheit gleichgesetzt worden ist. Dieser Taubstumme wird also zu Jesus gebracht, und seine Heilung, ein Wunder, wird erwartet.
Jesus nimmt den Kranken beiseite, da dieser in der Masse hilflos zu sein scheint, und Jesus möchte ihm den nötigen Raum zur "gesamtmenschlichen" Begegnung mit ihm geben. Die Finger waren oft Sinnbilder einer Kraftübertragung und werden hier auf die "Orte des Schmerzes" gelegt. Speichel kam im Alten Orient eine heilende und exorzistische Bedeutung zu. Der Blick zum Himmel drückt die tiefe Verbundenheit mit Gott aus. Die Heilung kommt nicht von verborgenen Kräften, es werden keine unverständlichen Riten und Rituale praktiziert, sondern die Heilung beruft sich auf die Kraft Gottes. Dadurch lösen sich die (dämonischen?) Blockaden im Körper des Taubstummen und er wird zu einer normalen menschlichen Kommunikation befähigt.
Jesus will aber nicht, daß die Menschen von dieser Heilung berichten. Seine Zeit, die Zeit in der die Menschen sein Tun erst begreifen werden, ist die Zeit des Kreuzes und diese ist noch nicht gekommen. Logisch, daß die Menge dieses Wunder nicht geheim halten konnte. Doch sie läuft gleichsam Gefahr, das Wesentliche zu übersehen und am Wunder "hängen zu bleiben". Das "effata", das "öffne dich" gilt auch für die Menge.
Das Evangelium dieses Sonntags erzählt von einer wunderbaren Heilung eines Tabstummen. Diese Geschichte ist einzigartig. Obwohl sie Matthäus und Lukas vorgelegen hat, haben sie sie nicht übernommen. Sie wird ganz nach dem Muster der Wunder- und Heilungserzählungen, die es im palästinenschischen und hellnistischen Umfeld gegeben hat, erzählt. Die Erzählung beschreibt ungewöhnlich bis ins Detail, was der Heiler mit dem zu Heilenden anstellt. So zu erzählen war damals üblich.
Markus gibt dieser Erzählung jedoch seine eigene Deutung. Diese läßt sich aus dem Kontext und dem Schweigegebot, das Markus an mehreren Stellen einfügt, ablesen. Für Markus ist Jesus der verborgene Gottessohn, der erst am Kreuz offenbar wird. Was man von ihm schon vor diesem Offenbarwerden erzählt und erzählen kann, ist mißverständlich. Deshalb fügt Markus immer wieder das Schweigegebot ein.
"Die Heiden" (Dekapolis und Gliläa, wo sie diese Ereignisse zutragen, gelten als heidnische Gebiete) mißverstehen Jesu Wundertäter, göttlichen Arzt, Wohltäter der Menscheit...
Jesus läßt sich aber auch nicht nach den Forderungen der Pharisäer nach jüdischen Vorstellungen verstehen.
Auch die Jünger verstehen ihn nicht (vgl. Mk 8, 21).
Der Abschluß der Erzählung knüpft jedoch an die alttestamentliche Überlieferung vom Schöpfer, der alles gut macht, und vom Retter, der heilt und die Schöpfung wieder herstellt, an.
Effata: Mündiges Christsein hier und heute
Taufe als Ohröffner
"Der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf »Effata« dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, öffne er auch dir Ohren und Mund, damit du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes."
Der sogenannte Effata-Ritus ist Bestandteil einer jeden Taufe und lässt den Täufling wissen: Allein der Umstand, dass du durch die Taufe aufgenommen bist in die Gemeinschaft von Christinnen und Christen und dass Gott dich bei deinem Namen gerufen hat, ist wohl ein wichtiger Anfang - aber eben erst ein Anfang. Nach diesem Anfang geht es eigentlich erst richtig los. Vor dem Getauften liegt Weg des Christwerdens, des Hineinwachsens ins Christsein, der bestimmt ist durch das Hören der Botschaft Gottes, durch das Zeugnis für diese Botschaft, durch ein Sich-Hineinfühlen in das Leben der Christenheit. Wer nur getauft ist und sich im Glauben nicht weiter rührt, dessen Christsein trägt kaum Früchte. Um diesen Weg des Christwerdens gehen zu können, braucht es neben den offenen Ohren und dem offenem Mund alle Sinne des Menschen.
Diskretion statt Inklusion
Vom biblischen Hintergrund des Effata-Ritus haben wir heute im Evangelium gehört: Die Menschenmenge, der Jesus begegnet, bringt einen, der hör- und sprachbehindert ist und entsprechend auch nicht selbst kundtun kann, was sein Anliegen an Jesus ist - auch wenn es da an Offensichtlichkeit kaum mangelt. Als Antwort tut Jesus ein paar heilsame Dinge, die bemerkenswert sind. Zunächst einmal: Jesus nimmt den Mann weg von der breiten Öffentlichkeit. Statt Inklusion Diskretion. Jesus wendet sich dem Mann, der namenlos bleibt, zu und schenkt ihm seine ganze Aufmerksamkeit. Er heilt ihn wohl, aber bis zum Schluss ruft er ihn nicht bei seinem Namen - und damit nicht in seine Nachfolge. Der Mann bleibt in einem Vorstadium der christlichen Berufung.
Dann legt Jesus ihm die Finger in die Ohren - wir fühlen uns erinnert an Psalm 8: "Seh ich deine Himmel, die Werke deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?" Jesus schenkt in der Heilung einen Anteil an diesem Himmel. Es geht nicht nur darum, dass der Mann körperlich ok wird, - die Heilung soll über sich selbst hinaus auf den Himmel verweisen. Mit dem Speichel schließlich legt Jesus dem Anderen etwas von sich selbst in den Mund. Der Geheilte soll nicht nur einfach reden können - er soll bekennen können: "Damit du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes", heißt es im Effata-Ritus, der diese Heilungsgeschichte ausdeutet.
In der abschließenden Geste stellt Jesus für alle sichtbar die Verbindung her zwischen Himmel und Erde: Was mit dem hör- und sprachbehinderten Menschen geschieht, das ist nicht einfach ein Gesundwerdungsprozess, sondern ein Offenbarungsereignis. Und damit eben wesentlich mehr als nur die Heilung von einer Behinderung.
Von den hörenden Ohren des Herzens (Benedikt von Nursia)
Und das meint: Wenn das so ist, dann kann die Erfahrung des Hör- und Sehbehinderten auch jede und jeder machen, der physisch eigentlich nicht eingeschränkt ist. Erkennen und bekennen können ist dann nicht mehr eine Frage des Zustandes von Ohren und Mund. Es stellt sich viel mehr die Frage, welch ein Geist in diesen Ohren und diesem Mund eines Menschen wohnt. - Der hl. Benedikt spricht dazu in der Einleitung zu seiner Ordensregel von den »Ohren des Herzens«. Diese Frage nach dem geistlichen Zustand von Ohren und Mund stellt sich nicht nur für jeden und jede, die und der in der Taufe in Jesu Fußspuren gesetzt wird - sie stellt sich uns allen immer wieder auch nach der Taufe. Immer wieder neu: Dringt die Botschaft Jesu in unsere Ohren und Herzen und sind wir auf unserem christlichen Lebensweg fähig und willens, von ihm zu erzählen, von ihm Zeugnis abzulegen? - Die Frage nach dieser Bereitschaft übrigens beantwortet der Hör- und Sprachbehinderte nicht. Wir erfahren nicht, was der Geheilte mit seinem Geheiltsein anstellt.
Mündigsein heißt, den Mund aufmachen
Als Jesus den zu heilenden Mann trifft und er die Bitte der Umstehenden um Heilung vernimmt, sondert er ihn von der großen Menschenmenge ab. - Das, was jetzt geschehen soll, ist einzig diesem Einen zugedacht. Jesus wendet sich ihm ganz individuell zu - das Heilungsgeschehen ist nur diesem einen zugedacht und sonst niemanden. Und das meint: Der Anruf Gottes trifft auf jedes Ohr und Herz ganz individuell, das Bekenntnis als Antwort ist das des je einzelnen Mundes und damit des je einzelnen Menschen. Wenn Gott uns beruft, von ihm Zeugnis zu geben, dann ist das eine Aufgabe, die auf jeden Einzelnen und jede Einzelne passgerecht zugeschnitten ist und entsprechend erfüllt werden will. Jede Christin und jeder Christ ist mit dem je eigenen Christsein speziell unterwegs.
Das ist einerseits schön zu wissen, andererseits auch eine Herausforderung. Lebenslang setze ich mich dann also mit den Fragen meiner christlichen Berufung auseinander, die die Fragen meines Lebens sind: Was bedeutet Christsein, also leben im Sinne Jesu, für mich? Wie lebe ich mein christliches Zeugnis in dieser Welt? Was kann ich - zwischenmenschlich, politisch, wirtschaftlich - verantworten, was nicht? Was ruft mir mein Gewissen zu?
Christsein im Sinne Jesu heißt dann nicht: schwimmen im Meer der Meinungsmöglichkeiten - es ruft vielmehr nach meinen dezidierten Entscheidungen und Antworten auf die Fragen des Lebens. Am Ende haben ja schließlich alle etwas davon - die Menschenmenge um den Geheilten stellt ja ganz erstaunt fest: "Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen."
Keine Angst
Manchmal mag dieser Ruf Jesu zu einem Leben in seinem Sinne wie eine allzu große Herausforderung daherkommen. Lassen wir uns nicht abschrecken. Schon der Prophet Jesaja hat seinem Volk zugerufen - wir hörten es in der Lesung: Sagt den Verzagten: Seid stark, fürchtet euch nicht!
Heilende Begegnungen
Mehr als Heilung: Begegnung
Ich möchte heute den Evangelientext dieses Sonntags befragen, was er uns am Beginn eines Schul- und Arbeitsjahres, am Beginn einer neuen Aufgabe, am Beginn einer neuen Woche oder einfach nur am Beginn eines neuen Tages zu erzählen hat -.
Es ist von „einem“ die Rede, den „sie“ zu Jesus brachten. Wir wissen nicht, wer „sie“ sind, wir kennen auch den Namen des Herbeigebrachten nicht. Diese Unbestimmtheit erlaubt es uns, probehalber einmal den eigenen Namen einzusetzen: Johanna, Renate, Josef, Peter, Maria, Franz, Leonie, Felix…
Wenn wir einen neuen Tag oder etwas größeres Neues beginnen, kommen wir so wie der Taubstumme nicht unversehrt. Wir alle haben etwas auf dem Buckel und ich denke, es wäre ein Irrtum zu glauben, Kinder hätten das nicht. Sie sind genau wie wir Älteren schon enttäuscht, abgewiesen und verletzt worden, haben Angst und Verlassenheit gespürt. Das alles bringen wir mit, wenn wir neues Terrain vor uns haben und die nächsten Schritte in unserem Leben setzen.
Aber da gibt es auch die „sie“, die, die uns bis hierher gebracht haben, Menschen, die an unserer Seite stehen, denen wir viel verdanken. Und so, wie sie im Evangelientext namenlos nur in einem Nebensatz erwähnt werden, so gehen auch wir oft mit ihnen um. Aber ich denke, es schadet nicht, sich manchmal ganz bewusst und dankbar an die zu erinnern, die uns in unserem Leben begleiten, die uns viel mitgeben oder mitgegeben haben, die uns auch stützen und tragen, wenn wir das nötig haben.
Dankbarkeit ist ein guter Boden für den Weg, den wir vor uns haben.
Dann kommt es für den Taubstummen zu der Begegnung mit Jesus, zu einer Begegnung ganz besonderer Art, mit magisch anmutenden Riten und seltsamen Handlungen. Es ist keine 08-15- Begegnung. „Er nahm ihn beiseite“, heißt es, weg von dem Trubel, den das Auftreten Jesu oft hervorruft. Dadurch entsteht ein intimer Raum, in dem sich die beiden anblicken, wahrnehmen, aufeinander einlassen können.
Behutsame Heilung
Erlaubt mir, dass ich bei unserem heutigen Durchgang durchs Geschehen diese Situation verallgemeinere und die intensiven, heilsamen Begegnungen unseres Lebens wachrufe. Welche solcher besonderen Begegnungen könnten noch vor uns liegen? Welche erwarten wir? Welche erhoffen wir? Vielleicht geht es uns wie dem Taubstummen und wir treffen auf Menschen, die sachte und behutsam den Finger in eine unserer Wunden legen und damit ein Stück Heilung ermöglichen. Vielleicht liegt in der irritierenden Erfahrung von Fremdartigem und Unverständlichem ein unerwarteter Impuls für unser Leben. Vielleicht entdecken wir im Zusammenkommen mit Menschen unsere speziellen Gaben und Fähigkeiten neu. Vielleicht werden wir in eine religiöse Begegnung geführt, die uns einen neuen Horizont eröffnet.
Was dabei von uns gefordert ist, ist wenig und viel zugleich. Es ist das Sich-Aussetzen und Sich-berühren-Lassen, wie es der Taubstumme an sich geschehen hat lassen.
Dann werden auch wir aus solchen Begegnungen als Hörende herausgehen, als Menschen, die ein offenes Ohr für andere haben, als Menschen, die wahrnehmen und verstehen können, was in unserer Welt geschieht, als Geöffnete für Gott. Wenn es vom Taubstummen heißt, er konnte nach seiner Begegnung mit Jesus wieder „richtig“ reden, so entspricht das, denke ich, auch bei uns einem täglichen Wunsch: richtig zu reden, das Richtige und Wichtige zu sagen - nicht nur mit Worten, sondern mit unserem Tun und mit unserem ganzen Leben.
Das wünsche ich euch, das wünsche ich uns allen, dass auf den Wegen, die vor uns liegen, neue, bereichernde Begegnungen liegen, solche, die unseren Horizont erweitern, die uns stärken und fähig machen, selber zu heilsamen Menschen zu werden.
© Mag.a Johanna Strasser-Lötsch, Wels
Geheilt werden
taub und stumm…
„Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde!“ Mit dieser Einleitung beginnen Diakone, Priester, Ordenschristen den neuen Tag im Breviergebet. Wünschenswert ist, diesen Eröffnungsvers gut zu verinnerlichen. Lob und Dankbarkeit sind Grundvoraussetzungen für die Begegnung mit Gott. Es soll immer ein freudiger Tagesanfang sein, der in der Eucharistie seinen Höhepunkt findet. Das ist oft sehr sehr schwer. Man könnte sagen, manche Sorgen drücken so stark, dass wir „taubstumm“, sprachlos werden, man sich zurückzieht. Göttliche Trostworte bilden Hilfestellungen. Gott schafft Recht und Heil. Das gibt uns bereits die erste Lesung mit. Wo diesen beiden Gedanken Raum gegeben wird, entsteht Freiheit und Leben, wird das anbrechende Reich Gottes sichtbar. Diese Visionen, die uns vor Augen geführt werden, brauchen den Durchbruch zur Realität: die Augen der Blinden zu öffnen, ebenso die Ohren der Tauben, was innerlich ausgetrocknet ist und nach außen hin im Bild der Wüste dargestellt wird, soll durchflutet werden. Abzusterben droht, neues Leben beginnt.
Offen für alle
Der ganze Mensch wird mit all seinen Sinnen und Organen angesprochen. „Effata! - Öffne dich!“ In der zweiten Lesung wird der Gedanke der Öffnung im sozialen Bereich weitergeführt. In jeder Gemeinde gibt es Arme und Reiche. Diese stehen sehr oft im Vordergrund, ihr Aussehen lässt auf viel Besitz schließen, man räumt ihnen verschiedene Privilegien ein, bevorzugt sie, besonders dort, wo andere keine Chance haben, etwas zu erreichen. Auch hier gibt es Unterschiede. Nicht allen, die Geld und Besitz haben, sieht man das an. Nicht das Offenlegen von Besitz und Geld ist der Grund dieses Verhaltens, manchmal ist es Angst, dass etwas gestohlen wird. Nicht zu vergessen sind aber auch jene, die mit ihrem Reichtum sehr viel Gutes tun. Gleichheit vor Gott zeigt sich in der Nacktheit bei Geburt und Tod. „Der Herr hat gegeben,der Herr hat genommen, gepriesen sei der Name des Herrn.“ (Ijob 1,21).
Vorstellungen, wie sie in der Darstellung des reichen Mannes gezeigt werden, sehen oft anders aus. Wertschätzende Behandlung sollte jedem Menschen zuteil werden, Äußerlichkeiten vergehen, jeder Mensch hat eine königliche Würde. Diese wird ihm in der Taufe bereits zugesprochen. Diese Lesung will uns vermitteln, dass der Umgang mit den Armen Bewährung im Glauben ist. Konkret: Wenn uns ein Mensch begegnet, dessen Äußeres wir in der Kategorie Armut einstufen - vielleicht stimmt das wirklich - dann sollte uns bewusst werden, dass es verschiedene Formen der Armut gibt: geistige und materielle Armut, unfreiwillige Armut wie Kinderarmut, Armut nach Verlust des Arbeitsplatzes, die »working poor« mit schlecht entlohnten Arbeitsplätzen.
Wert und Würde haben ähnliche Wortwurzeln, sind getragen von (göttlicher) Weisheit. Oft neigt man dazu, den Wert nur im materiellen Bereich zu sehen Papst Gregor der Große (594 - 604): „Wenn wir die Bedürftigen mit dem Notwendigen versorgen, geben wir ihnen das Ihrige zurück und verschenken nicht das Unsrige.“ (in: Gregor der Große Regula pastoralis 3,1). Hier geht es um Verteilungsgerechtigkeit. Wer arm ist, wird ausgegrenzt oder grenzt sich selber aus.
Der Gemeinschaft zurückgegeben
Das geschieht auch bei Krankheiten. Damit sind wir beim Evangelium, bei der Heilung des Taubstummen. Bemerkenswert ist der Ort der Heilung. Es gibt auch eine Heilsgeographie. Diese Heilung geschieht in der Dekapolis, die östlich des Jordans liegt, also nicht mehr jüdisches Gebiet ist. Jesus ist nicht nur für die Juden da, sondern auch für die sogenannten Heiden - also für alle. Heilung soll für alle zugänglich sein, grenzüberschreitend. Das gilt auch für den Taubstummen, der durch sein Leiden ausgegrenzt war. Er wird der Gemeinschaft zurückgegeben.
Der Taubstumme kann nicht sprechen und hören. Es gibt ein gläubiges Hören, das zum Ge-horchen führt. „Der Glaube kommt vomHören“ (Röm 10,17) ist Einlassen auf den Willen Gottes. Somit ist das Ohr nicht nur Brillenhalter, sondern auch nach außen hin Schalltrichter für Nachrichten. Es ist auch ein Wachorgan, weil es auch nachts wach bleibt, Geräusche wahrnimmt und für das Auge Ergänzung ist. Mit diesen beiden Sinnesorganen wird der ganzheitliche Mensch angesprochen. Hören und Zuhören benötigt Schweigen. Jesus verbot den Menschen von diesem Wunder zu erzählen. Dazu gibt es verschiedene Interpretationen. Jesus muss nicht ins Guinnessbuch der Rekorde kommen, um summarisch seine Wundertaten zu erfassen. Wohl aber könnte es Aufforderung zum Weitersagen sein, umgekehrt wieder: Was hier geschehen ist, bleibt unter uns. „Behutsames Schweigen ist das Heiligtum der Klugheit“, formuliert der spanische Jesuit Balthasar Gracian (1601-1658).
In der Stille geben wir dem Wirken des Heiligen Geistes Raum, ebenso im Zuhören. Vielleicht finden Sie am Beginn des Arbeitsjahres oder gerade jetzt am Sonntag Zeit für Stille, einen Ort an dem es wirklich ruhig ist, durchatmen, Luft holen, reflektieren, sich nach innen beugen, beten. Das wünsche ich Ihnen.
"Öffne dich!"
Sprachlos
Er hörte nichts. Und wenn er etwas sagen wollte, konnte er nur stammeln. Laute, die aus seiner Kehle zu kommen schienen. Dabei wollte er so viel sagen! Dabei hatte er so viel zu sagen! Kopf und Herz waren voll. - Sie möchten gerne wissen, von wem ich gerade erzähle? Entschuldigen Sie, ich kenne nicht einmal seinen Namen. Mein Freund Markus erzählt von ihm. Die Geschichte eines Taubstummen. Eines Menschen, dem die Welt still geworden ist. Vielleicht auch von Anfang an still war.
Am Schluss ist ein großes Staunen in der Welt. Laut und vernehmlich. Kaum zu überhören. So viele Stimmen! In einem Satz, komprimiert:
„Er - Jesus - hat alles gut gemacht;
er macht, dass die Tauben hören
und die Stummen sprechen.“
Genau genommen, es ist ein Zitat. Ein geprägtes Wort mit Geschichte und Flair. Markus hat es eingesetzt, wenn auch ein wenig gekürzt, um das Wichtige kenntlich zu machen. Die Formulierung ist von keinem Geringeren als vom Propheten Jesaja:
„Sagt den Verzagten:
Habt Mut, fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott!
Dann werden die Augen der Blinden geöffnet,
auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch,
die Zunge des Stummen jauchzt auf.“
(Jes.35,4-6).
Sprachlos sind auch heute viele Menschen. Auch, wenn sie ganz viel sagen, ständig reden, nicht einmal mehr zuhören können. Wenn Menschen die Welt nicht mehr verstehen, wenn ihnen ihr Leben fremd wird, wenn ihnen Gott verschwunden ist, ziehen auch die Worte aus.
Hören und Verstehen
Manchmal fehlen mir die Worte, beredt wie ich bin. Im Regal stehen Bücher, dicht gedrängt. Sie enthalten die Weisheit von Jahrhunderten. Und das Wissen von heute. Aber das Unheil, das Menschen trifft, macht mich sprachlos. Auch das Unheil, das die Erde verletzt. Besonders das Unheil, das Menschen anrichten. Ich spüre das. Jedes Wort, das ich sage, hört sich schal und verbraucht an. Eigentlich müsste ich schweigen, aber …
Ich bin in einem kleinen Ort. Idyllisch gelegen. Vor ein paar Wochen hat hier ein kleines Flüsschen gewütet. Rechts und links – in den Erdgeschossen stehen die Fenster offen, die Zimmer leergeräumt, Bauschutt auf den Gehwegen. Dann treffe ich die Menschen, die ich besuchen wollte …
Ich sehe die Bilder aus Afghanistan. Ich bin ganz kleinlaut. Am Hindukusch wollten wir unsere Sicherheit verteidigen. Jetzt lassen wir viele Menschen alleine zurück, die einmal große Hoffnungen auf uns gesetzt haben. Quasi über Nacht ist alles zusammengebrochen. Auch unsere (westlichen) Allmachtsphantasien. Jetzt sind wir in eine Schuld verstrickt, für die es kaum Worte gibt. Was werden wir den Flüchtlingen sagen? Dass sie nicht willkommen sind?
Die Welt ist voller Worte. Die Medien - die sozialen sowieso - gehen in Worten unter. Sie schwirren unsichtbar durch die Luft. Eigentlich müsste ich den Kopf einziehen, um den Wrackteilen zu entgehen. Aber ich bin abgestumpft. Digital haben sich Worte noch schneller vervielfältigt und verflüchtigt. Virtuell wabern Hass und Häme. Viele Worte haben alles verloren, was sie einmal hatten: Vertraulichkeit, Nähe und Verstehen. Jetzt dürfen die Worte einen Zweck erfüllen. Viele Menschen werden von ihnen nicht mehr verzaubert. Eingesperrt werden Worte wie Wahrheit und Gerechtigkeit. Dass Worte leiden an der Welt, dass sie weinen – wir hören es nicht.
Ich höre, verstehe aber nicht.
Eigentlich höre ich nicht einmal mehr hin.
Eigentlich sind meine Ohren voll.
Ich rede, zerfleddere aber die Worte
Eigentlich habe ich nichts gesagt.
Eigentlich habe ich nichts zu sagen.
Jenseits vom Jordan
Da schenkt uns die Geschichte, die Markus uns erzählt, jenseits vom Jordan, ein offenes Ohr. Wir hören, wir träumen von dem Wunder, von dem Wunder, hören zu können, dem Wunder, reden zu können. So, dass die Welt anders ist, noch einmal anders werden kann.
Die Geschichte spielt im Gebiet der Zehnstädte, griechisch Dekapolis, östlich vom Jordan. Die Gegend reicht von Damaskus bis nach Amman, heute Syrien und Jordanien. Markus findet, dass die Information wichtig ist. Jenseits des Jordan … das ist Heidenland, Ausland, vielleicht auch Niemandsland. Gott könne man da nicht finden, sagen die frommen Leute. Weil Gott da nicht sei. Weil er da nie und nimmer sein könne! Hier sei die Sünde zu Hause.
Was hat Jesus da zu suchen?
Jesus überschreitet die Grenzen. Gott kennt doch keine Grenzen. Schon gar keine Grenzen für seine Wunder. Wo er ist, geschehen Wunder!
„Dann werden die Augen der Blinden aufgetan
und die Ohren der Tauben geöffnet werden.
Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch,
und die Zunge des Stummen wird frohlocken.“
Eine aufgelegte Hand
Wir sehen die Menschen, die den fremden Taubstummen zu Jesus bringen. Auch ihre Namen kennen wir nicht, nicht ihre Erwartungen, nicht ihre Hoffnungen. Jesus solle ihm seine Hand auflegen. Mehr nicht. Was kann aber eine Hand schon ausrichten? Wenn die Ohren nicht hören, die Zunge gefesselt ist? Doch! Die Hand kann segnen. Sie kann einen Menschen behüten. Sie kann Nähe schenken. Alles, was jetzt geschieht, ist von einer intimen Vertrautheit gekennzeichnet. Speichel eingeschlossen. Jesus holt diesen Menschen aus der Menge heraus und wendet sich ihm zu. Die beiden sind ganz allein, so, als gäbe es die anderen nicht. Noch mehr Nähe, noch mehr Vertrauen geht nicht. Bevor auch nur ein Wort gesagt wird!
Eine Szene hat Markus besonders herausgestrichen: Jesus schaut zum Himmel. Und Jesus öffnet mit seinen Augen den Himmel!
Viele Worte verliert Markus sowieso nicht. Unter den Evangelisten ist er eigentlich der Verschwiegenste und Schweigsamste. Andeutungen von ihm sind oft so kostbar, dass sogar der Speichel zu sprechen beginnt – und von Liebe erzählt. Während ich, stirnrunzelnd, leicht angeekelt, wegschaue, geschieht ein Wunder: das Wunder einer Berührung, die zärtlicher nicht sein kann. Was dann geschieht, ist eigentlich nicht einmal neu.
„…Sogleich öffneten sich seine Ohren,
seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit,
und er konnte richtig reden..“
Wir wussten doch immer schon, dass Worte wachsen, wenn sie aus Vertrauen kommen - und dass Zungen gelöst werden, wenn sie Vertrauen finden, weiß jeder von uns. Es ist die Liebe, die Worten Flügel verleiht, Ohren verzaubert und Zungen flink macht. Fehlt die Liebe, reden sich die Worte um Kopf und Kragen – oder sie verstummen ganz leise.
Hephata!
Hephata! Es klingt wie ein Zauberwort, ist aber keins. Ein Wort aus der Muttersprache Jesu! Hier in der Fremde. Tu dich auf! Es gibt nicht viele Stellen wie diese! Wie sich das anhört? Komm, lockt die Mutter ihr Kind, als es die ersten Schritte wagt. Komm, sagt der Opa, als seine Enkelin Radfahren lernt. Komm, tröstet der Vater seine Tochter, als er sie ins Krankenhaus bringt. Immer wieder: Hephata! Tu dich auf! Hab keine Angst! Komm! Das Kind läuft in die Arme der Mutter. Die Enkelin schmiegt sich an die Schulter ihres Opas. Die Tochter spürt die Hand ihres Vaters, als sie alleine in ihrem Bett liegt. Im Krankenhaus. Hephata! Hephata heißt auch: Du tust dich auf! In diesem Wort steckt eine so große Gewissheit, dass Ohren und Zungen zu singen anfangen.
Eine Szene hat Markus besonders herausgestrichen: Jesus schaut zum Himmel. Und Jesus öffnet mit seinen Worten den Himmel!
Wundergeschichten müssen sich immer rechtfertigen. Bist du auch wahr, Geschichte? Doch: der unbekannte Mensch, den ich längst in mein Herz geschlossen habe, redet richtig! Er kann, er hat etwas zu sagen. Er ist offen, er ist geöffnet. Dazu gehört auch, die Wahrheit zu sagen, für andere Menschen einzustehen und ein offenes Ohr zu haben. Worte können alles aufschließen. Auch die Herzen. Gott hat das vorgemacht. Sein erstes Wort: Es werde Licht. Und: es ward Licht.
Der Prophet Jesaja hat das kommen sehen:
„Dann werden die Augen der Blinden geöffnet,
auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch,
die Zunge des Stummen jauchzt auf.“
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Dialogpredigt zu Mk 7,31-37
Person 2 beginnt mit Musik und Tanzschritten.
Person 1:
"Effata!", dieser Ausspruch Jesu, den er zu dem tauben und daher stummen Mann sagt, das klingt im ersten Moment wie „Hokuspokus“ oder „Simsalabim“, Zaubersprüche aus Kindertagen.
Jedoch, dass dies nicht so ist, hat der Evangelist seiner Erzählung gleich die Übersetzung „Werde geöffnet!“ beigefügt!
Person 2:
„Werde geöffnet!“ - Wie können Menschen offen werden, wenn Verachtung, Unterdrückung, Verzweiflung, Bürokratie... sie ausgrenzen und verstummen lassen, weil niemand da ist, der für sie ein offenes Ohr hat.
Person 1:
So wird es wohl unserem sogenannten „Gehörlosen“ auch ergangen sein. Es ist ein Zustand der zur Kommunikation unfähig macht, und so auch weitgehend aus der menschlichen Gemeinschaft ausschließt.
"Da brachte man einen Gehörlosen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren."
Person 2:
„Er möge ihn berühren“ – das klingt in meinen Ohren vertraut, das ist meine Welt, denn meine Leidenschaft ist das Tanzen. Beim Tanzen werden wir eingeladen, einander die Hand zu reichen, den anderen auf seiner Schulter zu berühren.
Person 1:
Ja, Jesus berührt den Mann, der zu ihm gebracht wurde; er berührt ihn jedoch so, wie es damals in der Antike von einem Wunderheiler erwartet wurde: Er nimmt ihn in damaliger Heilermanier zur Seite, berührt ihn indem er ihm seinen Finger in das Ohr legt und berührt die Zunge des Mannes mit seinem Speichel. Diesem körpereigenen Saft wurde in der Antike heilende Kräfte zugeschrieben.
Person 2:
Igitt! so viel Nähe, wer verträgt das schon und dann noch dazu mit den eigenen Körpersäften. Uns würde übel werden, begreifen würden wir nichts von dem, was da geschehen soll, geschieht.
Person 1:
Ich bin noch nicht fertig, denn wir haben es hier mit einer biblischen Erzählung zu tun: Wenn einer zu lautem Lob und Bitte, zu Klage und Jubel Gott gegenüber, also zu lautem Gebet nicht fähig ist, dann ist er aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen! Damals war das so!
Und für die ersten Christen galt das auch. Daher diese Heilungsgeschichte, wo es heißt „Werde geöffnet“. Dahinter steckt der Ursprung des Lebens, Gott selbst und der Glaube „er hat alles gut gemacht“, wie es im Schöpfungshymnus heißt. Dies zu begreifen, ist das Wunder: dass der, der die Botschaft gehört, erfahren hat, davon nun „endlich“ reden kann!
Person 2:
Da bin ich froh, dass dies für den damaligen Menschen so eindeutig aus der Erzählung heraus verständlich war.
„Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Ich habe die Botschaft gehört und höre in mir auch schon die Musik, die mich beschwingt, die mir den Mut gibt, andere zu berühren, um ihnen meine Freude mitteilen zu können – Tanzschritte zu anderen hin
Person 1:
Stopp, stopp! (Person 2 bleibt stehen).
"Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen". So steht es im Evangelium. Aber keine Angst, sie haben sich nicht daran gehalten, du brauchst dich also auch nicht daran zu halten. Denn so eine Geschichte muss doch weiter gesagt werden, ob durch Worte oder Tanz, egal: "Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen."
Dann lass deiner Freude freien Lauf und tanze, einfach tanze und stecke andere mit deiner Freude an.
Person 2:
tanzt, berührt (vorher schon ausgesuchte) Personen und andere, die mittanzen im Kirchenraum, Richtung Ausgang.
Reden können, reden dürfen, reden müssen
Gehörlos sprachlos
Vor einigen Jahren wurde ich gebeten, einen todkranken Mann die letzten Monate seines Lebens zu begleiten. Ich besuchte ihn immer wieder und wir führten interessante Gespräche. Dieser Mann war mit einer gehörlosen Frau verheiratet. Mit ihrem Mann konnte sie sich ganz gut verständigen. Sie hatte gelernt, ihm von den Lippen abzulesen, und sich auch stimmlich zu artikulieren, obwohl sie selbst nicht hörte, was sie sagte. Gegenüber Personen, mit denen sie nicht so vertraut war, hatte sie jedoch Hemmungen. Mir gegenüber war sie anfangs sehr zurückhaltend, da sie erst lernen musste, auch von meinen Lippen zu lesen. Bei diesen Besuchen wurde mir bewusst, wie schwer es für gehörlose Menschen sein muss, trotz aller erlernten Überbrückungen und technischen Hilfen, die es heute gibt, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Schwierig ist vor allem, kompliziertere Zusammenhänge mitzuteilen.
Im Evangelium haben wir gehört, wie Jesus einen Mann, der taub war und von daher auch nicht reden konnte, von seiner Taubheit und Stummheit heilte. Interessant finde ich, dass diese Episode aus dem Wirken Jesu in den Taufritus Eingang gefunden hat. Auch da berührt der taufende Priester oder Diakon die Ohren und den Mund des Täuflings und sagt wie Jesus damals: Effata! – Öffne dich! Ausgedeutet wird dieser Ritus als Aufforderung, dass Getaufte ihre Ohren für das, was Gott ihnen zu sagen hat, öffnen sollen und dass sie in der Kirche Gottes ihre Stimme erheben sollen. (Täuflinge tun das oft lautstark und die Eltern versuchen dann, sie zu beruhigen...) Ich werde nicht müde zu betonen, dass dies nicht nur für das Beten und Singen gilt. Getaufte sollen in der Kirche und in der Gesellschaft mitreden, sie sollen zur Sprache bringen, was gesagt werden muss, was Gott ihnen auf die Zunge legt. Sie sollen sich weder in der Kirche noch außerhalb mundtod machen lassen.
Reden können, reden dürfen, reden müssen
Das ist nicht immer einfach. Viele Menschen sind nicht gewohnt, öffentlich zu reden und vor allen zu sagen, was sie sagen möchten. In gewissen Bereichen fehlen uns oft auch die Worte. Wir haben entweder nicht gelernt, über heikle Themen zu sprechen, oder wir fühlen uns nicht ausreichend kompetent. Wir überlassen das Reden dann gerne denen, von denen wir meinen, dass sie es besser können; studierten Theologen z.B. Es geht aber oft nicht um Fachwissen. Das Zweite Vatikanische Konzil betont, dass alle Gläubigen mit einer feinen Sensibilität für Glaubensfragen ausgestattet sind. Es nennt dies "sensus fidelium", Glaubenssinn der Gläubigen.
Der Apostel Paulus hat in Korinth den Frauen im Gottesdienst das Wort verboten. Das mag damals in der konkreten Situation vielleicht notwendig gewesen sein, daraus kann man jedoch nicht ableiten, dass Frauen in der Kirche nichts zu sagen hätten. Wer zu Wort kommen darf, ist meist auch eine Machtfrage. Jesus hat den sprachlosen Taubstummen ermächtigt zu reden und sich in die Gesellschaft einzubringen.
Falsche Scham, verhängnisvolle Tabus
Es gibt aber aus Lebensbereiche, für die wir sprachlos geworden sind, die wir tabuisiert haben, über die wir nur hinter vorgehaltener Hand reden. So konnte man in unserer Gesellschaft lange Zeit nicht über die Verbrechen der Nazizeit sprechen, weil Angehörige, Nachbarn gesellschaftlich Anerkannte als Opfer oder als Täter involviert waren. So wurde auch die Frage der Mittäterschaft und der politischen Mitverantwortung vermieden.
Die Missbrauchsgeschichten, welche die Kirche zurzeit wieder einholen, konnten sich nur anhäufen, weil man einerseits nie gelernt hatte, über Sexualität und Abhängigkeit zu reden und andererseits die kirchlich Verantwortlichen sich blind und taub stellten. Kaum jemand wagte, die Doppelbödigkeit dieser Moral zur Diskussion zu bringen.
Ähnlich bestürzt waren wir, als die "Metoo-Debatte" ans Tageslicht brachte, wie oft und wie viele Frauen sexuelle Übergriffe über sich ergehen lassen mussten und nicht fähig waren, sich dagegen zu wehren.
Falsche Scham und Tabus machen sprachlos. Wir müssen lernen, auch über heikle Fragen klar und offen zu reden und jene zu hören, die den Mut haben, Untragbares öffentlich zu machen.
Effata heute
Aus den biblischen Erzählungen, in denen Jesus Menschen die Ohren, den Mund oder die Augen öffnet, lese ich die Aufforderung heraus, unsere Wahrnehmung zu schulen. Wir sehen, hören und bereden Vieles, wir sehen und hören aber oft nicht wirklich. Wir reden oft gar nicht so wenig, sagen aber nicht viel. Aber auch Mut zu sagen, was gesagt werden muss, muss hinzukommen.
Vom Messias hat man erhofft, dass er den Blinden die Augen öffnet, den Tauben die Ohren, den Stummen die Zunge löst und Lahme zum Gehen bringt. Wir haben davon in der Lesung aus dem Buch Jesaja gehört. Diese Hoffnung hat sich noch immer nicht endgültig erfüllt. Bitten wir den Herrn, dass er diese Wunder auch an uns wirke.
Reden können und gehört werden wendet Not
„Effata“
Markus, dem es wichtig war, das Evangelium den nichtjüdischen Völkern zu verkündigen, erzählt, dass Jesus mit den Jüngern durch heidnisches Gebiet wanderte. In der neuen Bibel-Übersetzung von 2016 heißt es: „Da brachten sie zu Jesus einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen.“ Unser Tauber und Sprechbehinderter schafft es nicht, selber zu Jesus zu kommen, andere bringen ihn zu Jesus und bitten für ihn um Heilung. Er ist nicht taubstumm. Denn er kann mühevoll einige Brocken hervorbringen, lallen, stammeln. In seiner Vorgehensweise, die uns vielleicht etwas befremdlich anmutet, unterscheidet Jesus sich kaum von damals zahlreich auftretenden Wundertätern. Speichel galt als ein einfaches Heilmittel in der Antike und Jesus verwendet ihn auch bei der Heilung des Blinden. Während Jesus mit den Fingern in den Ohren bohrt und die Zunge mit Speichel berührt, blickt er mit dem seufzenden Gebet „Effata“ zum Himmel auf. Von dort nimmt er die Kraft für sein Tun. Er bindet sein Handeln an den Willen und das Wirken des Vaters. „Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden.“ Jesus fügt unmittelbar an die Heilung ein Schweigegebot an, welches genau das Gegenteil bewirkt. Jesu Wirken kann gar nicht verborgen bleiben. Seine messianische Bedeutung, die in seinen Machttaten zeichenhaft erfahrbar ist, wird jedoch erst von der Ostererfahrung her richtig gedeutet.
„Er hat alles gut gemacht!“
Das Volk erahnt, dass Jesus mit Gott verbunden ist, und ruft hinterher staunend aus: „Er, Jesus, hat alles gut gemacht!“ Das erinnert an den Schöpfungsakt Gottes auf der ersten Seite der Bibel im Siebentagewerk: „Und Gott sah, dass alles gut war!“
Seine Jünger konnten zwar physisch hören, hatte gesunde Ohren und Sprechorgane, doch schon im nächsten Kapitel nach Markus wirft ihnen Jesus vor: „Ohren habt ihr und hört nicht!“ .Sie sind taub für die tiefere Botschaft Jesu. Erst an Pfingsten bohrt der Heilige Geist, Jesu Geist, die Gehörgänge der Apostel frei, er vollbringt das Wunder echten Hörens und damit in der Folge echten Redens von Gottes Liebe, die in Jesus Christus aufscheint. Auch im Taufritus praktiziert die Kirche als Voraussetzung für die volle Aufnahme in die christliche Gemeinschaft ein Ohrenöffnungsritual, wobei der Priester die Ohren des Täuflings berührt und mit dem Wort „effata“ einlädt, dass Gottes Geist sie öffne.
Unsere Taubheit
Die meisten von uns haben gesunde Ohren. Es mag Altersschwerhörigkeit dazukommen, doch auch die lässt sich überbrücken. Hören wir wirklich und wird unser Sprechen ein Ausdruck des guten Hörens? Es gibt so viel Hörunfähigkeit und auch Schweigen, Stummheit und Unversöhnlichkeit.
„Mein Mann hört mir gar nicht zu, er hockt sich vor den Fernseher und bleibt den ganzen Abend stumm!“ „Ich kann meiner Frau nicht zuhören; sie redet in einem fort und weiß immer alles besser!“ „Vor dem bring ich kein Wort heraus, es schnürt mir die Kehle zu, ich krieg Zustände!“ Der Katalog ließe sich verlängern mit Beispielen für unsere Ängste, Aggressionen, Projektionen und anderes! Vielleicht könnten wir Schritte im Geist des Evangeliums tun.
Liebendes Zuhören öffnet Mund und Ohren
Eltern, vor allem die Mütter sind wahre Meisterinnen, wie sie ihre Kinder zum Sprechen oder Handeln bringen. Sie fühlen sich in das Kind ein, denken und handeln von ihm her und spüren so, was dem Kind gut tut. Zu einem Mitbruder kam ein Mann mit einem Problem. Mein Mitbruder hörte den Mann kurz an - und da er wenig Zeit hatte und die Problemlösung sofort erfasst hatte - sagte mein Mitbruder dem Mann die Lösung und entließ ihn. Der Mann ging - doch nach wenigen Tagen kam er wieder und packte sein Problem noch einmal von vorne aus. Jetzt spürte auch mein Mitbruder, dass er recht zuhören sollte und nicht Ratschläge erteilen durfte. Er sagte kein Wort, sondern versuchte ganz leer zu sein für den Mann, um gut zuzuhören. Am Ende gab sich der Mann selbst die Lösung - es war dieselbe Lösung, die mein Mitbruder versucht hatte, aufzureden - und ohne dass mein Mitbruder nur ein Wort gesagt hatte, bedankte sich der Mann für das „Gespräch“. Es ist also wichtig gut zu hören, frei von sich zu sein; die Einengungen innerer Mauern, Gedanken und Wünsche zu verlieren für den anderen.
Zwischen lautstarken Minderheiten und schweigender Mehrheit
Lautstarke Minderheiten, schweigende Mehrheiten
Wer sich in der Öffentlichkeit Gehör verschaffen möchte, muss zusehen, dass er mit seinem Anliegen durchdringt und wahrgenommen wird. Wenn jemand eine breitere Öffentlichkeit erreichen will, muss er dafür sorgen, dass Medien auf ihn aufmerksam werden. Oft geschieht dies durch aufsehenerregende Aktionen; Tabubrüche sind ein beliebtes Mittel – aber was ist heute noch tabu? Und dann muss man dafür sorgen, dass die Geschichte noch einige Male zwischen den verschiedenen Medien hin und her gespielt wird... Vor allem Minderheiten haben es schwer, mit ihren Anliegen wahrgenommen zu werden. Aber einige haben es schon gut drauf, sich in der modernen Welt der Medien erfolgreich zu bewegen.
Gleichzeitig fühlt sich die oft "schweigende Mehrheit", wie sie sich gerne selbst bezeichnet, nicht ernst genug genommen in ihrer Meinung. Sie fühlt sich von den lautstarken Minderheiten ausgebootet. Aber auch sie haben in den Medien selbsternannte "Anwälte", die für sich beanspruchen, die schweigende Mehrheit zu vertreten.
Das Geschenk des Sprechenkönnens
Das Evangelium erzählt heute von der Heilung eines Taubstummen; eines Menschen, dem die Fähigkeit des Hörens fehlt und der deshalb nie sprechen lernen konnte. Auf diese Weise war er gänzlich darauf angewiesen, dass andere seine Bedürfnisse wahrnehmen, richtig interpretieren und sich für ihn einsetzen. Dieser Mensch war infolge seiner Gehörlosigkeit völlig an den Rand gedrängt. Ohne Gehör hatte er auch keine Möglichkeit, die selbstverständlichsten Dinge zu erlernen, die jedes andere Kind spielend nebenbei mitbekam.
Die Erzählung beschreibt, was Jesus mit ihm machte: Er nahm ihn beiseite. Abseits von der Menge kommt es zu einer feinfühligen Begegnung. Jesus berührt seine Ohren mit den Fingern und seine Zunge mit Speichel. Die Aufforderung "Effata! – Öffne dich!", öffnete seine Ohren und löste seine Zunge. Die Intimität dieser Begegnung deutet darauf hin, dass es bei dieser Heilung um mehr ging, als um die medizinische Beseitigung eines Defizits. In der Begegnung legte Jesus die Vertrauensbasis, die dem Taubstummen ermöglichte, sich auch seelisch zu öffnen.
Der Effata-Ritus der Taufe
Sonderbarer Weise hat das Berühren der Ohren sowie des Mundes und die Aufforderung "Effata! – Öffne dich!" Eingang in den Taufritus gefunden. Das rituelle Öffnen der Ohren und des Mundes des Täuflings symbolisiert die Ermächtigung zur vollen Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben. Dem neugetauften Kind Gottes steht nun die Kommunikation mit dem Vater im Himmel und mit den neu gewonnenen Schwestern und Brüdern offen.
Ein feines Gehör lässt uns auch die Zwischentöne wahrnehmen und durch eine differenzierte Sprache können wir uns selbst ausdrücken. Beides sind Grundbedingungen von Kommunikation, Intimität und Communio, Gemeinschaft. Beides hat auch im kirchlichen Leben eine eminente Bedeutung. Manchmal kommt es vor, dass ein Kind bei der Taufe laut schreit. Gerne nehme ich das zum Anlass zu sagen: Ja, schrei nur und bringe zum Ausdruck, was dir nicht passt! Normalerweise sind wir Erwachsenen bemüht, Kinder zu beschwichtigen und zu beruhigen. Das hat zwar seine guten Seiten, kann aber auch dazu führen, dass ein Mensch verlernt laut zu sagen, was einem nicht passt.
Ein gesellschaftlicher Auftrag
Wir brauchen gute Ohren, gute Augen, einen guten Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinn, um die Welt um uns wahrnehmen zu können. Wir brauchen die Sprache, um uns verständlich machen und unsere Bedürfnisse und unsere Meinung ausdrücken zu können. Unsere Stimme ist gefragt. Nicht nur im Kirchenchor, auch im Pfarrgemeinderat und in der Zivilgesellschaft. Wenn wir sie nicht gebrauchen, wird das, was gesagt werden muss, im Gewirr der vielstimmigen Gesellschaft untergehen.
Unsere Stimme ist gefragt, wenn jemandem Unrecht geschieht und dieser sich nicht artikulieren kann.
Unsere Stimme ist gefragt, wenn Politiker versuchen auf Kosten Verfolgter parteipolitisches Kleingeld zu machen.
Unsere Stimme ist gefragt, wenn Kirchengranden ihnen unliebsame Themen herunterspielen und kleinreden.
Sich Medienkompetenz anzueignen, ist meines Erachtens nicht nur ein Freifach für Menschen mit ausgefallenen Interessen. Ich sehe darin ein wichtiges kirchliches Bildungsziel, eine Konkretisierung des Effata-Ritus, den Ihr Taufpriester hoffentlich nicht unterschlagen hat.
Offenheit
Die Gabe des Zuhörens
Es gibt viele Preise, aber den fürs Zuhören und für Offenheit den gibt es nicht. „Effata- öffne dich!“ wäre eine gute Überschrift zu diesen sonntäglichen Texten. Was hindert uns, sich zu öffnen? Die 1. Lesung erwähnt es: Angst und Furcht. Daher der Aufruf: „Sprecht zu den Verzagten. Seid stark, fürchtet euch nicht! Seht da, euer Gott!“ (Jes. 35,4). Es geht somit um die Verzagten, die Mutlosen, um Menschen, die viel Angst haben. Der gewaltige gesellschaftliche Umbruch fordert den ganzen Menschen. Wir sprechen von Prekariaten in verschiedenen Lebensbereichen, die Ängste auslösen und fast in die Apathie führen: die Angst vor dem Scheitern, besonders in führenden Positionen; die Angst des Mittelstandes vor sozialem Abstieg; die Angst derer, die „ganz unten“ stehen vor dem Herausfallen aus dem System. Das sind Ängste, die sehr ernst genommen werden müssen, die auch Krankheiten auslösen, wenn sie sehr lange anhalten.
Sehen, Hören, Sprechen, sich bewegen sind körperlich großartige Fähigkeiten. Gesunde Menschen nehmen das meist für selbstverständlich hin. Die Medizin heute leistet sehr viel, um körperliche Mängel teilweise oder ganz zu beheben. Aber, was dann, wenn das nicht möglich ist? Krankheiten dieser Art erschweren soziale Kontakte oder machen sie unmöglich, schließen aus.
Das Evangelium berichtet von so einer markanten Heilung, die einen Menschen wieder zurückführt in die Gemeinschaft. Dabei geht es aber nicht nur um organische Wiederherstellung der Gesundheit, um bloße akustische und sprachliche Wiederherstellung allein.
Partnerschaftlicher Dialog
„Öffne dich!“ Das Verschlossene aufmachen. Öffne dein Herz für die Wirklichkeiten des Lebens. S. Exupery: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen nicht sichtbar.“ Man kann es auf sehr einfache Weise sichtbar und/oder hörbar machen: Zuhören können. In der Hektik des Alltags ist diese Fähigkeit zu einem großen Teil verloren gegangen. Zuhören ist seelische Leistung, sogar geistige Schwerarbeit. Wer zuhören kann, ist imstande etwas zu sagen. Dem Tauben gibt Jesus wieder sein Gehör, dem Stummen die Sprache. Wer Gespräche führen kann, trifft das Herz. Das Evangelium lädt ein, bei uns selbst nachzusehen, wo wir gehörlos geworden und abgestumpft und/oder sprachlos aus verschiedenen Gründen geworden sind, mundtot gemacht wurden, mit Schwierigkeiten nicht konfrontiert werden wollen - somit ein bewusstes Weghören, wo Hilfe möglich wäre. Horch genau hin, was dir dein Gesprächspartner mitteilt, dann wird sich allmählich die Zunge von ihrer Fessel befreien können, um wirkliche Begegnung zu ermöglichen. Dialog braucht Partnerschaftlichkeit.
Das Evangelium bring noch andere Hinweise, die Öffnung ermöglichen: Handauflegung als sichtbares Zeichen. Damit wird Vertrauen ausgedrückt. Sehr viel hängt vom Umgang miteinander ab. Die Menschen im Evangelium mit dem unpersönlichen Fürwort „man“ charakterisiert, haben Vertrauen in die heilende Kraft Jesu. Die Handauflegung, die auch im Weihesakrament sichtbar wird, schenkt Vertrauen. Glaube ist schon Zeichen dieses Vertrauens. Heilende Kräfte des Glaubens können viel in Bewegung setzen, Hoffnung erzeugen, sodass es zu einer positiven Lebenseinstellung kommt. Jeder Tag gibt uns die Chance dazu, ist gleichsam ein Mosaikstein unseres Lebens. Im Morgenlob der Kirche, in der Laudes beten wir: „Herr, öffne meine Lippen.“ Gott schenkt uns wieder einen neuen Tag, sein Lob zu verkünden, will heißen: Alles so gut es geht, auch das Üble, zu meistern, im Geist der Frohbotschaft Jesu.
Das Evangelium zeigt uns mit diesem Mann, dass die heilende Kraft Jesu aus aller Enge herausführt zur Offenheit. Mensch und Schöpfung sollen gesund/heil werden.
Als Kirche, als Gemeinschaft sind wir Träger dieser Botschaft, die uns erinnern will, Augen und Ohren offen zu halten bzw. diese auch öffnen zu lassen, um die körperliche, geistige, seelische Wirklichkeit, die wir selber sind und die uns umgibt, wahrzunehmen.
„Du sollst auf dein Herz hören, wie es schlägt, wie es weint, wie es lacht“ (Songtext), um es auch für andere zu öffnen.
Öffne dich!
Ein großes Wunder
Ein Wunder! Wir können das ganze Evangelium, von A-Z, in einem Wort zusammenfassen. Ephata - wohlklingender, aramäisch: Hephata. Öffne dich! Tu dich auf!
Markus erzählt die Geschichte eines Menschen, der taub und stumm ist. Aber so richtig erzählt Markus die Geschichte auch wieder nicht, weil die Biographie dieses Menschen stumm bleibt. Verstummt! Wurde er taub und stumm geboren? Wurde er von einer schlimmen Krankheit ereilt? Wie konnte er sein Leben meistern? Wir konnte er sich verständlich machen, wie Anteil nehmen am Leben? Jetzt wird er - nur - gebracht. Angeschleppt. Wollte er das? Wurde er womöglich nicht einmal gefragt? Ich bin neugierig. Ich würde ihn gern besser kennenlernen. Schade, keine Spur. Dafür aber eine Momentaufnahme! Jesus berührt einen Mensch, taub und stumm. Eine mütterliche, liebevolle Szene. Ich weiß noch, wie meine Mutter das aufgeschlagene Knie leckte, mit ihrem Speichel den Fremdkörper im Auge wegluschte, Tränen mit ihrem Mund aufnahm. Zärtliche Berührungen wirken Wunder. Hephata! Öffne dich! Tu dich auf!
Mögen Sie Imperative? Obwohl ich sie auch ständig vor mir hertrage, sind sie mir unheimlich. Ich soll lieben. Ich soll barmherzig sein. Ich soll geduldig sein. Und und... Ob ich immer kann, was ich soll? Aber hier sehen wir, wie Jesus bewirkt, schenkt, was geschehen soll. Öffne dich! Tu dich auf! Ein Mensch öffnet sich, befreit von Fesseln, die ihn lange, womöglich zeit seines Lebens, gefangen hielten. Das macht diese Geschichte sogar zu einer Auferstehungsgeschichte, die Geschichte eines ganz neuen Lebens, eines Anfangs, dem ein besonderer Zauber innewohnt. Leider bekommen wir nicht mit, was dieser Mensch hört, was er sagt.
Markus, der toll Geschichten erzählen kann, ein Meister des Wortes, lässt unserem Einfallsreichtum, unserer Phantasie viel Raum. Den ersten Satz der neu gewonnenen Stimme verrät er uns nicht. Den letzten auch nicht. Selbst das größte Wunder braucht die Intimsphäre, die bescheidene Zurückhaltung, eine feine Diskretion. Ich merke, wie unsere Blicke weggelenkt werden - weg von diesem Menschen auf viele andere menschliche Geschichten, Schicksale und Behinderungen. Wir können uns öffnen, wir können hören, wir können reden - wir können verstehen. Evangelium in einem Wort! Eine große Sensibilität und Aufmerksamkeit liegt in diesem Wort: Hephata!
Ich erzähle drei Beispiele aus unserem Leben:
Hephata - ein Ort
Im Jahre 1859 wurde in Rheydt - heute ein Ortsteil von Mönchengladbach - von dem damaligen Pfarrer Franz Balke ein Haus mit dem Namen "Hephata" eingerichtet. Für behinderte junge Menschen, die als "unbildbar" galten und aus allen Rastern gefallen waren. Damals war das in Preußen das erste Haus dieser Art, dem noch viele folgen sollten. Das Leitbild ist aus dem Evangelium abgeleitet: Hephata. Heute ist eine Stiftung daraus geworden, ein umfangreiches Werk der Nächstenliebe. Hephata wird hier übersetzt mit: "Öffne dich für das Leben". Auf der Internetseite dieser Einrichtung lesen wir: "Nicht die Menschen mit Behinderung müssen sich anpassen, sondern die gesamte Gesellschaft muss offener für die Bedürfnisse aller Menschen werden. Generell ist die gesamte Arbeit daran orientiert, Menschen mit Behinderung ein barrierefreies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen."
Heute, übrigens, feiert eine Einrichtung, die auch den Namen "Hephata" trägt, die 20. Hephata-Festtage. Während wir hier unseren Gottesdienst feiern, feiern sie dort in ihrer "Hephata-Kirche" in Schwalmstadt-Treysa einen Gottesdienst, der auch in Gebärdensprache übersetzt wird. Ein umfangreiches, buntes und schönes Programm geht heute zu Ende. Hephata heißt auch, das Leben zu feiern. Ich finde gut, dass es Orte unter uns gibt, die "Hephata" heißen. Wollen Sie vielleicht einmal unter Google schauen, was es da alles so gibt? Es ist spannend zu sehen, wie ein aramäisches Wort in unseren Stadtplänen auftaucht. Es ist wie ein Ausrufezeichen in einer lauten Welt: Öffne dich für das Leben.
Hephata - eine Klage
Dem Leben öffnen sich nicht nur taube, stumme, behinderte Menschen. Manchmal sind sie dem Leben viel näher als die, die sich selbst als gesund und normal bezeichnen. Wir dürfen heute auch davon reden, dass wir in unserer Gesellschaft ständig wach und aufmerksam sein müssen - und uns trotzdem verschließen. Wir sind dicht, sagen wir - wir machen zu. Das geschieht alltäglich mit gesunden Ohren und gesunden Zungen. Wir könnten hören - und überhören. Wir könnten etwas sagen - und schweigen. Wir könnten etwas fühlen - und fühlen nicht einmal uns selbst. An manchen Tagen schlägt das Leben über uns zusammen. Dabei werden wir einsam. Wir sehen nur noch uns. Während es in uns rumort, verstummen wir. Manchmal fressen wir in uns hinein, was wir nicht sagen können, nicht sagen wollen. Als ob das nicht schon genug wäre: Wir werden taub. Wir spüren das Leben nicht mehr. Trotz Geld, Erfolg und allem, was wir sonst noch so vor uns hertragen. Manchmal halten wir uns nicht mehr aus. Das ist ein Bild für den - Tod. Heute möchte ich das einfach nur sagen. Heute möchte ich das loswerden. Heute möchte ich um Hilfe rufen: Hephata.
Hephata - eine Verheißung
Ich muss jetzt auch an uns als Kirche denken. Uns ist eine gute Botschaft anvertraut, aber sie wächst aus den Formeln heraus, die einmal Sicherheit versprachen, sie entwächst auch den Vorstellungen, die uns einmal vorgegeben wurden. Viele Menschen sehnen sich danach, wieder glauben zu können, sie spitzen ihre Ohren, aber es ist kein Wort für sie dabei. Sie möchten gehört werden, stoßen aber auf Unverständnis und Angst. So ziehen sich viele zurück. Verstummt. Still. Manchmal schleicht sich das Gefühl ein, bei reichen Überlieferungen zu verhungern - und einzugehen.
Dabei ist doch die Kirche der erste - und offene - Raum, in dem das Evangelium gehört werden kann. Hier sollen Menschen, die im übertragenen Sinn taub und stumm - oder zum Verstummen gebracht - wurden, eine Heimat finden. Hier dürfen sie über ihre Sprachlosigkeit reden und auf Menschen stoßen, die ihre Sprachlosigkeit teilen. Ist nicht auch der Pfarrer oft sprachlos? Bischöfe auch? Sie sagen es selten, meistens müssen sie es verstecken. Dabei wäre es so befreiend, das Evangelium im Rücken, Jesu Wort zu hören: Hephata! Direkt danach heißt es: "Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden." "Richtig" reden! Das möchte ich gerne!
Zu Jesus bringen
Wie weit doch die Geschichte reicht, die Markus uns erzählt! So viele Facetten, so viele Blickwinkel, so viele Orte! In das Staunen, von dem dann am Ende der Geschichte zu reden ist, gerate ich auch. "Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen."
Entschuldigung, fast hätte ich übersehen, dass in dieser Geschichte Menschen eine Rolle spielen, die nur in einem Nebensatz vorkommen - also untergehen. Traurig, hilflos klingt das: Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus. Wisst Ihr, was wir machen? Wir geben ihnen ein Gesicht! Menschen, die Rat wissen, die Mut haben, die sich nicht beirren lassen. Menschen mit einem großen Vertrauen! Kommt, lasst uns diese Menschen sein!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Die Heilung eines Taubstummen
Die Augen öffnen für Jesus
Im Evangelium wird uns heute vom Wunder einer Taubstummenheilung berichtet. Die Schilderung des Ablaufs folgt dem Schema der Wunderberichte aus damaliger Zeit:
- Schilderung der Krankheit,
- Bitte um Heilung,
- Die Heilung selbst,
- Feststellung, dass ein Wunder geschah,
- Lobpreis der Anwesenden.
Wie alle neutestamentlichen Wunderberichte so soll auch das Taubstummenwunder uns die Augen öffnen für Jesus als den Messias. Wir sollen erkennen, wer dieser Wundertäter von seinem Wesen her ist. Denn wer Jesus lediglich als einen famosen Wunderwirker betrachtet, als einen netten und hilfsbereiten, freundlichen Menschen, der ist blind und taub. Er sieht nicht und versteht nicht, als wen sich Jesus kundtun und offenbaren will. Dass wir die Augen öffnen, ist Markus ein großes Anliegen.
Man wird Jesus nicht verstehen, wenn man ihn mit den Augen der Pharisäer betrachtet, mit Vorurteilen und festgelegter Meinung über ihn, oder nur mit den Augen der Sensationslust, mit Augen oberflächlichen, beiläufigen Vorübergehens. Bei Jesus muss man die Augen öffnen für das inhaltlich Tiefere, das in seinen Worten, Beispielen oder Taten steckt. Es gilt, das Vordergründige zu durchschauen, um sich der eigentlichen und wesentlichen Botschaft zu nähern. So kann z.B. der heidnische Hauptmann, weil er die Sache durchschaut, im Sterben Jesu erkennen: Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn.
Den Messias erkennen
Markus möchte, dass uns die Augen aufgehen. Darum fügt er in sein Evangelium sehr gezielt Blindenheilungen ein. Von der ersten haben wir im heutigen Evangelium gehört. Die zweite steht vor dem Messiasbekenntnis des Petrus. Während die anderen verschiedene Ideen entwickeln, wer Jesus sein könnte - "Johannes der Täufer, Elija, oder sonst einer der Propheten", erkennt Petrus das wahre Wesen Jesu: "Du bist der Messias". Schließlich berichtet Markus von einer Blindenheilung vor der Passion. Wir sollen die Augen öffnen für das, was von nun an geschieht. Wie der heidnische Hauptmann, der als Heide begreift, wer hier hingerichtet wird, so sollen wir die Bedeutung und den Wert des Leidens Jesu durchschauen und mit dem Hauptmann bekennen: "Wahrhaftig, dieser Jesus war Gottes Sohn!" Dass wir nicht Menschen sind, "die sehen und doch nicht sehen, die hören und doch nicht hören", davor will uns Markus bewahren.
Schauen wir also mit dem geistigen Auge auf Jesus, um zu verstehen, was wir bei der Heilung des Taubstummen sehen und erkennen sollen. Jesus nimmt den Taubstummen beiseite und berührt ihn. Einmal will Jesus die Zuschauer von dem Wunder als ein Sensationserlebnis fernhalten. Jesus möchte sein Wirken nicht zur Schau Stellen. Das Ergebnis des Wunders können später ja alle sehen und sich ihre Gedanken zu seiner Person machen. Neben der körperlichen Heilung geht es Jesus aber vor allem um eine persönliche Begegnung mit dem Taubstummen.
Eine persönliche Begegnung mit Christus vollzieht sich nie in der Menge. Man muss aus der Masse, aus dem Trubel, aus der Unruhe aussteigen, um mit Jesus allein zu sein. Schon bei uns Menschen verhindert alles Ablenkende, also eine nicht wirklich innerlich vollzogene Hinwendung zum anderen, eine echte Begegnung. Um wie viel mehr an Konzentration und innerer Hinwendung bedarf es da einer intimen Begegnung mit dem Herrn. Denn Jesus will uns ja nicht nur oberflächlich kumpelhaft begegnen, er möchte zu unserem Herzen, in unsere Seele vordringen. Erst dann kann er unsere Ohren öffnen für die Tiefe seiner Botschaft, die er vermitteln will.
Öffne dich und sprich!
Nach seiner Berührung sagt Jesus dem Taubstummen nicht "Höre!" oder "Sprich!", sondern "Effata - Öffne dich!" Schon in der Wortwahl wird deutlich, dass es Jesus um mehr als nur das Funktionieren der Ohren und des Sprechens geht. Öffne dich! - von Jesus ausgesprochen - bedeutet:
- Lausche auf Gott, horche auf das, was er dir sagen möchte.
- Vernimm die berechtigten Anliegen deiner Mitmenschen.
- Höre auch ihre unausgesprochenen Bitten.
- Vernimm ihre Klagen, ihre Worte der Trauer, ihre Bitte um Beistand.
- Höre ihre etwas umschriebene Entschuldigung aus ihren Worten heraus - und dass sie sich damit wieder mit dir versöhnen möchten.
- Höre das versteckte Lob, den versteckten Tadel, die angedeutete Enttäuschung.
- Höre auf Warnungen und wo Menschen sich um dich sorgen, weil sie dich lieben.
- Höre immer wieder bewusst auf die Stimme deines Herzens.
- Höre, wenn Gott dich ruft.
Öffne dich und sprich - von Jesus gesagt - bedeutet:
- Schweige nicht feige, wo du reden müsstest.
- Sprich ein klares Ja oder Nein.
- Bete, danke, erbitte.
- Vertrau dich an.
- Vertritt deine Meinung, bezeuge deinen Glauben.
- Gleiche aus, sei Fürsprecher.
- Anerkenne das Gute, die Mühe, das Gelungene.
- Ermutige, tröste, richte auf.
- Sprich los, entlaste.
- Bekenne dich zu deinen Fehlern, Schwächen, deinem Versagen.
- Begeistere, überzeuge, mahne.
- Sag Ja zu Gott und seinem Willen.
Staunen über Gott
Die Menschen bei Jesus hatten im Blick auf den Taubstummen zunächst sicher nur an eine körperliche Heilung gedacht, als sie den Mann zu Jesus brachten. Im Stillen hatten sie sicher gehofft und darauf vertraut, dass Jesus ihn heilen werde. Ihr Staunen hätte sich eigentlich in Grenzen halten können, da ja alles nach ihren Vorstellungen und Erwartungen ablief.
Wenn Markus dennoch ihr Staunen so hervorhebt und groß darstellt, dann will er sicher auch uns zum Staunen anregen. Ja nur wenn wir anfangen über Jesus und Gott zu staunen, werden wir uns für ihn und den Glauben öffnen. Ohne dieses Staunen werden wir Taubstumme bleiben gegenüber Gott und unseren Nächsten.
Probieren wir es, lassen wir uns von Markus zu Jesus führen in die ganz persönliche Begegnung mit ihm. Vielleicht werden wir dann erst so richtig ins Staunen kommen, zu was wir selbst fähig sind, wenn Jesus uns von dem befreit, was bisher noch taub und stumm in uns ist.
Eigene Taubheit und eigenes Stummsein vor Christus zu bringen
Einfluss schlechter Laune
Stellen Sie sich vor, Sie fühlen sich nicht wohl und sind schlechter Laune. Dabei werden Sie durch eine wunderbare Landschaft gefahren. Die Gegend ist herrlich, aber Sie sind nicht in der Stimmung, etwas aufzunehmen. Ein paar Tage später kommen Sie wieder an diesem Ort vorbei und rufen aus: »Nicht zu glauben! Wo war ich nur, dass ich das alles nicht gesehen habe?«
Wir sehen Menschen und Dinge nicht so, wie sie sind, sondern wie wir sind. Darum ist es auch zweierlei, wenn zwei Menschen ein Ding oder einen anderen Menschen betrachten. Wir sehen Dinge und Menschen nicht wie sie sind, sondern wie wir sind.
Gesund und gesund sind zweierlei
Damit sind wir einem Grundgedanken des heutigen Evangeliums schon sehr nahe. Es geht nicht nur um die Heilung von tauben Ohren und einer lahmen Zunge. Dieser Heilungsbericht meint auch uns, obwohl wir Ohren und Zunge gebrauchen können. Christus hat den ganzen Menschen im Blick mit Leib und Seele, mit seinen Gefühlen, Ansichten und seinem Glauben.
Es geht um mehr als z.B. ums äußere Sehen und Hören, wenn Jesus betont: "Seid nicht wie Leute, die sehen und doch nicht sehen; die hören und doch nicht hören". Zum Apostel Thomas sagt Jesus nach der Auferstehung: "Selig, die nicht sehen und doch glauben."
Es geht um mehr als um eine äußere Heilung. Darum entzieht Jesus den Taubstummen den neugierigen Blicken der Masse. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfüllt Jesus den Wunsch, den Kranken zu berühren. Durch die heilende Berührung soll wieder wettgemacht werden, was den Taubstummen unangenehm, verletzend berührt hat, was ihn verschlossen gemacht hat. Seine Ohren müssen regelrecht geöffnet und seine Zunge wie von einer Fessel befreit werden. Dazu spricht Jesus das Heilungswort: "Effata" - öffne dich!
"Effata-Ritus" bezieht sich auf Leib und Seele
Bis zum heutigen Tag ist in der Taufe der sog. "Effata-Ritus" vorgesehen. Dabei spricht der Priester: "Der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf Effata dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, so öffne er auch dir Ohren und Mund, dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes". Es geht um mehr als um äußere Heilung. Alles was uns unfähig macht, richtig zu hören und Gutes zu sprechen, soll mitgeheilt werden.
Hören können und sprechen können hängen eng zusammen. Die Zunge und die Stimmbänder der meisten Taubstummen sind völlig normal. Die Sprachstörung kommt allein daher, dass sie nicht hören können. Sie können deswegen nicht reden, weil sie nicht hören können!
Moderne Hörprobleme
Kaum eine Generation ist von einer so auffallenden Gehörlosigkeit befallen wie die unsrige. Woher kommt das? Tausende von Informationen und Geräuschen dringen täglich auf uns ein. Millionenfach jagen Sätze durch den Äther und verbreiten Nachrichten und Meinungen. Kein Wunder, wenn wir abstumpfen und uns taub stellen.
Vielleicht haben wir schon einmal Kinder beobachtet, die sich die Ohren zuhalten. Sie tun es, wenn sie Angst bekommen, wenn sie etwas nicht hören können, weil sie es nicht ertragen können. In einer Gruppe erhielten die Teilnehmer(innen) den Auftrag, aufzuschreiben, welche Sprüche und Sätze aus der Kindheit ihnen einfallen, bei denen sie sich am liebsten die Ohren zugehalten hätten. Als Ergebnis kamen Sätze wie: "Lass das, das kannst du nicht!" "Was werden die Nachbarn sagen!" "Ich will ja nur dein Bestes." "Du machst mich ganz krank!" "Es ist ein Kreuz mit dir." "Das hätte ich von dir nicht erwartet." Es kann sein, dass Sie noch einige andere Aussprüche aus Ihrer Kinderzeit kennen, die Ihnen die Ohren taub gemacht haben. Solche Erfahrungen wirken nach. Sie beeinträchtigen unsere Hörbereitschaft auch heute noch.
Da fällt Erwachsenen z.B. auf, dass sie bei bestimmten Menschen oder Themen automatisch ihre geistigen Jalousien herunterlassen und den anderen beurteilen, bevor er zu Ende gesprochen hat. Oder sie hören gleichsam mit einem Filter. Dieser Filter ist nur für das offen, was angenehm und schmeichelhaft klingt und den eigenen Standpunkt bestätigt. Neues und was einen in Frage stellen könnte, wird ausgeklammert. Wir schalten unsere Ohren auf Durchzug.
Viele Missverständnisse treten auf, wo man nur mit halbem Ohr zuhört. Da ertappe ich mich z.B., wie ich bereits meine Antwort entwickle, während der andere mir noch etwas mitteilen möchte. Müsste ich sinngemäß wiederholen, was der andere gesagt hat, dann brächte ich nur einen Teil zusammen.
Es ist bekannt, dass Mütter nachts das Wimmern ihres Kleinkindes hören, aber den viel lauteren Lärm der Straße ausblenden. Ihre Aufmerksamkeit ist auf ihr Kind gerichtet und konzentriert die Hörfähigkeit.
Liebe Mitglaubende, diese mütterliche Aufmerksamkeit könnte uns bei unserem Hören auf Gott ein gutes Stück vorwärts bringen.
Das Klagen: Gott erhört meine Bitten nicht, würde viel seltener, wenn wir erwartungsvoller und aufmerksamer auf das hören würden, was Gott uns mitteilen will. Wir sind versucht, Gott vor den Karren unserer eigenen, oft kurzsichtigen Wünsche zu spannen. Dabei merken wir gar nicht, wie Gott Einsichten und Kräfte in uns wecken möchte, damit wir selber zur Lösung mehr beitragen können.
Es kann durchaus geschehen, dass jemand die Botschaft von Jesus hört und doch nicht hört. Damit uns sein Wort betroffen macht, damit es uns im Innern anrührt und verwandelt, dazu muss uns Jesus das Ohr öffnen.
Aus eigener Erfahrung wissen Sie, wie lange es manchmal dauert, bis ein Wort aus der Hl. Schrift uns aufgeht. Wir hören es vielleicht 99 Mal und erst beim 100.Mal sind wir betroffen und begreifen, was damit für unser Leben gemeint ist.
Das Stummsein hat viele Gründe
Jesus heilt den Taubstummen. Hören und Sprechen hängen eng zusammen. Das Stumm-Werden rührt daher, dass man nicht mehr hören kann. Wenn Jesus zum Sprechen bringt, dann geht es um mehr als um eine nur körperliche Heilung.
Es gibt viele Ursachen, die Menschen stumm werden lassen. Bereits einzelne Redewendungen in unserer Sprache geben reichen Aufschluss: Da heißt es z. B.: "Es verschlägt mir die Sprache" -"Jemanden mundtot machen". - "Jemandem den Mund stopfen". - "Sprachlos sein." - "Einen Kloß im Hals haben." "Das Wort bleibt mir im Hals stecken."
Die nicht gesagten Worte zeigen sich auch in der Körpersprache. Wenn man den Kiefer zusammenpresst, wenn man sich wie erschrocken den Mund zuhält. Wenn man sich auf die Lippen beißt. Die nicht gesagten Worte und zurückgehaltenen Tränen können sich auch in einer tonlosen, gepressten Stimme verstecken. Sie führen ein Eigenleben im Körper. Eingesperrt suchen sie sich Auswege.
Schuld am Stumm-Sein ist nicht nur die unbewegliche Zunge. Da hat mich beispielsweise ein unbedachtes Wort oder eine spitzige Bemerkung verletzt und schon ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück und erwarte, dass der andere fünfmal freundlicher wird und den Fehler wettmacht.
Wir alle haben Grund, um Heilung zu bitten, damit wir Enttäuschungen bald aufarbeiten und der betreffenden Person gegenüber die hilfreichen Worte finden.
Oder in der Nachbarschaft wird jemand verdächtigt, etwas gestohlen zu haben. Ich bin der/die einzige, der/die beweisen könnte, dass er zur Tatzeit in seiner Autogarage das Auto poliert hat. Aber es ist mir zu umständlich und zeitraubend, mich da einzumischen. Außerdem habe ich nicht den Mut, als einzige/r mich für diese unbeliebte Person einzusetzen. Darum unternehme ich nichts und schweige zu einem Unrecht, das ich verhindern könnte.
Eigene Taubheit und persönliches Stummsein vor Christus zu bringen
Durch Jesus konnte der Taubstumme wieder richtig hören und reden. Aber nicht nur das! Er lobte und pries Gott und gab ihm allein die Ehre.
Die Frage ist: wie gehen wir mit unserem teilweisen Taub- und Stumm-Sein um? Schleppen wir diese Mängel weiter durchs Leben oder versuchen wir wie der Taubstumme mit Jesus in Berührung zu kommen?
Jesus hatte ein gutes Ohr auch für versteckte und kaum hörbare Not. Er ist nicht verstummt vor Andersdenkenden und Gegnern. Er hat sich nicht gescheut, vor Schriftgelehrten und Pharisäern frei seine Meinung zu sagen. Auch vor Herodes und Pilatus hat er klar seine Überzeugung vertreten und Nachteile in Kauf genommen.
Dieser Jesus hat das Zeug, uns ihm ähnlich zu machen. Er hat es oft genug bewiesen. Bitten wir um seinen heilenden Einfluss für alles, was in uns taub und stumm ist.
Von Redenden, Schweigenden, Tauben und Stummen
Das Evangelium spricht von der Heilung eines Taubstummen und verwendet damit einen zusammengesetzten Begriff, nämlich taub und stumm, was sich auch in unserem Sprachgebrauch eingebürgert hat. In Wirklichkeit fallen taub und stumm nicht immer in einer Person zusammen; die beiden Begriffe sind trennbar. Es gibt tatsächlich Menschen, die weder hören noch sprechen können, und das sind die wirklich Taubstummen. Aber es kann beides auch getrennt voneinander vorkommen, nämlich Menschen, die zwar nicht hören, aber dennoch sprechen können, weil auch ein als gehörlos Geborener sprechen lernen kann. Und andererseits gibt es Menschen, die zwar hören, aber aus irgendeinem Grund nicht oder nicht mehr sprechen können. Ursache kann eine Krankheit sein, ein Schockerlebnis ("es hat einem die Sprache verschlagen", so lautet eine Redewendung).
Die Hl. Schrift erwähnt einen solchen Vorgang, dass nämlich Zacharias, der künftige Vater Johannes des Täufers, nicht mehr sprechen konnte, als er aus dem Tempel herauskam, in dem ihm vom Engel Gabriel geoffenbart worden war, dass er einen Sohn bekommen werde. Zacharias konnte nicht reden und verlangte eine Schreibtafel, auf die er den Namen Johannes schrieb. Hernach war seine Zunge gelöst, seine Sprechfähigkeit war wieder hergestellt (Lk 1, 18-22; 57-64).
Heilungen als Zeichen
Die Berichte der Evangelien über wunderbare Heilungen sind nicht einfach als Reportage über ein außerordentliches, die Grenzen des normalerweise Erfahrbaren übersteigendes Ereignis zu verstehen, sondern es ist immer über diese Grenzen hinaus zu fragen, man könnte auch sagen zu hinter-fragen. Die Zeitgenossen Jesu, die Zeugen dieser wunderbaren Heilung des Taubstummen geworden sind, haben das auch intuitiv erfasst, wenn sie nämlich ein Wort des Propheten Jesaia zitieren "Er hat alles gut gemacht: Er macht, dass die Tauben hören und die Stummen reden" (vgl. Jes 35, 5). Es geht nicht allein um die einmalige Heilung, sondern generell um die Frage, wie der Mensch mit dem Geschenk von Hören und Sprechen umgeht.
Taube Hörende und stumme Redende
Da ist zunächst auf die uns allen bekannte Tatsache zu verweisen, dass Reden und Hören nicht einfach Funktionen der Sinnesorgane sind, sondern dass es dem Menschen anheim gegeben ist, durch Hören und Sprechen nicht nur die eigene Welt, sondern auch die der anderen zu gestalten.
Man könnte vielleicht sagen, Hören sei eine Angelegenheit, bei der ich mich eher passiv verhalte, oder verhalten muss, wenn z.B. Geräusche an mein Ohr dringen und ich dagegen nichts unternehmen kann. Manch einer mag sich schon sehnlichst gewünscht haben, Lärmpegel, vor allem nächtliche, auszuschalten, sie zu "überhören", aber man kann es nicht. Auf der anderen Seite aber gibt es auch das, dass wir zwar etwas akustisch vernehmen, dem aber kein Augenmerk, kein Gehör schenken. Wer hätte nicht auch schon Augenblicke seines Lebens bereut, wo er ein wohlgemeintes Wort aus Unachtsamkeit oder vielleicht gar Überheblichkeit nicht beachtet hat und woraus dann später ihm selbst und vielleicht auch anderen beträchtlicher Schaden erwachsen ist. Wo jemand einen Menschen durch Nichtverstehenwollen vor den Kopf gestoßen hat, wo vielleicht ein Bruch entstanden ist, der nicht mehr gutgemacht werden kann. Auch die vom Sinnesorgan her gut hören, können sich taub stellen und sind es auch bisweilen.
Sprechen und daherreden
Es gibt im Lateinischen den Satz "si tacuisses philosophus mansisses" (Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben). Und wir sagen auch, dass so mancher, der vielleicht glänzend erscheinende Worthülsen verwendet, etwas daherredet, in Wirklichkeit aber nichts zu sagen hat und auch nichts sagt. Da mag dann auch das andere Sprichwort gelten "Reden ist Silber, Schweigen Gold".
Aber keiner dieser Grundsätze gilt ohne Einschränkung. Manchmal ist Schweigen ein schwerwiegendes Vergehen, ja kann direkt zu einem Verbrechen beitragen. Wenn ich etwa hautnah erlebe, wie jemand ungerechterweise verfolgt, ja vielleicht gefoltert und getötet wird, dann wäre das Wegschauen, das Schweigen unverantwortlich, ja könnte einen geradezu zum Mitschuldigen werden lassen. Wir haben das leider in Diktaturen verschiedenster Prägung erlebt und erleben es auch heute genau so. Mahnende, warnende Stimmen können so leicht zum (unfreiwilligen) Schweigen gebracht werden.
Der rechte Augenblick
Für das eine wie für das andere gibt es den richtigen Zeitpunkt. Grundsätzlich ist zu sagen, dass Taub- bzw. Stummsein nicht immer etwas Angeborenes ist, das, wenn überhaupt, schwierig zu heilen ist. Taubheit oder Sprachlosigkeit sind Dinge, für die wir Verantwortung tragen. Worte können heilen, sie können aber auch Wunden schlagen. Schweigen kann verletzend sein, es kann aber auch ein Zeugnis der Großherzigkeit, der verstehenden und verzeihenden Güte bedeuten.
Als Beispiel bietet sich die Haltung des Vaters gegenüber seinem verlorenen Sohn an (Lk 15, 11-32). Der Heimkehrende wird nicht mit Vorwürfen bedacht, obwohl dafür Anlass genug gewesen wäre. Er wird vorbehaltlos aufgenommen, es wird ihm ein richtiggehender Empfang bereitet, ein rauschendes Fest wird gefeiert. Der Vater schweigt über Vergangenes, über die Schuld des Verlorenengegangenen, und er redet über die Freude, die die Heimkehr bei ihm, dem Vater, ausgelöst hat. - Wir finden im selben Gleichnis auch ein Beispiel für das Gegenteilige: Der daheim gebliebene Sohn redet auch, aber das trägt nicht zur Harmonie, zum Frieden, bei. Er ist zornig über den seiner Meinung nach übertriebenen Empfang seines heimgekehrten Bruders und macht seinem Zorn auch in entsprechender Weise Luft. - Wenn er wenigstens geschwiegen hätte, wäre das schon besser gewesen als das, was er gesagt hat. Sein Schweigen hätte, wenn schon nicht vorbehaltlose Zustimmung, so doch Verständnis für die überquellende Freude seines Vaters und auch Verständnis für seinen (verlorenen) Bruder zum Ausdruck bringen können. Denn dem erging es, wenngleich er selbst dafür die Schuld trug, doch ziemlich schlecht, bevor er umkehrte. Aber so groß ist er nicht, der daheim gebliebene ältere Sohn, dass er auf seinen lauten Groll verzichtet hätte. Das musste einfach heraus; stumm konnte und wollte er nicht bleiben.
Reden und schweigen, das ist, abgesehen von unverschuldeten Vorgegebenheiten (die wirklich "Taubstummen") eine Angelegenheit, in die der ganze Mensch involviert ist, es ist eine Sache des Charakters, des Herzens und nicht zuletzt eine Sache des Glaubens.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 81: Lobet den Herren alle, die ihn ehren
GL 140: Kommt herbei, singt dem Herrn (4. Str.)
GL 147: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend
GL 149: Liebster Jesu, wir sind hier
GL 221: Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen
GL 268: Erbarme dich, erbarm dich mein (5 . Str.)
GL 342: Komm, Heilger Geist, der Leben schafft (3 . Str.)
GL 348: Nun bitten wir den Heiligen Geist (3 . Str.)
GL 351: Komm, Schöpfer Geist (3 . Str.)
GL 383: Ich lobe meinen Gott (2 . Str.)
GL 385: Nun saget Dank und lobt den Herren,
GL 395: Den Herren will ich loben
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 448: Herr, gib uns Mut zum Hören
GL 464: Gott liebt diese Welt
GL 467: Erfreue dich, Himmel, erfreue dich Erde
GL 485: O Jesu Christ, wahres Licht (3. Str.)
GL 489: Lasst uns loben, freudig loben
GL 551: Nun singt ein neues Lied dem Herren
Psalmen und Kehrverse:
GL 53: Hört auf die Stimme des Herrn, verschließt ihm nicht ds Herz - Mit Psalm 95 - VI.
GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit, bei ihm ist Erlösung in Fülle - Mit Psalm 130 - II.
GL 629,3-4: Ich gehe meinen Weg vor Gott im Lande der Lebenden - Mit Psalm 116 - VI.
GL 616,5-6: Alles, was Odem hat, lobe den Herrn. - Mit Psalm 150 - VII.
- Einleitung7
Martin Stewen (2024)
Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens - die Einleitung zur Ordensregel des hl. Benedikt verweist uns einmal mehr darauf, dass die Fähigkeit zu hören mehr ist als die Umsetzung von Tönen in Informationen mit den Organen unseres Körpers. Die Verkündigung des heutigen Sonntags bringt uns dies einmal mehr eindrücklich näher.
Manfred Wussow (2021)
Hören ist ein Wunder, Sprechen auch. Wie Worte die Welt aufschließen, wie sie Vertrauen schenken, wie sie Herzen zum Leuchten bringen – ein Wunder! Dabei sind Worte nur Worte. Fein artikuliert, hingehaucht – mal frei Schnauze, mal wohlüberlegt.
Im Evangelium sagen die Leute von Jesus:
"Er hat alles gut gemacht;
er macht, dass die Tauben hören
und die Stummen sprechen."
Ihn bitten wir um offene Ohren und gelöste Zungen.
Hannelore Jäggle (2018)
Der Refrain eines Liedes beschreibt, die Erfahrung des Gehörlosen im heutigen Evangelium so:
„Dann hat der Himmel die Erde berührt
und unsere Erde den Himmel gespürt.“
und zugleich lädt uns das Lied wie das Evangelium ein, die Nachfolge Jesu anzutreten :
„Herr lass uns spüren dein zartes Berühren
und gib uns die Kraft, die Berührungen schafft.“
Hans Hütter (2018)
In diesen Tagen beginnen viele Schulen, oder haben bereits begonnen. Ein wichtiger Teil der Schulbildung ist das Beherrschen der Sprache. Wer die Sprache nicht beherrscht, kann nicht mitreden und steht bald am Rande. Der Spracherwerb ist ein wichtiger Teil der Integration.
Das Mitreden wurde in der Kirche lange Zeit klein geschrieben. Darunter leiden wir heute. Es geht nicht nur darum, dass wir beim Beten und Singen den Mund aufmachen. Wer wird die Frohe Botschaft weitersagen, wenn nicht wir? Dazu sind wir berufen und dafür braucht es alle, die getauft sind.
Im Evangelium werden wir von der Heilung eines taubstummen Mannes hören. Das gibt uns Anlass, über das Miteinander-reden-können nachzudenken, über das Mitreden-können. Zugleich wollen wir den Herrn bitten, dass er uns heile, wo wir sprachlos sind, wo uns die Worte im Hals stecken bleiben oder die Worte fehlen.
Hans Hütter (2015) - der Herr öffne unsere Ohren und löse unsere Zunge
Wenn wir gemeinsam Liturgie feiern, spielen heilige Zeichen und Handlungen eine wichtige Rolle. Mindestens ebenso wichtig ist in der Liturgie jedoch auch die Sprache. Wir brauchen die Sprache, um uns klar und eindeutig verständlich machen zu können. Das Sprechen setzt aber das Hören voraus.
Bitten wir den Herrn, dass er unsere Ohren öffne, dass wir sein Wort aufnehmen und dass wir verstehen können, was wir einander zu sagen haben, und bitten wir den Herrn, dass er unsere Zungen löse, damit wir das Lob Gottes in gebührender Weise darbringen und dass wir uns gegenseitig verständlich machen können.
Manfred Wussow (2012)
Manchmal brauchen wir nur ein Wort, um das ganze Leben aufzuschließen. Heute wird uns eins geschenkt: Hephata. Ein aramäisches Wort für "Öffne dich", "tu dich auf"! Ungeahnte, reiche Perspektiven tun sich auf.
Der Prophet Jesaja hat vor langer, aber harter Zeit einmal gesagt:
Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott!
Dann werden die Augen der Blinden geöffnet,
auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch,
die Zunge des Stummen jauchzt auf.
Alles, was uns verschließt, bedrückt, vom Leben abschneidet, legen wir in Hand unseres Herrn.
Ihn bitten wir:
Klemens Nodewald (2012)
Wir hören heute im Evangelium von einer Taubstummenheilung. Neben der Bewunderung Jesu soll unsere Aufmerksamkeit aber vor allem auf das Wesen Jesu gelenkt werden. Wer ist er für uns?
Hören sollen wir auch, was in den Zeilen des Wunderberichts als Botschaft an uns mitschwingt, nämlich die Einladung an jeden von uns: Komm und lass auch dich befreien von dem, was stumm und taub in dir ist.
- Bußakt3
Edith Furtmann (2024)
Herr, guter Gott,
Gerne verschließen wir unsere Ohren vor unbequemen Wahrheiten.
Herr, erbarme dich.
Wir verschließen uns vor dem Elend unserer Mitmenschen.
Christus, erbarme dich.
Du öffnest unsere Augen, Ohren, Münder und Herzen.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2012) - Öffne uns die Ohren!
Herr,
es ist so laut in unserer Welt.
Wir hören deine Stimme kaum.
Öffne uns die Ohren!
Herr, erbarme dich.
Christus,
es ist so unruhig in uns.
Angesichts vieler Probleme verstummen wir.
Löse unsere Zungen!
Christus, erbarme dich.
Herr,
du berührst Menschen zärtlich und liebevoll.
Ein neues Leben beginnt.
Mache unsere Herzen weit!
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2012)
Herr Jesus Christus,
taub und stumm sind auch wir oft.
Herr, erbarme dich.
Du willst uns aus unserer Enge in die Weite führen.
Christus, erbarme dich.
Vergib uns alles schuldhafte Schweigen und das Weghören,
wo wir aufmerksam hätten sein müssen gegenüber dir und dem Nächsten.
Herr, erbarme dich.
Es erbarme sich unser der Herr, der auch uns heilen will.
Er verzeihe uns Versagen und Schuld in seinem liebenden Erbarmen. Amen.
- Kyrie5
Martin Stewen (2024)
Herr Jesus Christus,
du öffnest uns die tauben Ohren unseres Herzens.
Herr, erbarme dich.
Du löst unsere Zunge zum Bekenntnis und Zeugnis.
Christus, erbarme dich.
Du rufst uns und sendest uns.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2021)
Wir sind von Worten umgeben,
laut, leise und in Farbe.
Doch wir gehen in Worten unter.
Herr, erbarme dich.
Du hast nur das Wort,
die Welt zu schaffen und uns zu lieben.
Du schließt uns dein Reich auf.
Christus, erbarme dich.
Die Worte sind traurig,
die für Hass und Angst eingesetzt zu werden.
Sie möchten das Glück der Menschen.
Herr, erbarme dich.
Der Herr hat Himmel und Erde gemacht,
das Meer und alle Geschöpfe;
er hält ewig die Treue.
(Ps. 146,6)
Ehre sei Gott in der Höhe…
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
du kamst als lebendiges Wort Gottes in diese Welt.
Herr, erbarme dich.
Du hast erkannt, wo die Menschen besonders belastet und blockiert waren.
Christus, erbarme dich.
Du hast das lösende Wort gesprochen: „Éffata – öffne dich“.
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2018)
Herr, Jesus Christus,
du hast Blinden die Augen und den Tauben die Ohren geöffnet.
Den Stummen hast du die Zuge gelöst und Lahme wieder gehen lassen.
Herr, erbarme dich.
Du hast die Menschen am Rande,
die Chancenlosen, die Hilflosen, die Unbeholfenen und die Armen
zu Erben des Himmelreiches gemacht.
Christus, erbarme dich.
Du hast deine Jünger in die ganze Welt hinausgesandt.
das Lob Gottes und die Frohe Botschaft zu verkünden.
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2015)
Herr Jesus Christus,
du hast Kranke von ihren Leiden geheilt.
Herr, erbarme dich.
Du hast dem Taubstummen die Ohren geöffnet
und seine Zunge von der Fessel befreit.
Christus, erbarme dich.
Du hast Ausgegrenzte in die Gemeinschaft des Volkes Gottes hereingeholt.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet2
Messbuch - TG 23. Sonntag: schenke ihnen die wahre Freiheit
Gott, unser Vater,
du hast uns durch deinen Sohn erlöst
und als deine geliebten Kinder angenommen.
Sieh voll Güte auf alle, die an Christus glauben,
und schenke ihnen die wahre Freiheit
und das ewige Erbe.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 5. Sonntag der Osterzeit
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 1: Öffne unser Ohr
Gott, unser Vater.
Wir sind als deine Gemeinde versammelt
und rufen dich an:
Öffne unser Ohr,
damit wir hören und verstehen,
was du uns heute sagen willst.
Gib uns ein gläubiges Herz,
damit unser Beten dir gefällt
und unser Leben vor dir bestehen kann.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 1
- Eröffnungsgebet7
Werkbuch WGF (2004) - EG 23. Sonntag B: Öffne unsere Ohren für dein Wort, löse unsere Zunge für dein Lob
Gott,
du gibst Tauben das Gehör
und Stummen die Sprache.
Wir bitten dich:
Öffne unsere Ohren für dein Wort,
löse unsere Zunge für dein Lob.
Entzünde das Herz für dich und deine Geschöpfe,
damit wir dich rühmen und preisen
durch Jesus Christus, deinen Sohn,
der mit dir und dem Heiligen Geist lebt
jetzt und in Ewigkeit.
WB 23. Sonntag im Jahreskreis B
Sonntagsbibel
Gott,
in deinem Sohn hast du uns angesprochen.
Schenke uns die Fähigkeit zum Gespräch
und laß uns Menschen sein,
die füreinander Worte der Hoffnung und der Ermutigung haben.
Durch Christus, unseren Herrn.
Martin Stewen (2024)
Guter Gott
du hast uns Ohren gegeben,
dass wir unter den vielen Worten dieser Welt deines hören.
Du hast uns einen Mund gegeben,
um dich mit freudvollem Herzen zu bekennen.
Steh uns bei, dass wir zur richtigen Zeit
auch schweigen und staunen können.
So bitten wir dich, den Vater,
durch Jesus Christus,
der als dein Wort in diese Welt gekommen ist,
im Heiligen Geist
von heute bis in Ewigkeit. – Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2024)
Liebender Gott,
schenke uns deine Fülle
Und gib uns einen offenen Blick und offene Ohren
für deine Liebe,
für die Liebe von anderen,
und die Liebe, die aus uns selbst kommt!
Lass uns hellhörig sein für die Stimme der Not
und halte unsere Sehnsucht nach Antwort und Sinn für alle wach!
Das bitten wir durch Jesus Christus, unsern Weggefährten und Bruder. - Amen.
© Mag.a Johanna Strasser-Lötsch, Wels
Manfred Wussow (2021)
Du, Gott, hast uns Ohren gegeben,
damit wir hören können,
Worte, Geräusche und Töne.
Wir hören auch die Klagen und das Weinen.
Zungen hast du uns gegeben,
damit wir reden und singen.
Von Wahrheit und Gerechtigkeit.
Alles in der Welt klingt,
alles in der Welt vibriert.
Du selbst bist das Wort von Anfang an,
das Wort, das schafft und erlöst.
Hilf uns, dich zu hören und dir zu vertrauen,
einander zu verstehen und in deinem Wort
das Leben zu finden.
In Christus,
deinem Wort für uns. – Amen.
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
ganz voll von der Woche,
die hinter uns liegt,
von all den Eindrücken
– schönen wie schweren –
kommen wir zu dir.
Unser Kopf und unser Empfinden sind zu,
wie eine verschlossene Tür.
Du sprichst uns heute
in besonderer Weise wieder zu:
„Effata!“ – „öffne dich!“
Ja, öffne unser ganzes Sein,
damit wir für deine Worte
und deinen Auftrag offen werden
und dir nachfolgen können. - Amen.
Manfred Wussow (2012) - Worte, die gut tun
Wir freuen uns, Gott des Lebens,
dass wir heute deine Gäste sind.
Du hast uns eingeladen.
Bei dir finden Menschen, die sprachlos geworden sind,
Worte, die gut tun.
Bei dir auch finden Menschen, die nichts mehr hören wollen,
offene Ohren
für den Klang des Lebens,
für die Stimme des Herzens,
für die Melodie der Liebe.
Oft haben wir einander Fesseln angelegt,
Münder verschlossen,
Ohren überlaufen lassen.
Lass uns heute das Leben feiern,
dein Geschenk für uns
in Christus, unserem Herrn.
- Fürbitten12
Martin Stewen (2024)
Guter Gott,
inmitten all der Worte dieser Welt hören wir so vieles, das uns hilflos und ohnmächtig werden lässt. Steh du uns bei und geh mit uns.
Wir rufen zu dir:
In diesen Wochen und Monaten stehen an verschiedenen Orten in der Welt Wahlen an, die Vieles verändern könnten.
Schenke den Wählerinnen und Wählern offene Ohren, um zu hören, was richtig und wichtig ist und lass sie Entscheidungen treffen, die lebensstiftend sind.
Immer wieder erleben wir, wie religiöser Hass Menschen zu schrecklichen Taten verleitet.
Öffne die Ohren der Herzen all jener, deren Herz verhärtet ist und deren Sinne fehlgeleitet sind, damit sie im Bekenntnis ihres Glaubens den Weg zu Frieden und Toleranz entdecken.
Unwetter und Naturkatastrophen haben diesen Sommer beeinflusst und werden uns vermehrt beschäftigen.
Mach uns hilfsbereit, wenn Menschen in Not geraten, und lass uns hinhören und mitmachen, wenn vernünftige Lösungen im Klimawandel angeboten werden.
Menschen sind von uns gegangen;
weil ihr Leben reich gefüllt war an Jahren;
weil Krankheit oder Lebensnot ihnen das Leben genommen haben;
weil sie Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind.
Erhöre ihre Bitten und schenke ihnen einen Platz in deinem Reich.
Neige die Ohren unserer Herzen dir zu und lass uns erkennen, was wichtig und richtig ist. Lass es uns mit deiner Hilfe auch tun. Und vollende, wozu wir nicht fähig sind.
Das erbitten wir durch ihn, der für uns eingestanden ist, Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2024)
Liebender Gott,
schenke uns deine Fülle
Und gib uns einen offenen Blick und offene Ohren
für deine Liebe,Jesus Christus,
in unseren Fürbitten wollen wir unsere Welt in unser Gebet hineinnehmen, unsere Welt, mit all ihren Sorgen und Nöten:
Wir beten für die Menschen, die Probleme mit dem Hören haben und sich deshalb manchmal „draußen“ fühlen.
Christus, höre uns - Christus, erhöre uns!
Wir beten für alle Menschen, denen es die Sprache verschlagen hat und die stumm geworden sind in Einsamkeit oder Leid.
Wir beten für die Menschen, die nichts mehr hören wollen von der Welt und den Menschen um sie herum.
Wir beten um ein offenes Herz für die Menschen, deren Worte über Leben und Zukunft anderer Menschen entscheiden.
Wir beten für unsere Pfarrgemeinde, unsere Stadt und unser Land, dass wir offene Ohren, offene Augen und offene Lippen haben für die Herausforderungen unserer Tage.
Jesus Christus, du bist in unserer Mitte, wenn wir in deinem Namen versammelt sind. Dir vertrauen wir unsere Bitten und uns selber an, heute und alle Tage unseres Lebens. - Amen.
© Mag.a Johanna Strasser-Lötsch, Wels
für die Liebe von anderen,
und die Liebe, die aus uns selbst kommt!
Lass uns hellhörig sein für die Stimme der Not
und halte unsere Sehnsucht nach Antwort und Sinn für alle wach!
Das bitten wir durch Jesus Christus, unsern Weggefährten und Bruder. - Amen.
© Mag.a Johanna Strasser-Lötsch, Wels
Renate Witzani (2024)
Mit allen, mit denen wir uns im gemeinsamen Glauben an Christus verbunden fühlen, bitten wir ihn:
Öffne in deiner Kirche die Ohren für die Sehnsucht der Menschen, die sie still im Herzen tragen, für das Interesse an ihren Problemen und die Themen, die sie bewegen.
Öffne in unserer Welt die Ohren für die leisen Stimmen derer, die der Gewalt nicht mit Gegengewalt begegnen wollen.
Öffne uns für die Wunder der Natur, die vielen kleinen Freuden des Alltags und das Geschenk zwischenmenschlicher Beziehungen.
Öffne uns für dein Wort und das der anderen, das vielleicht schmerzt aber dabei unsere eigene beschränkte Sichtweise erweitert.
Öffne deinen Himmel für unsere Verstorbenen und ihre ewige Heimat bei dir.
Denn nur bei dir, Herr, finden wir Rettung und Heil. Weil dir unsere menschlichen Nöte nicht fremd sind, dürfen wir unsere Ängste ablegen und uns dir ganz anvertrauen.
Dir sei Dank und Lobpreis jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Edith Furtmann (2024)
»Effata«, öffne dich, sagte Jesus zu dem Taubstummen und siehe da: er konnte hören und sehen.
Wir dürfen unsere Bitten vor Gott bringen.
Für alle Menschen, die verstummt sind, denen die Worte fehlen, die sich nicht mehr mitteilen wollen oder können.
Öffne unsere Ohren, damit wir auch das Ungesagte erkennen.
Für alle Menschen, die stumm gemacht werden, die nichts sagen dürfen, die bedroht werden, wenn sie sich äußern.
Stärke sie, dass sie sich nicht mundtot machen lassen.
Für alle, die Menschen eine Stimme geben, damit sie gehört werden.
Stärke sie in ihrem Tun.
Für alle, die Flüchtlingen Sprachunterricht erteilen, die dolmetschen und versuchen, Sprachbarrieren zu überwinden und Brücken zu bauen.
Schenke ihnen die richtigen Worte.
Für alle, die Gottes Wort hören und verkünden.
Lass sie Gottes Liebe verbreiten und die richtigen Worte finden.
Für uns alle, die sich fragen, wem sie noch glauben können.
Dass sie lernen, die Spreu vom Weizen zu trennen und genau hinzuhören.
Für die Menschen, die in diesem Leben für immer verstummt sind.
Lass sie bei dir wiederauferstehen.
Wir Menschen sind darauf angewiesen, mit anderen zu kommunizieren: sie zu verstehen und uns verständlich zu machen. Dazu hast Du uns Ohren gegeben zu hören, eine Zunge, zu sprechen, die Sprache, um einander zu verstehen. Lass uns darauf vertrauen, dass dein Geist uns führt. Dafür danken wir dir in Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2021)
Jesus sagt im fremden Land in seiner Muttersprache zu dem taubstummen Menschen:
Hephata! Tu dich auf!
Wir beten:
Für alle, die die Sprache verloren haben, die verstummt sind, die nichts mehr sagen können.
Dass Menschen sie verstehen.
Hephata! - Tu dich auf
Für alle, die zum Schweigen verurteilt, die auf Linie gebracht werden, die das Maul zu halten haben.
Dass sie sich nicht einschüchtern lassen.
Für alle, die Nachrichten, Informationen und Bilder in Worte kleiden.
Dass sie die Welt aufschließen.
Für alle, die Worte als Waffe einsetzen, Hass verbreiten und Verschwörungstheorien propagieren.
Dass sie die Wahrheit entdecken.
Für alle, die Kinder unterrichten, Flüchtlingen Sprachunterricht erteilen und zwischen den Kulturen dolmetschen.
Dass sie mit Worten Brücken bauen.
Für alle, die getauft werden, die Gottes Wort hören und sein Wort verkünden.
Dass sie Wunder wirken.
Du, Gott, hast uns Menschen eine Sprache gegeben,
Ohren, die hören, Zungen, die reden.
Du kennst unsere Sprachlosigkeit,
aber auch unsere Sehnsucht, einander zu verstehen.
Wenn du kommst, ziehen neue Worte in uns ein.
Öffne uns in deiner Liebe
Hepheta! Tu uns auf!
In Christus,
deinem Wort für uns. – Amen.
Renate Witzani (2021)
Gott des Lebens!
Du bist uns näher als wir es uns denken können.
Zu dir kommen wir mit unseren Bitten:
Gott des Lebens! Wir bitten dich für alle,
die sich in und für deine Kirche engagieren.
Gott des Lebens! Wir bitten dich für alle Menschen,
deren Leben von Unrecht, Gier und Gewalt bestimmt ist.
Bestärke sie und alle, die eingedenk deiner Weisungen zu leben versuchen,
in der Hoffnung, dass mit deiner Hilfe gutes Leben für alle möglich wird.
Gott des Lebens! Wir bitten dich für alle,
die den Wert und die Schönheit deiner Schöpfung schätzen
und sich für ihren Erhalt einsetzen.
Gott des Lebens! Wir bitten dich für alle,
die schwer an Leid und Hoffnungslosigkeit tragen,
dass auch sie in ihrem Leben eine unerwartete Wendung zum Guten erfahren dürfen.
Gott des Lebens! Wir bitten dich für unsere Verstorbenen,
an deren Verlust wir persönlich und als Gemeinschaft schwer tragen.
Gott des Lebens!
Du hörst unsere hier ausgesprochenen Bitten
und jene, die jeder von uns still im Herzen trägt.
Dir gilt unser Dank und unser Lob heute und allezeit. - Amen.
Hans Hütter (2018)
Herr, Jesus Christus,
die Leute waren außer sich vor Staunen,
weil du die Tauben zum Hören und die Stummen zu Sprechen gebracht hast.
Dich bitten wir:
Hole auch heute alle, die durch eine Behinderung
oder durch Armut vom gesellschaftlichen Leben abgeschnitten sind,
in die Gemeinschaft der Menschheitsfamilie herein.
Mache Mut allen, die mit fremder Muttersprache zu uns gekommen sind
und sich schwertun die Sprache unseres Landes zu erlernen.
Steh besonders den Kindern bei,
die in diesen Tagen die Schule beginnen.
Gib den Frauen eine Stimme in der Kirche
und lass ihre Stimme auch gehört werden.
Lege allen Getauften, die Zeugnis für dich ablegen,
die rechten Worte in den Mund.
Schütze alle, die Unrecht und Unterdrückung aufdecken
und in den Medien zur Sprache bringen
und verschaff ihnen Gehör.
Lass unsere Verstorbenen am ewigen Glück
deines himmlischen Reiches teilhaben.
Du hast alles gut gemacht. Dafür loben und preisen wir dich.
Du wirst alles gut machen. Darauf vertrauen wir. – Amen.
Renate Witzani (2018)
Guter Gott!
Du schenkst uns in Jesus Christus und seiner Auferstehung die Hoffnung, dass am Ende alles gut wird.
Dich bitten wir:
Für deine Kirche:
Dass dein Volk als eine Gemeinschaft lebt, in der es keine Diskriminierung nach Religion, Rasse oder Geschlecht gibt.
Für deine Schöpfung:
Dass sich jeder Einzelne bemüht, sie zu erhalten und ihre Ressourcen zu schonen.
Für alle Mutlosen und Verzagten:
Dass sie die Kraft finden, aufzustehen und in Zuversicht und Hoffnung auf deine und ihrer Mitmenschen Hilfe leben können.
Für alle Menschen, die sich in den diversen Selbsthilfegruppen gefunden haben:
Dass ihnen Menschen begegnen, die ihre Begabungen schätzen und sie in ihren besonderen Bedürfnissen unterstützen.
Für unsere Verstorbenen:
Dass sie bei dir ihre ewige Heimat finden.
Denn du öffnest uns Augen, Mund, Ohren und Herz für die Botschaft deiner Liebe.
Dafür danken wir dir und preisen dich jetzt und allezeit. - Amen.
Hans Hütter (2015)
Guter Gott und Vater.
Du hast den Menschen nach deinem Bild geschaffen
und ihn mit vielen Begabungen und Fähigkeiten ausgestattet.
Wir bitten dich:
Für alle, die durch eine Behinderung nicht voll am Leben teilnehmen können
und sich dadurch ausgegrenzt fühlen.
Zeige ihnen Wege, wie sie ihre Begabungen entfalten können.
Für alle, die sich für die Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen einsetzen.
Lass sie Freude und Erfüllung durch ihre Arbeit erleben.
Für die Kinder, die in diesen Wochen die Schule beginnen;
besonders für jene, die sich mit einem Unterricht in einer für sie fremden Sprache zurechtkommen müssen.
Lass sie Freude am Lernen finden und gute Freunde kennenlernen.
Für alle Menschen, die in einer für sie fremden Kultur und Sprache leben lernen müssen.
Begleite sie in ihren Ängsten und lass sie Verständnis für ihre schwierige Situation finden.
Für alle Menschen, die versucht sind, sich gegenüber allem Fremden und Neuen abzukapseln und sich zurückzuziehen.
Lass sie erfahren, wie Vielfalt ihr Leben bereichern kann.
Du, guter Gott und Vater, hast uns einen neuen Himmel und eine neue Erde verheißen.
Auf dein Wirken in dieser Welt bauen wir. – Amen.
Renate Witzani (2015)
Herr, öffne auch unsere Ohren,
damit wir deine hoffnungsvolle Botschaft verstehen
und dich für deine Güte und Liebe zu uns Menschen preisen.
Lasst uns den Herrn bitten:
Für alle, die durch ihre Talente zum gemeinsamen Gotteslob in den Gemeinden beitragen.
Für alle, die mit den Freunden und Angehörigen der toten 71 Flüchtlinge auf der Ostautobahn trauern,
dass ihr Leid jene Kräfte ermutigt, die den Flüchtlingsstrom als bewältigbare Herausforderung an die europäische Gemeinschaft sehen.
Für alle Flüchtlinge und Asylanten, dass ihr Wert und ihre Würde als Mensch geachtet wird.
Für uns selbst, dass wir uns durch den Heiligen Geist zu liebenden Menschen formen lassen.
Für unsere Verstorbenen, die wir deiner Barmherzigkeit anvertrauen.
Gott des Lebens, dir sei Ehre, Dank und Lobpreis
jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2012) - Ephata!
Menschen brachten einen Taubstummen zu Jesus.
Jesus rührte ihn an. Hephata! Tu dich auf!
Darum bitten wir:
Für die Menschen, die taubstumm sind,
die nichts hören, nichts sagen können,
die nicht verstanden werden.
Schenke uns Hochachtung für die Gebärdensprache
und die Geduld, uns verständlich zu machen.
Wir bitten dich: Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die mit einer Behinderung zur Welt kamen,
die nach einer Krankheit aus der Bahn geworfen werden,
die in ihrem Leben behindert werden.
Hilf uns, dass sie normal unter uns leben können
und nicht auf Barrieren stoßen, die wir achtlos errichten.
Wir bitten dich: Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die abgestumpft und taub
ihr alltägliches Leben über sich ergehen lassen,
die nicht mehr zuhören können,
die in einer lauten Welt hilflos untergehen.
Schenke uns Orte und Räume, in denen es still werden kann,
und Worte, die zu Herzen gehen.
Wir bitten dich: Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die in kirchliche Leitungsämter berufen wurden,
die als Meister des Wortes gelten,
die auf alles eine Antwort haben sollen.
Hilf uns, das Gespräch mit ihnen zu suchen
und kritische Wegbegleiter zu sein.
Wir bitten dich: Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die in Politik, Recht und Verwaltung nur Worte einsetzen können,
die sich öffentlichen Auseinandersetzungen stellen müssen,
die mit Formulierungen kunstvoll und achtsam umgehen.
Schenke uns, dass wir mit Worten kein Unheil anrichten
und uns über gute Wege verständigen.
Wir bitten dich: Herr, erbarme dich!
Du, Herr, sagst: Öffne dich, tu dich auf!
Lass uns füreinander ein Ohr haben und ein Wort.
Was wir verschlossen haben, machst du wieder auf,
was uns gefangennimmt, hält uns nicht mehr fest.
In Christus, unserem Herrn. Amen.
Klemens Nodewald (2012)
Herr Jesus Christus,
du willst Gesunde und Kranke heilen
im Öffnen ihrer Herzen und Sinne für dich und die Mitmenschen.
Wir bitten dich:
Öffne uns für deine Botschaft, für deine Weisungen,
für alles Wunderbare in uns selbst.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Befähige uns zu erkennen, wo wir blockiert sind,
wo wir deiner Hilfe bedürfen, um heil zu werden.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Übermittle uns die Gabe,
in Begegnungen heilend zu wirken
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Schenke deiner Kirche einfühlsame und liebevolle Seelsorger und Seelsorgerinnen.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Öffne Ohren und Herz jener,
die du zu besonderen Diensten beauftragen willst.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Beweg immer wieder Menschen dazu,
sich der Leidenden anzunehmen und sie zu dir zu führen.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Lass alle Verstorbenen deinen Ruf vernehmen:
Kommt, ihr Gesegneten,
nehmt teil am Glück des Himmels.
Christus, du Vermittler des Heils,
wir bitten dich, erhöre uns.
Herr Jesus Christus,
wir danken dir für alle Heilung in uns
und alle Kräfte, die du uns schenkst,
selbst Heilendes zu vollbringen.
Im Staunen über dich loben und preisen wir dich alle Tage unseres Lebens. Amen.
- Gabengebet2
Messbuch - GG 23. Sonntag: eines Sinnes werden
Herr, unser Gott,
du schenkst uns den Frieden
und gibst uns die Kraft, dir aufrichtig zu dienen.
Laß uns dich mit unseren Gaben ehren
und durch die Teilnahme
an dem einen Brot und dem einen Kelch
eines Sinnes werden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
4. Januar, 7.Januar
Messbuch - GG Auswahl 4: er erfülle uns Lobgebet mit seiner Hingabe und Liebe
Herr, unser Gott,
dein Sohn hat uns versprochen,
er werde in unserer Mitte sein,
wann immer wir in seinem Namen versammelt sind.
Er selber erfülle das Lobgebet,
das wir über Brot und Wein sagen,
mit seiner Hingabe und Liebe.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Auswahl 4
- Gebet zur Gabenbereitung3
Martin Stewen (2024)
Barmherziger Gott
wir sind um den Tisch versammelt,
der mit den Gaben gedeckt ist,
die die Gegenwart deines Sohnes bezeichnen.
Lass uns in dieser Gemeinschaft erfahren,
wie du uns stärkst und nährst.
Dafür danken wir dir
durch Christus, unseren Bruder und Herrn.
Manfred Wussow (2021)
Wie ein kostbares Wort ist das Stück Brot
das auf der Zunge zergeht,
wie ein liebevolles Wort der Schluck Wein,
das unser Herz erfreut.
Dir danken wir, Herr,
dass du das Wort bist,
kostbar und liebevoll,
Brot, das uns Leben gibt,
Wein, der nach dem Himmel schmeckt.
Dir bringen wir dir unsere Gaben,
Brot und Wein,
verwandle sie
in deinen Leib, in dein Blut
und lass uns sein
ein Teil von dir.
Komm, unser Herr! – Amen.
Manfred Wussow (2012)
Dir, Herr, bringen wir, was wir von dir haben:
Die Früchte unserer Arbeit, die Freude am Leben,
auch unsere Sorgen und Schmerzen -
Brot und Wein.
Und du schenkst dich uns ganz:
Das Wort, das die Welt neu schafft,
der Himmel, der die Erde berührt,
das Leben, das den Tod überwindet -
Brot und Wein.
Du wirst ein Teil von uns,
wir ein Teil von dir.
Wir danken dir.
- Lobpreis1
Ludwig Götz (2021) - In dieser Feier wollen wir unseren Mund auftun
Kerhvers:
Gelobt seist du, mein Herr (GL 559)
Heiliger und barmherziger Gott,
in dieser Feier wollen wir unseren Mund auftun
und Dir unseren Dank und unseren Lobpreis darbringen:
Wir danken Dir für unser Leben und für die Gesundheit.
Kehrvers
Wir danken dir, dass du uns so wunderbar ausgestattet hast,
für unseren Leib mit all seinen Sinnen und für die Lebensfreude.
Kehrvers
Wir danken dir für alle Menschen,
die uns in die Geheimnisse
und in die Kunst des Lebens eingeführt haben.
Kehrvers
Wir danken dir für alle Menschen,
die uns in Krankheit und Not beistehen
Kehrvers
Wir danken dir, dass du Wunden,
die das Schicksal manchmal schlägt,
wieder heilen lässt.
Kehrvers
Wir danken dir für das Heil, das du uns geschenkt hast,
und für das ewige Leben, das du uns verheißen hast.
Kehrvers
Mit den Engeln und Heiligen
stimmen wir ein in das Lob der ganzen Schöpfung
und singen:
Danklied, z. B. GL 81: Lobet den Herren alle, die ihn ehren, 1. 3. und 4. Strophe.
- Präfation4
Messbuch - Präfation Sonntage 3: Die Rettung des Menschen durch den Menschen Jesus Christus
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken.
Denn wir erkennen deine Herrlichkeit in dem,
was du an uns getan hast:
Du bist uns mit der Macht deiner Gottheit
zu Hilfe gekommen und
hast uns durch deinen menschgewordenen Sohn
Rettung und Heil gebracht
aus unserer menschlichen Sterblichkeit.
So kam uns aus unserer Vergänglichkeit
das unvergängliche Leben
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir jetzt und in Ewigkeit
dein Erbarmen und singen mit den
Chören der Engel das Lob
deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 3
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater,
für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder.
Seine Liebe galt den Armen und Kranken,
den Ausgestoßenen und Sündern.
An keiner Not ging er vorüber.
Sein Leben und seine Botschaft lehren uns,
daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt
wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt.
Darum loben und preisen wir dich,
wir rühmen deine Güte und Treue
und verkünden mit allen Engeln und Heiligen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Messbuch - Präfation Wochentage 4: Gotteslob als Gottesgeschenk
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, allmächtiger Vater,
zu danken und deine Größe zu preisen.
Du bedarfst nicht unseres Lobes,
es ist ein Geschenk deiner Gnade,
daß wir dir danken.
Unser Lobpreis kann
deine Größe nicht mehren,
doch uns bringt er Segen und Heil
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn rühmen wir jetzt
und in Ewigkeit dein Erbarmen und
singen mit den Chören der Engel
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Wochentage 4
Messbuch - Präfation Wochentage 6: Christus bringt uns das Heil
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
immer und überall zu danken
durch deinen geliebten Sohn Jesus Christus.
Er ist dein Wort,
durch ihn hast du alles erschaffen.
Ihn hast du gesandt als unseren Erlöser und Heiland.
Er ist Mensch geworden durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria.
Um deinen Ratschluß zu erfüllen
und dir ein heiliges Volk zu erwerben,
hat er sterbend die Arme ausgebreitet
am Holze des Kreuzes.
Er hat die Macht des Todes gebrochen
und die Auferstehung kundgetan.
Darum preisen wir dich
mit allen Engeln und Heiligen
und singen vereint mit ihnen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Wochentage 6
MB 2. Hochgebet
- Mahlspruch1
Bibel
Staunend bekennen wir mit dem Volk Gottes:
Du, Herr, hast alles gut gemacht!
(vgl. Mk 7,37)
Oder:
Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott!
(Jes 35,4)
Oder:
Gott selbst wird kommen und euch erretten:
Dann werden die Augen der Blinden geöffnet,
Auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.
Dann springt der Lahme wie der Hirsch
und die Zunge des Stummen jauchzt auf.
(vgl. 35,5-6)
- Meditation1
Helene Renner (2021)
Er lebte nicht für sich
sondern war bei den Menschen
er zeigte ihnen die Nähe Gottes
er heilte Leib und Seele derer
die zu ihm kamen
er zog sich nicht von den Ausgestoßenen zurück
er gab sich vollkommen hin
er erlöste die Menschen
die an ihn glaubten
von ihrer Schuld
und führte sie zu Gott
er befreite alle
von der Sorge um ihr Leben
und gab ihnen Augen
für die Not der Anderen
und auch die Kraft
ihnen zu helfen
er zeigte ihnen die Zukunft
das Reich Gottes
wo Liebe herrscht
und alles heil wird
was sich von ihm berühren lässt
- Schlussgebet2
Messbuch - SG 23. Sonntag: in der Liebe wachsen
Herr, unser Gott,
in deinem Wort und Sakrament
gibst du uns Nahrung und Leben.
Laß uns durch diese großen Gaben
in der Liebe wachsen
und zur ewigen Gemeinschaft
mit deinem Sohn gelangen,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Fastenzeit 1 Do: Dein Sakrament sei uns ein Heilmittel
Herr, unser Gott,
du hast uns diese heilige Feier geschenkt,
damit die Gnade der Erlösung
immer in uns wirksam bleibe.
Dein Sakrament sei uns ein Heilmittel
für heute und für unser ganzes Leben.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Donnerstag der 1. Fastenwoche
- Gebet zum Abschluss5
Martin Stewen (2024)
Gütiger Gott
du hast uns die Ohren unseres Herzen geöffnet
und wir haben am Tisch des Wortes
deine Botschaft vernommen.
In der Versammlung am Tisch des Brotes
hast du uns die Gegenwart deines Sohnes schmecken lassen.
So gestärkt gehen wir jetzt hinaus,
um von dir Zeugnis abzulegen.
Sei du mit deinem Segen mit uns.
So bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn.
Manfred Wussow (2021)
Als du die Welt geschaffen hast, Gott,
hast du uns Menschen Ohren gegeben,
aber es gab noch keine Worte.
Du hast uns Zungen gegeben,
aber es gab noch nichts zu sagen.
Aber jeden Tag ist die Welt gewachsen,
jeden Tag wächst sie weiter.
Mit Erkenntnissen und Nachrichten,
Verwerfungen und Albträumen.
Schenke uns Worte für unsere Erfahrungen,
für die Begegnungen mit anderen Menschen,
für unsere Hoffnungen.
Schenke uns Worte, für Wahrheit und Gerechtigkeit einzustehen
und denen eine Stimme zu geben,
die keinen Mut mehr haben.
In Christus, der uns in das Leben geleitet. – Amen.
Beatrix Senft (2021)
Guter Gott,
du schenkst uns die vor uns liegende Woche,
mit allen Möglichkeit, die sie uns bietet.
Wir wissen,
dass sie uns vor neue Erfahrungen
und Herausforderungen stellen wird.
Mache uns wachsam,
damit wir die Bedürftigkeit
unserer Mitmenschen erkennen,
aber auch unsere eigene.
Halte uns offen,
alles aus deiner Hand entgegenzunehmen
und schenke uns deine Kraft
und deinen Segen dazu.
Das erbitten wir durch Jesus,
unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2012)
Treuer Gott,
du begleitest uns in die neue Woche,
in neue Lebensabschnitte,
auf vertrauten , aber auch auf ungewohnten Wegen.
Wir danken dir für deinen Segen!
Dich bitten wir:
dass die Ohren, die dein Wort gehört haben, offen sind für Menschen,
die ihr Leben mit uns teilen möchten;
dass die Zungen, die dein Lob geformt haben, mutig eintreten für Menschen,
die Worte und Vertrauen verloren haben;
dass wir unsere Herzen nicht verschließen.
Du bist A und O, Anfang und Ende.
Lass uns in deiner Liebe geborgen sein.
Ludwig Götz (2009) - Nicht vom Brot allein lebt der Mensch...
Du, Herr, hast gesagt:
Nicht vom Brot allein lebt der Mensch,
sondern auch von jedem Wort,
das von dir kommt.
Du hast uns beides geschenkt:
das Wort und das Brot.
Mach unser Leben zu einer Sprache,
die von den Menschen gehört und verstanden wird.
Lass uns durch dein Brot gestärkt, zu heilenden
Begegnungen beitragen. Das bitten wir dich,
Christus, unseren Herrn. Amen.
- Segen2
Sozialreferat der Diözese Linz (2024)
Guter Gott,
Segne unsere Ohren und unsere innere Offenheit,
damit wir dich in uns vernehmen!
Segne unseren Mund und unsere Stimme,
damit man dich durch uns wahrnehmen kann!
Segne unser Tun und das Werk unserer Hände,
damit wir selbst zum Segen für andere werden.
So segne uns Gott, du mütterlich-väterlicher, geschwisterlich in Jesus, gegenwärtig als Heilige Geistkraft. - Amen.
© Mag.a Johanna Strasser-Lötsch, Wels
Beatrix Senft (2021)
Vater im Himmel, du schenktest uns Sinne –
Tore zu deiner ganzen Schöpfung.
Dank sei dir.
Jesus, Sohn Gottes,
du sprichst uns zu: „
Effata! – öffne dich!“.
Schenke uns den Segen der Offenheit.
Heiliger Geist,
du rüttelst auch an verschlossenen Türen.
Leite uns mit deiner Kraft.
So segne uns Gott,
der Vater und der Sohn und der Hl. Geist. - Amen.
Das Wunder Hören
Schon im Mutterleib beginnen unsere Ohren zu arbeiten. Sie sind 24 Stunden am Tag im Einsatz, ständig auf Empfang. Wir brauchen unsere Ohren, um das Gehirn mit lebenswichtigen Informationen aus der Umwelt zu versorgen.
Wer hören kann, muss fühlen
Ein Musikstück kann zu Tränen rühren. Sanfte Stimmen wirken beruhigend, während hartnäckiges Schnarchen manche Menschen zur Weißglut treibt. Die emotionale Wirkung von Klängen hat einen entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund.
Unser Gehör warnt uns vor herannahenden Gefahren. Ursprünglich waren das Raubtiere, heute ist es hauptsächlich der Straßenverkehr. Anders als die Augen nehmen die Ohren auch im Schlaf Alarmsignale wahr.
Die Werbung hat sich die emotionale Bedeutung des Tons längst zunutze gemacht: Sounddesigner arbeiten daran, etwa Rasierapparate so zu konstruieren, dass sie besonders kraftvoll und leistungsstark klingen. Chips oder Cornflakes werden mit Stoffen versetzt, die ein knuspriges Krachen im Mund erzeugen. Das Ohr isst mit.
Das menschliche Ohr ist ein feines Organ
Was beim Hören passiert
So emotional wir auch auf Töne reagieren: Was das Ohr aufnimmt, ist nichts anderes als ein schwankender Luftdruck. Schallwellen sammeln sich in der Ohrmuschel, gelangen in den Gehörgang und zum Trommelfell. Dieses gerät in Schwingung.
Hinter dem Trommelfell sitzen die nach ihrer Form benannten Gehörknöchelchen: Hammer, Amboss und Steigbügel – die kleinsten Knochen des Menschen.
Der Hammer tastet die Schwingung ab, der Amboss leitet sie weiter, der Steigbügel überträgt sie ins Innenohr. Dort liegt die Gehörschnecke: Ein spiralig gewundener Knochenraum, der eine wässrige Flüssigkeit namens Perilymphe enthält.
Der Steigbügel presst diese Flüssigkeit zusammen. Die dadurch entstehende Wanderwelle erregt die Basilarmembran und die mit ihr verbundenen Haarzellen. Die Bewegung dieser Härchen wird in Nervenimpulse übersetzt, die im Gehirn den Höreindruck erzeugen.
Mit den Ohren sehen
Das Gehör hilft uns bei der Orientierung. Nicht umsonst haben wir zwei Ohren: Ein Ton von links erreicht das linke Ohr eher als das rechte. Die zeitliche Verschiebung ist minimal – sie beträgt weniger als eine Tausendstelsekunde.
Blitzschnell ortet das Gehirn die Geräuschquelle: Wir spüren sofort, ob ein Ton von links oder von rechts naht.
Wie komplex der Vorgang des Hörens ist, wissen vor allem die Blinden. Sie tasten sich nicht nur mit ihrem Stock voran, sondern lauschen auch seinem Klang nach. So wissen sie in einem Tunnel stets, wo sie sich befinden – der hallende Klang des Stockschlags gibt Auskunft.
Blinde nutzen auch eine weitere erstaunliche Leistung des Gehörs: den so genannten "Cocktaileffekt". Jeder kennt ihn von Partys: Wie groß das Stimmengewirr auch sein mag – wenn irgendwer über uns tuschelt, hören wir das sofort.
Ebenso schnell hören Blinde aus den Geräuschen der nahenden Bahn die Bremsen heraus: Sie liegen genau zwischen den Türen. Noch bevor sich eine Tür öffnet, hat der Blinde sie entdeckt.
Andrea Wengel und Mona Geier
https://www.planet-wissen.de/natur/sinne/hoeren/index.html
Herr, für dein Wort sei hoch gepreist
Herr, für dein Wort sei hoch gepreist;
lass uns dabei verbleiben
und gib uns deinen Heilgen Geist,
dass wir dem Worte glauben,
dasselb annehmen jederzeit
mit Sanftmut, Ehre, Lieb und Freud
als Gottes, nicht der Menschen.
Öffn uns die Ohren und das Herz,
dass wir das Wort recht fassen,
in Lieb und Leid, in Freud und Schmerz
es aus der Acht nicht lassen;
dass wir nicht Hörer nur allein
des Wortes, sondern Täter sein,
Frucht hundertfältig bringen.
Dein Wort, o Herr, lass allweg sein
die Leuchte unsern Füßen;
erhalt es bei uns klar und rein;
hilf, dass wir draus genießen
Kraft, Rat und Trost in aller Not,
dass wir im Leben und im Tod
beständig darauf trauen.
Gott Vater, lass zu deiner Ehr
dein Wort sich weit ausbreiten.
Hilf, Jesu, dass uns deine Lehr
erleuchten mög und leiten.
O Heilger Geist, dein göttlich Wort
lass in uns wirken fort und fort
Glaub, Lieb, Geduld und Hoffnung.
David Denicke (1659), in: EG 196.
Vertrauensvolles Einlassen
Für Romano Guardini ist wichtig, daß man nicht mit einem Blick alles erfassen kann. Jede Sache bedarf, um wirklich erkannt werden zu können, einer Haltung, welche ihr zugeordnet ist. Gewisse Erkenntnisse erreicht man nur durch exaktes Messen. Zwischenmenschlichen Beziehungen kann man letztlich nur gerecht werden, wenn man sich auf die Person eines anderen vertrauensvoll einläßt. Gott kann man nur erkennen, wenn er der Heilige ist und bleibt, dem man sich in Anbetung und Ehrfurcht nähert. Wir haben sehr oft die Sensibilität für die verschiedenen Gegebenheitsweisen verloren. Romano Guardini ist ein Lehrmeister des Erkennens, Schauens und Verweilens. Dies ist auch eine ganz wichtige „Vorschule des Betens"
Karl Kardinal Lehmann, Romano Guardinis Erbe für die Kirche der Gegenwart. Vortrag bei der Akademischen Erinnerungsfeier im Centro per le Scienze Religiose am 14.Oktober 1998 in Trient.
https://bistummainz.de/organisation/ehemalige-mainzer-bischoefe/kardinal-lehmann/texte-predigten/a-blog/Romano-Guardinis-Erbe-fuer-die-Kirche-der-Gegenwart/
Manchmal traue ich meinen Ohren nicht
Manchmal
traue ich meinen Ohren nicht
Eindrücke
Eindrücke
Eindrücke
Nachrichten
Kriege
Katastrophen
Gerüchte
Schreckensworte
da möchte ich mir
die Decke
über den Kopf ziehen
mich taub stellen
einfach taub stellen
und
DU
HERR
sprichtst:
„Effata – öffne dich“
öffne dich
für diesen Moment
für diese kleine Begegnung
neben dir
sei wachsam
nimm wahr
tu das
was gerade
dieser Moment
von dir fordert
gib Zuspruch
in all die Schrecken -
in all die Bedürftigkeit -
dieser Welt
dem Menschen
direkt
neben
dir
und
die Welt wird
sich wandeln
auch für dich
Beatrix Senft 2021, unveröffentlicht.
Herr lass uns spüren dein zartes Berühren
Wenn das Leben Wurzel schlägt und die Hoffnung Blüten treibt,
wenn die Liebe Früchte trägt und auf Erden Frieden wächst.
Refrain:
„Dann hat der Himmel die Erde berührt
und unsere Erde den Himmel gespürt.
Herr lass uns spüren dein zartes Berühren
und gib uns die Kraft, die Berührungen schafft.“
Wenn ein Wort das Schweigen bricht und im Leid ein Lied erklingt,
wenn das Brot den Hunger stillt und dem Fels ein Quell entspringt,
Refrain
Wenn uns Gott als Mensch erscheint und ein Kind zum König wird,
wenn die Treue uns vereint und ein Mensch den andern liebt,
Refrain
Wenn der Tag die Nacht vertreibt und das Eis die Sonne spürt,
wenn ein Licht den Weg uns zeigt und die Angst die Macht verliert,
Refrain:
Lied: Text von Reinhard Bäcker; Musik von Detlev Jöcker.
Das Problem mit der Sprache
Wien plant eigene Klassen, in denen Flüchtlingen Deutsch beigebracht wird. Auch wenn man im Stadtschulrat lieber von Kursen spricht – Maßnahmen sind dringend notwendig.
mehr >>>
diepresse.com/home/panorama/wien/ideenfuerwien/4774897 - abgerufen am 2. Sept. 2015
Sprachnot
Eine neue Sprache lernen?
Seit den 1970er-Jahren wird dies in und von der Kirche gefordert. Gleichwohl hat sich wenig verändert. Das macht nachdenklich. Stimmt die Diagnose überhaupt? Und wer hat die Sprachkrise? Jene, die ihre religiösen Erfahrungen nicht im klassischen Vokabular ausdrücken können oder wollen – oder jene, die dies als Sprachnot diagnostizieren? In einer empirischen Studie konnte jedenfalls gezeigt werden, dass es nicht die Kinder waren, die über Gott nicht sprechen konnten, sondern deren LehrerInnen. Während die Kinder ihre Wahrnehmungen zwar nicht in traditioneller Sprache, aber durchaus lebendig ausdrückten,
konnten die LehrerInnen dies entweder nicht wahrnehmen oder selbst wenig Erfahrungsnahes formulieren.
Was ist es denn, was den Gläubigen und Nicht-Gläubigen die Rede verschlagen hat? Liegt dies tatsächlich, wie oft vermutet wird, an mangelndem Wissen oder an der Mutlosigkeit der Gläubigen? Liegen die Gründe nicht viel tiefer? Weil die klassische, theologisch formatierte
Glaubenssprache nicht mehr Erfahrungen erschließt? Weil es einen eklatanten Glaubenserfahrungsmangel gibt, d. h. aus dem Glauben gedeutete Wirklichkeitserfahrung? Weil die Last der Geschichte so schwer wiegt? Weil die Gläubigen angesichts der rasanten Veränderungen intellektuell überfordert sind? Besteht die Sprachkrise nicht auch darin, dass das Denken die Gegenwart nicht aus dem Glauben erschließen kann? Sprachnot ist auch Denknot: Was man nicht denken kann, kann man auch nicht sagen. Denknot wiederum
besteht in der Ungeübtheit, Erlebtes und die zur Verfügung stehenden Begriffe zu Erfahrungen zu verdichten. Auskunftsfähigkeit allein reicht also nicht. Denn auch wer viel weiß und die kirchliche Terminologie beherrscht, muss deshalb noch nicht denken können, d. h., das, was dem Glauben zu denken gibt, in Sprache fassen können.
Gut verpackte Wissensvermittlung wird ebenso wenig ausreichen zur Krisenlösung wie das Weglassen traditioneller Sprache oder deren Ersatz durch zeitgenössische Sprache. Die Kunst besteht darin, Gott im Kontext der Gegenwart denken zu lernen, begleitet von der alten Sprache, die sich dabei zum unterstützenden Instrument (im Sinne eines
Musikinstruments, nicht eines Hammers) verwandeln könnte. Glaubenssprache ist kein Gesetzestext, dem man sich anpasst, bis man ihn glaubt, sondern ein Kunstwerk, in dem sich Erfahrungen mit dem Glauben auf immer wieder neue Weise ausdrücken. Vielleicht kann die
Beschäftigung mit Kunst helfen, die Sprache des Glaubens wieder neu zu lernen.
Aus Regina Polak, Mission in Europa? Auftrag – Herausforderung – Risiko. Tyrolia Verlag Innsbruck Wien 2012.
Aserbaidschanische Journalistin muss hinter Gitter
Khadija Ismailowa wurde in einem fragwürdigen Prozess zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Regime in Baku intensiviert vor den Wahlen seine Repressionswelle gegen Bürgerrechtler und Journalisten.
mehr >>>
diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4811358 - abgerufen am 2. Sept. 2015
Herr, öffne mir die Herzenstür
Herr, öffne mir die Herzenstür,
zieh mein Herz durch dein Wort zu dir,
lass mich dein Wort bewahren rein,
lass mich dein Kind und Erbe sein.
Dein Wort bewegt des Herzens Grund,
dein Wort macht Leib und Seel gesund,
dein Wort ist's, das mein Herz erfreut,
dein Wort gibt Trost und Seligkeit.
Ehr sei dem Vater und dem Sohn,
dem Heilgen Geist in einem Thron;
der Heiligen Dreieinigkeit
sei Lob und Preis in Ewigkeit.
Johann Olearius (1611 - 1684)
taub
Adj. taub
1. (↔ stumm) so, dass man nicht hören kann: Er war von Geburt an taub., auf einem Ohr taub sein
2. leer; ohne den erwarteten Inhalt: In dieser Grube hat man kein Gold, sondern nur taubes Gestein gefunden., eine taube Nuss
3. so, dass man in einem bestimmten Körperteil keine oder nur wenig Empfindungen spürt: Mein Bein fühlt sich ganz taub an., ein taubes Gefühl im Mund haben, sich (absichtlich) taubstellen
de.thefreedictionary.com/taub
Ich bin taub und hörte erstmals Musik
Ein 23-Jähriger, der zeitlebens taub war, beschreibt, wie er mithilfe eines neuen Apparates erstmals Musik erlebte.
03. September 2012 12:01 Uhr, B.Z.
www.bz-berlin.de/aktuell/welt/ich-bin-taub-und-hoerte-erstmals-musik-article1534265.html
"Taubstumm" - eine Beleidigung für Gehörlose
von Gehörlosbloggerin Judith Göller am 23. Juni 2006
www.gehoerlosblog.de/taubstumm-eine-beleidigung-fur-gehorlose/
Brich mit den Hungrigen dein Brot
Brich mit den Hungrigen dein Brot,
sprich mit den Sprachlosen ein Wort,
sing mit den Traurigen ein Lied,
teil mit den Einsamen dein Haus.
Such mit den Fertigen ein Ziel,
brich mit den Hungrigen dein Brot,
sprich mit den Sprachlosen ein Wort,
sing mit den Traurigen ein Lied.
Teil mit den Einsamen dein Haus,
such mit den Fertigen ein Ziel,
brich mit den Hungrigen dein Brot,
sprich mit den Sprachlosen ein Wort.
Sing mit den Traurigen ein Lied,
teil mit den Einsamen dein Haus,
such mit den Fertigen ein Ziel,
brich mit den Hungrigen dein Brot.
Sprich mit den Sprachlosen ein Wort,
sing mit den Traurigen ein Lied,
teil mit den Einsamen dein Haus,
such mit den Fertigen ein Ziel.
Friedrich Karl Barth, in: EG 420
Alte Festlichkeit und neue Kargheit
Georg Magirius, Friedrich Karl Barth und die Musikalität des Glaubens, in: Deutschlandradio Kultur (03.04.2010)
www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1156546/
Gebet
Herr, unser Gott.
Wir bekennen Dir unsere Schuld.
Wir haben weggehört und uns taub gestellt,
wo Du uns durch Menschen gerufen hast.
Wir waren stumm,
wo wir für Dich das Wort hätten ergreifen müssen.
Wir haben unsere Hände in den Schoß gelegt,
wo wir in Deinem Auftrag hätten zupacken müssen.
Im Namen Jesu Christi, Deines Sohnes, bitten wir Dich:
Vergib uns!
Öffne unsere Ohren, damit wir richtig hören.
Öffne unsere Münder, damit wir wahrhaftig reden.
Setz uns in Bewegung, hin zu Dir.
Wir bitten Dich für alle körperlich und seelisch Sprachlosen,
für die, die nicht mehr zuhören können,
für die, die in ihrer Krankheit gefangen sind,
Begegne ihnen und rühr sie an.
Heile sie!
Herr, wir bitten Dich auch für uns,
berühre uns mit Deinem Atem.
Amen.
Peter Böhlemann, in:
http://www.predigten.uni-goettingen.de/archiv-5/030907-6.html
"Der Zukunftsschock"
Zunehmend meinungsbildenden Stimulanzen ausgesetzt, hat es der einzelne, der heute täglich Tausende von Wörtern liest, besonders schwer, durch die Vielfalt von Meinungen hindurch die eigene Meinung zu finden:
In den USA wendet der erwachsene Leser durchschnittlich 52 Minuten für die Lektüre von Zeitungen auf. Außerdem liest er Zeitschriften, Bücher, Schilder, Anschläge, Rezepte, Gebrauchsanweisungen, Dosenetiketten und Werbeplakate. Er ist von Druckerzeugnissen umgeben und "verdaut" täglich zwischen 10.000 und 20.000 redigierte Wörter. Wahrscheinlich hört er auch durchschnittlich eineinviertel Stunden Radio pro Tag - mehr noch, wenn er einen UKW-Empfänger besitzt.
Wenn er Nachrichten, Werbefunk, Kommentare oder ähnliche Sendungen hört, vernimmt er während dieser Zeit ungefähr 11.000 journalistisch bearbeitete Wörter. Die Stunden vor dem Fernsehgerät vermitteln ihm weitere 10.000 Wörter sowie eine Reihe raffiniert zusammengestellter, stark zielgerichteter Bildfolgen. Damit soll nicht behauptet werden, dass ausschließlich Wörter und gefilmte Bewegung Images übertragen oder entstehen lassen können. Auch Musik setzt die innere Vorstellungsmaschinerie in Bewegung, obgleich die Resultate größtenteils auf den Gefühlsbereich beschränkt bleiben.
Keine Information ist indes so gezielt und konstruiert wie die Werbung. Der amerikanische Durchschnittsbürger ist heute pro Tag wenigstens 560 Werbebotschaften ausgesetzt. Von diesen 560 bemerkt er jedoch nur 76. Er scheidet 484 Werbebotschaften aus, um seine Aufmerksamkeit auch anderen Dingen widmen zu können.
Diese Aufstellung veranschaulicht den gewaltigen Ansturm des manipulierten Wortes auf den Menschen. Und dieser Ansturm nimmt ständig zu. Experten der Massenmedien arbeiten intensiv daran, noch werbekräftigere Aussagen noch schneller zu produzieren, in jeder Sekunde Sendezeit, in jeder Druckzeile noch mehr Information und Emotion unterzubringen.
Um die Information zu verdichten, bedient man sich fast überall symbolischer Hilfsmittel. Heutzutage machen Werbefachleute - in einem bewussten Versuch, während einer gegebenen Zeitspanne mehr Botschaften in das Gehirn des einzelnen zu pressen - zunehmend von den symbolischen Techniken der Künste Gebrauch.
Alvin Toffler in: "Die Zukunft hat schon begonnen", Scherz Verlag, Bern-München 1970.
Gebet
Herr,
du hast den Stummen
die Sprache wiedergegeben,
um uns zu sagen:
Erhebt eure Stimme!
Ich will, dass ihr sprecht.
Redet!
Seid nicht stumm,
wenn irgendwo Menschen Unrecht getan wird.
Deckt es auf! Macht es publik.
Redet!
Seid nicht stumm,
wenn Gott gelästert wird.
Am Stammtisch oder in den Medien, gedankenlos oder bewusst,
Redet!
Seid nicht stumm,
wenn Katastrophen hereinbrechen: Feuer, Wasser, Lawinen.
Bei Frost, bei Hitzewellen und wenn die Erde bebt, redet mit Gott.
Bittet!
Seid nicht stumm,
wenn ihr schweres Leid ertragen müsst, unheilbare Krankheit,
Verlust, den Tod eines geliebten Menschen. . .
Betet!
Seid nicht stumm,
wenn ihr glückliche Stunden erlebt,
wenn alles sich zum Guten wendet.
Jubelt!
Seid nicht stumm,
wenn ihr euren Glauben bekennen könnt,
heimlich oder offen vor aller Welt.
Jubelt!
Seid nicht stumm,
wenn euch etwas gelungen ist,
eine Hoffnung sich erfüllt hat.
Dankt!
Seid nicht stumm,
wenn Gott euch begegnet ist,
in einem Ereignis, in einem Menschen, in der Stille.
Dankt!
Du hast uns Stummen, Herr, die Sprache gegeben,
wie du den Stummen in Galiläa die Sprache wiedergegeben hast.
Damit wir beten und jubeln, danken und bitten und ja sagen können
zu deinem Wort, sodass es alle hören.
Das Geräusch der Grille
Eines Tages verließ ein Indianer die Reservation und besuchte einen weißen Mann, mit dem er befreundet war. In einer großen Stadt zu sein - mit all dem Lärm, den Autos und den vielen Menschen, die es alle so sehr eilig haben, war neuartig und recht verwirrend für den Indianer.
Der rote und der weiße Mann gingen die Straße entlang, als plötzlich der Indianer seinem Freund auf die Schulter tippte und sagte: "Bleib doch einmal stehen. Hörst du auch, hörst du auch, was ich höre?"
Der weiße Mann antwortete: "Alles, was ich höre, ist das Hupen der Autos und das Rattern der Omnibusse. Und freilich auch die Stimmen und das Geräusch der Schritte vieler Menschen. Was ist es denn, was dir besonders aufgefallen ist?"
"Nichts von alledem, aber ganz in der Nähe höre ich eine Grille zirpen." Der weiße Mann horchte. Dann schüttelte er den Kopf. "Du musst dich täuschen, Freund", sagte er, "hier gibt es keine Grillen. Und selbst, wenn es hier irgendwo eine Grille gäbe, würde man doch ihr Zirpen bei dem Lärm nicht hören können."
Der Indianer ging ein paar Schritte. Vor einer Hauswand blieb er stehen. Wilder Wein rankte an der Mauer. Er schob die Blätter auseinander und da - sehr zum Erstaunen des weißen Mannes - saß tatsächlich eine Grille, die laut zirpte. Nun, da der weiße Mann die Grille sehen konnte, nahm er auch das Geräusch wahr, das sie von sich gab.
Als die beiden Männer weitergegangen waren, sagte der Weiße nach einer Weile: "Freilich hast du die Grille hören können. Dein Gehör ist besser geschult als meines. Indianer hören eben einfach besser als Weiße." Der Indianer lächelte, schüttelte den Kopf und erwiderte: " Du täuscht dich, mein Freund. Das Gehör eines Indianers ist nicht besser und nicht schlechter als das eines weißen Mannes. Pass auf, ich will es dir beweisen."
Er griff in die Tasche, holte ein 50-Cent-Stück heraus und warf es auf das Pflaster. Es klimperte auf dem Asphalt. Und die Leute, die mehrere Meter von dem weißen und dem roten Mann entfernt gingen, wurden auf das Geräusch aufmerksam und sahen sich um. Endlich hob einer von ihnen das Geldstück auf, steckte es ein und ging weiter.
"Siehst du", sagte der Indianer, "das Geräusch, das das 50-Cent-Stück gemacht hat, war nicht lauter als das der Grille, und doch hörten es viele der weißen Frauen und Männer und drehten sich um, während das Geräusch der Grille niemand hörte außer mir.
Es stimmt nicht, dass das Gehör der Indianer besser ist als das der weißen Männer. Der Grund liegt darin,... dass wir alle stets das gut hören können, worauf wir zu achten gewohnt sind."
Aus: Frederik Hermann, Kindergeschichten der Indianer, Fischer Taschenbuch.
Zitate
Am besten überzeugt man andere Ohren - indem man ihnen zuhört.
(Dean Rusk)
Der andere, der uns anspricht, will nicht unsere, wie wir meinen, kostbaren Ratschläge und Rezepte, die wir uns im Laufe unseres Lebens angeeignet haben. Er will nur erfahren, dass einer ihn versteht, verstehen will.
Wenn doch das Ohr reden könnte.
(Stanislaw Jerzy Lec)
Wenn das Beichtgeheimnis und die Schweigepflicht nicht wären, könnten wir nicht nur unsere Neugier eher zufriedenstellen, wir müssten auch, weil wir dann einen Einblick in die andere, verborgene Seite der Wirklichkeit hätten, sehr viele Meinungen über Menschen oder Dinge revidieren.
Der Erfolgreiche hört nur Händeklatschen. Sonst ist er taub.
(Elias Canetti)
Applaus verführt zur Arroganz. Der Widerspruch, Buhrufe und Protest bewahren uns davor, dass wir selbstgefällig auf uns schauen.
Immer klopfen sie, oder sie machen Musik, immer bellt ein Hund, marschiert dir jemand über deiner Wohnung auf dem Kopf herum, klappen Fenster zu, schrillt ein Telefon - Gott schenke uns Ohrenlider.
(Kurt Tucholsky)
Das Ohr, ein wehrloses Organ, muss sich viel gefallen lassen: phonstarke Umweltgeräusche; den Missbrauch von Musik als Lärmkulisse; unnütze Geschwätze und Worte, die wehe tun. Wir gestatten vielem Gesindel den Eintritt in unseren persönlichen Bereich.
Martin Stewen (2024)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)