Das Pfingstfest als krönender Abschluss des Osterfestes (pente koste, 50 Tage danach), naht in großen Schritten. Das einmalige Geschehen von Tod und Auferstehung des Herrn ist so umfassend, dass wir es auf einen größeren Zeitraum aufgegliedert feiern: den Osterfestkreis. Die Fastenzeit konfrontiert uns sehr stark mit unserer Existenz, vor allem mit Vergänglichkeit, Schuld und Tod (Aschermittwoch und Karfreitag). Die Auferstehung selbst ist die Begegnung des Sohnes mit dem Vater. Sie wurde nicht beschrieben, sondern durch Maria von Magdala mitgeteilt. Auch uns ist die Zusage auf neues und ewiges Leben gegeben. Unser irdisches Leben mit allen Höhen und Tiefen und auch der Tod sind nur Durchgänge. Am Fest Christi Himmelfahrt feiern wir ein zweites Mal Ostern. Zu Pfingsten erhält die Urgemeinde von Jerusalem das Versprechen, dass der Herr mit seinem Geist als Zusammenfassung von Vater und Sohn die Menschheit immer begleiten wird. Der Heilige Geist ist gleichsam der Sturm und das Feuer der Liebe. Die Liebe hält alles zusammen.
Neubeginn
An diesem Punkt setzt die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte ein. Sie beschreibt das Glaubensleben der Urgemeinde und die mühevolle Ausbreitung des Glaubens vor einem historisch- geographischen Hintergrund. Sie beginnt dort, wo das Lukas-Evangelium endet: mit der Erscheinung des Auferstandenen in Jerusalem. Hier entsteht auch die Urgemeinde. Diese Stadt ist von fundamentaler Bedeutung, denn von hier geht das Wort des Herrn aus, es ist der Ort des Leidens und der Himmelfahrt Jesu, der Ort der Wallfahrten, der Ort der Geisttaufe, der Ort der Anwesenheit und Verehrung Gottes im Tempel, der Ort der Augenzeugenschaft der Apostel für die Entrückung des Herrn. Von hier aus beginnt die Mission, die Ausbreitung des Glaubens nach Europa. Es ist der Ort, an dem das Apostelkonzil stattfand, mit Ausstellung eines Konzildekrets. In Jerusalem entwickelt sich der Kern der Urgemeinde von Frauen mit der Gottesmuter und von Männern, den Jüngern und Aposteln.
Apostelgeschichte
Acta apostolorum oder griech: praxeis tonapostolon, also die "Taten der Apostel" oder freier übersetzt: Das Glaubenswirken der Apostel. Lukas zeigt, was die Apostel und die junge Gemeinde getan haben, wie die Hauskirche zur Weltkirche wird, er nennt die beachtlichen Leistungen und Anstrengungen der Menschen, um das Reich Gottes sichtbar werden zu lassen. Wir blicken heute auf fast 2000 Jahre Kirchengeschichte zurück. Für die heutige Situation der Kirchen heißt es: Zurück an den Start! Die Zeiten des Staatskirchentums, vor allem hier im Westen Europas sind vorbei. In der Orthodoxie ist das etwas anders. Vorbei ist die Zeit, in der die Kirche sich des weltlichen Arms bedienen konnte, um Rechte und Privilegien durchzusetzen. Das Christentum begann als Stadtreligion. Jerusalem war ein Schmelztiegel der Religionen, Philosophien, ein Supermarkt der Wertorientierungen.
Klein aber fein?
Heutzutage ziehen viele Menschen in große Städte, wir sind auch hier in Wien und in Österreich multikulturell geworden. Auch in unseren Bereichen gibt es die "Religions- und Wertekomponisten", die sich herauspicken, was für ihr Lebensmodell günstig ist. Die JerusalemerUrgemeinde war klein und überschaubar. Die kleine Schar der Gesandten wollte sich ängstlich einschließen. Der Hl. Geist als treibende Kraft, lässt keine Ruhe. Die JüngerInnen müssen sich den Fragen, den Konfliktpunkten in ihrer Umgebung stellen. Gibt es nicht auch bei uns Tendenzen, sich zu isolieren und vielleicht sogar noch stolz darauf zu sein, eine immer kleiner werdende Schar von Christen zu werden, klein aber fein?! So zu denken ist der Anfang vom Ende! Selbstaufgabe! Fürchterlich damals und heute, dass Gläubige gegen Gläubige aufstehen, der Hohe Rat als Lokalbehörde gegen die Repräsentanten der Urgemeinde. Stephanus wirft dem Hohen Rat vor, diesen wandernden Gott der Bundeslade, der immer unter den Menschen weilt, im Tempel von Jerusalem einzusperren und durch Gesetze und Verbote den Zutritt zum Heiligtum zu erschweren.
Ähnliche Tendenzen lassen sich auch heute feststellen. Auch heute gibt es viele Suchende, Fragende, Unsichere, Ringende, Zweifelnde. Sie werden als ungläubig abgestempelt, durch harte Rechtsvorschriften abgewiesen in der Ökumene oder im Kommunionverbot für geschiedene Wiederverheiratete - eine unerträgliche Rasenmähertheologie, in der alles gleichgeschoren wird.
Die Frohe Botschaft verkünden
Auch die Amtsträger der damaligen Zeit hatten ihre Konflikte durchzustehen. Jesus wusste offenbar, dass diese Einheit von Anfang an bis heute durch kleinkarierte Streitereien, durch Abgehobenheit der Zentrale, durch Machtgehabe und Besserwisserei immer gefährdet war. Deshalb hinterlässt er testamentarisch in seiner Abschiedsrede den Auftrag an die Kirchen, die Einheit zu suchen und schickt als Beistand den Heiligen Geist, der sich bis heute mancher List bedienen muss, um dem Auftrag des Vaters gerecht zu werden, die Frohe Botschaft zu verkünden und zu leben.
Erste Lesung (Apostelgeschichte) und Johannes-Evangelium mit der Abschiedsrede - wir hörten einen Teil davon - mögen für uns alle, für die christlichen Kirchen, ständige Gewissensspiegel sein. Wir haben auch heute als Kirchen sehr viel anzubieten. Was hindert uns daran, wovor fürchten wir uns?