Wahlwerbende Parteien
Frankreich, Deutschland und Österreich stehen im Wahlfieber mit all seinen Begleiterscheinungen. Bei allem Unangenehmen, das damit einhergeht, ist das Wählen in einer Demokratie eine wichtige Errungenschaft. Die Parteien stellen ihre Programme vor und die Personen, die diese durchsetzen sollen. Dabei geht nicht nur um die Verteilung von Macht und Geld. Es geht um sehr grundsätzliche Fragen: Was brauchen wir, damit es uns gut geht und was kann eine entsprechende Politik dazu beitragen? Die einen erwarten sich ein gutes Leben von einer blühenden Wirtschaft, andere von einer gerechteren Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel... Die Gesundheitsvorsorge und die Sicherung der Renten kosten Geld, das auf irgendeinem Weg aufgebracht werden muss. Daneben gilt es auch noch an die Zukunft zu denken: Bildungschancen, Forschung, Wissenschaft.
Jede Partei hat zu den jeweils diskutierten Themen eine eigene Position. Die Ansichten, wie gutes Leben aussieht, gehen oft weit auseinander. Dazu kommen noch unterschiedliche gesellschaftspolitische Auffassungen im Umgang mit Minderheiten und in Fragen der Integration.
Nachhaltiges gutes Leben
Um gutes Leben geht es auch im Evangelium. Die Ausdrucksweise des Evangelisten klingt etwas altmodisch, das Anliegen deckt sich aber weitgehend mit dem, was die Menschen auch heute noch umtreibt. Jesus nennt es »ewiges Leben«. Wir denken dabei zu schnell an ein Leben nach dem Tod im Jenseits und gehend damit am eigentlichen Inhalt seiner Botschaft vorbei. Ich übersetze »ewiges Leben« für mich mit »ein nachhaltig gutes Leben«.
Nachhaltig ist gutes Leben nur, wenn es auch die kommenden Generationen einbezieht, wenn wir es uns heute nicht auf Kosten unserer Nachkommen gut gehen lassen und ihnen hohe Schulden und eine belastete Umwelt aufbürden. Ein »nachhaltig gutes Leben« schaut auch auf gute Beziehungen zwischen den Völkern und bedenkt die Möglichkeit, dass unser persönliches Leben über die kurze Lebensspanne, die wir selbst erleben können, hinausgeht.
Das Programm, das Jesus für ein nachhaltig gutes Leben vorsieht und das er seinen Jüngern ans Herz legt, unterscheidet sich auf den ersten Blick erheblich von den politischen Programmen der Parteien, ist aber als generelle Lebensgrundlage von höchster Bedeutung. Er sagt in Worten, die er betend an Gott richtet: "Das ist das ewige Leben: dich den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast."
Christsein und nachhaltig gutes Leben
Was trägt das Christentum zu einem nachhaltig guten Leben bei?
- Menschen, die Gott erkennen und anerkennen, benehmen sich nicht als unumschränkte Herren der Welt, sie versuchen das Wohl aller Menschen im Blick zu behalten, denn sie wissen, dass alle Menschen ohne Unterschied Töchter und Söhne desselben Schöpfers sind.
- Menschen, die sich als Geschöpfe Gottes verstehen, haben eine positive Grundhaltung zum Leben. Sie leben in dem Bewusstsein, das die Schöpfungserzählung am Anfang der Bibel mit den Sätzen umschreibt: "Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut."
- Menschen, die sich in der Hand Gottes wissen, gehen gelassen in die Zukunft. Sie sehen zwar die Gefahren, die uns drohen, dass einige wenige in der Lage sind, die ganze Menschheit auszulöschen, dass wir lernen müssen, mit unserer Umwelt und den Ressourcen der Mutter Erde behutsam umzugehen. Zweifellos! Sie sind aber überzeugt, dass wir in eine gute Zukunft gehen können, wenn wir uns gemeinsam darum bemühen.
Verherrlichung Gottes durch Erkennen Anerkennen Gottes
Die Verherrlichung Gottes geschieht nicht in erster Linie darin, dass wir Hochämter feiern und Gott beweihräuchern. Das hat zwar auch seinen Platz und seine Berechtigung. Die Verherrlichung Gottes geschieht darin, dass möglichst viele Menschen Gott als den einzig wahren Gott erkennen, dass sie durch Jesus erkennen, wie Gott ist und was er für unser Leben bedeuten kann. Wo wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu zu diesem Erkennen Gottes beitragen, verherrlichen wir Gott und leisten wir zugleich in unserer Gesellschaft einen bedeutsamen Beitrag zu einem »guten Leben für alle«.