Sieger und Verlierer
Die Menschen und auch die Welt werden auf verschiedene Weise eingeteilt. Eine Einteilung ist die in Sieger und Verlierer. Die Sieger, das sind die Starken, die Reichen, die Erfolgverwöhnten, denen es gut geht. Die Verlierer sind die Menschen, denen Erfolg, Besitz und bestimmte Wünsche versagt bleiben, die am unteren Rande der Skala stehen. Sieger sind strahlende Menschen, denen zugejubelt wird, die Verlierer sind die wenig beachteten Menschen. Zu den Siegern zählen diejenigen, die dem Schönheitsideal entsprechen, die gesund, schlank sind. Zu Verlierern gehören diejenigen, die ein körperliches Leiden haben. Nicht zuletzt aber ist das Alter ein Hinweis dafür, ob ich zu Siegern zähle oder ob ich zu den Verlieren gehöre. Darum versuchen auch viele Menschen sich jung zu halten. Einige lassen sich das sogar viel Geld kosten für Schönheitsoperationen. Klar: wer träumt nicht davon, auf dem Siegertreppchen des Lebens zu stehen, wo einem die Mitmenschen zujubeln und bewundern. Mir selbst ist das nicht fremd. Als Kind habe ich oft davon geträumt, ein Star zu sein. Einfach ein durchschnittlicher Mensch zu sein, ist für viele nicht attraktiv. Es sind anscheinend die Gewinnertypen, die sich in unserer Welt durchsetzen werden. Doch ist das wirklich so?
Eine Frau mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen...
Wir feiern heute das Fest Mariae Himmelfahrt. Lassen wir uns diese Frage beantworten von der Lesung aus der Offenbarung des Johannes. Schauen wir auf den Text der Lesung. Wir begegnen einer Frau. Sie ist ein großes Zeichen am Himmel. Diese Frau ist mit einer Sonne bekleidet, der Mond ist unter ihren Füßen. Ein Kranz mit 12 Sternen ziert das Haupt dieser Frau. Die 12 steht für die 12 Stämme Israels. Diese Frau, die das Volk Israel darstellt, gebiert unter großen Schmerzen ein Kind, den erwarteten Messias. Für uns Christen ist dieser Messias ja Jesus. Der Gegenpart ist ein Drache. Er will die Frau verschlingen. Das Kind wird von Gott entrückt. Gott nimmt sich dieses Kindes an. Dieses Kind soll einmal über alle Völker herrschen. Dieses Kind ist der erwartete Messias. Die Frau flieht in die Wüste. Gott hat ihr einen Zufluchtsort geschaffen.
Am Ende der Lesung hören wir den Satz, der uns aufrichten soll, der Mut macht, aus dem wir leben dürfen: "Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten." Der Drache, der eigentlich stärker ist, der die Frau bedroht hat, die ihm unterlegen ist rein menschlich gesehen, wird nicht siegen. Gott handelt souverän. Nicht der Drache, der kämpft, wird siegen, sondern die Frau, die sich ganz Gott überlässt, wird siegen.
Dem Bösen nicht hilflos ausgeliefert
Dieser Text beschreibt die Verfolgung der Christen. Doch wenn sie auch zu verlieren scheinen, weil sie verfolgt und unterdrückt sind, Johannes macht Mut: vertrauen wir auf Gott, auf sein Handeln in unserem Leben. Dann werden wir siegen und nicht eben das Böse. Dem Bösen, dem Drachen, sind wir Christen nicht hilflos ausgeliefert, wie auch weder das Kind noch die Frau dem Bösen hilflos ausgeliefert waren. Gott ist der Souverän der Geschichte, der Geschichte der Welt und auch meiner persönlichen Lebensgeschichte.
Ich gebe zu: wenn ich an die Ereignisse in der Kirche denke, dann meine ich: es sind die Christen und Christinnen, die verlieren. Wir scheinen nur noch ein kleiner Rest zu sein. Oft scheint es, als seien wir die Außenseiter. Die Botschaft von Gott scheint in unserer Welt keinen Platz zu finden. Feindesliebe, Frieden stiften, Bergpredigt, das alles ist für Menschen, die anscheinend untergehen werden in dem Konkurrenzkampf, in einer Welt, die vom Geld der Banken regiert wird. Doch, wenn wir an Gott glauben, dann ist das genau umgekehrt. Wir sind berufen zur Zuversicht, dass Gott in unserem Leben handelt. Das ist eine zuversichtliche Botschaft der Lesung.
Das Leben wird siegen
Was uns aber noch zuversichtlicher stimmen soll. Es wird das Leben siegen. Mariae Himmelfahrt ist ein sehr österliches Fest. Es zeigt uns in neuer Weise: Nicht der Tod wird siegen. Sondern das Leben wird siegen. Wir sind zu einem ewigen Leben geboren und nicht um nach dem Sterben von der Bildfläche zu verschwinden. Doch leider glauben zu viele Menschen eben daran: mit dem Tod ist alles aus. Sie leben dementsprechend auch so. Also lasst uns das Leben genießen, lasst uns möglichst viel mitnehmen. Lasst uns möglichst weit kommen. Wehe denjenigen, die da nicht mithalten können.
Paulus aber schreibt in seinem Brief an die Korinther. Wir müssen in Adam alle sterben. Der alte Mensch muss sterben. Aber in Christus werden wir lebendig gemacht. In Jesus werden wir zu neuen Menschen gewandelt. Wir sind dann nicht mehr den Zwängen der Welt unterworfen. Die Kriterien der Welt, wer denn Gewinner und Verlierer ist, die haben wir hinter uns gelassen. Es zählen die Kriterien der neuen Welt Gottes. Diese neue Welt Gottes ist das Paradies, das wir durch den Sündenfall Adams, durch den der Tod in die Welt gekommen ist, verloren haben.
Die neuen Verlierer
Diese neue Welt Gottes ist es, die siegen wird. Das ist auch die frohe Botschaft des Magnifikats, das wir im Evangelium gehört haben. Wer jetzt zu den Verlierern der Gesellschaft gehört, bei Gott ist er der Gewinner.
Maria besingt das in ihrem Magnifikat. "Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen."
Wer wird einmal Verlierer sein bei Gott? Wer sind die Hochmütigen? Es werden die Menschen sein, die meinen, sich alles selbst und ihrer eigenen Kraft zu schreiben zu dürfen. Es werden die sein, die sich nicht verdanken wollen. Und die Mächtigen? Sind sie schlecht wegen ihrer Macht? Nicht deswegen. Aber wenn sie vergessen, dass sie als Mächtige, als Inhaber von höheren Positionen zuerst Diener sind und nicht Herrscher, die ihre Macht dazu missbrauchen, andere zu unterdrücken, dann werden sie gestürzt werden. So werden die Reichen nicht wegen ihres Reichtums bei Gott zu Verlierern, sondern wenn sie vergessen zu teilen, wenn sie ihren Wert als Mensch im Reichtum sehen. Reichtum und Macht, das darf nicht zum Ziel unseres Lebens werden. Wir machen sie sonst zu unseren Götzen, zu unserem Inhalt, der uns dann beherrscht und dem wir uns unterwerfen. Diese Götzen machen uns unfrei.
Unser Lebensziel: ein Leben bei Gott und mit Gott
Heute werden wir zu dem geführt, was das wahre Ziel und der wahre Sinn unseres Lebens ist: ein Leben bei Gott und mit Gott. Lasst uns wie Maria mit Gott leben, auf Gott unsere Hoffnung setzen. Dazu sind wir berufen, reiche wie arme Menschen. Das sind die Gewinner: die auf Gott bauen und auf Gott vertrauen. Dann leben wir schon jetzt in diesem Leben in der Welt Gottes. Maria hat in ihrem Leben bereits das Heil gefunden. Dann kann auch schon jetzt viel Heilung im Leben geschehen und nicht erst nach dem leiblichen Tod.
Das ist auch der Sinn, der hinter der Kräutersegnung steht. Die verschiedenen Kräuter bedeuten Heilung der verschiedenen Krankheiten. Alles wurde von Gott geschaffen. Gott handelt durch vielerlei Zeichen in unserem Leben, durch alles, was Gott erschaffen hat. Das alles ist geschaffen, weil Gott ein Gott des Lebens ist.
Darum wird alles einmal besiegt werden, was Leben zerstört oder was nicht lebenswert ist, ganz besonders der Tod. Sicher: solange wir in dieser Welt leben, sind wir Teil von ihr, sind wir verwoben in ihren Fragen und Sorgen. Solange wir in dieser Welt leben, können wir bedrängt werden. Doch haben wir Mut. Gott hat alles besiegt, besonders den Tod. Weil Gott den Tod besiegt hat, können wir mit Gott im Bunde nur siegen, und wir können nur mit Gott im Bunde siegen.