Paulus – trotz allem dankbar
Der Apostel Paulus ist nach seiner Bekehrung ein leidenschaftlicher Anhänger Jesu. Unermüdlich ist er unterwegs, die Heilsbotschaft Jesu zu verkünden. Im Blick auf seine Leistung und Erfolge, die er am Ende hatte, übersehen wir oft die vielfältigen Schwierigkeiten, mit denen der Apostel zu kämpfen hatte. Paulus ist kein Mensch, der vor Gesundheit strotzt. Hinzu kommen Anfeindungen, Neid und Missgunst seitens seiner Gegner, Verhaftung, Kerker und immer wieder auch deutliche Ablehnung seiner Botschaft. Besonders in Athen und Korinth gestaltete sich sein Missionswerk schwierig. Den Gläubigen dieser Städte, die sich dem Christentum angeschlossen hatten, erging es nicht besser. In den quirligen Großstädten ihren Glauben zu leben, war nicht einfach und wurde von allerlei Bedrängnissen begleitet. Paulus will den Gläubigen durch seine Briefe, die er ihnen schreibt, Mut machen.
Im zweiten Brief an die Korinther, dem die heutige Lesung entnommen ist, legt der Apostel den Gläubigen dar, was ihn, Paulus, bewegt, den Glauben lebendig und offen zu leben. Es ist Jesus, der Auferstandene, der in seiner Liebe und durch sein Durchhalten im Leiden uns Menschen ewiges Leben in Gemeinschaft mit Gott erworben hat. Fasziniert von Christus, der alle Menschen zum Heil führen will, kann Paulus nicht schweigen und sich in die Unauffälligkeit zurückziehen. Trotz Widerstände, Drangsale und körperlicher Gebrechen fühlt er sich innerlich gedrängt, sich durch Strapazen nicht aufhalten zu lassen. Die Verbundenheit mit Christus ermutigt ihn, nicht auf seine Leiden und Nöte zu starren, sondern auf das zwar noch unsichtbare, aber zugesicherte Heil.
Die Kraft der Dankbarkeit
Es ist klar, dass Paulus es schön fände und erreichen will, dass die Gläubigen ihm nacheifern. Daher gibt er ihnen einen Hinweis, wie dies gelingen kann. Was Paulus seine Leiden und Nöte ertragen lässt, ist seine Dankbarkeit Gott und Christus gegenüber. Dazu möchte der Apostel auch die Korinther animieren. Denn er selbst hat am eigenen Leibe erfahren, welche Kraft Dankbarkeit schenken kann.
Die Dankbarkeit, von der Paulus spricht, unterscheidet sich von dem alltäglichen „Danke schön!“, das wir im Alltag gebrauchen. Es geht dem Apostel um jene tiefe Dankbarkeit des Herzens, die aus dem Staunen über Gott und Jesus Christus hervorgeht. Nur wenn ich immer wieder fasziniert staune über die Größe Gottes, über das Ausmaß seiner Liebe und Güte, werde ich zu jener tiefen Verbundenheit mit Gott und Christus finden, die mich an beide fesselt und mich von ihnen nicht loslassen lässt, auch wenn Leid Schicksalsschläge oder Nachteile über mich kommen. Die Dankbarkeit verhindert, mürbe oder mutlos zu werden.
Und noch etwas vermag diese vertiefte Form der Dankbarkeit. Sie beeinflusst unser inneres Befinden und Reagieren. Denn der über Gott staunende Mensch hört auf, vieles im Leben als zu selbstverständlich hinzunehmen. Der dankbare Mensch wird sich bewusst, wie reich er beschenkt ist,
- trotz der Mühe und Schicksalsschläge, die das Leben ihm aufbürdet,
- trotz des Unrechts, das ihm von jemandem angetan wird,
- trotz eingeschränkter Begabungen, die er an sich feststellt,
- trotz körperlicher Behinderungen,
- trotz Hintansetzung, beschränkter Wertschätzung und was ihm an Negativem sonst noch widerfährt.
Zufriedenheit
Ein großes Maß an Zufriedenheit kehrt bei uns Menschen ein, sobald wir uns der Geschenke bewusst werden, die wir täglich und durch unser ganzes Leben hindurch erhalten:
- die Welt mit ihren Farben und Formen,
- die Natur mit ihrem Blühen und ihren reifen Früchten,
- die Luft zum Atmen,
- die Menschen, die uns mögen, beistehen und uns ihr Vertrauen schenken,
- die unerwarteten kleinen oder größeren Erfolge,
- der Blick auf die vielen Situationen, wo wir Glück hatten und vor Schlimmerem bewahrt blieben,
- die Gewissheit, dass wir letztlich in Gottes Erbarmen und seinem Segen eingeschlossen sind.
Dankbarkeit beflügelt
Dankbare Menschen tun sich um vieles leichter, mit den Schwierigkeiten in ihrem Leben umzugehen. Anstatt ständig aggressiv, enttäuscht, beleidigt, bitter, widerborstig zu reagieren, leitet das Bewusstsein, überaus beschenkt zu sein, sie dazu an, die auftretenden Probleme, Schwierigkeiten und Nöte ruhig und sachlich anzugehen. Das von Dankbarkeit beglückte Herz hört auch auf, ständig verbissen nach einem Schuldigen zu fahnden, ihn beschämend anzuklagen und dabei schmollend und gekränkt zu verweilen, anstatt nach Lösungen zu suchen, die Verbesserungen für die jeweilige Situation einleiten.
Dankbarkeit beflügelt uns, in ein inneres Eins-Sein mit Jesus zu kommen und heilend zu wirken wie er. Sein begonnenes Werk der uneingeschränkten Liebe und Hinwendung zu allen Menschen in unserem Lebensbereich weiter ausbauen und mittragen, heißt „Danke!“ sagen mit einer ganz anderen Qualität als das kurze, höfliche „Danke schön!“ des Alltags.
Dem Anliegen des Paulus nachzukommen, die Dankbarkeit zu mehren und zu stabilisieren, dazu könnte uns vielleicht folgender Text Anregungen geben.
Nimm wenigstens einmal am Tag
dein Herz in die Hand.
Streichle es zärtlich und innig
und danke Gott,
dass du mit deinem Herzen fühlen und lieben kannst.
Nimm einmal am Tag dein Leben in die Hand.
Leg es dir als Geschenk in beide Hände
und danke Gott,
dass er dich auf deinen Wegen begleitet und segnet.
Nimm einmal am Tag
deinen Geist, deine Vernunft und deine Fantasie
in deine Hände.
Staune und freue dich, wozu du fähig bist,
und danke Gott für alle Gaben und Talente,
die du als Schätze in dir trägst.
Nimm einmal am Tag
deine Verwundungen in die Hände.
Tröste sie, versöhne dich mit ihnen im Blick
auf das dir von Gott und Menschen geschenkte Gute.
Danke Gott, dass er dich heilen will,
und dass auch du selbst
verzeihen und dich mit anderen versöhnen kannst.
Staune und sei dankbar, will Paulus uns mit auf den Weg geben. Es wird uns zu vielem Guten stärken.