Wir kennen die klassischen Herz-Jesu-Darstellungen. Sie stammen aus einer vergangenen Zeit. Obwohl es auch heute ähnliche, aber modernere Darstellungen davon gibt, ist und bleibt die originellste "Herz-Jesu-Darstellung" trotzdem das Kreuz mit dem Leib des Herrn. Es ist und gehört weltweit zu den "Markenzeichen" der Christen. Im Kreuz erkennt der Christ die besondere Zuneigung, das besondere "Herz Gottes" zu den Menschen.
Herz-Jesu-Bilder
In vielen älteren Haushalten finden sich noch die klassischen "Herz-Jesu-Darstellungen", welche im 19. Jahrhundert und beginnenden 20. Jahrhundert zahlreich gedruckt und verbreitet wurden.
Das Herz Jesu ist auf diesen Bildern groß dargestellt; von ihm gehen Strahlen aus. Für Generationen von Menschen bildeten diese Darstellungen eine besondere Beziehung zum Gottessohn, also viel mehr als nur ein schöner Hausschmuck.
Neuere ähnliche Darstellungen gibt es auch heute: z.B. eines Jesus, von dem Strahlen ausgehen; aufgezeichnet aufgrund von Visionen der hl. Schwester Faustina in Krakau.
Klassische Herz-Jesu-Bilder finden sich immer wieder auch auf Flohmärkten. Viele Zeitgenossen finden diese Darstellungen eher kitschig.
Das klassische "Herz-Jesu-Bild" ist - noch immer, muss man sagen! - das Zeichen des Kreuzes mit dem Korpus des Herrn. Solche Kreuze finden wir dann in zahlreichen Wohnungen, Wirts- und Gasthäusern, in Geschäften, ja sogar in öffentlichen Räumlichkeiten und natürlich auf Berggipfeln, oder an Straßenkreuzen. Und: das Kreuz wird vor allem als Schmuckstück in vielerlei Variationen getragen; selbst von vielen Jugendlichen, die sonst weniger mit dem Glauben und dem Christentum zu tun haben scheinen.
Das Kreuz - Symbol der Rettung und des Heiles
Das Kreuz ist Symbol für eine der grausamsten Todesstrafen in der Geschichte der Menschheit. Durch Jesus Christus aber ist das Kreuz zum Zeichen des Heils und der Rettung geworden. Zu ihm dürfen wir aufblicken! Im Kreuz dürfen die Christen aller Zeiten - so der Apostel Paulus - Mut und Heil für ihr Leben und für die Welt erhoffen.
Das Kreuz - mit dem Corpus des Herrn - bleibt sogar in unserer postmodernen Zeit eine "Aufregung", ja oftmals eine Provokation. Wie kann man nur "an einen solchen Ermordeten" aufblicken, las ich vor wenigen Wochen in einer großen deutschen Tageszeitung. Ja, es bleibt für uns Christen eine Herausforderung. Es bleibt für uns aber auch immer mehr: Durch das Kreuz folgt die Auferstehung. Im Kreuzesleid- und Tod erniedrigt sich Gott in unendlicher Tiefe; er wird vielen Geschundenen und Verfolgten und Ermordeten sehr nahe; er solidarisiert sich mit den Vielen der Menschheitsgeschichte, die zu den scheinbaren "Verlierern" zu zählen sind.
So wird auch vielleicht verständlicher, wie wir uns die Zuwendung und Liebe Gottes vorstellen können: "Ein Herz, den Menschen zugewandt: bis in den Tod und durch den Tod hindurch."
So komme ich zurück zum Herz. Was ist das Herz? Dieser Muskel, der Tag ein Tag aus Blut durch den Körper pumpt - lebenserhaltend arbeitet? Wenn wir daran denken, fällt uns vielleicht der Herzinfarkt ein, die viele Zeitgenossen aus verschiedensten Gründen erleiden müssen. Oder wir denken an das "Herzklopfen" - bei Aufregung oder Hass. Ein "Herzstechen" ist uns auch bekannt; auch sinnbildlich bei schweren Schicksalsschlägen, usw.
Das Herz ist aber nicht nur ein lebensnotwendiges Organ, sondern auch ein uraltes Sinnbild für das, was den Menschen "ausmacht": Unser "tiefste, innere Persönlichkeit", unsere "soziale Haltung", unser "Sein". So gibt es Sprüche wie: "Er hat ein großes Herz", oder: "ein Herz und eine Seele", oder "der bzw. die hat ihr Herz auf der richtigen Seite".
Ein kleines Experiment
Ich lade Sie zu einem ganz kleinen Experiment ein. Nehmen Sie bitte ihre rechte oder linke Hand und strecken sie diese ein wenig aus. Und nun machen Sie eine feste Faust; so, dass sie auch hart wird. Das Blut staut sich.
Diese feste Hand ist vielleicht vergleichbar mit dem Allmächtigen Gott. Mit dem vielleicht auch oft fernen Gott. Wir verstehen - trotz aller guten Lehren - oft diesen Gott, diesen Schöpfer, letztlich nie ganz, sind und bleiben immer entfernt.
Nicht immer wird es leicht, diesen Gott, in seiner Entfernung, in seiner ganz anderen Größe, damit auch scheinbaren "Härte", wahr- und anzunehmen. Nicht immer finden wir dahinter den "lieben Gott".
Nun öffnen Sie langsam wieder die Faust. Die Handfläche kann sich nach oben öffnen. Eine Haltung des Empfangenden wird damit angedeutet.
Dieser Gott - und das ist die Lehre des Neuen Testamentes, auch des heutigen Festes - setzte in Jesus von Nazareth ein großartiges Zeichen. Gott ließ sich in Jesus als "Mensch nieder". Er ging "ein" unter diese Geschöpfe.
Vielleicht spürten wir auch, wie wohltuend das Öffnen der Faust war. Wie ungeschützt auch diese Hand nun ist, vielleicht will sie uns auch sagen: Gott lässt sich auf unsere Empfänglichkeit, auf unsere Sehnsüchte ein. Und: dieser Gott will auch, dass wir diesen Christus in uns einlassen.
Wenn wir nun dieses kleine Experiment abschließen. Legen Sie langsam die Hand auf ihr Herz. Vielleicht spüren Sie ihr Herz, unsere Mitte.
Wie geht es mir dabei?
"Gottes Herz schlägt auch für mich!"
Das Herz-Jesu-Fest ist nicht nur ein bildreiches und historisches Fest, welches in einigen Ländern und Regionen besonders gefeiert wird, z.B. in Tirol. . . Dieses Fest hat vor allem mit dem Einzelnen zu tun. Und es hat mit unseren Gottesbildern zu tun.
Dieser Gott in Jesus Christus ist so groß, dass wir ihn auch auf diese Weise, als Herz, als "Lebensader" vorstellen dürfen. Ein Gott, der sich uns schenkt. Ein Gott, der aber auch unser Herz, das mehr ist als nur ein Lebensmuskel, entzünden und erreichen will.
Dieser Gott will uns aber auch Fragen stellen: nach dem "woher", "wohin" und "wozu" unseres Daseins. Besonders, wenn der Einzelne lebensbedrohlich krank wurde und wird, wenn uns Schicksalsschläge treffen.
Ich lade Sie ein, gerade an diesem Herz-Jesu-Fest, sich dieser Zuwendung Gottes, dieser Einladung Gottes, bewusster zu werden. Und eines dürfen wir mitnehmen, in diesen Tag: es ist eine Aussage aus der Heiligen Schrift: "Gottes Herz schlägt auch für mich!"
Bernhard Zahrl (2000)