2. Lesung vom 2. Fastensonntag, Lesejahr A:
2 Tim 1,8b-10
Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus:
Mein sohn!
Leide mit mir für das Evangelium.
Gott gibt dazu die Kraft:
Er hat uns gerettet;
mit einem heiligen Ruf hat er uns gerufen,
nicht aufgrund unserer Werke,
sondern aus eigenem Entschluß und aus Gnade,
die uns schon vor ewigen Zeiten in Christus Jesus geschenkt wurde;
jetzt aber wurde sie
durch das Erscheinen unseres Retters Christus Jesus offenbart.
Er hat dem Tod die Macht genommen
und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht
durch das Evangelium.
Die Perikope ist Teil von 1,6-14, die im Zusammenhang gelesen werden sollten (siehe: "Erweiterte Fassung"). Dieser Abschnitt ist eine Ermahnung zu furchtlosem Zeugnis und zu Treue im Glauben.
Zentral ist "Charisma" (Gnadengabe, Vers 6): Sie gibt Kraft zur Geduld im Leiden; Vorbild ist Paulus selbst. Dieses Charisma wird per Handauflegung übertragen - ist also nicht mehr mit den Charismen von 1 Kor 13 zu vergleichen, sondern meint eher das "Amts-Charisma" der Leitung.
Timotheus ist eingesetzt als Verwalter des ihm von Gott anvertrauten Gutes (der "Lehre", der "Überlieferung").
Verse 9-10: stellen ein hymnusartiges Bekenntnis dar: Gott rettet und beruft. Das Heil hängt nicht an eigenen Werken, sondern ist ganz begründet im Willen Gottes; es ist Gnade "von Anfang an". Glaube und Werke sind beides Resultate dieser Gnade, nicht Bedingungen! Diese Gnade, dieses Heilswirken Gottes haben sich in Jesus Christus auch geschichtlich geoffenbart. Die "Erscheinung" (Epiphanie) des Heils ist eine zeitübergreifende Wirklichkeit.
Verse 11 f: Timotheus wird auf diese Frohbotschaft verpflichtet; Treue im Glauben muß sich auch zeigen in Treue zum Apostel; in der Verkündigung des Glaubens erweist Gott selbst seine Kraft.
Die Lesung entstammt dem Zweiten Brief an Timotheus. Der Verfasser dieses Briefes schreibt zwar im "Ich" des Apostels Paulus, nach der neueren Forschung dürfte er aber nicht mit diesem identisch sein, da das Bild der Kirche, wie es zwischen den Zeilen durchleuchtet, gegenüber der Zeit des Paulus ein anderes geworden ist. Wir begegnen im Timotheusbrief etwa schon einer stärkeren Institutionalisierung des kirchlichen Amtes.
In dieser Situation spricht sich der Verfasser des Briefes am Beginn der Textstelle gegen jede Verflachung des apostolischen Bekenntnisses aus. Der kirchliche Amtsträger solle bereit sein, sich bedingungslos für das Evangelium einzusetzen, was in Zeiten, in denen Christen und Christinnen Herabwürdigung und Verachtung erfahren, mitunter auch ein "Leiden für das Evangelium" einschließt.
Die Kirche, die der Verfasser anvisiert, ist mit jüdisch-gnostischen Irrlehrern konfrontiert. Ihnen gegenüber wird der zentrale paulinische Gedanke von der Rettung des Menschen durch die freie Gnade Gottes und ohne menschliches Verdienst verteidigt. Der Mensch kann sich nicht selbst erlösen. Er ist angewiesen auf das in Christus einsichtig gewordene Heilshandeln Gottes.
Johann Pock (1999)
Martin Leitgöb (1996)