Handfest Fakten erwünscht
Das heutige Evangelium setzt sich noch einmal mit der Auferstehung Jesu auseinander. Wir können dies sicher gut verstehen, wenn wir uns in die Christen der Urgemeinden hinein versetzen. Natürlich wollten sie wissen, ob die Auferstehung Jesu Wirklichkeit war oder nur mehr ein Spuk, eine Einbildung der Apostel.
Jeder wache Mensch weiß, wie leicht man sich auch selbst täuschen und etwas vormachen kann, zumal wenn man ganz bestimmte Erwartungen hegt. Und die Auferstehung Jesu war doch eine Erwartung, die die Apostel mit aller Kraft für sich ersehnten, um klipp und klar zu wissen, dass sie in ihrem Glauben auf den richtigen Mann gesetzt hatten. Würde Jesus nicht auferstehen, dann wären sie, die Apostel, einen falschen Weg gegangen, dann hatten sie sich zutiefst getäuscht.
Nicht nur die Apostel, nicht nur die ersten Christen, auch wir wünschen uns, unseren Glauben begründen zu können, indem wir unserem Verstand handfeste Fakten vorlegen, die den Glauben an Christus als vernünftig und richtig erweisen und die nicht irgendwie aus der Luft gegriffen sind oder dem Wunschdenken entstammen.
Diese Fakten, diese Absicherung will der Evangelist den Gläubigen seiner Zeit und uns liefern. Er möchte, dass wir nicht blind glauben, sondern unseren Glauben auch verantwortlich begründen können.
Kein Geist...
Den Weg der Apostel und die Schritte, wie sie zu begründeten Glauben finden, schildert uns Lukas mit dem heutigen Evangelium.
Jesus tritt in die Mitte der Jünger. Doch diese glauben zunächst, einen Geist zu sehen und erschrecken. Jesus handelt, wie er schon zu Lebzeiten immer gehandelt hatte: Er tadelt die Apostel nicht, sondern baut ihnen eine Brücke. Die Jünger sollen spüren: Er, der Auferstandene, derjenige, der jetzt vor ihnen steht, ist der gleiche, den sie mehrere Jahre erlebt haben. Liebende Sorge, liebendes Werben um sie und ihren Glauben das war sein Markenzeichen, das hat ihn ausgezeichnet und liebenswert gemacht. Sie dürfen ihn anfassen, seinen Leib berühren und sich überzeugen, dass sie nicht träumen oder phantasieren. Und Jesus unterstützt ihr tastendes Vorgehen mit den Worten: „Kein Geist hat Fleisch und Knochen“.
Es muss eine unheimlich spannungsgeladene Situation gewesen sein. Denn Lukas berichtet: „Sie staunten, konnten vor Freude aber immer noch nicht glauben“. „Vor Freude“ können die Jünger nicht glauben. Das gibt es ja, dass man vor Freude so überwältigt ist, dass man im ersten Augenblick überhaupt nicht fassen kann, was man erlebt. Zu sehr ist man überrascht. Es braucht Zeit, bis sich nach und nach alles setzt, begreiflich und glaubhaft wird.
Jesu Markenzeichen: Friede
Und noch ein zweites Zeichen, das ganz aus dem Wesen Jesu kommt, gab der Herr seinen Jüngern. Er hatte sie begrüßt mit den Worten „Der Friede sei mit euch!“. Frieden schaffen, Frieden stiften, das war auf Erden Jesu großes Anliegen gewesen. Die Jünger werden im ersten Moment in ihrer Überraschung dieses Zeichen völlig überhört und übersehen haben. Erst im nach hinein wird ihnen deutlich: Ein Geist, ein Gespenst bringt eher Aufregung und Aufwühlendes mit sich und nicht als Erstes Frieden.
Miteinander Mahl halten
Da Jesus weiß, wie schwer es Menschen werden kann, glauben zu können, darum baut er den Aposteln eine dritte Brücke. Er isst vor den Augen der versammelten Jüngerschar ein Stück gebratenen Fisch. Gerade der Fisch, der in ihrem gemeinschaftlichen Leben eine so große Rolle gespielt hatte, soll auf ihn, den Jesus, hindeuten und die Jünger erkennen lassen: Ich bin der, der mit euch den Fisch teilte, der einst den Fisch segnete und euch übergab, damit ihr ihn an die vielen austeilen konntet. Nichts an Möglichkeiten – so könnte man sagen – lässt Jesus aus, um den Jüngern ihre Unsicherheit und Zweifel zu nehmen.
Sendung
Nachdem die Jünger ihren ersten Schreck überwunden haben, kann Jesus mit seinem Anliegen an sie herantreten. Er will sie als seine Boten und Zeugen senden.
Eigentlich haben die Apostel genügend mit Jesus erlebt, das sie verkünden und bezeugen können. Aber Jesus geht auch noch einmal die Hl. Schrift mit ihnen durch, zeigt ihnen auf, dass sein Weg genau der war, den er - nach der Schrift – als Messias gehen musste. Vor allem das Leiden und die Kreuzigung in Verbindung zu bringen mit dem Messias, machte den Menschen damaliger Zeit große Schwierigkeiten. Darum war wohl Jesus dieses Schriftgespräch mit den Jüngern sehr wichtig. Einmal war es den Aposteln selbst, die im jüdischen Glauben beheimatet waren, eine Hilfe für ihren Glauben; andererseits fanden die Apostel dadurch die nötigen Argumente und Hinweise für ihre künftigen Gespräche mit den jüdischen Gläubigen, um ihnen den Weg zu Christus zu öffnen.
Er ist wahrhaft auferstanden
Wenn wir noch einen Blick darauf werfen, was uns das heutige Evangelium vermitteln könnte, dann scheint mir vor allem dies wichtig: Die Apostel sind keine Menschen, die einfach blind an Jesus glauben und ihm daher fraglos nachfolgen. Sie wünschen sich sehr, dass Jesu Worte von der Auferstehung wahr werden. In ihrer Sehnsucht fangen sie aber nicht an zu träumen oder zu phantasieren. Es genügt ihnen nicht, eine Gestalt zu sehen, die durch verschlossene Türen in ihrer Mitte erscheint. Es bedarf einiger Überzeugungskraft des Auferstandenen, um den Aposteln die Sicherheit zu geben, vor sich selbst bekennen zu können: Tatsächlich, unser Herr und Meister ist wahrhaft auferstanden.
Lukas möchte uns nicht nur zeigen, wie die Apostel zu ihrem Glauben kamen, sondern vor allem, dass sie um ihren Glauben gerungen haben und es sich nicht leicht mit ihm machten. Ihre Ernsthaftigkeit im Ringen um einen abgesicherten, fundierten Glauben – so will uns der Evangelist sagen – macht sie zu Zeugen, denen man trauen darf.